Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) Warum die Rede vom „wahren Kern“ keinen wahren Kern hat
Der Text kritisiert, dass Gerichte Trumps Einsatz der Nationalgarde mit der Logik eines „wahren Kerns“ stützten: Auch wenn übertrieben werde, fänden sich „andere Fakten“. Dies werde als gefährlich beschrieben, weil Propaganda so legitimiert werde und Recht vor Macht kapitulieren könne („No Kings?“). Grundsätzlich werde die Redewendung vom „wahren Kern“ verworfen: Einzelereignisse belegten keine Groß-Erzählung. Statt „wahrer Kern“ sei entscheidend, welches Narrativ die Wirklichkeit besser abbilde; Punkte ließen sich so verbinden, dass ein Zerrbild entstehe. Als Beispiel diene „Cancel Culture“: Sie werde als propagandistisches Machtmittel der extremen Rechten gedeutet; die Rede von Bedrohung der Meinungsfreiheit sei irreführend. Auch die These, die CDU bereite eine Zusammenarbeit mit der AfD vor, werde als falsche Erzählung bewertet – trotz realer Grenzverschiebungen und Tabubrüchen, die ihre Plausibilität erhöhen. Fazit: Die Suche nach „wahren Kernen“ solle enden; gefragt sei die Konstruktion tragfähigerer Erklärungen, um gefährlichen Unsinn zurückzuweisen. (Jonas Schaible, beimwort)
Ich sage schon länger, dass ein großes Problem der demokratischen Parteien ist, dass sie verlernt haben, Geschichten zu erzählen. Es fehlen Gegennarrative, die positive Geschichten erzählen würden. Seit zwei Jahrzehnten ist die Botschaft der SPD nun „wie die anderen, nur ein bisschen weniger scheiße“, während die CDU das Bild eines Deutschlands im Niedergang zeichnet. Die Grünen erklären beständig, dass sie gar nicht so sind, wie ihre Gegner behaupten, und die FDP inszeniert sich vor allem als Blockade für die bescheidenen Pläne der anderen. Ansonsten bin ich völlig bei Jonas: die Idee eines „wahren Kerns“, dem man dann einen eigenen Spin gebe, hilft wenig. Wenn an den Narrativen der anderen ein wahrer Kern ist, warum sollte ich dann nicht diejenigen wählen, die den Kern im Kern ihres Programms haben statt diejenigen, die einen Teil davon als Unterpunkt 8 in Unterkapitel 3 führen?
2) Vom Verweigerer zum Straftäter?
Die Kolumne kritisiert, dass Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas einen neuen Straftatbestand „Sozialleistungsmissbrauch“ fordere und damit im Fahrwasser der „Stadtbild“-Debatte die Stigmatisierung von Leistungsbeziehenden verschärfe. Es werde berichtet, Fälle organisierten Betrugs seien als Beleg genannt worden; zugleich verweise die „taz“ auf 421 registrierte Fälle 2024 mit nur drei Verurteilungen – ein „Randphänomen“. Aus Netzreaktionen werde zitiert, der „Tritt nach unten“ funktioniere, während gigantische Steuerschäden unbeachtet blieben. Zudem werde die SPD für einen Rechtsruck kritisiert: Die Umstellung vom Bürgergeld zur „neuen Grundsicherung“ mit härteren Sanktionen sei laut Ökonomen „kontraproduktiv“; ein Mitgliederbegehren fordere, „keine Politik, die Armut bestraft“. Medienüberschriften („Sozialbetrug“) würden einen brutalen Generalverdacht verstärken und die frühere Figur des „Totalverweigerers“ in Richtung „Kriminelle“ verschieben. Bas’ Hinweis auf „Deeskalation“ wirke widersprüchlich; gefordert werde, Missstände präzise zu benennen, ohne ganze Gruppen zu diskreditieren. Fazit: Skandalisierung ersetze Differenzierung – mit fatalen Folgen für Debatte und Betroffene. (Antonia Groß, MDR „Das Altpapier“)
Das ist auch so etwas, das mir unklar ist: warum glaubt die SPD, dass dieses Nach-unten-treten für sie vorteilhaft sein könnte? Natürlich sind Sozialleistungsbeziehende nicht ihr Klientel, aber trotzdem, das ist doch nicht ihr Markenkern. Man kann ja für Reformen der Grundsicherung (oder wie auch immer sie gerade heißt) eintreten, aber das geht auch, ohne dass man diese Hetze nebenher ausführt. Die ganze Chose dient aber wieder einmal gut als Beleg für den aktuellen Rechtsruck in der Politik, der eben doch auf allen Feldern vor sich geht, auch wenn das diejenigen, die immer einen gefordert haben, natürlich nicht sehen können.
3) Michael Mann to Bill Gates: You can’t reboot the planet if you crash it
In dem Essay wird Bill Gates vorgeworfen, den Klimawandel mit technokratischen „Reparaturideen“ statt mit konsequenter Emissionsreduktion bekämpfen zu wollen. Der Autor beschreibt, Gates habe mit einem Memo zur Klimakonferenz COP30 die Dramatik der Krise verharmlost, während zugleich ein Bericht über den Zustand des Planeten veröffentlicht worden sei. Gates’ Konzept, technologische Innovationen wie Atomkraft, CO₂-Abscheidung oder Geoengineering über die Energiewende zu stellen, werde als gefährlich bewertet. Der Autor kritisiert, solche „Technofixes“ verdrängten realistische Lösungen und lieferten Vorwände, um fossile Energien weiter zu nutzen. Gates’ Denken erinnere an Microsofts Praxis, fehlerhafte Software mit „Patches“ zu flicken – nur sei der Planet nicht neu zu starten, wenn er „abstürzt“. Seine Rhetorik über angeblich teure Erneuerbare, Anpassungsfähigkeit und die angebliche Belastung der Armen entspreche längst den Argumentationsmustern fossiler Lobbyisten. Die Lösung, so wird betont, liege nicht bei „plutokratischen Wundermännern“, sondern bei kollektiver, politisch entschlossener Dekarbonisierung. (Michael E. Mann, Bulletin of the Atomic Scientists)
Mann beschreibt hier sehr gut einige der Probleme, die ich selbst mit Milliardären und ihren massiven Einmischungen in Politik habe. Nicht nur verzerren die absurden Vermögen dieser Leute die demokratischen Kräfte, ihnen fehlt auch die Kompetenz, um das sinnvoll einzusetzen. Die Arroganz dieser Leute ist in der Tat atemberaubend, und man könnte darüber lachen, wenn es nicht so ernst wäre. Hier werden Ressourcen in völlig unproduktive und ineffiziente Richtungen geschoben. Da lobe ich mir doch Deutschlands Superreiche; die konzentrieren sich darauf, ihr Vermögen zu mehren und setzen ihre Lobbymacht nur dazu ein, es möglichst groß zu halten. Die glauben immerhin nicht, dass sie besser wüssten als die Wissenschaft, wie der Klimawandel funktioniert.
4) Die Wirtschaft muss sich selbst retten
Der Leitartikel beschreibt die Chipkrise bei Volkswagen als Symbol einer größeren Fehlentwicklung in der deutschen Industrie. Es werde kritisiert, Unternehmen wie VW hätten trotz früherer Warnungen aus Pandemie und geopolitischen Spannungen weiterhin riskante Abhängigkeiten in ihren Lieferketten zugelassen. Der Fall, dass VW bestimmte Halbleiter nur von einem chinesischen Zulieferer beziehe, gelte als „Offenbarungseid“. Der Autor führt aus, die Manager hätten in einer globalisierten Komfortzone verharrt, während sich die Weltwirtschaft zu einem „geoökonomischen Kampfplatz“ zwischen den USA und China gewandelt habe. Firmen müssten die neue Realität akzeptieren, sich diversifizieren und eigene Sicherheitsstrategien entwickeln. Auch beim Rohstoffzugang, etwa zu seltenen Erden, bleibe die Industrie passiv, obwohl staatliche Förderprogramme existierten. Zwar brauche es politische Reformen und bessere Infrastruktur, doch Forschung, Entwicklung und Innovation seien originäre Aufgaben der Wirtschaft. Der Text schließt mit dem Appell, die Unternehmen müssten wieder Pioniergeist beweisen, anstatt auf staatliche Hilfen zu warten. (Gerald Traufetter, Der Spiegel)
Auch so eine Argumentationsposition, die viel zu wenig in der öffentlichen Debatte vorkommt, ist die Kritik an den deutschen Wirtschaftslenkenden für ihre Rolle an der aktuellen Misere. Die „Nieten in Nadelstreifen“, um einen 90er-Diskurs wiederzubeleben (Merz fühlt sich gleich wie zu Hause), haben schließlich einen guten Teil des Misthaufens mitproduziert, den sie aktuell nur der Politik anlasten wollen. Nicht, dass Deutschland eine grandiose Wirtschaftspolitik betrieben hätte, das kann man nun wahrlich nicht behaupten. Aber es ist eben auch nicht so, als stünde eine Art Bataillon verhinderter John Galts bereit, deren Brillanz nur von bösen Bürokraten blockiert würde.
5) So sabotiert die SPD notwendige Sozialreformen
Der Kommentar kritisiert, dass die SPD unter Bundeskanzler Friedrich Merz zentrale Sozialreformen blockiere und damit notwendige Strukturveränderungen verhindere. Es werde betont, die Partei wiederhole damit frühere Fehler, statt – wie einst Gerhard Schröder mit der Agenda 2010 – unpopuläre, aber wirtschaftlich notwendige Maßnahmen durchzusetzen. Das von der SPD initiierte Mitgliederbegehren gegen strengere Sanktionen beim Bürgergeld und für mehr Unterstützung für Betroffene werde als populistisch beschrieben. Die vorgesehenen Kürzungen bei mehrfach versäumten Terminen gälten ohnehin als moderat, während die SPD aus Angst vor Stimmenverlusten an ihrer sozialen Rhetorik festhalte. Laut Autorin sei Merz erpressbar, weil er wegen der strikten Abgrenzung von der AfD keine Koalitionsalternativen habe und somit den linken Flügel der SPD gewähren lasse. Angesichts geopolitischer und wirtschaftlicher Herausforderungen bleibe keine Zeit für symbolische Debatten oder parteitaktische Blockaden. Der Stillstand schade der Regierung und am Ende auch der SPD selbst. (Fatina Keilani, Welt)
Was mich an dem Artikel so amüsiert ist, dass ich einfach nur ein paar Worte austauschen muss, um die Kritik um 180 Grad zu drehen. Ist auch nicht so, als hätte ich dieselbe Kritik nicht oft genug formuliert: die FDP blockiert notwendige Finanzreformen, die Reformen der SPD und Grünen sind ohnehin moderat und kaum mehr als Reförmchen angesichts der Herausforderungen, sie erpresst Kanzler Scholz, der aus strikter Abgrenzung zur LINKEn keine Koalitionsalternativen hat und führt symbolische Debatten oder parteitaktische Blockaden. Letztlich gilt aber dasselbe, was wir hier zur FDP und der Haushaltsgeschichte oft genug diskutiert haben: die SPD wurde nicht dafür gewählt, den Sozialstaat zu demontieren und ein ultraliberales Wirtschaftsprogramm durchzusetzen, genauso wenig, wie die FDP dafür gewählt wurde, ein linksgrünes Investitionsprogramm zu unterstützen. Das mag man bedauern, aber man kann den jeweiligen Parteien kaum vorwerfen zu tun, was sie vorher gesagt haben dass sie tun würden und wofür sie auch gewählt wurden.
Resterampe
a) Stichwort „aus Corona lernen“. (Handelsblatt)
b) Young Republicans: Does the GOP have a Nazi problem? (The Week) Does the bear shit in the woods?
c) Zu oft hat meine Partei nicht gehalten, was sie versprach (Welt). Der nächste Bürgerliche, der der Überzeugung ist, dass Kompromisslosigkeit und mehr statt weniger Ideologie die Lösung ist. Wann haben die das von den Linken übernommen? Echt weird.
d) Neither Board Nor Counters (Space Biff). Eine sehr nachdenkliche Rezension über ein biblisches Brettspiel, mit philosophischen Überlegungen zur Kirche.
e) Chartbook 414: Slouching towards (Red-Green) utopia. Voicing the muted politics of China’s renewable energy revolution. (Chartbook)
Fertiggestellt am 04.11.2025



zu 2) Das wirklich tragische an dieser wirklich vollkommen überflüssigen Aktion ist
1. dass Bärbel Bas als «linke» SPD-Politikerin gilt und
2. dass das Thema «Wir müssen nur bei den Armen sparen und schon wird die deutsche Wirtschaft wieder florieren» seitens der Medien eigentlich schon durch und
3. damit so überflüssig wie [Beleidigung entfernt] war.
