Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) „Wir müssen die Kosten für eine Invasion hochtreiben“ (Interview mit Lee Hsi-Min)
Admiral Lee Hsi-min, ehemaliger Chef des Generalstabes von Taiwan, spricht in einem Interview mit Jörg Lau von ZEIT ONLINE über die Notwendigkeit asymmetrischer Kriegsführung für Taiwans Verteidigung gegen China. Er betont, dass Taiwan aus dem Ukraine-Krieg lernen muss, insbesondere die Bedeutung des Kampfgeistes und asymmetrischer Fähigkeiten gegen einen zahlenmäßig überlegenen Gegner. Lee kritisiert die aktuelle Fokussierung Taiwans auf konventionelle Waffen wie Kampfjets und fordert eine stärkere Konzentration auf mobile Raketensysteme, Minen, Drohnen und Raketen. Diese asymmetrischen Systeme seien kostengünstiger und schwerer für einen Angreifer zu zerstören. Lee erwähnt, dass es etwa drei bis vier Jahre dauern würde, um bestehende Systeme in ausreichender Menge zu beschaffen, und bis zu acht Jahre, eigene Systeme zu entwickeln. Er drängt auf einen schnellen Beginn dieser Umstellung. Zur chinesischen Taktik der Grauzonen-Aggression zählt Lee die täglichen Luftraumverletzungen und die maritime Präsenz, die Taiwans konventionelle Fähigkeiten ermüden sollen. Eine komplette Abschreckung sei unrealistisch, stattdessen müsse Taiwan die Kontrolle der Gegenseite verweigern. Eine Seeblockade durch China würde auch dessen eigene Versorgung und Export gefährden, so Lee. Der Mythos des „silicon shield“, Taiwans vermeintlicher Unangreifbarkeit durch seine Halbleiterproduktion, wird von ihm widerlegt. Zudem kritisiert er den ineffektiven Wehrdienst und schlägt eine Reform der Soldatenausbildung sowie eine Territorialverteidigung nach ukrainischem Vorbild vor. Lee, der aus einer armen Familie stammt, sieht die Notwendigkeit, dass Taiwans Militär umdenken muss, um gegen die wachsende militärische Macht Chinas bestehen zu können. (Jörg Lau, ZEIT)
Ich empfehle das Interview zur ausführlichen Lektüre; die Schlussfolgerungen Lees erscheinen mir als sehr fundiert und zukunftsgerichtet. Der Kauf von unglaublich teurem Kriegsgerät aus den USA hat zwar Tradition in vielen Ländern, aber tatsächlich spricht wenig dafür, dass es sonderlich sinnvoll ist, jedenfalls im Falle Taiwans. Wie viel Gewinn Israel aus seinen Kampfjets zieht sei mal dahingestellt. Für Saudi-Arabien steht die Probe aufs Exempel aus (und das bleibt hoffentlich auch so). Ich halte auch noch eine weitere Parallele zur Ukraine für relevant: wenn China Taiwan angreift und dann nicht Erfolg darin hat, die Insel zu erobern, wird Taiwan mit Sicherheit anerkannt und in internationale Systeme eingebunden. Das ist ja auch ein Folgeeffekt von Putins Invasion (sofern er nicht doch noch gewinnt), und ja eigentlich genau das, was man verhindern will.
