Scholz zerstört mit seiner Selbstkritik die Kultur Berlins und spricht sein Mandat in einer Fremdsprache aus – Vermischtes 03.12.2024

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Die Selbstkritik des Westens spielt seinen Gegnern in die Hände

In der aktuellen Debatte um den Postkolonialismus wird dem Westen vorgeworfen, durch Selbstkritik und historische Reflexion seine eigene Position zu schwächen und autoritären Regimen und antiwestlichen Bewegungen ungewollt in die Hände zu spielen. Kritisiert wird besonders die Abwertung westlicher Werte wie Demokratie, Menschenrechte und Freiheit zugunsten eines romantisierten Bildes des „Globalen Südens“. Postkoloniale Denker, so der Vorwurf, legitimieren mit Begriffen wie „Genozid“ oder „Apartheid“ autoritäre und reaktionäre Politiken, etwa die der Hamas, die solche Narrative zur Rechtfertigung ihrer Handlungen nutzen. Die Abkehr vom universellen Werteverständnis und die Dekonstruktion westlicher Institutionen gefährden laut Kritikern die regelbasierte internationale Ordnung. Statt postkolonialer Begriffsumdeutungen seien stärkere internationale Allianzen und Kooperationen nötig, um globale Herausforderungen zu bewältigen. Postkolonialismus, der ursprünglich zur Aufarbeitung kolonialer Verbrechen beitrug, wird somit als unproduktive Ideologie betrachtet, die eher spaltet, als Lösungen anzubieten. (Andreas Jacobs, Welt)

Ich halte das für ein deutliches Über-das-Ziel-hinausschießen. Ein riesiges Problem hier ist die Rhetorik (siehe auch Fundstück 2). Man kann ja gerne die Instrumentalisierung der Postkolonialismus-Theorien durch einige Aktivist*innen kritisieren. Aber die völlig absurde Überdrehung der Größe hier – „DIE Selbstkritik DES Westens“ – als ob das ein Konsensphänomen und gelebte Politik wäre, ist völlig überzogen. Das macht dann auch so viel von dem Artikel wertlos. Es wird der eigene ideologische Kreuzzug gegen Vergangenheitsbewältigung mit der durchaus gerechtfertigten Kritik vermischt und dann der Schluss zugespitzt, dass „Selbstkritik“ das Problem wäre – wo man umgekehrt eher einen Schuh daraus machen kann, wie die negative Reaktion großer Teile der Welt auf die Unterstützung Netanyahus deutlich zeigt. Wie so häufig wird hier vor allem der eigene innenpolitisch-ideologische Grabenkampf auf eine außenpolitische Situation projiziert, die aber so gar nicht existiert.

2) Defund the Elfenbeinturm!

Der Artikel kritisiert den aktuellen Zustand der deutschen Kulturförderung und wirft dem Kulturbetrieb sowie Teilen der Politik vor, realitätsfern und elitär zu agieren. Während die deutsche Wirtschaft unter Standortproblemen und sinkenden Einnahmen leidet, fordert die Kulturszene weiterhin hohe staatliche Subventionen, oft ohne gesellschaftliche Relevanz oder Innovationskraft zu beweisen. Besonders in Berlin steht Kultursenator Joe Chialo (CDU) im Fokus der Kritik, da er Kürzungen in Höhe von 132 Millionen Euro im Kulturbereich durchsetzen muss. Chialo wird jedoch für seine Entschlossenheit gelobt, gegen Antisemitismus im Kulturbetrieb vorzugehen und den privilegierten Kultursektor zur Verantwortung zu ziehen. Der Autor fordert eine Neuausrichtung der Kulturpolitik: Statt umfassender Subventionen für ein vermeintlich antibürgerliches Elitenmilieu sollte die Kulturförderung auf Bildung in sozialen Brennpunkten und private Mäzenatentum umgeleitet werden. Dies würde die Vielfalt stärken und die kulturelle Dominanz öffentlich-rechtlicher und rot-rot-grüner Institutionen aufbrechen. (Ulf Poschardt, Welt)

Einmal abgesehen davon, dass es schon echt ein Gschmäckle hat, dass Poschardt hier die politische Linie seines Duzfreunds Joe Chialo per Leitartikel pusht – Transparenzhinweis hin oder her – ist es auch hier vor allem die Rhetorik, die so auffällig ist. Man kann ja durchaus so manche Förderung für wenig förderwürdig halten oder auch Kürzungen im gesamten vorschlagen, um einen ebenso nutzlosen wie überteuerten und klimaschädlichen Autobahnausbau zu finanzieren. Aber die ideologische Schärfe, der aggressive Ton, die Pauschalisierung und Zuspitzung hier, vor allem die Idee eines „privaten Mäzenatentums“ als Ersatz für Kulturförderung, ist nichts anderes als reaktionär. Diese sich ständig verschärfende Rhetorik bei Poschardt und Schneider, der beständige kleine Tabubruch, findet seinen natürlichen Endpunkt bei NIUS und Tichys Einblick. – Zum Thema siehe auch hier.

3) Liberals speak a different language

Der Artikel beleuchtet die sprachliche Entwicklung, die zunehmend den politischen Diskurs von Liberalen dominiert und sie von konservativen Akteuren unterscheidet. Der Autor beschreibt eine Art „liberales Dialekt“, geprägt von psychotherapeutischem Jargon, popkulturellen Referenzen und einer markanten Sprachmelodie wie dem „Upspeak“. Begriffe wie „gaslighting“, „toxisch“ oder „performativ“ sind allgegenwärtig, besonders in urbanen, akademisch geprägten Kreisen. Diese Sprache wird als unbewusster Ausdruck einer in sich geschlossenen Gruppe beschrieben, die oft nicht merkt, wie fremdartig sie für Außenstehende klingt. Liberale Politiker wie Kamala Harris vermeiden diese Sprache, doch ihre Unterstützer und Medienvertreter nutzen sie intensiv. Konservative hingegen punkten durch klare und verständliche Kommunikation, die als „orwellisch direkt“ bezeichnet wird und breitere Resonanz findet. Der Artikel argumentiert, dass dieser sprachliche Unterschied nicht nur den politischen Diskurs prägt, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit liberaler Akteure beeinträchtigt, indem sie ungewollt Distanz zur allgemeinen Bevölkerung schaffen. (Janan Ganesh, Financial Times)

