Nach schwachen Reden der Wahlkampf-Aushängeschilder Trittin und Göring-Eckardt wurde es am Freitag doch noch mal spannend auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen: Sie stimmte für einen Ausstieg aus der Stromerzeugung mit Kohle.
Nicht, dass man bei der Ökopartei vorher großer Fan des billigen Rohstoffs gewesen wäre. „Das weltweite Klimaproblem kriegen wir nur dann gelöst, wenn die Kohle da bleibt, wo sie ist: unter der Erde“, war schon im diesjährigen Programmentwurf nachzulesen. Doch jetzt steht die konkrete Forderung schwarz auf weiß im Wahlprogramm. Schon bis 2030 will man den Ausstieg schaffen. Das ist aus mehreren Gründen eine gute Idee.
Die Entscheidung hört sich politisch erstmal gewagt an, denn man will ja ausgerechnet mit der Kohle-Partei Nummer eins, der SPD, eine Koalition eingehen. Andererseits: Was sind Wahlprogramme wert? Sie dienen als Verhandlungsmasse in Koalitionsgesprächen, da sind Maximalforderungen politisches Kapital.
Der Beschluss dürfte also kein echtes Hindernis darstellen, sollte es im Herbst doch noch für Rot-Grün reichen. Das Thema bietet schließlich auch viel Raum für Kompromisse, was den genauen Zeitplan angeht. Und bis zur Wahl werden die Grünen von der Entscheidung wohl eher profitieren, denn populär ist sie allemal: Rund 80 Prozent der Deutschen befürworten langfristig den Ausstieg.
Doch hoffen wir mal, dass der Beschluss die Energiepolitik auch inhaltlich beeinflussen kann. Denn es spricht einiges dafür, dieser Art der Stromerzeugung eher früher als später den Rücken zu kehren: Nicht nur ist Kohle besonders dreckig, und damit Jahr für Jahr für Tausende Tote verantwortlich. Sie trägt auch maßgeblich zur immer noch katastrophalen CO2-Bilanz Deutschlands bei.
Ebenfalls unpraktisch ist die Inkompatibilität von Kohlekraftwerken mit der fortschreitenden Energiewende. Denn im Zusammenspiel mit den volatilen erneuerbaren Energieerzeugern sind flexibel zuschaltbare Gaskraftwerke sehr viel besser geeignet. Deutschlands Kohleverstomung hat hingegen zuletzt immer öfter Energiemengen produziert, die schlicht nicht gebraucht und ins Ausland exportiert wurden. Für einen Einstieg in den Ausstieg wird es also höchste Zeit.
Die Entscheidung zeugt von einer neuen Entschlossenheit der Grünen. Nachdem 1998 die Forderung nach einem Benzinpreis von fünf Mark fast den Einzug in den Bundestag gekostet hatte, war man umweltpolitisch etwas ängstlich und zurückhaltend geworden. Es ist gut, eine grüne Partei zu sehen, die wieder ehrgeizige Klimaziele vertritt. Denn die sind schlicht und einfach eine Notwendigkeit.
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