Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) Maybe Democrats Didn’t Do So Badly After All
Der Artikel beleuchtet die Wahlniederlage der Demokraten in den USA und die Diskussion über die Zukunft der Partei. Während einige prominente Demokraten wie Chris Murphy und Bernie Sanders die Wahl als „katastrophal“ bezeichnen, da Donald Trump sowohl die Mehrheit der Wahlmännerstimmen als auch die Volksabstimmung knapp gewann, zeigen andere, dass die Verluste weniger dramatisch waren: Die Demokraten verbesserten sich in einigen Kongresswahlen und haben Chancen, bei den nächsten Zwischenwahlen das Repräsentantenhaus zurückzugewinnen. Ein zentrales Problem der Partei ist der Verlust der Unterstützung der Arbeiterklasse und signifikanter Rückhaltverlust bei nicht-weißen Wählern in Städten. Kritiker argumentieren, dass die Demokraten den Bezug zur Lebensrealität vieler Wähler verloren haben und wirtschaftlichen Populismus stärker betonen sollten. Beispiele erfolgreicher Kandidaten, wie Pat Ryan in New York, zeigen, dass eine Konzentration auf lokale wirtschaftliche Sorgen und ein Abweichen von der Parteilinie bei kulturellen Themen wie Immigration helfen kann. Die Partei steht nun vor der Herausforderung, die Ergebnisse zu analysieren und strategische Veränderungen vorzunehmen, ohne vorschnelle Schlüsse zu ziehen. Die Diskussion über die Balance zwischen wirtschaftlichem Populismus und progressiven sozialen Werten wird entscheidend für die Zukunft der Demokraten sein. (Russell Bermann, The Atlantic)
Ich habe durch das ganze Jahr 2024 immer gesagt, wenn mich jemand nach der Prognose für die Präsidentschaftswahl gefragt hat, dass es effektiv 50:50 ist. Und ich fühle mich in meinen Analysen ziemlich bestätigt, sowohl vor der Wahl als auch danach. Es gibt kein großes Geheimnis, warum die Democrats die Wahl verloren haben. Weder sind sie zu „woke“ noch nicht „woke“ genug, weder zeigt die Wahl ein kolossales moralisches Versagen der Biden-Administration in Gaza noch ein „abandonment“ der „working class„. Die Democrats verlieren seit den 1960er Jahren im Trend Stimmen in der weißen Arbeiterklasse. Das war 1980 wahr und es ist 2024 wahr. Genauso gewinnen sie im Trend konstant die Stimmen der college-educated voters und der Vorstädte. Nichts ist dieses Jahr außergewöhnlich, und für eine Regierungspartei 2024 schnitten sie sogar überraschend gut ab. Ich wage die Prognose, dass wenn die Partei gar nichts ändert und einfach nur solide Oppositionspolitik betreibt, sie die Midterms 2026 im House of Representatives gewinnen wird und eine gute Chance (mindestens 50:50) bei den Präsidentschaftswahlen 2028 haben wird. Bestimmt gibt es Dinge, die on the margin verbessert werden können. Aber die Antwort darauf findet sich sicher nicht in den cleveren Kommentaren derer, die in der Wahl die Bestätigung sehen, dass richtig ist, was sie schon immer geglaubt haben. Das sieht man auch gut daran, dass Kritiker*innen von links wie rechts die Wahl als Bestätigung nehmen.
2) Habeck will nicht an TV-Duell mit Weidel teilnehmen
Der Artikel beschreibt die Kontroverse um geplante TV-Duelle der Spitzenkandidaten vor der Bundestagswahl. Während Kanzler Olaf Scholz und CDU-Chef Friedrich Merz am 9. Februar in einem Duell aufeinandertreffen sollen, lehnt Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck ein Duell mit AfD-Chefin Alice Weidel ab. Sein Sprecher kritisiert die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF dafür, dass sie trotz vorheriger Ablehnung der Grünen eine Einladung ausgesprochen und Fakten geschaffen hätten. Er warf den Sendern vor, damit in den Wahlkampf einzugreifen. ARD und ZDF planen mehrere Duelle, um die Spitzenkandidaten prominent in Szene zu setzen, darunter ein abschließendes Duell zwischen Scholz und Merz. Weitere Kombinationen mit Kandidaten anderer Parteien, darunter FDP und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), sind in Vorbereitung. Habecks Sprecher fordert, die Pläne zu überdenken, da Umfragen einen offenen Wahlausgang andeuten. Alice Weidel kritisiert ebenfalls, dass die AfD trotz starker Umfragewerte in kleineren Formaten benachteiligt werde. Die Debatte spiegelt strategische Überlegungen der Parteien und den Einfluss der Medien auf den kurzen, intensiven Wahlkampf wider. Aktuell liegt die CDU/CSU mit 30 Prozent in Führung, gefolgt von AfD (19 Prozent), SPD (17 Prozent) und Grünen (13 Prozent). (ntv)
Ich verstehe das Dilemma sowohl für die Verantwortlichen in den Medien als auch bei Habeck. Scholz und Merz profitieren von der ganzen Geschichte, weil sie eine Duellsituation wollen und ihnen das alles freie Sendezeit generiert; die können wir in der Betrachtung außen vor lassen. Für die beteiligten Sender ist die entscheidende Frage bei der Einladung, nach welchen Kriterien man das macht. Schaut man auf die Umfragewerte, ist nicht ersichtlich, warum Scholz und Merz ein Duell fechten sollten. Erstens liegt die AfD vor der SPD und zweitens die Grünen so nah an der SPD, dass das als Erklärung nicht taugt. In den Direktwahl-Umfragen (die mangels Direktwahlmöglichkeit eh mit Vorsicht zu genießen sind) liegt Scholz vorne und Habeck nah an Merz – damit könnte man, wenn man die Augen zukneift und von der Seite schaut, ein Triell rechtfertigen, aber so verwegen sind die Beteiligten zum Glück nicht. Bleiben Regierungsaussichten: die Festlegung der CDU auf Schwarz-Rot (oder, gegebenenfalls, auf Rot-Schwarz) macht die Inklusion Scholz‘ verständlicher. Gleichwohl haben die Grünen eine Außenseiterchance, was ihre Exklusion hier zur Vorfestlegung macht. Aber dieses Argument kann man immerhin ohne rot zu werden gegen eine Weidel-Teilnahme in Stellung bringen, weil ohne 51% für die AfD keine Kanzlerinnenschaft für sie drin ist.
Stellt sich also die Frage, warum man nicht alle vier Kanzlerkandidat*innen antreten lässt. Dagegen gibt es meines Erachtens nach zwei Gründe. Grund 1 ist, dass die reine Ernennung eines Kandidaten für die Inklusion dann dazu führen würde, dass auch FDP, LINKE und BSW Kanzlerkandidat*innen küren. Dann hat man dasselbe Problem wieder. Grund 2 aber ist, dass ein solches Vierergespann einerseits wenig Informationswert hätte – jede beliebige Talkshow zeigt, wie sinnvoll das ist – und andererseits zu einer „3 vs. 1“-Dynamik führen würde, die ständig die AfD hervorhebt und die drei demokratischen Parteien zwingt, sich von ihr abzugrenzen. Statt also gegensätzliche Ideen und Vorstellungen für die Wählenden herauszustellen, würde der Eindruck einer Einigkeit entstehen, mithin also genau das, was man nicht haben will. Von der Stärkung der AfD abgesehen.
Es gibt also für die Medien keine gute Lösung. Alles ist ein Problem. Deswegen ja auch der scheinheilige Vorschlag eines zweiten Duells Habeck gegen Weidel. Dieses Angebot wurde nur zu dem Zweck gemacht, dass Habeck es ablehnt. Er kann auch nicht anders: einerseits ist ein „Kindertisch“ der Kandidaten eine Vorfestlegung, die er so nicht akzeptieren kann, und andererseits ist das Narrativ der Grünen und der AfD als gleich radikale Enden des Spektrums eines, das weder zutreffend noch akzeptabel ist. Die Medien sind damit aus der Chose heraus: sie können sagen, dass sie das Angebot gemacht haben, die AfD kann es auf die Grünen schieben und das Duell Merz gegen Scholz läuft. Für dieses Jahr mag das genügen, aber auf Dauer ist das keine tragfähige Lösung. Siehe auch Resterampe f)
3) Traut Euch! Diese acht Ideen vereinfachen das Leben vieler Menschen
Der Artikel beleuchtet acht Wahlprogrammideen, die die politische Landschaft Deutschlands prägen könnten. Hier eine Übersicht der zentralen Vorschläge:
- Pflege-Deckel der SPD: Die Partei will den Eigenanteil für Pflegekosten auf 1000 Euro monatlich begrenzen, um Pflegebedürftige und ihre Angehörigen finanziell zu entlasten.
- Aktiendepot für Kinder der Union: Pro Kind sollen monatlich 10 Euro in ein kapitalgedecktes Altersvorsorgekonto fließen, um langfristige finanzielle Stabilität zu fördern.
- „Deutschland-App“ der Grünen: Eine zentrale Plattform für digitale Behördengänge soll Verwaltung vereinfachen und modernisieren.
- Mietendeckel der Linken: Ein bundesweiter Mietendeckel soll Mieterhöhungen stoppen und bezahlbaren Wohnraum sichern.
- Mobilitätspass der SPD: Junge Menschen sollen einen 500-Euro-Pass für Führerscheinkosten oder Bahnfahrten erhalten, um Mobilität zu fördern.
- Wöchentliche Arbeitszeitregelung der Union: Statt täglicher Arbeitszeitgrenzen soll eine maximale Wochenarbeitszeit eingeführt werden, um flexiblere Arbeitsmodelle zu ermöglichen.
- Klimageld 2.0 der Grünen: Ein Ausgleich für gestiegene CO2-Preise soll gezielt Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen unterstützen.
- Deutschland-Abitur der FDP: Ein einheitliches Abiturverfahren soll Bildungsungleichheit zwischen Bundesländern beheben.
Die Vorschläge zeigen unterschiedliche Ansätze, um soziale, wirtschaftliche und ökologische Herausforderungen anzugehen. Die Ideen reichen von radikalen Reformen bis zu gezielten Entlastungen, die vor allem sozial Schwächere unterstützen sollen. (Lisa Becke/Julius Betschka/Martin Debes/Florian Schillat, Stern)
Die Idee, die Wahlprogramme nach einigen kleineren Sachen zu durchsuchen, ist ja ganz apart. Ich will das mal kurz im Eilverfahren durchgehen. 1) Pflegedeckel. Klingt grundsätzlich vernünftig aus Sicht der Betroffenen. Die Kosten klingen aber sehr hoch. Für mehr fehlt mir die Expertise. 2) Aktiendepot. Klar, warum nicht? 3) Deutschland-App. In der Theorie was man braucht, in der Praxis muss ich eine komfortable und funktionsfähige Behörden-App sehen, bevor ich ja sage. 4) Mietendeckel. Hat mich hier am meisten überrascht. Die Autor*innen haben es mit dem Argument „man muss endlich mal was Radikales machen“ rein, was für mich nicht überzeugend ist. 5) Mobilitätspass. Klingt vor allem teuer und wenig zielgerichtet. Ich mag solche Gießkannenleistungen nicht besonders. 6) Arbeitszeit. Ich halte das Missbrauchspotenzial für sehr hoch, aber es kommt auf die konkrete Ausgestaltung an. 7) Klimageld. Ja sicher, ohne das keine CO2-Bepreisung. 8) Deutschland-Abitur. Erstens nicht die Kompetenz des Bundes und zweitens…klar, aber welches Abi? Ich halte die unterschiedlichen Abis für ein wesentlich kleineres Problem als oft diskutiert, und durch das IQB-Verfahren der KMK (die die FDP übrigens abschaffen will) gibt es da ja bereits Ansätze zur Vereinheitlichung.
4) The Merz doctrine: What a CDU-led government would mean for German foreign policy
Der Artikel analysiert Friedrich Merz’ politische Philosophie und mögliche Auswirkungen einer CDU-geführten Regierung auf Deutschland und Europa. Merz, geprägt durch die Ära Helmut Kohls und ein Verfechter europäischer Integration, steht im Spannungsfeld zwischen konservativem Europäismus, marktliberalem Atlantismus und einer defensiven „Germany first“-Haltung. Europäismus: Merz betont eine stärkere europäische Integration und sieht Deutschland in zentraler Rolle. Er fordert eine „Neuordnung“ der Beziehungen zu Frankreich und Polen, kritisiert die Abhängigkeit Europas von den USA und unterstützt eine robustere Haltung gegenüber Russland, etwa durch die Lieferung von Waffen an die Ukraine. Atlantismus: Merz steht für enge transatlantische Beziehungen, geprägt durch seine Karriere bei Blackrock und Atlantik-Brücke. Dennoch erkennt er die Notwendigkeit einer stärker eigenständigen europäischen Verantwortung in der NATO, insbesondere unter einer möglichen zweiten Trump-Regierung. „Germany first“-Ansatz: Merz lehnt tiefgreifende europäische Fiskalpolitik wie gemeinsame Schulden ab und zeigt eine restriktive Haltung in der Migrationspolitik. Dieser nationalistische Fokus könnte seine europäische Agenda einschränken. Spannungsfelder: Europäismus vs. „Germany first“: Merz’ Weigerung, europäische Projekte wie die Fiskalintegration zu finanzieren, untergräbt seine Forderungen nach einer stärkeren EU. Atlantismus vs. nationalistische CDU-Flügel: Seine Basis in Ostdeutschland ist teils skeptisch gegenüber NATO und den USA, was seine außenpolitische Vision gefährden könnte. Zukünftige Herausforderungen: Koalitionsbildung: Eine mögliche CDU-geführte Koalition mit SPD oder Grünen könnte die Umsetzung seiner Pläne beeinflussen, insbesondere bei Migration und Klimapolitik. Trump 2.0: Eine neue US-Präsidentschaft unter Trump würde den Druck auf Deutschland erhöhen, sich stärker auf europäische Eigenständigkeit zu konzentrieren. Ob Merz die Ambivalenzen seiner drei politischen Säulen überwinden und Deutschland als Führungsnation in Europa etablieren kann, bleibt ungewiss. Der Erfolg hängt maßgeblich von seiner Koalitionsstrategie und der Fähigkeit ab, europäische und nationale Interessen auszubalancieren. (Jeremy Cliffe/Jana Puglierin, ECFR)
Merz hat viele richtige Instinkte in meinen Augen. Deswegen ist auch diese Fixierung auf eine SPD-Koalition und eine Ablehnung der Grünen aus außenpolitischer Sicht Unsinn; die Schnittmengen sind mit den Grünen bei weitem am Größten. Hier würde Merz offene Türen einrennen; Habecks Partei ist in manchen Punkten mittlerweile weiter als die CDU selbst, vor allem, wenn man den Blick auf die Ostverbände wirft. Ich bin bei Merz außerdem skeptisch, ob er in der Lage ist, Bündnisse zu schmieden. Das ist ja schon in Deutschland aus koalitionstaktischer Perspektive problematisch, weil er nicht eben eine integrative Figur ist, aber dasselbe gilt auf europäischer Ebene, wo ideologische Besitzstände viel härter auf die Realitäten treffen werden als in Deutschland, wo diese wesentlich breiter geteilt werden. Aber ein stärkeres Zusammenarbeiten mit Polen und Frankreich (und Italien!) ist zwingend nötig, nur: ist Merz da der richtige Typ für? Gibt es in Deutschland überhaupt jemanden, der in der Lage ist, so disparate Ansprüche und Sensibilitäten zu navigieren?