Das Personal der SPD legt wirklich eine verblüffende Fähigkeit an den Tag, sich permanent und ohne jeden Grund und Anlass selbst ins Knie zu schiessen. Man erinnere sich nur an den unsäglichen Versuch der letzten Innenministerin, mit Hilfe von AfD-Politik beim verlogenen Thema «Migrationskrise» Handlungsfähigkeit zu simulieren. Ich prophezeie der SPD bei der nächsten Bundestagswahl 10 % und wenn es überhaupt zweistellig wird, kann sich die SPD wirklich freuen.
PS: Welches sozialdemokratisches Thema hat die SPD in der aktuellen Koalition eigentlich durchgesetzt?
Die SPD will das Image der „Partei der Sozialleistungsemfänger“ loswerden und übertreibt da möglicherweise.
Dass beim Bürgergeld Milliarden einzusparen wären, diese Illusion (Lüge?) geht auf das Konto der CDU. Es gibt allerdings Punkte, die zwar finanziell nicht so sehr zu Buche schlagen, für die Akzeptanz aber verheerend sind, wie z. B. die unechten Arbeitsverträge von Südosteuropäern (Aufstockern).
Anderer Punkt: Die vollständige Übernahme von Miete und Heizungskosten. Ist sehr großzügig/sozial, stößt aber Gering- und Normalverdienern sauer auf, die damit große Mühe haben. Es gibt Berichte, dass ukrainische Familien sich für teure Wohnungen bewerben mit dem Hinweis, die Miete zahle ja das Amt. (Ich gehe mal davon aus, dass das stimmt).
Ich kann auch keinen sozialen Kahlschlag sehen, wenn einem nach 3maliger vergeblicher Vorladung kein Geld mehr bezahlt wird. Zwar wird von SPD -Politikern zurecht auf mögliche psycho-soziale Notlagen hingewiesen, aber das ist dann ein Thema für Sozialarbeiter.
Zu Punkt 4
Ich glaube das ist ein gutes Beispiel für Konzernvorstände, die nur auf die Laufzeit ihres 5 Jahres Vertrags schauen und Unternehmern, die den langfristigen Erfolg ihres Unternehmens im Blick haben.
In Sachen Automobil sind von der Politik einige Fehler gemacht worden – aber beim Kernthema Innovationskraft und Desrisking haben die deutschen Autokonzerne im wesentlichen die Misere selbst zu verantworten, in der sie nun stecken.
Die Aufweichung des Verbrennerzulassungs-Aus ab 2035 ist wahrscheinlich genau wegen dieser Managementfehler wahrscheinlich fast unvermeidlich, will man nicht einen ganz harten Crash der Automobilindustrie riskieren. Auch ein Beispiel von „too big to fail“.
Sehr spannend finde ich in dem Zusammenhang auch die Parallelität der „Wir wollen es nicht wahrhaben“-Strategie: Ebenso wie die Politik notwendige Transformation aufgeschoben hat und jetzt die teuer die Zeche dafür zahlen muss: Energie, Verteidigung, Soziale Sicherung haben auch viele Unternehmen hier geschlampt und ihren Erfolg verwaltet, statt Grundlagen für weiteren unternehmerischen Erfolg zu legen durch Innovation, kluge Investitionen sowie Kompetenzaufbau in der Belegschaft.
Es ist jeher ein Übel deutscher Wirtschaftspolitik die Interessen der Großkonzerne deutlich stärker zu gewichten, als die Interessen des Mittelstands. Auf dem Weg zur wirtschaftlichen Gesundung Deutschlands führt kein Weg vorbei das Unternehmertum, das auf langfristigen Erfolg setzt, zu stärken. Hier könnte auch für die Sozialdemokratie eine Chance liegen, aber die ist inzwischen ja lieber mit Klassenkampf beschäftigt.
Genau, das ist auch mein Argument. Gerade die Autounternehmen haben durch ihr Lobbying ihre Misere mit geschaffen. Sie haben ja vernünftige Wirtschaftspolitik auch immer blockiert.
@ Stefan Sasse 4. November 2025, 14:06
Gerade die Autounternehmen haben durch ihr Lobbying ihre Misere mit geschaffen.
Ja. Genau wie eine grüne Lobby die Energie verteuert hat, oder die Soziallobby die Sozuialkosten hochtreibt. Eine sehr beliebige Kritik, die für alles und niemanden gilt.
Aber warum hat die Autolobby so eine starke Wirkung? Weil so viele Arbeitsplätze dranhängen. Und Fakt ist nunmal, dass für die Produktion von E-Autos weder die hohe Zaqhl der Arbeitsplätze noch die aufwendige Produktions- und Fertigungstechnik benötigt werden; es ist eigentlich nur eine Frage von Rohstoffen und Software.
Wenn nun mein Ziel ist, eine um jeden Preis „bessere“ Welt zu schaffen, zwinge ich die Kunden in E-Autos (losgelöst von der Lade-Infrastratruktur, die für den aktuellen E-Auto-Bestand halbwegs reicht, aber keinesfalls für einen komplett elektrifizierten Betsand reichen würde), und vernichte Tausende von Arbeitsplätzen in der Auto- und Zulieferindustrie.
Oder aber ich lasse den Dingen ihren halbwegs normalen Lauf – was nicht heißt, dass ich die Bestrebungen von Söder & Co., das „Verbrenner-Aus“ dauerhaft zu verhindern, in diese Kategorie packen würde.
Sie haben ja vernünftige Wirtschaftspolitik auch immer blockiert.
Nein, natürlich nicht; so schlicht, wie Du sie siehst, ist die Welt nicht gestrickt. Sie haben Lobby-Arbeit für Ihre Sicht betrieben, so wie grüne Industrie Lobbyismus für ihre Politik betrieben hat. Zwei Seiten der gleichen Medaille.
Aber warum hat die Autolobby so eine starke Wirkung? Weil so viele Arbeitsplätze dranhängen. Und Fakt ist nunmal, dass für die Produktion von E-Autos weder die hohe Zahl der Arbeitsplätze noch die aufwendige Produktions- und Fertigungstechnik benötigt werden; es ist eigentlich nur eine Frage von Rohstoffen und Software.
Ich finde du machst es hier den Auto-Managern zu einfach. Seit den 90er Jahren hat sich global abgezeichnet, dass der CO2 Ausstoß zu reduzieren sein wird. Es gab über die Laufzeit von fast 2 Jahrzehnten politische Vereinbarungen: Rio, Kyoto, Paris, die die Ziele immer weiter festgeschrieben und konkretisiert haben. Die Automobilindustrie hatte eigentlich schon seit 1992 Zeit sich Gedanken zu machen, wie man den CO2 Ausstoß von Fahrzeugen nachhaltig reduzieren könnte. Diese Zeit blieb ungenutzt – hätte man langfristig gedacht, hätte man statt auf Leistungstärke zu setzen auch das Thema Verbrauch viel mehr in den Blick nehmen können. War aber unpopulär, anstrengend und man scheute die Aufwände. Jetzt ist man einem Punkt, wo die Transformation kommen muss und ist vielfach überfordert.
Die Politik hat sekundiert und ebenfalls kurzsichtig keine ambitionierten, aber erreichbaren Ziele definiert, die die HErsteller viel früher in diese Richtung hätten drängen können.
Ist das E-Auto die Zukunft? Ich weiss es nicht. Aber die Experimentierzeit für technologieoffene Alternativen wurde nicht genutzt. Jetzt ist das E-Auto da, es gibt weltweit entsprechende Produktionskapazitäten und die deutschen Autobauer, haben sich nicht auf den Wandel eingestellt.
Eine Rettung der Automobilindustrie ist jetzt nur noch möglich,, ohne den Klimaschutz über Board zu werfen, wenn ich an anderen Stellen kompensieren würde. Blieben also die Sektoren Industrie, Gebäude oder Energie. An den Stellen haben wir aber sogar noch größere Transformationsschwierigkeiten.
Können wir uns Leisten am Klimaschutz zu sparen? – nein, aber man wird es tun, weil es der Weg des geringsten Widerstands ist.
@ Soeren Schmitz 6. November 2025, 17:49
Die neue E-Auto-Zeitrechnung begann 2012 mit dem Tesla Model S knapp 100.000 Euro teuer, sinnvoll nutzbare Reichweite knapp 400 km. Möglich wurde das nur durch milliardenschwere Staatshilfen und Quersubventionen aus dem SpaceX-Programm – in Deutschland kaum denkbar. 2013 folgten in Europa etwa der Renault Zoe (ca. 20.000 Euro, 150 km Reichweite) und der BMW i3 (ab 35.000 Euro, ähnlich begrenzt). Gegenüber einem konventionellen VW Golf – ab 16.000 Euro, größer, alltagstauglicher und mit fast unbegrenzter Reichweite – wirkt das, höflich formuliert, in Preis und Leistung kompromissbehaftet.
Erst ab 2016 begann der systematische Ausbau der Ladeinfrastruktur. Bis heute ist das Netz so lückenhaft wie die Mobilfunk-Versorgung; selbst auf vielen Autobahnen muss man sorgfältig planen. Die Verantwortung liegt hier weniger bei den Autoherstellern, sondern bei Staat, Energieversorgern und Netzbetreibern.
Langstreckentaugliche Modelle mit großen Akkus und Schnellladeoption sind weiterhin teuer. Gebrauchtwagenmärkte für E-Autos stecken in den Kinderschuhen – die Haltbarkeit alter Akkus ist kaum erprobt. Fahrzeugbrände oder technische Defekte schüren Misstrauen, vor allem im ländlichen Raum, wo noch an vielen Stellen Ladepunkte fehlen.
Die Förderung privater E-Mobilität (ob Ladeeinrichtungen oder Fahrzeuge) ist bestenfalls ein netter, desorganisierter Versuch gewesen, bei dem man den Leuten den Mundwässrig machte, um dann alles wieder abzublasen.
Nun, an die abweichende Bedienung und die anderen „Konzepte“ für Fernreisen kann man sich gewöhnen, selbst wenn es immer noch für viele eine Hemmschwelle gibt. Wird die Zeit richten. Aber dass sich E-Autos in Deutschland langsamer durchsetzen als etwa in China, liegt nicht primär an den Herstellern. Staatliche Fehlsteuerung, schleppende Genehmigungsverfahren, hohe Produktionskosten und unzureichende Infrastruktur bremsen den Wandel (siehe Tesla-Werk in Brandenburg).
Und was gerne vergessen wird: E-Autos sind zwar lokal emissionsfrei, aber ihre Herstellung – insbesondere der Batterien – bleibt umweltschädlich und energie- und rohstoffintensiv. Erst bei hohen Laufleistungen und grünem Strommix verbessert sich die Gesamtbilanz deutlich, aber da sind wir halt noch nicht.
Nicht falsch verstehen: Mein / unser nächstes Auto wird ein Stromer,und ich habe bereits seit drei Jahren eine Wallbox an der Wand, damit wir Besucher mit E-Autos zum Laden nicht in die Wüste schicken müssen.
Dass die Situation ist, wie sie ist, liegt zu einem (kleinen) Teil sicherlich auch an den Herstellern. Das Hauptproblem sehe ich aber an dem Förder- und Planungs-Durcheinander des Staats, der offenbar nicht weiß, was er eigentlich will. Zu glauben, dass die Hersteller mit „richtigen“ Entscheidungen hierzulande eine großartig andere Situation hätten erzeugen können, ist aber genauso naiv wie die Vorstellung, man können die nächsten Jahrzehnte mit Preisen von heute benzin- und dieselgetrieben fahren.
So schwarz weiß, wie Stefan Sasse das trotz aller im Laufe der letzten Monate immer wieder vorgetragenen Argumente darstellt, ist es einfach nicht. Da trübt seine Weltsicht den Blick auf die Realitäten.
Zumindest in Deutschland musst du überhaupt nicht groß rumplanen. Ich tanke mit der ENBW-App, das heißt, ich nutze nur einen Ladeanbieter, und ich hab überhaupt kein Problem, Ladesäulen zu finden, alle Nase lang. Je nach Land mag das anders sein, aber in Deutschland (oder Frankreich, meine einzige Auslandserfahrung mit eAuto bisher) ist das überhaupt kein Problem.
Was die Geschichte Teslas angeht, triffst du den Nagel auf den Kopf, dass das in Deutschland unvorstellbar wäre. Aber das ist ja genau meine Kritik: wir fördern so was halt auch nicht, wir machen keine Wirtschaftspolitik!