Ich finde die Differenzierung Ganeshs zwischen den Politiker*innen der Democrats einerseits und den Aktivist*innen andererseits interessant. Denn das mag manchen als unwesentliches Detail vorkommen, wird aber in zahlreichen „Analysen“ komplett ignoriert. Man kann den Punkt auch verbreitern, denn Kamala Harris und die anderen Wahlkämpfenden sprachen im Wahlkampf ja auch viel von der Inflation und wirtschaftlichen Lage, und man warf ihnen trotzdem vor, das zu wenig getan zu haben. Ich habe das Gefühl, das ist derselbe Mechanismus. Ganesh hat mit Sicherheit auch einen Punkt, dass die Aktivist*innen entsprechend reden und dass sie in der öffentlichen Wahrnehmung gerne mit der Partei vermengt werden. Das haben wir hier in Deutschland ja auch gesehen, wo etwa die Letzte Generation, Ende Gelände und so weiter alle mit den Grünen identifiziert wurden, obwohl die nichts miteinander zu tun haben. Ich würde mal die Behauptung wagen, dass die progressiven Parteien viel intensiver mit diesen Aktivist*innen zusammenarbeiten müssten, vor allem im Bereich politischer Bildung: Kurse machen, Sprachtrainings etc. Da sind die Rechten wesentlich aktiver, weswegen sie auch effektiver kommunizieren können. Das ist übrigens eine Aufgabe von Parteien, die sogar das Parteiengesetz explizit vorschreibt!

4) Not a Mandate

Der Artikel analysiert kritisch die Behauptung, Donald Trumps Wiederwahl sei ein „Erdrutschsieg“ mit einem „klaren Mandat“. Mit einem Ergebnis von 312 zu 226 Stimmen im Electoral College gehört Trumps Sieg zwar zu den knappsten in der US-Geschichte, wird jedoch von Republikanern wie Byron Donalds als historisch bedeutsam stilisiert. Im Vergleich zu tatsächlichen Erdrutsch-Siegen wie Ronald Reagans 525-13 im Jahr 1984 oder Franklin D. Roosevelts 523-8 fehlt es Trumps Ergebnis an Größe. Auch im Vergleich zu jüngeren Präsidenten wie Obama (2008: 365-173) oder Clinton (1996: 379-159) wirkt Trumps Erfolg bescheiden. Zudem erreichte er keine Mehrheit der Wählerstimmen, sondern lediglich 49,88 %, mit einem Vorsprung von nur 1,6 % gegenüber seinem Gegner. Die Republikaner propagieren dennoch ein „Mandat“, um Widerstand gegen Trumps geplante, kontroverse Maßnahmen wie massive Deportationen zu delegitimieren. Der Artikel argumentiert, dass diese Narrative keinen realen Rückhalt haben und lediglich eine mediale Illusion schaffen sollen. (Kevin M. Kruse, Campaign Trailes)

Ich habe eine Grundregel bei Artikeln zu Wahlen: ich nehme nichts ernst, wo irgendwo der Begriff eines „Mandats“ verwendet wird. Falls das jemandem unbekannt ist: die Idee ist, dass eine Wahl zu knapp oder aus anderen Gründen nicht geeignet sei, um dem jeweiligen Wahlsieger ein „Mandat“ für die Umsetzung seiner Ideen zu geben. Er hat zwar gewonnen, aber eigentlich nicht. Besonders häufig wird die Idee gegen Progressive in Stellung gebracht (wir haben den Grund im letzten Vermischten beschlossen), aber immun ist offensichtlich niemand dagegen. Diese Idee ist Quatsch. Das einzige Mandat, das jemand braucht, um politische Programme umzusetzen, ist eine Mehrheit im Parlament. Entweder man hat sie, oder man hat sie nicht. Wenn man sie hat, hat man auch ein Mandat. Dafür wurde man gewählt. Alles andere ist bestenfalls pure Kaffeesatzleserei, üblicherweise aber vor allem parteipolitisch motivierte Sauce, die über ein „eigentlich habt ihr nicht gewonnen und ihr sollt jetzt nicht regieren dürfen“ gekippt wird. Beispiel: hat die SPD 2021 nur sehr kurzzeitig und durch Glück mehr Stimmen als die CDU gehabt? Ja. Schade Marmelade. Sie hatte sie zum Wahltermin. Und da Scholz die Stimmen in eine Koalition transferieren konnte, hatte er ein Mandat. Bis er die Stimmen nicht mehr hatte. Ob die Deutschen ihm nochmal eins geben, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Sonst kriegt es Merz. Mit allen Konsequenzen. Denn Wahlen haben Konsequenzen.

5) Lindner wirft der SPD die »Zerstörung der FDP« vor

Die politischen Spannungen zwischen der FDP und der SPD haben sich nach dem Bruch der Ampelkoalition erheblich verschärft. FDP-Chef Christian Lindner wirft der SPD vor, seine Entlassung aus dem Finanzministerium als Wahlkampfstrategie genutzt zu haben, um die FDP politisch zu schwächen. Er behauptet, die SPD strebe eine Große Koalition mit der Union an und sehe eine starke FDP als Hindernis für künftige linke Regierungsbeteiligungen. Ähnlich äußerte sich FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, der von einer „Kampagne der Herabwürdigung“ sprach. Die SPD weist diese Vorwürfe zurück. Generalsekretär Matthias Miersch warf der FDP ihrerseits vor, Vertrauen zerstört zu haben, und rief zu konstruktiver Zusammenarbeit bei wichtigen Gesetzesvorhaben auf, wie dem Gesetz gegen kalte Progression. Lindner signalisierte dafür Zustimmung, trotz der angespannten Lage. Die FDP steht politisch unter Druck, da Umfragen sie an der Fünf-Prozent-Hürde sehen. Ihre eigene Rolle beim Bruch der Koalition und ein als provokant empfundenes Wirtschaftsprogramm haben die Situation weiter verschärft. (dpa, Spiegel)