5) „Beschiss“: Hamburger Krankenkassen-Chef rechnet mit Jens Spahn ab
In einem aktuellen Interview kritisiert Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse, die Politik des ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn (CDU) scharf und macht ihn für die steigenden Krankenkassenbeiträge ab 2025 mitverantwortlich. Spahn habe ein Gesetz durchgesetzt, das Krankenkassen zwang, ihre Rücklagen abzubauen, um kurzfristig Beitragsstabilität während seiner Amtszeit vorzutäuschen. Baas nennt dies „Beschiss“ und betont, dass die Rücklagen von mehreren Milliarden Euro auf wenige hundert Millionen geschrumpft seien. Diese Entwicklung führe nun zu einer erheblichen Beitragserhöhung. Baas warnt zudem, dass die Krankenkassen bei einer erneuten Krise wie der Corona-Pandemie keine finanziellen Mittel mehr hätten, um schnell zu reagieren. Das Bundesgesundheitsministerium unter Karl Lauterbach (SPD) hat den durchschnittlichen Zusatzbeitrag bereits auf 2,5 Prozent angehoben. Die tatsächlichen Beiträge variieren jedoch je nach Finanzbedarf der jeweiligen Krankenkasse. Laut Baas zeigt die aktuelle Situation die Folgen kurzfristiger politischer Strategien und unzureichender finanzieller Planung. (aba, Mopo)
Es fasziniert mich unendlich, wie es der CDU jedes Mal aufs Neue gelingen kann, ihre eigene Verantwortung komplett vergessen zu machen. Während die Schuld für die Energiekrise 2024 gerne den Grünen für den Atomausstieg 2002 angelastet wird, schafft es die CDU, ohne rot zu werden hinzustehen und zu sagen, dass sie antreten um den ganzen Staustall aufzuräumen, den sie 16 Jahre lang veranstaltet haben. Jens Spahn, Andreas Scheuer, Peter Altmaier – nur um die drei worst offender zu nennen – sind einfach nicht dieselben Personen wie vor drei Jahren, die Partei nicht dieselbe. Das ist etwas, das nur der CDU zugestanden wird. Keine andere Partei darf so einfach ihre komplette Vergangenheit abstreifen. Nicht die FDP, nicht die Grünen, nicht die SPD, die LINKE gleich dreimal nicht. Aber klar, 30-40% für die Partei, die uns vor allem in den Schlamassel geritten hat, warum nicht?
Resterampe
a) Lindners Radikalisierungskampagne geht weiter (Twitter).
b) Scheinbar doch nicht ganz so linksgrün versifft, die ÖRR (Twitter).
c) Sehr guter Punkt zu School Shootings in den USA (Bluesky).
d) Ich sag es immer wieder: mit dieser überschießenden Antisemitismus-Rhetorik schaden die Leute dem Anliegen (Twitter).
e) FDP-Entwurf fürs Wahlprogramm: Massive Steuersenkungen und Schuldenbremse einhalten (Spiegel). „Wirtschaftskompetenz“. Das ist so ein Scherz.
f) Lindner erklärt, Habecks Platz im TV-Duell einnehmen zu wollen (Twitter). Die Analyse halte ich für zutreffend.
Fertiggestellt am 24.12.2024
2) Habeck will nicht an TV-Duell mit Weidel teilnehmen
Ich weiß, es ist sehr altmodisch (oder auch Old-School oder Boomer-Meinung): Diese Showveranstaltungen passen nicht in’s deutsche Wahlsystem.
Wir wählen nun mal keinen Kanzler sondern Parteien, dann sollen eben auch diese Spitzenkandidaten diskutieren. Da gibt es nun mal mehr als zwei und die sollten dann auch im TV vorkommen (da gibt es auch so was altmodisches wie einen „Bildungsauftrag“, keine Pflicht für Showveranstaltungen).
Meiner Meinung nach sollten an einer solchen Runde alle Parteien vorkommen, die im Bundestag vertreten sind bzw. die ein bestimmtes Quoum überschreiten (das meiner Meinung nach relativ niedrig sein sollte, ein oder zwei Prozent).
Wenn die öffentlich-recthlichen Sender ein Quorum von 10 % (das passiert bei den ausgewählten Spitzenkandidaten), dann ist das schlicht zu hoch.
Ich stimme dir zu, dass das Format nicht passt, aber eine runde mit acht, neun „Spitzenkandidierenden“, was soll da denn rauskommen…?
Warum nicht? Da muss die Moderation eben etwas leisten (Redezeitbeschränkung pro Person auf 1 Minute zu einer Frage oder ähnliches).
Ok, cool. Dann sagt jeder eine Minute das auswendig gelernte Sprüchlein auf. Alle reihum. Unsere Gebührengelder bei der Arbeit.
Ach So, es geht um Unterhaltung, nicht den Bildungsaaftrag oder gar der Darstellung einer pluralistschen Gesellschaft.
Na dann, wie wäre es dann mit Polit-Boxen statt Promi-Boxen? Merz gegen Scholz, wer haut am besten? Das wäre sicherlich cooler als eine dröge Diskussionssendung.
Das ist keine Diskussion, das ist ja genau mein Punkt. Das ist reines Aufsagen von Sprüchen. Aber klar, macht mal, schlimmer als das „TV-Duell“ kann es nicht werden.
Ich seh das mehr von der praktikablen Seite. Wenn man das Format so beibehalten will, macht das Duell Merz-Scholz schon am meisten Sinn. Schließlich wird irgendeine Regierung mindestens eine der Parteien dabei haben. Und mehr als drei Teilnehmer sprengen das ganze Format. (bin schon heilfroh, dass es nicht wieder vier ModeratorInnen geben soll)
Genau.
4) „die Schnittmengen sind mit den Grünen bei weitem am Größten.“
Was ist mit Söder? Der kann doch von seiner Festlegung gegen Schwarz-Grün nicht nicht runter.
Es ist Söder, der kann von allem runter. Außerdem hat er den Vorteil, dass er das nicht entscheidet. Der ist MP von Bayern, nicht von Berlin.
Die Position, von der Söder nicht problemlos runterkönnte, wurde noch nicht gefunden 🙂 .
Exakt.
Come on es ist Söder – wenn die Grünen nicht den Wirtschaftsminister stellen und die CSU gute Ressorts bekommt, dann wirst Du sehen wie Maggus uns das ganze als gut für Bayern, Deutschland und Europa verkaufen wird…
zu 1) “Democrats”
Die Demokraten verbesserten sich in einigen Kongresswahlen und haben Chancen, bei den nächsten Zwischenwahlen das Repräsentantenhaus zurückzugewinnen. […] Die Partei steht nun vor der Herausforderung, die Ergebnisse zu analysieren und strategische Veränderungen vorzunehmen
[…]
Ich wage die Prognose, dass wenn die Partei gar nichts ändert und einfach nur solide Oppositionspolitik betreibt, sie die Midterms 2026 im House of Representatives gewinnen wird und eine gute Chance (mindestens 50:50) bei den Präsidentschaftswahlen 2028 haben wird.
Sowohl Du als auch der Autor des Textes tun so, als sei die Wahl von Donald Trump eine ganz normale Wahl gewesen. In zwei oder in vier Jahren würde halt erneut gewählt. Und dabei könne dann die gegenwärtige Opposition wieder das Ruder übernehmen.
Das hat 1933 ja auch super geklappt. Klar – war blöd, dass die NSDAP den Reichskanzler stellen und eine Regierung anführen durfte. Aber schließlich wurde 1937 ja erneut gewählt. Die Sozialdemokraten, die in den vier dazwischen liegenden Jahren solide Oppositionsarbeit geleistet hatten, übernahmen nach der Abwahl von Hitler dann bekanntlich die Regierung.
Also – kein Grund zur Sorge.
Ich gehe nicht davon aus, dass wir ein 1933-Szenario haben, nein.
Unter 1933 machen wir es heute nicht mehr, nein?
Da sich die Leute hier so sehr am 1933-Vergleich stören, kann man ja zahlreiche analoge Beispiele von gekippten Demokratien finden. Putin ist ein Beispiel. Erdogan ist ein Beispiel. Auch die neue Diktatur in Tunesien ist ein Beispiel.
Ich finde Polen und Ungarn als Referenzen sinnvoller.
Ich halte weder Polen noch Ungarn für sinnvolle Analogien. Beide Länder sind arm, politisch und militärisch unbedeutend und – ganz wichtig – extrem abhängig von den westlichen Demokratien der Europäischen Union. Weder Orbán noch Kaczyński können es sich leisten einen echten Bruch mit Deutschland, Frankreich und den westlichen Demokratien zu wagen, weil sie die EU-Gelder für die Finanzierung ihrer korrupten Cliquen benötigen. Deshalb müssen und mussten beide immer wieder Kreide fressen.
Die USA, ebenso wie Putin in Russland oder Erdogan in der Türkei, sind aber weitestgehend autark und unabhängig. Trump und die Extremisten in seinem Zirkel müssen keinerlei Rücksicht auf irgendwen nehmen. Im Gegenteil. Die europäischen Demokratien kommen kleinlaut als Bittsteller und betteln um ein bisschen Entgegenkommen bei den Schutzzöllen und um ein bisschen Schutz vor Putin.
Dabei hat Trump jetzt alle Hebel der Macht in seiner Hand. Er kontrolliert die Präsidentschaft, das Repräsentantenhaus und den Senat. Der Supreme Court ist auf Jahrzehnte mit Rechtsextremisten besetzt. Das Silicon Valley ist bereits übergelaufen. Auch die, die bis jetzt gezögert haben, wie etwa Mark Zuckerberg, kommen jetzt gelaufen und bieten Trump die Kooperation an. Die Mainstreammedien haben ebenfalls bereits kapituliert. Die Washington Post traute sich zum Beispiel nicht einmal mehr eine Wahlempfehlung auszusprechen, weil Jeff Bezos um seine Staatsaufträge fürchtete. Auch bei der LA Times wollte ein Milliardär seine Profite retten und verbot die Wahlempfehlung. Im Trump-Camp wird bereits darüber diskutiert CNN und NBC die Sendelizenz zu entziehen. Und Journalisten, die nicht auf Linie sind, sind zu legitimen Zielen des Justizministeriums erklärt worden. Verhaftungen dürften unmittelbar bevorstehen. Wie 1933.
It’s Game over.
Bedrohlich, keine Frage. Es wird schlimmer werden als in Polen und Ungarn. Aber wenn er schon nicht alle Ernennungen durchsetzen konnte – wird es im Kongress doch Widerstand geben. Wird er Entscheidungen lokaler Gerichte (die ja nicht wie in Nazi-D gleichgeschaltet werden können) missachten können?
Trump selber steht per Dekret des Supreme Court über Recht und Gesetz und ist nicht mehr an Gerichte gebunden. Wenn Gerichte überhaupt noch wagen, nicht in seinem Sinne zu urteilen, werden die rechtsextremen Richter am Supreme Court das Recht anpassen. Aber trumpkritische Individuen flüchten auch bereits aus Positionen – selbst wenn ihre Amtszeit noch viele Jahre laufen würde und sie theoretisch nicht durch den Präsidenten kündbar sind, wie kürzlich etwa FBI-Chef Wray.
Beobachter in den amerikanischen Mainstreammedien wie CNN, thehill.com oder die New York Times gehen meinem Lesen nach davon aus, dass die Mehrheiten für die jetzt vorgeschlagenen Kandidaten zustandekommen werden. Der Kinderschänder Gaetz aus Florida wäre somit der einzige, der sich zurückgezogen hat.
Ich gehe davon aus, dass Trump in der GOP wie ein absolutistischer Tyrann wird herrschen können. Jeder Widerstand ist gebrochen. Kritiker sind aus der Partei oder zumindest aus wichtigen Ämtern vertrieben. Es sind nur noch handverlesene, auf ideologische Reinheit geprüfte Speichellecker übrig. Und wenn erst die ersten “Volksfeinde” verhaftet werden, wird es im Widerstand noch stiller werden.
Es gibt bisher nichts, was darauf hindeutet, dass der amerikanische Rechtsstaat, die Gewaltenteilung oder der Förderalismus nicht funktionieren. Ihre Untergangsphantasien werden dann – und erst dann – diskussionswürdig, wenn es die ersten Fälle gibt, in denen sich die neue Regierung über die Verfassung hinwegsetzt UND amerijanische Gerichte das hinnehmen/absegnen. Ich halte das Stand heute für ein Hirngespinst.
Gruss,
Thorsten Haupts
Es gibt nichts, was daraufhin deutet, dass der amerikanische Rechtsstaat und die US-Demokratie implodieren? Was ist mit den kollabierenden Verfahren gegen Trump? Was ist mit dem 6. Januar? Was ist mit der nicht verfolgten Korruption der Trump-Administration (z.B. die vielfach verletzte Emoluments Clause)? Was ist mit den Bücherverboten in Florida und anderen republikanischen Staaten?
Ich hoffe einfach mal, dass du das viel zu schwarz siehst.
2.) Die Medien haben seinerzeit den zentralen Fehler gemacht, auf Wunsch Schröders ein „Duell“ gegen Stoiber einzuführen. Weil klar war daß Schröder da deutlich überlegen war und man so die Wahl beeinflussen konnte.
Seitdem wurden die Regeln jede Wahl neu definiert: Als die FDP einen Kanzlerkandidaten stellte, durfte er natürlich nicht teilnehmen. Als die Grünen einen präsentierten, durten sie selbstverständlich teilnehmen.
Als Basis wurden nie die letzten Wahlergebnisse genommen – sondern unter den schwankenden Umfragedaten die, die gerade als Vorwand geeignet waren.
Auch wenn dann z. B. bei der letzten BTW die Grünen über 5% unter diesen Umfragewerten blieben.
Und mit der aktuellen Umfragestärke der AfD bricht dann in den Redaktionen die völlige Panik aus und die diversen Duell-Vorschläge sind journalistisch absurd.
Sinnvoll und angemessen wäre nach wie vor nur das althergebrachte Format der „Elefantenrunde“ der im Bundestag vertretenen Parteien. Wohlgemerkt der Parteien, die über das letzte Wahlergebnis qualifiziert sind.
Also nicht Medienliebling Wagenknecht.
3.) Wer in der aktuellen Lage noch teure Wahlgeschenke wie 1, 2, 5 und 7 präsentiert disqualifiziert sich als Partei.
3 zeigt, daß die Grünen keine Ahnung von IT haben, 4 zeigt daß die Linken keine Ahnung vom Wohnungsmarkt haben und 6 zeigt daß die Union keine Ahnung vom Arbeitsmarkt hat.
5.) Volle Zustimmung. Nicht nur im Gesundheitsbereich ist die Union ganz maßgeblich mitverantwortlich gewesen für die Probleme, die sie heute angeblich lösen will.
2) Ach, so ein hanebüchener Quatsch. Die haben damals eine Amerikanisierung der Formate gehabt, die Übernahme des TV-Duells war geradezu folgerichtig. Wurde in den 1990er Jahren ja auch schon diskutiert. Bis 2005 machte das auch noch Sinn. Das Parteiensystem ist nur seither stark aufgesplittert.
Dazu dieses Verschwörungsgeraune die ganze Zeit…Leute, ihr redet wie ich in meiner linksradikalen Zeit.
