Glenn Greenwald verschwendet Gekd in Kasernen und zerstört das britische Bildungssystem – Vermischtes 16.10.2013

Aus Mangel an Zeit, einen vollständigen Blogeintrag zu jedem Thema zu schreiben, das mir gerade unter den Nägeln brennt, mache ich heute einen Gemischtwarenladen auf.

Die Zukunft des Journalismus?

Glenn Greenwald verlässt den „Guardian“. Der Journalist, der durch die Veröffentlichungen der NSA-Dokumente des ehemaligen NSA-Vertragspartners Edward Snowden selbst zum Medienthema wurde, gab die Nachricht nicht selbst bekannt. Weil sie „geleaked“, also durchgesickert, sei, könne er sie nur bestätigen, ohne selbst mehr dazu zu sagen, teilte Greenwald auf seiner Internetseite mit. Es gehe jedoch um ein für einen Journalisten wie ihn traumhafte Angebot, für das er den „Guardian“ nun verlasse. Das Rätsel, wer ihm das Angebot unterbreitete, wurde noch am Mittwoch gelöst. Pierre Omidyar, der Gründer von Ebay, der dem Aufsichtsrat des Unternehmens bis heute vorsteht, soll daran gelegen sein, den Journalismus neu zu erfinden. Für den in Honolulu lebenden gebürtigen Franzosen mit iranischen Eltern, der 1998 mit dem Börsengang von Ebay Milliarden verdiente und seitdem als Philanthrop gilt, wäre es nicht die erste journalistische Unternehmung. Vor drei Jahren schuf er das investigative Medienangebot „Honolulu Civil Beat“, das er im September dieses Jahres zur Partnerschaft mit der „Huffington Post Hawaii“ führte.

In dem neuen, noch reichlich unbestimmten Angebot des Ebaygründers Omidyar an Glenn Greenwald, ein neues, unabhängiges Medium mit investigativem Schwerpunkt zu schaffen, sieht die FAZ bereits die Zukunft des Journalismus herandämmern. Ich bin da noch nicht so sicher – eine Unternehmung, die sich nicht so sehr um Verkaufszahlen scheren muss ist natürlich besser für schwere, investigative Stoffe als der Boulevardmüll des Millionenpublikums. Aber die Abhängigkeit von einem privaten Finanzier bringt ihre eigenen Gefahren mit sich, spätestens wohl wenn Greenwald gegen Ebay recherchieren wöllte oder in den Geschäftsinteressen von Omidyars Freunden herumstochert. Vielleicht lässt Omidyar ihn gewähren, vielleicht nicht – so oder so sollte man sich nicht der Fiktion hingeben, hier werde unabhängiger Journalismus betrieben. Er ist vielleicht gut, er ist vielleicht sogar brillant, aber unabhängig wird er nicht sein.

Bundeswehr verschwendet mehr Geld wenn sie spart als wenn sie es nicht tut

Der Bund der Steuerzahler kritisiert in seinem „Schwarzbuch“, das am Donnerstag vorgestellt wird, die Standortpolitik von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU). Konkret geht es um Kasernen, die erst kürzlich aufwändig modernisiert wurden, nun aber geschlossen werden sollen. Das hatte de Maizière in der vergangenen Wahlperiode verfügt. So soll die Kaserne im hessischen Rotenburg an der Fulda im Jahr 2016 dicht gemacht werden, obwohl dort in den vergangenen Jahren um die 40 Millionen Euro investiert wurden. Allein von 2008 bis 2012 flossen nach dem stern vorliegenden Zahlen aus dem Verteidigungsministerium noch 24,4 Millionen Euro in den Ausbau, der zurzeit abgeschlossen wird. Parallel zum Aus für Rotenburg hatte de Maizière entschieden, eine Kaserne im knapp 90 Autokilometer weiter westlich gelegenen Frankenberg (Eder) zu erhalten. Diese muss jedoch noch für 18,9 Millionen Euro ausgebaut werden. Das Verteidigungsministerium begründete den Erhalt der dortigen Kaserne mit ihrer – für die dort stationierte elektronische Kampfführung – vergleichsweise „räumlich günstigeren Lage“.

Noch-Verteidigungsminister de Mazière hat eine in den letzten Jahren für über 40 Millionen renovierte Kaserne geschlossen und zwei weitere im direkten Umkreis erhalten, die man noch für zweistellige Millionenbeträge sanieren muss. Beide liegen direkt im Wahlkreis eines Parteifreunds. Episoden wie diese sollte jeder im Gedächtnis behalten, der sich allzu vorschnell über die Vorteile eines Mehrheitswahlrechts freut. Die Amerikaner kennen dieses Problem in wesentlich anderen Größenordnungen seit Jahrzehnten.