Genau denselben Vorwurf machten die FDP und ihre Unterstützenden der CDU nach 2013. Aber ich würde vielleicht einmal die Frage stellen, ob wenn zweimal hintereinander eine Regierungsbeteiligung zum selben Ergebnis führt, man nicht vielleicht einmal in sich gehen sollte. Verantwortung übernehmen. Selbstkritik üben. Nicht im moralistischen „wir waren zu gut für diese Welt“. Sondern sich einfach mal überlegen, ob es vielleicht an der Partei selbst liegt. Wenn man von Flügelkämpfen zerrissen ist, wenn man Querulanten in den eigenen Reihen hat, wenn die eigene Ideologie mit der Wirklichkeit kaum vereinbar ist – dann liegt es vielleicht gar nicht so sehr am Koalitionspartner.

Resterampe

a) Equal justice under the law ist in den USA quasi abgeschafft (Spiegel).

b) Giovanni di Lorenzo ist ganz schön stinkig (ZEIT).

c) Kolumne zu der ganzen „Stil in der Politik“-Geschichte (T-Online). Ich halte das für eher übertrieben. Die Stimmung war in Deutschland schon wesentlich schärfer.

d) Sehr coole Fotosammlung von US-Präsidentschaftswahlkämpfen (Substack).

e) Fox News declares inflation over, Another look at inflation and Fox News, Republican economic optimism is skyrocketing already und Republican finances have suddenly recovered (Kevin Drum). Kaum etwas vorhersehbareres als das.

f) Diese Kritik an Netanyahu unterschreibe ich 100% (X).

g) Besonders auf X zieht wird gerade die nächste Sau durchs Dorf getrieben: Strafbefehle wegen Beleidigung. Siehe etwa dieses Beispiel (X). In all den Fällen fehlt a) Kontext und b) juristische Kenntnis, als dass man das bewerten könnte. Hier etwa könnte der Täter aktiver Soldat sein. Wenn er als Soldat in einer Telegramgruppe so was raushaut, ist das völlig anders zu bewerten als wenn eine Privatperson das tut. Wäre für mich nicht anders. Oder für jemand, der in einer Telegram-Gruppe den Chef des eigenen Unternehmens beleidigt; das ist auch anerkannter Kündigungsgrund. Keine Ahnung, was hier der Fall ist – aber die anderen Leute, die hier Riesenwind machen, auch nicht.

h) Yep, alcohol deaths are way up (Kevin Drum). Nachtrag zur Debatte letzthin.

i) Ein Mini-Thread für Ralf (Bluesky).

j) Was Putin angeht, hatten die Grünen einfach von Anfang an Recht (X). Darf man auch mal sagen.

k) Ist das etwa eine Neiddebatte, die ich da spüre? Wo ist die FDP, wenn man sie mal braucht? (X)

l) Artikel über Die Sims für Videospielinteressierte (Paida).

m) Scheinbar brauchen die Rechten die Linken mehr als umgekehrt (The Atlantic).

n) Ahmad Mansour ist schon echt ein Dummschwätzer (X).

o) Wir hatten es erst letzthin, aber wow sind die Leute schlecht im Schätzen von Anteilen an der Bevölkerung (X).

p) Diese Kritik an Politiker*innensprache ermüdet echt (X).

q) Immer wieder spannend zu sehen wie die Leute über „Refugees Welcome“ gedacht hatten, die heute so tun, als ob sie schon immer dagegen gewesen seien (X).

r) Die ZEIT hat eine gute Analyse zum Lehrkräftemangel. Berlin ist echt krass, aber wenig verwunderlich: die bezahlten super schlecht und verbeamteten nicht. (ZEIT)

s) Im Spiegel ist ein bemerkenswerter Beitrag erschienen, der die Klimaberichterstattung des Spiegel detailliert analysiert und harsch kritisert. Das hat ja schon fast Frank-Schirrmacher-Vibes.

t) Die rapide sinkenden Impfraten in den USA sind so ein Desaster (Bluesky).

u) Diese Gasheizungslügen werden noch viele Leute teuer zu stehen kommen (Bluesky).

v) Komisch, dass die Cancel-Culture-Besorgten so ruhig bleiben, als ein Neonazimob an einer Uni eine Veranstaltung verhinderte (Bluesky).

w) Absolut zentraler Punkt zur Beliebtheit von politischen Forderungen (Bluesky).

x) Lehren aus dem gescheiterten Versuch, Trump für seine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen (Slate).

y) Wieder einmal mehr Material, dass wenn man Obdachlosen Geld gibt, das echt hilft (Business Insider). Wer hätte es gedacht!

z) Why we need an insufferable liberal elite (Substack).


Fertiggestellt am 28.11.2024

{ 53 comments… add one }
  • CitizenK 3. Dezember 2024, 10:33

    Ein Jude macht fragwürdige Politik – und ist damit verantwortlich für den Hass auf alle Juden? Dein Ernst? Irritierend.

    • Stefan Sasse 3. Dezember 2024, 13:21

      Worauf beziehst du dich? Und sicherlich sage ich das nicht, nein.

      • CitizenK 3. Dezember 2024, 15:04

        In dem Text, dem Du so fulminant (100 %) zustimmst, wird N. dafür verantwortlich gemacht, dass der „Kampf gegen den real existierenden Antisemitismus“ entscheidend geschwächt wird („tragische Konsequenzen“). Für mich klingt das verdächtig nach „Die Juden sind selbst schuld am Antisemitismus“. Das ist aber etwas anderes als „ich halte N.s Politik für falsch“. Vielleicht habe ich aber den Text auch missverstanden.

        • Stefan Sasse 3. Dezember 2024, 19:59

          Ne, so sehe ich das nicht. Ich würde Netanyahu da ähnlich einordnen wie George W. Bush: Katastrophe für den Ruf des Landes.

          • CitizenK 3. Dezember 2024, 20:16

            Sehe ich auch so. Aber das ist nicht die Aussage des Textes.