Dein Vorschlag ginge, aber er benachteiligt neue Parteien. Kann man machen, aber man muss sich klar sein, dass man das tut. Und aus sich selbst rechtfertigt sich das nicht.
„die Übernahme des TV-Duells war geradezu folgerichtig.“
Nein, war es nicht. Weil wir keine Personenwahl ums Kanzleramt haben und weil es eben nicht die Verengung auf zwei Parteien gibt. Das „Duell“ war journalistisch nicht zu rechtfertigen.
„Dazu dieses Verschwörungsgeraune die ganze Zeit“
Verschwörungen wären geheim. Aber die zu jeder Wahl wechselnden Kriterien der Sender wurden doch ganz öffentlich gebracht. Und daß die Kriterien „zufällig“ immer zugunsten der linken Seite gewechselt wurden ist offensichtlich, wenn man mal die Diskussionen damals nachliest.
„Dein Vorschlag ginge, aber er benachteiligt neue Parteien.“
Das ist nicht mein Vorschlag, sondern war gängige Praxis über viele Jahrzehnte. Auf Bundes- und Landesebene.
Er hat den Vorteil, daß es klare und nachprüfbare Bedingungen gibt. Und das wäre nicht mehr der Fall, wenn man irgendwelche Neugründungen dazu nimmt, nur weil es Umfragewerte gibt.
Ich mag es auch nicht. Aber in der Logik der Amerikanisierung war es folgerichtig.
Mir wäre neu, dass das TV-Duell 2009, 2013 oder 2017 die linke Seite bevorteilt hätte, nur um mal klare Beispiele zu nennen. Das ist einfach völliger Humbug.
Klar, wie gesagt, kann man gerne machen. Nur muss das eben klar sein.
Zitat Stefan Sasse:
„Wurde in den 1990er Jahren ja auch schon diskutiert“
Erst in den 90er Jahren ??? Ach so, du bist ja noch jung^. Tatsächlich gab es die erste TV-Duell-Initative 1969 vom Brandt, Willy. Weil, so was galt als „modern“ wie damals alles, was aus Amerika kam. Die Grundidee, dass Bundestagswahlen was anderes sind als Präsidentschaftswahlen wurde schon damals als altmodisch beiseite gelegt. Der Kiesinger wollte natürlich nicht und es kam auch nicht dazu. 1972 wollte das dann der Barzel, aber der Brandt nicht^ und es kam wieder nicht dazu. Die Duell-Idee ist dann erstmal gestorben und der Kohl hat so was natürlich immer abgelehnt. Stattdessen gab es das 3-Tage-vor-der-Wahl-Ding, was ziemlich gut war. Das kann man sich heut noch im Netz reinziehen, hier z.B. das ganze Ding von 1976 über 3,5 Stunden^ – okay, für zeitgeschichtlich Interessierte.
https://www.bpb.de/mediathek/video/340455/drei-tage-vor-der-wahl-1976/
Die These „früher war alles besser“ stimmt hier jedenfalls mal. Indem heutzutage die Chance Kanzler zu werden für jemanden, der/die nicht Merz heißt, nahe null ist und die „großen Volksparteien“ in dieser Eigenschaft eh ausgestorben sind, ist die Kanzlerkandidaterei bescheuerter denn je. Bedeutend sind indes u.a. Koalitionsfragen. Darauf wollten die Großkopferten natürlich möglichst gar nicht angesprochen werden.
Naja, das ging früher halt auch, weil ARD und ZDF konkurrenzlos waren und auf den Publikumsgeschmack einfach scheißen konnten, während selbiges umgekehrt viel eher bereit war, von oben solche Setzungen wie „wir senden 4h gewichtige Auseinandersetzungen“ zu akzeptieren. Wie viele Leute das tatsächlich geschaut und verdaut haben, keine Ahnung.
„Mir wäre neu, dass das TV-Duell 2009, 2013 oder 2017 die linke Seite bevorteilt hätte“
Das waren die Wahlen, bei denen nur SPD und Union überhaupt Kanzleransprüche erhoben – da war das entsprechende Duell natürlich keine Bevorzugung. Weil es auch nicht wie bei Einführung 2005 eine klare rhetorische Überlegenheit eines Kandidaten gab.
2005 war klar, daß Schröder zwar gegen Stoiber alleine gut aussehen würde – aber schlecht bei der bis dahin üblichen Elefantenrunde, weil Fischer und Westerwelle ihm Paroli geboten hätten. Da wurde dann das „Duell“ erfunden und die übrigen Parteien ausgebootet. Es sollte eine Veranstaltung nur der Kanzlerkandidaten sein.
Daraufhin hat die FDP dann einen Kanzlerkandidaten nominiert. Aber daraufhin galt das Kriterium „Kanzlerkandidatur“ plötzlich nicht mehr. Die Argumentation der Sender drehte sich über Nacht.
Und es wurde auf die Stärke der Parteien bei der letzten Wahl abgehoben. Die Umfragewerte galten explizit als irrelevant – bei denen lag die FDP ganz gut (und deutlich vor den Grünen).
Ganz anders dann 2017. Da stellten plötzlich die Grünen eine Kanzlerkandidatin auf. Und die wurde dann sofort zum „Triell“ eingeladen. Begründung: Die Grünen hätten bessere Umfragewerte als die FDP (beim letzten Wahlergebnis war die FDP stärker).
Also völlige Umdrehung der Argumentation. Inhaltlich völlig hanebüchen, es ging nur darum das gewünschte Ergebnis bzw. die Förderung der Grünen zu rechtfertigen.
Übrigens: Wenn es aktuell nach den alten Wahlergebnissen ginge, und man unbedingt „Duelle“ haben will, dann wären die Paarungen: Scholz-Merz, Lindner-Habeck, AfD-Linke.
Wäre übrigens auch politisch passender.
Paßt aber offenbar nicht ins politische Kalkül der Sender – also nehmen sie wieder die Umfragen.
zu 2) “TV-Duell”
Die offensichtliche Lösung ist, dass das TV-Duell in diesem Jahr ausfällt.
Das ist auch kein großer Verlust, da es eh nicht zur politischen Meinungsbildung beiträgt, sondern vielmehr ein kommerzielles Spektakel ist, bei dem Kandidaten hölzern auswendig gelernte Plattitüden in die Kamera sprechen.
Schuld sind an der Situation übrigens nicht die TV-Sender, sondern die Feigheit von Politik und Gerichten. Der Grund für das Dilemma ist ja, dass eine offen das Nazireich verherrlichende, faschistische und gewaltbereite Partei nicht verboten worden ist, als noch Zeit war. Und die kommerziellen Strukturen, wie das Internet und die Privatmedien, die den Aufstieg dieser Partei zu verantworten haben, sind aus Profitgeilheit immer weiter ausgebaut worden und werden auch gegenwärtig immer weiter ausgebaut. Niemals hätten wir in diese Situation kommen dürfen.
Zu Punkt 3 – ich will es mal Wahlgeschenke nennen:
Pfelgedeckel – wäre unglaublich teuer und packt das Problem nicht an. Schon heute reicht die Leistung der Pflegeversicherung nicht aus um die Kosten für einen Vollzeitpflegeplatz zu decken. Du bist hier schnell bei 4.000 EUR im Monat und hast dann lediglich einen normalen Pflegeplatz. Die Pflegekasse tut 2.500 EUR dabei, hast also einen Eigenanteil von 1.500 EUR, Tendenz stark steigend weil a) Pflegeplätze rar sind und b) die Nachfrage stark steigt.
Die Pflegeversicherung hat das gleiche Problem wie Krankenversicherung und die Rente – die demographische Unwucht ist schon da und in den den kommenden 5 Jahren rollen da gigantische Verwerfungen auf uns zu. Die Finanzierung ist daher dringend zu reformieren.
Aktiendepot einrichten – grundsätzlich richtige Richtung. Ich habe nur die Furcht, dass daraus eine neue Mammutbehörde entsteht. In Schweden hat der staatliche Rentenfond gerade mal 40 Mitarbeitende. Ich bin gespannt, ob wir das hinbekommen. Dann wird es Fragen geben, in welche Papiere investiert werden kann. (Nachhaltige Fonds, Grüne Fonds, etc.) Wieviel internationale Streuung?
„Die Pflegekasse tut 2.500 EUR dabei, hast also einen Eigenanteil von 1.500 EUR,“
Was ja eigentlich auch nicht schlimm ist – schließlich haben die meisten Betroffenen Einkommen und Vermögen, 1500 monatlich für Wohnung und Verpflegung ist da nicht wirklich problematisch.
Generell ist bei der Pflegeversicherung die Frage, warum der Staat da überhaupt etwas machen sollte. Denn im Regelfall ist das im wesentlichen eine Erbmasseversicherung.
Wenn jemand nicht ausreichend Einkommen/Vermögen hat, bleibt die Versorgung am Ende am Sozialamt hängen. Und das ist in einem Sozialstaat auch richtig so. Aber man kann schon erwarten daß für die Versorgung kurz vor dem Lebensende das vorhandene Geld aufgebraucht wird bevor man den Staat ruft.
„Aktiendepot einrichten – grundsätzlich richtige Richtung.“
Aber nicht so wie die Union das hier vorschlägt. Eigentlich ein ganz unglaublicher Vorschlag – Rentenansprüche auf Staatskosten schon für Neugeborene?
Fürs Alter vorzusorgen ist etwas für die berufstätige Generation.
Die müssen heute per gesetzlicher Umlage für die Elterngeneration sorgen und per eigener Vorsorge fürs eigene Alter (und da sollten Aktien eine viel größere Rolle spielen).
Aber dieser Generation dann noch über zusätzliche Steuerfinanzierungen die Altersversorgung der nächsten Generation aufzudrücken ist schon vom Ansatz her ein hanebüchener Vorschlag.
„Reformieren“ kann ja nach Ihren eigenen Angaben nur heissen, die Pflegekasse braucht mehr Geld. Also – woher soll das wie kommen?
Zu 3)
Ich habe wirklich extrem selten eine Auflistung sinnloser und schädlicher Wahlgeschenke gesehen, als diese. 1) ist schlicht unbezahlbar. 2) erbringt erst einmal (ohne Renditebetrachtung) 18 x 12 x 10 = 2160 Euro. Für 3) fehlen behördlich alle Voraussetzungen, die man erst mal schaffen müsste. 4) killt den Wohnungsbau – der eh schon einen historischen Tiefstand hat – endgültig. 5) ist als Einmalzahlung eine nette Geste, deren Kosten sich auf einige Milliarden Euro beläuft. 6) ist für Fach- und Führungskräfte ausserhalb der Produktion längst de facto Realität, für Pflege- oder Baupersonal dagegen eine Einladung zum Missbrauch durch Arbeitgeber. 7) macht nur bei echter CO2-Bepreisung und Verzicht auf alle anderen „steuernden“ Eingriffe des Staates Sinn. Und 8) scheitert schon alleine an der Bildungshoheit der Länder. Jemals Kontakt mit der Kultusministerkonferenz (KMK) und den Versuchen zu einer gewissen bundesweiten Bildungsharmonisierung gehabt? Ich schon …
Keine, absolut keine, dieser unausgegorenen Ideen löst irgendeines der Probleme, die Deutschland aktuell und in absehbarer Zukunft hat.
Gruss,
Thorsten Haupts
Zu: “ 4) killt den Wohnungsbau – der eh schon einen historischen Tiefstand hat – endgültig.“
Der Wohnungsbau killt das Klima, aber so richtig. Wenn dem jemand ans Leder will bin ich sofort dabei. Wir haben massig genug umbauten Raum im Land, es gibt nur bisher kaum Instrumente, die Nutzung bzw. Nicht – oder Geringnutzung umzusteuern.
Irgendwas Handfestes (Zahlen?) dazu?
Oh tatsächlich? Zahlen und Fakten dazu, bitte.
In Berlin, grob und selbstgeschätzt 100 K Wohnungen als Zweiwohnungen, nochmal soviel durch spekulativen Leerstand, dazu Ferienwohnungen und ja, eine erhebliche Menge großer Wohnungen mit alten Verträgen und Senioren. Ganz sicher gibt es genügend umbauten Raum.
Mein Punkt ist eher, daß mir diese Situation etwas unterbelichtet scheint und die Notwendigkeit für 400K Neubauwohnungen hinsichtlich Klimafolgen m.E. wenig hinterfragt wird. Hier könnte man sicher steuerlich ansetzen und dazu Instrumente schaffen, die den Wohnraum sozialverträglich umverteilen, z.b. durch diesbezügliche Förderung von Hausverwaltungen o.ä.
@ Andreas
In Berlin, grob und selbstgeschätzt …
Naja, immerhin ehrlich …
… 100 K Wohnungen als Zweiwohnungen, nochmal soviel durch spekulativen Leerstand, dazu Ferienwohnungen und ja, eine erhebliche Menge großer Wohnungen mit alten Verträgen und Senioren.
OK, nehmen wir mal so. Liest sich jedenfalls schon mal ganz anders als Dein erster Post.
Zweitwohnung wg. Berufspendelei hatte ich auch schon. Ließ sich schlecht anders machen bei Job 300 km entfernt, Frau mit Gewerbe blieb daheim. Ferienwohnung: Ob ich mir im Urlaub eine Wohnung miete oder für den Urlaub kaufe, der Wohnraum ist weg. Willst Du Urlaub verbieten?
Spekulativer Wohnungsleerstand ist heikel; schwer zu entscheiden, aus welchem Grund genau eine Wohnung leersteht, oder ob es nur einen Grund dafür gibt. Mag z.B. sein, dass eine Wohnung oder ein Wohnblock renoviert werden muss, um überhaupt vermietet werden zu können / dürfen. Ich kenne Leute, die eine Wohnung in ihrem Haus nicht vermieten, weil sich ein früherer Mieter sehr daneben benommen hat und die Vermieter einfach die Schnauze voll haben.
In jedem Fall muss irgend jemand einem anderen sagen, dass er die Kontrolle über seinen Besitz verliert.
Ganz sicher gibt es genügend umbauten Raum.
Ganz sicher nicht immer da, wo man ihn braucht, aber grundsätzlich hast Du da Recht.
Ganz sicher nicht immer da, wo man ihn braucht, aber grundsätzlich hast Du da Recht.
Nein, hat er nicht. Er liefert eine auf reiner Spekulation beruhende, spezifische Berlin-Betrachtung und behauptet einfach, das liesse sich auf ganz Deutschland übertragen.
Hier könnte man sicher steuerlich ansetzen und dazu Instrumente schaffen, die den Wohnraum sozialverträglich umverteilen …
Die Instrumente würde ich dann gerne einmal sehen. Noch genauer – ich würde gerne einmal Beispiele aus irgendeiner Grosstadt in einem halbwegs entwickelten Land sehen, in dem steuerliche Instrumente nachweisbar zu einer Umverteilung von Wohnraum führten. Solange ich dieses Beispiel nicht sehe, ist das nur ein weiterer Diskussionsbeitrag zur Umgehung eines unangenehmen Themas.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts 8. Januar 2025, 11:26
Er liefert eine auf reiner Spekulation beruhende, spezifische Berlin-Betrachtung und behauptet einfach, das liesse sich auf ganz Deutschland übertragen.
