Es hätte ein Warnsignal sein sollen. Als der bisher nicht durch politische Meinungsbildung aufgefallene YouTube-Star Rezo anno 2019 (fühlt sich auch an als wäre es eine Ewigkeit her!) das Video „Die Zerstörung der CDU“ postete und damit 1,2 Millionen Abrufe erzielte, legte er einen wunden Nerv der letzten Volkspartei offen. Die Union war vieles, eine Partei der jungen Menschen und ihrer Lebenswelt aber war sie sicherlich nicht. Von einer dankbaren Medienlandschaft begierig aufgegriffen wurde das Video zum Fanal des Niedergangs, wurde Rezo zur Nemesis einer Partei, die in den Umfragen zum ersten Mal eine zwei auf dem Zehnerwert sah und den Weg der SPD zu gehen schien (was der Autor dieser Zeilen damals ähnlich sah). Dann kam Corona, und alles ward anders. Aber 2019 hoffte die CDU, Rezo ihre eigene Wunderwaffe entgegenstellen zu können. Sie hieß Philipp Amthor.
Amthor war einer breiteren Öffentlichkeit bis dahin sicherlich nicht vertraut. Seinen Aufstieg in die bundespolitische Bühne verdankte er ausgerechnet einer demographischen Quote: Er war der jüngste Bundestagsabgeordnete, und die Regeln des politischen Spiels verlangten, dass jemand aus der Partei nun glaubhaft für „die Jungen“ sprach und Rezo ein eigenes Video auf diesem…wie hieß es doch…diesem neuen Dingsda…diesem YouTube entgegensetzte. War das dasselbe wie dieser tätowierte junge Herr, der 2015 Angela Merkel so brav interviewt hatte? Damals, vor der Flüchtlingskrise? Gute Zeiten waren das gewesen.
Also wurde ein Antwortvideo mit Amthor gedreht. Den Verantwortlichen muss schnell klar geworden sein, was für eine unglaublich dumme Idee das war. Das Video verschwand im Giftschrank des Konrad-Adenauer-Hauses. Die Partei entschied sich statt für die größtmögliche Blamage für die berechenbare Blamage, stellte ein zweieinhalbseitiges PDF auf ihre Homepage und entschied sich, ihren inneren Helmut Kohl zu kanalisieren und die Sache auszusitzen. Das war im Rückblick sicher die bessere Entscheidung. Es gab ein paar lahme Gags über Amthors Erscheinung, er hatte den ein oder anderen Talkshowauftritt, der ein gutes Gefühl für die Qualität des Videos vermittelte (oder besser den Mangel daran) und das war es dann auch.
Aber Karrieren wurden schon mit weniger gestartet, und Amthor ist offensichtlich nicht der Typ, der sich solche Gelegenheiten entgehen lässt. Man sollte sich von Amthors Alter nicht täuschen lassen. Körperlich mag er jung sein, geistig aber ist er, wie auch Stefan Kuzmany im Spiegel befindet, sehr alt.
Der Mecklenburger trat 2008 im zarten Alter von 16 Jahren in die Junge Union ein. Mit 18 war er bereits Mitglied im Landesvorstand der JU. Mit 20 war er Kreisvorsitzender, mit 22 bekleidete er sein erstes gewähltes Amt im Sozialausschuss des Kreistages. Ähnlich zielgerichtet das Studium der Rechtswissenschaft (was sonst?): 2011 bis 2017 Studium mit Prädikat, seither Arbeit an der Disseration. Im gleichen Jahr wurde er in den Bundestag gewählt. 2019 ließ er sich katholisch taufen, 2020 in den höchsten Laienrat der Kirche Berlins berufen. Themen mit denen er in der Zeit bis zum Rezo-Video sein Profil schärfte: Widerstand gegen Gender-Mainstreaming.
Das ist, höflich gesagt, ein kleiner Unterschied zur Biographie Rezos. Und, entscheidend, auch ein Unterschied zur Biographie von 90% seiner AltersgenosInnen. Das ist nicht als Vorwurf zu verstehen. Amthors Lebensentwurf ist genauso legitim wie der von von Rezo, mir und jedem und jeder meiner SchülerInnen. Wie irgendjemand in der CDU diese Biographie anschauen und auch nur für eine Sekunde glauben könnte, hier das Gesicht gefunden zu haben, das die CDU glaubhaft gegenüber der Generation 16-25 vertreten könnte, ist mir dagegen völlig schleierhaft. Aber zum Glück für die Union haben sie ja noch rechtzeitig die Reißleine gezogen.
Auch zum Glück von Amthor, übrigens. Zwar hätten ihm selbst im Erfolgsfall die zehn Minuten Ruhm als das junge Gesicht der CDU sicherlich ein großes bundespolitisches Profil eingebracht. Aber danach wäre seine Karriere eher vorbei gewesen, hätte ihm stets ein Ruch angehangen, den er nicht mehr losgeworden wäre. Die CDU ist, im Guten wie im Schlechten, eine Partei, in der immer noch die Ochsentour dominiert. Das weiß Amthor auch, sein ganzer Lebenslauf beweist, dass er das weiß. Er atmet den Geist dieser CDU. Er ist letztlich eine junge Ausgabe von Roland Koch. Ich meine, ernsthaft, vergleicht mal die Bilder.
Anders wäre Amthor in der CDU ja auch nie so weit gekommen. Er hat einen Karrierepfad eingeschlagen, in dem er die Stammwähler der Partei, nicht eben legendär jung, davon überzeugen muss, ihn zu wählen – in einem agrarisch geprägten Flächenland, no less. Das geht nur, wenn er als Geistesverwandter akzeptiert wird, als jemand, der zwar noch jung ist, bei dem aber völlig absehbar ist, dass er letztlich ein Zeitreisender ist. Ein alter Mann in einem jungen Körper.
Und das bringt uns zum aktuellen Skandal um seine Person. Zur Erinnerung: Amthor ist Direktor in einem amerikanischen Startup, in das er keine offensichtlichen Fähigkeiten oder Kapital eingebracht hätte. Er hält darin einen ordentlichen Batzen Aktienoptionen, falls das Ding (was angesichts der Verbindungen, die er und die anderen Direktoren präsentieren, mehr als wahrscheinlich ist) mal was wert wird und verkauft wird. Der spätere Verkauf ist auch der einzige Zweck des Unternehmens. So weit, so normal.
Was jedoch nicht normal ist, sind zwei andere Dinge. Amthor hat, während er diese Funktion bekleidete, einerseits Lobbying für diese Firma bei Wirtschaftsminister Altmaier betrieben und dazu Ressourcen des Bundestags benutzt. Andererseits hat er sich im Bundestag vehement gegen mehr Transparenz für Nebentätigkeiten gewehrt und eine leidenschaftliche Rede dagegen gehalten. In beiden Fällen machte er nicht deutlich, dass er finanzielle Interessen damit verband. Neben der offensichtlichen Hoffnung auf einen rain day bei einem Verkauf von Augustus Intelligence ließ sich Amthor Luxusreisen auf Firmenkosten zukommen.
Dieser Skandal ist an und für sich nicht besonders berichtenswert. Es geht nicht um einen „Lobby-Skandal“, wie es oft in den Medien heißt; das Problem ist nicht Lobbying. Das ist grundgesetzlich abgesichert erlaubt und in einer Demokratie auch notwendig, wie ich in meiner Serie zum politischen System Deutschlands auch dargelegt habe. Das Problem ist der Vorwurf der Bestechlichkeit. Die Summen um die es geht sind gering; ein Gerhard Schröder etwa könnte darüber nur lachen. De facto handelt es sich überwiegend um geldwerte Vorteile. Was das Ganze für Amthor und die CDU so bedrohlich macht ist einerseits der Umgang mit dem Skandal, etwa Amthors Nicht-Entschuldigung und der unsägliche Kommentar des Unionsfraktionsvizevorsitzenden Wadepuhl er sei „eben noch jung“, und andererseits was es über Amthor und die CDU aussagt.
Zuerst die missglückte Verteidigung. Als ich 27 zwar, hat mein Referendariat als Gymnasiallehrer angefangen. In der Ausbildung wurde uns eingebläut, dass wir keinerlei Geschenke mit einem Gegenwert von mehr als 10 Euro annehmen dürften. Explizit beinhaltete dies so etwas wie Obstkörbe oder einen Blumenstrauß von der Elternvertretung am Ende des Schuljahrs. Das waren Verstöße gegen das Beamtenrecht, die disziplinarrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würden. Deswegen kann ich auch nur emphatisch diesen Tweet unterstreichen:
Philipp ist 27 Jahre alt & zu jung um zu wissen, was Korruption ist.
Ich bin 26 Jahre alt & besuche jährlich eine Antikorruptionsfobi, weils bei uns in der Behörde so vorgeschrieben ist & ich meinen Job verlieren könnte, wenn ich eine Packung Merci annehme.
Aber is schon ok. ✌️
— Bürorebellin. (@hasshase1) June 17, 2020
Sowohl Amthor als auch die CDU kommunizieren deutlich, dass Regeln für andere gelten. Sie selbst gehören zu einer privilegierten und abgehobenen Schicht, die sich an so etwas Plebejisches nicht gebunden fühlt. Dasselbe Selbstverständnis lag bereits der Guttenberg-Affäre seinerzeit zugrunde, und es ist sicherlich kein Zufall, dass Amthor ausgerechnet mit dem ehemaligen Verteidigungsminister in Augustus Intelligence zusammenarbeitet.
Das andere Thema beschreibt Stefan Kuzmany im eingangs bereits verlinkten Spiegel-Artikel „Ganz alte Schule“ am besten:
Die Tränen mögen trocknen. Die schreckliche Modernisierung der CDU, so stellt sich dieser Tage heraus, hat es nie gegeben. Blicken wir auf Philipp Amthor, den aussichtsreichsten Kandidaten für den Posten des CDU-Chefs in Mecklenburg-Vorpommern, die deutsche Antwort auf den österreichischen Kanzler Sebastian Kurz, dann können wir beruhigt feststellen: Wenn die Union so ist wie ihr 27-jähriger Hoffnungsträger, dann ist sie ganz die alte geblieben. Die ganze Geschichte von Amthors Geschäftchen mit dem US-Start-up Augustus Intelligence liest sich, als wäre sie nicht hochaktuell, sondern angestaubten CDU-Erinnerungsbänden entsprungen, aus einer Zeit, als die Union noch ein markiger Männerbund war und die Anhäufung von Kapital für die richtigen Leute ihr höchster Daseinszweck. Offenbar geblendet von einer Gruppe jünglicher Unternehmer mit Milliardenambitionen und einem Lebensstil auf großem Fuß, ließ sich der nach eigener Darstellung doch eigentlich sehr bodenständige Amthor auf luxuriöse Geschäftstreffen in angenehmstem Ambiente ein. […] Amthor erhielt den ehrenamtlichen Posten eines Direktors, durfte wohl glauben, man sei an seinem hochkompetenten Input bei der Entwicklung von fortschrittlichster Technik interessiert, und erwarb die Option, in der Zukunft ein schönes Aktienpaket zum Preis von gestern zu erwerben, das er übermorgen, wenn Augustus ganz sicher den Markt beherrscht, mit ordentlichem Gewinn wieder hätte abstoßen können. Und als sei diese Geschichte nicht schon so auffällig ähnlich einer Karikatur vom gierigen Aufsteiger, der sich in blendende Gesellschaft verirrt, traf Amthor bei seinem Ausflug in die große Welt ausgerechnet auf zwei weitere komische Kumpel aus dem Milieu, das für die alte Union steht: auf den Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, den gernegroßen Rhetoriker wider die Migration, und Karl-Theodor zu Guttenberg, den unbestrittenen König der politischen Hochstapler. (Stefan Kuzmany, SpiegelOnline)
Es ist diese Kombination aus Privileg und der Parallelwelt des unverdienten Geldes, die so enervierend ist. Und das ist eben das, für das Amthor steht. Es ist eine Parallelgesellschaft, in der die richtigen Seilschaften, die richtigen Studienverbindungen und das richtige Glaubensbekenntnis für einen kometenhaften Aufstieg sorgen, auf einer vorgefertigten Bahn, von der herunterzufallen praktisch unmöglich ist – er ist ja noch jung. Der Fehler, den Amthor gemacht hat, daran lassen weder seine CDU-Verteidiger noch seine eigene Nicht-Entschuldigung einen Zweifel, ist nicht, was er getan hat, sondern dass er sich hat erwischen lassen. Guttenberg und Maaßen (wie auch Gerhard Schröder, der Gottvater frecher Korruption) warteten wenigstens, bis sie ihr Amt verlassen hatten.
Amthor gehört zu einer abgeschotteten, wohl behüteten Bevölkerungsgruppe, die ihre Privilegien so verinnerlicht hat, dass sie sie überhaupt nicht als solche wahrnimmt. Nur in einer solchen Gruppe kann es völliges Unverständnis darüber geben, dass ein 25jähriger Jura-Student vielleicht nicht Kraft seiner brillanten Expertise über künstliche Intelligenz in einem amerikanischen Startup unterkommt, sondern weil er ein Versprechen auf die nächsten 40 Jahre Bundestags-Connections mit sich bringt – die er wiederum ebenfalls auf der Überholspur erreicht hat. Und erneut, gut für ihn. Daran ist erstmal ja nichts Illegales, es ist nicht einmal illegitim.
Aber der Rest der Gesellschaft muss ja nicht bereit sein, diese Art von Privilegiertheit weiterhin hinzunehmen. Wir müssen uns glaube ich klar machen, dass der Amthor-Skandal ein sehr gutes Zeichen ist. Noch vor fünfzehn Jahren wäre er kein riesiger Spiegel-Scoop gewesen, sondern schlicht normal. Und in den 1970er Jahren, oder gar den 1950er Jahren, hätte man das alles völlig offen gemacht. Wir sind in Sachen Korruption und Transparenz mittlerweile so weit gekommen, dass kleine Fische wie Philipp Amthor große Wellen schlagen können.
Die abwartende Haltung eines großen Teils der CDU, die offene Kritik einiger weniger aufrechterer ParteigenossInnnen (die auch nicht in seine Netzwerke gehören) sind daher ein gutes Zeichen. Sie schauen, woher der Wind weht. Kommt Amthor damit noch durch? Dann hat Kuzmany Recht, und wir sehen die alte CDU ihr Haupt erheben und sich selbst beweisen. Kommt er damit nicht durch, ist die CDU doch deutlich weiter gekommen, entfernt sich auch nach Merkel weiter davon, eine Partei der weißen, alten Männer zu sein – auch wenn diese erst 27 sind.
Es passte strukturell nicht in den Beitrag, daher als Kommentar-Ergänzung:
„Alter weißer Mann“ ist hier – hoffentlich eindeutig – als Gruppenbeschreibung eines bestimmten Milieus gemeint. Es geht dezidiert NICHT um alle alten, weißen Männer. Nur ein winziger Ausschnitt. Das wird eigentlich aus dem Artikel sehr deutlich, aber nach meinen Erfahrungen mit dem letzten stell ich es noch mal explizit voran.
Du verwendest den Begriff vermutlich im Hinblick auf die als selbstverständlich angenommenen Privilegien. Trotzdem finde ich, er führt in diesem Kontext zu unnötigen und unfruchtbaren Seiten-Kontroversen.
Verstanden, aber du schreibst „alte weise Männer“ immer noch falsch.
@ cimourdain 18. Juni 2020, 08:55
Verstanden, aber du schreibst „alte weise Männer“ immer noch falsch.
you made my day
einfach großartig 🙂
Ich geb’s zu der war gut.^^
Hohoho.
Das hat leider einen ernsten Hintergrund: Auf die Artikel von Ariane und Beermann ist mir bewusst geworden, wie sehr der Goldstandard, wie eine Debatte geführt werden soll – abwägend, analytisch-rational, präzise formuliert – davon abhängt, dass man a) nicht persönlich betroffen ist und b) materiell, sozial und kulturell gefestigt ist. Und dies funktioniert am besten in der Gruppe der Privilegierten und Arrivierten.
Jepp.
Danke.
a) ja
b) Jein, man gewöhnt sich auch dran. Frauen muss man nicht erst erzählen, dass es Sexismus gibt, genau wie man Schwarzen nicht erzählen muss, dass es Rassismus gibt.
Es hängt eher mit der jeweiligen Stimmung und Situation zusammen. Ich lästere aktuell auch mehr über Männer als sonst, weil – sorry – notallmen aber effiziente Alltagsorganisation ist eher keine männliche Stärke.
Im Internet ist eher das Problem, das man nur das geschriebene Wort kennt, was schon mal heißt, dass man zulesen sollte und teilweise fast unterschiedliche Sprachen spricht. Das sorgt auch schnell für Missverständnisse. Typische Filterbubble-Geschichte. Bei Sassestefan, Marc und vermutlich auch Dennis bin ich ziemlich sicher, dass die Insiderwitze verstehen, die auf andere Leser vermutlich merkwürdig oder sogar ordinär wirken.
@ Ariane 19. Juni 2020, 08:44
…, weil – sorry – notallmen aber effiziente Alltagsorganisation ist eher keine männliche Stärke.
Als das bei uns mit den Kindern losging, blieb meine Frau daheim und kümmerte sich um alles, während ich das dazu nötige Geld verdiente (es waren vom Timing, der Zahl der Kinder und der Aufgabenverteilung ihre Entscheidungen). Wenn ich dann nach langen Arbeitstagen oder auch nach längeren beruflich bedingten Wochenend-Beziehungen nach Hause kam, „managte“ sie natürlich weiter, ohne mich für jeden Scheiß um meine Meinung zu fragen.
Auch sie ist der Meinung, dsas sie alles besser kann (was ja aufgrund ihrer deutlich größeren Erfahrung in den meisten Fällen sein mag). Sie entscheidet nicht, wie es zutreffend wäre, zwischen „meine Methode“ und „deine Methode“ (es könnte ihr ja egal sein, wie ich zum angesprochenem Ziel komme), sondern sehr subjektiv und keineswegs zutreffend zwischen „richtig“ und „falsch“.
Ich kenne in meinem Verwandten- und Bekanntenkreis keine Familie, wo es anders läuft, und so bestätigen sich die Frauen ständig, dass sie dieses oder jenes besser können, so, wie sich die meisten Männer immer wieder selbst einreden, dass sie bei technischen Themen besser sind.
Beides ist nicht immer richtig.
Es kann niemand einfach so etwas besser, Frauen lernen das nur einfach.
Wieviele Männer kennst du denn, die sämtliche Größen und Arzttermine der Familie auswendig kennen. Oder wie oft organisieren Männer alleine ein Grillfest und sprechen sich ab, wer die Salate mitbringt. Wer organisiert Kindergeburtstage und die Geschenke?
So Firlefanz machen oft die Frauen, bei jüngeren Paaren ist das meistens schon etwas verteilter. Es können auch nur Männer besser heimwerkeln, die das wirklich regelmäßig machen, genau so wie PC-Dinge.
Familienorganisation ist nichts, was man einfach kann oder nicht. Ich weiß auch aus dem Kopf, dass du irgendwo Ostholstein wohnst und vier Töchter und eine Frau hast.
Weil mein Gedächtnis so trainiert ist. Und das ist Beziehungsarbeit, wenn Männer wirklich mehr in das kleinteilige Familienleben involviert sein wollen, dann sollten sie darum kämpfen. Und nicht Frauen die Schuld geben. Hat auch kein Mann beschlossen, dass Frauen wählen dürfen.
Oder wie oft organisieren Männer alleine ein Grillfest und sprechen sich ab, wer die Salate mitbringt.
Bei Männergrillfesten gibt es keine Salate.
🙂
You made my day!!! Ich lieg‘ immer noch in der Ecke.
Bei meinem schon. Und Gemüse.
Das gilt nur für Singlemänner, wenn Frauen und Kinder dabei sind, gibt es mehr Salate, Brot und Nachtische und nicht einfach nur ein Steak. 🙂
Das letzte Mal als ich auf einem Männer-Grillfest war, gab es nicht mal eine Grillzange und vernünftiges Geschirr. Man kann auch alles übertreiben!
Ich bin zugegeben auch wenig auf Grillfesten, aber wenn ich grille gibt es alles. Wobei ich für mich praktisch kein Fleisch mehr mache.
Stefan, es ging um reine Männer-Grillfeste (Frauen unerwünscht 🙂 ). Und es ging darum, dass Ralf eine sehr gute Pointe gesetzt hat. Zur Humorerklärung.
Ich weiß.
@ Ariane 19. Juni 2020, 18:49
Das letzte Mal als ich auf einem Männer-Grillfest war, gab es nicht mal eine Grillzange und vernünftiges Geschirr.
