Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) Toward Annihilation: House of the Dragon and Anti-War Television
Der Essay beschäftigt sich mit den Themen Opfer, Krieg und Erzählung, wie sie in der zweiten Staffel von House of the Dragon dargestellt werden. Die Staffel beginnt mit einem Stark-Lord, der über das Opfer spricht, das erforderlich ist, um in der Nachtwache zu dienen, und hebt die düstere Realität hervor, dass Pflicht bedeutet, andere zu opfern, anstatt sich selbst. Dies setzt den Ton für eine Staffel, die die weitreichenden Auswirkungen des Krieges nicht durch große Schlachten, sondern durch das Leben und die Entscheidungen ihrer Charaktere untersucht. Die Serie vermeidet es, groß angelegte Schlachten zu zeigen, und konzentriert sich stattdessen auf die Folgen und die menschlichen Kosten des Krieges. So wird beispielsweise die Schlacht um die Brennende Mühle nicht gezeigt, sondern nur ihre grausamen Ergebnisse, was die Sinnlosigkeit und Zerstörung solcher Konflikte unterstreicht. Die Staffel stellt Krieg nicht als Spektakel oder Abenteuer dar, sondern als verheerende Kraft, die alles in ihrem Weg verschlingt und nur Körper, Blut und Asche hinterlässt. Im Verlauf der Staffel werden die Charaktere als Gefangene ihrer Rollen und gesellschaftlichen Erwartungen dargestellt, wobei ihre Körper und ihr Leben auf bloße Werkzeuge für die Ambitionen anderer reduziert werden. Die Serie zieht Parallelen zwischen den physischen und psychischen Opfern, die der Krieg fordert, und den starren Geschlechterrollen, die das Leben der Charaktere bestimmen. Frauen sollen im Kindbett sterben, Männer auf dem Schlachtfeld, beides Opfer für ein patriarchales System, das die Pflicht über die Menschlichkeit stellt. Der Essay geht auch auf die metatextuellen Elemente ein, die in der letzten Episode eingeführt werden, in der die Charaktere beginnen, ihr Leben als Geschichten zu sehen, gefesselt von den Narrativen, die ihnen von Geschichte und Gesellschaft auferlegt werden. Diese narrative Gefangenschaft ist eine zentrale Tragödie der Serie, da die wahre Komplexität der Charaktere in den vereinfachten, voreingenommenen Geschichtsschreibungen verloren geht, die sie nur als bloße Karikaturen in Erinnerung behalten. Letztlich argumentiert der Essay, dass House of the Dragon den Krieg als eine erzählerische Konstruktion darstellt, eine Geschichte, die erzählt wird, um Gewalt und Opfer zu rechtfertigen. Dennoch betont er auch die Beharrlichkeit des Lebens und der Menschlichkeit, selbst angesichts überwältigender Verzweiflung. Die Charaktere kämpfen weiterhin um Freiheit und Bedeutung, selbst wenn sie unter der Last ihres Schicksals zerbrechen. Auf diese Weise überwindet die Serie ihre düsteren Themen und bietet eine ergreifende Reflexion über den Wert des Lebens in einer Welt, die von Krieg und Pflicht verschlungen wird. („Samantha Tarly“, The Stain)
Für mich bleibt „House of the Dragon“ eine der großen TV-Überraschungen. Ich bin bekanntlich bestenfalls lauwarm gegenüber der Buchvorlage eingestellt und hatte daher wenig Hoffnungen auf die TV-Adaption, aber die Leute bei HBO haben ihr Mojo wiedergefunden und eine der besten Serien, die aktuell im Fernsehen sind, produziert (sicherlich besser als das etwas overhypte „Shogun“). Ich will an der Stelle neben meiner Zustimmung zu Samanthas Beobachtungen vor allem hinzufügen, dass für mich mit am relevantesten ist, dass die Serie echte politische Dilematta bietet. Nicht diesen Gut-Böse-, Klug-Dumm-Blödsinn, der meistens kommt, sondern genuine Dilematta, in denen keine Option offensichtlich die richtige ist, sondern beide ihre Vor- und Nachteile haben, unerwünschte und nicht vorhergesehene Konsequenzen. Das ist großartiges polit-strategisches Storytelling.
2) Blau sein bitte erst ab 18!
Der Artikel diskutiert den Vorschlag des Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert, das Mindestalter für den legalen Alkoholkonsum von 16 auf 18 Jahre anzuheben. Der Hintergrund für diesen Vorschlag ist die nachgewiesene Schädlichkeit von Alkohol auf das Gehirn, insbesondere bei Heranwachsenden. Der Artikel führt an, dass Alkohol ein Zellgift ist, das unabhängig vom Alter Schäden verursacht, und dass Jugendliche aufgrund ihrer noch laufenden körperlichen und geistigen Entwicklung besonders gefährdet sind. Die derzeitige Regelung erlaubt es 16- und 17-Jährigen, Bier, Wein und Sekt legal zu konsumieren, während Spirituosen erst ab 18 Jahren zugänglich sind. Diese Regelung wird als unzureichend kritisiert, da sie nicht den grundsätzlichen gesundheitlichen Risiken des Alkoholkonsums gerecht wird. Der Artikel argumentiert, dass es falsch sei, den Konsum von Alkohol als eine normale oder gar romantisierte Erfahrung des Erwachsenwerdens darzustellen, da dies die ernsthaften Risiken ausblende. Obwohl die Anhebung des Mindestalters auf 18 Jahre keine Wunderlösung sei und nicht verhindern könne, dass Jugendliche weiterhin Wege finden, Alkohol zu konsumieren, wird sie dennoch als ein Schritt in die richtige Richtung betrachtet. Eine strengere Regulierung könnte dazu beitragen, das Bewusstsein für die Gefahren des Alkoholkonsums zu schärfen und langfristig die gesellschaftlichen Schäden durch Alkohol zu verringern. Zudem passt die Maßnahme in einen allgemeinen Trend, da der Alkoholkonsum unter Jugendlichen bereits rückläufig ist. Abschließend wird betont, dass die vorgeschlagene Maßnahme ein sinnvoller Anfang sein könnte, um die negativen Auswirkungen von Alkohol auf Jugendliche zu reduzieren, auch wenn sie nicht alle Probleme lösen wird. (Viktoria Karls, Spiegel)
Ich meine, von mir aus könnte es auch ein komplettes Alkoholverbot geben, aber ich halte die Debatte letztlich für weitgehend irrelevant. Ja, die Leute trinken zu viel, ja, Jugendliche sollten nicht trinken, nein, Bier ab 18 zu machen wird nichts großartig ändern. Von daher: ich habe kein ernsthaftes Problem mit der Änderung. Der Vorteil wäre vermutlich eine größere Konsistenz: es wären einfach alle Drogen ab 18, fertig. Alkohol, Zigaretten, Marijuana, alles auf einem Level und ohne das offizielle Schild, dass einige harmloser sind als andere. Werden deswegen trotzdem noch fast alle Deutschen ihre erste Alkoholerfahrung vor 18 machen? Mit Sicherheit. Es ist eine dieser vielen Maßnahmen, die grundsätzlich wahrscheinlich sinnvoll sind, aber gegebenenfalls den Streit nicht lohnen.
3) Die Hits der Dreißiger, Neunziger und das Hässlichste von heute
Ich glaube, der Blick auf die Wahlergebnisse verstellt tatsächlich den auf die Realitäten. Es ist ein bisschen wie mit der Antifa oder dem Schwarzen Block: deren Disruptionswirkung konnte man nicht an Wahlergebnissen sehen, sondern am 1. Mai oder bei irgendwelchen Demos. Genauso erzählen die Wahlergebnisse der AfD auch nicht die ganze Geschichte. Dass es in Ostdeutschland nicht erst seit ein paar Jahren, sondern quasi seit der Wiedervereinigung Zonen gibt, in die man mit einer bestimmten Hautfarbe oder Frisur nicht gehen kann, ist bittere Realität. Die Eroberung der Fläche durch Rechtsextremisten, ihre Dominanz in bestimmten Gebieten, drückt sich nicht in Wahlergebnissen aus (beziehungsweise kann in diesen nicht gesehen werden). Aber das berührt den Lebensbereich viel mehr.
4) Being realistic in the polycrisis? Or, does the West/global North know what time it is?
Der Text behandelt das Konzept des „Seins in medias res“, also des tiefen Eintauchens in die Komplexitäten und Krisen der modernen Welt, als eine unvermeidliche Realität und Herausforderung, die Engagement erfordert, anstatt ihr auszuweichen. Es wird argumentiert, dass die Vorstellung, sich zurückzuziehen, um die Welt aus einer überlegenen Perspektive zu verstehen, illusorisch ist. Wahres Verständnis und Handeln können nur durch das direkte Auseinandersetzen mit den vernetzten Problemen der Welt, oft als „Polykrise“ bezeichnet, erreicht werden. Der Autor kritisiert westliche Regierungen, insbesondere in ihrem Umgang mit globaler Entwicklung und Krisenmanagement, dafür, dass sie den Herausforderungen der modernen Welt nicht gerecht werden. Beispiele dafür sind die unzureichende globale Reaktion auf Gesundheitsbedürfnisse, unterfinanzierte Hilfen für Regionen wie die Sahelzone und Zentralamerika sowie die deutliche Diskrepanz in der finanziellen Unterstützung zwischen der Ukraine und afrikanischen Ländern wie dem Sudan, wo die humanitären Krisen ebenso schwerwiegend sind, aber weit weniger Aufmerksamkeit und Unterstützung erhalten. Der Text hebt hervor, wie diese Unterschiede tief verwurzelte rassistische und geografische Vorurteile in der globalen Politik offenbaren. Es wird darauf hingewiesen, dass das selektive Engagement des Westens bei Krisen tiefere Probleme von Ungleichheit und Gleichgültigkeit widerspiegelt. Der Autor fordert einen ehrlicheren und engagierteren Ansatz für die globale Entwicklung, der die dringenden Bedürfnisse aller Regionen wirklich anerkennt und angeht, nicht nur diejenigen, die den Interessen des Westens entsprechen. Letztendlich fordert der Text die Leser auf, ihre Herangehensweise an globale Probleme zu überdenken und für eine realistischere, engagiertere und gerechtere Reaktion auf die vernetzten Krisen der Welt einzutreten. (Adam Tooze, Chartbook)
Für mich passt das wunderbar in diese Diskussion von „Fluchtursachen bekämpfen“, was ja bis zur Entdeckung von „alle Abschieben“ so ein Evergreen der Migrationspolitik war. Es gehört wahrlich nicht viel Fantasie dazu sich vorzustellen, welche Konsequenzen eine Hungersnot im Sudan auf Flüchtlingsströme hat. Was mich dabei so wahnsinnig macht ist, dass die Geldbeträge – wie Tooze ja schön darstellt – so winzig sind. Man könnte da extrem viel erreichen. Ich fürchte, zu einem Teil ist das natürlich eine Milchmädchenrechnung, weil das Zeug ja nicht 1:1 an die Leute dort rangebracht werden kann. Aber dass hier wesentlich mehr geleistet werden könnte als wir tun und, und das ist zentral, dass das in unserem Interesse wäre, steht für mich schon fest. Oder übersehe ich was Zentrales?