Nimmst Du den gesamten in Deutschland leerstehenden Wohnraum, hast Du mehr, als Du brauchst. Aber leerstehende (Familien-)Häuser aus den 60er und 70er Jahren in ländlichen Gebieten helfen denen nicht weiter, die eine Ein- oder Zwei-Zimmer-Wohnung in Berlin suchen.
Aber zu den Zahlen: Der Prozentsatz leerstehender Wohnungen in Städten liegt nicht wie von Andreas geschätzt bei 10%, sondern bei knapp über 4%; in Berlin sind derzeit etwa 40.000 Wohnungen (aus welchen Gründen auch immer) nicht belegt. Diese Zahlen stammen aus dem Zensus 2022.
@ Andreas 2. Januar 2025, 20:09
Der Wohnungsbau killt das Klima, aber so richtig. Wenn dem jemand ans Leder will bin ich sofort dabei.
Falls jemand Wohnraum braucht und keinen findet – wie sieht es mit Zelten aus?
Wir haben massig genug umbauten Raum im Land, …
Ja;meist dort, wo man ihn nicht braucht. Es gibt ehemalige Bauerndörfer an der polnischen Grenze … wenn Du Dich da vor ein Haus stellst und es 30 Minuten anstarrst, gehört es Dir und Du musst es sanieren und einziehen.
… es gibt nur bisher kaum Instrumente, die Nutzung bzw. Nicht – oder Geringnutzung umzusteuern.
Meinst Du eher so etwas wie Zwangsumsiedlung von Rentnern oder eher die Zwangsvermietung von verfallenen Wohnblöcken?
„Der Wohnungsbau killt das Klima, aber so richtig. Wenn dem jemand ans Leder will bin ich sofort dabei. “
Es gäbe da eine sehr wirksame Maßnahme. Die aber komischerweise niemand fordert.
Nämlich die Aufhebung aller Mietbegrenzungsgesetze.
Denn der vorhandene Wohnraum ist schlecht ausgenutzt durch Leute, die in Wohnungen bleiben, die längst viel zu groß für sie sind. Da wohnt halt die Witwe immer noch auf den 140 Quadratmetern, die mal für eine Familie mit Kindern geplant waren.
Und umziehen in eine kleinere Wohnung funktioniert nicht, weil eine kleine Wohnung zu Neuvermietungspreisen mehr kostet als eine große Wohnung mit einem Altmietvertrag.
Wenn nun alle Wohnungen pro Quadratmeter (bei vergleichbarer Qualität natürlich) ähnlich teuer wären – dann wäre es völlig normal und sinnvoll, seine Quadratmeterzahl nach unten anzupassen, wenn weniger Leute in der Wohnung leben.
Die Mietpreise lägen bei völliger Freigabe irgendwo zwischen den heutigen Neumietpreisen und den heutigen Preisen für Altverträge. Für die Einen ein Vorteil, für die Anderen ein Nachteil. Also völlig inakzeptabel für ein Land, in dem Besitzstandswahrung das oberste politische Prinzip ist.
Mit Gerechtigkeit hat es natürlich nichts zu tun, daß derzeit manche Leute vom gesetzlichen Schutz uralter Mietverträge profitieren und andere Leute verzweifelt suchen und Horrormieten zahlen müssen.
@ R.A. 3. Januar 2025, 10:44
Denn der vorhandene Wohnraum ist schlecht ausgenutzt durch Leute, die in Wohnungen bleiben, die längst viel zu groß für sie sind. Da wohnt halt die Witwe immer noch auf den 140 Quadratmetern, die mal für eine Familie mit Kindern geplant waren.
Und umziehen in eine kleinere Wohnung funktioniert nicht, weil eine kleine Wohnung zu Neuvermietungspreisen mehr kostet als eine große Wohnung mit einem Altmietvertrag.
Wir haben ein Haus gebaut, dass für eine fünfköpfige Familie reichte. Nun wohnen wir alleine hier, und kämen mit deutlich weniger Platz aus. Aber warum sollen wir aus unserem Haus ausziehen? Wenn wir verkaufen, brauchen wir etwas anderes, das von Wohnfläche und Garten zwar deutlich kleiner, aber mindestens genauso teuer wäre. Wir wären raus aus unserer gewohnten Umgebung mit bekannten und netten Nachbarn, mit kurzen Wegen in die Stadt, vermutlich mit der Ruhe, die wir hier in der Seitenstraße haben. Für uns wäre ein Umzug eine loose-Loose-Loose-Situation.
Ergänzend: Immer wieder kommen unsere Kinder zu Besuch und freuen sich, dass „ihre“ Zimmer noch frei sind. Und unser Haus dient als bequemer Zwischenspeicher für unseren Nachwuchs, wenn wieder mal ein Umzug bei denen ansteht.
So sehr ich anderen unsere angenehmen Wohnverhältnisse wünsche – ich werde nicht dazu beitragen, wenn das bedeutet, diese Wohnverhältnisse fürmich aufzugeben.
Ich sehe auch nicht, wie das außerhalb einer Plan- und Kommandowirtschaft funktionieren sollte.
Mietendeckel sind ebenso Planwirtschaft – mit dem zusätzlichen Nachteil, dass sie nicht einmal die Chance bieten, das zugrundeliegende Problem zu lösen (fehlende Wohnungen).
Vielversprechender wäre ein radikaler Rückschnitt der gesetzlichen Anforderungen für Neubauten. Ich suche gerade eine Wohnung und nicht in einer ohnehin überteuerten Grosstadt. Neubauten sind mit ca. 18 Euro Kaltmiete/qm nahezu doppelt so teuer, wie – sanierte – Bestandbauten. Und das ist keine „Abzocke“, sondern bei den heutigen Neubaupreisen pro Quadratmeter der unvermeidbare Preis.
Ein Mietendeckel ist nichts anderes als ein reiner Bestandsschutz bei gleichzeitigem Abwürgen aller Investitionen in Wohnungsmodernisierung und Neubauten. Kann man machen, wenn der Staat genügend Geld hat, um massiv in subventionierte Neubauten zu investieren, Grössenordnung eine höhere zweistellige Milliardensumme pro Jahr. Sonst SOLLTE man es nicht machen.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich schreibe hier seit 2017 für eine Deregulierung des Bauens, von daher…let’s have at it.
Wird nicht passieren. Es ist zwar die einzig verbleibende Möglichkeit, wenn Zwangsbewirtschaftung und massive Staatsinvestitionen unrealistisch sind, aber wir sind hier in Deutschland, dem Land der Dichter und Märchenerzähler.
Anderswo ist alles besser?
https://www.theguardian.com/commentisfree/2024/dec/31/england-workers-afford-private-rent-housing-crisis
Ich orientiere mich bei solch schneidenden Kommentaren nie daran, was in anderen Staaten gemacht wird, sondern nur daran, was an echten Möglichkeiten für einen Durchschnittsverstand erkennbar ist.
Mir auch schleierhaft, wie das gehen soll. Es wäre sowieso nicht zielführend, weil es nicht an ganzen Häusern mangelt und es gar nicht so gut wäre, wenn ältere Menschen jetzt noch zusätzliche Konkurrenz für kleine Wohnungen wären. (da ist in Feriengebieten ja schon totaler Kampf ausgebrochen)
Auf der anderen Seite wäre es ja noch dramatischer. Ich profitier auch von einem Altmietvertrag, an dem noch nie jemand ein kapitalistisches Interesse hatte. Wie viele andere könnte ich mir aber gar nicht von heute auf morgen die doppelte Miete leisten, weil weder Löhne noch Renten denselben Sprung machen. Und mit Erwins Häuschen könnten Leute wie ich ja nun auch nichts anfangen. ^^
„Wie viele andere könnte ich mir aber gar nicht von heute auf morgen die doppelte Miete leisten, weil weder Löhne noch Renten denselben Sprung machen.“
Von heute auf morgen würde eine so drastische Umstellung natürlich nie funktionieren. Überhaupt wäre die Umstellungsphase ziemlich schwierig – es wäre aber schon viel gewonnen, wenn man nicht durch weitere Marktverzerrungen (à la Linken-Mietendeckel) noch weiter in die falsche Richtung ginge.
„Und mit Erwins Häuschen könnten Leute wie ich ja nun auch nichts anfangen.“
Nö – aber das schöne beim Markt ist, daß sehr viele Interessen zusammenkommen. Einer will das Häuschen, macht eine große Wohnung frei, die nimmt einer der eine kleine Wohnung freimacht …
Wichtig ist nur, daß jeder genau zahlt, was er verbraucht. Ohne Verzerrungen.
„Wenn wir verkaufen, brauchen wir etwas anderes, das von Wohnfläche und Garten zwar deutlich kleiner, aber mindestens genauso teuer wäre. “
Aber genau das ist das aktuelle Problem: Der Markt funktioniert nicht mehr, und deswegen kann man mit dem Umzug in kleinere Flächen kein Geld sparen.
Solange man das nicht ändert, wird es immer „zu wenig“ Wohnraum geben.
Aber wie sollte eine Freigabe das erzeugen? Warum sollten die Preise für kleine Wohnungen plötzlich sinken? Niemand wird große Wohnungen teilen, und kleine Wohnungen gibt es ja auch keine.
Ich denke auch, das krankt einfach daran, dass der Bedarf an kleinen Wohnungen extrem viel höher ist als der Markt hergibt. Der Konkurrenzkampf findet ja nicht zwischen Erwins Häuschen und meiner 1-Zimmer-Bude statt, sondern eher ob man (kapitalistisch sinnvoll!) teure 2-3-Zimmer-Wohnungen anbietet oder günstige „Schrott“-Wohnungen. Das ist marktwirtschaftlich aber nur unter Spezialbedingungen sinnvoll und dann muss man schon so ehrlich sein, dass das bei freier Marktwirtschaft eher zu Trailerparks in großem Stil führen würde.
@ Ariane
Ich denke auch, das krankt einfach daran, dass der Bedarf an kleinen Wohnungen extrem viel höher ist als der Markt hergibt.
Genau das!
Fünf-, sechs- oder siebenköpfige Familien gibt es heute seltener als früher. Dafür haben wir heute deutlich mehr Menschen, die lieber alleine wohnen, deutlich mehr Menschen, die in Städten wohnen.
Den von diesen Menschen benötigten Wohnraum gibt es nicht in ausreichender Menge. Wird der nicht gebaut, wird sich die Situation nicht verändern.
@ Stefan Sasse 4. Januar 2025, 13:21
Aber wie sollte eine Freigabe das erzeugen? Warum sollten die Preise für kleine Wohnungen plötzlich sinken?
Ich weiß nicht genau, ob bzw. wie gut Du das Thema verstehst. Ob die Mieten gedeckelt sind oder nicht – der Vermieter wird sich immer für den gleichen Mieter entscheiden. Werden die Mieten gedeckelt, kommen nicht auf einmal die kleinen Leute zum Zuge,sondern der Vermieter wird sich dennoch an einen möglichst solventen Mieter halten, der die Miete auch stemmen kann; sei sie nun 400 oder 1.200 Euro für 60 m².
Das Problem mit dem Mietendeckel zielt in eine ganz andere Ecke. Will man in nicht-selbstbewohnten Wohnraum INVESTIEREN, braucht man erst mal ordentlich Geld. Das ist kein grundsätzliches Problem, solange die Rendite passt. Wenn aber der Eindruck entsteht, dass Vermieter moralisch an den Pranger gestellt werden, oder dss sich die Bedingungen für die Investition plötzlich und unvorhersehbar verschlechtern können, baut man nicht. So wie der Bäcker sein Geld damit verdient, Brötchen, Brot und Kuchen (= Lebensmittel) zu verkaufen, der Arzt sein Geld damit verdient, Leute gesund zu halten, so will auch der Vermieter Geld damit verdienen, Wohnraum zu schaffen und bereitzustellen. Nimm ihm die Möglichkeit, Geld zu verdienen, dann baut er nicht. Wenn der Bäcker kein Geld verdient, schließt er seinen Laden. Wenn der Arzt kein Geld verdient, macht er seine Praxis dicht.
Wenn die Regierung oder die Kommunen Wohnraum brauchen bzw. bereitstellen wollen, müssen siebauen. Können sie das nicht leisten, müssen sie das Bauen anderen schmackhaft machen, die dazu in der Lage wären. Im Moment geschieht das Gegenteil: Die Vorschriften fürs Bauen steigen, die Vorgaben für Sanierungen steigen, Und jeder Mieter kann mit dem simplen Trick, etwas Schimmel in der Wohnung zu erzeugen, die Miete um 25% drücken. Und wenn der Staat elektronisch auslesbare Mengenzähler vorschreibt und bei Nichteinbau eine pauschale Kürzung von Nebenkosten vorschreibt, es solche Geräte aber nicht gibt, hast Du als Vermieter halt verloren. Oder Du lässt Geräte einbauen, die anders als vom Gesetzgeber verlangt nur vom Hersteller ausgelesen werden können, und legst die Kosten für den Einbau undfürs Auslesen auf die Mieter um. Dann hat der verloren.
Ich verstehe total das Argument für die Schaffung neuen Wohnraums und den Mietendeckel. Was ich nicht verstanden habe ist, wie die Freigabe der Preise dazu führen soll, dass die Leute plötzlich ständig umziehen. Das scheint mir eine Elfenbeinturm-Idee zu sein.
@ Stefan Sasse
Was ich nicht verstanden habe ist, wie die Freigabe der Preise dazu führen soll, dass die Leute plötzlich ständig umziehen.
Die Freigabe der Mieten, verbunden mit anderen zusätzlichen Maßnahmen, könnte zu mehr Wohnungsbau führen. Das ist die Voraussetzung für Auswahl und Umziehen.
Ok. Ich sehe das Szenario. Nimm mal den umgekehrten Fall. Die Freigabe der Mieten führt zu steigenden Preisen überall. Neuer Wohnraum entsteht praktisch nur im hochpreisigen Segment. Was dann? Ein unrealistisches Szenario ist das nämlich auch nicht.
@ Stefan Sasse
Nimm mal den umgekehrten Fall. Die Freigabe der Mieten führt zu steigenden Preisen überall. Neuer Wohnraum entsteht praktisch nur im hochpreisigen Segment.
Erkennst Du nicht die Unlogik Deiner Aussage? Wenn alte Mieten hochgehen, zu Neubauten führen, die ebenfalls hochpreisig sind, werden nicht beide hochpreisig vermietet werden können.
Ansonsten wundert mich immer wieder die zugrunde liegende Vorstellung, dass jemand sich sein Leben mit einem gewissen Kostenschlüssel (z.B. 30% für Lebensmittel, 40% für Wohnung und Heizung o.ä.) einrichtet, und wenn sich Mieten oder Lebensmittel verteuern, soll das ein anderer bezahlen?
Was dann? Ein unrealistisches Szenario ist das nämlich auch nicht.
Ich halte es für ein Gerücht, dass eine Freigabe zu sinkenden Mieten führen würde.
Haha, bestimmt nicht, die Witwe müsste ja raus, weil ihre 140qm plötzlich dreimal soviel kostet.
Und da Wohnen nie nicht komplett über den freien Markt funktioniert, würde Wohngeld & co. noch drastischer hochgehen und das ist heute schon ein bürokratischer Alptraum, der die jeweiligen Behörden bei der letzten Anpassung schon an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hat.
Natürlich würde eine Freigabe bei den Neuwohnungen auch zu sinkenden Mieten führen. Weil da aktuell Spotmarktpreise bezahlt werden.