  • Thorsten Haupts 3. Dezember 2024, 12:34

    Zu g)

    Ich glaube, Du weigerst Dich einfach, zu verstehen: Die Meinung „Was für ein Idiot“ eines random dude irgendwo im Netz soll laut des dargestellten Strafbefehls geeignet sein, das Wirken des Bundeskanzlers „erheblich zu beeinträchtigen“? Was explizit genannt der Grund für den Strafbefehl ist. WTF? Ich habe in den achtzigern von Linken weit härtere Sachen gesehen (OHNE Strafanzeige), bis hin zum Nazi, also zum paranoiden Judenhasser, Massenmörder und Vernichtungskrieger.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 3. Dezember 2024, 13:22

      Ich verstehe null, was da abgeht.

      • cimourdain 3. Dezember 2024, 14:25

        Das Argument von Thorsten Haupts lässt sich vielleicht am besten durch eine RL-Analogie erklären:
        Im Pausenraum (halböffentliches Forum) lässt sich ein Schüler (random dude) darüber aus, dass „der Sasse ein Idiot ist.“ Darauf kommt die Pausenaufsicht (Staatsanwaltschaft) und erteilt einen Verweis (Anzeige) mit der Begründung, dass „Herr Sasse so nicht arbeiten kann, wenn ihm kein Respekt entgegengebracht wird.“
        Das würde ich weder als souverän noch als verhältnismäßig bewerten.

        • Thorsten Haupts 3. Dezember 2024, 15:09

          Um bei der Analogie zu bleiben: Der Schüler hat den Schulminister des Landes verunglimpft und bekommt eine schriftliche Verwarnung an die Eltern, weil er den Schulminister in seiner Arbeit einschränkt. Das ist so absurd, dass absolut niemand das machen würde.

        • Thorsten Haupts 3. Dezember 2024, 15:12

          Zu t)

          Wenn die Leute blöd sein wollen, tun mir zwar deren Kinder wirklich leid. Aber es ist deren Problem – erwachsen sein kommt zu einem Preis. Nein, die Tatsache, dass der Influencer X gegen Impfungen wettert, ist keine hinreichende Entschuldigung.

        • Stefan Sasse 3. Dezember 2024, 19:58

          Ich auch nicht.

        • Dennis 4. Dezember 2024, 09:30

          Zitat cimourdain:
          „Das Argument von Thorsten Haupts lässt sich vielleicht am besten durch eine RL-Analogie erklären:…“

          Schön und gut, aber Analogien verbieten sich in diesem Fall, denn der § 188 heißt: „Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung“

          Indem an dieser Stelle „Personen des politischen Lebens“ als Besonderheit definiert sind, sind Analogien ausgeschlossen. So wie bei der Majestätsbeleidigung. Indem jede sonstige Person keine Majestät ist, können sich sonstige nicht auf „Analogie“ berufen.

          Eingeführt wurde der Tatbestand – mittlerweile in unwesentlich veränderter Fassung – übrigens anno 1951, also nicht von den Sozen^^. Warum die politische Rechte diese für die Adenauer-Zeit typische Vorkehrung jetzt anscheinend nicht mehr lieb hat, weiß ich auch nicht. Die ursprüngliche Veröffentlichung des Strafbefehl-Dingens, das Stefan Sasse verlinkt hat, stammt von NIUS.
          Ob Rechtsmittel eigelegt wurden, was selbstverständlich möglich ist (dann kommt es zu einer „klassischen“ Hauptverhandlung, wo dann evtl. von NIUS bezahlte hochkarätige Anwälte auftreten könnten^), weiß man auch nicht.

          • cimourdain 4. Dezember 2024, 10:03

            Nein. Der § 188 StGB stammt aus dem Kaiserreich, ist 1975 gestrichen und 1998 wieder eingeführt worden. :
            https://lexetius.com/StGB/188,2
            Die letzte Änderung (2021) sieht unauffällig aus, hat aber Sprengkraft: Vorher waren Abgeordnete nur gegen falsche Sachbehauptungen (üble Nachrede und Verleumdung) besonders(!) geschützt. (Beispiel: „Der XY hinterzieht Steuern“) . Jetzt sind reine Werturteile (Beleidigung) dazu gekommen („XY ist ein Idiot“)

            Die genannte „Majestätsbeleidigung“ findet sich im §90 StGB und betrifft nur noch den Bundespräsidenten. Ausländische „Majestäten“ (Staatsoberhäupter) waren im §103 StGB geschützt, dieser ist aber infolge der „Schmähgedicht-Affäre“ abgeschafft worden.

            • Dennis 4. Dezember 2024, 12:07

              Ähm….also,

              nach meiner Recherche (als Rentner hab ich ja Zeit für so allerlei, wenn andere Leute arbeiten müssen^) war das Ding mit Gültigkeit ab 1.9.51 zunächst „§ 187a“ und war ab diesem Zeitpunkt neu; daher der Buchstabe nach der Zahl. Nix Kaiser^.

              https://lexetius.com/StGB/187a/

              In der Begründung des Gesetzentwurfes von 1950 ist die einschlägige Rechtsgeschichte aufgezeigt. Die geht zurück auf 1931: Notverordnung durch Herrn Hindenburg, die weiterhin gültig war und mit dem neuen 187a bereinigt werden sollte:

              „Die Vorschrift des g 187 a ersetzt die §§ 1 bis 3 des Achten Teils Kap III der Vierten Notverordnung zum Schutz des inneren Friedens vom 8. Dezember 1931 (RGBl. L S.742), die durch Art. 8 Abs. 2. Nr. 2 des Entwurfs aufgehoben werden. Der Zweck des § 187 a ist ähnlich wie der der genannten Vorschriften der Notverordnung. Er soll der Vergiftung des öffentlichen Lebens entgegenwirken“ .