Ich empfehle unbedingt den ganzen Artikel zu lesen, weil Lobenstein sehr schön herausarbeitet, wie ein Projekt des Koalitionsvertrags total kaputtgegangen ist – aus politischen Motiven, und zwar von beiden beteiligten Parteien (in dem Fall SPD und FDP). Jeweils eigene Anreize bringen beide Seiten dazu, total kontraproduktive Züge zu machen. Das ist natürlich normal: Akteure reagieren immer auf die Anreize des jeweiligen Systems. Aber für die SPD ist das Ganze natürlich viel schlimmer als für die FDP, die jetzt nicht unbedingt die Partei der Mieter*innen ist, weswegen das Führungs- und Koordinationsversagen der SPD-Spitzen umso schlimmer wiegt. Mich fasziniert endlos, dass die Leute irgendwie nicht in der Lage zu sein scheinen, diesee Anreizsysteme, unter denen sie operieren, zu verstehen und in ihre Strategie zu implementieren. Da sind die Grünen ja auch spitze drin, siehe Heizungsgesetz.
Resterampe
a) Hätte er mal besser ein paar Millionen Steuern hinterzogen. Gute juristische Einordnung dazu.
b) A tale of two election campaigns.
c) Artikel zum Trend der Trad Wives.
d) Abschiebungen aus Deutschland: Zahl im ersten Halbjahr gestiegen. Solche Fakten sind nur völlig irrelevant für die Debatte.
e) Korrekt zu Merz.
g) Der nächste Teil der Notes on Hegemony bleibt brillant.
h) So true.
i) Interview mit Heiner Flassbeck.
j) The Political Tradition Harris and Walz Are Bringing Back. Meine Rede. Siehe auch: Rating the CNN interview(er)
k) A case study in propaganda.
l) Berlins Bürgermeister Kai Wegner über Schuldenbremse: »Wir dürfen uns nicht kaputtsparen«. Wenn man regiert sieht man das halt immer anders als in der Opposition…
m) Eurofighter-Mitflug von Friedrich Merz: Acht Minuten Aufklärung für 111.000 Euro. Mann o Mann, die können das Thema einfach nicht gut sein lassen.
n) SPD-Abgeordnete verlangen Sondervermögen für innere Sicherheit. So langsam wird die Forderung nach einem Sondervermögen echt albern.
o) Hintergrund zu Trumps Arlington-Debakel.
p) First rule of the conservative policy agenda.
q) Diese Leute sind echt so eklig.
r) Biden’s greatest gift to Harris.
t) Der Rhetorikunterschied ist schon krass.
u) Spannender Thread zu den russischen Wehrpflichtigen.
v) Der OERR-Blog fällt mal wieder negativ auf.
y) „Evanglikal“ wird vom kulturellen zum politischen Merkmal.
Fertiggestellt am 03.09.2024
(4 – Realismus in der Entwicklungshilfe)
Aber dass hier wesentlich mehr geleistet werden könnte als wir tun und, und das ist zentral, dass das in unserem Interesse wäre, steht für mich schon fest. Oder übersehe ich was Zentrales?
Ja, den zentralen Faktor: Die meisten afrikanischen Staaten sind weitgehend dysfunktional. Nothilfe ist geboten, Entwicklungshilfe bringt aber nichts. Soweit ich sehe, funktioniert in Afrika nur der pragmatische chinesische Ansatz.
Da würde ich mitgehen.
@ Tim 5. September 2024, 12:53
4) Being realistic in the polycrisis? Or, does the West/global North know what time it is?
Die meisten afrikanischen Staaten sind weitgehend dysfunktional. Nothilfe ist geboten, Entwicklungshilfe bringt aber nichts. Soweit ich sehe, funktioniert in Afrika nur der pragmatische chinesische Ansatz.
Zustimmung.
4) i)„Oder übersehe ich was Zentrales?“ Das „Zentrale“ ist, dass es keine einheitliche „Erzählung“ gibt und man dringend von den Klischees weg muss (das hatten wir vor kurzem bei der Diskussion um das BMWZ).
ii) „….welche Konsequenzen eine Hungersnot im Sudan auf Flüchtlingsströme hat“ 2022 gab es in Ostafrika eine Dürrekatastrophe, die als die schlimmste seit 40 Jahren bezeichnet wird. Die Auswirkungen auf Flüchtlingsströme war im Verhältnis zu den Kriegen und (Beinahe-)Bürgerkriegen deutlich geringer.
iii) „Aber dass hier wesentlich mehr geleistet werden könnte als wir tun….“ Auch wenn mehr immer geht, vergiss nicht, Tooze schreibt über die USA mit einem Anteil von ODA (Official Development Assistance) bei 0,22 %. Deutschland ist unter den OECD Staaten in der „besten Gruppe“, es erreicht (2023) einen Anteil von 0,79% und erfüllt damit seit 2022 durchgehend die Selbstverpflichtung der OECD Staaten von 0,7%.
5) Die Gefahr des Denkens in „politischen Seifenopern“ ist hier deutlich: Man übersieht, dass es auch um reale Policies geht.
Es klingt so schön, Buschmann will etwas von Faeser und setzt deshalb deren Verbündete Geywitz unter Druck. Fast wie in Fundstück 1.
Prosaischere (und Occam-rasierte) Erklärung: Wenn es kein neues Mietgesetz gibt, läuft die (bei der FDP unbeliebte) Mietpreisbremse 2025 aus. Da kann man (in Erwartung der Wahlkampfpause) auf Zeit spielen.
v) Zur Einordnung: Das ist die komplette Homepage des ÖÖR_Blog
https://oerrblog.de/
Der „Watchblog“ ist nichts weiter als eine Sammlung persönlicher Meinungen in social Media. Streisande es nicht hoch.
x) Grüße aus München, der „Hauptstadt der Bewegung“. Ich fände es nicht sinnvoll, wenn bei rechtsradikalen oder antisemitischen Ereignissen (und da gab es einiges) auf diese Vergangenheit zurückgegriffen wird.
(postscriptum: Wie zur Bestätigung kommt ganz aktuell bei mir eine Nachricht rein, dass irgendein Arschloch beim NS-Dokumentationszentrum „Braunes Haus“ um sich geschossen hat. Es ist mit komplett egal, ob es sich um einen völkischen oder islamistischen Rechtextremen handelt und welche Seite das jetzt politisch für sich vereinnahmt.)
4) Danke, spannend!
4) Die Auswirkungen auf Flüchtlingsströme war im Verhältnis zu den Kriegen und (Beinahe-)Bürgerkriegen deutlich geringer.
Ähnliches hab ich auch gedacht, ich glaube die aktuell größten Gruppen (in Deutschland) sind eben Syrien, Afghanistan, Ukraine. Achso und Türkei (Ukraine wird nicht mitgezählt, weil die das Asylverfahren komplett überspringen)
Ah: Syrien bleibt weltweit mit 6,8 Millionen Menschen das größte Herkunftsland von Flüchtlingen, gefolgt von Afghanistan und Südsudan. Die Flüchtlinge dieser drei Länder machen mehr als die Hälfte der weltweiten Flüchtlinge aus.
zusätzlich:
Denn die über 3,4 Millionen Ukrainer/-innen, die seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar 2022 die Ukraine verlassen und vorübergehenden Schutz in anderen Ländern erhalten haben, sind in den Daten für 2021 nicht enthalten.
von hier: https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/bevoelkerung-arbeit-soziales/bevoelkerung/Fluchtbewegungen.html
Uff, die Dimensionen sind schon krass. Hatte eigentlich noch ein paar Gedanken, aber wenn wir Entwicklungshilfe rein unter dem Aspekt „Fluchtursachen bekämpfen“ sehen, wären bei den Zahlen Blauhelme wohl die beste Investition (was dann übrigens keiner will)
… Blauhelme wohl die beste Investition …
Wirklich kämpfende Blauhelme mit einem robusten Mandat? Aber hallo. Nur will die tatsächlich keiner und hat sie auch noch nie gewollt – Blauhelmeinsätze haben nirgendwo jemals einen Krieg beendet bzw. den Beginn eines neuen verhindert. Es sind bewaffnete Beobachter, mehr nicht. Wo sie robust hätten eingesetzt werden müssen, haben sie immer versagt (Bosnien ist mir in besonders unangenehmer Erinnerung).
Gruss,
Thorsten Haupts
Nein! Das war nur grob verkürzt, dass da eine (nicht realisierbare) Friedenslösung hilfreicher erscheint als Brot für die Welt, um Fluchtursachen zu bekämpfen.
Ich wollte nur nicht meinen linksgrünversifften Ruf aufs Spiel setzen und ein Attentat oder ähnliches vorschlagen. (was auch keiner will und dadurch herrscht auch nicht automatisch Frieden), aber Syrien sehe ich immer als mahnendes Beispiel, dass Nichteingreifen nicht automatisch zu besseren Ergebnissen führt.
Ich war und bin keine Freundin von Blauhelmen, Ruanda könnte man auch noch nennen. Aber ja, Bosnien fiele mir auch als erstes ein, vielleicht auch weil Bosnien / bzw. Ex-Jugoslawien und deren Auflösungskonflikte so das erste frühe eigene „Erlebnis“ als Jugendliche war, was man mitbekommen hat.