Mann hat doch Hände und einen Mund mit Zähnen drin 😉
Man muss nicht jedes Klischee mitnehmen…
@ Ariane 19. Juni 2020, 12:29
Weil mein Gedächtnis so trainiert ist.
Ja. Und Du bist Mitte 30, unverheiratet, kinderlos, aber in einer festen Beziehung.
Das sagt aber nichts weiter über uns.
Wenn Männer wirklich mehr in das kleinteilige Familienleben involviert sein wollen, dann sollten sie darum kämpfen.
Ich werd den Teufel tun, und mit meiner Frau einen Streit anfangen, weil sie den Kartoffelsalat anders anrichten will als ich.
Hat auch kein Mann beschlossen, dass Frauen wählen dürfen.
Was soll den das nun schon wieder …
Es ist tatsächlich sehr schwer, die Routinen von Haushalt und Erziehung zu ändern. Aber das verdient vielleicht mal einen eigenen Artikel.
Was soll den das nun schon wieder …
Das heißt einfach nur, dass nicht „die herrschsüchtige Frau“ an irgendwas schuld ist, sondern Männer, die nichts dagegen haben, wenn Frauen den Klüngelkram machen. Wenn Männer das anders wollen, müssen sie sich emanzipieren, wie Frauen es gemacht haben, als es zb um das Wahlrecht ging. Das wurde ihnen ja auch nicht geschenkt.
@Sasse
Ja ist ein interessantes Thema, wie gesagt ich halte es gerade jetzt auch für illusorisch, die Alltagsroutinen komplett umzustellen. Wer Alte und/oder Kinder irgendwie versorgen oder betreuen muss und den Haushalt, den man auch noch ganz anders nutzt als sonst, hat überhaupt nicht die Kapazität frei, plötzlich Kochen, Heimwerken, Kindererziehung oder kleinteilige Organisation zu lernen.
Ich hab echt ein gutes Gedächtnis und es gewohnt, wuselige Dinge zu organisieren, aber das ist hier mehr wie Stricken. Ein Problem fallenlassen, andere Probleme an „Experten“ delegieren, zwischendurch Leute zusammenscheißen, die mich mittendrin fragen, ob ich schon mal über meinen Stromtarif nachgedacht hab (Alter!)
In dem Fall gebe ich Erwin allerdings Recht. Stefan Sasse hatte dazu auch mal einen sehr guten Text geschrieben (ich weiß leider gerade nicht mehr, ob hier oder nur auf Twitter), dass viele Frauen sich einerseits beschweren, dass die Aufgaben im Haushalt oder die Kinderbetreuung nicht gerecht aufgeteilt werden und gleichzeitig ihre Männer ausbremsen, wenn sie versuchen etwas im Haushalt zu machen.
Das geht auch durchaus noch bis in unsere Generation so. Und wenn Man(n) es eh nur falsch machen kann, dann lässt man es halt.
Na klar, ich beschwere mich auch, wenn die Wäsche nicht so gewaschen wird, wie ich das will.
Hab beim Babysitten einen kleinen Aufruhr verursacht, weil die Mutter keinen ans Geschirr lässt. (Wäsche zusammenlegen durfte ich aber) 🙂
Das liegt einfach daran, dass man bei Sachen, die man „immer“ macht, eine ganz bestimmte Routine hat.
Aber die Frage ist dann, geben die Männer auf und sagen „och meine Frau macht das halt alles so gerne“ oder erobern die sich bei Kindern und Haushalt einen gleichberechtigten Platz?
Ich muss auch darum kämpfen, selbst zu heimwerkeln oder meinen PC-Kram zu regeln, weil das offiziell „Männerkram“ ist.
Sorry, aber ich verstehe den Anspruch nicht.
Kann mir auch keiner erzählen, dass Männer das nicht auch ganz bequem finden, wenn die Frau sie nicht ausprobieren lässt. Das muss man besprechen und sich den gleichberechtigten Platz erobern. Der wird einem nicht einfach geschenkt. Das ist eine Verhandlungssache – Beziehungsarbeit.
Ihr Männer brecht damit nun mal in den „weiblichen Bereich“ ein. Vieles ist mir auch nicht so wichtig, aber der Mental Load ist extrem und da bemerke ich zwischen Frauen und Männern gerade einen extremen Unterschied.
War auf Twitter.
@ Ariane 20. Juni 2020, 23:20
Das liegt einfach daran, dass man bei Sachen, die man „immer“ macht, eine ganz bestimmte Routine hat.
Ja. Gilt für mich aber auch. Wenn ich zum Staubsauger greife, mache ich das nach einem anderen Muster als meine Frau. Ich brauche deutlich länger, und bin etwas gründlicher. Wenn Sie mir dann erklären muss, welche Steckdosen ich in welcher Reihenfolge abzufahren habe, saugt sie eben wieder selbst.
Das Schema, wenn ich etwas tue, ist: „Höre auf meinen Ratschlag, dann kannst Du lernen.“ Das Schema, wenn sie etwas tut, ist: „Halt den Mund, das kann ich alleine“.
Dann halte ich mich eben raus.
Aber die Frage ist dann, geben die Männer auf und sagen „och meine Frau macht das halt alles so gerne“ oder erobern die sich bei Kindern und Haushalt einen gleichberechtigten Platz?
Warum soll ich was da erobern? Wenn ich auf meine Frau und meine Töchter schaue, dann haben die eine deutlich größere Energie, um für Kleinigkeiten in Rechthab-Diskussionen zu gehen als ich. Ich habe Streits, Diskussionen, Generve und Streß zur Genüge im Büro
Also habe ich (beispielsweise) die Wahl zwischen Staubsaugen mit begleitender Diskussion, von Staubsauger á la Dienstbote (=so, wie sie mir sagt), oder gar nicht staubsaugen. Rate, für was ich mich entscheide? Und ja, das entlastet meine mentale Workload.
Und solches Verhalten kenne ich aus praktisch allen Beziehungen und Ehen, die ich kenne. Stets versucht Frau, das Ruder in der Hand zu behalten und dem Mann nicht nur zu sagen, WAS er tut (damit kann ich im Rahmen leben), sondern auch WIE (damit mag ich nicht leben).
Und wenn man dann wieder auf einem Grillfest ist, redet wieder jede Frau darüber, wie unflexibel im Haushat ihr Mann ist, und alle anderen Frauen stimmen zu.
Und die Männer denken sich „so what…“
Ich muss auch darum kämpfen, selbst zu heimwerkeln oder meinen PC-Kram zu regeln, weil das offiziell „Männerkram“ ist.
Wenn Du das willst und kannst, ist doch alles gut.
Kann mir auch keiner erzählen, dass Männer das nicht auch ganz bequem finden, wenn die Frau sie nicht ausprobieren lässt.
Wird auch kein Mann tun, der in einer solchen Situation steckt.
Das muss man besprechen und sich den gleichberechtigten Platz erobern. Der wird einem nicht einfach geschenkt.
Frozzelig formuliert: Wenn ich mir den Platz erkämpfen muss, kann sie ihn behalten. Mein Bürojob ist Kampf genug.
Das ist eine Verhandlungssache – …
Ja.
…Beziehungsarbeit.
Arbeit? Mag sogar sein, aber beziehungstechnisch nicht konstruktiv.
aber der Mental Load ist extrem, und da bemerke ich zwischen Frauen und Männern gerade einen extremen Unterschied.
Nun, hier bei uns ist das mit dem Corona-Geraffel nicht so wild, und die mentale Zusatz-Load packt sich meine Frau selbst auf.
PS: Wir haben seit zwei Tagen einen Staubsaug-Roboter. Meine Frau wollte ihn selbst ans WLAN bringen, was nicht klappte. Sie fragte um Rat,, ich erklärte ihr das problem. Klappte nicht. Sie rief ihre Tochter an, 500 km von hier, die ein Modell vom gleichen hersteller hatte. Klapte immer noch nicht. irgendwann habe ich es doch machen müssen, und so wie es lief, wurde mir die Einrichtungs-App wieder aus der Hand gerissen. Wasch mich, aber mach mich nicht nass.
Wenn ich nicht zwei Stunden Gewehr bei Fuß hätte stehen müssen, wäre das trotzdem OK gewesen.
Für mich was beziehungstechnisch die Rettung, das gemacht zu haben. Aber wie gesagt, mir ist das für die Kommentare zu ausufernd als thema.
@ Stefan Sasse 17. Juni 2020, 17:17
„Alter weißer Mann“ ist hier – hoffentlich eindeutig – als Gruppenbeschreibung eines bestimmten Milieus gemeint. Es geht dezidiert NICHT um alle alten, weißen Männer.
Nö, da gibt es kein Verständnis meinerseits. Wenn Du nur die „Pudel“ meinst, schreib „Pudel“, und nicht immer „Hund“. Selbst schuld, wenn Du dann ständig einen reingelatzt kriegst.
Nehme ich dann wohl in Kauf. 🙂
Typisch Lehrer – unbelehrbar 🙂
VORMITTAGS RECHT UND NACHMITTAGS FREI, BITCHES!
Ihr habt ein Leben …
Drüben in den Kommentarspalten von Übermedien hat es sich eingebürgert, das Kürzel „WHAM“ zu benutzen, wenn die Geisteshaltung gemeint ist. Wenn es dagegen tatsächlich um weiße heterosexuelle alte Männer geht, wird dies ausgeschrieben.
Das scheint dort ganz gut zu funktionieren und hat den zusätzlichen Vorteil, dass man z.B. auch Heidi Klum unter WHAM subsummieren kann ohne dass der geschriebene Satz vollends absurd wird.
Vielleicht wäre eine ähnliche Vorgehensweise auch für DD denkbar?
Als WASP-Äquivalent?
Genau.
Ich oute mich mal, wofür stünde die Abkürzung? Aber ist eine gute Idee.
Weißer heterosexueller alter Mann. Im dortigen Forum wird das augenzwinkernd und in dieser Kürzel-Form explizit verwendet, um einen griffigen Bezeichner für das Milieu zu haben und gleichzeitig klar zu machen, dass es um Differenzierung geht und Menschen, auf die eins der Adjektive zutrifft eben nicht automatisch gemeint sind.
So etwas kann aber natürlich nur in einem relativ geschlossenen Kreis funktionieren, bei dem eine gewisse Übereinkunft in der gegenseitigen Kommunikation herrscht. Da hat Jens schon recht.
Irgendwo muss man den Anfang mal machen.
Ächz
Diese ganzen Bemühungen, irgendwelche Formulierungen zu fidnen, mit denen man gleich eine ganze Gruppe diskreditieren kann …
Führt nur dazu, dass Euch weniger Leute außerhalb Eurer Blase ernst nehmen
Danke! Sprichst mir aus der Seele.
Solche Kürzel führen dazu, dass nur noch abgehobene Intellektuelle mitdiskutieren und die breite Masse sich nur noch an den Kopp tippt.
Eine im Prinzip gute Sache und notwenige Diskussion wird damit gleich mal für 2/3 der Bevölkerung in der Kategorie GaGa eingetütet.
Das ging mir schon zu Unizeiten und auch jetzt noch mit den großen I z.B. BürgerInnen auf den Keks.
Wenn das so entscheidend für die Gleichstellung der Frau wäre, wäre die Türkei das am gleich gestellteste Land
https://www.sandkornundrabe.de/genus-in-der-tuerkischen-sprache/
Scheint keine Wunder gewirkt zu haben.
https://www.zeit.de/2018/11/frauenrechte-tuerkei-gewalt-sexuelle-opfer-emanzipation-can-duendar
https://www.heise.de/tp/features/Tuerkei-Zerschlagung-der-Frauenbewegung-4776562.html
Es geht weniger um Diskreditierung als um Beschreibung.
Das ist schon klar. Aber letztlich führt man neue Vokabeln ein. Wenn das zu viele sind, wird es für Menschen die nicht im Thema sind eine Fremdsprache.
Wenn man wirklich die „bekehren“ will, die die breite Masse darstellen, sollte man in einer Sprache sprechen, die sie auch verstehen.
Wissenschaftlicher Diskurs ist natürlich etwas anderes.
Gruß Jens
Ja, aber ich weiß nicht inwieweit dieses Blog eine Bekehrungsplattform ist. Und ich denke wenn der Begriff ordentlich eingeführt und erklärt wird geht das. Wir machen das hier ja um neue Dinge zu lernen. Also manche von uns wenigstens ^^
@Jens & Erwin
Ihr merkt aber schon noch, dass ihr da sensibel seid, weil ihr es nicht gewohnt seid, als eigene Gruppe benannt zu werden?
@Sassestefan
Ich finde Boomer eigentlich gut. Müsste natürlich erklärt werden, aber die Bezeichnung passt ganz gut, weil die geburtenstarken Jahrgänge eh immer Thema sind, was die Rente, Staatsschulden, Personalmangel etc. angeht. Und ein neuer Begriff ist da vielleicht weniger kontrovers als wenn man mit alt, weiß, hochstudiert, männlich, reich, heteresexuell herumhantiert.
@ Ariane 19. Juni 2020, 08:48
Ihr merkt aber schon noch, dass ihr da sensibel seid, weil ihr es nicht gewohnt seid, als eigene Gruppe benannt zu werden?
Naja, „Männer“ (besonders im Zusammenhang mit „unpraktisch“) ist schon eine Gruppenbezeichnung.
Aber nun stell Dir vor, dass ich jedes (seltene) Mal, wenn ich eine Kommentierung vom Stefan Sasse für zu populistisch halte, „typisch Loela“ (steht für linke ökonlogisch angehauchte evangelische Lehrer) sage – natürlich nur in negativem, abwertenden Kontext, während ich den Begriff jedesmal mit dem Hinweis „nur zur Beschreibung“ benutze. Da kann ich gleich „Stefan Sasse“ schreiben, ohne, dass ich mich verkehrt ausdrücke.
Ich finde Boomer eigentlich gut.
Ich eigentlich auch, weil es keine pauschale Milieu-Abwertung ist, sondern eine Milieu-Beschreibung.
Wir haben noch draußen gespielt und Pippi Langstrumpf im Original gelesen, kannten in der Jugend weder Handys noch Internet, und um einen von sieben Ausbildungsplätzen zu ergattern, musste ich in Deutsch, Physik und Mathe zwei Tage lang gegen 50 andere antreten. Wenn mir jemand gesagt hat „Grab ein Loch“, fragte ich „wie tief“, und nicht „warum“.
Das sind kulturelle Unterschiede etwa zwischen mir und der Generation von StefanS oder Dir (Millenials), die sich aus der Zeit ergeben, in der man geprägt wurde. Daher trifft (Baby-)Boomer es daher besser als diese ständige Verallgemeinerung „Weiße alte Männer“, die stets abwertend eingesetzt wird.
Naja, Stefan fasst mich permanent als „typisch links“, das ist jetzt auch nichts anderes.
@ Stefan Sasse 19. Juni 2020, 13:19
Naja, Stefan fasst mich permanent als „typisch links“, das ist jetzt auch nichts anderes.
Doch, ist nicht nicht vergleichbar …
Und hat nichts mit mir zu tun. Wenn Du ihm einen Gruß schicken willst, sprich mit ihm, nicht mit uns allen 🙂
„Typisch links“ ist bei Herrn Pietsch lediglich ein Synonym für „alles, was mir mißfällt“.
@ Glaukon 21. Juni 2020, 18:30
„Typisch links“ ist bei Herrn Pietsch lediglich ein Synonym für „alles, was mir mißfällt“.
🙂
Das ist bei mirnicht ganz so stark ausgeprägt …
Korrekt.
Natürlich ist Männer eine Gruppenbezeichnung. bzw Alte, weiße Männer.
Deswegen wurde das erfinden, um klarzustellen, dass der alte weiße Mann nicht mehr die Norm ist.
Und nein, das ist nicht abwertend. Es ist ja nicht ein bestimmter alter weißer Mann gemeint. Ihr seid es nur nicht gewohnt und denkt immer, ihr werdet persönlich angesprochen.
Das ist aber nicht so. Ich vereinfache genauso und spreche von Frauen oder Schwarzen. Alte weiße Männer wird genauso eingesetzt. Das ist nur neu und ungewohnt.
Boomer passt insofern ganz gut, weil man das auch für Frauen oder Homosexuelle oder Menschen mit Migrationsgeschichte nehmen kann.
Und ein neuer Begriff ist immer weniger vorbelastet.
Ariane 19. Juni 2020, 13:24
Natürlich ist Männer eine Gruppenbezeichnung. Bzw. alte, weiße Männer.
…
Und nein, das ist nicht abwertend.
Warum hast Du den Begriff dann ausschließlich verwendet, um bestimmte Verhaltensmuster abwertend zu beschreiben?
Es ist ja nicht ein bestimmter alter weißer Mann gemeint.
Nein, das unterstellst Du stets allen.
Deswegen wurde das erfinden, um klarzustellen, dass der alte weiße Mann nicht mehr die Norm ist.
Die Norm? Das war er nie.
Boomer passt insofern ganz gut, weil man das auch für Frauen oder Homosexuelle oder Menschen mit Migrationsgeschichte nehmen kann.
Ja, das ist ein unbestrittener Vorteil, da der Begriff mehr auf bestimmte kulturelle Eigenheiten abhebt.
Warum hast Du den Begriff dann ausschließlich verwendet, um bestimmte Verhaltensmuster abwertend zu beschreiben?
Weil es keine Gruppenbezeichnung für alte weiße Männer gibt – außer eben diese etablierte.
Ich fall auch nicht vom Stuhl, wenn du oder sonstwer sagt, Frauen interessieren sich für Schuhe und Make-Up und haben ein Rosa-Gen.
Das halte ich übrigens für genauso abwertend. Ich flippe deswegen aber nicht aus und frage, ob jemand zuviel Boulevard guckt.
Die Norm? Das war er nie.
Doch. Genau deswegen sind es weder Männer noch alte weiße Männer gewohnt, als Gruppe angesprochen werden.
Alle anderen, Frauen, Migranten, Schwarze, Nichtchristen SIND es gewohnt.
Und die Bezeichnung ob nun Boomer oder alter weißer Mann soll übrigens deutlich machen, dass alte weiße Männer genauso eine feststehende Gruppe sind, wie Frauen, Moslems oder Schwarze, von denen sie gerne über deren Kopf hinweg als Gruppe sprechen.
Und ich finde es sehr wichtig, hier auf Augenhöhe zu diskutieren.
Ach vergessen, die junge Generation ist es natürlich auch gewohnt.
Und das haben Pietsch und du mich und Stefan oft genug spüren lassen. Von daher halte ich es für absolut absurd, hier jetzt über abwertende Äußerungen zu klagen!
@ Ariane
Weil es keine Gruppenbezeichnung für alte weiße Männer gibt – außer eben diese etablierte.
Das klärt weder die Frage, warum Du den Begriff nur verwendest, um von individuellem Verhalten auf eine Gruppe zu schließen, noch, warum Du den Begriff ausschließlich negativ einsetzt.
Ich fall auch nicht vom Stuhl, wenn du oder sonstwer sagt, Frauen interessieren sich für Schuhe und Make-Up und haben ein Rosa-Gen.
Wenn jemand das Verhalten einer bestimmten Frau, dass ihn nervt, als „typisch weiblich“ abqualifiziert und Dir so mit aufstülpt, nervt Dich das auch (ist Stefan P. mal durchgerutscht, da hast Du echt ordentlich am Gashahn gedreht).
Und hier geht es nicht um „Männer“ und „Frauen“, sondern um „alte weiße Männer“. Ein passendes Äquivalent wäre hier „junge blonde Frauen“; das hat schon eine andere „Qualität“.
[Die Norm? Das war er nie.]
Doch. Genau deswegen sind es weder Männer noch alte weiße Männer gewohnt, als Gruppe angesprochen werden.
Du redest von Norm und meinst Machtstrukturen. Das ist etwas anderes.
Wenn Du nach Afrika oder in die islamische Welt schaust, hast Du die gleichen Machtstrukturen, nur deutlich stärker ausgeprägt. Die sind aber gar nicht alle weiß.
Alle anderen, Frauen, Migranten, Schwarze, Nichtchristen SIND es gewohnt.
Und die Bezeichnung ob nun Boomer oder alter weißer Mann soll übrigens deutlich machen, dass alte weiße Männer genauso eine feststehende Gruppe sind, wie Frauen, Moslems oder Schwarze, von denen sie gerne über deren Kopf hinweg als Gruppe sprechen.