              Neben zahlreichen weiteren Argumenten zur Gesetzesbegründung u.a. noch dies:

              „Voraussetzung für die Strafverschärfung des § 187 a ist, daß die Ehrverletzung mit der Stellung oder dem Amt der im öffent- lichen Leben stehenden Person zusammenhängt. Denn die ge- nannten Personen genießen den erhöhten Ehrenschutz nicht um ihrer ,eigenen Person willen, sondern im Hinblick auf ihr öffentliches Wirken. Die ehrverletzende Behauptung muß sich demnach auf die öffentliche Tätigkeit des Beleidigten als solche beziehen oder doch diese Tätigkeit sehr nahe berühren. Eine nur mittelbare Auswirkung der gegen die Person, losgelöst von ihrem öffentlichen Wirken, gerichteten Beleidigung auf dieses Wirken sonst, soll im Gegensalz zu den weiter gefaßten Vorschriften der bezeichneten Notverordnung nicht genügen.“

              Hört sich eigentlich ganz vernünftig an. Man dachte aber wohl hauptsächlich an die zahlreichen alten Nazis, die noch als „Volksredner“ in Wirtshäusern und bei Kleinparteien und so draußen im Lande auftraten und an den schlechten Eindruck durch so was bei der ausländischen Presse. Und an die Kommunisten natürlich auch. In den wilden frühen Jahren gab es so allerlei, was den heutigen Kanonaden im Internet nicht so ganz unähnlich ist^.

              Später wurde das Ding nach „§ 188“ übergeleitet. Der 188er aus Kaisers Zeiten hatte ursprünglich einen gaaaanz anderen Inhalt, was aus deiner Verlinkung ja hervorgeht. Dazu muss man die untersten Zeilen ab 1872 bis 1975 anklicken. Das hatte mit Politik und so gar nichts zu schaffen. Ersatzlos weggefallen ab 1975, dann leer, ab 1998 mit dem dann leeren 187a von ursprünglich 1951 wieder gefüllt 😉

              • cimourdain 4. Dezember 2024, 13:14

                Danke für die Recherche. Die Umnummerierung hatte ich jetzt nicht bedacht.

      • Sören Schmitz 3. Dezember 2024, 15:54

        Ich glaube das sollen Mythen genährt werden, dass man als Bürger den da oben nicht mal mehr die Meinung sagen darf und politisch unliebsame Menschen durch die Politik zum Schweigen gebracht werden soll.
        Außerdem mischt sich da ein wenig Kritik an der Polizei, ob die denn nichts besseres zu tu haben als ein paar Wutbürger mit Anzeigen zu überziehen.

        Die Debatte ist hysterisch, aber auch schwierig. Auf Social Media müssen sich Politiker teilweise schlimmste Beleidigungen anhören, sogar Aufrufe zur Gewalt bis hin zu Morddrohungen. Ich finde schon, dass das unterbunden gehört. Aber diese Sachen werden in einen Topf geworfen mit in meinen Augen fast schon „harmlosen“ Bezeichnungen wie „Schwachkopf“, „Idiot“ oder „Fatzke“. Da darf man schon Fragen, ob hier mit den Anzeigen nicht überzogen wird.

        Aber du hast schon recht, entscheidend ist konkrete Sachverhalt, den wir in X ja nicht gezeigt bekommen. Ich für meinen Teil finde auch ein Soldat darf den Bundeskanzler als Idioten bezeichnen – schliesslich kann der Bundeskanzler hart gesagt, den Soldaten auch in gefährliche Einsätze schicken. Laschet hatte dazu ein gutes Statement und mahnt bei allen BEteiligten an etwas abzurüsten:
        vgl. https://x.com/ArminLaschet/status/1857778173569605853

  • sol1 3. Dezember 2024, 12:59

    z) Christian Jakob warnt davor, sich in seine Blase zurückzuziehen:

    https://taz.de/Twitter-Ersatz-Bluesky/!6048298/

    • Stefan Sasse 3. Dezember 2024, 13:23

      Ich halte das für eine Quatschdebatte, immer schon. Journalist*innen müssen so oder so verschiedene Blickwinkel haben, und ich muss das nicht.

      • Thorsten Haupts 4. Dezember 2024, 14:31

        Journalist*innen müssen so oder so verschiedene Blickwinkel haben

        Betonung auf „müss(t)en“. Das wird sicher nicht besser, wenn diese Journalisten sich in einer Wohfühlblase Gleichgesinnter einnisten, aber das ist natürlich deren Problem.

        • Stefan Sasse 4. Dezember 2024, 18:35

          Ja, aber das hat ja schon die Idee dass Twitter a) besser und b) der relevante Ort für Recherche wäre.

  • VD 3. Dezember 2024, 13:22

    5) Lindner wirft der SPD die »Zerstörung der FDP« vor
    „Genau denselben Vorwurf machten die FDP und ihre Unterstützenden der CDU nach 2013.“
    Nachdem sich die FDP in der vorangegangenen Legislatur bis zur Unkenntlichkeit verbogen hat (lassen). Und das ist ganz anders als aktuell.
    Nochmal: Die FDP hat angeboten auf geordnetem Wege Neuwahlen vorzubereiten, dann hat Herr Scholz Lindner entlassen um seine künstliche Wutrede mit diversen Diffamierungen zu halten.

  • cimourdain 3. Dezember 2024, 13:30

    a) In der anderen Filterblase wird gerade hochgekocht, dass Biden seinem Sohn noch schnell eine Generalamnestie verpasst hat.

    g) Du praktizierst hier Denial: Auch wenn es eine Binse ist, dass man bei Rechtsthemen immer den genauen Sachverhalt braucht, sind in dem konkreten Fall genügend Fakten durch den abgebildeten Strafbefehl ersichtlich, dass beide von dir genannten Beispiele nicht greifen (einfach deshalb, weil die Zuständigkeiten anders sind): Dienstrechtliche Verstöße eines Soldaten würden intern verfolgt und eine (außerordentliche) Kündigung ist ein rein privatrechtlicher Vorgang. Hier wurde jemand wegen einer (Sachverhaltsschilderung Staatsanwaltschaft) privaten Äußerung gegen eine „Obrigkeit“ von der Staatsanwaltschaft verfolgt.