Gibt es die überhaupt noch? Spontan wüsste ich nichts, macht man das jetzt nicht eher irgendwie selbst. Also zum Beispiel wie in Mali? Auch nicht zwingend erfolgreicher.
Ja, leider.
@ Thorsten Haupts 5. September 2024, 21:27
Wirklich kämpfende Blauhelme mit einem robusten Mandat? Aber hallo. Nur will die tatsächlich keiner und hat sie auch noch nie gewollt – Blauhelmeinsätze haben nirgendwo jemals einen Krieg beendet bzw. den Beginn eines neuen verhindert. Es sind bewaffnete Beobachter, mehr nicht. Wo sie robust hätten eingesetzt werden müssen, haben sie immer versagt (Bosnien ist mir in besonders unangenehmer Erinnerung).
Mal wieder auf den Punkt – Zustimmung, und Gruß zurück
Dauerproblem…
5) ja, das mit politischer Seifenoper ist nicht verkehrt. Glaub nur noch hardcore-Parteigänger haben da mittlerweile noch Elan da mitzuspielen, ob nun Habeck oder Lindner oder Scholz schuld ist.
Wenn es kein neues Mietgesetz gibt, läuft die (bei der FDP unbeliebte) Mietpreisbremse 2025 aus. Da kann man (in Erwartung der Wahlkampfpause) auf Zeit spielen.
So wirds auch kommen. Andererseits: auch schon bisschen egal, weil die relativ leicht umgangen werden kann, oder wie neulich erst gelesen: es gar keine Kontroll/Ahnungsinstanz dafür gibt außer in einzelnen Städten:
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/mietpreisbremse-wohnungsnot-100.html
Das ja auch wieder so herrlich absurd, könnte direkt von der Ampel sein. Wozu mühsam irgendwas einführen (was nicht selten zu guten alten Kommunismus vs Kapitalismus Kulturkämpfen führt) und dann wird es liegengelassen?
Aus dem Artikel:
Immobilienexperten warnen bereits vor dem kommenden Jahr. Dann sollen die Mieten weiter steigen. Womöglich sogar noch heftiger als in den Jahren zuvor
Tjoa, ich glaub ja nicht, dass ein bisschen weniger Vorschriften, Mietpreisbremsen und paar Justierungen im Mietrecht da größere Unterschiede machen.
Gestern hab ich gelesen: neues KfW-Förderprogramm (nachdem gerade von heute auf morgen NATÜRLICH eine Förderung (Energieberatung) wegen zu großem Erfolg eingestellt wurde). Das will man jetzt verhindern mit „Jung kauft Alt“ Junge Familien kaufen mit KfW-Kredit sanierungsbedürftige Altbauen und machen das in 54 Monaten energieeffizient und schick. Klingt vielleicht nach KfW meets Immo-Tommy von TikTok, aber die werden sich ja sicher was dabei gedacht haben^^
https://www.haufe.de/immobilien/wirtschaft-politik/wohneigentum-kfw-familien-foerderprogramm-jung-kauft-alt_84342_630926.html
2) Blau sein bitte erst ab 18!
Ein Verbot sagt, was eine Gesellschaft nicht toleriert. Nicht mehr, nicht weniger. Die Kontrollfrage ist da zweitrangig. Genau deswegen muss der Staat mit Bedacht und Zurückhaltung mit dem Instrument des Verbots umgehen. Und es kann keine Frage sein, ob Kinder und Jugendliche vor Giften zu schützen sind.
3) Die Hits der Dreißiger, Neunziger und das Hässlichste von heute
Dass es in Ostdeutschland nicht erst seit ein paar Jahren, sondern quasi seit der Wiedervereinigung Zonen gibt, in die man mit einer bestimmten Hautfarbe oder Frisur nicht gehen kann, ist bittere Realität.
Das sind so Kommentare, die an Realitätsvergleugnung kaum zu toppen sind. Es gibt in Deutschland längst viele No-Go-Areas. Sie sind von Deutschenfeinden errichtet worden.
4) Being realistic in the polycrisis? Or, does the West/global North know what time it is?
Es wäre Zeit sich einzugestehen, dass als Flüchtlinge nicht die Bedürftigsten und Ärmsten kommen.
a) Hätte er mal besser ein paar Millionen Steuern hinterzogen. Gute juristische Einordnung dazu.
Auch nicht klug. Hätte er das getan, wäre er ein paar Jahre eingefahren. Klimakriminelle werden langsam und vorsichtig an die strafrechtlichen Folgen ihres Tuns herangeführt – was der Artikel sehr wohl auflistet. Manche Menschen sind nur völlig lernresistent und verblendet. Kann man nix machen.
c) Artikel zum Trend der Trad Wives.
Und das heißt es links immer, jeder solle nach seiner Façon glücklich werden. Aber nur, wenn es die links-feministische Façon ist. Und was ist überhaupt ein „überholtes“ Familienbild?
l) Berlins Bürgermeister Kai Wegner über Schuldenbremse: »Wir dürfen uns nicht kaputtsparen«. Wenn man regiert sieht man das halt immer anders als in der Opposition…
Wenn man ein überschuldetes Bundesland regiert, dass nur mit Transfers reicher Länder überlebensfähig ist, sieht man das halt immer anders… Auch in Frankreich und Italien halten Konservative wenig von einer Schuldenbremse, anders als in den Niederlanden und in Dänemark.
s) No shit, Sherlock.
Wenn die Leute geringe Nettoeinkommen haben, dann liegt das natürlich nicht an dem Teil, der das Brutto so brutal auf ein kleines Netto runterschmelzt.
3) Wo ist da Realitätsverleugnung, bitte?
3) Gestern Abend wurde am Frankfurter Hauptbahnhof ein Mann von zwei Talahons bewusstlos zusammengetreten, scheinbar völlig ansatzlos. Ich war zu der Zeit zufällig in der Nähe.
Inzwischen gibt es in Deutschland unzählige No-Go-Areas für Frauen, für Kinder ohnehin, für Deutsche und Deutsch-Aussehende generell. Das Risiko für Deutsche, Opfer einer Gewalttat zu werden, ist massiv gestiegen. Dies gilt vor allem für das Risiko, Opfer einer Gewalttat durch einen Ausländer und jemanden ausländischer Herkunft zu werden. Die Kurven der Risiken laufen asymetrisch.
Was Du dagegen behauptest, gibt es in den meisten Ländern dieser Welt. Nur weil jemand mit „falscher“ Hautfarbe in einem kleinen Dorf Sachsen-Anhalts angemacht wird, beschreibt das nicht einen Rassismus eines Landes. In Kapstadt gibt es zahlreiche No-Go-Areas für Weiße, Durban ist zu achtzig Prozent eine einzige No-Go-Area.
Beim Thema Rassismus verstehen Linke keinen Spaß, sie sehen überall Rassismus – und immer mehr.
In meiner Stadt wird auch niemand von „Talahons“ zusammengetreten. Was ist denn das für ein Argument?!
Das Argument liest Du darunter, darfst nur nicht beim ersten Absatz aussteigen.
Haben wir einen wachsenden Rassismus gegenüber Ausländern (allen?) oder eine wachsende Deutschen- und Judenfeindlichkeit? Ist es immer gefährlicher als Bürger hier zu leben oder als Migrant? Die Zahlen sind eigentlich eindeutig, weshalb ich von Realitätsverweigerung schrieb.
f) Die Vorschläge/Forderungen der drei Bürgermeister wären schon mal ein Anfang: https://www.zeit.de/2024/37/asylpolitik-migration-gefluechtete-straftaeter-identitaet
Dass es für Geflüchtete von Vorteil sein kann, den Pass wegzuwerfen, fand ich schon immer unverständlich. (Wenn sich wer an der Person Palmer stört – wo er recht hat, hat er recht.
2) In letzter Zeit häufen sich „wissenschaftliche“ Artikel über das „gefährliche Zellgift“ Alkohol. Ungefährliche Untergrenzen gebe es überhaupt nicht. Jeder Tropfen sei schädlich. Müsste dann nicht die Mehrheit der Bevölkerung in den traditionellen Weinbau-Staaten krank oder siech sein?
Ich könnte jetzt zu einem langen Rant über Journalismus ausholen, aber ich mache es kurz: Die entsprechenden (Meta)-Studien belegen tatsächlich, dass es keine einhundertprozentig unschädliche Menge von Alkohol gibt. Aber – und deshalb ist die Berichterstattung völlig verzerrt – bei relativ kleinen Mengen (nach meiner Erinnerung unter 50 Gramm pro Tag) sind die Effekte statistisch so gering, dass sie vernachlässigbar sind. Wenn Sie jemandem sagen, dass sein Hobby ihn in seinem gesamten Leben wahrscheinlich 1 Tag (!) Lebenszeit kosten wird, lacht der sie vermutlich aus.
Gruss,
Thorsten Haupts
Nein. „Schädlich“ heißt ja nicht, dass du tot umfällst. Es gibt eine Menge Sachen, die schädlich sind.
In der Lebenserwartung zeigt sich das allerdings nicht. Die Länder mit typischer Weinbau-Kultur stechen nicht heraus.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/954/umfrage/lebenserwartung-bei-geburt-in-ausgewaehlten-laendern-der-europaeischen-region/
Auch das Frankreich-Paradox bei Herz- und Kreislaufkrankheiten spricht nicht dafür.
https://de.wikipedia.org/wiki/Franz%C3%B6sisches_Paradox#:~:text=Das%20franz%C3%B6sische%20Paradox%20bezeichnet%20eine,ges%C3%A4ttigte%20Fetts%C3%A4uren%20und%20Alkohol%20enth%C3%A4lt.
Wir sollten die Weinstube im Dorf lassen.
Warum der der Fokus auf Weinbau-Kultur? Es geht doch um Alkoholkonsum, nicht Weinanbau.
Dort stechen die Weinanbau-Staaten nicht so heraus. Der Pro Kopf Konsum in den Frankreich und Spanien (Weinbau) unterscheidet sich kaum von Dänemark und Irland (kein Weinanbau) und liegt ziemlich im europäischen Mittelfeld. Oben und unten in dem Ranking findet man keine klassischen Weinabaustaaten. https://www.statista.com/statistics/755502/alcohol-consumption-in-liters-per-capita-ineu/
Eben. Wäre Alkohol per se so schlimm, müsste das sich dort zeigen, wo er seit Jahrhunderten regelmäßig konsumiert wird.