In einem funktionierenden Markt würde beständig Wohnraum durch Umzug in kleinere Wohnungen frei – das dämpft dann insgesamt die Nachfrage und senkt die Preise.
Ich muss zugeben, mir fehlt völlig die Fantasie dafür, wie das so passieren sollte.
@ Stefan Sasse 4. Januar 2025, 13:22
Ich muss zugeben, mir fehlt völlig die Fantasie dafür, wie das so passieren sollte.
In einer Großstadt brauchen 1.000 Familien eine größere Wohnung. Es sind aber nur 100 solcher Wohnungen frei. Da sollte Deine Fantasie ausreichen, um zu erkennen, was dann passiert.
Wenn ich nun die Bau- und Vermietbedingungen so verbessere, dass 1.200 neue Wohnungen gebaut werden, hast Du eine andere Situation.
Das ist keine Knopfdruck-Geschichte, dass die Mieten mit der Freigabe billiger werden. Und auch die Freigabe allein reicht nicht, sondern die Baubedingungen müssten drastisch verbessert werden. Es würde ein Prozess sein, der sich über Jahre hinzieht, bis ausreichend neuer Wohnraum entstanden ist. Aber dann ist wieder regulärer Wettbewerb möglich.
Wenn man ein Thema wie den Wohnungsbau (oder wie Autobahnen, Bildung, Bundeswehr, Flüchtlingsintegration, Pflege – you name it) über Jahrzehnte verschlampert, wird keine Regierung der Welt in der Lage sein, in vier Jahren eine Wende herbeizuführen.
Die Politiker verstehen das und kommen daher mit Mietendeckel etc. daher. Aber wenn nur 10% der Leute vom Mietdeckel profitieren und 90% keine Wohnung finden, dafür aber Wohnungsbau in der Zukunft weiter verhindert wird, ist das nicht die klügste Idee, die man haben kann.
Siehe mein anderer Kommentar. Mir geht es nicht um die Schaffung neuen Wohnraums.
@ Stefan Sasse
Mir geht es nicht um die Schaffung neuen Wohnraums.
Ohne das Ziel „zusätzlichenWohnungsbau“ ist jede Diskussion sinnlos.
Ja schon, darum ging es mir nur bei meiner Nachfrage nicht. Ich hatte das so verstanden, dass das Argument war, freie Mietpreise führten dazu, dass die Leute viel mehr umziehen und dadurch total gute Rationalisierungseffekte entstehen. Und das scheint mir wesentlich zu elfenbeinturmig, zu verkopft, zu wirklichkeitsfremd. Das Argument mit dem Wohnraum finde ich WESENTLICH plausibler.
@ Stefan Sasse
Ich hatte das so verstanden, dass das Argument war, freie Mietpreise führten dazu, dass die Leute viel mehr umziehen und dadurch total gute Rationalisierungseffekte entstehen.
Es wird definitiv nicht so sein, dass bei einem heutigen Entfall der Mietpreisbremse morgen mehr Wohnungen (zu welchem Kurs auch immer) verfügbar wären. Wenn z.B. in Berlin oder München kleine bezahlbare Wohnungen fehlen, weil es sie nicht gibt, helfen gedeckelte oder freigegebene Mieten nicht weiter. Aber der Mietdeckel verhindert, dass es in ein paar Jahren mehr Wohnungen dieser Größe gibt.
„Ich hatte das so verstanden, dass das Argument war, freie Mietpreise führten dazu, dass die Leute viel mehr umziehen und dadurch total gute Rationalisierungseffekte entstehen.“
Exakt das wäre der Fall.
Wohlgemerkt: Ich habe NICHT behauptet, daß das Mietniveau insgesamt sinkt. Sondern daß das Niveau von Neuvermietungen sinkt (und das ist relevant für die Umzüge von großen in kleine Wohnungen).
Achtung: Ich spreche dabei nicht von Neubauten, sondern von Neuvermietungen. Eine Wohnung wird nur einmal als Neubau vermietet, die Masse des deutschen Mietmarkts betrifft alte Wohnungen, die den Mieter wechseln.
Und dieser Markt wird massiv behindert, weil Altmietverträge so billig sind.
Es ging dabei ja auch nicht um die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum, sondern als Antwort
auf Andreas (Klimaschutz) um die bessere Nutzung des vorhandenen. Also um die Frage, ob die von CitizenK erwähnten 10 qm mehr Fläche pro Kopf wirklich nötig oder per Mietgesetz schützenswert sind. Denn diesen Zuwachs gab es nicht, weil die neugebauten Wohnungen so viel größer wären als die von früher (das Gegenteil ist der Fall). Sondern weil die schon vorhandene Wohnfläche von immer weniger Leuten genutzt wird.
„Und dieser Markt wird massiv behindert…“
Man sollte allerdings schon auch bedenken, dass Wohnungen eine besondee „Ware“ sind. Wie das Beispiel von E. G. zeigt: Nachbarschaft, Familie usw.: Menschen, ältere zumal , aus ihrem sozialen Umfeld zu reißen, ist ein starker Eingriff in ihr Leben. Eine Freigabe würde halt andere Ungerechtigkeiten schaffen.
Insbesondere bei Eigenbedarfs-Kündigungen gibt es oft moralisches Dilemma.
Das ist mein Punkt. Ich halte das im Hinblick auf reale Lebenssituationen für unrealistisch.
„Eine Freigabe würde halt andere Ungerechtigkeiten schaffen.“
Absolut. Schließlich haben sich alle Beteiligten mit der aktuellen Lage eingerichtet und ihre Planungen darauf aufgebaut. Mit jeder Änderung knirscht es dann.
Ich würde auch nicht die komplette und sofortige Freigabe empfehlen – das wäre ein Chaos.
Wichtig ist m. E. nur die Erkenntnis: Die Kluft zwischen privilegierten Altverträgen und Neuverträgen ist nicht nur extrem ungerecht, sondern schadet massiv dem Wohnungsmarkt und verhindert einen vernünftigen Umgang mit der Ressource Wohnraum.
Daher wäre es richtig, sich wieder in Richtung mehr Preiswahrheit zu bewegen (wie schnell und mit welchen Maßnahmen wäre eine andere Diskussion), aber es ist absolut falsch noch weiter in die falsche Richtung zu gehen, wie das die Linken wollen.
@ CitizenK 7. Januar 2025, 20:11
Eine Freigabe würde halt andere Ungerechtigkeiten schaffen.
Aus dem Arbeitsumfeld meiner Frau: Eine Familie mietet ein Haus für 1.900 Euro, zeiht ein, und fragt anschließend nach dem alten Mietvertrag, geht mit dem vor Gericht und setzt mit dem in der Hand durch, dass die Miete auf 1.280 Euro reduziert werden muss.
Was ist hier „fair“ oder „gerecht“? Die Begrenzungen durch die Mietpreisbremse sind rein willkürlich.
Wir haben beispielsweise einen Mieter seit 1997, der in diesen 27 Jahren nur zwei sehr moderate Mieterhöhungen bekommen hat. Seine Miete liegt deutlich unter der von vergleichbarem Wohnraums, der in der Zwischenzeit drei oder vier Mieterwechsel gehabt hätte. Wenn wir nun einen neuen Mieter bekämen, wäre es nicht erlaubt, auf das ortsübliche Niveau zu erhöhen; den Vorteil, den wir unserem alten verlässlichen Mieter gaben, müssten wir auch den nächsten Mitern gewähren. Um das zu umgehen,müssten wir dem aktuellen Mieter seit über 20 Jahren alle ein, zwei Jahre die Miete moderat erhöht haben.
Es gibt hier kein „gerecht“ oder „fair“. Entweder ich verliere, oder der Mieter. Es gibt keine Win-Win-Situation, weil der Gesetzgeber das verhindert.
Zu 3
„Deutschland-App“ der Grünen
Sehr gute Idee – aber ein sehr ambitioniertes IT-Projekt. Es fängt schon mit der Infrastruktur an. Dann die notorisch deutsche Passion Datenschutz. Nicht zuletzt der Kraftakt, etwas aufzubauen, mit denen 16 Bundesländer und viele Kommunen arbeiten können. Aber es wäre ein echtes Brett in Sachen Digitalisierung.
Mietendeckel der Linken:
Nein, weil es an der Ursache vorbei geht. Das Angebot ist viel zu knapp. Die Nachfrage hoch und wird noch zunehmen. Radikale Lösungsansätze wären z.B. Kommunen zu verbieten Land zu verkaufen, sondern nur noch gegen Erbpacht aus der Hand zu geben. Oder Grundstücksspekulationsgewinne mit 100 % versteuern, um dem diesem „ich warte auf Bauland Blödsinn“ vorzubeugen. Hans Jochen Vogel hat hier mal spannende Vorschläge gemacht: vgl. https://www.sueddeutsche.de/kultur/bodenreform-hans-jochen-vogel-mehr-gerechtigkeit-rezension-1.4685469
Wöchentliche Arbeitszeitregelung der Union:
Sehr spannender Ansatz – käme der Wirklichkeit in vielen Berufen näher – würde die Tür öffnen für mehr Flexibilität: 4 oder 6 Tage Woche, sofern betrieblich möglich / sinnvoll.
Klimageld 2.0 der Grünen:
Muss kommen, sonst wird die schon geringe Toleranz ggü. klimatischer Transformation komplett kippen.
Sehe ich auch so. Ich denke, eine Deutschland-App ist ein völliges Hirngespinst.
kurz eingeschoben:
Pflegedeckel
Ja, das ist teuer, aber ich denke, eine Lösung irgendwie in der Art brauchen wir auch. Bei einem Eigenanteil, der aktuell um die 2.800€ liegt, kippt das System ja auch. Da kommt ja dann auch ein Rattenschwarz hinterher, wo das jeweilige fehlende Geld dann herkommt (Angehörige oder Staat), was dann schnell Bemühungen um den eigenen Vermögensaufbau auch wieder plättet und eine eigene komplizierte Bürokratiestruktur braucht.
„Deutschland-App“ der Grünen
Behördengänge funktionieren auf dem kleinsten, kommunalen Nenner, da eine deutschlandweite Lösung anzustreben, halte ich für total illusorisch. Das ist imo überhaupt kein Thema für eine gesamtdeutsche Lösung, allein schon weil spätestens die Umsetzung dann auch wieder an den Kommunen hängt.
Mietendeckel der Linken:
Auch das übrigens eher ein kommunales Thema, weiß auch immer noch nicht, wozu wir da ein Bundesministerium haben. Aber Mieten an sich sind schon streng reglementiert, da ist gar nicht mehr soviel Raum dort noch draufzusatteln (die Schlupflöcher, alles mit einem Ikeabett für 50€ auszuhebeln schließen, würde imo erstmal reichen).
Insofern wäre es tatsächlich sinniger, da mehr an die Boden-Nutzung ranzugehen wie Sören hier vorschlägt. Ich bin auch weiterhin der Meinung, dass es klüger wäre, die Kommunen ziehen da selbst etwas hoch als ein Grundstück zu verticken und dann erstaunt zu sein, dass dort eine marktwirtschaftliche Lösung entsteht, die das allgemeine Problem eher verschärft denn entschärft.
Klimageld 2.0 der Grünen:
Muss kommen, sonst wird die schon geringe Toleranz ggü. klimatischer Transformation komplett kippen.
Sehe ich ähnlich, wenn man den Weg über die Co2-Bepreisung gehen will (was imo eigene Problematiken hat), muss man einen Ausgleich schaffen. Auf einem Bein kann das ganze Projekt nicht wirklich stehen.
3) Deutschland App
Wichtige staatliche Prozesse werden nicht in den Kommunen umgesetzt sondern auf Ebene der Länder oder faktisch des Bundes. Da ist übrigens auch teilweise der Föderalismus quasi außer Kraft gesetzt. Es wurden da inzwischen zentrale Einheiten geschaffen, die den Takt für die verschiedenen Teams angeben. An der Spitze sind da gute Leute. Nur muss die Arbeit verschiedener Teams integriert werden, die aus meiner Sicht oft die Umsetzung der Vorgaben verschleppen, auch weil sie technologisch nicht auf einem akzeptablen Stand agieren („Haben wir seit 30 Jahren immer so gemacht“).
Mit der App ist natürlich Quatsch, weil so eine App ja nur die Oberfläche ist, die sozusagen Zugriff auf unterschiedliche Anwendungen im Backup gibt, die wiederum miteinander integriert sind. Grundsätztlich sollten aber die Anwendungen möglichst standardisiert sein und in eine Richtung rudern. In die Richtung geht es eigentlich. Deshalb ist vielleicht der Begriff „Deutschland-App“ eine vernünftige Marsch-Richtung, obwohl er technisch Quatsch ist.
3) Deutschland App
So um 2003 haben die Finanzbeamte in Java Schulungen geschickt. Die Erwartung war, dass die nach 2 Wochen Schulung die Anforderung der Planer umsetzen könnten. Ähnliche Vorstellungen gabs damals auch in ein paar Versicherungen. Die sahen das als Handwerk. Da haust Du einen Button hin und hier ein Textfeld und irgendwie müssen die dann gespeichert werden. So lief der Hase dann nicht. Diese IT-Systeme sind keine Raketenwissenschaft, aber deutlich eher Ingenieurswesen als Handwerk.
Genau! Das ist bei Rente und GKV ja genau das gleiche. „Oh nein, das darf nicht aus Steuern finanziert werden!“ Ja, aus was denn sonst? Beitragserhöhungen sollen es ja auch nicht sein. Also wie?
Good point.
@Ariane 3. Januar 2025, 00:42
Mietendeckel der Linken:
… die Schlupflöcher, alles mit einem Ikeabett für 50€ auszuhebeln schließen, würde imo erstmal reichen …
Wieso ein jeder darauf herumdenkt, wie er Vermieter noch weiter regulieren, noch weiter einschränken und Mieter noch stärker „schützen“ kann, anstatt darüber nachzudenken, wie man die bösen „Reichen“ dazu bringt, statt in ETFs und Aktien in neuen Wohnungraum zu investieren, verstehe ich nicht.
3) Traut Euch! Diese acht Ideen vereinfachen das Leben vieler Menschen
Frei nach Dieter Nuhr: Warum soll man Wohlstand erwirtschaften, wenn man ihn auch verteilen kann.
Zu „2) Aktiendepot. Klar, warum nicht?“
Das ist makroökonomischer Komplett-Quatsch und das wird jedem sofort klar, der:
1. die 4 Grundrechenarten beherrscht und
2. der weiß, dass in Deutschland 84 Millionen Menschen leben.
2) Wir können alle zufriedenstellen: Zuerst das Duell Scholz-Merz, allerdings darf Sonneborn die Fragen stellen. Danach eine „Elefantenrunde der Eitelkeit“ zwischen Habeck, Lindner, Söder und Wagenknecht – mit der Sonderregel, dass rausfliegt, wer „Ich“ sagt. Da das eine kurze Veranstaltung wird, bleibt noch genug Zeit, damit sich Weidel lang und breit im Prime-TV darüber ausweinen kann, wie sehr sie von den Medien gemieden wird. Und die Linke? Nachdem sie sich selbst ihr größter Feind ist, sorgt ein Streit zwischen „Altlinkem“ und „Wokelinker“ für genug Konflikt um selbst ein trashverwöhntes Publikum zufriedenzustellen.