„Was die Geschichte Teslas angeht, triffst du den Nagel auf den Kopf, dass das in Deutschland unvorstellbar wäre“
Mercedes hat ja damals alle seine Anteile an Tesla verkauft. Da wäre einiges mehr möglich gewesen…
@ Stefan Sasse 7. November 2025, 07:30
Zumindest in Deutschland musst du überhaupt nicht groß rumplanen.
Dann Du musst schon auf den Hauptstrecken unterwegs sein. Es gibt durchaus Autobahnen, die (noch) nicht üppig bestückt sind, und wenn Du Dch von Hamburg aus Richtung Osten bewegst, hast Du viele Ecken ohne ordentliche Versorgung. Oder wie der Forumsbetreiber hier gelegentlich sagt: Anekdotische Erfahrungen lassen sich nicht verallgemeinern.
Deine Aussage war, dass die Autohersteller selbst schuld an ihrer schlechten Lage sind. Ich sage, dass es da einige Gründe mehr gibt.
Zwar reicht die aktuelle Netzstruktur im Großen und Ganzen aus, um den derzeitigen Bestand an E-Autos zu versorgen – der Anteilan E-Autos am PKW-Bestand dürfte aktuell aktuell etwa bei 4% liegen. Doch schon bei einer Verdoppelung des Anteils auf 8% reicht die heutige Lade-Infrastruktur nicht mehr aus. Deswegen wird ja fleißig weiter ausgebaut, aber derzeit ist es halt, wie es ist. Da gibt es wenig, was man an dieser Stelle den Autoherstellern vorwerfen kann.
Dass Kunden aufgrund einer als unsicher und unklar empfundenen Gesamtlage ihren konsum einschränken, ist auch nicht Schuld der Hersteller. Dass die Chinesen inzwischen so gute E-Autos bauen, dass die nationalstolzen Chinesen eher zu (gesponserten) einheimischen Produkten greifen, ist ebenfalls nicht Schuld der Autohersteller.
Wenn Du ihnen etwas vorwerfen kannst, dann, dass sie sich (nicht nur, aber auch) an funktionierende Konzepte klammern, die wirklich viele Arbeitsplätze erhalten und halbwegs ordentliche Einnahmen zumindest für den heimischen Markt versprechen; der deckt immerhin etwa 20% der gesamten Autoproduktion der deutschen Hersteller ab. Aber das ist nur einer und bei weitem nicht ausschlaggebende Grund für die aktuelle Misere.
Erwischt, das war natürlich anekdotische Evidenz. Zahlen hab ich keine. Zumindest in meiner westdeutschen Erfahrung hatte ich noch nie ein Problem. Und im Elsass und Verdun auch nicht. Weiter reicht’s bislang nicht. Ansonsten: Mag alles sein, aber am Anfang gab’s auch echt wenig Tankstellen.
Ich sage auch nicht, dass die andere Lobby automatisch die bessere wäre. Eine Politik, die gar keine Ziele setzt, wird aber zwangsläufig von Lobbyinteressen getrieben sein, weil sie ja gar keine eigenen hat.
@ Stefan Sasse 6. November 2025, 18:21
Eine Politik, die gar keine Ziele setzt, wird aber zwangsläufig von Lobbyinteressen getrieben sein, weil sie ja gar keine eigenen hat.
Zustimmung. ABer dass der Staat kein Ziel hat oder nicht weiß, wie er das umsetzen soll, ist ein Fehler des Staats. „Die Autohersteller sind zu dumm“, wie Du es laufend seit Jahren propagierst (und ich gebe mir wirklich seit Jahren Mühe, Dich von Deiner Schwarz-weiß-Denke abzubringen), reicht da als Ursachenerklärung einfach nicht aus.
Es reicht auch nicht aus, ich sehe meine Sicht der dummen Autohersteller als Ergänzung, die im Diskurs zu wenig vorkommt, nicht als einzige Erklärung. Ich stimme deiner Aussage 100% zu.
@ Stefan Sasse 7. November 2025, 07:30
… ich sehe meine Sicht der dummen Autohersteller als Ergänzung, …
Die sind nicht „dumm“, die sind von vielen Umständen getrieben. Nicht bös sein: Das kann nur jemand denken, der von Wirtschaft, Unternehmen, Märkten und Bürokratie reinweg nichts versteht. Mit solcher Formulierung beschreibst Du eher Deine Wahrnehmung als die Realität.
In Teilen trifft das „dumm“ durchaus. Klar, im Nachhinein ist man immer schlauer. Aber einige Aussagen der automobilen Topchefs, z.B. im Bezug auf Tesla, waren schon spektakulär falsch und zumindest teilweise auch damals schon offenbar Blödsinn. Man denke nur an den Clip von dem Audichef der ernsthaft meinte Induktionsladen zu Hause sei der Schlüssel für erfolgreiche Elektroautohersteller. https://www.youtube.com/watch?v=Sce_ItOf3CY
Oder diesen Klassiker von Volkswagen-Chef Matthias Müller über Tesla https://www.youtube.com/watch?v=wSklSKRkIpk
@ derwaechter 7. November 2025, 14:01
Oder diesen Klassiker von Volkswagen-Chef Matthias Müller über Tesla https://www.youtube.com/watch?v=wSklSKRkIpk
Da hat er meiner subjektiven Meinung nach immer noch recht mit. Selbst wenn Teslas Verkaufszahlen seitdem ein wenig gestiegen sind, produziert Audi immer noch deutlich mehr Autos auf einem qualitativ deutlich höheren Niveau und macht auch mehr Gewinn.
Der Börsenkurs wird von geldgeilen Nerds getrieben hat mit der Performance von Tesla wenig zu tun. Da geht es mehr darum, ob, wann und wie sich Elon Musk öffentlich mal wieder zum Narren macht.
Wobei man da wahrlich hinterher immer schlauer ist, was einzelne Unternehmen angeht. Es gehen auch massenhaft solche Ankündigungsweltmeister pleite. Und Elon kündigt ständig Scheiß an, der dann nicht passiert.
Elon und Tesla damals und heute sind nicht zu vergleichen. Und die Aussagen von dem Audichef sind auch ohne Teslabezug völlig absurd. Und das war damals schon offensichtlich.
Außerdem, wofür werden die denn so fürstlich bezahlt um ihre Unternehmen zu steuern?
Die Arroganz des einen und sie wirklich eklatante Unwissenheit des anderen sind schon schwer zu entschuldigen.
„produziert Audi immer noch deutlich mehr Autos auf einem qualitativ deutlich höheren Niveau und macht auch mehr Gewinn“
Ich glaube, du solltest dir mal die Zahlen anschauen. Ich sagte ja schon öfter, dass du beim Thema einfach in der Vergangenheit stehen geblieben bist.
Tesla hat Audi bei Anzahl Autos überholt. Der Gewinn insgesamt ist wegen der verschiedenen Geschäftsmodelle schwerer zu vergleichen, aber Tesla machte pro Auto mehr Gewinn.
https://fortune.com/2025/01/13/tesla-beats-audi-global-car-sales/
Ich bin übrigens auch der Meinung, dass der Börsenkurs Quatsch ist und sehe auch leider keine rosigen Aussichten für deren Autogeschäft, eben weil Musk am Rad dreht. Aber das ist eine andere Geschichte.
Auch wieder wahr. Bin überzeugt.
Ich muss das noch mal kurz betonen, falls ihr das gar nicht angeschaut habt. Zu dem Zeitpunkt gab es bereits jahrelange Erfahrungen von Elektroautofahrern. Und selbst ohne, wäre das absurd.
Der Audichef behauptete, dass Einstöpseln des EAutos zuhause sei so aufwändig, dass sich Premium-Kunden lieber Induktionsplatten in die Auffahrt legen werden und Audi deshalb Tesla alt aussehen werden lasse.
Das ist doch Realsatire
DAS auf jeden Fall! Aber das geht aus dem Videoschnippsel ja nicht hervor.
@ derwaechter 7. November 2025, 19:40
Der Audichef behauptete, dass Einstöpseln des EAutos zuhause sei so aufwändig, dass sich Premium-Kunden lieber Induktionsplatten in die Auffahrt legen werden und Audi deshalb Tesla alt aussehen werden lasse.
Das ist doch Realsatire
Hier stimme ich zu
Danke! Und du hast auch gesehen, dass deine Einschätzung zu Audi heute nicht mehr korrekt ist?
Yes
@ derwaechter 8. November 2025, 22:03
Danke.
WENN Du mal recht hast, gerne … 😉
Und du hast auch gesehen, dass deine Einschätzung zu Audi heute nicht mehr korrekt ist?
Welche? Meinst Du Umsatz / Gewinn?
Das hier meinte ich. War mit der Antwort an Stefan vermischt.
„produziert Audi immer noch deutlich mehr Autos auf einem qualitativ deutlich höheren Niveau und macht auch mehr Gewinn“
Ich glaube, du solltest dir mal die Zahlen anschauen. Ich sagte ja schon öfter, dass du beim Thema einfach in der Vergangenheit stehen geblieben bist.
Tesla hat Audi bei Anzahl Autos überholt. Der Gewinn insgesamt ist wegen der verschiedenen Geschäftsmodelle schwerer zu vergleichen, aber Tesla machte pro Auto mehr Gewinn.
https://fortune.com/2025/01/13/tesla-beats-audi-global-car-sales/
Ich bin übrigens auch der Meinung, dass der Börsenkurs Quatsch ist und sehe auch leider keine rosigen Aussichten für deren Autogeschäft, eben weil Musk am Rad dreht. Aber das ist eine andere Geschichte.“
„DAS auf jeden Fall! Aber das geht aus dem Videoschnippsel ja nicht hervor.“
Doch, davon spricht er hier. Ab 1:30 etwa
„Man denke nur an den Clip von dem Audichef der ernsthaft meinte Induktionsladen zu Hause sei der Schlüssel für erfolgreiche Elektroautohersteller. https://www.youtube.com/watch?v=Sce_ItOf3CY „
Hm, weird. Hab ich nicht mehr im Kopf gehabt. I stand corrected.
Ich hab das auch eher vom Vorkommentator übernommen. Die handeln unter ihren Anreizen ja durchaus rational. Die Anreize sind halt scheiße 😀
Ich möchte nicht schon wieder auf Deine, nicht völlig falschen, aber weitestgehend veralteten Argumente eingehen, sondern nur dieses hier rauspicken.
„Und Fakt ist nunmal, dass für die Produktion von E-Autos weder die hohe Zaqhl der Arbeitsplätze noch die aufwendige Produktions- und Fertigungstechnik benötigt werden; es ist eigentlich nur eine Frage von Rohstoffen und Software.“
Das sehe ich mittlerweile anders. Es ist tatsächlich weniger arbeitsintesiv und es fallen gerade bei den Zulieferern viele Dinge weg, die schlicht nicht gebraucht werden. ABER, die Produktions- und Fertigungstechnik, gerade bei den Batterien, ist überhaupt nicht triviell und die europäischen Hersteller sind da meilenweit hinterher.
Auch Software ist offenbar nicht einfach. Die Unterschiede zu Tesla und den neuern chinesischen Modellen sind riesig.
Beides gilt übrigens für so ziemlich alle etablierten Hersteller und die Deutschen sind da im Vergleich gar nicht mal so schlecht. Amerikanische Hersteller z.B. sind m.W. noch weiter hinterher.
Die überragend gute Software und Systemintegration ist übrigens auch der Hauptgrund warum man mit Tesla gerade auf der Langstrecke kaum noch sorgfältig planen muss. Ziel eingeben, fertig. Ich bin mittlerweile mehrfach Langstrecke durch Norwegen, Schweden, Dänemark, Benelux, Frankreich, Österreich und Schweiz gefahren und das ging naehzu problemlos. Deutlich nerviger und mehr Planung erfordernd war es eher vor Ort wenn bei den Gastgebern nicht geladen werden konnte und die öffentliche Infrastruktur vor Ort eher mau war. Da habe ich dann schon mal länger im Supermarkt verbracht als eigentlich notwendig, weil der die einzige einigermassen schnelle Säule in der Umgebung hatte, oder mehr als einmal geflucht, weil jeder lokale Miniabieter eine andere App, Karte oder sonstwas haben will. Das wird auch besser, aber quälend langsam…
@ derwaechter 6. November 2025, 23:21
ABER, die Produktions- und Fertigungstechnik, gerade bei den Batterien, ist überhaupt nicht trivial und die europäischen Hersteller sind da meilenweit hinterher.