Problematisch ist doch der zu frühe und der unmäßige Konsum.
Er wird aber in den Weinländern nicht regelmäßiger als in vielen anderen Ländern konsumiert.
Durchschnittliche Lebenserwartung in Saudi-Arabien 79 Jahre, Alkoholkonsum pro Jahr im Schnitt 0,2 Liter. Durchschnittliche Lebenserwartung Frankfreich 83 Jahre, Alkoholkonsum pro Jahr 12,6 Liter. Zahlen für 2023, ich habe extra ein Land mit einem Europa vergleichbaren Lebensstandard gewählt.
zu 2)
Wozu die neuerliche Gängelung von Jugendlichen beim Thema Alkohol, wenn doch (1) alle Beteiligten – inklusive derer, die das Verbot fordern – nicht daran glauben, dass sich praktisch in der Realität etwas ändern wird und (2) die Statistiken doch zeigen, dass das Problem ohnehin – ganz von selbst – rückläufig ist und Jugendliche seit Jahren immer weniger trinken? Das ist doch nur noch ein Verbot um des Verbot willens. Nur noch eine Regulierung um der Regulierung willens. Das ganze in einem von Verboten, Regulierungen und Bürokratie verriegelten und gefesselten Land, in dem Gerichte und Behörden bereits jetzt nicht ausreichend Personal und Ressourcen haben, die Übertretungen der bereits bestehenden Verbote und Regulierungen zu kontrollieren und zu ahnden. Diese ganze Debatte ist so unglaublich “deutsch”. Kein Wunder, dass wir als Land keinen Fuß mehr auf die Erde kriegen …
ja, ich denke auch, am Alkoholverbot wird’s scheitern.
@ Ralf 5. September 2024, 21:01
Ich schließe mich an.
Wie es so schön heißt: Die Dinge verbessern, die sich verbessern lassen, die Dinge ignorieren, die man nicht verändern kann, und die Weisheit, dazwischen zu unterscheiden.
zu 3)
Der Text endet mit einem Appell, nicht nur darüber nachzudenken, was man in der Vergangenheit getan hätte, sondern was man heute und jeden Tag tun kann, um der Ausbreitung des Rechtsextremismus entgegenzuwirken
Das ist doch immer nur wieder das gleiche Blabla. Selbstverständlich kann man was gegen Rechtsextremisten (und auch gegen die Islamisten auf der anderen Seite des Spektrums) tun. Schalt ihnen das Internet ab. Geh gegen Social Media-Betreiber vor, so wie man gegen die Zigarettenindustrie und ihre tödlichen Produkte vorgegangen ist. Überzieh sie mit Milliardenklagen. Lass die CEOs persönlich haften für den immensen gesellschaftlichen Schaden, den sie anrichten.
Stattdessen immer wieder diese sinnlosen Appelle an die Menschen. Langsam erreicht das den Peinlichkeitsgrad, den das in den USA hat, wenn die Politiker nach jedem Schulmassaker vor die Kameras treten und von “Thoughts and Prayers” für die Opfer und die Hinterbliebenen faseln, um sich anschließend umzudrehen und nichts zu tun.
zu 4)
Es gehört wahrlich nicht viel Fantasie dazu sich vorzustellen, welche Konsequenzen eine Hungersnot im Sudan auf Flüchtlingsströme hat.
So lange ich Kind war, gab es Hungersnöte in Äthiopien. Trotzdem gab es nie Flüchtlingsströme nach Europa. Wieso eigentlich?
Oder übersehe ich was Zentrales?
Ich war lange, lange ein Fan von “Fluchtursachen bekämpfen”. Dann las ich einen Artikel im Spiegel, der argumentierte, dass erst das Entstehen von ein bisschen Wohlstand, ein bisschen afrikanische Mittelklasse dazu geführt hat, dass (manche) Menschen dort nun ausreichend Ressourcen haben, Schleuser zu bezahlen, um nach Europa zu kommen. Dem Artikel zufolge sind die gegenwärtigen Flüchtlingsströme nicht Folge von Armut und Vertreibung, sondern von bescheidenem Wohlstand und dem Abwandern derer, die es sich nun leisten können. Ich habe große Sorge, dass der Artikel recht hat. Das beantwortet dann auch die Frage, was Du “übersehen haben könntest”, wenn Du forderst, man solle mehr Geld nach Afrika geben.
Völlig korrekt. Wer um sein tägliches Überleben kämpfen muss, flüchtet/migiriert nicht, weil er es sich schlicht nicht leisten kann.
Richtig. Aber Abstiege üben Druck aus.
3) Die Eroberung der Fläche durch Rechtsextremisten, ihre Dominanz in bestimmten Gebieten, drückt sich nicht in Wahlergebnissen aus (beziehungsweise kann in diesen nicht gesehen werden). Aber das berührt den Lebensbereich viel mehr.
Also Verwandte oder Bekannte, die auf den ersten Blick fremd aussehen, fahren da schon lange nicht mehr hin. Ist immer mal wieder Thema und nach anekdotischer Referenz ist es wohl schon anders.
hier gibts ja auch Rassismus, aber (laut deren Aussage, denn mir passiert das halt einfach nicht) punktueller und auch mehr so beiläufig. Also dass sie zb ganz häufig erstmal in Babydeutsch angesprochen werden als kämen sie gerade aus dem Busch und IMMER nach dem Fahrschein o.ä. gefragt werden.
Das extremste halt, dass meine blonde Cousine mit ihrem schwarzen 16jährigen Sohn unterwegs ist und gelobt wurde, dass sie ja sehr christlich einen Flüchtling bei sich aufgenommen hat.
das ist ja völlig daneben, aber wohlwollend kann man immerhin noch gute Absichten bzw. Trotteligkeit unterstellen. Im Osten (oder halt bestimmten Gegenden) ist das wohl anders, ganz andere, aggressivere Grundstimmung. Wo die einfach nicht bedient werden, wo viel häufiger krassere Sprüche kommen wie „hau ab in dein Heimatland“ (und schlimmeres). Das Sicherheitsgefühl ist auch ganz anders.
Einer hat das mal damit verglichen, dass sich da Alltagssituationen anfühlen, als wenn man in Neumünster im falschen Viertel rumrennt (das ist so ein Nazihotspot). Alleine.
Da kann ich auch entsprechende Anekdoten beisteuern. Ein Freund von uns, ursprünglich aus Indien aber seit vielen Jahren deutscher Staatsbürger und Steuerzahler und so gut integriert, dass er seinen ehemaligen Landsleuten regelmäßig mit deutscher Pünktlichkeit und Ähnlichem auf den Wecker fällt, machte mal eine Städtetour durch den Osten, weil er gehört hatte, dass es da schöne Gegenden gäbe. In, ich glaube, Dresden wurde er in einem ganz normalen Klamottenladen in der Innenstadt nicht nur nicht bedient, er wurde gleich beim Betreten des Ladens angeblafft er solle bloß nichts anfassen. Das war wohl auch nicht das einzige Erlebnis dieser Art, der Arme kam völlig verstört zurück und verstand die Welt nicht mehr.
Auch meine Frau, die jahrelang im Außendienst war und u.a. die Ost-Bundesländer betreute, erzählte, dass es praktisch auf jeder Reise vorkam, dass einer ihrer Kunden im ganz normalen Gespräch völlig beiläufig irgendwas krass rassistisches sagte.
Und das ist das Problem. Die ganze Menschenfeindlichkeit ist in manchen Gegenden derart in die Alltagskultur eingesickert, dass sie den Leuten ganz normal vorkommt. Die denken da gar nicht drüber nach und empfinden sich dann logischerweise auch nicht als rassistisch, fremdenfeindlich etc. sondern einfach als normal.
Ich weiß aber auch nicht, wie man dagegen etwas tun könnte. Die Normalisierung dieser Denkstrukturen ist schon so lange im Gange, dass sie in Alltag für die meisten Leute unsichtbar geworden sind. Nur Außenstehenden fallen sie logischerweise direkt ins Auge.
Kennen Sie den Film „Pretty Woman“? Die Prostituierte Vivian, die aussieht wie eine Nutte, wird anfangs in der schönen Welt schnöde abgewiesen, obwohl sie doch nur einkaufen will.
Ich weiß zwar nicht, warum ein Märchenfilm in dem Zusammenhang eine Rolle spielt, aber hier noch eine Anekdote, die beide Argumente ‚auf halbem Weg‘ versöhnt.
Vor einigen Jahren gab es einen kleinen „Aufregervorfall“, als eine Schwarze in Zürich aus einer Nobelboutique mit einem „Sie können sich das sowieso nicht leisten“ herauskomplimentiert wurde. Pointe: Die Frau war Oprah Winfrey… dumm gelaufen, Schaden und Spott über den Laden.
Cinderel…, Pretty Woman ist ein Märchenfilm? Nun, schon die Brüder Grimm wussten, dass Märchen auf einem wahren Kern basieren. Ich erzähle ja solche Geschichten, weil ich eben auf das Typisierende hinweisen will.
Ich kann auch von jener Anekdote berichten, die in den Neunzigerjahren als Mahnung an Vertriebler gegeben wurde. Sie ist analog zu Ihrer, als ein Start-up-Unternehmer am Wochenende in legeren Jeans und T-Shirt in den Porsche-Shop ging um eine sechsstellige Summe auszugeben. Er kam mit der selben Summe wieder raus, weil er hochnäsig von oben herab behandelt worden war. Oder googeln Sie mal, warum der HSV Jürgen Klopp, den späteren Welttrainer, nicht beschäftigen wollte.