Wie gesagt: „Männer“ wäre vergleichbar, „alte weiße Männer“ nicht. Und von Frauen, Migranten, Schwarzen etc. redet man bei weitem nicht nur in negativen Konnotationen, von „alten weißen Männern“ jedoch ausschließlich herabsetzend. Außerdem gehen Leute wie Du in Gegenposition, wenn man bestimmte negative Verhaltenseigenschaften von Individuen auf die Gruppe überträgt; als Beispiel sei hier die erhöhte Bereitschaft zur Gewalt von jugendlichen Zuwanderern genannt. Warum pflegst Du dieses Verhalten dann selbst?
Und ich finde es sehr wichtig, hier auf Augenhöhe zu diskutieren.
Kannst Du haben….
Bist Du blond?
(Ich will Dich nicht beleidigen, sondern nur ein Äquivalent auf Augenhöhe zu „alte weiße Männer“ geben)
Ach vergessen, die junge Generation ist es natürlich auch gewohnt.
Und das haben Pietsch und du mich und Stefan oft genug spüren lassen. Von daher halte ich es für absolut absurd, hier jetzt über abwertende Äußerungen zu klagen!
„Spüren lassen“ – Du arme …
Zähle meine dummen Sprüche und zähle Deine – da liegst Du deutlich vorne. Du bläst gelegentlich anderen ziemlich ordentlich vor den Kopf, und bist auf der anderen Seite so empfindlich, dass Du (nach dem Spruch, dass die Mehrzahl der „Alten-weißen-Männer“-Geschäftsführer ahnungslose Spacken sind, die Stripclubs besuchen) nicht mal die ironische Frage nach „Familie Hesselbach“ weggesteckt hast.
Die Faktenlage ist (selbst, wenn wir beide 100 % Lebenserfahrung haben), dass ich dort, wo Du jetzt im Leben stehst, schon war, und inzwischen fast 30 Jahre weiter bin. Das macht mich nicht zu einem Menschen, der immer Recht hat und alles besser weiß (erst recht, da sich ja auch die Zeiten ändern).
Aber es macht mich auch nicht zu einem Menschen, den man, wenn die Argumente ausgehen, mit „alter weißer Mann“ in die Schranken zu weisen versuchen sollte.
Und was den Boomer angeht, da gebe ich Dir ja recht. Weil der eben eine Gruppe mit soziologischen und kulturellen Eigenheiten beschreibt, und nicht nur ein bestimmtes Arschloch-Verhalten weniger einer ganzen Gruppe zuschreibt, von denen die meisten keine Arschlöcher sind.
„Spüren lassen“ – Du arme …
Zähle meine dummen Sprüche und zähle Deine – da liegst Du deutlich vorne. Du bläst gelegentlich anderen ziemlich ordentlich vor den Kopf, und bist auf der anderen Seite so empfindlich
Sag mal hackts bei dir eigentlich?
Ja, ich kann auch austeilen und das seid ihr nicht gewohnt! Ich habe das gleiche Recht dazu wie ihr. Und wenn ihr es nicht ertragen könnt, wenn eine Junge Frau mit Herzchen mal widerspricht, dann geh zu Tichy!
Da könnt ihr in Ruhe darüber lästern, wie empfindlich die Frauen sind und dass die so herrschsüchtig sind und so gemeine linke Hexen. Aber ich hab keinen Bock, mir das anzuhören!
Glaukon sagte es ja, es geht um einen Perspektivwechsel. Und was kommt? Ja du bist ja so alt und erfahren und ich bin so empfindlich und stelle mich in den Vordergrund.
Eure Entscheidung, ob ihr unter euch diskutieren wollt oder mit allen hier. Und dann erwarte ich Rücksicht. Sonst nehme ich die auch nicht.
@ Ariane:
Da muss ich Erwin allerdings auch Recht geben. Wenn man mit der groben Kelle austeilt, dann muss man auch einstecken können.
Den Holzhammer rausholen und dann auf Minderheitenschutz pochen, funktioniert nicht.
Ich hab kein Problem, sowohl einzustecken als auch auszuteilen. Aber ich pochte ja darauf, dass es hier ganz genau eine offensichtliche Minderheit gibt, nämlich mich.
Dass du erst einen selbstreflektierten Artikel über Privilegien hältst und dann auch noch auf mich eindrischt, finde ich übrigens pure Heuchelei!
Wozu hast du das denn geschrieben bitte? Ging es nicht darum, dass man Minderheiten vielleicht nicht erstmal unterstellt, zu empfindlich zu sein? Und wenn ich darauf hinweise, verbündet ihr Männer euch wieder?
Wollt ihr mich verarschen? Dann schreib keine hochtrabenden Artikel, sondern einen Artikel über herrschsüchtige, überempfindliche Frauen.
Und hör auf, Erwin und Pietsch anzumachen. Du bist ja offensichtlich keinen Deut besser. Die behaupten jedenfalls nicht links zu sein.
@ Ariane
Du bist hier im Forum die (so weit ich das überblicke) einzige Frau, ja. Das macht dich aber nicht zu einer irgendwie marginalisierten Minderheit und die Art, wie du dir dieses Etikett hier seit einigen Wochen selbst anzuhängen versuchst (auch in Diskussionen über tatsächlich marginalisierte Minderheiten) finde ich durchaus problematisch.
Es ist in meinen Augen ein großer Unterschied, ob man verlangt, dass die eigene Position auch gehört wird oder ob man verlangt, dass die eigene Position widerspruchslos zu akzeptieren ist. Und diese Linie überschreitest du in letzter Zeit regelmäßig.
Das hier wäre ein gutes Beispiel. Widerspruch ist kein Hochverrat oder „auf dich eindreschen“. Es ist einfach nur das Äußern einer anderen Meinung. Dabei kommt es sicher auch auf den Ton an, aber du schießt hier seit einiger Zeit eben auch aus allen Rohren. Dabei hast du in meinen Augen oft auch Recht, aber dass sich die Ziele der Tiraden dafür nicht noch brav bedanken, sollte jetzt auch nicht wundern.
Ich werde sicher auch weiter mit Erwin diskutieren oder mit Pietsch aneinandergeraten. Aber wenn man dabei selbst deftiger wird, muss man auch damit zurechtkommen, dass zurückgeschossen wird. (Warum auch nicht? Ich bin hier niemandem irgendwie emotional verbunden. Warum sollte es mich stören, wenn mich jemand in Internet blöd findet?)
Wenn der Streit dann das Thema oder eine der beteiligten Personen irgendwie weiter bringt…klasse. Wenn nicht…auch OK. Das hier ist nur eine Kommentarspalte im Internet. Bei Pietsch antworte ich in der Regel sowieso nur, um andere Leser zu erreichen und vor ihnen seine Falschbehauptungen und kruden Interpretationen gerade zu biegen.
@ Ariane 22. Juni 2020, 01:53
Ja, ich kann auch austeilen …
Ich weiß
… und das
seid ihrbist Du nicht gewohnt!Aber sicher. Verheiratet, vier Töchter …
Ich habe das gleiche Recht dazu wie ihr.
Ja. Unbestritten.
Und wenn ihr es nicht ertragen könnt, wenn eine Junge Frau mit Herzchen mal widerspricht, dann geh zu Tichy!
Ich kann den Widerspruch ertragen. Du auch?
Und was kommt? Ja du bist ja so alt und erfahren und ich bin so empfindlich und stelle mich in den Vordergrund.
Wäre schön, wenn Du liest, was ich schreibe. Ich sagte nicht nur, dass ich
altreif und erfahren bin, sondern auch, dass ich deswegen nicht automatisch Recht habe.@ Ariane 22. Juni 2020, 14:12
… dann auch noch auf mich eindrischt, …
Das hat Thorsten nicht getan.
Sorry, ich bin auch manchmal zu scharf. Ich habe einiges um die Ohren, was ich hier übrigens erzählt habe, meine eigenen Erfahrungen geschildert, damit man sowohl Witze als auch scharfe Auseinandersetzungen einordnen kann.
Ich kann auch verstehen, dass du das problematisch findest. Aber ich halte das für kontraproduktiv. Ich schildere hier relativ offen meine Erfahrungen, weil wir hier keine geoutet marginalisierte Gruppe haben. Das hab ich mir nicht ausgesucht übrigens.
Wir haben keinen geouteten Homosexuellen, wir haben niemanden mit schwarzer Hautfarbe hier (von dem wir es wissen), wir haben niemanden muslimischen Glaubens hier. Wir haben niemanden ohne höhere Bildung. Dafür ist das hier auch zu nischig.
Wir können natürlich unter uns Weißen heterosexuellen Abiturienten über Rassismus und Sexismus, Homophobie diskutieren. Aber wo ist der Mehrwert?
Cimo hätte gerne in der Diskussion über Männerwelten eine weitere Frau gelesen, das wäre auch hilfreich gewesen übrigens. Es war aber keine da.
Es war aber eine gute Diskussion, weil wir Erfahrungen ausgetauscht haben. Deswegen mag ich Deliberation Daily.
Ich finde es aber problematisch, dass viele (auch Frauen, Homosexuelle oder ähm Boomer) meinen Beitrag (glaub der über die Clubmitgliedschaften) lesen und mir das aber woanders mitteilen und darüber diskutieren und nicht hier.
Und ich glaube, das ist eben kein Zufall. Es hat damit zu tun, wie wir miteinander diskutieren. Kaum erwähne ich, dass ich ein Scheidungskind bin, outen sich zwei und tragen ihre Erfahrungen bei. Sowass will ich haben, weil ich dann besser verstehen kann, wie jemand zu seiner Meinung kommt.
Wenn euch das stört ok. Sorry! Dann umgehe ich Eure Beiträge. Das Internet ist ja groß. Aber dann habt ihr wirklich eine Blase und diskutiert unter Euch, wie super Diversity doch ist.
@Beermann
Bei Pietsch antworte ich in der Regel sowieso nur, um andere Leser zu erreichen und vor ihnen seine Falschbehauptungen und kruden Interpretationen gerade zu biegen.
Das ist dir ja unbenommen. Ich mache das nicht, um hier „für die Öffentlichkeit“ zu schreiben. Deswegen bin ich auch gut anonymisiert, ich bin eine klassische Internetvollschreiberin.
Deswegen bin ich so heftig mit Pietsch aneinandergeraten. Weil wir seit Jahren wirklich diskutieren. Das funktioniert jetzt nicht mehr. Lage geklärt, fertig.
Ich käme aber nie und nimmer auf die Idee, einfach auf seine Beiträge zu antworten, damit „andere das lesen“. Das erscheint mir total absurd. Klar lesen das andere, aber DD ist doch keine Propagandaseite. Denke ich.
@ Ariane 23. Juni 2020, 02:51
Wenn euch das stört ok. Sorry!
Es stören weder Deine Meinung (die ich nicht immer, aber manchmal teile) noch Deine teilweise (!) agressiven/ironischen/zynischen Kommentare. Was (zumindest mich) stört, ist, dass Du immer wieder den echt dicken Hammer schwingst (das war früher anders), aber selbst Schonbehandlung einforderst (das war früher auch anders).
Weder ich noch ein andere kloppen auf dich ein, oder wollen Dich mundtot machen.
Aber dann habt ihr wirklich eine Blase und diskutiert unter Euch, wie super Diversity doch ist.
Wer ist „Ihr“? Du wirst doch nicht Thorsten Beermann und mich in die gleiche „Blase“ stopfen wollen?
Gute Idee.
@ Stefan Sasse
Es geht weniger um Diskreditierung als um Beschreibung
… weniger … wie schön.
Mir ist kein Fall bekannt, wo es nicht auch um – bestenfalls unterschwellige – Diskreditierung ging. Und zwar unabhängig davon, um es um persönliche Verfehlungen von Individuen ging, die man als Schema einer ganzen Gruppe anzuhängen gedachte, oder um (ausschließlich!) die negative Bewertung ganz natürlicher Verhaltensmuster, die sich aus der Generation und dem Umfeld ergeben. Ich habe den Begriff NIE in einem positiven Kontext vernommen. Und dann hat es auch nichts mit „Beschreibung“ zu tun.
Vielleicht liest du dir unvoreingenommen nochmal ein paar alte Diskussionen durch. Und überlegst wie andere sich fühlen, wenn du über Muslime, Spanier, Italienier, junge Leute sprichst.
Das war sicher auch nie abwertend gemeint, sondern nur beschreibend.
@ Ariane 20. Juni 2020, 20:40
Vielleicht liest du dir unvoreingenommen nochmal ein paar alte Diskussionen durch. Und überlegst wie andere sich fühlen, wenn du über Muslime, Spanier, Italienier, junge Leute sprichst.
In Deinen Beispielen ergibt sich die Bewertung der Gruppe erst aus den Attributen, die ich mitliefere. „Italiener“ allein wäre nicht beleidigend, „faule Italiener“ schon – merkste was?
Das war sicher auch nie abwertend gemeint, sondern nur beschreibend.
Wenn ich beispielsweise sage, dass „die Italiener“ strukturelle Probleme haben, ist das eine Beschreibung für eine Situation, die alle Italiener einschließt (selbst wenn ich den Sachverhalt kritisch sehe).
Wenn ein Rainer Brüderle in weinseligem Zustand einer jungen Dame etwas zuraunzt, was er für ein Kompliment hält, sie allerdings als Belästigung auffasst, ist das ein individuelles Fehlverhalten, dass man mit der überflüssigen Verknüpfung „typisch alte weiße Männer“ als normales Verhalten allen weißen Männern zuordnen würde.
Du setzt den Begriff „alte weiße Männer“ genau auf diese Art ein; Du könntest mir nicht ein Beispiel dafür geben, dass Du diesen Begriff positiv oder auch nur neutral beschreibend eingesetzt hast (die Aussage „ist nur beschreibend gemeint“ zählt hier nicht).
Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Ich bin allerdings der Meinung, dass das Beispiel nicht passt.
Wenn ich mich richtig erinnere, wurde nicht Brüderles Verhalten als typisch für alte weiße Männer bezeichnet, sondern das Verhalten der Fleischhauers, Poschards und von Altenbockums dieser Welt, das auf dessen Bekanntwerden folgte: Das empathielose, egozentrische Gegreine, man könne ja gar keine Komplimente mehr machen und das Mädel möge sich doch bitte nicht so haben, die offenkundige Unmöglichkeit auf Seiten dieser Herren, auch mal die Gegenperspektive einzunehmen.
Und das ist tatsächlich typisch für Menschen, die gewohnt sind, in Bezug auf Ethnie, Sexualität, Alter sowie Geschlecht immer und überall die (mediale) Norm und das Maß aller Dinge zu sein, sich des Privilegs, die eigene Sicht auf die Welt nie hinterfragen zu müssen, aber nie bewusst wurden.
Ich kann trotzdem nachvollziehen, dass die Beschreibung als unnötig verallgemeinernd empfunden werden kann und wäre dafür offen, eine andere zu verwenden. „Boomer“ erscheint mir in der Tat sehr geeignet.
Sonderlich exakt ist es halt auch nicht, und eigentlich auch für was anderes besetzt.
Danke. Ich hab auch nichts gegen Boomer.
Meinetwegen auch AWM.
Aber ja, eine Gruppenbezeichnung wäre wohl nötig. Ich bin ehrlich gesagt auch nicht bereit, darauf zu verzichten, nur weil sich Leute dann angegriffen fühlen. Es liegt ja nicht am Namen, sondern weil sie es nicht gewohnt sind, als Gruppe gesehen zu werden wie alle anderen auch.
@ Ariane 22. Juni 2020, 01:56
Ich bin ehrlich gesagt auch nicht bereit, darauf zu verzichten, nur weil sich Leute dann angegriffen fühlen.
Na klar. Das gilt nur in die andere Richtung.
Es liegt ja nicht am Namen, sondern weil sie es nicht gewohnt sind, als Gruppe gesehen zu werden wie alle anderen auch.
Doch. Es liegt am Namen. Habe ich Dir oft genug begründet: „Männer“ ist OK, „Boomer“ ist OK. Beschreibende Begrifflichkeiten lasse ich als gelten, diskriminierende nicht.
Damit ist Deine Aussage widerlegt.
@ Glaukon 21. Juni 2020, 18:53
Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Ich bin allerdings der Meinung, dass das Beispiel nicht passt.
…
Ich bin schon zufrieden, wenn mein Punkt rüberkommt. Das Ihnen mein Beispiel nicht so richtig passend erscheint, kann ich nach Ihrer Begründung nachvollziehen. Ich habe auf die Schnelle kein Besseres gefunden.
Ich zitiere mal ein paar Tweets von mir selbst 😉
Was ich am Thema Philipp #Amthor fast am erschreckendsten finde, ist der zeitliche Rahmen. Amthor wurde im September 2017 in den Bundestag gewählt, die konstituierende Sitzung des 19. Bundestages fand am 24.10.2017 statt.
Der Brief von Philipp #Amthor stammt aus dem Oktober 2018, darin bezieht er sich auf Gespräche aus Sempember 2018.
Ist dass die Schule seins es Vorbilds Friedrich #Merz , dass man sich schon um eine Anschlussverwertung kümmert, kaum dass das Abgeordnetenbüro bezogen ist?
Dass langjährige Abgeordnete ihre Kontakte versilbern, ist so ärgerlich, wie moralisch fragwürdig. Dass Jungpolitiker gar keine Zeit mehr verlieren, ihr Mandat umgehend zu Geld machen zu wollen, spricht für einen weiteren Verfall der Parlamentskultur.
Da widerspreche ich dir eben. Dass das überhaupt ein Skandal ist, spricht für eine deutliche Aufwertung der Parlamentskultur.
Wann wäre das denn kein Skandal gewesen, wenn es in dieser Form enthüllt worden wäre?
Abgesehen davon sind bisher noch praktisch keine Konsequenzen gezogen worden. Amthor hat einen Untersuchungsausschuss verlassen. Ob das seine Karriere tatsächlich bremst, muss sich erst noch zeigen. Wenn Schäuble als Beispiel taugt, wird Amthor noch Wirtschaftsminister.
Deswegen sage ich ja, dass die meisten CDUler gerade abwarten. Wir werden sehen.
Schreib ich doch im Artikel?
@ Stefan
Bei der Sicht bin ich bei Dir. Für eine derartige Kleinigkeit solch eine Welle – wäre früher vermutlich unter den Tisch gerollt und dort festgetreten worden.
Danke 🙂
Hallo Thorsten,
Dass langjährige Abgeordnete ihre Kontakte versilbern, ist so ärgerlich, wie moralisch fragwürdig.
Da bin ich bei Dir.
Dass Jungpolitiker gar keine Zeit mehr verlieren, ihr Mandat umgehend zu Geld machen zu wollen, spricht für einen weiteren Verfall der Parlamentskultur.
Da nicht. Wie ich an anderer Stelle Stefan schrieb, sind Themen wie „Korruption“ keine institutionellen, sondern persönliche Verfehlungen. Die kannst Du in diesem Fall nicht anderen Abgeordneten oder einer diffusen „Parlamentskultur“ zuordnen.
Wo dagegen die „Parlamentskultur“ eine Rolle spielt, ist, in welcher Form der Fall Amthor aufgearbeitet wird.
Aus dem heutigen Newsletter von Abgeordnetenwatch.de:
… von in der Lobbyismus-Affäre um den CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor prüft die Generalstaatsanwaltschaft Berlin derzeit Ermittlungen.
Amthor, der Lobbyarbeit für ein US-Unternehmen betrieben und dafür Aktienoptionen und einen Direktorenposten erhalten hat, soll mit Mitarbeiter:innen der Firma zudem Reisen in teure Hotels unternommen haben.
Wer Reisen und Übernachtungen gezahlt hat, ist noch immer offen – Amthor schweigt dazu.
Amthor schweigt auch zu Details einer weiteren Nebentätigkeit für eine große Wirtschaftskanzlei. Was genau er für die monatlichen Einkünfte von bis zu 3.500 Euro für die Kanzlei geleistet hat, ist unklar. Nach eigenen Angaben war er dort als „freier Mitarbeiter“ tätig.
Unter dem Vorbehalt, dass ich mich nicht in die Details des Falles Amthor eingelesen habe: Ist Möllemann damals nicht wegen ganz ähnlicher vergehen von seinem Ministeramt zurückgetreten?
Und bei Möllemann stand meiner Erinnerung nach nicht mal persönliche Vorteilsnahme im Raum. Er hatte „nur“ die Produkte einer Verwandten beworben.
Wenn Amthor jetzt fast ungeschoren davonkäme wäre das doch eher ein Rückschritt.
Was meinen Sie mit „ungeschoren“? Erhängen ist im deutschen Recht nicht vorgesehen.