2) Die Pegidahaftigkeit des Vereins Deutsche Sprache
Walter Krämer, Statistik-Professor an der Technischen Universität Dortmund und Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache (VDS), ist bekannt für seine scharfe Kritik an den Medien, die er in den „Sprachnachrichten“, dem Vereinsblatt des VDS, äußert. Er beschuldigt die Medien, einer „linksgestrickten Lügenpresse“ anzugehören und einer „obrigkeitsstaatlichen Einheits-Sichtweise“ zu folgen, was ihn dazu bewogen hat, keine Zeitungen mehr zu lesen. Trotz seiner Verachtung für die Medien wird Krämer oft als Experte in Medienberichten herangezogen, um über „Statistiklügen“ und die deutsche Sprache zu sprechen. Der VDS, dessen Mitglieder sich gegen die Übernahme fremder Wörter in die deutsche Sprache und den Einfluss des Englischen wehren, wird mit einer Art „Sprach-Pegida“ verglichen. Der Verein setzt sich auch gegen kulturelle Einflüsse wie Halloween ein und betrachtet Lieder in deutscher Sprache als überlegen gegenüber amerikanischen „Tonkonserven“. In den „Sprachnachrichten“ finden sich zudem kritische Äußerungen zu Themen wie Gender und Migration. Es wird behauptet, dass die deutsche Sprache ins Grundgesetz aufgenommen werden sollte, um die deutsche Kultur zu schützen. Eine Gruppe von Germanisten kritisiert den VDS für seinen „intoleranten, unaufgeklärten Sprachpurismus“ und nationalistische Tendenzen. Der Verein, der prominente Mitglieder und sogar ganze Städte zu seinen Anhängern zählt, wird von den Medien oft unkritisch dargestellt, was Kritiker als bedenklich ansehen. Sie befürchten eine Radikalisierung des Vereins, ähnlich wie bei der AfD. Krämer selbst sieht die Kritik als Teil einer „Verleumdungskampagne“. (Stefan Niggemeier, Übermedien)
Der Artikel ist von 2016, aber angesichts der jüngsten Vorwürfe gegen die stellvertretende Vorsitze des Vereins wegen ihrer rechtsextremen Äußerungen geradezu prophetisch. Der Verein bedient glaube ich Stammtisch-Instinkte, die allerseits zu Kopfnicken führen, was seine anhaltende Popularitä und Zitierfähigkeit erklärt. Das lässt sich ja auch durch die Geschichte verfolgen. Klagen über Sprachverfall sind so alt wie die Sprache selbst; wahrscheinlich haben sie schon in der Altsteinzeit am Feuer darüber geklagt, wie die Jugend neuerdings Höhlen nennt. Zwar hat sich das alles deutlich beschleunigt und wurde globalisiert (was alle Arten von Anti-Globalisierungs-Ressentiments abruft, was die Anschlussfähigkeit weiter erhöht; Anti-Amerikanismus läuft in Deutschland immer), aber das Grundmuster bleibt erhalten. Man sollte den Laden endlich einfach ignorieren. Ich hoffe mal, mehr Leute folgen Sloterdijks Beispiel und treten endlich aus.
3) Wie die FDP einst Landwirte umwarb – und nun schlingert
Im November 2019 kam es in Berlin zu massiven Bauernprotesten gegen strengere Düngeregeln, die zu erheblichen Verkehrsstörungen führten. Zu dieser Zeit trat Christian Lindner, damals Oppositionspolitiker und FDP-Chef, als Redner auf und erhielt viel Zuspruch von den Landwirten. Vier Jahre später, im Januar 2024, hat sich die Situation geändert: Die FDP ist Teil der Regierung und muss Kompromisse eingehen, unter anderem bei der Subventionskürzung für Agrardiesel, was zu Unmut unter den Landwirten führt. Anfang Januar 2024 fanden weitere Bauernproteste statt, unter anderem in Stuttgart und Saarbrücken. FDP-Politiker wie Michael Theurer und Oliver Luksic verteidigten den Kompromiss zur Subventionskürzung, während die Proteste weitergingen und auch Rechtsextreme sich unter die Demonstranten mischten. Christian Lindner, nun Bundesfinanzminister, äußerte sich klar gegen Gewalt und Nötigung im Rahmen der Proteste und betonte die Notwendigkeit, von alten Subventionen abzurücken, um neue zu ermöglichen. Die FDP, einst eng mit den Landwirten verbunden, sieht sich nun mit der Herausforderung konfrontiert, zwischen ihrer politischen Linie und den Interessen der Landwirte zu vermitteln. Die Agrarpolitik, einst ein Kernthema der FDP, ist inzwischen eher ein Randthema geworden. Die Partei setzt sich für digitale Innovationen und einheitliche EU-Wettbewerbsstandards ein und befürwortet den Abbau von EU-Agrarsubventionen. FDP-Politikerin Carina Konrad, selbst Landwirtin, betont die Bedeutung einer unabhängigen Landwirtschaft und wehrt sich gegen die pauschale Einordnung der Bauernproteste in die rechte Ecke. (Severin Weiland, Spiegel)