Professionelle Verkäufer wissen längst, dass man die Solvenz eines Kunden nicht zwingend an der Kleidung messen kann. Das finde ich durchaus ein bisschen schade, denn ich trage sehr gern Anzüge. Aber so ist die Welt nunmal. Apropos: Es gehört zu den menschlichen Instinkten, Menschen in Bruchteilen von Sekunden zu taxieren und in Schubladen zu sortieren. Ich habe ehrlich gesagt ein Problem, wenn mir andere aus politischen Gründen Instinkte abtrainieren wollen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein farbiger Mensch in einem kleinen Ort Sachsens eine größere Summe beim Shoppen ausgeben kann, ist statistisch gering. Und es widerfährt auch weißen Deutschen, dass sie in Luxusboutiquen nicht zuvorkommend behandelt werden, wenn erkennbar wird, dass die Preise ein paar Klassen über ihrem Bürgergeldbezug liegen. Warum soll sich ein Verkäufer mit Leuten in seiner bezahlten Zeit abgeben, die ihm kein Einkommen bringen?
@ Dobkeratops 6. September 2024, 08:57
Die ganze Menschenfeindlichkeit ist in manchen Gegenden derart in die Alltagskultur eingesickert, dass sie den Leuten ganz normal vorkommt. Die denken da gar nicht drüber nach und empfinden sich dann logischerweise auch nicht als rassistisch, fremdenfeindlich etc. sondern einfach als normal.
Ich befürchte, dsas Du da Recht hast.
Das könnte auch eine Teilerklärung sein dafür, dass „die da drüben“ so allergisch auf entsprechende Kommentare reagieren.
Das war wohl auch nicht das einzige Erlebnis dieser Art, der Arme kam völlig verstört zurück und verstand die Welt nicht mehr.
Ach du Scheiße! Norddeutschland ist übrigens auch sehr schön 🙂
Ich weiß aber auch nicht, wie man dagegen etwas tun könnte. Die Normalisierung dieser Denkstrukturen ist schon so lange im Gange, dass sie in Alltag für die meisten Leute unsichtbar geworden sind. Nur Außenstehenden fallen sie logischerweise direkt ins Auge.
Ja, Erwin hat sicher auch Recht, dass das die Kluft nur vergrößert.
Und das steckt ja auch an. Ich war vor einigen Jahren hin und wieder im Osten unterwegs, auch mit schönen Erlebnissen, Dresden war toll, sogar mit kleinem woke-Erlebnis^^
Aber – was ich wirklich von nirgends sonst kenne – auch echt etliche Orte und Situationen, bei denen ich erst verstört und dann zunehmend genervt war, weil die Leute einfach so verdammt unfreundlich waren. Durch die Bank weg, in klaren Dienstleistungs-Situationen. Und als Norddeutsche erwarte ich bestimmt keine rheinische Fröhlichkeit.
Ergebnis: ich fahr da auch nicht mehr hin, selbst wenn mein Risiko, zusammengeschlagen zu werden, nicht größer ist. Sind ja ein freies Land.
Und das zeigen ja auch die Demographie-Daten, gerade Jüngere, Frauen und Migranten gehen dann lieber, was die Situation sicherlich eher verschlechtert als verbessert.
Danke!
zu 4) Länder mit geringem Einkommen. kurz
Wir wissen vieles nicht.
Automatische Übersetzung zu Text zu Buch, dass ich als nächstes lese:
Der Legende nach bot Frankreich, „Heimat der Menschenrechte“, seinen ehemaligen Kolonien in Schwarzafrika im Jahr 1960 großzügig die Unabhängigkeit an. Dieses Buch erzählt eine ganz andere Geschichte: die eines brutalen, gewalttätigen, mörderischen Krieges, der es Paris ermöglichte, einen Krieg zu erfinden neues Herrschaftssystem: Françafrique.
Dieser geheime Krieg findet in den 1950er und 1960er Jahren in Kamerun statt.
————–
Ich werde den ca. 229 Seiten Text nicht als Anklage lesen. Wenn der halbwegs brauchbar ist, wird der tragische Entwicklungen aufzeigen. Gut und schlecht auf beiden Seiten. Afrika ganz ausblenden führt auch dazu, dass hier Leute sehr aufnahmebereit für einseitige Propaganda werden.
Es ist natürlich mit ein bisschen Geld nicht getan. Es ist sehr schwierig, das Geld in die richtigen Kanäle zu lenken.
3) Die Hits der Dreißiger, Neunziger und das Hässlichste von heute
Genauso erzählen die Wahlergebnisse der AfD auch nicht die ganze Geschichte.
…
Aber das berührt den Lebensbereich viel mehr.
Ja. Ob es rechter oder islamistischer Terror ist, die gefährlichsten Auswirkungen betreffen langfristig die gesamte Gesellschaft.
4) Being realistic in the polycrisis? Or, does the West/global North know what time it is?
Die Vorstellung, dass „wir“ / „der Westen“ oder sonst wer in derartigem Umfang Hilfe leisten können, ist schlichtweg albern. Selbst wenn wir unseren Lebensstandard drastisch einschränken (und ohne das wird es nicht gehen), wären wir nicht in der Lage, beispielsweise afrikanische Dürregebiete auch nur halbwegs mit Wasser zu versorgen oder allen Erdbebenopfern in abgelegenen Gebieten zeitnah zur Hilfe zu kommen.
Global betrachtet ist das Leben eine Ansammlung ständiger Katastrophen: Dürre, Überschwemmungen, Erdbeben, Hungersnöte, Kriege etc. Wir als hochentwickeltes Industrieland haben es nicht mal im Lahntal geschafft, rechtzeitig Warnungen auszusprechen, vorbereitet zu sein, ober im Nachgang schnell und effizient Hilfe zu leisten. Und was dort an Hilfe geleistet wurde, fand ich schon bewundernswert.
Welcher Umfang? Schau mal auf die Zahlen, die Tooze nennt! Das erfordert praktisch überhaupt keine Einschränkung.
@ Stefan Sasse 6. September 2024, 11:04
Welcher Umfang? Schau mal auf die Zahlen, die Tooze nennt! Das erfordert praktisch überhaupt keine Einschränkung.
Tooze nennt, wenn ich das mit meinen unperfekten Englisch-Kenntnissen richtig verstanden habe, einen Bedarf von 3.000 bis 4.000 Milliarden Dollar, und bezieht diese Summe auf das weltweite Brutto-Sozialprodukt von 105.000 Milliarden Dollar; die erforderlichen Hilfen entsprächen also etwa 3-4% – habe ich das so richtig verstanden?
Ich bin kein Fachmann in diesen Dingen, also möchte ich hier nur ein paar (wie Citizen das so schön nannte) „unfrisierte Gedanken“ absondern.
* Vor allen anderen Gedanken diesen: Geld ist bestenfalls nur ein Teil der Lösung. Man braucht Strukturen, Kontrollen etc., damit Geld wirksam werden kann und nicht einfach nur weg (= in den Taschen anderer) ist.
* 3-4% vom weltweiten Bruttosozialprodukt würde JEDEM Land 3-4% abverlangen – also auch Ländern, die eine deutlich schwächere Wirtschaft haben und selbst auf Hilfen angewiesen sind. Das würde dazu führen, dass viele Länder nicht helfen könnten oder wollten. Wenn in der Sahel-Zone das täglich verfügbare Einkommen für die meisten dort lebenden Menschen unter 2 Dollar am Tag liegt, warum soll denen ein Land helfen, in dem Menschen vielleicht 5 Dollar am Tag zur Verfügung haben, wenn es bei uns 30 Dollar am Tag sind? Der Anteil, den westliche Industrieländer liefern müssten, wären also 10% oder mehr.
* Die Mitgliedsstaaten der EU wären der Meinung, dass man das über Europa regeln müsste, was bedeuten würde, dass Deutschland einen noch höheren Satz zahlen müsste, da wir über 22% der EU-Kosten zu zahlen haben. Und es würde Länder geben, die ihr Veto einlegen, weil sie der Meinung sind, dass man erst einmal sich selbst helfen sollte; Afrika ist weit.
* Unser GDP lag zuletzt knapp über 4.000 Milliarden Euro; bei 3-4% reden wir also von 120-160 Mrd. Euro, bei 10% über 400 Mrd. Euro. Kannst Du Dir vorstellen, dass wir hier derartige Summen aufbringen könnten?
* Dann geh mal davon aus, dass bei diesen Summen wirklich viel in irgendwelchen dubiosen Kanälen verschwindet; Korruption und Bereicherung (nicht nur in Afrika) würden die Hilfen erheblich schmälern.
* Rasch würde sich post-kolonialistsches Gebaren entwickeln: Länder, die sich finanziell engagieren, werden auch etwas davon haben wollen. Die Spender reden dann mit, wie und wofür Gelder eingesetzt werden dürfen, erforderliche Produkte dürften nur bei den Spender-Staaten eingekauft werden etc. – alle Probleme der Entwicklungshilfe in wirklich großem Maßstab. Auch das würde die Wirksamkeit eingesetzter Beträge drastisch schmälern.
* Zu erwarten ist, dass es in vielen Fällen durch den erhöhten Bedarf zu Preissteigerungen (Produkte, Logistik etc.) kommen würde.
* Zu erwarten ist, dass, je mehr Geld in die Gegend fließt, umso mehr Menschen in die Lage versetzt werden, ihre Heimat zu verlassen und nach Europa zu streben; dort herrscht schon jetzt der Standard, den man sich gönnen möchte, und niemand dort wird Jahrzehnte warten wollen, bis sich die Versprechungen – vielleicht – in der Heimat erfüllen.
* Zu erwarten ist, dass weltweit die rechtsextremen Kräfte gestärkt werden würden (America / UK / Germany / France etc. first), wenn man derartige Summen nicht für die eigene Bevölkerung ausgibt.
Tooze ist offenbar Idealist, Du bist auch einer. Ist wie der Traum vom Weltfrieden – schön, aber unrealistisch.
Danke, viel Gedankenfutter.
5) Die säumige Mietpartei
… und die unzureichende Reaktion der Bundesregierung, insbesondere der SPD, auf die steigenden Mieten.
Wem auch immer Du die Regierungsverantwortung (gerne auch mit absoluter Mehrheit) in die Hände gedrückt hättest – das Ergebnis wäre das Gleiche gewesen, bestenfalls mit marginalen Unterschieden. Die Probleme, die Deutschland an dieser Stelle hat, liegen an der Mentalität der Deutschen und Vorschriften aus Europa.
Olaf Scholz hatte bei der Bundestagswahl 2021 versprochen, die Wohnungsnot zu bekämpfen und bezahlbare Mieten zu sichern.
Hat jeder.