Ich hoffe Sie haben keine Haustiere mit Fell.
Nein. Aber eine Antwort auf meine Frage ist das nicht.
Ungeschoren: Von etwas Unangenehmem nicht betroffen, unbehelligt
https://www.duden.de/rechtschreibung/ungeschoren
Die Frage war, was Sie sich damit am konkreten Beispiel vorstellen, nicht, was „ungeschoren“ bedeutet.
Dauerhafter Exitus von der Politik für einen 27jährigen? Rückgabe des Direktmandats? Staatsanwaltliche Anklage? Sagen Sie’s statt einfach rum zu munkeln.
Ich bin zwar nicht derWaechter, aber ja, seine politische Karriere sollte damit vorbei sein. Er sollte sicher nicht zum Landesvorsitzenden im MV gewählt werden und auch nicht wieder als Kandidat in seinem Wahlkreis aufgestellt werden.
Ich finde es eher überraschend, dass dir irgendwas davon diskussionswürdig erscheint.
@ TBeermann 18. Juni 2020, 10:11
… aber ja, seine politische Karriere sollte damit vorbei sein. Er sollte sicher nicht zum Landesvorsitzenden im MV gewählt werden und auch nicht wieder als Kandidat in seinem Wahlkreis aufgestellt werden.
Da stimme ich zu. Egal, was passiert ist, steht nach meiner subjektiven Wahrnehmung der Situation fest, dass Philipp Anthor bereit war, die Interessen eines Geldgebers im Rahmen der Möglichkeiten seines Amtes zu fördern.
Damit verbuche ich ihn unter „korrupt“; ob er in Anbetracht seiner kurzen Wirkzeit etwas bewegen konnte, oder welcher Art die Interessen seines potentielles geldgebers sind, spielt für meine Betrachtung keine weitere Rolle.
Ich würde soweit nicht gehen, ehrlich gesagt.
@ Stefan Sasse 18. Juni 2020, 13:06
Ich würde soweit nicht gehen, ehrlich gesagt.
Das wundert mich.
Sich derart engagieren zu lassen (unabhängig davon, ob man dann aktiv wird oder nicht) ist aus meiner Wahrnehmung ein Nachweis von Korruption.
Für Philipp Anthor bedeutet dies (nur meine subjektive Wahrnehmung) zurück auf die Weide. Heißt nicht, dass er da ewig bleiben muss, da kann er ja irgendwann wieder durchstarten.
Was soll er daraus lernen, nur aus dem Ausschuss zu fliegen? Das er nächstes Mal mehr aufpassen soll?
Diese Bereitschaft zur Korruption ist aus meiner Sicht deutlich schlimmer als der Vertuschungsversuch zu einer zusammenkopierten Doktorarbeit etwa eines Karl Theodor zu Guttenberg oder einer Annette Schavan.
Vielleicht bin ich auch zu großzügig. Ich bin da gerade noch unentschlossen.
Kann man hier eine Umfrage-Option innerhalb des Threads einbauen?
Glaube nicht.
Die Direktkandidaten werden genau so von den Parteien aufgestellt. Man hat also so oder so nur die Wahlmöglichkeiten, die einem vorgesetzt wurden.
Und es gibt kaum nennenswerte Unterschiede zwischen dem Ergebnis der Erststimme und dem Ergebnis der Zweitstimme. Ich hab für eine ähnliche Diskussion tatsächlich mal alle Wahlkreis durchgeschaut und wenn ich mich nicht irre, gibt es im Moment zwei Wahlkreis in Deutschland, wo nicht der Direktkandidat der Partei mit dem höchsten Zweitstimmenanteil auch das Direktmandat erhalten hat. Ich bin mit ziemlich sicher, dass es weniger als eine Handvoll war.
Und warum manche Länder noch stärker als wir am veralteten Mehrheitswahlrecht festhalten? Vermutlich vor allem, weil es in den Regel den großen Parteien zugute kommt und sie kein Interesse haben, etwas daran zu ändern. Gerade Frankreich (wo die Bevölkerung extrem ungleichmäßig auf die Wahlkreise verteilt ist und die Menschen entsprechend ungleich repräsentiert werden) oder Italien (wo das Wahlrecht mehrfach vom Verfassungsgericht kassiert wurde) sind da nun wirklich keine Vorbilder.
Wer ernsthafte Antworten erwartet sollte halt seine Fragen vernünftig formulieren.
Ausserdem könnten sie einfach meinen Ausgangspost lesen. Dann würden sie einen detaillierten Vorschlag zu Konsequenzen für Amthor von mir gar nicht erwarten.
Unter dem Vorbehalt, dass ich mich nicht in die Details des Falles Amthor eingelesen habe: Ist Möllemann damals nicht wegen ganz ähnlicher vergehen von seinem Ministeramt zurückgetreten?
Und bei Möllemann stand meiner Erinnerung nach nicht mal persönliche Vorteilsnahme im Raum. Er hatte „nur“ die Produkte einer Verwandten beworben.
Da findet sich eben kein Wort, was Sie als Konsequenz fordern, um nicht „ungeschoren“ davonzukommen. Ich glaube auch nicht, dass Sie aus meiner Replik lesen konnten, ich wüsste den Begriff nicht zu werten. Nur haben Sie ihn nicht konkretisiert.
Amthor hat den Sitz im Untersuchungsfall Amri verlassen. Er hat die Aktienoptionen zurückgegeben und die Nebentätigkeit bei Augustus Intelligence beendet. Was ihm im politischen Betrieb noch bleibt ist sein Direktmandat und überhaupt die Absicht, politisch tätig zu sein.
Wenn Sie nun fordern, er möge nicht „ungeschoren“ davonkommen, dann reicht Ihnen das Bisherige nicht und Sie fordern den Rücktritt als Abgeordneter und den Verzicht auf jede weitere politische Betätigung. Lese ich das richtig, denn ansonsten wäre Ihr Post wirklich völlig unverständlich?
@ Stefan Pietsch 18. Juni 2020, 11:08
Amthor hat den Sitz im Untersuchungsfall Amri verlassen.
Wow, das ist ja die Höchststrafe, einen Untersuchungsausschuss verlassen zu müssen, der trotz aktueller Corona- und Wirtschaftskriese immer noch die Nachrichten bestimmt.
Er hat die Aktienoptionen zurückgegeben und die Nebentätigkeit bei Augustus Intelligence beendet.
Das die nichts wert waren, und das es bei Augustus nichts zu holen gibt, hat er wahrscheinlich erst gemerkt, als es zu spät war.
Aber sich Aktienoptionen von einem Unternehmen versprechen zu lassen, dessen Interessen man mithilfe seines Amtes verdeckt fördern will, ist aus meiner Sicht (Sie wissen, ich bin konservativ und damit wertebestimmt) ziemlich übel.
Was ihm im politischen Betrieb noch bleibt ist sein Direktmandat und überhaupt die Absicht, politisch tätig zu sein.
Amthor hat gezeigt, dass er bereit war, dieses Direktmandat für fremdes Geld einzusetzen – uns beiden ist hoffentlich klar, dass man ihn nicht engagiert hat, weil er im Amri-Ausschuss saß.
Warum soll ich ihm das Direktmandat lassen, dass er so mißbräuchlich einzusetzen gedachte?
Sicher, so viele Ämter und einflussreiche Posten hat Amthor ja noch nicht angehäuft. Der Ausschussposten verschafft einem Politiker öffentliche Auftritte, deswegen sind sie begehrt. Das tut ein Bundestagsmandat (einer von inzwischen über 700) nicht.
Das Direktmandat ist von den Bürgern verliehen. Daher kann es auch nur von den Bürgern entzogen werden. Ihnen allein steht das Urteil zu, ob Amthor noch sie vertreten kann. Nicht Journalisten. Nicht Bloggern. Nicht Maulhelden.
Ich bin auch konservativ-wertebasiert. Aber ich habe nicht die Fehler und Dummheiten meiner jungen Jahre vergessen. Wäre mit der Härte geurteilt worden wie viele das unter diesem Thread tun, wäre ich nach wenigen Monaten für immer arbeitslos gewesen und geächtet.
Nicht, weil ich so Schlimmes getan hätte. Sondern weil die Verurteilung in Fehlern, die junge Menschen begehen, so harsch sind. Ein Fehlverhalten, Exitus für immer? Wer so extrem über jene urteilt, die ja mal Elite und Führungsebene des Landes sein sollen, braucht sich nicht zu wundern, wenn später niemand mehr übrig bleibt. Oder nur noch tiefste Moralisten.
Trump, Johnson und Bolsonaro sind vielleicht auch die Antwort auf solchen Rigorismus. Wenn der kleinste Fehltritt auf den öffentlichen Scheiterhaufen führt, ist es möglicherweise vorteilhaft, nur Fehltritte zu begehen.
@ Stefan Pietsch 18. Juni 2020, 12:48
Das Direktmandat ist von den Bürgern verliehen. Daher kann es auch nur von den Bürgern entzogen werden.
D’accord; ich spreche nur für mich. Meine Stimme hätte er jedenfalls nicht mehr.
… Nicht Maulhelden.
also uns beiden nicht 🙂
Ich bin auch konservativ-wertebasiert. Aber ich habe nicht die Fehler und Dummheiten meiner jungen Jahre vergessen.
Mit 19 betrunken Auto zu fahren mag (wenn nichts Schlimmes passiert) eine Jugendsünde sein; es mit 27 noch zu tun zeigt von mangelnder Reife über Missachtung von Gesetzen auch eine gewisse Grundeinstellung, die ich verurteile. Mit 22 auf einer Demo in eine Keilerei mit Polizisten zu geraten, kann bei üppig vorhandenem jugendlichem Idealismus und einem aufmunternden Umfeld schon mal passieren – wenn einmalig, dann Ausrutscher. Wer aber seine Frau schlägt, offenbart ein anderes Problem, das nichts mit dem Alter zu tun hat.
Amthor hat (wie gesagt, nur meine subjektive Sicht als Maulheld) seine Bereitschaft zur Korruption nachgewiesen – so etwas passiert nicht zufällig, und auch einem erst 27jährigen CDU-Mitglied und Bundestagsabgeordneten sollte glasklar sein, warum Angela Merkel und nicht Wolfgang Schäuble Bundeskanzler(in) ist.
Nicht, weil ich so Schlimmes getan hätte.
Das mag ja für Sie gelten (ohne dass ich weiß oder wissen will, was Sie mit 27 so alles angestellt haben 🙂 ). Aber die Bereitschaft, eine von den Wählern erteilte Stimme quasi meistbietend zu versteigern, ist für mich etwas Schlimmes.
Ein Fehlverhalten, Exitus für immer?
Nein, nicht lebenslänglich. Einmal aussetzen, und dann zurück auf LOS.
Trump, Johnson und Bolsonaro sind vielleicht auch die Antwort auf solchen Rigorismus.
Nein. Sie sind Antworten auf Gemauschel, auf Geschiebe, Gekungel, Korruption, Volksferne etc. Sie sind (für eine bestimmte Wählergruppe) Antwort auf eine Politikerkaste, die vom Volk gewählt wurde, aber bereit ist, die Interessen des Geldes höher zu stellen als den Nutzen für die Bevölkerung. Genau diese Bereitschaft hat Amthor meiner Einschätzung nach nachgewiesen.
Wir reden nicht von Straftaten. Das ist eine eigene Kategorie. Auch Philipp Amthor hat keine Straftat begangen. Er ist nicht mal schwarzgefahren. Er hat sich für ein Start-up engagiert (wie sehr viele Menschen in seinem Alter), ist dabei in eine Position gelangt, die wahrscheinlich nicht angemessen war (da die meisten sich mit solchen Unternehmen nicht auskennen, kann das nur eine Vermutung bleiben) und hat Optionsscheine bekommen. Im Gegenzug hat er ein Gespräch im Ministerium vermittelt.
Wow. Das ist Bestechlichkeit? Nach diesen Maßstäben kenne ich so einige, die echt bestechlich sind, ihren Unternehmen geschadet haben und doch nie zur Rechenschaft gezogen wurden. Jeder Vertriebler (Anwesende ausgenommen) versilbert seine Kundenkontakte an neue Arbeitgeber, wenn der Preis stimmt. Kontakte und Insiderwissen sind wichtige Insignien in manchen Positionen. Und das finde ich viel schlimmer als einen Kontakt zu vermitteln.
Ich bin in der Wirtschaftsprüfung eingestiegen. Auf einem Mandat habe ich mich mal nicht angemessen verhalten und habe daraufhin eine Abreibung bekommen. Das war’s aber.
Zu Guttenberg ist aus der Politik ausgeschieden. Dauerhaft. Ich sehe das nicht als Vorteil. So viele politische Talente hat das Land nun auch nicht. Und das, wegen etwas zu viel Copy & Paste in einer Promotion.
Wir haben verlernt, die Dinge in Relationen zu sehen (siehe Disput mit Ralf) und eine Gesellschaft zu sein, die auch Fehltritte verzeihen kann.
„Sehr viele Menschen in seinem Alter“ ist, mir Verlaub, Bullshit. Praktisch niemand in seinem Alter kriegt ohne erkennbare Gegenleistung Aktienoptionen, Direktorenposten und Luxusreisen. Und genau das ist das ist das Problem, über das ich schreibe. Da scheinen dir im Überschwang echt die Maßstäbe zu verrutschen. Um einen klugen Kommentator zu zitieren: „Trump, Johnson und Bolsonaro sind vielleicht auch die Antwort auf solchen Rigorismus.“
Praktisch niemand in seinem Alter kriegt ohne erkennbare Gegenleistung Aktienoptionen, Direktorenposten und Luxusreisen.
Das ist das, was ich meinte. Bei einem Start-up sind nicht wenige unter 30 Direktoren – obwohl das in der Szene meist nicht so heißt. Ist in dem Fall auch falsch, Philipp Amthor war Mitglied im Board of Directors, im Angelsächsischen ist das Leitungs- wie Kontrollgremium eines Unternehmens. Während das also die Leitungsebene ist, handelt es sich bei Direktorenposten im kontinentaleuropäischen Raum um die Ebene unterhalb der Exekutive. Dem gleichgestellt sind die „Head of“.
Augustus Intelligence sucht derzeit einen Head of Product, also Leitung unterhalb dem Board. Kannst Dich ja bewerben. Der Chef des Unternehmens ist ein 33jähriger, also die gleiche Generation wie Philipp Amthor. So skandalös ist das vom Alter wirklich nicht.
Und wenn Amthor Member of the Board war, dann waren Optionen ein Teil der Gegenleistung. Damit stimmt überhaupt nichts von dem, was Du anführst.
@ Stefan Pietsch 18. Juni 2020, 15:53
Wir reden nicht von Straftaten. …
Auch Philipp Amthor hat keine Straftat begangen.
Wenn meine Frau merkt, dass ich fremdgehe, lässt sie sich scheiden. Da habe ich auch keine Straftat begangen. Wenn der Wähler feststellt, dass sich der Gewählte nicht zu ihm, sondern zu einem anderen (Geldgeber) hingezogen fühlt, mag das eine vergleichbare Reaktion auslösen.
Er … hat Optionsscheine bekommen. Im Gegenzug hat er ein Gespräch im Ministerium vermittelt.
Wow. Das ist Bestechlichkeit?
Ja.
Jeder Vertriebler (Anwesende ausgenommen) versilbert seine Kundenkontakte an neue Arbeitgeber, wenn der Preis stimmt.
Das ist dahingehend nicht vergleichbar, da besagter Vertriebler, um beim neuen Arbeitgeber beginnen zu können, beim alten vorher kündigen muss. Würde er sich weiter vom bisherigen Arbeitgeber bezahlen lassen und würde seine Kontakte „versilbern“, wäre er fällig (wenn man ihm draufkommt).
Zu Guttenberg ist aus der Politik ausgeschieden. Dauerhaft. Ich sehe das nicht als Vorteil. … Und das, wegen etwas zu viel Copy & Paste in einer Promotion.
Zumindest das sehe ich ähnlich. Annette Schavan, Karl Theodor zu Guttenberg, Cem Özdemir oder Christian Wulff sind nur wegen (meine subjektive Wertung) Kleinigkeiten abgestraft worden. Amthor hat (ebenfalls nur meine subjektive Wertung) die Bereitschaft nachgewiesen, sich kaufen zu lassen. Das ist eine ganz andere Nummer.
Ich vermute, dass unsere unterschiedliche Sicht daher rührt, dass Sie pragmatisch darauf schauen, was passiert ist (= eigentlich nix), während ich beurteile, was mir das über die grundsätzliche Einstellung von Philipp Amthor sagt (= korrupt).
Wir haben verlernt, … eine Gesellschaft zu sein, die auch Fehltritte verzeihen kann.
Nein; über die Steuerhinterziehung von Uli Hoeness redet kein Mensch mehr. Er hat seine Strafe abgesessen, jetzt ist gut.
Es ist auch nicht so, dass ich Philipp Amthor erbarmungslos gegenüberstehe. Verzeihen – gerne, aber vorher bitte Buße tun. Und darunter verstehe ich eben nicht „einmal traurig gucken“, sondern zurück auf Los. Er wird es immer noch leichter als andere haben, weil er nun bekannt ist und eine Geschichte erzählen kann.
Das ist dahingehend nicht vergleichbar, da besagter Vertriebler, um beim neuen Arbeitgeber beginnen zu können, beim alten vorher kündigen muss. Würde er sich weiter vom bisherigen Arbeitgeber bezahlen lassen und würde seine Kontakte „versilbern“, wäre er fällig (wenn man ihm draufkommt).
Deswegen sperrt man als erstes die Datenbanken und informiert alle Kunden, damit die Kontakte nicht weitergenutzt werden können.
Das mag ja auf hoher Ebene ein Kavaliersdelikt sein, aber nein im Vertrieb ist das nicht normal. Da ist man aber auch ganz schnell in einer Branche unten durch, wenn man im Vertrieb solche Betrügereien fördert. Klar ist das normal, dass man Vertriebler mit guten Kontakten sucht, deswegen ist ja Erfahrung oft so wichtig, aber es gibt eine BlackList, welche Vertriebe unsauber arbeiten und da wird dann besonders gerne abgeworben. Genau wie man sich innerhalb einer Branche darüber informiert, wenn Vertreter betrogen haben (und nein, nicht nach einem jahrelangen Gerichts-Streit). Das ist wie im Parlament, das kann auch nur arbeiten, wenn das Vertrauensverhältnis stimmt und so funktioniert auch der Kapitalismus. Weil alle nur verlieren, wenn man sich nicht an gewisse Regeln hält.
Meistens tun sich unsauber arbeitende Händler dann mit Vertrieben zusammen, die unsauber arbeiten. Und klar, die haben alle auf den Kieker. Das sind nämlich auch noch leichte Opfer, weil deren Geschäftsmodell auf Blendwerk beruht. Und Blender halten sich für so klug, dass sie meinen, sie kommen mit allem durch. Das gilt aber nur, wenn andere sie durchkommen lassen.
Guttenberg war eine eigene Liga, ansonsten stimme ich dir zu. Vor allem Wulff finde ich nach wie vor eine ungeheuerliche Ungerechtigkeit.
@ Erwin Gabriel
Annette Schavan, Karl Theodor zu Guttenberg, Cem Özdemir oder Christian Wulff sind nur wegen (meine subjektive Wertung) Kleinigkeiten abgestraft worden.
Ich glaube, da werden ein paar Dinge durcheinander geworfen. Özdemirs “Skandal” war eine Lappalie und sein Rückzug drastisch. Auch bei Schavan war da wenig mehr als heiße Luft. Dass sie als Ministerin zurücktreten musste, lag mehr an ihrem Amt. Ein Bildungsminister, dem der Doktortitel wegen Plagiaten aberkannt wird, ist eben nicht mehr zu halten. Wäre Schavan Entwicklungshilfeministerin gewesen, wäre sie vermutlich heute noch im Amt. Wulff ist so ein mittel-schwerwiegender Fall. Aber auch Wulff hätte den Skandal sicher einfach aussitzen können, wäre er nicht im höchsten Amt der Bundesrepublik gewesen, wo eine Vorbildfigur mit kristallklarer weißer Weste gebraucht wird. Guttenberg zuletzt war ein Luftikus, ein Scharlatan, der sich durch Blenden und Betrügen durch’s Leben geschummelt hat. Nach der Doktorarbeit fanden sich ja auch noch weitere Unstimmigkeiten in seinem Lebenslauf, wenn ich mich da richtig erinnere. Eine solche Luftnummer war im Verteidigungsministerium, das im Zweifel über Leben und Tod von Soldaten entscheiden muss, nicht zu halten. Da sind Leute schon wegen deutlich weniger zurückgetreten, siehe z.B. Rudolf Scharping.