3.1 )
Zitat Stefan Sasse:
„Pflegedeckel. Klingt grundsätzlich vernünftig aus Sicht der Betroffenen. Die Kosten klingen aber sehr hoch. Für mehr fehlt mir die Expertise“
Ähm….die Expertise ist ganz einfach: Den „Deckel“ gibt es bereits: zu Gunsten der Pflegeversicherung. Den könnte man aufheben, dann steigen deutlich die Beiträge. Oder die Staatskase zahlt. Und die braucht ja keine Einnahmen, die hat einfach so Geld^.
Grundlegend geht die Expertise so: There is no such thing as a free lunch. Darüberhinaus sind Verteilungsfragen natürlich legitim und da stellt sich u.a. die Frage, ob das Schonen von Erbmassen Sinn der Pflegeversicherung sein soll. Im Übrigen wird niemand aus einer stationären Pflege (nur dafür soll der SPD-Deckel gelten) wegen Zahlungsunfähigkeit rausgeschmissen. Die „Hilfe zur Pflege“ gem. SGB gibt es schon lange, wenn das Vermögen verbraucht ist. Man könnte darüber reden, das z.Zt. sehr bescheidene Schonvermögen (z.Zt. 10.000 Euronen für das Barvermögen) sachte zu erhöhen.
3.2 )
10 Euronen im Monat, das können Eltern schon jetzt machen. Gemeint ist natürlich: Bezahlt der Staat aus Steuermitteln. Und wer bezahlt die?
Für Kinder zwischen 6 und und 18 (so sei das lt. Merz gedacht), macht das 1.440 je Kind. Der übliche Quatsch in der Rentendiskussion. Hatten wir hier schon in allen Varianten. Fakt ist: Die Rente kommt aus der Wertschöpfung der ZUR ZEIT DES RENTENBEZUGS aktiv Wertschöpfenden. Irgendwas mit Ansparen verschleiert das nur und nutzt nichts. Nicht vergessen: Die Rentner müssen entsparen, das ist ja der Sinn der Sache. Wo sind wir dann wieder? Richtig, bei der guten alten UMLAGE.
Ansonsten weiß insgesamt natürlich jede(r) Politmensch, dass „draußen“ niemand die „Programme“ ernst nimmt und da sagen sich die Politmenschen drinnen: Indem das so ist, schreiben wir halt irgendeinen Senf da rein, was, ist ganz egal. Diese Art von Polit-Masturbation muss offenbar sein.
Stattdessen könnte man ja mal z.B. die komplette Runderneuerung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die dringend geboten ist, ansprechen; das Ende der Bundeswehr als Bonsai-Armee zu Aldi-Preisen und v.a.m. Aber da gilt der Grundsatz: Ja nichts Ernsthaftes ins Kinderzimmer, also in den Wahlkampf.
Alles vernünftig, denke ich, bis dann das:
Der übliche Quatsch in der Rentendiskussion. Hatten wir hier schon in allen Varianten. Fakt ist: Die Rente kommt aus der Wertschöpfung der ZUR ZEIT DES RENTENBEZUGS aktiv Wertschöpfenden. Irgendwas mit Ansparen verschleiert das nur und nutzt nichts.
Da Deutschland bekanntlich eine Insel ist, könnte ich das gelten lassen. Aber die Fakten lassen sich mit dieser beliebten linken Theorie so gar nicht in Einklang bringen. Seit ewigen Zeiten liegt das angeblich so leistungsfähige deutsche Umlagensystem bei den Zahlungen im unteren Drittel der Vergleichstabellen. Es gibt ziemlich wenig Cash für spitzenmäßige Beitragszahlungen. Es gab schon Manager, die ob solcher Relationen geflogen sind. Im oberen Bereich der Benchmarks thronen Länder, die viel von Kapitaldeckungsverfahren halten.
Wer nicht auf die Rentenkasse vertraut, legt sein Geld – wenn er vernünftig ist – im ETF World an. Dieser führt über 4000 Unternehmen und gewichtet sie nach ihrem Börsenwert. US-amerikanische Konzerne haben deswegen ein Gewicht von knapp zwei Drittel. Bei anderen ETFs ist es ähnlich. Auch DAX-Unternehmen erwirtschaften über Dreiviertel ihres Gewinns im Ausland, oft mehr. Sollte man den VW-Beschäftigten mal sagen. SAP, das wertvollste Unternehmen, verfälscht hier noch zugunsten der deutschen Bilanz.
Wer also Kapital spart, tut das meist in hochdynamischen Volkswirtschaften, die auch dann noch Wertschöpfung generieren, wenn Deutschland nur noch ein einziges Altersheim sein wird. Schlecht, denn viele Deutsche meinen, ihr Land sei eine Insel.
Die Sparquote in Deutschland ist nach wie vor vergleichsweise hoch. Etwa 10 bis 11%. In Corona-Zeiten war dieser Anteil an den Gesamteinkommen zeitweise noch höher.
Allerdings wäre es sinnvoller, wenn die Deutschen ihre Ersparnisse mehr in Aktien anlegen würden.
Die Idee mit den 10 Euro monatlich in ein Aktiendepot finde ich nun nicht so schlecht. Da würde auch einiges bei rumkommen, weil ja über einen sehr langen Zeitraum investiert wird. Vielleicht werden die Leute dann auch stärker motiviert, ihre Ersparnisse in ertragreiche Formen zu halten.
Die Sparquote in Deutschland ist nach wie vor vergleichsweise hoch.
Das muss sie auch in einem Land sein, das rasant altert und in dem die Gesellschaft überproportional von einem maroden Rentenumlagesystem abhängig ist.
Inzwischen haben die Deutschen verstanden, dass die Geldanlage in Kapitallebensversicherungen und Sparbücher nicht sinnvoll ist. Investments in Aktien steigen gravierend. Aber jahrzehntelange Versäumnisse lassen sich nicht innerhalb weniger Jahre kompensieren.
Die Idee mit den 10 Euro monatlich in ein Aktiendepot finde ich nun nicht so schlecht.
Wer bezahlt das denn? Der Steuerzahler, oder? Der ist in der Regel erwerbstätig und kann für seine Kinder selbst vorsorgen. Wenn der Staat das tut, wird das Eigentum in Staatshand gebildet. Der Bürger erwirbt kein Eigentum. So läuft es bereits bei dem neuen Aktienfonds. Der Bürger hat kein Konto und damit keine Vermögensbildung. Also ist das der übliche Quatsch: Der Bürger macht mit seinen Steuerzahlungen den Staat reicher, von dessen Wohlwollen er später abhängig ist und macht sich selbst ärmer.
Renten werden auch zu einem nicht kleinen Teil aus Steuern finanziert. Wie soll das denn anders gehen? Sollen wir Rentnern mit Einkünften unter dem Existenzminimum Gaskammern zur Verfügung stellen?
Auch in Ländern mit Kapitaldeckungsverfahren gibt es eine Armutsrente. In Chile sind das aktuell umgerechnet ca 200 Euro. Es dürfte für Härtefälle weitere Beihilfen geben, solange es keine Kinder zur Unterstützung gibt. Vor 6 Jahren wurde die Rente einmal stark erhöht.
Die 10 Euro für jedes Kind werden dann in 67 Jahren den Bedarf an staatlicher Unterstützung senken.
Es wäre ein Schritt in eine realistischere Richtung.
Bitte Lemmy.
Das Alter gehört nicht zu den unvorhergesehenen Risiken des Lebens. Menschen haben ein natürliches Bedürfnis vorzusorgen. In Deutschland verlassen sich die Menschen bei diesem Grundbedürfnis so stark auf den Staat wie sonst kaum. Zu ihrem eigenen Nachteil. Du hattest gestern die überzogene Vorsicht bei der Geldanlage angesprochen.
Der MSCI World ETF wurde 1974 aufgelegt. Hätte jeder Deutsche dort monatlich 100 Euro investiert, wäre er heute bei einem Anlagekapital von gerade 60.000 Euro mit 1,3 Millionen Euro reich. Für die Rente musste ich monatlich weit mehr zahlen und bekomme mit 67 Jahren einen Bezug von vielleicht 2.300 – 2.500 Euro. Der Staat ist kein guter Verwalter der Finanzen seiner Bürger.
Wir denken in Deutschland hauptsächlich von den ärmsten 15-20 Prozent her. Doch das ist nicht die Gesellschaft. Was für Menschen, die nicht für sich selbst sorgen können, richtig sein mag, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Durchschnitt der falsche Weg.
In 67 Jahren haben wir kein demographisches Problem. Das haben wir jetzt. Und wenn es der Staat ernst meinte mit seiner Unterstützung der Vermögensbildung, dann würde er nicht alles tun, um diese in der Hand seiner Bürger zu verhindern. Zwei aktuelle Beispiele: Die Aktienrente wird neu von einem Fonds verwaltet, bei dem der Bund der alleinige Eigentümer ist. Warum gibt der Staat nicht jedem Bürger Anteilsscheine, damit sie, die das Ganze mit ihren Steuern finanzieren, Eigentümer werden? Seit diesem Jahr verlangt der Fiskus eine Vorversteuerung von Fondsvermögen, ohne dass es dazu einer Ausschüttung bedarf. Anleger müssen also neben ihrem Anlagenkapital liquide Mittel vorhalten, um den Steuerhunger des Staates zu stillen.
In Chile erhielten 2024 42% der Männer und 58% der Frauen Sozialrente, für die meisten ist das aber ein Aufstockerbeitrag.
Du verlierst jegliche Berechtigung für diesen Solidaritätsbeitrag, sobald deine Rente aus dem Super-Kapitaldeckungsverfahren 729 Euro übersteigt.
Die ärmsten 15 bis 20% benötigen halt die meiste solidarische Unterstützung.
Würde man deine Gedanken zu Ende denken, sollten wir nach humaneren Tötungsmethoden als „verhungern“ suchen, die wir diesen Menschen dann „anbieten“ könnten. Das geht ethisch offensichtlich gar nicht.
Kapitaldeckung ist halt auch kein Wundermittel.
Diese Fondssteuer, obwohl man überhaupt kein Geld aus dem Konto gezogen hat, ist völlig irre. Ich würde wieder deutsche Talkshows gucken, wenn Leute, die sich so einen Quatsch ausdenken, gegrillt werden. So teuer ist das nicht und das wird dann ja auch abgezogen, wenn man Geld aus dem Fondsparkonto entzieht. Die Arbeit haben die Banken, aber es ist echt balla balla.
Die ärmsten 15 bis 20% benötigen halt die meiste solidarische Unterstützung.
Preisfrage: Warum erhalten sie dann relativ wenig? In Deutschland fließen nur so 31 Prozent aller Sozialleistungen an die untersten 20 Prozent. In der gesamten OECD sind es 33 Prozent. Das ganze Argument ist eine Schimäre zur Rechtfertigung eines dirigistischen Umverteilungsstaates.
Du hast mit keinem Hardcore-Liberalen einen echten Diskussionspunkt, ob der Staat seine Anstrengungen auf die untersten 20 Prozent konzentrieren sollte. Doch warum es bei 50 Prozent Staatsanteil anders ausschaut, kann kein Sozialist erklären.
Der sinnvollste Aufbau einer gesetzlichen Altersvorsorge besteht aus einer kleinen staatlichen Rente, die nach dem steuerlichen Prinzip aufgebaut ist und darüber ein großer Kapitalstock. So sieht es auch meistens aus. In Deutschland nicht. Hier müssen Erwerbstätige ein Fünftel ihres Erwerbs in ein Umlagesystem stecken, wo es oft nur ein Zehntel ist. Tatsächlich sind es bei uns noch ein Drittel mehr, wenn der Steueranteil der Rentenversicherung berücksichtigt würde.
Deutsche Rentner wären arm, würden sich sich allein auf dieses System verlassen. Tatsächlich weiß die obere Hälfte, dass das System nicht funktioniert, weshalb sie zusätzlich sparen. Das sorgt dann für die von Dir beklagte hohe Sparquote. Es führt aber auch dazu, dass die Deutschen im Vergleich zu den EU-Partnern wenig Vermögen haben.
Es gibt durchaus eine sinnvolle Begründung für die Fondssteuer. Viele Länder besteuern so. Nur kommt sie als Kulmination und als Steuererhöhung daher in einem Land, das feindlich gegenüber dem Aktiensparen eingestellt ist. Vor einigen Monaten musste der BFH die sogenannte „Binding-Steuer“ kassieren. Der damalige Obmann der SPD im Finanzausschuss Lothar Binding sah es als richtig an, bei Termingeschäften anfallende Verluste nicht steuerlich zu berücksichtigen, wodurch absurde Steueransprüche bei Tradern entstanden.
https://www.onvista.de/news/2024/06-28-gesetzgebung-verfassungswidrig-cfd-und-futures-haendler-duerfen-aufatmen-41121433-19-26286664
Völliger Schwachsinn, aber normal in einem Land, dass die Kapitalanlage bekämpft.
SP: In Deutschland fließen nur so 31 Prozent aller Sozialleistungen an die untersten 20 Prozent.
LC: Hast Du einen Link auf diese Studie?
SP: auf kleine staatliche Rente konzentrieren.
LC: Definiere bitte kleine staatliche Rente in Euro. Hier sieht man die durchschnittlich ausgezahlten Renten für 2023: chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Alter-Rente/Datensammlung/PDF-Dateien/abbVIII25.pdf
SP: Deutsche sparen, haben aber wenig Vermögen.
LC: Das macht keinen Sinn. Vermögen entsteht per Definition aus Ersparnissen.
Ich hatte dazu mal einen Artikel gemacht. Die OECD veröffentlicht in regelmäßigen Abständen solche Erhebungen. Leider funktioniert der Link nicht mehr und die OECD hat ihre Seite deutlich umgebaut. Ich finde zum Schlechteren. Ich muss suchen, wenn ich in den nächsten Tagen die Zeit finde.
https://www.deliberationdaily.de/2014/11/wer-profitiert-vom-sozialen/
Kleine Renten: Das ergibt sich doch. Bürger, die in ihrem Erwerbsleben nicht vorsorgen konnten. Die Definition ist keine andere als sonst im Sozialrecht, insbesondere SGB II.
Es gibt zahlreiche Gründe, warum die Deutschen nicht so vermögend sind. Die Sparquote ist ja nicht einmal das entscheidende Kriterium, sondern die Investments und die Dauer.
Die Ostdeutschen sind praktisch mit Vermögenstand Null in die Wiedervereinigung gegangen. 35 Jahre reichen nicht, die Rückstände in der Vermögensbildung zu Ländern wie Schweiz oder auch nur Italien aufzuholen. Die typische Sparform ist das Eigenheim. Deutschland hat vergleichsweise wenig Wohneigentum, was die Bürger gegenüber anderen Ländern benachteiligt. Dazu treibt der Staat die Kosten wie die Bildung von Wohneigentum nach oben. Und dann die Anlageform. Jahrzehntelang setzten die Deutschen auf wenig renditekräftige Anlagen wie Sparbücher und Kapitallebensversicherungen.
Zitat Stefan Pietsch:
„Da Deutschland bekanntlich eine Insel ist, könnte ich das gelten lassen.“
Wenn wir mal davon ausgehen, dass die da draußen gerne unsere Rentner (also z.B. mich) durchfüttern, lasse ich das wiederum gelten^.