Das falsche Bild von der Union als der Partei des Sparens und des vernünftigen Haushaltens, aka schwäbische Hausfrau

So trübselig fallen die Kommentare aus der Union nicht aus – die Partei, die die Kanzlerin stellt, muss ja auch keine frustrierte Basis regierungswillig stimmen. Doch auch für CDU und CSU ist der Gang in eine große Koalition nicht einfach. Am deutlichsten zeigte sich die Distanz wieder einmal bei der Frage nach der Finanzierung künftiger Projekte. Wo die SPD nach konkreter (Steuer)-Gegenfinanzierung rief, setzte die Union auf gute Konjunkturentwicklung, die das Steuergeld von selber fließen lassen werde. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wurde Montagnacht grundsätzlich. „Sondierungsgespräche sind nicht der Ort, um konkrete Ergebnisse zu finden“ , erklärte er. CSU-Kollege Alexander Dobrindt schloss konkrete Zugeständnisse an die Sozialdemokraten ebenfalls kategorisch aus. „Alles hängt mit allem zusammen“, sagte er: „Darum wird es keine vorherigen Vereinbarungen in Einzelfragen geben.“ In der Union herrscht zwar durchaus Verständnis dafür, dass ihre Verhandlungspartner idealerweise mit konkreten Erfolgen am Wochenende vor ihre Parteiversammlungen treten wollen. Aber gerade bei Themen wie dem Mindestlohn und anderen, die am ehesten trophäentauglich wären, fällt auch CDU und CSU ein Entgegenkommen am schwersten. „Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn ohne jede Ausnahme – das wäre für uns ein sehr weiter Weg“, sagt einer aus der CDU-Spitze. Den geht man frühestens in Koalitionsverhandlungen – und dann mit Gegenleistung. Denkbar sei also allenfalls, so heißt es aus der CDU-Spitze, dass die Union an wichtigen Punkten Gesprächsbereitschaft bekunde.

Ich habe schon öfter gesagt, dass die CDU das Image von den Sparern und Wächtern des Haushalts völlig zu Unrecht hat und dass die größten Schuldenberge der BRD von ihr zumindest mitzuverantworten sind (Rentenreform 1972, Wiedervereinigung, Finanzkrise, Eltern- und Betreuungsgeld, nur um einige zu nennen) und dass häufiger die SPD, der gerne ein Ausgabenrausch vorgeworfen wird, am seriösen Haushalten ist. Wer noch einen Beleg dafür braucht, findet ihn in den aktuellen Sondierungsgesprächen. Der Zeit ist es nicht weiter aufgefallen, aber in einem Nebensatz steht es verräterisch: „Wo die SPD nach konkreter (Steuer)-Gegenfinanzierung rief, setzte die Union auf gute Konjunkturentwicklung, die das Steuergeld von selber fließen lassen werde.“ JEDER weiß dass die Konjunktur nicht ewig gut bleiben wird. Zukünftige Projekte, ganz besonders Infrastrukturprojekte wie die SPD sie fordert, mit der „zukünftigen guten Konjunkturentwicklung“ bezahlen zu wollen ist kompletter Schwachsinn. Es ist ein versteckter Aufruf zum Finanzieren mit Schulden. Es wird Zeit, dass jemand die CDU auf ihren eigenen Bullshit festnagelt.

Reaktionäre im britischen Bildungswesen

Dominic Cummings, die vergangenen zwei Jahre einflussreicher Berater der britischen Regierung und enger Vertrauter des konservativen Bildungsministers Michael Gove, mag offensichtlich nicht mehr. Wie der britische „Guardian“ berichtet, scheidet Cummings zum Jahresende aus seinem Job, und zum Abschied watscht er noch einmal alle kräftig ab: In einem langen Aufsatz, den der „Guardian“ dokumentiert, rechnet er mit allen und jedem im britischen Bildungswesen ab – mit Lehrern, Schülern, Studenten und mit dem gesamten Politikbetrieb obendrein. Alle werden abgekanzelt, keiner wird geschont. Cummings hat sein Papier salopp mit „Einige Gedanken zur Bildung und politische Prioritäten“ überschrieben, doch der Titel prangt über einer 247-seitigen Generalabrechnung. Zum britischen Schulsystem schreibt er, Bildungsverantwortliche müssten endlich einsehen, wie viel Einfluss die Genetik auf Kinder habe. Alle, die von sozialem Aufstieg redeten, brächten „im besten Fall irreführende, meist wertlose Argumente“ vor.