    h) Zusatzinformation. Der Alkoholkonsum pro Kopf ist in den USA auch seit 1999 langsam aber stetig angestiegen (bestätigt Korrelation). Man sieht auch den deutlichen „Coronabuckel“ durch das geänderte Sozialverhalten 2020-2022.

    o) Nebenaussage: Minderheiten werden (grotesk) in ihrem Anteil überschätzt (wie auch niedrige Wahrscheinlichkeiten). Das erkärt sich mit der Idee der „Ankerheuristik“: Bei Schätzungen mit gar keiner Ahnung („Wie viele haben schon einen Kieselstein bemalt“) ist die Ankerheuristik 50%. Das weicht (zögerlich) Richtung 1/3 ab für „Minderheiten“ und selbst extrem kleine Gruppen sind „vorstellbar“), was zu einer Einschätzung deutlich über 1/6 (Einer in einer überschaubaren Gruppe) führt. Andererseits scheint auch YouGov seine Zahlen eher vom Rand zu nehmen ( 3 % Anteil Homosexuelle ist sehr niedrig).

    • Stefan Sasse 3. Dezember 2024, 19:58

      a) Wird es doch überall? Ich seh das Thema auf Bluesky wie Twitter.

      g) Ok, mir fehlen da die Sachkenntnisse.

      h) Danke!

      o) Yes!

      • cimourdain 4. Dezember 2024, 10:19

        a) Stimmt, es ist nur ein Bothsiderism als Indiz, dass das Problem weniger Trump ist, sondern in der hochprivilegierten Stellung des US-Präsidenten liegt.

  • Lemmy Caution 3. Dezember 2024, 14:43

    1) Artikel ist hinter einer pay wall, aber das hört sich absurd an.
    Will man als nächstes französischen Historikern verbieten, sich mit den kritischen Aspekten der napoleonischen Besatzung weiter Teile Deutschlands oder der zynischen Politik Frankreichs während des 30-jährigen Krieges zu beschäftigen, weil das die Deutsch-Französische Zusammenarbeit stört?
    Der anti-imperiale Freiheitskampf gegen das napoleonische Frankreich gab der deutschen Nationalbewegung im 19. Jahrhundert wichtige Impulse.

    Die westlichen Institutionen dekonstruieren wir schon mehrheitlich selber. UK ist nicht mehr in der EU, Frankreich hat vermutlich bald Frau Le Pen als Präsidentin, wir haben lauter Querdenker und in den USA blöken ivy league Studenten „from the river to the sea“ und die Mehrheit wählt Donald Trump zum Präsidenten.

  • Thorsten Haupts 3. Dezember 2024, 15:23

    Zu v)

    Nachdem Linke jetzt über ein Jahr lang gezeigt haben, dass es ihnen an dutzenden von Colleges/Universitäten völlig egal ist, wenn jüdische Studenten routinemässig bedrängt werden und vermutete Unterstützer Israels als Zionisten ausgegrenzt, am Betreten von Gebäuden gehindert und beschimpft oder verprügelt werden, soll jetzt eine Demonstration von Kinder-Rassisten an einer Schule als Beleg dafür dienen, dass traditionelle Liberale sich nicht äussern? EINE an EINER Schule? Durchgeführt von Minderjährigen, als nicht voll selbstversntwortlichen Erwachsenen?

    Ach komm Stefan, das kannst Du besser.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • Thorsten Haupts 3. Dezember 2024, 15:25

    Meta:

    Die beiden in voller Länge dargestellten, aktuellsten, Bohrleute-Transkripte verstopfen die deliberationdaily-Eingangsseite im Netz ziemlich. Kein Problem für Leute mit grossem Bildschirm (wegen der Seitenleiste zur Navigation), bei Mobilgerätenutzern ist das anders.

    • Stefan Sasse 3. Dezember 2024, 20:00

      Eigentlich sollte das durch dieses Klicken auf „Details“ erledigt sein. Aber ich zieh nochmal einen Break ein. Sag mir bitte ob das hilft.

      • derwaechter 4. Dezember 2024, 10:09

        Bei mir auf jeden Fall viel besser so. Vielen Dank!

      • Thorsten Haupts 4. Dezember 2024, 13:21

        Yup, hat geklappt, danke.

  • cimourdain 3. Dezember 2024, 15:41

    1) Man könnte frei nach Santayana sagen „Wer sich an die Vergangenheit nicht erinnern will(!), möchte(!) sie wiederholen.“ Der Kernpunkt der „postkolonialen“ Diskussion ist immer der Vergangenheitsvergleich. Und dieser besteht in Gemeinsamkeiten UND Unterschieden. Auf dieser Basis kann man dann diskutieren – positiv wie negativ. Was aber Western Supremacists wie Jacobs wollen, ist, dass dieser Vergleich komplett unterbunden wird – warum wohl ?

    2) Radikalideologie beiseite ist Poschardts Idee auch kurzsichtig: Berlin lebt zu einem Gutteil von der Tourismusindustrie – auch der gehobenen. Und die verlangt Museen, Theater, Konzerte – wobei Berlin die strukturelle Besonderheit hat, dass manche Institutionen doppelt vorhanden sind, etwa zwei große Opernhäuser.

    3) Tatsächlich sind die verschiedenen Soziolekte, die das Reden über Politik prägen, sehr wichtig. Faustformel: Wessen Sprache jemand spricht, dessen Agenda vertritt er auch. Wir haben den eigenen Jargon der medial-politischen Klasse („alternativlos“, „anpacken“) in den klassisch das Verwaltungs/Juristendeutsch hineinspielt. Früher gab es dazu noch den Jargon der politischen Philosophie (insbesondere des Marxismus), der von „links“ gerne verwendet wurde. Die Sprache der modernen „Aktivisten“ unterscheidet sich nach meinem Dafürhalten von letzteren, dass sie gerne wertende aber unspezifizierte Vokabeln verwendet („Toxisch“).