Keine grundsätzlichen Einwände. ABER 🙂
Das, was Deutschland im Autobau groß gemacht und oben gehalten hat, wird deutlich weniger benötigt. Und dass die Chinesen bei den Akkus Vorsprung haben, habe ich auch nicht bestritten. China hat den Vorteil der Rohstoffe, hat deutlich mehr gut ausgebildete Ingenieure (China hat 17mal so viele Einwohner wie Deutschland), eine geringere Bürokratie (was die Produktionstechnik und Umweltauflagen angeht), eine deutlich klarere Vorstellung der Politik davon, wo es hingehen soll, und entsprechende Unterstützung. Dazu hat die Bevölkerung keine so ausgeprägteNeigung, den Staat zu verklagen, wenn jemand irgendwo auch nur eine Schaufel an einen Baum lehnt.
Auch Software ist offenbar nicht einfach. Die Unterschiede zu Tesla und den neuern chinesischen Modellen sind riesig.
Ja, fraglos; hatte ich ja angesprochen. In China gibt es extrem viele wirklich gut ausgebildetet Software-Ingenieure, und Tesla hat halt mit heftiger staatlicher Unterstützung früher angefangen (haben aber immer noch einge böse Macken in ihren Bedienkonzepten, weil die ein Tablet programmieren, dass fahren kann – kein Auto). Und dort ist das Umfeld Neuem gegenüber deutlich aufgeschlossener als hier. Und die Fertigungsqualität der Tesla ist grottig.
Du kannst trotzdem nicht einfach hingehen und Dir die Software dort holen bzw.programmieren lassen. Hat beispielsweise Mercedes probiert, hat nicht funktioniert, kostete Milliarden.
In Deutschland hast Du deutlich weniger Fachkräfte, und deutlich mehr „Ja, abers“ durch Bevölkerung und Staat.
Deine praktischen Erfahrungen kann ich vollumfänglich bestätigen. Große Reisen auf Hauptstrecken sind absolut kein Problem, die ständig an den Fahrstil angepasste Streckenführung der Tesla-Navigation zu den Ladesäulen ist der Hammer. Aber vor Ort bzw. auf dem Land ist man oft aufgeschnissen.
Zu 3)Gates’ Konzept, technologische Innovationen wie Atomkraft, CO₂-Abscheidung oder Geoengineering über die Energiewende zu stellen, werde als gefährlich bewertet.
Ja, ist klar – nur degrowth wird uns erlösen. Diese Verächtlichungmachung jeden anderen Ansatzes, dem Klimawandel zu begegnen, ist ziemlich typisch für Kleinstkarierte. Passt aber insofern, als der Klimawandel uns zwar angeblich (tödlich!) bedroht, aber jeder andere Ansatz als Dekarbonisierung angeblich trotzdem zu gefährlich ist. Wenn die Klimaaktivisten wenigstens konsistent wären …
Fun fact – dem tatsächlichen Verhalten der Erdbevölkerung nach wird uns in 20 Jahren nur noch Geo-Engineering helfen können. Gates scheint mir ein besserer Realist zu sein, als die ganzen Schwätzer der „Energiewende“.
Was die Milliardärskritik in diesem Zusammenhang macht, bleibt ohnehin Dein Geheimnis? Gates hat ein Memo geschrieben/schreiben lassen, etwas, was einflussreiche und weniger einflussreiche Intellektuelle gefühlt einmal wöchentlich tun.
Gruss,
Thorsten Haupts
Generell ist die Diskussion anderer Loesungen kein Problem. Und niemand sage, dass andere Technologien, mit Ausnahme der Kernspaltung, an sich gefaehrlich sind und nicht erforscht werden sollen. Problematisch wird es, wenn mit dem Verweis auf nicht ausgereifte oder gar nicht existierende Technologien gesagt wird : „Energiewende brauchen wir gar nicht.“ Und nahezu albern wird es, wenn die Energiewende als zu teuer bezeichnet wird, obwohl niemand auch nur den Hauch einer Ahnung hat, wie teuer diese zukuenftigen Wundertechnologien sein werden.
Kann ja sein. Das ist nur eine vollkommen andere Kritik, als Stefan S. sie vorgebracht hat. Und auch eine andere, als der besprochene Artikel sie vorbringt. Da mag sehr offensichtlich jemand Gates nicht und ärgert sich ebenso offensichtlich darüber, dass er selbst nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die er natürlich verdient hat.
Ich weiß nicht, wo du da sofort den Degrowth-Ansatz siehst. Bekanntlich halte ich von dem ja auch gar nichts.
zu 2) “SPD und Sozialleistungsmissbrauch”
aber das geht auch, ohne dass man diese Hetze nebenher ausführt
Mich wundert diese Sprache von “Hetze” und “nach unten treten”. Was ist denn so schlimm an der Einführung eines Straftatbestands des Sozialleistungsmissbrauchs? Wer sich unter dem Vorwand arm zu sein von der Gesellschaft – also von seinen Nachbarn und Mitbürgern – finanzieren lässt, aber tatsächlich z.B. über Schwarzarbeit ein Einkommen hat, ist doch kriminell? Oder wer, wie es im Ruhrgebiet derzeit gang und gäbe zu sein scheint, Menschen aus Osteuropa einzig zum Zweck nach Deutschland karrt, um für sie beim Sozialamt abzukassieren, während die Betroffenen in abbruchreifen, schimmelbefallenen Wohnungen hausen oder garnicht mehr im Land sind, ist doch kriminell? Oder wer aus dem EU-Ausland nach Deutschland einwandert und sich Kindergeld auszahlen lässt für erfundene Kinder, die angeblich in der Heimat leben, der ist doch kriminell?
Und um unter dem neuen Straftatbestand verurteilt zu werden, muss doch erstmal ein reguläres Gericht ein Verschulden nachweisen. Da wird doch niemand pauschal diffamiert. Dadurch dass es den Straftatbestand des Bankraubs gibt, wird doch schließlich auch nicht jeder Bürger, der eine Bank besucht, des Diebstahls bezichtigt – weder direkt noch indirekt.
Was mich stört ist der Generalverdacht.
Ich sehe da keinen Generalverdacht. Schließlich bedeutet der Straftatbestand des Schwarzfahrens – und der Einsatz von Kontrolleuren durch die Bahn – ja auch nicht einen Generalverdacht gegen alle Fahrgäste. Es ist lediglich eine Reaktion auf den Missbrauch durch eine Minderheit, der ja unbestreitbar existiert.
Die Bahn läuft aber nicht rum und unterstellt allen Fahrgästen Schwarzfahren.
In der Sache bin ich völlig bei dir.
Naja – der Kontrolleur läuft von Platz zu Platz und fordert jeden auf sein Ticket zu zeigen. Ich finde auch nicht, dass er den Fahrgästen damit pauschal Fehlverhalten unterstellt. Aber die Bahn macht halt schon deutlich, dass sie vermutet, dass eine nicht unsignifikante Zahl an Fahrgästen betrügt – oder betrügen würde, wenn es keine Kontrollen gäbe. Und damit hat sie ja vermutlich auch recht.
Mir ist nicht klar, wo da der fundamentale Unterschied zu der Überprüfung von Sozialleistungsbeziehern liegt.
@ Ralf
Allgemeine Zustimmung.
Natuerlich gibt es einen Unterschied. Fahrkartenkontrollen beeintraechtigen dein Leben nicht. Die strengen Kontrollen und Auflagen, denen du als Buergergeldempfaenger unterliegst, beeintraechtigen es ziemlich stark.
@ schejtan 6. November 2025, 15:45
Die strengen Kontrollen und Auflagen, denen du als Buergergeldempfaenger unterliegst, beeintraechtigen es ziemlich stark.
Ich bin da nicht so im Bild; stärker als 4, 6 oder 8 Stunden Arbeit täglich?
Nun ja, ich muss ja zum Beispiel meine gesamten Einkommens[ und Vermoegensverhaeltnissse offenlegen, was schon deutlich mehr Aufwand ist als kurz eine Fahrkarte vorzuzeigen. Oder dass ich meinen Wohnort, sagen wir zum Beispiel um Verwandte zu besonderen Anlaessen zu besuchen, nicht ohne Anmeldung und Erlaubnis verlassen darf,
@ schejtan 6. November 2025, 16:46
Nun ja, ich muss ja zum Beispiel meine gesamten Einkommens- und Vermoegensverhaeltnissse offenlegen, was schon deutlich mehr Aufwand ist als kurz eine Fahrkarte vorzuzeigen.
Wenn Du eine Leistung nutzt, wird halt kontrolliert, ob Du die Leistung auch bestimmungsgemäß (z.B. Fahrkarte bezahlt) nutzt.
Für mich ist nachvollziehbar, dass eine Person, die sich den Lebensunterhalt bezahlen lässt, ebenfalls nachweist, dass das bestimmungsgemäß erfolgt. Wenn Du arbeiten gehst (das ist übrigens der passendere Vergleich), vertraut Dir Dein Chef auch nicht so weit, dass er Dir ohne jeglichen Leistungsnachweis monate- und jahrelang Dein Gehalt überweist.
Ja, ich finde das grundsätzlich auch fair.
Mir ging es hier gar nicht so sehr um die Sache; dass wir uns in Sachen Sozialstaat nicht einig werden ist ja schon lange klar. 🙂
Mich hat halt nur gestoert, dass Ralfs Vergleich den unterschiedlichen Aufwand nicht in Betracht zieht.
@ schejtan 7. November 2025, 10:53
Mir ging es hier gar nicht so sehr um die Sache; dass wir uns in Sachen Sozialstaat nicht einig werden ist ja schon lange klar. 🙂
Ich habe nichts gegen den Sozialstaat, auch nicht dagegen, Schwächere zu unterstützen; hab selbst schon zweimal Pech gehabt im Berufsleben und Arbeitslosengeld bezogen.
Nur: Wenn immer mehr Geld in den Sozialstaat hineingeht und die Ergebnisse immer schlechter (jedenfalls nicht besser) werden, macht man irgend etwas grundsätzlich falsch.
Mich hat halt nur gestoert, dass Ralfs Vergleich den unterschiedlichen Aufwand nicht in Betracht zieht.
OK, verstehe, Missverständnis meinerseits dann – sorry. Aber wie gesagt halte ich Ralfs Beispiel nur dafür geeignet, dass Prinzip zu vergleichen; vom Aufwand vs Ertrag her wäre das passende Beispiel eher ein regulärer Job.
Ja, vielleicht hast du Recht.
@ Stefan Sasse 5. November 2025, 13:13
Was mich stört ist der Generalverdacht.
Empfänger von Sozialleistungen werden vom Staat = von den Bürgern = auch von mir, Dir oder sonstwem bezahlt. Wenn Du ein-, zweimal mitbekommen hast, dass eine Autowerkstatt / ein Restaurant / ein Geschäft versucht hat, Dir mehr als erforderlich abzuknöpfen, kontrollierst Du zukünftig ALLE Rechnungen sorgfältiger, ist ein normaler Vorgang.
Und falls Dich das tröstet: Der Staat stellt auch alleArbeitnehmer, Selbstständige und Unternehmen unter den Generalverdacht der Steuerhinterziehung. Gleiches (Un-)Recht für alle.
zu 3) “Bill Gates und Klimawandel”
Ich habe die Wortmeldung von Gates nicht als ernst gemeinten Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels verstanden, sondern als Beschwichtigung von Donald Trump, um weiterhin Geschäfte unter der gegenwärtigen Regierung zu ermöglichen.
zu 5) “SPD blockiert Sozialstaatsreformen”
Das Genre “konservative Zeitung kritisiert Sozialdemokraten, weil sie keine konservative Politik machen” bietet keinerlei Überraschungen, keinerlei neue Erkenntnisse und ist politisch irrelevantes Blabla. Ich bin beeindruckt, dass Du Dir da jede Woche erneut die Mühe machst den de facto selben Kommentar darunterzuschreiben.
Auch wahr 😀
@ Ralf 4. November 2025, 23:45
Zweimal Zustimmung in einer Woche 🙂
Das Genre “konservative Zeitung kritisiert Sozialdemokraten, weil sie keine konservative Politik machen” bietet keinerlei Überraschungen, keinerlei neue Erkenntnisse und ist politisch irrelevantes Blabla.
Yepp.Was übrigens in die andere Richtung – „linke Zeitung kritisiert Union, weil sie keine linke Politik macht“ auch gilt; genau so irrelevant.
Ja – ist genau das gleiche – nur gespiegelt.
zu 4) Letztens im argentinischen Wirtschaftsstream auf yt:
Ein Landei erzählt ganz begeistert, dass er nun Landmaschinen zu 40% günstiger in China kauft. Er brauchte aus Kompatibilitätsgründen ein bestimmtes Teil der Maschine von einem Schwedischen Hersteller.