Auch was die langfristige Karriere angeht, gibt es Unterschiede bei den Fällen. Özdemir konnte nach einer Extrarunde zurückkommen, weil er sich erstens wenig vorzuwerfen hatte und zweitens öffentlich Buße getan hatte. Schavan hätte ebenfalls zurückkommen können, wäre da nicht ihr Alter gewesen. Bei Wulff ist es nicht das Alter gewesen, sondern die Position, von der er kam. Als ehemaliger Bundespräsident kann man kaum den Schritt runter machen und Fraktionsvorsitzender oder Minister werden. Aber auch bei Wulff steht nicht primär der Skandal zwischen ihm und einer fortgesetzten Karriere in der Politik. Der einzige, der wirklich langfristig verbrannt ist, ist Guttenberg, weil er eben zum Paradebeispiel des Blenders und Betrügers geworden ist. So einen Imageschaden kann man kaum mehr reparieren und das ist auch gut so.
Spannend übrigens, dass Guttenberg es mehrfach versucht hat, mit massiver Schützenhilfe der Springerpresse, und trotzdem scheiterte. Die CDU ist überraschend gut darin, innerlich halbwegs Sauberkeit zu wahren.
Philipp Amthor war im Board of Directors der Gesellschaft. Das war sicher dem Bundestag auch angezeigt. Dann hat er in seiner Eigenschaft als Member of the Board mit seiner Eigenschaft als Mitglied des Bundestages ein Gespräch zwischen privaten Unternehmen und Ministerium vermittelt, also das wozu Politik ja eigentlich da ist. In Berlin wimmelt es von Menschen, die so arbeiten.
Ansonsten ist die Selbstkontraktion absolut handelsüblich (Befreiung von § 181 BGB). Nur hat Amthor überhaupt kein Geschäft gemacht, was ja die Voraussetzung von Korruption ist. Ich kassiere Geld unter der Hand, damit ein anderer einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Ein Gespräch, mit Verlaub, ist kein wirtschaftlicher Vorteil.
Ich würde ja sagen, Sie haben keine Ahnung, was in der Wirtschaft abgeht, aber das wäre nicht so passend. 😉
Handelsüblich ist, dass ein Vertriebler meist deswegen abgeworben wird, weil er die Kontakte hat. Die Kontakte hat er wiederum, weil er bei seinem vorherigen Arbeitgeber ein Netz vorgefunden hat, in dem er arbeiten konnte. Solches Gemauschel geht übrigens bis runter ins Friseurhandwerk, wo Friseusen (sorry, Stefan!) ihren Stammkunden unter der Hand mitteilen, dass sie demnächst in einem anderen Salon (oder selbständig) arbeiten.
Zwei Fälle ohne Konsequenz: Ein langjähriger Vertriebler kündigt aus Enttäuschung über seine Einkommensentwicklung. Gegen Ende der Kündigungsfrist löscht er die meisten Kundeninformationen im CRM. Es folgt die fristlose Kündigung seitens seines Arbeitgebers und Anzeige. Alles soweit im Rahmen des Gesetzes, doch die Wege der Richter sind unergründlich. Vor dem Arbeitsgericht einigen sich die Parteien schließlich, die Fristlose bleibt bestehen, die Anzeige wird zurückgenommen.
Ein Einkäufer „kauft“ sich bei einem neuen Arbeitgeber ein. Er signalisiert, mit den Daten des Konkurrenzunternehmens über Lieferanten bessere Einkaufskonditionen verhandeln zu können. Er wird mit Führungsposition und hohem Gehalt belohnt. Sein Ex-Arbeitgeber ist Geschädigter, da es sich um homogene Produkte handelt und Preis das entscheidende Kriterium ist.
Der Einkäufer wird von einem Whistleblower beim Ex angezeigt, der Vorgang geht zur Staatsanwaltschaft. Nach einigen Monaten wird das geschädigte Unternehmen in einem großen Branchendeal vom Schädiger aufgekauft, der Vorgang daraufhin fallengelassen, glücklicherweise wird der Vorgang so kaschiert, dass der einstmalige Whisleblower nicht auffliegt.
Dass Mitarbeiter, die ihren Ex-Arbeitgeber schädigen, vor Gericht landen oder gar zu Schadensersatz verurteilt werden, ist höchst selten. Das hat viele Gründe und hat nicht zuletzt mit den Winkelzügen von deutschen Richtern zu tun.
Ich vermute, dass unsere unterschiedliche Sicht daher rührt, dass Sie pragmatisch darauf schauen, was passiert ist (= eigentlich nix), während ich beurteile, was mir das über die grundsätzliche Einstellung von Philipp Amthor sagt (= korrupt).
Das kann man so stehen lassen, wobei ein Fall selten etwas über den grundsätzlichen Charakter eines Menschen aussagt.
Über die Steuerhinterziehung von Uli Hoeneß redet kein Mensch mehr. Er hat seine Strafe abgesessen, jetzt ist gut.
Das stimmt allerdings und überrascht niemanden so sehr wie mich.
@Ralf
Da ist Ihre Darstellung nicht zutreffend. Annette Schavan und Karl-Theodor zu Guttenberg mussten wegen dem exakt gleichen Vergehen zurücktreten. Sie hatten bei ihrer Doktorarbeit in größeren Umfange nach wissenschaftlichen Maßstäben getäuscht. Schavan hatte noch den Makel – und der ist nicht trivial – dass sie ein Schmalspurstudium gemacht hat und in den Siebzigerjahren zugunsten der Promotion den Magister ausgelassen hatte. So stand sie völlig ohne weiterführenden Bildungsabschluss als Bildungsministerin da. Auch Franziska Giffey wäre reif für den Rücktritt gewesen, wäre die Uni zu einem anderen Ergebnis gekommen. Deswegen war sie ja auch blockiert, sich um den Parteivorsitz zu bewerben.
Zu Guttenberg hat in der Causa Promotion den Master gesetzt. Er war der erste Fall und der führte zum Rücktritt als Minister. Exakt das wird nun von allen anderen erwartet. Die Härte Ihrer Beurteilung des CSU-Politikers macht es eben unmöglich, anders zu werten. Und hier steht Ihnen Ihre persönliche Abneigung gegen Adeligen entgegen. Das ist das Problem.
Özdemir hat einen erheblichen Privatkredit zu sehr günstigen Konditionen (angeblich 5,5% unter Markt) vom PR-Berater und umtriebigen Lobbyisten Moritz Hunzinger angenommen. Darüber hinaus hat er zu privaten Zwecken beruflich erflogene Bonusmeilen verwendet.
Das Erste ist die Parallele zum Fall Amthor, bei dem jedoch nicht dokumentiert ist, dass er einen Vorteil erworben hätte, den er ohne sein Amt nicht am Markt erhalten hätte. Bei Özdemir war das dokumentiert. Zudem hatte der Grüne etwas getan, was damals vom Staat für Beamte geächtet worden war und vom Fiskus bei normalen Arbeitnehmern mit Besteuerung bestraft wurde. Er wusste also genau, was er getan hatte, das war eben nach den heutigen Maßstäben keine Lappalie.
Das sollte man berücksichtigen, wenn man den Fall Philipp Amthor heranzieht.
Schavan und Guttenberg sind insofern exakt gleich, wie jemand der 5km/h zu schnell fährt und jemand der 150km/h zu schnell fährt das exakt gleiche Vergehen an der Hacke haben.
Vom Fall Özdemir hab ich nur die Bonusmeilen in Erinnerung. Wenn da noch mehr war, mein Fehler.
Sie haben recht, dass Schavan und Guttenberg wegen desselben Vergehens zurücktreten mussten. Ich habe dennoch in Erinnerung, dass Schavans Doktorarbeit eher ein Grenzfall war mit relativ wenigen Textübernahmen, während Guttenbergs Arbeit ein nahezu vollständiges Copy-Paste-Produkt darstellte.
Ich sehe im Fall Amthor im übrigen keine Notwendigkeit für ewig aus der Politik zu verschwinden. Aber wie Erwin Gabriel so schön sagte: Er muss zurück auf LOS gehen. Jemand der gerade als korrupt aufgefallen ist, kann nicht als nächstes zum höheren Amt greifen, sondern hat sich zunächst wieder ins Glied zu stellen, von wo aus er einen Neuanfang vorbereiten kann. Nach einer Zeit der Buße ist er manchen Wählern möglicherweise wieder vermittelbar.
Ich sehe eben nicht, dass er von einem Direktmandat (das ist, finde ich, immer wichtig zu betonen) zurücktreten müsste. Ob er für den Vorsitz der Mecklenburgischen CDU nicht mehr in Frage kommt, muss vor Ort entschieden werden.
Es ist ja nicht so einfach: Im Osten gibt es kaum markante Politiker, im nordischen Bundesland schon gar nicht. Mit dem CDU-Vorsitz ist damit auch die Spitzenkandidatur bei der kommenden Landtagswahl im Herbst nächsten Jahres verbunden. Schwesigs SPD schwächelt enorm, die CDU liegt mit knapp 30 Prozent rund 5%-Punkte vor der Amtsinhaberin. Selbst für Rot-Rot-Grün würde es derzeit nicht reichen. Ein schwacher Kandidat unter welchen Aspekten auch immer wäre damit kein Vorteil für die Demokratie im Lande. Dabei ist nicht gesagt, dass Amthor automatisch ein starker Kandidat wäre. Das wie gesagt müssen jene beurteilen, die näher dran sind.
Der eigentliche Auslöser bei Özdemir war meiner Erinnerung nach der Privatkredit. Özdemir stand in der Öffentlichkeit als jemand da, der mit seinem üppigen Abgeordnetengehalt nicht auskommt. Das war sicher nicht angenehm für ihn und ich habe mitgefühlt, denn wer redet schon gern in der Öffentlichkeit über seine Finanzen.
Ich habe solche Sachen aber schon in den Neunzigern nicht so extrem hart gesehen, wie die Öffentlichkeit urteilt. Das gilt generell und mache ich auch im aktuellen Fall geltend.
Es ist nicht wichtig, das zu betonen. PolitikerInnen, die über Liste in den Bundestag kamen, sind keine Abgeordneten zweiter Klasse. Hör endlich auf damit.
Also das Argument mit dem Direktmandat überzeugt mich überhaupt nicht. Die meisten Wähler wählen auch mit der Erststimme nicht wie vorgesehen die Person, sondern die präferierte Partei bzw. Koalition. Und in einem tiefschwarzen Wahlkreis ist es nochmal weniger eindrucksvoll. Abgesehen davon dass es ohnehin im Bundestag keinen speziellen Status für Direktkandidaten gibt.
Was Özdemir angeht, kann es wie gesagt sein, dass ich die Affaire falsch erinnere. Ist ja jetzt auch schon ein Weilchen her. In jedem Fall hat Özdemir einen signifikanten Rückschritt für seine Karriere hingenommen und konnte so später ein überzeugendes Comeback starten.
Dasselbe gilt für Amthor. Und da läuft Ihr Argument gerade darauf hinaus, dass Reue und Buße in diesem Fall gerade nicht gehen, weil die Gelegenheit zum Karrieresprung doch so gut ist. Und das ist dann eben genau das Gegenteil des Konzepts “Reue und Buße”. Wer Reue und Buße nur dann zeigt, wenn es um nichts geht, kann sich seine Mühe auch sparen. Da könnte sich Amthor dann tatsächlich von Cem Özdemir Anstand abschauen …
Das Thema Direktmandate hatten wir hier auch schon mehrfach und was der Unterschied zwischen einer Landesliste, die von der Partei aufgestellt wird oder einem Einzelkandidaten, der von der Partei aufgestellt wird, sein soll, konnte bisher nicht wirklich herausgearbeitet werden. In beiden Fällen hat man nur die Wahlmöglichkeiten, die einem von den Parteien vorgegeben werden.
Und klar, die meisten wählen den Kandidaten „ihrer“ Partei oder die politisch etwas fitteren vielleicht noch taktisch den ihnen am wenigsten unsympathischen aussichtsreichen Kandidaten, wenn sie eine der kleineren Parteien wählen.
Wenn es egal ist und keinen Unterschied macht, kann man es auch sein lassen. Tatsächlich macht es einen Unterschied. Das zeigt sich herausgehoben, wenn kleine Parteien ein Direktmandat erringen und es zeigt sich im Allgemeinen in der Abweichung des Erst- zum Zweitstimmenergebnis. Und sehr wohl lässt sich mit Prominenz und Popularität ein deutlich überdurchschnittliches Ergebnis erzielen – so wie umgekehrt auch. Die Direktwahl ist die Möglichkeit für den Wähler unmittelbaren Einfluss über Personen zu nehmen. Und das ist doch das, was gewollt ist, oder?
Welchen Rückschritt hat Özdemir hingenommen? Er war damals noch kein sonderlich einflussreicher Politiker und hat einkommensmäßig nicht verloren (was Sie bei Amthor wünschen). Nach seiner Rückkehr wurde er irgendwann Co-Vorsitzender der Grünen, aber ohne Abgeordneten-Mandat – finanziell ein großer Rückschritt. Karrieremäßig führte ihn der Posten letztendlich ins Nirwana, da ihn die Partei als einen der beliebtesten Bundespolitiker schnöde absägte. Mit anderen Worten: die Karriere von Özdemir ist mit etwas distanzierter Würdigung eher relativ flach verlaufen.
@Stefan
Das ist Deine Behauptung und das war’s. Bitte erkläre, warum man die Unterscheidung getroffen hat, so aus Deiner Sicht.
Ganz sicher nicht. Du machst hier die Unterscheidung auf.
Ihr habt schon wieder den Thread kaputtbekommen^^
Bei Schavan war eher das Problem, dass sie Bildungs/Forschungsministerin war, sonst hätte sie vermutlich nicht zurücktreten müssen.
Und sieht ja so aus als wäre sie trotzdem eine bessere Bildungsministerin gewesen als die Karlyczek. Klöckner und Scheuer wären da viel bessere Kandidaten. Amthor auch, aber der ist kein Minister.
Ich glaube aber nicht, dass die Wagenburgmentalität noch lange hält. Da wird jetzt zuviel auf mal ausgegraben und die Ausflüchte sind mal echt peinlich und Scheuer ist ja nun wirklich schon seit Jahren mal fällig.
Bin das nur ich oder ist „BildungsministerIn“ so ziemlich das bedeutungsloteste Ministerialamt, das wir haben?
@Sassestefan
Die sind ja auch Forschungsminister*, glaub beim Digitalpakt mit den Schulen wurde das mal gebraucht.
Warum es einen Bundesminister für Verkehr braucht, erschließt sich eigentlich auch nicht (selbst wenn es kein CSUler wäre), aber das ist auf kleinerer Ebene eigentlich besser aufgehoben.
Ich hatte für den Regierungswechsel nächstes Jahr ja schon mal angeregt, die Ministerien mal ganz neu zu gestalten. Ein Europaministerium wäre auch eine gute Sache 🙂
Guter Punkt.
Wenn es egal ist und keinen Unterschied macht, kann man es auch sein lassen.
Stimmt. Man könnte es eigentlich auch sein lassen. Es wählt ja eh praktisch niemand die Person mit der Erststimme. Ich habe in keinem der Wahlkreise, in denen ich je gelebt habe, die Spitzenkandidaten gekannt. Oder wofür sie stehen. Und ich denke ich bin politisch überdurchschnittlich stark interessiert. Mit der Erststimme wählt man entweder die Partei, für die man auch mit der Zweitstimme gestimmt hat. Oder, falls man mit der Zweitstimme eine kleinere Partei gewählt hat, wählt man mit der Erststimme entweder den dazu passenden Koalitionspartner. Oder das kleinste von mehreren Übeln.
Cem Özdemir war vor seiner Affaire eines der bekanntesten und profiliertesten Gesichter der Grünen. Er hätte die Geschichte mit dem gewonnen Bundestagsmandat einfach aussitzen können. Stattdessen hat er das Mandat nicht angetreten. Dann ist er zwei Jahre komplett aus Parlamenten draußen gewesen. Und nach dieser längeren Pause hat er sich für das Europaparlament beworben, ein Parlament, das damals noch einen ziemlich niedrigen Status hatte. Wieviele mächtige Politiker kennen Sie, die sich damals im Europaparlament einen Namen gemacht haben und aufbauend auf dem resultierenden Bekanntheitsgrad dann Karriere gemacht haben? Nicht allzu viele nehme ich an. Ins Europaparlament zu gehen, war damals praktisch politischer Selbstmord. Fast ein Wunder, dass Özdemir es dann zurück in eine Spitzenstellung in der deutschen Bundespolitik geschafft hat. Dorthin hat er sich zurückgekämpft. Von unten.
Philipp Amthor sollte sich daran ein Beispiel nehmen.
@ Ariane
Und sieht ja so aus als wäre sie trotzdem eine bessere Bildungsministerin gewesen als die Karlyczek.
Das stimmt zwar. Ist aber auch nicht besonders schwierig. Auch ein Sack Kartoffeln wäre ein besserer Bildungsminister gewesen als Frau Karlyczek.
Özdemir war 1 1/2 Jahre raus. Davon bekam er 8 Monate ein Übergangsgeld in Höhe seiner bisherigen Abgeordnetendiäten. Blieben 7 Monate Verlust.
Bütikhofer, ein damals wesentlich profilierterer Grünen-Politiker, ist 5 Jahre später nach Brüssel gegangen. Lambsdorff ging mit Özdemir nach Brüssel, beides Nachwuchspolitiker ihrer Partei zur damaligen Zeit. Und nein, Özdemir galt damals nicht als profiliert, zahlreiche Parteikollegen waren vor ihm. Profil gewann er erst als Parteichef, dann ließen ihn jedoch noch Delegierte bei der Aufstellung zum Bundestag 2009 durchfallen. Auch Silvana Koch-Mehrin, prominentes Gesicht der FDP, landete 2004 in Brüssel. Armin Laschet war damals auch in Brüssel, genauso wie Herbert Reul (Innenminister NRW), Jorgo Chatzimarkakis (FDP), Angelika Beer und Heide Rühle (Grüne). Das war also schon eine schmucke Riege junger, talentierter Politiker. Es war just die Phase, in der sich das Parlament ein Stück zu emanzipieren begann.
Das Europa-Parlament wird ja erst in 4 Jahren wiedergewählt. Demgemäß interpretiere ich Ihre Empfehlung so, Amthor möge jetzt von seinem Mandat zurücktreten und sich für 2021 wieder aufstellen lassen. So ungefähr?
@Ralf
Man lässt es aber nicht. Weder in Deutschland, noch in Frankreich, Italien oder Spanien (Aufzählung unvollständig). Es gibt als gute Gründe, Politiker nicht allein durch ihre Parteien auf Listen aufstellen zu lassen, sondern direkte Mandate zu vergeben. Das müsste eigentlich jeder Demokrat als wünschenswert ansehen. Damit bleibt Ihre Ansicht ausschließlich eine Privatmeinung, über die wir nur begrenzt diskutieren können. Bei allem Respekt – so wichtig sind Sie nicht. 😉
In meinem Wahlkreis kandidierte lange ein profilierter SPD-Sozialpolitiker, den ich unter anderem deswegen nie meine Stimme direkt gegeben habe. Ich habe zuletzt den FDP-Kandidaten gewählt, den ich allerdings persönlich kenne. Ich interessiere mich halt für meinen Wahlkreis. 🙂
@ Stefan Sasse 19. Juni 2020, 19:01
Bin das nur ich oder ist „BildungsministerIn“ so ziemlich das bedeutungsloseste Ministerialamt, das wir haben?
Das bist nur Du. Das so ziemlich bedeutungsloseste
MinisterialamtMinisterium, das wir haben, ist das Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.Bildung steht nur an vorletzter Stelle. 🙂
Touche ^^
Wer „ungeschoren“ liest und dann etwas von Erhängen antwortet erweckt schon den Eindruck, dass er eigenartige Wertmaßstäbe anlegt.
Ich schrieb „Unter dem Vorbehalt, dass ich mich nicht in die Details des Falles Amthor eingelesen habe“ um dann nach der Ähnlichkeit zum Fall Möllemann zu fragen.
Da wäre es doch komisch, wenn ich jetzt konkret ausgearbeitete Strafvorschläge zur Hand hätte.
Das ist nicht schlüssig. Ich habe, da Sie völlig unklar gelassen haben, was Amthor Ihrer Ansicht nach noch tun oder nicht tun sollte, eine Aufzählung gebracht, mit Steigerungen ins Absurde. An dem Ende stand das vom Erschießen.