Dazu sollten 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut …
Für jeden Fachmann eine absolut uutopische Phantasiezahl, die sich am Bedarf, aber nicht an den Möglichkeiten orientierte.
… und eine Mietrechtsreform durchgeführt werden.
Was will man da reformieren? Die Vermieter sind eh schon heftig gegnatzt. Jedes weitere „Entgegenkommen“ Mietern gegenüber macht die Investition in Wohnraum noch uninteressanter. Das Einzige, was Mietern erleichtern würde, eine Wohnung zu ergattern, sind (viel) mehr Wohnungen.
Drei Jahre später ist jedoch klar, dass diese Ziele verfehlt wurden …
Das war jedem, der sich auskennt, schon 2010 klar. Große Linien in der Politik (etwa Bildungs-, Europa-, Finanz-, Flüchtlings-, Klima-, Sozial-, Verteidigungs- oder Wohnungsbaupolitik) laufen nicht über Tage, Wochen oder Monate, sondern über Jahre, eher noch über Jahrzehnte. Das sollte jedem Journalisten (oder auch Lehrer 🙂 ) klar sein.
Mir ist das klar. Und wie geht das schneller, wenn man nie damit anfängt? Dass das lange dauert – geschenkt. Aber ANFANGEN muss man mal!
Wir haben doch „angefangen“. Mietpreisbremsen, Bauvorschriften, Begrenzung von Bauland. Warum funktioniert das nicht und führt nicht zu sinkenden Mieten?
Ich hab‘ auch keine Ahnung…
@ Stefan Pietsch 6. September 2024, 11:55
Wir haben doch „angefangen“. Mietpreisbremsen, Bauvorschriften, Begrenzung von Bauland. Warum funktioniert das nicht und führt nicht zu sinkenden Mieten?
Böse … 🙂
aber wahr
a) Hätte er mal besser ein paar Millionen Steuern hinterzogen.
Vollkommen durchgeknallte Rechtssprechung. Gerne bergeweise Sozialdienst, aber doch keinen Knast in der Größenordnung einer Gewalttat wie schwere Körperverletzung bei einem Wiederholungstäter oder Vergewaltigung. Vollkommen absurd.
Völlig.
Kann man von einem Straftäter nicht verlangen, dass er um Entschuldigung bittet und verspricht es nicht wieder zu tun? Wir entschuldigen uns im täglichen Leben schon für Albernheiten, minimale Grenzüberschreitungen. Aber wenn wir da jemanden vor uns haben, der zwar intelligent, aber unbelehrbar das tut, was verboten ist, dann sagen wir: lass‘ ihn mal?
Nö. Das kann man absolut erwarten. Es geht um das Strafmaß, nicht darum, dass er bestraft wird. Ich habe keine Sympathie für die Typen.
Genau darum geht es nicht. Er bekommt ja nicht Gefängnis aufgebrummt, weil er sich mal auf die Straße gesetzt hat. Er bekommt das, weil er sich bisher allen Versuchen der Justiz, ihn mit sehr maßvollen Strafen von seinem Tun abzubringen, beharrlich widersetzt und andere Bürger permanent schädigt.
Stell‘ Dir vor, jemand würde drei Nächte hintereinander Schellenklingeln bei Dir machen. Er wird erwischt und bekommt eine kleine Geldstrafe. Die nächsten drei Monate setzt er sein Tun fort. Jetzt bekommt er eine hohe Geldstrafe, die ihn aber nicht hindert, jeden Abend an Deiner Tür zu klingeln. Nach einem Jahr bekommt er eine Bewährungsstrafe, macht aber weiter.
Ich bezweifle, dass Du nach zwei Jahren solchen Terrors noch dafür plädieren würdest, dem Typ eine kleine Geldstrafe aufzubrummen.
Auf Deutsch: Im Strafgesetzbuch stehen die Dinge, die die Bürger keinesfalls (!) tun dürfen. Der Staat ist verpflichtet, alles zu tun, damit kein Bürger dauerhaft die strafbaren Handlungen immer und immer wieder verübt – notfalls, in dem er die Leute wegsperrt.
Ich bin kein Freund von Gefängnisstrafen. In deinem Beispiel gäbe es keinen Grund, warum die Strafen nicht höher werden sollten.
Du verstehst nicht. Kannst Du Dir nicht vorstellen, wie es wäre, wenn Du und Deine Familie über die Dauer von zwei Jahren jede Nacht aus dem Bett geklingelt würden? Es gibt Leute, die würden solche Ruhestörer irgendwann umbringen.
Es geht darum, Straftäter dahin zu bringen, von ihrem Tun unbedingt zu lassen. Mit allen (!) Mitteln, die das Gewaltmonopol des Staates bietet. Sonst nehmen die Menschen nämlich das Recht selbst in die Hand.
Und es ist immer ein schlechter Rat, auf die Ultima Ratio als Androhung zu verzichten. Egal, ob es um die eigene Ehe, Kindererziehung, Arbeitsbeziehungen, Vertragsverhandlungen geht. Oder bei den Aufgaben als Lehrer.
Ich rede, nochmal, auch nicht davon, drauf zu verzichten.
Doch. Du sagst, auch wenn jemand noch so oft das Recht bricht und auf den Nerven (und den Grundrechten) seiner Mitbürger herumtrampelt, darf er nicht eingesperrt werden. Er soll auch wenn er keine Einsicht zeigt, weiterhin die Möglichkeit erhalten, andere so lange zu terrorisieren, bis sie zur Selbstjustiz greifen.
Das ist (unausgesprochen) Deine Position. Meine ist die rechtstaatliche: Man muss einen Straftäter mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln von seinem weiteren strafbewehrten Tun abhalten. Fast immer reicht dafür eine niedrigschwellige Strafe. In Härtefällen aber nicht, dann muss es Gefängnis sein.
Hör ENDLICH DAMIT AUF, mir ständig irgendwelche Positionen zu unterstellen, die ich angeblich „unausgesprochen“ habe.
Dann bewertete verdammt nochmal die Fragen, worum ich Dich immer wieder bitte. Du verstehst die Frage ganz gut: Wenn sich jemand permanent und dauerhaft nicht von seinem strafbaren und deswegen absolut nicht zu tolerierenden Verhalten abbringen lässt, was machst Du dann? Darauf gibt es genau zwei alternative Antworten und meine „Unterstellungen“ sind die Reaktion auf Deine Weigerungen.
A. Ich muss dann ausgerechnet bei dem Serienstraftäter größere Toleranz üben und sein Verhalten dulden, schließlich zahlt er ja seine Strafe (oder auch nicht).
B. In solchen Härtefällen muss ich zur Ultima Ratio greifen und ihm das Wichtigste für einen Bürger nehmen: seine Freiheit. So lange, bis er es kapiert hat oder einfach kapituliert, weil ich mir nicht auf der Nase rumtanzen lasse.
Ich wäre Dir dankbar, wenn Du solche Fragen nicht erst beim zehnten Mal oder gar nicht beantworten würdest. Dann gibt es auch keine Unterstellungen.
Okay, Du ziehst es vor, nicht Position zu beziehen. Nur, dann werde ich Dir weiterhin – möglicherweise – hier eine Position unterstellen, in der Du Dich nicht siehst. Aber fair ist fair.
@ Stefan Pietsch 8. September 2024, 09:34
Okay, Du ziehst es vor, nicht Position zu beziehen. Nur, dann werde ich Dir weiterhin – möglicherweise – hier eine Position unterstellen, in der Du Dich nicht siehst.
Du bist – nicht immer, aber immer wieder – grob, rechthaberisch, teilweise sogar unverschämt, und neigst zu Unterstellungen. Dann wunderst Du Dich, dass man nicht nur auf die „sachliche Reinheit“ Deiner Kommentare reagiert, sondern auch auf Deinen teilweise beleidigenden Ton.
Aber fair ist fair.
Das ist nicht fair. Das ist aggressiv. Wenn Du das anders siehst, siehst Du das falsch.
Und das schreibe ich als jemand, der kleine Nadelstiche und Provokationen in einer Diskussion durchaus zu schätzen weiß. Aber Du bist inzwischen nicht mehr mit dem Florett unterwegs, sondern mit dem beidhändig geführten Langschwert. Das ist für die Art von intellektuellem Geplänkel, dem wir hier alle frönen, in der Regel mindestens eine Nummer zu groß. Ich vermisse die Leichtigkeit Deiner früheren Beiträge und die offenbar verlorengegangene Fähigkeit, Zwischentöne und andere Meinungen nicht nur zu Deinen Bedingungen zu akzeptieren, sehr.
Es grüßt
E.G.
Du beziehst Dich allein auf den letzten Kommentar, unterschlägst aber, wie Stefan rumgeschrien hat und wie er sich windet, bei einer für ihn kniffeligen Frage konkret zu werden. Deswegen habe ich sie ihm ja gestellt.
Ganz einfach: welche Strafe ist sinnvoll, wenn jemand permanent über sehr lange Zeiträume terrorisiert wird? Ist es dann immer noch mit einer kleinen Strafe getan, die den Schädiger offensichtlich nicht von seinem Tun abbringt. Quite and simple. Aber offensichtlich überfordernd, die eigene Position klar zu machen.
Und das macht mich erkennbar wütend, denn wozu diskutieren wir eigentlich, wenn man genau dann kneift, wenn es konkret wird?
Ich muss Erwin da leider Recht geben, die Freude am Diskutieren mit dir ist leider verlorengegangen. Ihm hier nach mehrmaligem Themenwechsel ein *kneifen* zu unterstellen, finde ich auch nicht fair.
Es ist niemand gezwungen, auf deine Beiträge einzugehen, solltest du vielleicht auch bedenken.
Das ist ohne Zweifel richtig. Nur hat Stefan erstens seine Position verbreitet („Klimakriminelle dürfen unter keinen Umständen in Haft genommen werden“) und er hat mich angeschrien ich solle aufhören ihn zu interpretieren.
Dazu gehört aber, dass man sich mit seiner Position erklärt. Und ich bin auch nicht abgewichen. Ich habe in verschiedenen Varianten die immer gleiche Frage gestellt: Bist Du dieser Ansicht auch, wenn jemand trotz Strafen permanent und über sehr lange Zeiträume nicht von seinem Tun ablässt, mit dem er andere Menschen terrorisieren kann (Beispiel Schellenklingeln nachts – einzeln völlig harmlos). An dieser Stelle bekam ich keine Antwort mehr.