Der chinesische Verkäufer meinte dann, dass man das schwedische Teil einbauen könnte. Er gäbe aber auch die Alternative, ein exakt baugleiches chinesisches ohne Logo zu verbauen. Die Schweden hatten die Produktion nach China ausgelagert, was Industriespionage deutlich einfacher macht.
Punkt A des Abschlußkomuniqués der ersten Konferenz der Blockfreien in Badung 1955 war: A) Economic Cooperation“. Diese Süd-Süd Zusammenarbeit hat lange nicht so gut funktioniert. Den Durchbruch ermöglichten die Entscheider westlicher Unternehmen, indem sie China zur Werkbank der Welt machten.
Die wahre 5. Brigade der Postkolonialen Befreiung waren nicht die Typen mit den Pali-Tüchern sondern die im Maßanzug.
e) grünes China mit Adam Tooze
In den Kommentaren bemerkte jemand, dass Tooze den chinesischen Slogan nur halb übersetzt hat. Richtig heißt es wohl: „Green waters and green mountains are gold mountains and silver mountains.“
Ähnliches bei uns ist wirklich nicht so einfach. Was ich von Ingenieuren und Managern aus der Verwandtschaft höre ist da wirklich erstaunlich. Die haben neben der staatlichen Unterstützung in Automobile und Green Energies einen brutalen Wettbewerb sehr vieler Unternehmen. Ich denke auch, dass man sich unter der Fahne der Bekämpfung der De-Industrialisierung zu mehr Industriepolitik entschliessen sollte. In Frankreich wird das auch viel diskutiert. China arbeitet ja nicht nach dem Motto, dass Industrie durch Ökologie abgelöst wird.
Die extreme Wettbewerbsfähigkeit Chinas wird vielleicht abflauen, wenn die 1-Kind Politik ihre Wirkung voll entfaltet. Anfang der 90er sank die Fertilität abrupt.
Außerdem müssen wir uns natürlich entschlossen unseren inneren Bremsen zuwenden. Der Fehmarnbelt-Tunnel zwischen Skandinavien und Deutschland wird 2029 von Dänemark fertiggestellt. Die deutsche Verkehrsanbindung wurde von einer Bande Prozeßhansel erfolgreich verzögert, dass die erst 2032 fertig wird. Der Teufel steckt halt IMMER im Detail. Das gilt auch für die EU. Höre gerade ein langes, interessantes Interview mit dem konservativen französischen Europaabgeordneten François-Xavier Bellamy: Desinteresse gegenüber Industriepolitik, NGOs als Einfallstor für Agenten feindlicher Staaten. Mal schauen, was da noch kommt. Erneuerung wird von solchen Konservativen kommen, nicht von den Grünen. Die Zeit eines regalbasierten, kooperativen Internationalen Systems ist erst einmal vorbei.
Völlig bei dir.
zu 1) Die demokratischen Parteien haben es auch nicht leicht.
Es geht aus meiner Sicht eben nicht um ein polarisierendes Gegennarativ sondern die Auflösung deren Narrative in logischer Kritik. Dafür muss man sich mit denen erstmal beschäftigen.
Es ist ja nicht so, dass jede Kritik an EU, übertriebene Aufnahme von Flüchtlingen und übertriebene postkoloniale/woke Theoriegebäude wirklich völlig unsinnig wären. Nur ist woke inzwischen tod. Das Pendel ist in eine andere Richtung ausgeschlagen und irgendwann dominiert die Devise „louder, harder, scooter“, um Klickzahlen auf Sozialen Medien zu generieren. Nick Fuentes mit seiner Liebe zu Stalin und Hitler ist eine gute Nachricht. Die Bewegung wird vielleicht dann doch noch tiefer ins Abseits laufen als die wokies. Irgendwann ist das Feld beackert und es wird langweilig: https://x.com/RepDonBacon/status/1985361391432114319
Mein Verständnis der magas hat dieses Interview geholfen: https://www.youtube.com/watch?v=HCVv5cJ9k9A . Dinesh D’Souza findet Trump toll, hat Verbindungen zu maga, gehört zu einer anderen Generation und drückt schon aus seinem Wesen heraus offen Kritik aus. Die Interviewer Konstantin Kisin und Francis Foster von Trigernometry haben auch viel Verständnis zu den Rechten, aber auch starke Antikörper. Die beiden Retter des United Kingdoms mit Migrationshintergrund befinden sich gerade auf grosser Amerika-Tour. Auch die anderen Interviews finde ich klasse.
Genau, das argumentiere ich ja schon lange. Auf jede Politische Bewegung folgt eine Gegenreaktion. Immer. Und weil die eigene Seite nie erkennt, dass sie gewinnt, und irgendwann moderiert, sondern immer weiter treibt, kommt der Umschwungpunkt irgendwann. Politisches Stühlerücken.
@ Stefan Sasse 6. November 2025, 10:06
Auf jede Politische Bewegung folgt eine Gegenreaktion. Immer. Und weil die eigene Seite nie erkennt, dass sie gewinnt, und irgendwann moderiert, …
Das ist irrelevant. Wir haben fast 10 Jahre lang eine einseitige Migrationspolitik und -Kommunikation betrieben (AfD zählt hier nur halb, weil sie von allen anderen ausgegrenzut wurde). Nun schwingt das Pendel von der linken auf die rechte Seite. Es war aus linker Wahhrnehmung noch nicht weit genug links und ist noch nicht in der Mitte angekommen, und trotzdem ist das progressive Geschrei groß (so weit hast Du recht, bzw. stimme ich Dir zu).
Aber selbst wenn wir mal annehmen, dass das Pendel jetzt in der Mitte angekommen wäre, würde ein „moderieren“ der Union nichts bringen, weil die „reaktionäre“ Seite weiterhin ein Weiterschwingen fordern würde, während die „progressive“ Seite heftig auf einem Zurückschwingen besteht. Das Gezerre geht losgelöst von jeglichen Moderationsversuchen weiter. Ich glaube nicht, dass ein Kompromiss helfen würde, die Dinge im Lot zu halten.
Ich denke, du überziehst, wie weit das Pendel links war und wie wenig rechts es ist, aber dasselbe wirst du umgekehrt mir dagegen. Solange wir in der Dynamik einig sind, ist das ok – so oder so wird es wieder zurückpendeln.
Natürlich, das Pendel ist nie im Gleichgewicht. Deswegen: ja, sicher, ist so. Die politische Kunst ist ja den Punkt zu finden, und dort so weit wie möglich zu verbleiben.
@ Stefan Sasse 6. November 2025, 18:26
Ich denke, du überziehst, wie weit das Pendel links war …
Jedes Jahr eine große Stadt aufgenommen und über 10 Jahre alle verteufelt, die dagegen waren? Wenn Du Dich von Deiner Sicht „wir müssen allen helfen und jeden hereinlassen, der fragt“ löst und ohne Emotionen nur auf die Zahlen oder das Erstarken der AfD schaust, kannst Du den Ausschlag nach links (einzigartig in Europa!) vielleicht etwas besser bearuteilen.
… und wie wenig rechts es ist …
Im Moment redet man nur, und wenn gehandelt wird, ist es kleckern und nicht klotzen. Wenn man von den 4 Mio. Zugewanderten 2 Mio. wieder harausbringt, wäre aus meiner Wahrnehmung Mittelstellung. Alle 4 Mio. raus und keine neuen Migranten rein wäre dann Vollausschlag rechts (= Ziel der AfD).
Dänemarkt hat, wie ich finde, etwas, dass meiner Vorstellung von Mittelstellung entspricht. Aber solange selbst Migranten, deren Asylantrag abgelehnt wurde, jahrelanges Bleiberecht haben und schließlich eingebürgert werden, sind wir nicht in Mittelstellung.
Aber ich stimme zu, dass die Situation die von Dir beschriebene Dynamik hat, und dass die Positions-Betrachtung eine subjektive ist. Wenn ich selbst rechts stehe, wird das Pendel immer „links“ aussehen, und umgekehrt. Deswegen ist das Halten in Mittelstellung so schwer.
An der Stelle möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass wir meiner Überzeugung nach für den Erhalt unserer Gesellschaft dringend auf Zuwanderung in Jobs angewiesen sind. Mich ärgert und besorgt, dass wir diese Zuwanderung nicht bekommen werden, weil wir die die Zuwanderung in unsere Sozialsysteme so forciert haben. Und mich ärgert, dass zu viele der Migranten sich nicht an unsere regeln halten, und wir zu ohnmächtig sind, uns dagegen zu wehren.
Tja, nun rate mal, wo ich stehe und das Pendel verorte 🙂
Wir haben nicht 10 Jahre alle verteufelt, die dagegen waren, das ist eine völlige Fehlwahrnehmung. Refugees welcome hielt kaum ein Jahr, dann war Schluss damit.
Was das Pendel angeht, haben wir Konsens. Wo du in meinen Augen völlig irrst, ist die Idee, die Zahl der Zugewanderten zu halbieren. Das ist nachgerade extrem. Zwischen der Forderung, hohe Vermögen zu 100% zu besteuern oder zu 0%, sind die 50% auch keine Mittelstellung. Das ist ehrlich gesagt etwas albern. 😀
Das stimmt. Ich hatte in der ÖRR Diskussion letztens eine Studie verlinkt, die zeigte, dass die überwiegend positive Berichterstattung glaube ich bereits in 2015 schon gedreht hatte. Sogar in eher liberalen und den öffentlichen Medien. Von Bild und Co ganz zu schweigen.
Exakt. Aber das wird überhaupt nicht wahrgenommen, da entkoppeln sich Realität und Wahrnehmung völlig.
Ich z.B. habe noch 2014 AFAIR in einem ZEIT Blog deutlich Stellung gegen Massenmigration bezogen und wurde von mehr als einem Forumsteilnehmer für meinen diesbezüglichen „Mut“ gelobt. Das war mir vorher schon in einem FAZ-Blog und in einem Privatblog passiert. Ich habe für mich daraus den Schluss gezogen, dass das in der Öffentlichkeit zu der zeit keine mehrheitsfähige Position mehr war und sie einen leicht unter (unfaires, rufschädigendes) Feuer bringen kann. Was mir egal war, anderen aber offensichtlich nicht.
Das widerspricht der These, die Pro-Massenmigration-Position sei ein Einjahresbaby gewesen, nach meiner anekdotischen Erfahrung doch ziemlich.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Stefan Sasse 7. November 2025, 07:33
Wir haben nicht 10 Jahre alle verteufelt, die dagegen waren, das ist eine völlige Fehlwahrnehmung.
Im Großen und Ganzen widerspreche ich an dieser Stelle. Obwohl wir nun seit 10 Jahren die Situation haben (und jetzt erstmals einen leichten Rückgang), hat es noch keine halbwegs erwachsene Diskussion darüber gegeben, wie sehr Sozialstaat und Gesellschaft durch die Zuwanderung belastet werden. Wir haben immer noch keine saubere Einwanderungsgesetzgebung (bzw. ist das auf mehrere Gesetze und so viele unterschiedliche Regelungen verteilt, dass ein halbwegs cleverer Anwalt jede Behörde an die Wand fahren kann), die diesen Namen verdient.
Aber wir haben sehr viel darüber geredet, was man sagen darf, und was man besser nicht sagen sollte.
Refugees welcome hielt kaum ein Jahr, dann war Schluss damit.
Nach der Kölner Silvesternacht hat die Bevölkerung nicht mahr am Straßenrand gestanden und gejubelt. Seitens der Politik hat sich aber viele Jahre nichts geändert.
Was das Pendel angeht, haben wir Konsens. Wo du in meinen Augen völlig irrst, ist die Idee, die Zahl der Zugewanderten zu halbieren.
Dann versuche ich mal eine Präzisierung: Wenn wir nach zwei Millionen Migranten aufgehört hätten, hätte eventuell die Chance bestanden, diese Zahl halbwegs sauber „aufzuarbeiten“ bzw. zu integrieren und das Pendel in einer halbwegs mittigen Situation zu halten.
Das ist ehrlich gesagt etwas albern.
Albern war es, zu glauben, wir können Millionen von Menschen aufnehmen, ohne einen Preis dafür zu bezahlen. Aber das habe ich schon vor zehn Jahren geschrieben …
Ja, aber „keine ernsthafte Diskussion haben“ und „alle verteufeln“ sind ja völlig unterschiedliche Dinge. Bei ersterem stimme ich völlig zu.
Du verschiebst schon wieder die Torpfosten. Die Politik hat vielleicht keine 180-Grad-Wende hingelegt, die öffentliche Meinung schon!