Zwar haben Sie den Fall nicht genau verfolgt – was kein Vergehen ist, ich auch nicht – aber Ihnen sollte bekannt gewesen sein, dass er sich entschuldigt hat (lauwarm), von der Mitgliedschaft im Untersuchungsausschuss zurückgetreten war, die Optionen zurückgegeben hatte und aus dem Unternehmen ausgeschieden war. Da ist die Frage meiner Ansicht nach schon berechtigt, was noch erwartet wird.
Es gehört bei mir zu den Stilnoten, etwas bis ins Absurde zu steigern. In der Mathematik nennt man die Methode extrapolieren. Das sollte sowohl bekannt sein als auch, dass dies nicht böswillig oder als Spott gemeint ist.
@ derwaechter 18. Juni 2020, 13:26
Wer „ungeschoren“ liest und dann etwas von Erhängen antwortet …
Beides metaphorisch…
Früher waren Sprüche wie „da kann ich mich ja gleich aufhängen“ zwar an der Tagesordnung, aber nicht wörtlich gemeint.
Da wäre es doch komisch, wenn ich jetzt konkret ausgearbeitete Strafvorschläge zur Hand hätte.
Ja, das wäre es wohl
🙂
Viele Grüße
„Was meinen Sie mit „ungeschoren“? Erhängen ist im deutschen Recht nicht vorgesehen.“
Das ist keine Aufzählung.
„Ist Möllemann damals nicht wegen ganz ähnlicher vergehen von seinem Ministeramt zurückgetreten?“
Das ist nicht völlig unklar.
„Es gehört bei mir zu den Stilnoten, etwas bis ins Absurde zu steigern. In der Mathematik nennt man die Methode extrapolieren.“
Extrapolieren bedeutet aus bekanntem Voraussetzung etwas über den gesicherten Bereich hinaus zu bestimmen. z.B. bei Hochrechungen.
Das ist zwar unsicher, aber eben gerade nicht absurd.
@ Ariane
Ein Europaministerium wäre auch eine gute Sache
Ja, ja, ja … 😉
Lothar Späth ist noch wegen eines einzigen Segeltörns zurückgetreten.
Und Cem Özdemir wegen Bonusmeilen.
Und er ist später in die Politik zurückgekehrt. Wie Möllemann meiner Erinnerung nach auch.
Da hätte Amthor doch schon zwei gute Vorbilder.
Ja, eben. Hätte ich auch kein Problem damit. Von mir aus könnte Amthor sogar ernsthafte Reue zeigen statt diese Nicht-Entschuldigung. Wie ich beschrieben habe finde ich den Skandal nicht sonderlich schlimm.
Das allerdings ist korrekt.
1. Die Grünen sind eine Karikatur der deutschen Jugend. Sogar als erklärte Jugendpartei erreichen die Grünen bei der Europawahl – eine Wahl mit einem „Jugendthema“ nur 29%. Selbst die FDP kassiert mit 8% einen überdurchschnittlichen Wert.
2. Bei einem Kevin Kühnert (30) wurde ob dummer Bemerkungen die Gnade seines jungen Alters angeführt. Es gibt gute Gründe, unter 30jährige als noch nicht voll geschäftsfähig anzusehen. Wenn jemand mit Berufswunsch Beamter jeden Tag den Paragrafen lernt, selbst das kleinste Geschenk zurückzuweisen, zeigt das lediglich, dass er sich auch als Äffchen trainieren lässt. Es sagt noch nichts über seine Fähigkeiten der rationalen Abwägung und nüchternen Urteilskraft aus.
3. Der Journalist Stefan Kuzmany zeigt nur, dass er vom Wesen von Optionsrechten nichts versteht. Würde er etwas davon verstehen, wüsste er, dass Optionsrechte meist keinen höheren Wert als Toilettenpapier besitzen. Gerade, wenn es sich um Optionsscheine für ein Start-up handelt. Hochspekulativ eben.
4. Sollen wir bei linken Politikern demnächst schreiben, was sie nicht fertig studiert haben? „Begann vor 10 Jahren ein Studium der Politologie (natürlich, was sonst?)“.
Ich habe eine bestimmte Gruppe beschrieben. Diese Gruppe hat praktisch durchgehend Jura studiert. Genauso wie viele Grüne ehemalige Beamte sind. Worauf du übrigens permanent und gehässig hinweist. Also spiel hier nicht die beleidigte Leberwurst.
Was soll man schon für einen Kommentar erwarten von jemanden, der ein Zahlungs- nicht von einem Bankensystem unterscheiden kann. Exakt: Einen unterirdischen.
Nur in einer solchen Gruppe kann es völliges Unverständnis darüber geben, dass ein 25jähriger Jura-Student vielleicht nicht Kraft seiner brillanten Expertise über künstliche Intelligenz in einem amerikanischen Startup unterkommt, sondern weil er ein Versprechen auf die nächsten 40 Jahre Bundestags-Connections mit sich bringt – die er wiederum ebenfalls auf der Überholspur erreicht hat. Und erneut, gut für ihn. Daran ist erstmal ja nichts Illegales, es ist nicht einmal illegitim.
Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen, wenn ich lese, dass das Zu-Geld-Machen eines Bundestagsmandats nicht illegitim sein soll. Der Typ wird vom Steuerzahler dafür bezahlt, dass er die Interessen der Bürger des Landes wahrnimmt. Der Bundestag ist kein Selbstbedienungsladen. Die Respektlosigkeit vor dem Mandat und der Aufgabe ist atemberaubend. Der einzige Grund, dass man trotzdem nur mit den Schultern zuckt, ist dass man von diesen konservativen Kreisen eben auch nichts anderes erwartet hat.
Nein, das ist ja so nicht ganz korrekt. Die Connections, die ihm dieses unverdiente Einkommen einbringen, hat er ja auch ohne Bundestagsmandat. Ich meine, das ist ja diese gesamte mit dem goldenen Löffel geborene Schicht. Das kannst du ja auch gar nicht trennen.
Goldener Löffel ????
Sowohl Schröder als auch Amthor kommen aus, wie man so sagt, einfachsten Verhältnissen, früher auch Arbeiterklasse genannt. Eine (weitere^) Gemeinsamkeit der beiden Herren.
Und nicht ganz unwahrscheinlich auch eine Erklärung für den Drang, die eigene wirtschaftliche Position abzusichern bzw. zu verbessern. Da dürfte zum einen die Angst sein, wieder abzustürzen und noch mehr der Versuch, mit einem Lebensstil in einem Umfeld mitzuhalten, in dem viele keine Geldsorgen kennen.
Ich rede auch nicht von Schröder sondern von Amthor.
Wikipedia: „Philipp Amthor wuchs in Torgelow bei seiner alleinerziehenden Mutter auf; einer gelernten Werkzeugmacherin, die als Coach in einem Callcenter tätig war.“
Nach goldenen Löffeln klingt das nicht gerade
Fair.
Die Connections, die ihm dieses unverdiente Einkommen einbringen, hat er ja auch ohne Bundestagsmandat.
Ein weiser Kommentator hat einmal geschrieben:
Nur in einer solchen Gruppe kann es völliges Unverständnis darüber geben, dass ein 25jähriger Jura-Student vielleicht nicht Kraft seiner brillanten Expertise über künstliche Intelligenz in einem amerikanischen Startup unterkommt, sondern weil er ein Versprechen auf die nächsten 40 Jahre Bundestags-Connections mit sich bringt
Das würde ich übrigens anders interpretieren. Ich würde stark bezweifeln, dass irgendwas bei dieser Firma auf eine langfristige Perspektive ausgelegt ist. Und wie Stefan Sasse auch selbst andeutet, schreit bei diesem Konzept eigentlich alles danach, die Bude in möglichst kurzer Zeit bekannt zu machen und dann gewinnbringend zu verkaufen.
Und auch von Amthors Seite macht es auch mich den Eindruck, das Mandat schon mal so schnell wie möglich versilbern zu wollen, um für eine eventuell kurze Karriere vorzusorgen.
Ja. Aber dann ist Amthors Handeln umso mehr illegitim. Da verstehe ich Stefans Verständnis nicht.
Und das kann er ja gerne machen. Kapitalismus. Irgendwo gibt es Idioten, die so eine Klitsche kaufen.
@ TBeermann 18. Juni 2020, 08:07
Ich würde stark bezweifeln, dass irgendwas bei dieser Firma auf eine langfristige Perspektive ausgelegt ist.
Yep
Als 2002 eine aufstrebende Jungpolitikerin, die niemals ein Direktmandat erringen sollte, überraschend aus dem Deutschen Bundestag flog, nahm die IG Metall die Dame unter ihre Fittiche und stattete die seit einem Hüftschaden voll Schwerbehinderte, die außer einem 10 Jahre währenden Studium der Politologie und Germanistik sowie dem Vorsitz einer Jugendorganisation nichts an Berufserfahrung vorzuweisen hatte, mit einem gut dotierten Posten und Leitung des Hauptstadtbüros der Organisation aus.
Das Investment zahlte sich aus. 2005 kehrte die bestens vernetzte Vollblutpolitikerin in das Parlament zurück und legte danach eine rasante politische Karriere hin bis in die Schalthebel der Politik. 2013 übernahm sie den größten Etat des Bundes und erfüllte zahlreiche Wünsche ihres einstmaligen Arbeitgebers. Sie führte die hoch umstrittene Rente mit 63 ein, welche die Sozialkassen massiv zu Lasten nicht zuletzt gut situierter IG Metall-Mitglieder belastete. Sie setzte ein Gesetz durch, dass die erodierende Macht der Großgewerkschaften stabilisierte und Minigewerkschaften zurückdrängte. Sie setzte ein Gesetz zur Bekämpfung von Leiharbeit und Werksverträgen durch, welche ebenfalls die Macht der Industriegewerkschaften stabilisieren sollte und sie führte einen relativ üppigen Mindestlohn in Deutschland ein, über dessen Höhe ebenfalls Gewerkschaftsfunktionäre mitwachen. Das ist keine abschließende Aufzählung, insgesamt machte die Rheinländerin nach dem Verlassen der IG Metall eine Politik, die den Applaus ihres früheren Auftragsgebers fand. Als die IG Metall eine Verringerung der Wochenarbeitszeit auf 28 Stunden forderte, gehörte die Arbeitsministerin zu denjenigen, die als Erstes Applaus spendeten und ihre Unterstützung zusagten – ungeachtet der schwierigen demographischen Lage in Deutschland, die genau solche allgemeinen Arbeitszeitverkürzungen höchst bedenklich erscheinen lassen.
Doch all dies hat Andrea Nahles nie den Vorwurf eingebracht, von 2002 bis 2005 in der Frankfurter Zentrale indoktriniert worden zu sein und aus Dankbarkeit und Gefälligkeit Gewerkschaftspolitik zu betreiben. Im Zweifel ist der Schaden am deutschen Volke, den die Ex-SPD-Vorsitzende mit Lobbypolitik angerichtet hat, weit größer als die Beteiligung an einem Start-up-Unternehmen eines aufstrebenden Jungpolitikers der CDU.
Als 2002 eine aufstrebende Jungpolitikerin, die niemals ein Direktmandat erringen sollte, überraschend aus dem Deutschen Bundestag flog, nahm die IG Metall die Dame unter ihre Fittiche und stattete die seit einem Hüftschaden voll Schwerbehinderte, die außer einem 10 Jahre währenden Studium der Politologie und Germanistik sowie dem Vorsitz einer Jugendorganisation nichts an Berufserfahrung vorzuweisen hatte, mit einem gut dotierten Posten und Leitung des Hauptstadtbüros der Organisation aus.
Das Investment zahlte sich aus. 2005 kehrte die bestens vernetzte Vollblutpolitikerin in das Parlament zurück und legte danach eine rasante politische Karriere hin, die sie bis an die Schalthebel der Politik führen sollte. 2013 übernahm sie den größten Etat des Bundes und erfüllte zahlreiche Wünsche ihres einstmaligen Arbeitgebers. Sie führte die hoch umstrittene Rente mit 63 ein, welche die Sozialkassen massiv zu Gunsten nicht zuletzt gut situierter IG Metall-Mitglieder belastete. Sie setzte ein Gesetz durch, dass die erodierende Macht der Großgewerkschaften stabilisierte und Minigewerkschaften zurückdrängte. Sie setzte ein Gesetz zur Bekämpfung von Leiharbeit und Werksverträgen durch, welche ebenfalls die Macht der Industriegewerkschaften stabilisieren sollte und sie führte einen relativ üppigen Mindestlohn in Deutschland ein, über dessen Höhe ebenfalls Gewerkschaftsfunktionäre mitwachen. Das ist keine abschließende Aufzählung, insgesamt machte die Rheinländerin nach dem Verlassen der IG Metall eine Politik, die den Applaus ihres früheren Auftragsgebers fand. Als die IG Metall eine Verringerung der Wochenarbeitszeit auf 28 Stunden forderte, gehörte die Arbeitsministerin zu denjenigen, die als Erstes Applaus spendeten und ihre Unterstützung zusagten – ungeachtet der schwierigen demographischen Lage in Deutschland, die genau solche allgemeinen Arbeitszeitverkürzungen höchst bedenklich erscheinen lassen.
Doch all dies hat Andrea Nahles nie den Vorwurf eingebracht, von 2002 bis 2005 in der Frankfurter Zentrale indoktriniert worden zu sein und aus Dankbarkeit und Gefälligkeit Gewerkschaftspolitik zu betreiben. Im Zweifel ist der Schaden am deutschen Volke, den die Ex-SPD-Vorsitzende mit Lobbypolitik angerichtet hat, weit größer als die Beteiligung an einem Start-up-Unternehmen eines aufstrebenden Jungpolitikers der CDU.
Haben Sie außer dumpfen Whataboutismen eigentlich noch etwas anderes zu bieten?
Entweder Sie nehmen an Nahles’ Karriere Anstoß. Dann müssten Sie jetzt auf Amthors Karriereende pochen. Oder Sie haben kein Problem mit dem Amthor-Skandal. Dann können Sie sich Ihren Text zu Andrea Nahles sparen.
Ich störe mich daran, dass Linke überhaupt keinen Anstoß daran nehmen, wenn ein Politiker sich als Lobbyist betätigt, so sie nur selbst mit der Politik einverstanden sind und bei anderen auf die absolute Reinheit und Sterilität achten, weil sie jemanden schon im Habitus ablehnen. Für die Bewertung fallen einem allerhand Begriffe ein, die sind aber alle nicht nett.
Amthor hat einen (gravierenden) politischen Fehler begangen. Aber: er ist sehr jung (nach meiner Wertung, die für alle gilt, noch Jugendlicher) und er lernt erst das Geschäft. Er hat den für einen Jungpolitiker prestigeträchtigen Ausschuss verlassen, er hat einen politischen Makel bekommen. Das reicht. Er hat bisher nicht wirklich etwas verbrochen. Nahles dagegen hat nach unvorteilhafter Wertung ihre Käuflichkeit unter Beweis gestellt.
Mir fallen noch andere Beispiele ein. So z.B. der Vorsitzende einer Partei, der es in seinem Beisein nicht nur duldete, dass eine andere Person davon sprach, missliebige Bürger zu vernichten, sondern selbst noch anheizte, es reiche, dieser einer (Zwangs-) Arbeit zuzuführen. Wer so verächtlich über Menschen spricht, hat in der Politik wirklich nichts zu suchen.
Klar. Als 27jähriger weiß man natürlich noch nicht was Korruption ist. In dem Alter lernt man ja noch das Geschäft …
Nochmal: die Objektivität unserer Urteile erkennen wir im Vergleich. Da haben Sie, Wächter und Beermann mich kein Stück überzeugt. Ihr Urteil scheint rein nach politischer Interessenlage geprägt.
Ich habe wenige junge Menschen kennengelernt, die zwischen 20 und 30 nicht zumindest einen gravierenden Fehler begangen haben, mich selbst eingeschlossen – sogar mehrere. Ich bin froh, nie auf so dermaßen hart urteilende Menschen wie Sie getroffen zu sein. Oder so subjektiv wertende.
Diese Whataboutismen fangen an zu nerven. Einen Vorfall bewertet man auf der Grundlage der vorliegenden Tatsachen, nicht auf der Basis dessen, was andere auch schon mal alles falsch gemacht haben.
Nein. Wer urteilt, muss vergleichen und vergleichen lassen. Sonst kann es keine Objektivität und damit Fairness geben. Alles, was Sie hier zu dem relativ läppischen Fall Amthor gesagt haben und die Härte, mit der Sie gewertet haben, wird Ihnen bei der nächsten Gelegenheit krachend auf den Fuß fallen. Wie sehr, zeigt sich ja bereits, wie gering Sie die erwähnten Fälle der Vergangenheit werten.
Selbst Transparency und Lobbycontrol haben Amthor bisher nicht Bestechlichkeit unterstellt, sondern lediglich, den Verdacht zu erwecken. Sie urteilen härter und unerbittlicher als die Wächter politischer Transparenz. Und Sie meinen ernsthaft, diese Härte nicht generell anwenden zu müssen?
Was soll das sonst anderes sein als Willkür?
Es geht um Augenblick nur um Philipp Amthor. Sie versuchen verzweifelt vom Thema abzulenken.
Wie gesagt, ist notiert. Sie können davon ausgehen, dass Begründungen wie „unachtsam“, „jugendlichen Fehler gemacht“, „hat es richtig gestellt“ und ähnliches nicht mehr von Ihnen akzeptiert werden. In dem Moment würden Sie sich outen als jemand, der willkürlich urteilt.
Bis auf Wiedervorlage.
Kevin Kühnert war übrigens bei seiner Aussage über BWM 29. Da kann ich mich irgendwie nicht an all zu viel Nachsicht erinnern, obwohl er sich nicht bereichern wollte, sondern nur einen Gedanken geäußert hatte.
Oder hatte er die Grenze zum Erwachsenen da schon überschritten?
Gerne. Und nur der Vollständigkeit halber: Ich habe aktive Korruption noch nie als “Unachtsamkeit” oder “jugendlichen Fehler” entschuldigt. Egal bei wem. Und schon garnicht bei einem Erwachsenen von 27 Jahren.
Kevin Kühnert war 29 und 9 Monate. Nein, so genau messe ich dann auch nicht bei der gefühlten Mündigkeit.
Sie jetzt nicht albern. Der Punkt ist dass das Alters-Argument nicht zieht.
Hier in der Diskussion erwähnt sind Möllemann, Späth und Özdemir die Konsequenzen aus mehr oder weniger vergleichbaren Fehlverhalten gezogen haben. Das sind ganz verschiedenen politische Richtungen.
Und das Altersargument ist schwach. Wer nicht reif genug ist, von sich aus zu erkennen, dass so ein Verhalten problematisch ist, sollte vielleicht gar nicht so wichtige Ämter wie MdB, Landesvorsitzender usw, anstreben.
Exakt. Ich verstehe diese Nibelungentreue zu Amthor auch nicht, das scheint mir eher ein ideologischer Reflex zu sein – genauso reflexhaft wie das Eindreschen auf Nahles.
Möllemann und Späth sind von hohen Ämtern zurückgetreten. Späth ist aus der Politik ausgeschieden, das haben viele anscheinend vergessen, so wie zu Guttenberg. Der Grund: die Unerbittlichkeit der hiesigen Moralisten.
Özdemir legte sein Sprecheramt für die Innenpolitik der Grünen nieder. Das ist ungefähr die Kategorie, in der sich Amthor bewegt. Aber das ist anscheinend im Jahr 2020 nicht genug.
Möllemann war Zeit seiner politischen Karriere der Typus des ruchlosen Politikers. Aus dem Amt als Wirtschaftsminister musste er mehr oder weniger gezwungen werden, Einsicht war da nicht. Möllemann fochten moralische Kategorien weit weniger an. Aber vielleicht brauchen wir einfach mehr von solchen ruchlosen Typen. Verdient hätte es unsere Gesellschaft allemal.
Ich habe nicht zum ersten Mal die Karriere von Andrea Nahles in einem solchen Zusammenhang gebracht.
@ Stefan Pietsch
Özdemir legte sein Sprecheramt für die Innenpolitik der Grünen nieder. Das ist ungefähr die Kategorie, in der sich Amthor bewegt. Aber das ist anscheinend im Jahr 2020 nicht genug.
Und er verzichtete nach der Bundestagswahl 2002 auf das Bundestagsmandat, dass ihm gemäß Listenplatz (von der er nicht mehr zurücktreten konnte, da die Landeslisten bereits eingereicht waren) zugestanden hätte.