Das ist ohne Zweifel richtig. Nur hat Stefan erstens seine Position verbreitet („Klimakriminelle dürfen unter keinen Umständen in Haft genommen werden“) und er hat mich angeschrien ich solle aufhören ihn zu interpretieren.
Das könnte damit zusammenhängen, dass das genau nicht(!) seine Position war, zu keiner Zeit. Stattdessen reagierst du beleidigt und unterstellst ihm kneifen, weil er diese Position (die er – nochmal – gar nicht hat) nicht erklärt.
Es war auch wirklich nur als freundlicher Hinweis gemeint, dass eine Diskussion unter diesen Voraussetzungen wenig Sinn ergibt und schon gar keinen Spaß.
Bist Du dieser Ansicht auch
Es tut mir leid, aber ich verrate dir meine Ansicht nicht. Ich habe kein Vertrauen darauf, dass du das daraus liest, was ich schreibe. Und möchte mich nicht in eine solche Diskussion verwickeln lassen.
Mit dem „Du“ warst nicht Du gemeint. Es ist nicht unsere Diskussion. Aber danke für Dein Vertrauen. 🙁
@ Stefan Pietsch 9. September 2024, 16:50
Du beziehst Dich allein auf den letzten Kommentar, …
Ja.
… unterschlägst aber, wie Stefan rumgeschrien hat …
Ich habe den anderen Stefan noch nie initiativ grob reagieren sehen.
… und wie er sich windet, bei einer für ihn kniffeligen Frage konkret zu werden.
Ja, er windet sich gelegentlich, wenn ihm kein Argument mehr einfällt, Du verschiebst dann lieber den Schwerpunkt der Diskussion – jedem passiert es mal, dass er trotz der festen Überzeugung, Recht zu haben, kein Argument mehr findet.
Das bedeutet in der Regel, dass der Betreffende die Diskussion „verloren“ hat, gelegentlich auch (aber nicht immer), dass er Unrecht hat. Ist (meiner Meinung nach ! 🙂 ) kein Grund für aggressiven Ton.
Es grüßt
E.G.
d) Abschiebungen aus Deutschland: Zahl im ersten Halbjahr gestiegen.
Albern. Eine Steigerung von 1% auf 2% ist eine Steigerung um 100%, aber immer noch irrelevant. Deutschland agiert hier läppisch und hilflos.
Davon abgesehen tun die Hardliner so, als sei jeder, der abgeschoben werden könnte, aber nicht wird, ein Terrorist. Ebenfalls Quatsch. Ob jemand in der Birne so durchgeknallt ist, dass er aus einer laune heraus andere Menschen umbringt, hat nichts mit seinem Status zu tun.
Ich bleibe dabei: Bestes Mittel für Zuwanderungsbegrenzung ist, die nicht hereinlassen, die keinen Anspruch haben. Bestes Mittel gegen Terrorismus ist, Aufklärung und Exekutive deutlich zu stärken. Sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe – mit der einzigen Gemeinsamkeit, dass Deutschland in beidem versagt.
e) Korrekt zu Merz.
Friedrich Merz fordert in der Asyldebatte Dinge, die nicht umsetzbar sind. Kurzfristig kann ihm das helfen – langfristig wird es sich rächen.
Zustimmung.
f) Der Mann kann das einfach.
Ja. Habe schon vor geraumer Zeit geschrieben, dass Robert Habeck als Bundespräsident deutlich besser geeignet wäre denn als Wirtschaftsminister.
Ja, aber das wird leider nicht passieren.
t) Der Rhetorikunterschied ist schon krass.
Ja. Ich bin ein großer Fan von Ronald Reagan; weniger wegen seiner Politik, eher wegen seiner unglaublichen rhethorischen Fähigkeiten und seines ausgeprägten Humors. nicht zu Unrecht war sein Kampfname „The Great Communicator“.
Da bin ich völlig bei dir, das konnte er.
Glaub es gibt ein ganzes Büchlein mit großartigen Anekdoten über seine Gags und so, großartig!
l) Berlins Bürgermeister Kai Wegner über Schuldenbremse: »Wir dürfen uns nicht kaputtsparen«.
Wenn man regiert sieht man das halt immer anders als in der Opposition …
Nun ja, zwischem dem, der Geld braucht und dem, der es geben soll, liegen immer Unterschiede. Berlin ist ein gutes Stück weit dysfunktional, was nicht an Wegner liegt; der hat den Misthaufen nur geerbt.
Und wenn Du Dir anschaust, wie viel Geld Berlin seit Jahrzehnten aus dem Länderfinanzausgleich zieht und wofür es zu großen Teilen verschwendet wird, während gleichzeitig die Stadt, die Schulen, die Behörden dort vergammeln, entwickelst Du vielleicht auch Verständnis für diejenigen, die diesen Schwachsinn nicht mitfinanzieren wollen. Sein Gehalt versaufen und anschließend an der Ttafel Essen fordern ist halt nichts, was Spender begeistert.
Berlin ist ein Fass ohne Boden. Und klar hat Wegener das nur geerbt, aber das gilt im Endeffekt für alle seit der Wiedervereinigung.
s) No shit, Sherlock.
Ja, da sind sie wieder, die Realitäten des Lebens.
Preisfrage: Was wird die Reaktion der Liberalen auf diese Herausforderung sein? „Steuern runter, mehr Netto vom Brutto“. Könnte den Betroffenen helfen.
Was wird die linke Antwort sein? (Mindest)lohn hoch (u.a. mit Nebenfolgen wie höhere Zahl von Scheinselbstständigkeiten, deutlich höhere Kosten und Abgaben für Unternehmen mit Folgen wie Preiserhöhungen, Entlassungen, Auswandern etc.).
Für unseren ausgabefreudigen Staat ahne ich, welche Richtung das laufen wird.
Ich bleibe dabei, dass „mehr netto vom brutto“ ein Thema für die Mittelschicht ist, nicht für die Unterschicht.
Deutschland hat einen der höchsten Mindestlöhne der EU, nur Luxemburg und die Niederlande sind ein Stück voraus.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37401/umfrage/gesetzliche-mindestloehne-in-der-eu/
Gleichzeitig befinden sich die Verbraucherpreise auf einem mittleren Niveau, was jeder sieht, der ein bisschen rumkommt. Auch die Mieten sind hierzulande moderat. Warum also sollen niedrige Löhne im unteren Segment ursächlich für Verarmung sein?!
Mindestlöhne sind nicht armutssicher.
Doch, das sind sie. Natürlich kann jeder da politisch eine andere Meinung haben. Du hast Deine, weil Du auf das Netto schaust. Relevant ist aber das Brutto, die Verantwortung für die Abüge liegt allein beim Staat. Wenn daraus eine statistische Armut der Lohnempfänger resultiert, ist der Staat verantwortlich und nicht der Arbeitgeber.
Leider hast Du meine Argumentation ignoriert.
„die Verantwortung für die Ab(z)üge liegt allein beim Staat“
Auch Geringverdiener brauchen eine Krankenversicherung und wollen eine Rente. Vielleicht sollte man das nicht mehr per „Abzüge“ machen, damit das klar wird.
Yes. Dieses Durcheinanderwerfen von Sozialversicherung und Steuern nervt so endlos.
Der Staat überlässt Auswahl und Leistung nicht dem Bürger, daher hat er die Verantwortung. Tatsächlich bietet der Staat bekanntlich eine Sozialversicherung, in die kein Versicherter gemäß seiner tatsächlich verursachten Kosten, sondern gemäß seines Einkommens einzahlt.
Das gleiche Argument gilt für die Rentenversicherung. Ein Mindestlohnempfänger hat nur Anspruch auf die Mindestrente und die orientiert sich am Sozialhilfeniveau. Das ist in der gesamten OECD so.
Es geht allein um die Frage, ob der Mindestlohn so hoch ist, dass er ein Auskommen oberhalb des Existenzminimums gewährleistet. In Deutschland liegt er sogar weit darüber. Wer Vollzeit bei einer 40-Stunden-Woche arbeitet, bezieht einen Bruttoverdienst von 2.000 Euro selbst für die einfachsten Tätigkeiten. Der Bürgergeldsatz liegt mehr als die Hälfte darunter (inklusive Miete).
Und es bleibt mein Argument: Deutschland hat einen der höchsten Mindestlöhne und ein moderates Preisniveau. Eigentlich sichert eine solche Konstellation ein gutes Auskommen. Wenn das nicht so ist, braucht man nicht weit zu gehen, um die Ursache zu finden. Es sind die Abzüge vom Brutto, die nirgends so hoch sind wie in Deutschland.
Von mir aus, machen wir es konkret. Ein*e Mindestlohnempfänger*in zahlt 103,83€ Steuern. Nehmen wir an, du senkst die radikal, um 20%. Dann hat die Person immerhin stark 20€ mehr im Monat. Und das ist eine völlig unrealistische Steuersenkung. Die Person zahlt außerdem 184,61€ Sozialabgaben. Die abzuschaffen und durch private Ersatzleistungen zu ersetzen würde NIEMALS auf dem Niveau vergleichbare Leistungen ergeben. Und wenn wir deinen Vorschlägen folgen, kriegen die ja nicht nur die Abgabensenkung, sondern auch viel weniger Mindestlohn!
Auch hier: Du verstehst nicht, obwohl ich es überdeutlich geschrieben habe. Ein Mindestlohnempfänger erhält ein Entgelt, das über das Doppelte des Bürgergeldes beträgt. Willst Du sagen, dass ein Bürgergeldempfänger 2.500 Euro bezahlt bekommen soll?
Willst Du sagen, überall auf der Welt ist der Mindestlohn so niedrig, dass er die Beschäftigten in Armut hält? Warum folgt Dir dann nur keiner?
Wo kommt denn das Bürgergeld plötzlich her? Wir hatten es von Brutto und Netto!
Das Bürgergeld definiert das sozio-ökonomische Existenzminimum. Du behauptest, der Mindestlohn würde nicht einmal dieses sichern, weshalb er Deiner Ansicht nach erhöht werden müsse.