Auch hier: nach zwei Millionen AUFHÖREN und zwei Millionen ABSCHIEBEN sind völlig unterschiedliche Dinge!!
Das hat auch nie jemand behauptet. „Wir schaffen das“ enthielt immer Aufwand.
@ Stefan Sasse 7. November 2025, 18:53
Ja, aber „keine ernsthafte Diskussion haben“ und „alle verteufeln“ sind ja völlig unterschiedliche Dinge. Bei ersterem stimme ich völlig zu.
Das schließt sich doch nicht aus. Pro Migration wurde immer von einem moralischen Standpunkt aus verargumentiert; Fakten zu Kosten etc als Argument wurden nicht akzeptiert, vermutete Entwicklungen gleich zweimal nicht. Du hast heute noch von vielen die Reaktion, dass man etwa im Falle einer Messerstecherei nicht die Nationalität des Täters veröffentlichen soll; das war früher ein richtiges Drama.
Und selbst ich als moderater Einwanderungsbefürworter wurde hier im Forum schon als Nazi abgestempelt, weil ich mich gegen die bedingungslose Grenzöffnung gewandt habe.
Du verschiebst schon wieder die Torpfosten. Die Politik hat vielleicht keine 180-Grad-Wende hingelegt, die öffentliche Meinung schon!
Ja, aber die Politik beginnt erst jetzt damit. Dass es erste Probleme gibt, war aber schon nach der Silvesternacht 2015 bekannt.
Auch hier: nach zwei Millionen AUFHÖREN und zwei Millionen ABSCHIEBEN sind völlig unterschiedliche Dinge!!
Ja, natürlich. Man hätte nach 1 oder 2 Mio. aufhören sollen, aber wie viele (Dich eingeschlossen) wollten von Obergrenzen nichts wissen? Vielleicht erinnerst Du Dich, wie intensiv wir das damals diskutiert haben.
Schon 2 Mio. Menschen ohne jegliche Vorbereitung aus einem wirklich fremden Kulturkreis aufzunehmen, ist eine heftige Leistung. Wenn wir (nur eine theoretische Diskussion, um Dich zu provozieren) nun 2 Mio.wieder abschieben, hätten wir immer noch viel Last, wäre der Staat mit Integratonsbemühungen immer noch überfordert, würden immer noch Wohnungen fehlen, wäre in vielen Schulen immer noch die Kacke am dampfen.
Das hat auch nie jemand behauptet. „Wir schaffen das“ enthielt immer Aufwand.
Echt jetzt! Da wurde von geschenkten Menschen etc. gesprochen, nicht von Blut, Schweiß und Tränen (bzw. von zunehmender Gewalt, explodierenden Kosten, Verdrängungswettbewerb an Tafeln, bei Sozialwohnungen oder in Schulen).
Da siehst Du immer noch EINIGES zu rosig.
„von geschenkten Menschen“
Das war eine beseelte Kirchenfrau.
@ CitizenK 8. November 2025, 20:10
[„von geschenkten Menschen“]
Das war eine beseelte Kirchenfrau.
Kirche? Wusste ich nicht, danke für die Ergänzung. Passt aber (für mich); mit Kirche und Religion kann ich so überhaupt nichts anfangen. Einmal mehr ein Beweis, dass in jedem Kopf der Glaube das Wissen(wollen) schlägt.
Ich finde es auch nach wie vor schwierig mit dieser Nationalitätenveröffentlichung. Denn du hast natürlich völlig Recht, Verschweigen ist ein Thema. Auf der anderen Seite willst aber auch keine Hetze haben. Das ist ein Balanceakt.
Und ja, die Lage ist schwierig, und vielleicht sehe ich das zu rosig. Gib mir Zeit. So eine Anpassung ist nicht easy, und ich habe schon viel in der Ansicht geändert.
1)
Zitat Stefan Sasse:
„Ich sage schon länger, dass ein großes Problem der demokratischen Parteien ist, dass sie verlernt haben, Geschichten zu erzählen. Es fehlen Gegennarrative, die positive Geschichten erzählen würden.“
Ja, schon, aber wenn „Gegennarrative“ fehlen, muss ja mindestens ein Narrativ da sein, zu dem Gegenstücke fehlen. Also muss es jemand NICHT verlernt haben Geschichten zu erzählen bzw. mindestens eine „positive Geschichte“ (im technischen Sinn) muss als Elefant im Raum schon rumstehen. Ich sage nur: MAGA, was die AfD und „befreundete“ Auftritte im Netz in einer deutschen Version zu kopieren gedenken, was momentan narrativmäßig ja auch ganz ordentlich unterwegs ist. Die Unionschristen sollen dabei vom hohen Ross runtergestupst bzw. weichgekocht werden, was womöglich nur eine Frage der Zeit ist. Bei Fleisch vom hochbetagten Tier dauert die Kochzeit immer etwas länger.
Das ist doch schon schon mal was. Aber auch MAGA und dgl. wird in die Bredouille kommen. Die Leute werden fragen: Wann findet die tolle Zukunft denn nu endlich statt? bzw. kommen zum Befund: Bis jetzt glänzt für mich wenig bis nichts. Das häßliche Schicksal aller politischen Erzählungen im Übrigen: Die Überprüfung anhand der Wirklichkeit. Und heutzutage sind die Leute ungeduldiger denn je, dank u.a. des digitalen Instantismus.
Zitat Stefan Sasse:
…..und die FDP inszeniert sich…..
Kann man wohl vernachlässigen. Die Inszenierung findet am unbekannten Ort vor leeren Zuschauerrängen statt.
Und die komplett zerstrittenen drei nennenswerten Parteichen hierzulande, die mehr oder weniger unter irgendwas mit links verbucht werden, wurschteln mittlerweile alle in derselben Prozenteliga 10-15, in der Summe also ca. 1/3 des Politkuchens; bisschen wenig 🙁
Politik mit dem Begriff „Narrativ“ zu vermählen ist aber schon richtig, IMHO. Und eine mitreißende zeitgemäß linke Novität auf dem Erzählmarkt (die alten sind verschimmelt bzw. in der Rumpelkammer) ist momentan Pustekuchen. Aber hier ein Versuch zum aufwärmen:
https://taz.de/picture/7550822/1200/37754785-1.jpeg
Das ist zwar auch nicht grundsätzlich neu, kommt aber originell daher, auch auf T-shirts und so. Die aus der Asche auferstandene „neue“ Linkspartei scheint momentan eh linksmäßig als narrative Avantgarde auftreten zu wollen, da können Opa und Oma von der Rentnerpartei SPD bzw. der gehobene grüne Mittelstand in den teuren innerstädtischen Vierteln (Motto: Links reden, rechts leben) nur noch komisch gucken. Allerdings läuft bei Linksens und Halblinksens allgemein heutzutage eher alles in vitro, in vivo eher weniger^, das müssten die erst wieder lernen. Solange die sich von den Leuten draußen im Lande nur gestört fühlen, bleibt das schwierig.
@ Dennis
Allgemeine Zustimmung.
MAGA (MDWG oder DdD) hierzulande funktioniert historisch bedingt nicht so gut.
Die EU hätte das Zeug gehabt, ein Narrativ zu werden – sowohl als Gemeinschaft der Vater- bzw. Mutterländer als auch in Form der Vereinigten Staaten von Europa. Aber so, wie die sich anstellt, ist das inzwischen ein Ding der Unmöglichkeit.
„Tax the Rich“ halte ich für ein starkes (wenngleich überaus albernes) Narrativ. Wird nur so lange funktionieren, bis die Wähler verstehen, dass in wirklichkeit nicht die Superreichen, sondern sie selbst besteuert werden sollen.
„Deutschland den Deutschen“ funktioniert wie gesagt nur eingeschränkt,aber in der Klientel sehr gut . Ist aber ebenfalls ein überaus albernes Narrativ, wenn man drüber nachdenkt.
„Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ ist ebenfalls albern, aber derzeit immer noch der angesagteste Slogan – selbst wenn keiner ihn offiziell benutzt.
EU: Zustimmung.
Tax the rich: Jein. Ich glaube, das ist tatsächlich ein recht mächtiger Slogan, wenn er von Leuten kommt, denen man zutraut, tatsächlich die rich zu taxen.
Deutschland: Ja sicher, aber das funktioniert halt super.
Wasch: Definitiv.
@ Stefan Sasse 7. November 2025, 07:26
Tax the rich: Jein. Ich glaube, das ist tatsächlich ein recht mächtiger Slogan, wenn er von Leuten kommt, denen man zutraut, tatsächlich die rich zu taxen.
Wie gesagt: machtvoll, da stimme ich zu. Und die Leute, die den nach vorne tragen, wollen auch tatsächlich „the rich“ besteuern. Nur definieren sie „rich“ wohl anders als ich.
Das mag alles sein, aber du sprachst ja von politischer Effektivität.
@ Stefan Sasse 7. November 2025, 18:54
Das mag alles sein, aber du sprachst ja von politischer Effektivität.
Ja, da haben wir Konsens.
Der Rest mit meine subjektive Wahrnehmung.
Ja, die AfD/MAGA hat eine positive Erzählung. Das ist ja das, was so viele irgendwie nicht zu verstehen scheinen.
Maga zerspalten die sich in Boomer/Generation Z maga.
https://www.youtube.com/watch?v=Tf_Ww2XdllI
Libertäre haben sich „Milei ist kein Libertärer“ / „Milei ist toll“ gespalten.
Die AfD hat zu solchen Spaltungen auch ein großes Potential.
Die dürfen gerne mal anfangen 😀
Generell sind aber Rechte nicht so blöd wie Linke, was das ständige Spalten angeht.
Welche positive Erzählung? Emotional finde ich neben der Grausamkeit und Dummheit an diesen Bewegungen tatsächlich die ständige Negativität und Weinerlichkeit extrem abstossend. Da ist überall Untergang, Opferrolle, höhnische Verachtung, Abschottung, American Carnage, der Untergang des Abendlandes usw. usf.
Auch bei dem was ich so an Schnipseln, Clips usw. mitbekomme scheint mir bei AfD und Co doch schlechte Laune der vorherrschende Gemütszustand zu sein. Jubelvideos wenn sie ein gutes Wahlergebnis erzielt haben, aber ansonsten nehme ich da ganz selten positive „Vibes“ wahr.
Weil wir deren Visionen als nicht positiv wahrnehmen können. Aber ein „Deutschland den Deutschen“, wir schmeißen alle Ausländer raus, Sozialleistungen nur für Deutsche und was des Unsinns nicht noch mehr ist IST eine positive Erzählung für diese Leute! Genauso wie für mich Windräder und Solarkollektoren überall eine positive Erzählung sind, während manchen Konservativen das nackte Grausen kommt.
Mit dem Argument wären doch alle Erzählungen positiv.
Natürlich wird der Grad der Zustimmung auch einen Einfluss auf die individuelle Wahrnehmung haben, aber ich denke man kann „positive Erzählung“ durchaus auch als einigermassen objektive Kategorie verwenden. Und da überwiegen die negativen Erzählungen bei Rechtspopulisten und -extremen m.E. deutlich. Das ist doch sogar Teil des Kerns dieser Strömungen.
Multikulti Strassenfest, alle haben sich lieb und sind eine Bereicherung für die Gesellschaft ist eine positive Erzählung. Die Vergewaltigen unsere Frauen, verderben unsere Kinder, und müssen weg ist eine negative Erzählung.
Transpersonen finden ihr wahres Geschlecht und werden fortan glücklich durch ihr Leben gehen, alles supi, ist eine positive Erzählung. Der Frauensport geht kaputt, die invadieren Saunen und Umkleidekabinen und müssen gestoppt werden, ist eine negative Erzählung.
Endlich werden Frauen in der Sprache sichtbar und kleine Mädchen werden jetzt nun auch alle reiche Oberärztinnen ist eine positive Erzählung. Gendergaga verhunzt die Sprache ist eine negative Erzählung.
Gebetsräume in der Schule und ein friedliches Miteinander ist kein Problem, ist eine positive Erzählung. Die nehmen den Christen die Salami vom Brot und verbieten den Mädels ihre Tanktops ist eine negative Erzählung.
You get my point…
Auch was die „Vibes“ angeht, würde ich vermuten, dass man da was messen könnte. Klar hängt meine Wahrnehmung von z.B. Alice Weidel auch damit zusammen, dass ich ihre Politik nicht mag. Aber ihre Art ist auch objektiv wohl kaum als „positiv“ zu bezeichnen.