In der Opposition werden andere Dinge gefordert und auf Konsistenz verzichtet? Potzblitz. Color me surprised. Das ist eben auch das Problem, wenn man immer nur Stil-Berichterstattung und Horserace-Journalism betreibt und sich nie mit den Positionen von Parteien beschäftigt. Dann wird man davon überrascht, dass die in der Regierung machen, was sie vorher sagten. Die FDP trat in den letzten Jahrzehnten konsistent mit einer Anti-Subventions-Message auf. Wie kann jemand glauben, in ihr den Freund der Subventionsverteidigung zu finden? Wer davon überrascht ist, den überrascht auch, dass Habeck Gasheizungen verbieten will. Was, die Grünen machen was gegen Fossile, und sie nutzen dazu ein Verbot? Potzblitz. Wer sich nicht ernsthaft mit Politik beschäftigt, wird immer unangenehm überrascht werden. Nächstens wundern sich Leute, dass die CDU auf die Schuldenbremse scheißt, sobald sie an der Regierung ist.
4) America needs straight talk on trade
Der Artikel aus der Financial Times befasst sich mit der Handelspolitik von Joe Biden und dem Gleichgewicht zwischen amerikanischen Arbeitern und Verbündeten. Insbesondere geht es um Nippon Steels Übernahmeangebot für US Steel und die damit verbundenen nationalen Sicherheits- und Zuverlässigkeitsbedenken. Obwohl Japan ein Verbündeter ist, wirft die Präsenz von Nippon Steel in China Fragen auf. Weiterhin stehen die „keiretsu“-Beziehungen Japans und die langfristigen Ziele der USA zur Steigerung der inländischen Stahlproduktion im Fokus. Die Biden-Administration ist nach Abschnitt 232 des Trade Expansion Act bestrebt, die heimische Stahlproduktion zu erhöhen, doch gibt es Bedenken, ob ein multinationales Unternehmen dies gewährleisten kann. Bei globalen Versorgungsstörungen bleibt zudem unklar, wer Vorzug bei der Stahlproduktion von Nippon in den USA erhält. Der Artikel stellt auch die Frage nach der Klarheit der Handelspolitik Bidens und deren Unterschiede zu einer möglichen Politik unter Trump. Es wird argumentiert, dass die Biden-Administration ihre Handelsstrategien, insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit Verbündeten und den globalen Süden, deutlicher darlegen muss. Die Autorin Rana Foroohar betont, dass unterschiedliche Sichtweisen innerhalb der US-Regierung zu einer unklaren Handelspolitik beitragen. Einige befürworten neue Handelsabkommen mit Verbündeten als Gegengewicht zu Chinas Wirtschaftsmacht, während andere, wie die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai, ein „postkoloniales“ Handelsparadigma befürworten, das Arbeit und Umwelt in den Vordergrund stellt. Der Artikel schließt mit der Meinung, dass die Biden-Administration ihre Politik klarer darlegen und deren Vorteile gegenüber anderen Ansätzen, einschließlich der „America First“-Politik von Trump, aufzeigen muss. (Rana Foroohar, Financial Times)
Ich finde es absolut faszinierend, wie die Trump’sche Wende in der US-Außen- und Wirtschaftspolitik unter Biden nahtlos, nur wesentlich kompetenter, fortgesetzt wurde. Das ist glaube ich noch einer unterbeleuchteten Faktoren von Trumps Übernahme der GOP einerseits und Clintons Niederlage 2016 andererseits: die Freihandelsfreunde wurden plötzlich politisch heimatlos. Ich muss ehrlich sagen, ich kann mir nicht vorstellen, dass das Freihandelssystem, wie wir es kennen, ohne die USA fortbestehen kann. Wenn die sich daraus verabschieden, dann ist Ende Gelände, und wir kehren zurück zu Handelsbarrieren, Protektionismus etc. – zwar vermutlich in Großräumen, so dass es nicht so schlimm wird wie in den 1930ern, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das ohne Wohlstandsverluste abgehen würde.