Es sei denn, es geht um Deine persönliche Einschätzung von Armut. Dann hätten wir aber keine Diskussionsgrundlage.
Der Arbeitgeber zahlt einen Bruttolohn. Alles andere liegt nicht in seiner Macht. Das wusste übrigens schon Marx (der mit den sozialistischen Ideen).
Du wirfst wild Sachen durcheinander. Das Bürgergeld sichert das MINIMUM, es schützt nicht vor Armut. Kann es ja auch gar nicht, soll es auch gar nicht!
Es gibt in Deutschland keine absolute Armut. Sie ist ein statistisches Problem und eins der Definition (also Meinung). Nach der geltenden Definition wird es immer Arme Menschen geben, selbst im Extrem, dass alle mindestens Millionäre wären.
Mindestlöhne definieren immer die unterste Grenze der Lohnskala. Damit ist bestimmt, dass sie immer ein statistisches Armutskriterium trifft, egal wi Hoch der Mindestlohn ist. Oder Du definierst es absolut, was sich jemand leisten könnte. Dann hat der Mindestlohn aber nichts mit Armut zu tun.
Also, was meinst Du?
Dass Menschen, die den Mindestlohn verdienen, nicht aus der Armut herauskommen können. Dass ihre Steuer- und Abgabenbelastung sehr niedrig ist, weswegen diese Stellschrauben fast nichts tun. Seriously, wenn du die AUF NULL reduzierst, haben die 280€ mehr im Monat! Unsere Diskussion drehte sich um meine Aussage, dass armen Menschen nicht geholfen ist, wenn man die Steuern und Abgaben um ein, zwei Prozentpunkte reduziert. Du hast mittlerweile alles mögliche diskutiert und fängst jetzt eine Grundsatzdiskussion um die Definition von Armut an. Aber mein Punkt steht weiterhin. Es ist nicht meine Schuld, dass du selbst vor lauter Ausflüchten nicht mehr weißt, was der Punkt war.
Nochmal: Es gibt keine Armut in Deutschland. Es gibt eine relative. Da Du aber keine Definition anbieten möchtest, gilt der erste Satz.
Wenn Dein Ziel ist, dass Mindestlöhner zu den oberen 60 Prozent der Einkommenspyramide gehören sollten – you will fail. Wenn sie sich bei den unteren 20 Prozent einsortieren müssen – dann sind sie statistisch arm. Entscheide Dich, auch wenn es Dir – siehe oben – schwer fällt.
Frankreich hat es in den Neunziger und Nullerjahren versucht, mit sehr hohen Mindestlöhnen die Leute aus dem unteren Segment nach oben zu bringen. Ergebnis: Zeitweise verdienten 40 Prozent der Franzosen Mindestlohn. Nebeneffekt: Der Aufstieg des Front National begann.
In Ostdeutschland verdienen rund 30 Prozent der Beschäftigten nur auf Basis der Untergrenze. Im Westen ist es ein niedriger einstelliger Wert. Nebeneffekt: In Thüringen und Sachsen wählte die Hälfte eine extremistische Partei, während die Parteien für Individualisten kaum noch messbar sind.
Kann man machen. Macht man vor allem, wenn man völlig undifferenziert ist und nicht weiß, was man will.
Du missverstehst immer noch mein Argument: mit dem Mindestlohn wirst du NIE aus der Armut rauskommen (dass die relativ und nicht absolut ist ist ebenso korrekt wie irrelevant). Deswegen sind auch die Spielereien an den Abgabe- und Steuersätzen für dieses Segment relativ egal. Du wirst nur mit höheren Löhnen – und eben NICHT dem Mindestlohn – da raus kommen. Aber die gibt’s halt nur für bestimmte Branchen und Qualifikationen.
Noch vergessen: Wieso halten Linke Forderungen nach 15 Prozent Erhöhung für angemessen, wenn Du sagst, das bringe nichts? Glaubst Du wirklich, jemand mit schmalem Portemonnaie könne auf knapp 300 Euro verzichten?
Nochmal: Deutschland hat einen der höchsten Mindestlöhne überhaupt. Wo willst Du also hin? Und vielleicht sollte Dich eine ökonomische Tatsache mal triggern: Wer (deutlich) unterdurchschnittlich verdient, wird immer Kandidat für soziale Unterstützung sein.
Und vielleicht sollte Dich eine ökonomische Tatsache mal triggern: Wer (deutlich) unterdurchschnittlich verdient, wird immer Kandidat für soziale Unterstützung sein.
Exakt.
Und was fangen wir jetzt mit den „Exakt“ an?
Zur Erinnerung: Deine Forderung war, den Mindestlohn weiter zu erhöhen. Aus der Diskussion habe ich mitgenommen, dass Deine Forderung nicht darauf abzielt, Armut (die nicht definiert wurde) zu verhindern. Wozu dann?
Muss ich aus dem „Exakt“ schlussfolgern, dass Deiner Ansicht nach der Mindestlohn so anzuheben ist, dass die Geringverdiener überdurchschnittlich verdienen, um so Sozialtransfers zu vermeiden? Sicher auch nicht, erstens wäre das völlig unlogisch und zweitens hast Du schon mal gesagt, dass Du das für Quark hältst.
Also was ist überhaupt Dein politisches Ziel?
Der Mindestlohn muss so hoch sein, dass er ein halbwegs vernünftiges Leben erlaubt. Ich halte das aktuell für einigermaßen gegeben. Er soll Lohndumping verhindern. Das klappt sehr gut.
Wenn eine 15prozentige Erhöhung des Nettoentgelts Mindestlohnempfänger nicht aus der „Armut“ herausführt, um wie viel müsste denn die Lohnuntergrenze Deiner Ansicht nach angehoben werden?
Ich habe Dir aufgezeigt, was die Folge einer deutlichen Mindestlohnerhöhung ist. In Deutschland ist es zunehmend so, dass sich nur Besserverdienende einfache Tätigkeiten regelmäßig leisten können: einen Restaurantbesuch z.B. oder eine Putzhilfe. Während hunderttausende einfache Jobs nicht besetzt werden können, steigt die Zahl der Erwerbsfähigen im Bürgergeldbezug. Und in Hotels müssen Gäste immer häufiger auf die tägliche Reinigung ihres Zimmers verzichten, weil schlicht das Personal an Zimmermädchen fehlt, die zum Mindestlohn aufräumen.
Als wir die Folgen der Mindestlohneinführung debattierten, zeigte ich auf, dass die Arbeitszeit von Geringverdienern gesunken sei, die unteren Einkommen also ihre Haushaltseinkommen trotz Erhöhung ihres Stundenverdienstes nicht verbessern konnten. Deine Replik (flapsig formuliert): Wenigstens brauchen sie weniger zu arbeiten.
2022 führte die politisch erzwungene Erhöhung des Mindestlohns kurzzeitig zu einer Stauchung der abhängigen Beschäftigungsentgelte. Inzwischen ist wieder eine Entzerrung eingetreten. Zum einen setzten die Gewerkschaften historisch hohe Tarifforderungen durch, zum anderen langte man in meiner Etage ebenfalls kräftig zu. In meiner Karriere wurde meine Gehaltsentwicklung in zwei Phasen kräftig geboostert. In den ersten zehn Jahren erhöhte sich mein Verdienst um den Faktor 2,5. Seit 2022 wurde noch einmal eine ordentliche Schippe draufgelegt, obwohl ich mich der 60 nähere.
Mir tut das alles nicht weh. Wenn sich der Restaurantbesuch um 10 € verteuert, who cares? Im Urlaub zahle ich einen Zimmerpreis jenseits von 400€, da ist auch alles drin. Das, Stefan, ist nicht das Problem. Das Problem haben inzwischen die Leute, bei denen bisher zwei Urlaube mittlerer Preisklasse drin waren. Und die können sich das trotz gewaltiger Lohnerhöhungen nicht mehr leisten, weil die Preise noch schneller laufen.
Du selbst hast die Tage über die Reallohnentwicklung geklagt, aber Du siehst keinen Zusammenhang mit den Steigerungen bei Mindestlohn und Bürgergeld. Da könnte das Problem liegen.
@Stefan
Und worüber diskutieren wir dann seit Tagen?
International gilt als Orientierungsgröße 60 Prozent des Medianeinkommens. Da liegen wir weit darüber.
@ Stefan Sasse 6. September 2024, 11:47
Ich bleibe dabei, dass „mehr netto vom brutto“ ein Thema für die Mittelschicht ist, nicht für die Unterschicht.
Grundsätzlich einverstanden. Auch grundsätzlich damit einverstanden, dass es auch der „Unterschicht“ kaum jemand aus eigener Kraft hinausschafft (soll hießen, wenn er erst mal drinsteckt).
Die Lösung des Staats dafür ist, die Situation nicht anzurühren und im Zweifel bzw bei Bedarf Unterstützung zu zahlen. Das schreibt die Situation fest. Aus dieser Warte ist der Staat verantwortlich.
Ein Abhilfe könnte sein, schon von klein auf Bildungschancen zu geben, so dass man erst gar nicht „da unten“ anfangen muss. Das will der Staat offenbar nicht, da er trotz entsprechender Erkenntnisse nicht reagiert. Auch aus dieser Warte ist der Staat verantwortlich.
Ansonsten: Nimm allen Menschen alles weg, was sie haben und gib jedem anschließend eine Million Euro. Das wird keinen Monat dauern, dann sind die ersten Pleite, und andere stinkreich. Menschen sind nicht gleich, haben nicht die gleiche Intelligenz, die gleiche Schläue, die gleiche Willensstärke, die gleiche Kreativität, die gleiche Empathie, die gleiche Ausdauer, die gleiche Fähigkeit, Chancen zu erkennen und auszunutzen etc. Da kann man sich auch mal mit abfinden.
Es grüßt
E.G.
Wer bestreitet das?
Die praktizierte Politik in Deutschland?
@ Thorsten Haupts 8. September 2024, 17:39
Die praktizierte Politik in Deutschland?
Sooo wahr!
So wenig Worte für so viel Aussage – bin neidisch 🙂
Kein Widerspruch.
Zu s)
Wo finde ich die sinkenden Reallöhne? Hier jedenfalls nicht:
https://de.statista.com/infografik/26875/veraenderung-von-loehnen-und-verbraucherpreisen-in-deutschland/