In der F.A.Z. wurde das mal gut beschrieben „Alice Weidel ist keine Frau der Zwischentöne. In ihren Reden spielt die AfD-Fraktionsvorsitzende meist auf einer Klaviatur, die aus zwei Tasten besteht: Häme und Zorn. Wenn Weidel lacht, und das tut sie oft, dann über die ganze, nicht enden wollende Dummheit ihrer Gegner. Haha. Dabei kommt ein Strahlen über ihr Gesicht, eine gelöst wirkende Freude. Die hält so lange an, bis Weidel die verstimmte, zweite Taste drückt: Jetzt ist der Zorn an der Reihe.
Schlagartig endet der Singsang ihrer Redestimme. Sie brüllt dann zum Beispiel Anton Hofreiter von den Grünen an: „Wer zahlt denn Ihre stattliche Pension, auch Ihre, Herr Hofreiter – Sie Schreihals, ja. Ihre eingewanderten Goldstücke etwa? Das glauben Sie doch wohl nicht im Ernst!“ Wieder klirrender Akkordwechsel. Zurück zu einer betont falschen Freundlichkeit. Und so weiter.“
In Gänze lesenswerter Kommentar finde ich: https://archive.ph/jbYvJ
Oder erinnere dich an Harris im Wahlkampf. Für ihr Lachen wurde sie doch sogar scharf angegriffen.
Nein, die haben weder eine positive Erzählung noch eine positive Einstellung. Und die und ihre Wähler wollen das auch genauso.
Ich glaub, wenn es um positive gegen negative Erzaehlung geht, geht es nicht so so sehr um den Ist-Zustand; den stellt die AfD als Oppositionspartei natuerlich negativ dar. Sondern eher um die Zukunft. Und da sagt die AfD (und Trump, Farage, Le Pen etc.) halt: Waehlt uns und euch geht es wird besser gehen. Waehrend momentan zum Beispiel SPD und CDU immer nur was von „Wir muessen alle den Guertel enger schnallen“ erzaehlen.
Das hat mit Opposition nur bedingt zu tun. 1. sind andere Parteien auch in der Opposition und erzählen und agieren anders, 2. Ändert sich der Ton nicht, wenn diese Parteien an der Regierung sind, siehe z.B. MAGA.
„Waehlt uns und euch geht es wird besser gehen“
Das ist so allgemein, dass das m.E. nicht als „Erzählung“ definiert werden kann.
Außerdem ist „wählt uns und dann geht es den anderen schlechter“ ein nicht unerheblicher Teil des Kerns dieser Bewegungen. Geht ja sogar teilweise so weit, dass Selbstschädigung als Preis für das Schaden des Gegners akzeptiert wird.
Klar, das heftige Beschimpfen der politischen Gegner und das Zeichnen duesterer Zukunftsszenarien, falls diese an der Macht bleiben, ist ein elementarer Bestandteil der Strategie von AfD, BSW, MAGA, Reform UK usw. Das wird aber auch mit positiven Ausblicken, wenn man denn selber an der Macht ist, verknuepft.
CDU, FDP, und je nach Tageslaune SPD sagen zum Beispiel, wenn wir den Sozialstaat nicht eindaemmen, geht Deutschland pleite. Die Gruenen und je nach Tageslaune SPD sagen, wir muessen jetzt ganz doll Klimaschutz machen, sonst geht die Welt den Bach runter. AfD usw sagen erst einmal auch, wenn wir nicht Migration eindaemmen, Auslaender rausschmeisses, Zoelle einfuehren, DEI und Gendern verbieten, aus der EU austreten usw, wird es schlimm. Sie sagen dann aber auch, und wenn wir das alles tun bekommt ihr alle ganz tolle Jobs, Mieten sinken, es gibt keine Kriminalitaet mehr, ihr duerft ohne Konsequenzen wieder sagen was ihr wollt. Und wir haben dann so viel Geld, dass, je nach wirtschaftspolitischer Ausrichtung, wir massiv Steuern senken oder staatliche Leistungen erhoehen koennen.
Das sind alles konkrete Vorteile (auch wenn groesstenteils Humbug. Ich warte ja immer noch auf die zig zusaetzlischen Milliarden fuer den NHS). Das Bild, das du in deiner Antwort auf Stefan zeichnest, mag fuer uns zwar positiv klingen, es ist aber auch sehr abstrakt und hat mit den Sorgen, die Menschen jetzt konkret haben, nicht viel zu tun. Im Wesentlichen sagen die anderen Parteien „Ohne uns wird es schlimmer“, MAGA und co sagen aber auch „Mit uns wird es – fuer euch – besser.“
Das stimmt schon. Keine Partei oder Bewegung geht zur Wahl und sagt zu ihrer Klientel, wenn wir dran kommen geht’s euch erst richtig schlecht.
Nur so wie du es beschreibst ist es halt auch eine Binse. Da haben die anderen ja genauso positive Erzählungen.
Mein Punkt ist eben, dass sowohl der Ton als auch die Themensetzung und Rhetorik dunkler sind. Und zwar durch die Bank und auch an Regierungsmacht.
Das ist nicht positiv.
Außerdem wird die „positive“ Zukunftsvision eben viel mehr durch negative Erzählungen geprägt, bzw. durch negative Maßnahmen erreicht.
„Give me your tired, your poor, Your huddled masses yearning to breathe free“ ist nun mal eine positivere Erzählung als Build that Wall oder throw them all out.
Unabhängig davon, welche Policy man nun richtig findet.
Und zu guter Letzt, ich verstehe dass Argument, dass MAGA meint so eine bessere Zukunft zu erreichen. Ich bin da aber auch nicht 100% einig. Ich glaube die Grausamkeit ist nicht nur Mittel sondern teilweise auch Zweck an sich. Und dunkler als das kann man kaum erzählen. Zumindest nicht in einer Demokratie.
Ne, aber CDU und SPD sagen „wenn wir dran sind, wird’s ein bisschen weniger scheiße“. DAS ist mein Punkt und das Problem daran.
Ja, das ist mein Punkt!
Ja, genau, das meine ich.
Ne, das sehe ich schon anders. CDU und SPD vor allem, aber auch FDP und Grüne haben kein wirklich positives Zukunftsversprechen. Auch nicht für ihre eigenen Leute.
Die Einzelparteien möchte ich nicht abarbeiten. Es gibt um die Behauptung die Rechtspopulisten hätten positive Erzählungen. Die sehe ich weiterhin nicht. Eine vages Zukunftsversprechen ist auch nicht das gleiche wie Erzählung, letzteres ist m.E. konkreter.
Und ich habe ja jetzt schon reihenweise negatives genannt. Siehst du das nicht?
Und um kurz auf die andere Seite zu schauen. Progressiv hat ja quasi Positivität in Namen.
Eine saubere Zukunft, mit gleichen Rechten für alle, Minderheitenschutz , sich gegenseitig befruchtenden Kulturen, Frieden und erneuerbarer Wohlstand statt Ausbeutung.
Wenn das kein positives Zukunftsversprechen ist?
Viele Leute haben ihr Vertrauen in die von dir genannten sehr abstrakten Zukungsversprechen verloren. Ich kann es verstehen. Mir helfen da gerade englische und französische neue Medien.
Etwa dieses Gespräch englischer Linken hier: https://www.youtube.com/watch?v=hAAb7nuXiYs
Muss jede Minderheit in allen ihren Traditionen geschützt werden? Sind nicht vielleicht manche von deren Traditionen nicht so gut vereinbar mit unserer eigenen Kultur? Kulturkontakt führt zu gegenseitigem Lernen UND Konflikten. Für letzteres sollten klarere Linien gezogen werden. Das ist nur ein Beispiel.
Eine saubere Zukunft, mit gleichen Rechten für alle, Minderheitenschutz , sich gegenseitig befruchtenden Kulturen, Frieden und erneuerbarer Wohlstand statt Ausbeutung.
Wenn das kein positives Zukunftsversprechen ist?
Naja, Zukunftsversprechen ziehen nur, wenn die Menschen nicht täglich mit eigenen Augen das Scheitern dieser Versprechen sehen. So befruchtet sich in der real existierenden multikulturellen Gesellschaft zum Beispiel fast niemand. Im wortwörtlichen Sinne sowieso nicht: Hochzeiten zwischen Hiesigen und neu zugewanderten Armutsmigranten – laut historischen Studien der effektivste Weg zum Aufstieg – gibt es praktisch garnicht. Stattdessen entstehen abgeschottete Parallelgesellschaften, Weihnachtsmärkte müssen mit Betonabsperrungen vor Terroristen geschützt werden, praktisch jeden Monat gibt es mindestens einmal eine Meldung über einen Anschlag oder einen im letzten Moment verhinderten Anschlag, die Ausländerkriminalität bei Armutsmigranten ist ungebrochen hoch und die Integration in den Arbeitsmarkt – teilweise auch nach zehn Jahren – erschreckend niedrig, besonders für ein Land, das händeringend Arbeitskräfte sucht.
Ähnlich sieht es mit der sauberen Zukunft aus. In der real existierenden Welt kriegen wir es nicht hin Brücken zu sanieren, Straßen zu reparieren oder Bahntrassen auszubauen. Erst letzte Woche gab es z.B. in SpOn einen Bericht darüber wie auch Merz’ CDU-Regierung immer weiter hinter den Plänen zurückfällt Brücken in Deutschland instandzusetzen. Normalität in einem Land, das – wie gegenwärtig in Köln – zehn Jahre für die Renovierung eines Museums benötigt. Und die Bahn erreichte letzte Woche ihren Negativrekord, was Verspätungen angeht. Währenddessen verlieren unsere Autobauer im freien Fall Marktanteile auf dem E-Automarkt und spielen etwa in China praktisch schon jetzt keine Rolle mehr. Die neueste Nachricht vom gebeutelten Hersteller Porsche war die Rückkehr zum Verbrenner. Und sowohl in der Solar- als auch in der Windbranche liegen wir abgehängt meilenweit hinter China. Noch nicht einmal der staatlich geförderte Austausch von Ölheizungen war in unserem Land möglich und ging in einem Proteststurm unter.
Und so könnte man die luftigen Zukunftsversprechen der Parteien weiter gegen die Realität messen, die die Menschen ja mit eigenen Augen sehen. Abgesehen davon, dass jegliche positive Vision sowieso im dröhnenden Trommelfeuer der sozialen Medien untergeht.
Über das was ihr beide schreibt kann man gerne diskutieren, ist aber ein anders Thema. Darum dass die positiven Erzählungen unrealistisch seien oder nicht von allen, bzw. nur von wenigen, geteilt werden geht es doch gar nicht. Das gilt für die Erzählungen der anderen Seite ja spiegelbildlich genauso. Dann kann man das Adjektiv auch gleich weglassen und nur von Erzählungen sprechen.
Beide Seiten haben kein positives Narrativ – weil schlicht kein realistisches positives Zukunftsszenario existiert. Ob Frieden, Klima, politische Stabilität, Wirtschaft oder Demographie – es sieht doch überall super scheiße aus.
In der Folge flüchtet sich das rechte demokratische Spektrum in die “gute alte Zeit” und setzt auf Rückbau. Und das linke demokratische Spektrum schaut nach vorne und bietet an den Niedergang zumindest einigermaßen zu gestalten.
Eine packende optimistische Botschaft, die nicht fundamental und für jeden sichtbar der Realität widerspricht, haben beide nicht.
@ Ralf 9. November 2025, 10:39
Beide Seiten haben kein positives Narrativ – weil schlicht kein realistisches positives Zukunftsszenario existiert. Ob Frieden, Klima, politische Stabilität, Wirtschaft oder Demographie – es sieht doch überall super scheiße aus.
Ich kann aktuell auch keinen „Silberstreif am Horizont“ erkennen.
Eine packende optimistische Botschaft, die nicht fundamental und für jeden sichtbar der Realität widerspricht, haben beide nicht.
Die, die in den aktuellen Botschaften eine erkennen, belügen sich selbst. Besser als „so schlimm wird es schon nicht werden“ ist wohl das Positivste, zu dem ich mich Überreden (nicht überzeugen) lassen kann.
Wenn du meinst, dass beide keins haben, sind wir zumindest einig, dass die Rechtspopulisten keins haben 🙂
Im Grunde weiß in den westeuropäischen Kernländern keiner, was er machen soll. Höchstens noch die Signora Meloni.
Die deutschen Populisten machen mehr Public Relations als Analyse und Strategie. Viele Dumpflinge lassen sich dafür einspannen.
Trump läuft ja auch alles andere als gut.
Theoretisch ja, aber die verkaufen es nicht.