    4) Nicht ganz falsch, aber du solltest dir genauer ansehen, was Mandat als Wort bedeutet: Es heißt einfach nur Auftrag, für jemand dessen Interessen zu vertreten. Dieser Auftrag wird jeweils an den Regierungschef von einem Gremium (D: Bundestag, USA: Wahlmännerkollegium) erteilt, dass dafür von der Bevölkerung per Wahl beauftragt wurde. Auch Scholz hat immer noch das Regierungsmandat (Auftrag), auch wenn ihm die Machtverhältnisse im Bundestag das „Durchregieren“ unmöglich machen.

    5) Das hatte ihr schon bei den Bohrleuten angesprochen. Hier eine Überlegung, die dieses „Opferbild“ der FDP teilerklärt: Diese Partei war bis 1998 fast immer der „Königsmacher“ und konnte deshalb über ihren Stimmanteil überproportional Einfluss nehmen. Das gilt bei dem Parteisystem des 21. Jh. nicht mehr.

    • Stefan Sasse 3. Dezember 2024, 20:03

      2) Good point.

      3) Ja, der marxistische Slang der 70er war seine ganz eigene Kategorie von krass. 😀

      4) Ja, aber das meinen die damit ja nicht.

      5) Richtig.

      • cimourdain 4. Dezember 2024, 10:18

        3) Der wurde aber vom politischen Mainstream kaum verwendet. Gegenbeispiel: Der „McKinsey-Jargon“ aus Werbesprache, BWL-Begriffen und „Denglisch“, wie er in 90ern/00ern typisch war, war da viel breitenwirksamer, weil er über die politischen Lager hinweg verwendet wurde.

        4) Genau deshalb wollte ich die Idee mal auf die Füße zurückbringen, anstatt auf diese Deutung einzugehen.

  • Thorsten Haupts 4. Dezember 2024, 14:54

    Zu j)

    Ja, die GRÜNEN hatten von Anfang an Recht. Sie hatten nur gleichzeitig im trauten Verein mit der SPD und einer sediert vor sich hinträumenden Union im fraglichen Zeitraum den Bequemlichkeitspazifismus als Grundlage der deutschen Aussen- und Sicherheitspolitik zementiert. Was ihr „Rechthaben“ selbst dann völlig folgenlos gemacht hätte, wäre es politisch durchgedrungen.

  • Dennis 4. Dezember 2024, 16:27

    1)
    aus der Wiedergabe der Verlinkung:
    „In der aktuellen Debatte um den Postkolonialismus…..“

    Als erstes würd ich mal sagen, dass diese so genannte Debatte eher esoterisch ist. Mindestens 2/3 der Bevölkerung kann mit diesem Unsinn nichts anfangen und interessiert sich nicht dafür. Ferner ist der angesprochene so genannte Westen primär ein Mythos und im Praktischen wenig real….

    „Die Abkehr vom universellen Werteverständnis und die Dekonstruktion westlicher Institutionen gefährden laut Kritikern die regelbasierte internationale Ordnung. Statt postkolonialer Begriffsumdeutungen seien stärkere internationale Allianzen und Kooperationen nötig, um globale Herausforderungen zu bewältigen. “

    …..Ferner hatte und hat das viel besungene „universelle Werteverständnis“ nur die Funktion, Räuberei zu legitimieren. Dass diese oder jene religiösen oder profanen Werte eigentlich genau das Richtige ausnahmslos für die ganze Welt seien, wird gerne behauptet – seit ewig. „Regelbasiert“ klingt auch nett. Fragt sich nur noch, wer die Regeln bestimmt. Warum nicht der Putin oder die Kinesen ? Und Begriffe werden ständig umgedeutet. Es gilt natürlich jeweils meine Deutung.

    c)
    Ja klar, Wahlkampf war schon immer schmutzig. z.B.: „Der Herr Brandt, alias Frahm“ (Adenauer 1961). Warum ? Das Volk liebt das. Wirklich interessant ist eigentlich nur das Kleingedruckte, damit kann man den Leuten draußen im Lande aber nicht kommen. Alles zu kompliziert. Es zählt halt der Rummel, Politainment und letztlich Tribalismus. So ist das Leben.

    j)
    Die Grünen entwickeln sich langsam – in außenpolitischer Hinsicht – zu den berechtigten Erben Adenauers^. Wer hätte das je gedacht. Die Unionisten eher davon weg mit zunehmend einem Cocktail aus Trumpismus und wachsendem Einfluss dessen, was die Ostzonen-CDU schon immer und weiterhin prägt.

    Sachsens Kretschmer anno 2023 zur Stalin Note von 1952:
    „Manchmal habe ich das Gefühl: Diesen Teil der Geschichte muss man noch mal besprechen, da ist noch was.“

    Die anno 89/90 vom Kohl eingesackte Ost-CDU wollten die westdeutschen Herrschaften eigentlich in die Umerziehung überleiten, was aber offenbar nicht gut funktioniert hat. Die DDR lebt.

    k)
    Das mit dem „zweistelligen“ Millionenbetrag dürfte maßlos übertrieben sein. Einstellig mit eher niedriger Zahl kann durchgehen. Aber was ist das schon? Davon muss sie ja noch lange zehren, denn ein Sequel kommt vermutlich nicht^. Nach Steuern bleibt da nicht viel hängen. Außerdem ist Merkel nicht Schröder, d.h. sie lässt sich nicht bestechen und interessiert sich wohl eh nicht sonderlich für Kohle, und außerdem hat sie noch eine Co-Autorin.

    • Thorsten Haupts 4. Dezember 2024, 16:38

      …..Ferner hatte und hat das viel besungene „universelle Werteverständnis“ nur die Funktion, Räuberei zu legitimieren.