Dominic Cummings, enger Berater des konservativen Bildungsministers Gove, hat hingeschmissen und einen 247-Seiten-Rant veröffentlicht, in dem er das gesamte Bildungssystem Großbritanniens und alle seine Teilnehmer mit Schmutz bewirft. Er hätte sich die Mühe sparen und einfach Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ übersetzen lassen können; inhaltlich gibt sich das wenig. So wird die wissenschaftlich ohnehin unhaltbare Aussage (natürlich als „wissenschaftlich erwiesen“ ausgegeben), dass 70% der Intelligenz vererbt werden, als Grund dafür genommen, nicht in Bildung der Kinder zu investieren, ein völlig privates, ungesteurtes, aber staatlich natürlich subventioniertes Bildungssystem gefordert und so sinnbefreite Forderungen wie eine Mindestarbeitszeit für Studenten aufgestellt. Cummings versteht dabei wohl nicht einmal, von was er eigentlich redet – selbst wenn seine 70%-Behauptung wahr sein sollte, ist sein Politikansatz katastrophal. 30% von den Bildungsinstitutionen beeinflussbare „Bildungsmasse“ würden nämlich immer noch einen IQ-Spread von 70 bis 130 bedeuten – was ziemlich genau die Grenzen totaler Schwachsinnigkeit und geniehafter Brillanz absteckt. Ich würde sagen, das ist kein verschwendetes Geld. Cummings Schlussfolgerung, man solle die Masse einfach verblöden lassen und nur die reichen Eliten fördern, ist vor diesem Hintergrund geradezu hanebüchen dämlich und ungeheur schädlich für die Gesellschaft und die Volkswirtschaft als Ganzes. Aber erklär das mal einem Konservativen.

Democrats müssen nicht Gewinner des Shutdown bei den Midterms 2014 sein

Obwohl die Umfragen derzeit deutliche Einbrüche für die Republicans aufzeigen, müssen ihre Konkurrenten von den Democrats bei den anstehenden Midterm-Elections 2014 nicht zwingend davon profitieren und das House of Representatives zurückerobern. Das Problem ist das Mehrheitswahlrecht. In einem Verhältniswahlrechtsystem hätten die Republicans das Problem der FDP: sinkende Wählerzahlen wegen akuter Enttäuschung. Im Mehrheitswahlsystem macht sich der Stimmenrückgang für die Tea-Party-Radikalen nicht so stark bemerkbar. Diese gewinnen ihre Sitze in der Regel mit Vorsprüngen um 20-30%. Ein Stimmenrückgang um 10% – was bereits wesentlich massiver wäre als das, was die Umfragen hergeben -würde ihnen immer noch 10-20%-Vorsprünge geben – das ist so viel, wie die CDU im von ihr dominierten Ländle schafft. Selbst ein Rückgang um 20% gäbe den Tea-Party-Radikalen noch eine gute Chance auf die Wiederwahl!

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  • Gerald Fix 18. Oktober 2013, 14:55

    Zukunft des Journalismus
    Hat nicht Springer sowas lange Zeit gemacht? Die WELT war defizitär, aber das politische Flaggschiff.
    Sparen
    Die Wiedervereinigung hier aufzuführen ist schlicht unfair. Und sie wurde auch nicht von der CDU verursacht, das hätte die gerne.
    Bildungswesen
    Vererbung von 70% heißt nicht, dass 70% vererbt werden und man die restlichen 30% anderweitig erwirbt. Es bedeutet: Wenn man eine Gruppe mit einem IQ-Schnitt von 100 hat und separiert daraus alle schlauen Leute (Spiegel-Redakteure, FDP-Wähler und so …) und die haben dann einen Schnitt von 120, dann werden die Nachkommen dieser separierten Gruppe im Schnitt einen IQ von 114 aufweisen. Ob der wirkliche Wert jetzt bei 60, 70 oder 80% liegt, weiß ich nicht (Dieter E.Zimmer geht von über 80 aus*). Aber es handelt sich um einen Wert, wie er für alle möglichen Züchtereien und Eigenschaften berechnet werden kann und nicht um eine Aussage Vererbung vs. Umwelt.

    * Dieter E. Zimmer, Ist Intelligenz erblich? Eine Klarstellung. Rowohlt 2012

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