Ich glaube, wir streiten über Semantik. Ich bin völlig bei dir, dass die negativ unterwegs sind, nur: deren Anhängende sind überzeugt, dass das super ist und unbedingt gemacht werden muss. Während das im progressiven oder bürgerlichen Lager gar nicht existiert. Da ist man allenfalls „leider nötig“. Aber das ist nicht dasselbe.
Ja, das scheint mir auch so. Die Semantik…
Ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass so viele die Begriffe hier anders zu verstehen scheinen.
Bei den Progressiven sehe ich da gar nicht so eindeutig, bzw. in Bewegung. Klar, wir sind aktuell nicht bei super-positiver Wahlkampführung (Yes we can ist schon ein paar Jahre her). Aber in Holland har gerade ein Kandidat mit fast dem gleichen Slogan sehr gut abgeschnitten.
Man beachte die Semantik in der Überschrift.
„As liberal-progressive D66 party makes huge gains in election, former junior athlete with ‘positive story’ and ‘vision’ leads race for power“
Da steht „positive Erzählung“ und zwar genauso gemeint wie ich den Begriff auch verwende 🙂
https://www.theguardian.com/world/2025/oct/30/rob-jetten-anti-wilders-yes-we-can-candidate-next-dutch-pm
Und zumindest Teile der Demokraten scheinen auch besser darin geworden zu sein, nich nur auf Anti-Trump sondern auch auf eigene positive Botschaften zu setzen. Siehe Teile der Wahlen letzte Woche.
Mal gucken, wie sich das entwickelt.
Here’s to hoping.
Ich biete die Erklärung an, dass der holländische Kandidat nicht gewonnen hat, weil er progressiv ist oder weil er einen optimistischen Slogan hatte, sondern die Wähler haben sich ein “neues Gesicht” gefunden, das – mangels Zeit und Regierungsverantwortung – noch nicht mit Regierungsversagen in Verbindung gebracht wird. Medien und Internet sorgen halt dafür, dass jede Regierung – egal wie kompetent oder inkompetent – mit massivem negativem Messaging überrollt wird. Die Bürger verlieren daraufhin schnell das Vertrauen. Und suchen nach Ersatz. In Holland kam das der vorherigen Kleinpartei D66 zugute, die bald – vorhersehbar – in den Umfragen abstürzen wird. In Deutschland profitieren derzeit davon am stärksten die Nationalsozialisten. Insgesamt produziert das Phänomen Chaos und Instabilität. Und da Extremisten – wenn einmal gewählt – die Macht nicht wieder hergeben, liefert es unsere Demokratien ihren Feinden aus.
Ich denke, solche Erklärungen schließen sich nicht aus.
Die dümmste Begründung hab ich heute übrigens im Spiegel gelesen, aber die kommt ins nächste Vermischte.
Ich glaube, wir haben da unterschiedliche Meinungen zum Wort „positiv“. Für viele Menschen ist die Anwesenheit bestimmter Ausländer nicht positiv, die Anerkennung von Transmenschen nicht positiv, das Gendern nicht positiv, das Sichtbarmachen des Islam nicht positiv. Und zwar an und für sich nicht positiv, und nicht nur, weil es zurzeit nicht funktioniert. Und für die AfD-Anhänger ist das Rückgängigmachen all das absolut positiv.
Nein. Wenn positiv = gefällt der eigenen Klientel bedeuten soll, dann ist das ganze wie gesagt eine sinnlose Kategorie. Und die Behauptung nur die Rechtspopulisten hätten so was wäre auch immer noch falsch. Die Behauptung, die Linken hätten keine Erzählungen finde ich zumindest schwer haltbar. Deren relativ großer Erfolg bei jungen urbanen Schichten, liegt m.E nämlich u.a. genau daran, dass sie eine positive Einwanderungs- und Multikulti Erzählung gemacht haben, in denen diese Klientel sich und ihre Lebenswelt wiederfinden kann.
Mal ein anderes Beispiel andersherum. Verzicht, z.B. auf Fleisch oder Flugreisen, würde ich klar als Teil einer negativen Erzählung betrachten. Es geht primär gegen etwas , das schlecht sei und bekämpft werden müsse, damit es uns besser geht.
Nur weil ein Grünenwähler das vielleicht positiv, im Sinne von ich mag das, sieht, ist es noch lange keine positive Erzählung.
@ derwaechter 8. November 2025, 22:01
Wenn positiv = gefällt der eigenen Klientel bedeuten soll, dann ist das ganze wie gesagt eine sinnlose Kategorie.
…
Nur weil ein …wähler das vielleicht positiv, im Sinne von ich mag das, sieht, ist es noch lange keine positive Erzählung.
Zustimmung
Nun ja, solange es Parteien gibt, machen die politische Vorschläge bzw. Erzählungen für ihre jeweiligen Anhänger. Wenn das ein Problem ist, hilft ggf. eine Einheitspartei (z.B. eine „Partei der Einheit aller Deutschen“, PEAD) weiter, die diesen ekligen Pluralismus beseitigt. Die schlechte Nachricht: Auch unter einem solchen Regime lebt der Pluralismus unterschwellig und inoffiziell weiter.
Mit dem Klassiker LINKS/RECHTS hat man schon mal zwei voneinander abweichende Grunderzählungen mit jeweils zahlreichen Unterformen sowie wechselnden Mischformen. Da kommt schon was zusammen an disparatem Krempel (Erzählungen) im Politschaufenster.
Gut, mehr Konzentration auf Basiserzählungen und weniger Spezialitäten könnte man sich vorstellen, ich hätte nichts dagegen. Ist draußen im Lande aber vermutlich nicht sonderlich erwünscht. Hatten wir ja mal mit den früheren“Volksparteien“, was allerdings heutzutage als hoffnungslos veraltet gilt und erstmal mega out ist.
Man wünscht eher die ganz individuelle Bedienung. Ich hätte gerne ein Narrativ, das auf mich ganz persönlich zugeschnitten ist^.
Zitat derwaechter:
„Nein. Wenn positiv = gefällt der eigenen Klientel bedeuten soll, dann ist das ganze wie gesagt eine sinnlose Kategorie……. “
Okay, 🙁 , also nicht.
Zitat:
„…………Nur weil ein Grünenwähler das vielleicht positiv, im Sinne von ich mag das, sieht, ist es noch lange keine positive Erzählung.“
Gut, aber eine andere Kategorie als „ich mag das“ für „positiv“ kann ich mir schlecht vorstellen. Das Problem könnte die geschmäcklerische Ausuferung heutzutage sein, was allerdings ganz im Sinne des Neo-Liberalismus ist:
https://www.azquotes.com/picture-quotes/quote-there-s-no-such-thing-as-society-margaret-thatcher-89-83-63.jpg
Das ist ja genau das, was ich meinte. Aber: das ist auch egal; die Erzählung muss ja nur für die eigenen Anhängendenschaft positiv sein.
Die Wirtschaft läuft nicht und das war das wichtigste Versprechen.
Inflation wie vorher, Neuverschuldung noch höher und manche erwarten das Platzen der AI Blase.
Zu 1)und 2)
i) Ich glaube, es geht nicht nur darum, dass Parteien der Mut fehlt, EIGENE Narrative (=Geschichten) zu setzen. Sie hängen sich sogar noch an die (scheinbar) vorherrschenden Narrative an und „heulen MIT den Wölfen“
ii)Fundstück 2 Ist ein gutes Beispiel dafür. Seit einiger Zeit setzt ein Teil des medialen Mainstreams (siehe Fundstück 5) Sozialabbau auf die Agenda und stützt das mit Feindbild-Geschichten.
iii) Und die sozialdemokratische Sozialministerin springt da nicht nur auf, sondern nutzt auch selbst die rechtspopulistischen Klischees über „Faulenzer“ , „ausländische Banden“ etc…
iv) Denn macht euch nichts vor, diese Aussagen könnten genauso von der AfD stammen. Würden dann wohl CitizenK und Ralf das auch mit „Was ist so schlimm daran“ kommentieren? Ich denke nicht.
@ cimourdain 6. November 2025, 11:13
… Und die sozialdemokratische Sozialministerin springt da nicht nur auf, sondern nutzt auch selbst die rechtspopulistischen Klischees über „Faulenzer“ , „ausländische Banden“ etc. …
Warum tut sie das? Weil es zum einen nicht nur Klischees sind (es sind zwar nie alle „Faulenzer“, es sind aber auch nie alle „fleissig“), und zum anderen weil ihre Wähler (schau mal in den Ruhrpott) das in weiten Bereichen genauso sehen. Und gerade jemand, der wenig verdient und das Wenige auch noch versteuern muss, hat wenig Verständnis dafür, dass wer und wie viele auch immer ohne Not auf Kosten der Gesellschaft leben.
Denn macht euch nichts vor, diese Aussagen könnten genauso von der AfD stammen. Würden dann wohl CitizenK und Ralf das auch mit „Was ist so schlimm daran“ kommentieren?
Die Aussagen stammen ebenfalls von der AfD; selbst von der LINKEn habe ich gehört, dass man Missbrauch nicht zulassen darf. Ralf und Citizen argumentieren hier sachbezogen, nicht ideologisch. Sie werden trotzdem ihre Kreuze auf dem nächsten Wahlzettel nicht bei der AfD setzen.
Ich hatte das an anderer Stelle schon mal geschrieben: In finde in den Parteiprogrammen einer JEDEN Partei Punkte, die ich unterschreiben kann; das macht für mich dennoch nicht alle Parteien wählbar. Auch werde ich mich nicht von politischen Positionen verabschieden, nur weil eine Partei, die ich nicht leiden kann und nie wählen würde, die gleichen Positionen vertritt.
i) Exactly!
ii) Ebenso richtig.
iii) Yes.
iv) Das ist auch mein Gedanke.
@Stefan Sasse
[ii)Fundstück 2 Ist ein gutes Beispiel dafür. Seit einiger Zeit setzt ein Teil des medialen Mainstreams (siehe Fundstück 5) Sozialabbau auf die Agenda und stützt das mit Feindbild-Geschichten.]
ii) Ebenso richtig.
Sozialabbau ist nicht per se gut oder schlecht, genauso wenig wie Sozialleistungen grundsätzlich gut oder schlecht sind. Wirdmit Sozialleistungen übertrieben, nimmt die Gesellschaft ebenso schaden, wie wenn sie nicht ausreichend erfolgen. Im Moment ist es offenkundig an vielen Stellen zu viel.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Du früher differenzierter argumentiert hast
Es tut mir Leid, dass der Eindruck entsteht, denn das ist nicht meine Absicht. Ich kann deine Aussage unterschreiben, wie sie ist.
@ cimourdin
Wem nützt es, das nicht sehen/thematisieren zu wollen? Wenn das wenigstens den Ärmsten zugute käme, es kassieren aber hauptsächlich einige skrupellose Geschäftemacher mit der Ausbeutung der eigenen Landsleute ab.
@ CitizenK.
Wem nützt es, das nicht sehen/thematisieren zu wollen? Wenn das wenigstens den Ärmsten zugute käme,…
Zustimmung
In Chile könnte ein weiterer mega-Populist in den zweiten Wahlgang kommen: Johannes Kaiser. Die Stichwahl würde er gegen die gemäßigte Vertreterin von den Kommunisten(*) gewinnen. Zur ersten Runde stehen direkt 3 konservative Vertreter zur Wahl und Umfragen geben Kaiser nun gute Chancen, dass er sich da durchsetzt. Allerdings erzeugt der Typ auch massiv Antikörper, d.h. vielleicht wählen auch mitte-links Leute taktisch.
Kaiser spricht ein ausgezeichnetes österreichisches Deutsch. Er hat lange Zeit als Nachtportier in Innsbruck gearbeitet, nachdem er mehrere politikwissenschaftliche Studiengänge in Deutschland und Österreich nicht abgeschlossen hat.
https://www.youtube.com/watch?v=9buqToa6wnI (in deutsch)
Ein Bruder und eine Schwester sind auch libertär/konservativ seit über einem Jahrzehnt sehr lautstark. Der normalste von denen ist der älteste Bruder Leif. Er ist Vorsitzender der National Rifle Organisation Chiles, redet aber nicht so viel. Die haben Deutsch als Jugendliche gelernt. Es gibt traumatische Jahre in der Kindheit, über die er mal sehr offen geredet hat. Seine Mutter war psychisch sehr krank.
Der Typ hat manchmal in Interviews die Kontrolle verloren und dann unglaubliches Zeug geredet. Ich halte ihn aber für nicht *richtig* gefährlich. Gut für Chile wäre er nicht. Neigt sehr dazu, sich auch mit Partnern zu zerstreiten.
(*) schwer zu erklären, sehr chilenisch.