Aber es wäre auch überraschend gewesen, von dir mal einen Beitrag ohne Unwahrheit zu lesen.
Eben, Listenkandidat für eine noch nicht erfolgte Wahl. Amthor ist nicht über die Liste, sondern direkt gewählt. Den Unterschied zwischen gewählt / nicht gewählt, Listenkandidat / Direktkandidat erkläre ich Ihnen jetzt nicht. Nur so viel: er ist bedeutend in einer Demokratie.
Özdemir ist 1 1/2 Jahre später auf die genauso dotierten Parlamentsplätze in Brüssel gewechselt, finanziell erlitt er unter Berücksichtigung der Übergangsgelder keine Einbußen. Der Posten als Grünen-Chef ist dabei wesentlich schlechter dotiert.
Nun machen Sie nur nicht den Fehler zu behaupten, aufs Geld käme es nicht an. Das ist ja schließlich die Storyline im Falle Amthor.
Als er auf den Sitz verzichtet hat, war er gewählt. Er konnte nur nicht mehr auf die Kandidatur verzichten, hat aber dann nach der Wahl auf den Sitz verzichtet.
Die Geschichte mit den Direktmandaten kannst du noch so oft rauskramen. Er hat in einem tiefschwarzen Wahlkreis ein garantiertes Direktmandat erhalten. Dabei hat er im Vergleich zu seinem Vorgänger ein Viertel des Stimmanteils verloren und sogar weniger Stimmen erhalten, als den Zweitstimmenanteil seiner Partei.
Davon abgesehen macht es eben keinen Unterschied. Abgeordnete werden nicht qualitativ danach unterschieden, ob sie über Liste oder Direktmandat in den Bundestag gekommen sind. Man sollte glatt meinen ich müsste mal eine Serie über das politische System Deutschlands schreiben.
„Özdemir legte sein Sprecheramt für die Innenpolitik der Grünen nieder…“
…und kündigte an, nach der darauffolgenden Wahl sein Mandat nicht anzunehmen (für einen Rücktritt von der Liste war es zu spät).
Was versprichst du dir eigentlich von solchen Geschichtsklitterungen?
Vielleicht sprichst Du einfach mal mit dem Abgeordneten Deines Wahlkreises, wie das Inside gesehen wird?
Es ist eine wesentliche Info, nicht erwähnt zu haben, dass Özdemir sein Mandat erst gar nicht angetreten hat (Lüge), aber es ist keine wichtige Info, dass der Grünen-Politiker keinen Einkommensverlust erlitten hat (keine Lüge)?
Man kann die Dinge wirklich sehr willkürlich auslegen, um politische Gegner zu diskreditieren.
Als Jurist mit Prädikatsexamen schon gar nicht…
„…nichts an Berufserfahrung vorzuweisen…“
/// Während ihres Studiums war sie Mitarbeiterin eines Bundestagsabgeordneten. ///
https://de.wikipedia.org/wiki/Andrea_Nahles
Suuuuppppppeeeeerrrrrr!
Vor allem witzig, das als Angriffspunkt zu nutzen, während man gleichzeitig Amthor verteidigt, der über exakt genau so viel Berufserfahrung verfügt.
Der Unterschied zu Nahles und Amthor ist, dass der Wähler es wußte oder es wissen konnte wo sie vorher gearbeitet hat. Und sie hat auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit und ihrer Verbindungen Karriere in der Partei gemacht, aber eben nicht umgekehrt.
Nales sehe ich da auf einer Linie mit Merz, falls er ins Parlament zurückkommt oder als Minister zurückkommt. Bei ihm weiß der Wähler auch woher er kommt. Vielleicht werden solche Leute auch gerade deswegen vom Wähler gewählt, weil ihre Vita und ihre Statements zusammen Glaubwürdigkeit vermitteln.
Amthor hat offenbar versucht Profit aus seiner Vernetzung in Partei und Regierung zu machen.
Ich finde du wirfst da zwei Sachen zusammen die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Gruß Jens
Jens, das ist doch Unsinn. Wer konnte wissen, dass Nahles derart indoktriniert wurde, dass sie nur noch Gewerkschaftspolitik machen würde? Seit 2005 ist die Ex-Bundesarbeitsministerin Gewerkschaftsforderungen nicht mehr öffentlich entgegen getreten, selbst dann nicht, als sie über den mit Abstand größten Etat des Staates zu wachen hatte.
Sowohl Amthor als auch Merz sind / waren direkt gewählte Abgeordnete, während Nahles nie eine Wahl direkt gewonnen hat. Sie hat sich also in ihrer ganzen Karriere nur bei Fans durchgesetzt. Damit konnte sie auch niemand direkt zur Rechenschaft ziehen, sondern allein ihre Fans in der Partei. In der Politik gelten solche als Abgeordnete erster und zweiter Klasse. Nahles war immer eine Abgeordnete zweiter Ordnung.
Ja, sie war gut vernetzt, aber das war beispielsweise der gerade ausgeschiedene Johannes Kahrs auch. Sie gehörte aber zum linken Flügel ihrer Partei, Zögling Lafontaines und ideologisch den Bonzen in der Frankfurter Zentrale nah. Als Schwerbehinderte hätte sie es, anders als ein Merz oder Amthor, sehr schwer gehabt. Das war also ein Sozialprojekt und Investment der IG Metall.
Und sie lieferte. Kurz nach ihrer Rückkehr wirkte sie entscheidend mit, den bei den Metallern in Ungnade gefallenen Franz Müntefering als Parteichef zu stürzen. Die Rente mit 67 konnte sie zwar nicht verhindern (obwohl sie heftig Widerstand leistete), aber sie kehrte das dann, zumindest für die Beschäftigten im Kosmos der Großgewerkschaften, mit der Rente mit 63 um.
Und wie dankbar Nahles den Frankfurtern war, zeigte sich spätestens, als sie die Macht der Spezialgewerkschaften drastisch beschränkte. Nein, Nahles ist für mich der Prototyp einer Lobbyistin, die meist im Hintergrund werkelte.
Auch der heutige Gesundheitsminister Jens Spahn hat sich vor einigen Jahren für ein Start-up einspannen lassen, das eine Software für Steuererklärungen entwickelte und vertrieb. Den Interessenkonflikt löste er auf, in dem er die Anteile veräußerte und Zuschüsse zurückzahlte. Weitere Lobbytätigkeiten blieben politisch folgenlos.
Mindestens das ist mit Philipp Amthor zu vergleichen und zeigt, wie maßlos die Debatten in ihrer moralischen Überhöhung geworden sind.
Sorry, das überzeugt mich nicht.
Nahles war zuerst bei einem Arbeitgeber und dann ist sie in die Politik (zurück). Sie war dann nicht mehr bei ihrem Arbeitgeber angestellt und hat dann Politik für ihren früheren Arbeitgeber gemacht. So lautet ja in etwa dein Vorwurf. Letzteres ist schon Murks, eher hat sie Politik für die Gewerkschaftsmitglieder ihres früheren Arbeitgebers gemacht. Das ist zugegebenermaßen seit Schröder eher ungewöhnlich, dass die SPD Politik für Gewerkschaftsmitglieder macht, aber ich sehe da keinen Interessenkonflikt. Nahles hatte keinen finanziellen Vorteil davon.
Bei Amthor ist es genau umgekehrt. Er hat sein Connections aus der Politk versucht zu versilbern, als er sogar noch in der Politik war, indem er „seine“ Frima beim Wirtschaftsminister vorgestellt hat UND hat versucht dies zu verschleiern und in seiner Funktion als Abgeordneter dafür eingesetzt, dass solche Vorgänge nicht publik werden.
Bei Nahles ist die Reihenfolge umgekehrt und es fehlt der finanzielle Vorteil und sie hat ihre vorherige Beschäftigung nicht verschleiert. Ich sehe da genau gar keine Parallele. Sollte Merz zurückkommen läge es bei ihm so wie bei Nahles zuvor.
Ich finde du hast dich da verrannt. Und dass sie indoktriniert wurde, hat sie dir persönlich verraten?
Gruß Jens
Sorry, das überzeugt mich nicht.
Hätte ich jetzt auch nicht anders erwartet. 🙂
Lobbying funktioniert doch durch in Vorleistung treten, oder? Das ist doch der Standardvorwurf. Wenn z.B. ein Gesundheitsminister während seiner Amtszeit pharmafreundliche Gesetze macht und nach seinem Ausscheiden von einem Pharmaunternehmen unter Vertrag genommen wird, entsteht doch der Vorwurf. Es funktioniert aber auch anders, eine im eigenen Beritt ausgebildete Person (z.B. Merz) wird in den politischen Betrieb eingeschleust. In Bezug auf die USA wurde das immer über Bush Double-U und seinen Vize Dick Cheney behauptet. Und bei Nahles gelten solche Vorwürfe nicht?
Auffällig ist jedenfalls, dass die SPD-Politikerin sich nie in Opposition insbesondere zur IG Metall (zu den Spezial-Gewerkschaften sehr wohl!) gestellt hat. Das ließ sich nicht einmal über ihren Mentor Lafontaine behaupten. Und wenn eine Politikerin so gezielt die Wünsche einer Gewerkschaft, der IG Metall, bedient, dann sehe ich das sehr wohl als Ausdruck von Lobbying.
Nahles wäre 2002 ins Bodenlose gefallen. Sie galt als Intrigantin und in ihrer Partei zu der Zeit nicht bestens gelitten, zumal ihr die Nähe zum zurückgetretenen Ex-Parteichef nachgesagt wurde. Nirgends in der Privatwirtschaft hätte man sie mit ihrer Vita und ihrer Behinderung genommen. Da kam das ziemlich großzügige Angebot aus Frankfurt.
Amthor hat nun wirklich nicht viel für das Start-up getan. Das ist ja auch gar nicht der Vorwurf. Der Vorwurf ist: bezahlt wird später. Dann, wenn Amthor erwartungsgemäß im Politikbetrieb aufsteigt und Einfluss gewinnt. Bisher sind das aber Vermutungen und Annahmen (Vorteilsnahme). Bei Nahles dagegen ist ihre enorme Nähe zur IG Metall belegt.
Ich kenne mich ziemlich gut mit den Chancen von Schwerbehinderten aus: ich habe immer wieder das Risiko zu kalkulieren und habe in meinem Berufsleben noch nie eine schwerbehinderte Person eingestellt. Und: meine Schwägerin ist eine (echte) Schwerbehinderte. Und dann kommt eine solche eingeschränkte Person von Null auf gleich in eine Leitungsposition, gut vergütet und scheidet nach 3 Jahren wieder freiwillig aus? Von einem solchen Karriereverlauf träumen mit Sicherheit 99,8% aller erwerbsfähigen Schwerbehinderten.
Und sorry, Jens: Philipp Amthor hat noch keine wesentlichen „Connections“. Dafür ist er zu jung, zu frisch. Da ist ihm noch niemand einen Gefallen schuldig. Wenn das heute so schnell und einfach ginge, bräuchte es nicht der Ochsentour in den Parteien.
Würde die SPD reine Gewerkschaftspolitik machen, läge sie bei 10-12 Prozent. Ups, da liegt sie ja… Also nein, Nahles war das klassische Wählerminimierungsprogramm. Keines der von ihr mit viel Geld des Steuer- und Beitragszahlers umgesetzten Maßnahmen verschaffte der SPD irgendwelchen zählbaren Zuspruch bei den Wählern.
Klar, 15 Jahre später ist immer noch der Schröder schuld, obwohl den viele gar nicht mehr als Kanzler kennen.
Ich wäre sehr vorsichtig mit dieser Argumentation. Die FDP macht schließlich auch „nur“ Politik für die 1%. Lobbying ist Lobbying, auch wenn es für Gewerkschaften ist.
Trotzdem: Die parlamentarische Arbeit als MdB oder Minister/in mit Korruption auf eine Stufe zu stellen – das ist schon ziemlich daneben.
Wie meinen?
An dem ganzen Beitrag hinkt noch eine ganze Menge mehr, angefangen bei der vollkommen zusammenhanglosen Erwähnung von Nahles Behinderung.
Aber ich finde, man sollte hier gar nicht weiter darauf eingehen. Pietsch bedient sich mal wieder in seinem Werkzeugkasten des rechten Trolls (Übrigens Punkt 4 http://www.deliberationdaily.de/2020/02/die-destruktiven-diskussions-strategien-der-selbsternannten-konservativen/) und versucht die Diskussion über ein Thema zum entgleisen zu bringen, indem er ein halbes Dutzend anderer Themen aufmacht, die nichts damit zu tun haben.
Klar kann man auch mit gutem Recht darüber diskutieren, warum ständig Politiker (fast) aller Parteien in Verbänden, Interessenvertretungen etc. unterkommen. Aber das wäre ein komplett neues Thema und hat nichts damit zu tun, nach wenigen Monaten ein Mandat zur persönlichen Bereicherung einsetzen zu wollen (und sich zeitgleich als moralische Instanz zu inszenieren).
Ich war auch schon dabei, die den Beitrag im Detail beantworten zu wollen, aber man sollte Pietsch da einfach nicht auf den Leim gehen und ihn abblitzen lassen. Selbst wenn man jetzt jede Behauptung Stück für Stück erwidern würde, es kämen im nächsten Beitrag nur wieder fünf neue Baustellen, die mit dem Rest nichts zu tun hätten.
@ TBeermann 18. Juni 2020, 15:38
Pietsch bedient sich mal wieder in seinem Werkzeugkasten des rechten Trolls …
Möchtest Du auch nicht hören, wenn ein Kommentar von Dir („ich zitiere mal meine eigenen Tweets“) eher als Beleg für ein verfestigtes Weltbild statt für einen offenen Diskussionsbeitrag dient
Ich denke auch wir können seinen Vergleich on the merits widerlegen. Und wenn du denkst, seine weiteren Einlassungen sind nur noch Trolling, dann lass sie einfach stehen.
Ich finde, es schadet nie, darauf hinzuweisen.
Und klar kann man sich die Arbeit machen, Behauptung für Behauptung abzuarbeiten, aber das ist eben genau das, was diese Art zu „Diskutieren“ erreichen soll. Das eigentliche Thema ruht (wenn man je dahin zurückfindet) und man befasst sich mit Nebenkriegsschauplätzen.
Du kannst ja gerne darauf hinweisen, aber du musst ihn deswegen nicht einen rechten Troll schimpfen.
Das ist keine Beschimpfung, sondern eine Feststellung. Für mehr halte ich ihn nicht. Substanz fehlt oft vollkommen und die Diskussionsführung ist über weite Strecken reine Trollerei.
@ Erwin Gabriel: Ich wüsste nicht, welche Ablenkungsmanöver oder neuen Nebenkriegsschauplätze ich mit dem Beitrag aufgemacht haben sollte.
Ich hab zur Kenntnis genommen, dass Stefan Sasse und du den Abschnitt mit der „parlamentarischen Kultur“ anders sehen. Das ist OK, aber ich stehe dazu. Zum einen sind bisher so gut wie keine echten Konsequenzen erfolgt (wobei man natürlich auch im Auge behalten muss, dass die Sache erst seit wenigen Tagen in der Öffentlichkeit ist) und ich finde den Aspekt der Frühzeitigkeit tatsächlich erschreckend. Dass sich langjährige Abgeordnete im Herbst ihrer Karriere ihr Adressbuch versilbern ist schlimm genug. Dass bei jemandem in ersten Jahr so wenig Idealismus vorhanden ist (und er die Zeit dafür findet…die meisten neuen Abgeordneten brauchen allein Monate, um sich in diese Aufgabe hinein zu finden), finde ich erschreckend.
@ TBeermann 18. Juni 2020, 18:28
Ich hab zur Kenntnis genommen, dass Stefan Sasse und du den Abschnitt mit der „parlamentarischen Kultur“ anders sehen. Das ist OK, aber ich stehe dazu.
Das ist auch OK 🙂
Zum einen sind bisher so gut wie keine echten Konsequenzen erfolgt (wobei man natürlich auch im Auge behalten muss, dass die Sache erst seit wenigen Tagen in der Öffentlichkeit ist)
Dem kann ich wohl zustimmen. Es sind halt aus meiner Sicht zwei getrennt zu betrachtende Vorgänge (was hat P.A. getan / wie gehen Parlament und Partei damit um).
Zu Amthor sind wir, denke ich, einer Meinung. Wie Parlament und Partei damit umgehen, ist eine andere Geschichte, die sich, da zu frisch, noch nicht beurteilen lässt.
Sollten über Alibi-Konsequenzen hinaus (etwa Rücktritt aus dem Amri-Ausschuss) keine strengeren Maßnahmen folgen, nehme ich an, dass wir dann auch darüber der gleichen Meinung sein werden.
An dem ganzen Beitrag hinkt noch eine ganze Menge mehr, angefangen bei der vollkommen zusammenhanglosen Erwähnung von Nahles Behinderung.
Es war eben nicht zusammenhanglos. Die Behinderung habe ich erwähnt um deutlich zu machen, dass Nahles unter normalen Umständen große Schwierigkeiten gehabt hätte, selbst in Organisationen wie einer Gewerkschaft unterzukommen. Und dennoch bekam sie gleich eine herausgehobene Position.
Amthor hat darüber hinaus eine Ausbildung genossen, mit der man außerhalb der Politik etwas anfangen kann. Auch bei Start-up-Unternehmen. Das gilt für ein Studium der Politologie weit weniger. Wer sich dann nicht wundert, dass beide Typen gleich begehrt sein sollen, aber der mit der „besseren“ Ausbildung als käuflich gilt, ist erklärungsbedürftig.
Teils, teils. Ich weiß dass das widesprüchlich scheint, aber ich habe ja im Artikel explizit auf das Umfeld des Studiums und der religiösen Verbindungen hingewiesen.
@ Ralf 17. Juni 2020, 21:45
Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen, wenn ich lese, dass das Zu-Geld-Machen eines Bundestagsmandats nicht illegitim sein soll.
Da hast Du Stefan falsch verstanden. Der schrieb, dass Philipp Anthor wegen seiner potentiellen Connections ausgewählt wurde, nicht, dass es gut sei, diese zu versilbern.
Der Typ wird vom Steuerzahler dafür bezahlt, dass er die Interessen der Bürger des Landes wahrnimmt. Der Bundestag ist kein Selbstbedienungsladen.
Sollte nicht so sein; Zustimmung.
Der einzige Grund, dass man trotzdem nur mit den Schultern zuckt, ist dass man von diesen konservativen Kreisen eben auch nichts anderes erwartet hat.
Vorsicht, junger Freund, Du vergreifst Dich da wieder im Ton. Typisch linke Bagage …
Ich finde ja, dass die Firma Augustus Intelligence viel interessanter ist als Amthor. Lobo hat sie schon mal mit Palantir verglichen:
https://www.spiegel.de/netzwelt/web/privatisierung-von-sicherheitsbehoerden-ein-duesterer-digitaltraum-a-ad4d4aaa-4901-463f-bce4-6218808d8477
in weiteren Meldungen des Tages: Abgeordnetenwatch hat diese Klage
https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/parteispenden/bundestag-vor-gericht-worum-es-bei-unserer-transparenzklage-geht
gegen die Bundestagsverwaltung verloren.
@ cimourdain 18. Juni 2020, 08:53
Zitat aus dem SpOn-Bericht:
Es bleibt auch unklar, ob das Älterwerden vor Verfehlungen schützen soll oder vor dem Erwischtwerden.
Als Älterer vermute ich, es schützt vor dem Erwischtwerden 🙂
PS: Von Abgeordnetenwatch bin ich auch ein Fan
@ Stefan Sasse
Es spielt für Themen wie „Korruption“ oder „Steuerhinterziehung“ keine Rolle, ob ene person männlich oder weiblich, weiß oder mit Migrationshintergrund, alt oder jung, katholisch oder evangelisch, hetero oder lgbt, deutsch oder von anderer Nationalität ist. Es handelt sich um eine persönliche Verfehlung, die als solche gewertet werden sollte, ohne anderen zufälligen Schnittmengen noch eine mitzugeben.
Das ist zwar eine überaus beliebte Methode der BILD, um ihre Leser zu polarisieren, aber das macht es zu keiner guten Methode.
Abgesehen davon habe ich mir noch keine Meinung zum Fall selbst bilden können. Das Unternehmen scheint derart unbekannt zu sein, dass offenbar niemand weiß, was diese Firma macht, für die Amthor arbeitet (wahrscheinlich nicht mal Amthor selbst). Auch die ZEIT, die sogar in den USA suchte, fand unter den offiziellen Andressen nur leere Büros und ahnungslose Portiers.