      Hat schon dazu gedient und wird wieder dazu dienen, natürlich. Ist in der Pauschalisierung trotzdem falsch! Gewaltenteilung, Eigentumsschutz und Rechtsstaat – die Kernerrungenschaften des Westens – führen dazu, dass die Menschen im Westen wesentlich (!) besser vor willkürlichen Übergriffen ihrer Machthaber geschützt sind, als überall auf der Welt sonst und als ausnahmslos in der gesamten bisherigen Menschheitsgeschichte. Das IST ein für den Durchschnittsmenschen im Westen riesiger Fortschritt, dessen enormes Ausmass ein kurzer Blick in die Geschichtsbücher offenkundig macht.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 4. Dezember 2024, 18:38

      1) Ich kann mit diesem Wertezynismus nichts anfangen. Hat der Westen Räubereien betrieben? Sicher. Wurden die Werte immer wieder missachtet? Sicher. Hat er die Werte und steht immer wieder dafür ein? Auch sicher. Und das ist besser als grausame, wertfreie Politik à la China oder Russland oder Syrien.

      • Lemmy Caution 5. Dezember 2024, 07:00

        Das ist ein komplexes und ambivalentes Thema. Ich will mich da nun selbst ein wenig schlauer machen. Mein Wissen dazu ist absolut anekdotisch. „Gedöns“ nein.

        Es gibt zu der Debatte ein sehr kurzes Buch aus der Reihe C.H. Beck Wissen. Anfang 2026 soll ein längeres bei Suhrkamp herauskommen.

        Wenn man sich mit Kolonialgeschichte beschäftigt, stößt man in diesem abscheulichem Dreck immer wieder auf Phänomene, dass es unter Europäern/Europa-stämmigen durchaus ein Rechtsbewußtsein gab, das die brutale Ausbeutung anderer Ethnien verurteilte. Das hatte auch praktische Konsequenzen.
        Im Spanischen Kolonialreich spielten in vielen Regionen für die Kolonialisierten Gerichte zur Einklagung ihrer Menschenrechte eine wichtige Rolle. Die Existenz der entsprechenden Schutzgesetzgebung für die Indigenen ging auf Interventionen von Missionaren auf höchster Ebene zurück -> https://en.wikipedia.org/wiki/Bartolom%C3%A9_de_las_Casas . Die Indigenen gewannen da wirklich Prozesse.
        Ähnlich auch in den USA. Faszinierend ist da der Amistad-Prozess -> https://de.wikipedia.org/wiki/Amistad-Prozesse
        Englische Textilarbeiter bewirkten währende des Amerikanischen Bürgerkriegs die Durchsetzung effektiver Wirtschaftssanktionen gegen die Baumwolle-Exporte der Südstaaten gegen ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen. Einige dieser Menschen Verhungerten als Folge ihrer Solidaritäts-Aktivitäten.
        https://www.theguardian.com/theguardian/from-the-archive-blog/2013/feb/04/lincoln-oscars-manchester-cotton-abraham
        Die Schutzfunktion des Rechts galt aus unserer heutigen Perspektive natürlich nicht überall, d.h. offensichtlich dort nicht, wo der Return on Investment von menschenverachtenden Bedingungen besonders hoch war. Emblematisch für das Spanische Kolonialreich sind die Arbeitsbedingungen in den Minen des Cerro Rico im heutigen Bolivien -> https://en.wikipedia.org/wiki/Cerro_Rico#Labor_and_methods_of_extraction_at_Cerro_Rico

      • Dennis 5. Dezember 2024, 08:29

        Okay, beweist eigentlich, dass es keine universellen Werte gibt. Wenn das so wäre, gäbe es keine angeblich „besseren“ sondern nur die einzigen gültigen. Und die müssten dann auch noch ewig sein, so wie die Naturgesetze, die ab Urknall gelten; universell halt.

        Was der Mythos „Westen“ eigentlich genau ist, wäre noch mal ein gesondertes Thema. Jedenfalls gab es NIE eine entsprechende Einheit, sondern allenfalls temporäre Bündnisse und ansonsten Kriege über Kriege; IM Westen. Aber dessen Territorialität – womöglich auf Sand gebaut^ – schwankt eh.

  • Erwin Gabriel 5. Dezember 2024, 01:09

    k) Ist das etwa eine Neiddebatte, die ich da spüre?

    Ja, und zwar eine selten dämliche. Bin weißgott kein Freund von Angela Merkel (sie ist mir als Buchautorin lieber als als Kanzlerin; ich muss das ja nicht lesen). Aber sie hat sicherlich eine spannende Lebensgeschichte zu erzählen. Soll sie doch ihre Tantiemen bekommen wie jeder andere Autor oder Musiker auch.

    Wer darüber nachdenkt, dass sie dadurch „reich“ (welch unanständiges Wort) werden könnte, hat weder verstanden, was „reich“ ist, noch, dass er offenbar keine relevanten Probleme hat. Sozialneid par excellence,.

    • Stefan Sasse 5. Dezember 2024, 11:15

      Total.

    • CitizenK 5. Dezember 2024, 13:15

      Zustimmung. Bei diesem Thema, Ausnahmsweise

      • Erwin Gabriel 5. Dezember 2024, 23:43

        @ CitizenK.

        Zustimmung. Bei diesem Thema, Ausnahmsweise

        Ja, nee, is‘ klar … 🙂

    • Thorsten Haupts 5. Dezember 2024, 19:40

      Yup!

    • Lemmy Caution 5. Dezember 2024, 21:18

      Völlig irre. Leute, die mit diesen Buch-Tantiemen ein Problem haben, sollten bei den Teletubbies einziehen.
      Die ex-Präsidentin Argentiniens Cristina Fernandez de Kirchner besaß während ihrer Präsidentschaft zwischenzeitlich einen Privatjet und eine Hotelkette. Mit den ersten Korruptionsprozessen vererbte sie diese goodies ihren Kindern. Die gleichen Leute, die sich über die Buchtantiemen von Frau Merkel ereifern, halten die Fernandez de Kirchner für eine gemäßigt linke Politikerin.
      Für Sebastián Pinera ist 2x bezeugt, dass er Ende der 90er während Sitzungen zu unternehmensrelevanten politischen Entscheidungen im kleinen Kreis sich von einem Kollegen ein Handy ausborgte, um die Information an seine Asset-Manager seines damals schon beträchtlichen Vermögens weiterzuleiten.
      5 der 6 letzten peruanischen Präsidenten sind wegen schweren Korruptionsfällen verurteilt oder haben sich per Selbstmord das Verfahren erspart.

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