„Im oberen Bereich der Benchmarks thronen Länder, die viel von Kapitaldeckungsverfahren halten.“
Funktioniert wunderbar, so lange im Makromaßstab (noch) keine Rentnermassen vorhanden sind, die Kapital verzehren (müssen). Denn das ist ja leider so im Leben: Wir VERZEHREN tagaus tagein (am Ende auch uns selbst^), ansonsten wäre das Thema Ökonomie, also Haushaltskunde, Zeitverschwendung.
Am besten, man betrachtet die Angelegenheit in Sachen und nicht in Geld. Niemand lebt vom Geld, alle von Sachen, die unangenehmerweise jemand produzieren muss. Ähm…..wenn viel Geld da ist, das ich als Rentner weiland gespart habe, ist doch ganz automatisch entsprechend ganz viel Produktion da, die ich kaufen kann; AKTUELL, darauf kommt es an. Schön….ob dieser Automatik bräuchte eigentlich eh keiner mehr arbeiten gehen, man hat ja Geld. Indes muss jemand die Forderung (nichts anderes ist das Angesparte) erfüllen, indem er/sie für mich die Brötchen backt.
Mikroökonomisch funzt das, das merke ich täglich in meiner Teileigenschaft als Rentier^.
Ja, das ist die Erklärung des Sparens seit den Sechzigerjahren und wesentlich dafür, dass deutsche Rentner relativ arm sind.
Wenn ich Anteile an einem Unternehmen erwerbe, dann beteilige ich mich nicht an einem Umlagesystem, schon gar nicht an einem, das auf sozialen Ausgleich angelegt ist. Ich ermögliche es Unternehmern, investiv tätig zu werden und zu wirtschaften. Im Gegenzug werde ich am Ergebnis beteiligt. Das sind „echte“ Renten.
Es ist also nicht der „Wille“ der Kapitalempfänger entscheidend, sondern es besteht eine privatrechtliche Vertragsbeziehung. Und auch das mag neu sein: „Arbeitnehmer“ ist bei weitem nicht die einzige Form, erwerbstätig zu sein.
Deutschland ist ein Land mit einer sehr alten Bevölkerung. Das ist aber ein Sonderfall. Die meisten Länder haben eine wesentlich jüngere Bevölkerung. Da das Kapital international und nicht national arbeitet, ist die Zusammensetzung der globalen Bevölkerung relevant. Ich habe z.B. praktisch kein Geld in Deutschland investiert.
Die Linken haben über viele Jahre den Außenhandelsüberschuss kritisiert, weil sie nicht verstanden haben, dass das mit einem Kapitalexport einhergeht. Die Forderungen gegenüber dem Ausland bleiben ja nicht stehen, sondern werden in Sachwerte umgewandelt. Von diesen Sachwerten zehrt eine alternde Bevölkerung. Eigentlich nicht so schwer.
«das mit einem Kapitalexport einhergeht. Die Forderungen gegenüber dem Ausland bleiben ja nicht stehen, sondern werden in Sachwerte umgewandelt. Von diesen Sachwerten zehrt eine alternde Bevölkerung. Eigentlich nicht so schwer»?
Wenn es nicht so schwer ist, kann dann unser Makro-Genie erklären, an welcher Stelle der «Kapitalexport» entsteht, wenn ein Spanier aus Andalusien in Deutschland einen Traktor kauft? Und von welchen Sachwerten soll die die alternde Bevölkerung im Anschuss daran «zehren»?
Wieso Andalusien? Sie wissen doch hoffentlich, dass Deutschland und Spanien (und noch ein paar andere Länder) einen gemeinsamen Markt mit einer gemeinsamen Währung bilden.
Aber wie ist das mit dem Export in die USA? Der Traktor wird verkauft und üblicherweise bezahlen Amerikaner in Dollar. D.h. ein Exporteur hat Dollar in der Hand. Macht er das einmal, wird er den Verkaufspreis in Euro umtauschen. Aber das ist nicht der typische Fall bei Exporteuren. Das Geld bleibt in Dollar stehen, gerne auf einem US-amerikanischen Konto. Damit haben wir den Fall des Kapitalexports.
Typisch ist auch, dann im Ausland Sachwerte zu erwerben. Eine Betriebsstätte wird errichtet, Vertriebspartner verpflichtet, solche Dinge. Japan war in den Achtzigerjahren ganz fleißig auf dem US-Markt, so fleißig, dass damals in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, ob das Land nicht an die Japaner verkauft wird. Müssen Sie nicht wissen.
Jedenfalls haben die fleißigen japanischen Exporteure ihre Dollar nicht in Yen getauscht, sondern Unternehmen gekauft. Japans Bevölkerung altert übrigens auch rasant. Das Problem der Wirtschaft Nippons ist, dass sie mit Staatsspritzen ruiniert wurde.
Egal. Ich hatte es bereits erwähnt, die DAX-Konzerne erwirtschaften drei von vier Euro Gewinn im Ausland. Typischerweise wird der Gewinn nicht abgeführt, warum sollte er? Daimler, VW machen einen Konzernabschluss, wo der Gesamtgewinn ihre unzähligen Tochterunternehmen ausgewiesen wird. Das muss reichen. Es macht wenig Sinn, den Gewinn nach Deutschland abzuführen und ihn hier mit 18 Prozent KöSt und 12 Prozent GewSt zu belasten.
Es macht auch wenig Sinn, noch in Deutschland zu investieren. Andere Länder sind viel interessanter. So, nun habe ich Ihnen gezeigt, wie Kapitalexport im Zusammenspiel mit Warenexport geht.
1. Sie sind also der Meinung, dass Exporte nach Spanien nicht im Leistungsbilanzüberschuss auftauchen, weil D & ESP ja «einen gemeinsamen Markt mit einer gemeinsamen Währung bilden»? Ein sehr originelle Meinung, aber leider sehen das alle Makroökonomen anders.
2. «Typisch ist auch, dann im Ausland Sachwerte zu erwerben»? Das ist eine schräge Behauptung. Der Traktorhersteller soll alleine aus der Tatsache heraus, dass er Güter ins Ausland exportiert (egal ob ESP oder USA) Sachwerte erwerben? Klingt nicht nur unlogisch, ist auch empirisch nicht zu belegen.
3. Tatsächlich liegt der Verkaufserlös für den Traktor natürlich jetzt auf dem Konto des Herstellers, d. h. die Kapitalbilanz ist + 100 Währungseinheiten (WE), im Land des Käufers lautet diese entsprechend – 100 WE. Von einem Kapitalexport aus D ist weit und breit und breit keine Spur, es exitsiert alleine ein Leistungsbilanzüberschuss von D in Höhe von 100 WE.
4. und als Letztes: Wie soll denn die alternde Bevölkerung von den Sachwerten im Ausland, die der Exporteur ihrer Behautung nach angeblich «typisch» erwirbt, später zehren?
PS: Sie sind nicht der einzige, der Schwierigkeiten hat, die Buchhaltungs-Konvention unter Nutzung der Technik der doppelten Buchführung zu verstehen. Solch Unsinn wird noch von ganz bekannteren „Experten“ verbreitet. Aber man kann sich ja immer weierbilden, beispielsweise hier:
https://www.relevante-oekonomik.com/2022/03/02/der-stolperstein-der-zahlungsbilanz-kapitalexport-oder-kapitalimport-das-ist-hier-die-frage/
Ich habe den Eindruck, Sie können nur rezipieren, was Sie auf bestimmten Seiten sich angelesen haben. Deswegen erwidern Sie nicht.
Fehler 1
Es ist nirgends die Rede davon, dass EU-interne Beziehungen nicht Teil der nationalen Handelsbilanzen wären. Es ging nur darum, dass in einem gemeinsamen Markt mit gemeinsamer Währung weder Geldumtausch stattfindet noch die Notwendigkeit noch das Interesse besteht, Einkünfte auf ausländischen Konten stehenzulassen. Der Sinn des einheitlichen Marktes ist ja gerade, dass solche Prozesse ihren wirtschaftlichen Sinn verlieren.
Leistungsbilanzen werden nach nationalen Grenzen aufgestellt. Deutschland und Spanien sind unterschiedliche Länder. Wir könnten allerdings auch eine Leistungsbilanz für Bayern und München aufstellen. Zwischen den Bundesländern finden auch Leistungsbeziehungen statt.
Fehler 2
Ich habe den Sinn erläutert, warum Exporteure ihre Gelder im Ausland stehenlassen und nicht in Euro tauschen. Sie brubbeln dann etwas von „Kapitalkonto des Verkäufers“. Dabei steht in meiner Argumentation, dass dies bei Exporteuren häufig ein Konto im Exportland ist. Das haben Sie weder aufgenommen noch spielt das in Ihrer Erwiderung eine Rolle. Für Sie überweisen amerikanische Kunden auf deutsche Konten. Punkt. Nicht, weil es so ist, sondern weil Ihnen Flassbeck & Co. nichts anderes sagen.
Ich habe oft für internationale Unternehmen gearbeitet. Wer typischerweise in den USA tätig ist, unterhält bei einer US-Bank Konten und überweist die erhaltenen Einzahlungen nicht nach Deutschland. Das wäre einfach wirtschaftlicher Unsinn.
Fehler 3
Sie schauen sich gar nicht die Statistiken an. Deutschland weist bekanntlich einen Handelsbilanzüberschuss aus. Das Überraschende: Die FDIs zeigen ebenfalls ein gravierendes Übergewicht der Outflows. Reiner Zufall: Die USA, traditionell ein Land mit einem Handelsbilanzdefizit, ist es genau umgekehrt!
https://www.oecd.org/en/data/datasets/oecd-DE.html
Wir können das durchdeklinieren: Volkswirtschaften mit einem Leistungsbilanzüberschuss weisen auch einen Überschuss der FDIs outflows auf und Volkswirtschaften mit einem Leistungsbilanzdefizit zeigen ein Übergewicht der FDIs inflows. Reiner Zufall natürlich.
Sind die FDI outflows größer, dann verlässt Kapital das Land. Exakt das, was ich geschrieben und was Sie bestritten haben.
Fehler 4
Sie verstehen Informationen nicht. So habe ich Ihnen die Information gegeben, dass das Gros der Gewinne von DAX-Unternehmen jenseits der Landesgrenzen entsteht. Mit dieser Information konnten Sie offensichtlich nichts anfangen, obwohl sie genau das besagt, was ich gesagt habe: gealterte Kapitalanleger erhalten ihre Dividende maßgeblich durch Gewinne in lukrativeren Märkten. Also nicht Deutschland. Auch das haben Sie bestritten, weil Sie nur auswendig Gelerntes wiedergeben können. Schade um die Zeit.
Ichhabe ihnen doch extra einen Link zukommen lassen, in dem das Missverständnis «Kapitalexport» erklärt wird. Warum bilden sie sich nicht einfach weiter, wenn man ihnen schon alles vor die Füße legt? Weil sie dann einen Irrtum zugeben müssten, ist meine persönliche Vermutung. Stattdessen wiederholen sie ihre Monsense-Behauptungen, die auch durch vielfache Wiederholungen nicht durch einen magischen Mechanismus wahr werden.
Schon Aristoteles hat festgestellt, dass Menschen, die logische Prinzipien negieren, sich letztlich wie Pflanzen verhalten. Der Versuch einer rationalen Interaktion mit diesen ist sinnlos.
Okay, da kommt also nichts mehr außer Theorien von anderen. Dann beenden wir das hier, denn ich tausche Argumente, nicht Links.
„nie daran, was in anderen Staaten gemacht wird“
Ja und nein. Wenn in einem weit weniger regulierten (ehemals Thatcher-) Land ein Problem eher noch größer ist, dann könnte das ein Hinweis sein, dass die geforderte De-Regulierung vielleicht doch nicht die Lösung ist.
Wie Ruprecht Polenz jüngst anmerkte: Das Schlechtreden nimmt inzwischen pathologische Züge an. Und es hat auch was sehr Deutsches, dieses Schwanken zwischen Überheblichkeit und Minderwertigkeitskomplex.
Am deutschen Wesen soll die Welt genesen, aber gleichzeitig ist bei uns auch alles völlig im Eimer.
e) FDP-Entwurf fürs Wahlprogramm: Massive Steuersenkungen und Schuldenbremse einhalten (Spiegel).
„Wirtschaftskompetenz“. Das ist so ein Scherz.
Was daran?
… aus dem Entwurf für das Wahlprogramm der Liberalen …
»Konkret fordern wir, dass sich der Spitzensteuersatz künftig an der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung orientiert«, heißt es darin. »Damit greift der Spitzensteuersatz nicht mehr schon ab einem Jahreseinkommen von gut 68.000 Euro, sondern erst ab 96.600 Euro.«
Was ist daran nicht OK? Alles andere ist so scheinheilig wie 18-Jährige in den Krieg zu schicken und ihnen daheim das Bier zu verbieten. Und natürlich gehört der Solidaritätszuschlag gestrichen, wie es bereits für 1992 (!!) versprochen war.
((Sorry, Du bist in diesen Geld- und Steuerdingen so etwas von naiv und phantasielos: Warum nicht den Spitzensteuersatz anheben, aber die Progressionskurve spürbar später ansteigen lassen? Dann wäre das Gros der Bürger entlastet, und
die ReichenMenschen mit hohem Einkommen würden etweas stärker zur Kasse gebeten?Ich verstehe diese deutsche Gier auf Seiten der Linken und der Politiker nicht. Da wird – auvch von Dir – vollkommen falsch gedacht. Anstatt sich zu überlegen, wie man Probleme am besten löst, wird nur darüber nachgedacht, wie man sie am besten finanziert. Wie häufig dann Geld, das man vorher anderen weggenommen hat, einfach nur zum Fenster herausgeschmissen wird, interessiert fast niemanden. Das einzige, was zählt, ist, wem man wieviel wegnehmen konnte …
Ich habe NULL Problem damit. Hoch mit dem Spitzensteuersatz. Also der Bemessungsgrenze meine ich. Absolut sinnvoll. Nur muss der Ausgleich halt irgendwoher kommen. Und zu versprechen, dass man die Steuern senkt, keine neuen Schulden macht und keine Belastungen bringt, ist halt alles, aber nicht seriös.
@ Stefan Sasse
Nur muss der Ausgleich halt irgendwoher kommen.
Für Dich scheint klar zu sein, dass der Ausgleich über anderes Geld und nicht über Einsparungen oder höhere Steuereinnahmen durch bessere Wirtschaft erfolgen muss.
Und zu versprechen, dass man die Steuern senkt, keine neuen Schulden macht und keine Belastungen bringt, ist halt alles, aber nicht seriös.
Ist mindestens genauso seriös wie die Versprechen der SPD, den Sozialstaat auszubauen, ohne über die Finanzierung zu reden, oder die Pläne der Grünen, auf ihre Art die Wirtschaft ökologisch umzubauen, ohne das viele Unternehmen in die Knie gehen oder auswandern.
Ansonsten bedeutet die Einhaltung der Schuldenbremse nicht, dass man keine Schulden machen darf. Die Schuldenaufnahme wird nur begrenzt.
Wer also behauptet, dass die FDP verlange, keine Schulden zu machen, ist unseriös. Sie fordert nur, die Neuschuldenaufnahme auf das gesetzlich erlaubte Maß zu beschränken.
Nö, mir ist nur die Dimension klar, die andererseits gerne ausgeblendet wird. Die Hoffnung auf die Amortisierung durch stark steigendes Wirtschaftswachstum ist ein Taschenspielertrick, den du NIEMALS in irgendeinem linken Finanzprogramm akzeptieren würdest. Und Einsparungen sind schlicht – verfassungsrechtlich! – in dem Rahmen nicht möglich.