Da die Zuwendungen an Amthor offenbar eher bescheiden waren (bei großen Entscheidungsfindungen fließen große Summen) und es keine nachvollziehbaren Unternehmensziele gibt, in deren Sinne Amthor hätte wirken können, ist kein Schaden angerichtet.
Scheint, dass derzeit wirklich nur eine Sache klar ist: Philipp Amthor wäre bereit gewesen, die Aufgaben seiner Funktionen mit den kaufmännischen Interessen eines Privatunternehmens zu verquicken (vulgo: korrupt zu sein).
Scheint, dass derzeit wirklich nur eine Sache klar ist: Philipp Amthor wäre bereit gewesen, die Aufgaben seiner Funktionen mit den kaufmännischen Interessen eines Privatunternehmens zu verquicken (vulgo: korrupt zu sein).
Den Konjunktiv können wir uns schenken. Amthor wäre nicht nur bereit gewesen die Aufgaben seines Mandats mit den kaufmännischen Interessen dieses Unternehmens zu verquicken (vulgo: korrupt zu sein), sondern hat aktiv die Aufgaben seines Mandats mit den kaufmännischen Interessen dieses Unternehmens verquickt.
@ Ralf 18. Juni 2020, 12:18
Den Konjunktiv können wir uns schenken. Amthor wäre nicht nur bereit gewesen die Aufgaben seines Mandats mit den kaufmännischen Interessen dieses Unternehmens zu verquicken (vulgo: korrupt zu sein), sondern hat aktiv die Aufgaben seines Mandats mit den kaufmännischen Interessen dieses Unternehmens verquickt.
Mir ist nicht bekannt, an welcher Stelle er für seinen Auftraggeber bereits was zurechtgebogen hat. Nicht, dass der für meine Bewertung der Person Amthor eine Rolle spielt; ich nehme die Bereitschaft für die Tat.
Aber wenn Du den Konjunktiv verneinst, dann erläutere doch kurz mal konkret, welche „aktive“ Verquickung das war.
Er hat (in seiner Funktion als Abgeordneter) einen Brief an den Wirtschaftsminister geschrieben und Termine zwischen Vertretern von Ministerien und Angehörigen dieser Firma vermittelt.
TBeermann hat bereits für mich geantwortet.
@ TBeermann 18. Juni 2020, 12:57
@ Ralf 18. Juni 2020, 13:08
Er hat (in seiner Funktion als Abgeordneter) einen Brief an den Wirtschaftsminister geschrieben und Termine zwischen Vertretern von Ministerien und Angehörigen dieser Firma vermittelt.
Ächz – natürlich …
Ihr habt Recht
Ziemlich sicher sogar Amthor selbst 😀 Aber ich sehe das, wie ich beschreibe, ja auch allenfalls als Skandälchen. Spannend ist es für mich eher durch die Rezeption.
Der eigentliche Skandal ist, dass die CDU/CSU sich seit Jahren gegen jedewede transparentmachung von Lobbyismus wehrt. Korruption ist nicht mal eine Straftat für Abgeordnete. Deswegen kannst du dich als Beamter der, nicht mal einen Obstkorb annehmen darf, leider auch nicht mit Amthor vergleichen. Wie chancenlos ein Antikorruptionsgesetz ist kann man dem Gespräch von Gysi mit Sonnenborn entnehmen.
Gysi berichtet von dem Versuch einen parteiübergreifenden Gruppenantrag für ein Antikorruptionsgesetz zu stellen. Der Bruder von Herrn Kauder (mdb) CDU versuchte noch ein paar Parteifreunde zu überzeugen. Ratet mal wie viele er fand?
https://youtu.be/ZeW7SFZS2nc?t=288
Leider sieht es bei der SPD auch nicht viel besser aus, wenn man sich erinnert, dass Gabriel einst 75% an einer Beraterfirma hielt für die er in seiner Zeit als Ministerpräsident eine Beratervertrag über 130.000 Euro ausgehandelt hatte.
https://www.focus.de/politik/deutschland/affaere-gabriel-wollte-mehr_aid_210720.html
Bei der Beraterfirma handelte es sich um eine 2-Mann Firma, die noch nicht einmal im Telefonbuch stand. Jetzt ist er im Aufsichtsrat der deutschen Bank.
Über Riester der sich durch Vorträge bei Versicherungen über das Riestergesetz, dass nicht er verfasst hatte sondern Anwälte die von der Versicherungsindustrie beauftragt wprden waren, ein nettes Zubrot vediente habe ich mich hier schon oft genug aufgeregt.
Unglaublich fand ich auch die Berufung Pofalls in den Vorstand der DB.
Die Welt die diese Entsendung sehr positiv darstellte, und Pofalla gleich als „König“ der Bahn feierte.
https://www.welt.de/wirtschaft/article160272079/Pofalla-wird-der-neue-Koenig-bei-der-Bahn.html
schrieb dazu:
Mit seinen exzellenten Verbindungen in die Politik kann Pofalla gerade als Chef der Infrastruktur, also vor allem der Schienenwege, für das Unternehmen punkten.
Wenn ständig Politiker kurz nach dem Ausscheiden aus dem Amt in hochdotierte Posten entschwinden, braucht man mir nicht erzählen, dass sie zuvor wirklich unvoreingenommen waren. Solche Posten werden nicht von heute auf morgen vergeben, dass bahnt sich über einen längeren Zeitraum an.
@ Jens Happel 18. Juni 2020, 13:00
Der eigentliche Skandal ist, dass die CDU/CSU sich seit Jahren gegen jedewede transparentmachung von Lobbyismus wehrt. Korruption ist nicht mal eine Straftat für Abgeordnete.
Volle Zustimmung. Briefträger und Müllmann müssen das Weihnachts-Trinkgeld ablehnen, und Abgeordnete wie Phillip Amthor leisten sich so etwas.
So wie es aussieht zieht die Amthor-Affäre doch weitere Kreise als bisher angenommen. Der Scheuer steckt auch mit drin:
https://t.co/JLxxUoqVjt
@ Stefan Sasse 18. Juni 2020, 18:49
So wie es aussieht zieht die Amthor-Affäre doch weitere Kreise als bisher angenommen. Der Scheuer steckt auch mit drin:
https://t.co/JLxxUoqVjt
Danke für den Link
„Aber der Rest der Gesellschaft muss ja nicht bereit sein, diese Art von Privilegiertheit weiterhin hinzunehmen. Wir müssen uns glaube ich klar machen, dass der Amthor-Skandal ein sehr gutes Zeichen ist. Noch vor fünfzehn Jahren wäre er kein riesiger Spiegel-Scoop gewesen, sondern schlicht normal.“
Siehe dazu Karin Strenz aus Amthors Landesverband, die immer noch auf ihrem Sitz im Bundestag klebt, obwohl 2018 der Europarat wegen einer Korruptionsaffäre ein lebenslanges Hausverbot gegen sie verhängt hat.
https://de.wikipedia.org/wiki/Karin_Strenz
https://www.lobbycontrol.de/2018/06/aserbaidschan-affaere-lebenslanges-hausverbot-fuer-deutsche-abgeordente-beim-europarat/
Aber natürlich schlägt der Skandal so große Wellen, weil sich Amthor bewußt zur jungen Hoffnung der CDU stilisiert hatte.
Nicht ganz. Rita Süssmuth hat nur mal ihren Dienstwagen privat genutzt und musste zurücktreten.
Da trügt dich deine Erinnerung:
„Im März 1991 geriet sie im Zusammenhang mit der „Dienstwagen-Affäre“ in die Schlagzeilen. Ihr Ehemann habe, so der Vorwurf, den Fahrdienst des Deutschen Bundestages benutzt. Die Bundestagsverwaltung stellte die Rechtmäßigkeit dieses Vorgangs fest.[8]“
https://de.wikipedia.org/wiki/Rita_S%C3%BCssmuth
Keine Affäre und kein Rücktritt.
Danke für die Richtigstellung. War als „total übertrieben“ gespeichert, aber unrichtig. Sorry. Gelobe Besserung.
Die Mobilität von Abgeordneten sollte eh mal ganz neu geordnet werden. Irgendwer hatte doch mal eine Affäre, weil der Dienstwagen extra ins Ausland verschifft wurde oder so.
Ist bei Fußballern übrigens auch so, die nehmen nicht irgendeinen Bus, der irgendwo rumsteht, die Spieler fliegen und der Bus wird dann eben nach Spanien gekarrt, damit die Spieler vom Hotel ins Stadion kommen.
Gilt sowieso auch für Auslandsreisen, die Hälfte der Delegation hat nur Bock auf Golfspielen oder so. Da bräuchte es mal etwas alltagstauglichere Regeln. Oder halt Lockdown, ist ja keiner mehr unterwegs, der nicht muss. ^^
Hach ja, der Kuzmany kann das immer so wunderschön auf den Punkt bringen und ich muss sagen, bin von Rezo echt beeindruckt, gerade seit der Pandemiekrise hatte er auch richtig gute Artikel in der ZEIT und sein Medienzerstör-Video ist auch super.
Und wieder genau den wunden Punkt getroffen, ich glaub die faz hat sich irgendwie daran abgearbeitet.
Also ja, der Amthor. Ganz ehrlich, der Typ interessiert mich nicht. Überrascht mich auch nicht, das ist die reinste Klonarmee, zu Guttenberg-Andi Scheuer – Amthor. Die meinen, so sehen die erfolgreichen Menschen von Welt aus und dann wird man reich und mächtig.
Die nennt man hier übrigens Klugschnacker oder normaldeutsch Blender. Das sind oft Scheinidentitäten, weil es sehr aufwendig ist und man dann eben einen oder mehrere Ghostwriter bezahlt, die den Doktortitel besorgen oder sowas.
Ausgegraben übrigens von SpOn und der #Footballleaks-Truppe wohl. Ich glaube die Zeit des Bothsiderismus geht zu Ende, weil die Medien selbst in Schwierigkeiten sind durch Anzeigenrückgang und wie TBeermann und Sassestefan mehrmals geschrieben haben, das ein ziemliches Ausbeutungssystem ist. Das in einer globalen Existenzkrise nicht einfach so weitergeführt werden kann.
Nun also UnionWatch hatte da mal in einem Thread die Ausgrabungsarbeiten zusammengefasst und neben HGM tauchte auch der Ex-BND-Chef auf und Geldgeber ist übrigens der gutbekannte Finck. Bekannt wegen Mövenpicksteuer und so.
Letzte Meldung, die ich mitbekam war, dass – natürlich – ein Schweizer Finanzunternehmen (auch mit Finck irgendwie, der scheint bisher der „Drahtzieher“) beteiligt ist, dass damit geworben hat, Schiffe, Werften, Pornos (nein erfunden), aber nur so typische Geldwasch-Sachen als Investitionen zu beherrschen, sich nun aber – natürlich – auf Immobilienhandel spezialisiert hat und auch irgendwo hier in Deutschland in einen Bauskandal verwickelt ist.
Oh ach ja, ich glaub der Berger tauchte auch irgendwo noch auf. Die ganze Deutschland AG versammelt. Kann mir auch keiner erzählen, dass man mit einem Grubengrabgerät nicht noch den Koch und den Merz da irgendwo entdeckt. Oh und Tönnies, aber der ist jetzt ja hoffentlich mal endgültig erledigt, wer die Bundeswehr auf den Plan ruft, sollte aber nun wirklich mal seine Koffer packen und auf die Caymans ziehen bitte.
Es scheint auch unklar, ob dieses StartUp überhaupt jemals etwas gemacht hat, das einzige was „entdeckt“ wurde war ein französischer Bot für Autoteile. Was ja schon wieder lustig ist.
Und deswegen ja, Amthor sollte zurücktreten und je nachdem was man findet, angeklagt werden. Aber er ist doch nicht das Problem. Nicht mal die Kohle, das ist pure Heuchelei.
Es geht da um politischen Einfluss und das ist für mich der Skandal, wie kommt denn bitte die Union darauf, dass es eine gute Idee ist, mit Maaßen, dem Ex-BND-Chef und dem Finck ein Netzwerk und StartUp für Gesichtserkennung zu machen (übrigens: Konjunkturpaket hat einen Punkt zu KI-Forschung).
Und das muss recherchiert und aufgedeckt und ans Licht gezerrt werden. Und die Rechtskonservativliberalen müssen endlich mal ihren eigenen Sauhaufen aufgeräumt bekommen anstatt über böse Linke oder Bilderstürmer zu heulen. (Die CSU hat brutalst eine taz-Journalistin auf Twitter diffamiert, das ist unmöglich, so darf eine Regierungspartei nicht reagieren!)
Das war ja auch meine Kritik an Merkel. Und genau deswegen nenne ich es Boomer. Ist echt schön, sie geht nächstes Jahr in Rente und die ganze Bagage reibt sich die Hände, endlich Rache zu nehmen und den Backlash durchzuführen. Ja vielen Dank auch.
Andere Baustelle, aber ein Fall von persönlicher Genugtuung und es zeigt sehr schön wie diese Neoliberalismus-Kiste läuft:
https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Eckernfoerde-Sig-Sauer-stellt-Betrieb-vorlaeufig-ein,sigsauer234.html
Erst über Regulierung weinen, dann Waffen schmuggeln – was aus gutem Grund verboten ist – dann wieder weinen und sagen, man geht halt ins Ausland, weil der böse Staat so böse ist – und dann werden alle Konten eingefroren (versteh gar nicht, warum die das nicht gleich gemacht haben), damit die Gewinne aus den Bürgerkriegen nicht im Ausland verschwinden. Zu Waffenschmuggel nach Mexiko laufen übrigens noch Ermittlungen.
Es ist nicht „der Staat“, der die Arbeitsplätze vernichtet, es ist die Kriminalität in großem Stil. Weil Regeln für andere gelten, aber sich alle zu clever halten und meinen, sie kommen mit allem durch. Ich fordere Recht und Ordnung bitte! Und einmal jährlich 4 Wochen Lockdown ob Pandemie oder nicht, um mal die großen Fische aufzuspüren.
UnionWatch hat mir nochmal die Threads verlinkt, die sie zu Amthor hatten: bzw sie sagten es sind zwei und verlinkten denselben:
https://twitter.com/watch_union/status/1271403615404638208
Das muss nicht heißen, dass das alles illegal war, aber es sieht nicht so aus, als wäre da irgendwie mehr los als Geld und politischer Einfluss.
Meine die zweite Sache mit der „Beratung“ für diese US-Kanzlei, die heute herauskam, ist noch nicht dabei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch.
Verstehe nicht, dass Amthor und Scheuer immer noch im Amt sind. Das ist ja wie Zombie-Apokalypse gerade. Tönnies und Laschet sind die nächsten. AfD rückt einem Verbot näher und selbst dem Hildmann rückt der Staatsschutz auf die Pelle (und er wurde gehackt). Da ich jetzt wohl offiziell im Ort mit den meisten Fällen/100k Einwohnern in Niedersachsen sitze (weil sie hier wohl schneller zählen als in Göttingen oder so) erfüllt mich das durchaus mit gewisser Genugtuung.
Philipp Amthor hat seine Kandidatur für den Landesvorsitz in MV zurückgezogen. Damit kommen wir zumindest langsam in den Bereich ernsthafter Konsequenzen.
Jemand kandidiert für einen Posten nicht, den er noch nie inne hatte und der nach demokratischen Regeln besetzt wird. Das nennt sich ernsthafte Konsequenz? Sachen gibt’s.
Nachdem es keinen Gegenkandidat gab und er die Wahl vor dieser kleinen Episode mit hoher Wahrscheinlichkeit für sich entschieden hätte…ja.
Er verzichtet immerhin mal (vorläufig) auf den nächsten Aufstieg in der Parteihierarchie, der ein nächste logischer Karriereschritt gewesen wäre.
Eine Wahl ist eine Wahl.
Eine Wahl (..) ist ein Verfahren in Staaten, Gebietskörperschaften und Organisationen zur Bestellung einer repräsentativen Person oder mehrerer Personen als entscheidungs- oder herrschaftsausübendes Organ.
Wikipedia.de
Eine Wahl unterscheidet sich zu einer Akklamation, weil Bürger nach ihrem Gewissen entscheiden, wem sie Aufgaben übertragen.
Schreibst du auch noch irgendwas, das entfernt in einem Zusammenhang zu meiner Aussage steht oder brauche ich darauf gar nicht mehr zu warten?
1. Nicht „die Bürger“ hätten den nächsten Landesvorsitzenden der CDU in MV gewählt, sondern nur die Parteitagsdelegierten der Ortsverbände.
2. Nach dem letzten Stand hätte er diese Wahl gewonnen, weil es a) keinen Gegenkandidaten gab und sich b) so weit man es von außen sehen konnte, der Landesverband trotz dieser fragwürdigen Handlungen hinter ihn gestellt hätte.
Insofern ist der Verzicht auf die Kandidatur eine echte Konsequenz. Mit 27 Vorsitzender eines Landesverbandes zu werden, wäre ein großer Karrieresprung gewesen. Das hätte, selbst wenn es eine Mehrheit bei der Landtagswahl in MV nicht reichen würde, sollte es nächstes Jahr zu einer Regierung mit Unionsbeteiligung kommen, mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf einen Ministerposten auf Bundesebene gerechtfertigt.
Insofern ist das zumindest ein deutlicher Karriereknick und der Nimbus des jungen Überfliegers hat sich erledigt. Ich würde einen Rücktritt von seinem Mandat noch angemessener finden, aber es ist besser, als nichts.
@ TBeermann 19. Juni 2020, 22:26
Nachdem es keinen Gegenkandidat gab und er die Wahl vor dieser kleinen Episode mit hoher Wahrscheinlichkeit für sich entschieden hätte…ja.
Er verzichtet immerhin mal (vorläufig) auf den nächsten Aufstieg in der Parteihierarchie, der ein nächste logischer Karriereschritt gewesen wäre.
Bin da bei Dir
@ Ralf
Mein Wahlkreis hat mehrmals gewechselt. Das Direktmandat hat durchaus eine Funktion. Wenn es um Belange des Wahlkreises geht, spielt die Partei oft nicht die große Rolle. Reines Mehrheitswahlrecht lehne ich ab, aber bei den Debatten im britischen Unterhaus beeindruckt mich immer, wie sehr sich die MPs ihren constituents verpflichtet fühlen. Die Kombination im deutschen Wahlrecht finde ich ideal.
Bei welcher Bundestagswahl ging es das letzte Mal um Belange des Wahlkreises?
Es gibt auch ein Leben zwischen den Wahlen. Ariane hat einen Punkt genannt. Wenn Ämter Versagen, wenden sich Bürger an ihren Abgeordneten, er repräsentiert den Staat vor Ort.
Wieviele Bürger haben in ihrem Leben schon einmal an ihren Abgeordneten geschrieben? Aus meiner Sicht ist das alles ziemlich lebensfremd. Ich kenne genau null Menschen, die lokale Belange in ihre Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl einfließen lassen.
Ich bin ein solcher Mensch. Ich habe mir in der Finanzkrise auch die Position des MdB erklären lassen, und bei der Sprechstunde war ich nicht der Einzige.
Es ging z. B. zum Nahverkehrsprobleme, den Übergang von einem Verkehrsverbund zum anderen. (Die fanden es ganz normal, dass man aussteigt, ein Ticket kauft und mit dem nächsten Zug weiterfährt (sonntags stündlich). Leserbriefe an die Lokalzeitung hatten nichts gebracht.
Ohne diese Rückbindung zum Wähler machen „die da oben“ noch mehr, was sie wollen. Stark ist diese Art der Partizipation (noch) nicht, das gebe ich zu. Aber liegt das nicht auch daran, dass zu viele Deine Einstellung dazu teilen?
Dass so wenige Bürger die Stimme splitten, liegt auch daran, dass viele (die meisten?) das Wahlsystem nicht verstehen. Die sollten aber meiner Meinung nach aber auch nicht wählen dürfen.
Es war jetzt auch wichtig in der Pandemie, in Berlin fand ja nicht mehr sehr viel statt, ich meine, gerade die mit Direktmandaten sind dann eher in ihren Wahlkreis zurück und haben da geholfen, gerade weil das so eine kommunale Angelegenheit war. Ich finde die Lösung an sich auch gut, meinetwegen machen wir den Reichstag auch größer und stellen mehr Stühle rein, genug zu tun gibt es ja.
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-06/philipp-amthor-zieht-kandidatur-fuer-cdu-landesvorsitz-zurueck
Case closed. Amthor tritt nicht mehr für den Vorsitz an.
Ermittlung läuft vermutlich weiter und ich hoffe, der Fall ist nicht ganz erledigt, sondern die machen mit Maaßen und den anderen weiter.