J. K. Rowling – Harry Potter 4: Harry Potter and the Goblet of Fire (Hörbuch) (Deutsch) (Hörbuch)
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Harry Potter wird in den Sommerferien von einem beunruhigenden und zugleich äußerst real wirkenden Albtraum heimgesucht. Darin sieht er den dunklen Zauberer Lord Voldemort in einer deformierten, kindlich-verkrüppelten Gestalt zusammen mit seiner Riesenschlange Nagini und seinem treuen Diener Peter Pettigrew, auch bekannt als Wurmschwanz. Schauplatz ist ein abgelegenes Anwesen, wo der Gärtner Frank Bryce ein Gespräch der drei heimlich belauscht. Als dieser entdeckt wird, tötet Voldemort ihn kaltblütig mit dem „Avada Kedavra“-Fluch. Als Harry aus dem Traum erwacht, schmerzt seine Narbe – ein ungewöhnliches Zeichen, da dieser Schmerz bisher immer auf Voldemorts unmittelbare Nähe hingedeutet hatte. Beunruhigt schickt er sofort seine Eule Hedwig mit einer Nachricht an seinen Patenonkel Sirius Black, um ihn über den Vorfall zu informieren.
Der vierte Teil der Serie wurde von vielen Lesenden hier ja als einer der besten oder zumindest deutlich abgetrennt von den ersten drei Romanen beschrieben. Nachdem ich mit meiner Lektüre nun endlich hier angekommen bin, kann ich das grundsätzlich bestätigen. Mein Lesevergnügen war bei diesem Roman merklich höher als bei den drei Vorgängern, er ist klar der beste der Serie solang. Das heißt nicht, dass ich ihn für ein großartiges Buch halten würde, aber ich hatte deutlich mehr Lesevergnügen als bei den bisherigen Bänden.
Das liegt sicherlich an der Struktur. Das trimagische Turnier gibt dem Roman einen klareren strukturierenden Fokus, einen erzählerischen Zug, den die episodische Struktur der ersten Romane deutlich vermissen lässt. Das heißt nicht, dass Rowling ihre strukturelle Schwäche gänzlich überwunden hätte; noch immer folgen Plotstränge relativ beliebig aufeinander und besitzen keinerlei thematische Verzahnung untereinander, bleiben oft genug auch einfach ungelöst und geradezu „vergessen“.
Mein Lieblingsbeispiel für diesen Band sind die Hauselfen. Immerhin bereits im vierten Roman scheint Rowling aufgefallen zu sein, dass eine Rasse von versklavten Lebewesen vielleicht nicht gänzlich unproblematisch ist. Ich habe immer noch ein flaues Gefühl in der Magengrube, dass das Thema hauptsächlich als Lachnummer abgearbeitet wird und vor allem dazu dient, Hermione eine Aktivistenpersona zu geben – das ständige Überdrehen von Hermione ist ohnehin ein Topos, der ermüdend ist -, aber mit dem Storystrang passiert auch nichts. Die Hauselfen besitzen nur Plotrelevanz, weil Winky den Bösen dient; Hermiones moralischer Kreuzzug (der absolut gerechtfertigt ist!) wird nie wieder thematisiert, sobald er seine Nützlichkeit für den Plot erfüllt hat.
Das ist ein Grundschema der Harry-Potter-Romane: Rowling hat eine Handlung, und dieser wird alles untergeordnet. Charakterisierungen oder Leitmotive finden darin keinen Platz. Das hat sich auch mit dem vorliegenden vierten Band nicht großartig verändert. Immerhin thematisieren jetzt auch mehr Leute die absurde Gefährlichkeit von Hogwarts, auch wenn das Argument, man müsse gegen das Böse gewappnet sein, angesichts der Dauerproduktionslinie böser Magier durch Slytherin etwas heuchlerisch ausnimmt. Ernsthaft, wie kann jemand Snape unterrichten lassen oder ein Haus wie Slytherin laufen lassen? Völlig unverantwortlich.
Ebenfalls auffällig sind die klaren Grenzen von Rowlings sprachlichen Fähigkeiten. Ihre Prosa ist in Ordnung, und sie hat genug kreative Ideen, um Hogwarts zu einem lebendigen Ort zu machen, aber meine Güte ist ihre Sprache begrenzt. Dumbledore sagt alles mit „twinkling eyes„, jeder zweite Satz von Draco Malfoy ist „drawling„, und so weiter. Die Beschreibungen wiederholen sich permanent. Auch die ungeheuer oberflächlichen Charakterzeichnungen und die Tendenz zu ewig langen Expositionen bleiben ein Ärgernis. Voldemorts Auftreten wird von ihr durchaus kompetent vorbereitet, aber die Spannung und der Schrecken der Szene werden durch einen fünfzehnminütigen (!) Monolog des dunklen Lords, in dem dieser Harry, den er jetzt aber gleich versprochen großes Dunklermagierehrenwort auf ungeheuer grausame Weise töten wird, in ermüdendem Detail den ganzen Plot erklärt.
Die literarische Schwäche Rowlings wird auch dadurch deutlich sichtbar, dass der vorherige Text keinerlei Hinweise enthält. Lese ich „A Storm of Swords“ noch einmal, finden sich Hinweise auf das Red Wedding durch den ganzen Text verteilt. Im „Goblet of Fire“ ist nichts, die Twists kommen völlig unvorhersehbar – was die ermüdenden Expositionsdialoge der Bösewichte in jedem Band ebenso erforderlich macht wie mindestens einen weiteren, sicherlich zwanzigminütigen, Monolog Dumbledores am Schluss, in dem dieser den Plot noch einmal erklärt.
Immerhin ist Hogwarts nun nicht mehr die dysfunktionalste Magierschule; Durmstrang dürfte diesen Preis leicht für sich in Anspruch nehmen. Aber um nicht weiter auf den toten Hund einzuprügeln; was mir deutlich besser gefallen hat war die gestiegene Komplexität für das Ministerium der Magie. Mit Fudge gibt es einen Antagonisten, der zwar offensichtlich dümmer und Dumbledore auf allen Gebieten unterlegen ist (gähn), aber immerhin einmal im guten Team spielt und aus eigenen, grundsätzlich nachvollziehbaren Gründen ein Hindernis darstellt und damit die Welt interessanter gestaltet – und hoffentlich auch künftige Plots.
Ich mache jetzt erst einmal eine kurze Pause vom Hogwarts-Universum – meine Audible-Guthaben sind alle 🙂