Ich bezweifle keineswegs, dass die anderen auch keine seriöse finanzierung vorschlagen, aber FDP und CDU müssen sich hier an einem anderen Standard messen lassen, weil sie immer betonen, wirtschafts- und finanzkompetent zu sein und „vernünftig“ und „verlässlich“ und so weiter zu arbeiten. Das ist wie die Grünen bei moralischen Fragen einem anderen Standard unterliegen.
Weiß ich nicht. Wissenschaftliche Berechnungen kommen bei den Grünen zu ungedeckten Schecks von knapp 50 Milliarden Euro. Und das auch nur, weil sie den Soli nicht abschaffen wollen.
Doch was, wenn das Bundesverfassungsgericht genau das in einigen Wochen verfügt? Dann hätten alle Parteien außer der FDP mit Zitronen gehandelt. Und es kann sein, dass der Bund gezwungen wird, auf einen Schlag 60 Milliarden Euro zurückzuzahlen und weitere 12 Milliarden Euro jährlich einzusparen.
Wer sagt das ginge nicht, der sagt, der Staat sei nun mal ein Raubritter. Keinem Bürger würde es ein Gericht durchgehen lassen, mit Verweis, er habe das treuhänderisch verwaltete Vermögen bereits ausgegeben, ihm einen Rechtsanspruch auf den Betrug zuzuerkennen.
Union und FDP einerseits, SPD und Grüne andererseits haben entgegengesetzte Konzepte. Der Wähler muss am 23. Februar entscheiden, welchem er den Vorrang einräumt: Ein Staat, der Aufgaben zurücknimmt und dem Bürger wieder mehr Freiheit lässt. Dafür wird Raum für Steuerentlastungen in einem der am höchsten besteuernden Staaten gegeben. Oder ein Staat, der weitere Aufgaben an sich zieht und die Bewegungsfreiheit der Bürger weiter reguliert. In dem er wenige Unternehmen subventioniert, weitere Auflagen macht und eben auch immer mehr Steuern verlangt.
Weder die Konzepte von Union und FDP, noch die der SPD und Grünen werden so je Realität. Aber sie machen dem Wähler deutlich: er steht vor einer Richtungswahl.
Ich halte das für eine falsche Einschätzung. Da wird überhaupt keine Richtung gewählt. Im Großen und Ganzen wird es weitergehen wie bisher. Es ist eine Nuancenwahl, keine Richtungswahl.
Ich halte das für eine zutreffende Einschätzung. Was wählen die Bürger sonst, wenn nicht eine Richtung? Merkels Strategie war dafür zu sorgen, dass es keine Richtungsentscheidung gab. Damit drückte sie die Wahlbeteiligung, denn die Leute sahen keinen Sinn darin, sich sonntags zu bewegen, wenn es ohnehin nichts zu entscheiden gab.
Ich kenne das aus meinem Job: 95% der Wähler haben keine Ahnung, ob die 125 Milliarden Euro Entlastung der FDP viel ist. Sie wissen nur, dass das mehr als die 50 Milliarden Euro der Grünen ist. Und woher sollen sie wissen, ob das machbar oder finanzwirtschaftlich unmöglich ist?
Deswegen liefern die Parteien in ihrer Werbebotschaft die Story. Entlastung derer, die wenig haben oder Entlastung derer, die die Party schmeißen? Die SPD lockt damit, dass sie die Renten garantiert (steht seit 15 Jahren übrigens im Gesetz), während die Union die Renten kürzen will (also als Rechtsbrüchiger bei der AfD ist).
Nein, es geht um Richtung und genau so positionieren sich die Parteien. Weil es das ist, was die Mehrheit der politisch Interessierten für notwendig erachtet.
Mit der Definition stimme ich dir zu, aber das ist nicht das, was die meinen, wenn sie „Richtungswahl“ sagen. Mit deiner Definition wird JEDE Wahl zur Richtungswahl. Ist natürlich korrekt, aber auch nutzlos.
Ich habe nichts definiert. Doch Du bleibst eine Erklärung für Deine Sichtweise schuldig: Warum sollten die Leute wählen, wenn es eigentlich um nichts geht? Merkel, ich wiederhole, hat viel politischen Ehrgeiz darein versetzt, den Leuten zu zeigen, dass es um nichts ginge. Im Ergebnis sank die Wahlbeteiligung.
Vor drei Jahren hast Du die These vertreten, die Parteien und Kandidaten versuchten Merkel so ähnlich wie möglich zu sein. Konzeptionelle Unterschiede wurden nivelliert. Nun ist es genau umgekehrt, von der Union über die FDP bis hin zu AfD und BSW positioniert man sich als Kontrapunkt zur Ampel. Und Deine Erkenntnis ist die Gleiche wie damals: Eigentlich geht es um nichts.
Wie gesagt, der Sinn der präsentierten Konzepte ist nicht, dass Politikerideen so zu Haushaltsentwürfen werden sollen. Ich finde Lufttaxis auch ganz toll, aber wenn die Ideen zu technischen Konzepten werden sollen, würden die Dinge nicht einmal 5 cm weit rollen.
Aber, die Konzepte sind ein ideales Vehikel aufzuzeigen, in welche Richtung eine Partei will. Das kann man wählen, oder das Gegenteil.
Erreicht die Union 42 Prozent und die Grünen 7 Prozent und gehen sie dann eine Koalition ein, wird es der kleinen Partei schwer fallen, noch einzelne Punkte ihrer Migrationsüberzeugungen in Regierungspolitik zu retten. Bekommen sie 20 Prozent, scheiden sie schon wegen der großen Differenzen in dieser Frage für die Union als Koalitionspartner aus. So können wir das durchdeklinieren.
Wir reden aneinander vorbei. Mir geht es nur um die Semantik der „Richtungswahl“. Eine Richtungswahl ist eine, wo grundlegende Entscheidungen anstehen. Das kann per Definition nicht nach jeder Wahl passieren. 1990 war eine Richtungswahl. 1994 sicher nicht, 1987 auch nicht. Das heißt nicht, dass da nichts entschieden wurde. Aber willst du mir ernsthaft erzählen. 2013 sei eine Richtungswahl gewesen? Oder 2017?
1987 war natürlich eine, nur eine wenig wahrgenommene. Die SPD hätte die NATO-Nachrüstung gekillt – und damit vermutlich genau das Signal aus dem „Markt“ genommen, das Gorbatschov erst ermöglichte.
Glaub ich nicht, ehrlich gesagt. Die Entscheidung war durch. Die CDU hätte 1976 auch nicht die Ostpolitik gekillt. Abgeschwächt, klar, nicht weiter forciert, klar. Aber die NATO-Nachrüstung war in vollem Gange.
War 1990 eine Richtungswahl? Zum Zeitpunkt der Bundestagswahl waren alle relevanten Verträge eingetütet und der Vereinigungsprozess aufgesetzt. von 1990-1994 wurden weniger politische Entscheidungen getroffen, als der Prozess gemanagt. Eher war die Volkskammerwahl im März 1990 eine Richtungswahl.
Es ist also gar nicht so leicht, da zu unterscheiden. Aber es ist unzweifelhaft, dass die Parteien die Bundestagswahl 2025 anders als die vorherigen Urnengängen als richtungsweisend ansehen. Heute sagen vor allem Union, FDP, AfD und BSW nicht, wir machen so weiter nur halt besser (O-Ton Gerhard Schröder 1998). Das sollen die steuer- und wirtschaftspolitischen Vorschläge signalisieren. Und das war das Intro zu unserer Debatte.
Ich sehe den Punkt zu 1990 durchaus; point taken.
Aber haben die Parteien 2021 nicht auch als richtungsweisend gesehen? Die erste Nach-Merkel-Wahl? Ich gebe zu, dass die Rhetorik dieses Mal richtungsweisiger ist, aber die Realität scheint mir eine andere. Ich mag mich aber irren.
Nein, das war nicht das, was ich aus den TV-Triellen mitgenommen hatte. Du selber hast auch immer geschrieben, die Kandidaten hätten sich bemüht, der beste Merkel-Klon zu sein. Damit war es eindeutig keine Richtungswahl. Auch Schröder hatte 1998 nicht als Richtungsentscheidung inszeniert.
Das ist heute anders. Sowohl die Parteien als auch die Daten aus Wirtschaft, Migration, Kriminalität, die Wiederwahl Trumps usw. machen eine Richtungswahl erforderlich. Dabei stehen unterschiedliche Konzepte zur Auswahl. Die Bürger wollten Neuwahlen und das Ende der Ampel, also des Weiter-so. Denn der vorherige Koalitionsvertrag war ein Dokument man verändert nur bei den Soft Themen, nicht bei den Hardcore-Themen des Staates: Budget und Einnahmen, Steuerpolitik, Wirtschaftspolitik, Migration, Rente, soziale Sicherungssysteme, äußere Sicherheit.
Es ist zu wünschen, dass es eine eindeutige Entscheidung gibt. Das wünsche ich mir eigentlich bei jeder Wahl, aber diesmal ist es essentiell für die Demokratie. Scheitert die nächste Regierung, steuern wir mit Sicherheit auf französische Verhältnisse zu. Das wiederum kann niemand wünschen.
Da sind wir uns einig. Ich will auch kein weiteres Scheitern. Auch wenn ein Kanzler Merz mich nicht eben mit Freude erfüllt. Aber da die FDP der nächsten Regierung wohl nicht angehören wird, stehen die Chancen gut 😉
„Und Einsparungen sind schlicht – verfassungsrechtlich! – in dem Rahmen nicht möglich.“
Sagt wer?
Im letzten „normalen“ Haushalt vor Pandemie 2019 hat der Bund 343 Milliarden ausgegeben.
Bis 2024 hatten wir 20% kumulierte Inflation – also müßten ohne zusätzliche Ausgabewünsche die Ausgaben 2024 bei 422 Milliarden liegen.
Sie liegen aber bei 477 Milliarden.
Und schon 2019 gab es eine Menge Ausgaben, die man völlig GG-konform hätte kürzen oder streichen können.
Selbst wenn man neue Herausforderungen wie bei der Verteidigung berücksichtigt, hat der Bundeshaushalt enormes Einsparungspotential.
Als Finanzminister hat der Politik-Pinoccio nicht eine einzige (!) echte Steuersenkung hinbekommen und jetzt schlägt der ehemalige Praktikant des BMF plötzlich sage und schreibe 188 Mrd. € an Steuersenkungen (pro jahr!) vor? Natürlich ohne neue Schulden, weil Schuldenbremse ist ja das Allerwichtigste auf der Welt?! Der DIW-Ökonom Stefan Bach hat nachgerechnet und kam zu folgendem, wenig überraschenden Ergebnis: Die Steuersenkungen würden fast zur Hälfte an die reichsten zehn % und zu 3/4 an die reichsten 30 % gehen. Allein 41 der 188 Mrd. € würden an das reichste 1 % gehen!
„Die Wohnfläche der Deutschen hat trotz Wohnungsmangel zugenommen: Im Jahr 2023 betrug die durchschnittliche Wohnfläche je Wohnung hierzulande 92,2 Quadratmeter. Dreißig Jahre zuvor waren es noch rund zehn Quadratmeter weniger“ (Statista). Gebaut werden vor allem kleinere Wohnungen, weil das rentabler ist.
Veilleicht muss man einfach akzeptieren, dass besser wohnen mehr Geld kostet? Wie bessere Gesundheitsversorgung? Und dann halt weniger Geld ausgeben für Autos und Reisen?
Sie unterschätzen massiv das Problem. Ich habe vermutlich öfter eine Wohnung gesucht, als alle anderen von Ihnen und bin gerade wieder auf Wohnungssuche. Ein paar Beobachtungen:
Nehmen wir als Ausgangsszenario 2010:
1) Der Wohnungsmarkt in Deutschland war sehr entspannt. Sie fanden überall mit der schon traditionellen Ausnahme von München und Frankfurt überall (renovierte) Wohnungen mit Kaltmiet-Quadratmeterpreisen von 6 bis 7 Euro. Angebot und Nachfrage waren ganz grob im Gleichgewicht.
2) Die Politik ging nach den vorliegenden Prognosen der Demographen davon aus, dass die deutsche Wohnbevölkerung zunehmend schneller schrumpfen würde und sie deshalb wohnungspolitisch nichts unternehmen muss.
3) Die Rahmenbedingungen für Neubauten begannen, sich moderat zu verschärfen, wegen Energieeffizienzvorschriften. Neubauten würden also – moderat – teurer werden, als sanierte Altbauten.
Sprung in 2025:
1) Kaltmietpreise für vergleichbare Wohnungen zu 2010 haben sich um 50% erhöht. Für alle Wohnungen mit Quadratmeterpreisen unter 10 Euro rennen Leute den Maklern und Vermietern förmlich die Bude ein. Neuere Bauten (10 bis 15 Jahre alt) rufen 12 Euro plus/qm auf, ganz neue 18 Euro plus. Letztere bleiben wie Blei liegen und werden alle zwei Wochen (über jetzt 6 Monate) neu veröffentlicht. Angebot und Nachfrage sind in einem erheblichen Ungleichgewicht – die Nachfrage übersteigt das Angebot um ein mehrfaches.
2) Wir haben 6 Millionen neue Bürger geschenkt bekommen, die im wesentlichen im unteren Preissegment um Wohnungen konkurrieren. Für diese wurde wohnungspolitisch genau gar nichts (!) getan.
3) Die Rahmenbedingungen für Neubauten haben sich so drastisch vershärft, dass man Wohnungen, die man jetzt baut, unter 20 Euro/qm nicht mehr kostzendeckend vermieten KANN.
Wir reden nicht einfach von mehr Geld. Wir reden von drastisch mehr Geld UND einem enorm verknappten Angebot.
Es gibt so Themen, da finde ich beobachtbare politische Gleichgültigkeit (gemessen am Tun, nicht am Schwätzen) , deshalb so amüsant, weil sie wahltechnisch ein Zeichen grosser Dummheit ist. Migration, Wohnen und Inflation sind die drei in der Spitzengruppe dieser Themen (das vierte und fünfte – Bildung und Verteidigung – interessiert einfach keine Sau ausserhalb kleiner Zirkel, weshalb deren Vernachlässigung zumindest wahltechnisch auch keine Dummheit darstellt).
Gruss,
Thorsten Haupts
Stimme ich dir zu und macht für mich Sinn soweit. Dann wäre aber die Frage, warum man sich aus ideologischen Gründen so sehr gegen sozialen Wohnungsbau gesperrt hat?
@ CitizenK
„Die Wohnfläche der Deutschen hat trotz Wohnungsmangel zugenommen: Im Jahr 2023 betrug die durchschnittliche Wohnfläche je Wohnung hierzulande 92,2 Quadratmeter. Dreißig Jahre zuvor waren es noch rund zehn Quadratmeter weniger“.
Wie das halt so geht, wenn die Kinder ausziehen und die Eltern wohnen bleiben. 😉
@ E. G.
Welche Rechtfertigung gibt es für Mieterhöhungen für alte Wohnungen?
Inflation. Reparaturen/Modernisierungen teuerer.
Und natürlich: der Markt – man könnte teuerer vermieten. Nicht alle Vermieter ziehen die letzte Karte. Das könnte man auch „anständig“ nennen.