5) America after neoliberalism
Dieser Artikel analysiert die Ära Biden im Vergleich zu den vorherigen Präsidentschaften und argumentiert, dass trotz signifikanter legislativer Errungenschaften und politischer Veränderungen unter Biden, keine neue politische Ordnung oder Wählerausrichtung konsolidiert wurde. Die zentralen Themen sind das Ende der neoliberalen Hegemonie und das Ende des „Endes der Geschichte“, die beide durch den Aufstieg von Donald Trumps Rechtspopulismus gekennzeichnet waren und nun in der etablierten, zentristisch-linken Politik der Biden-Regierung institutionalisiert werden. Der Artikel stellt fest, dass Bidens legislative Errungenschaften, wie der CHIPS and Science Act und der Inflation Reduction Act, wichtige Schritte darstellen, aber die amerikanische kulturelle und politische Polarisierung hat neue Dimensionen angenommen. Die Schwierigkeit, einen neuen Konsens zu bilden, wird durch den Begriff „Post-Neoliberalismus“ verdeutlicht, der die Unklarheit über die zukünftige Richtung der US-Politik zeigt. Es wird argumentiert, dass Neoliberalismus spezifische Formen der Vermögensgenerierung begünstigt hat, was zu einer „aufgespaltenen“ Wirtschaft führte, in der geistiges Eigentum und Finanzrenten die Haupttreiber für Unternehmensgewinne wurden. Diese Veränderungen unterminieren zunehmend die wirtschaftlichen, politischen und sicherheitspolitischen Bedingungen, auf denen sie beruhen. Des Weiteren werden die Herausforderungen in der Außenpolitik erörtert, insbesondere im Umgang mit China und Russland. Die Biden-Regierung versucht, eine Kompromissposition einzunehmen, steht aber vor dem Problem, dass wirtschaftliche und außenpolitische Strategien zunehmend miteinander verflochten sind. Der Artikel schließt mit der Feststellung, dass die Post-Neoliberalismus-Ära trotz zweier sehr unterschiedlicher Präsidentschaften immer noch auf der Suche nach einer eigenen Bewegung und Selbstdefinition ist. Die Notwendigkeit einer gemeinsamen konstruktiven Vision für eine weitere Entwicklung wird betont. (Julius Krein, The New Statesman)
Um den Gedanken aus Fundstück 4) fortzuführen, hier dieser sehr lange Essay von Julius Krein in einer deutlich verkürzten Übersicht; er lohnt unbedingt die Lektüre, auch wenn das Reizwort „Neoliberalismus“ verwendet wird. Bei Krein ist es kein politischer Kampfbegriff, sondern ein politisches Analysewerkzeug. – Ich bin nicht hundert Prozenz sicher, inwieweit die Verflechtung von Außen- und Wirtschaftspolitik etwas grundlegend Neues ist. Vielleicht ist es eher so, dass das bislang weniger auffiel. Solange wir ein konsensuales Weltwirtschaftssystem haben – und das hatten wir bis vor Kurzem ja effektiv – befand sich beides in symbiotischem Einklang, die Prämissen wurden nie hinterfragt. Jetzt aber setzt ein asynchroner Wandlungsprozess ein, da tun sich plötzlich Spaltlinien auf, die dann entsprechend als Bruch wahrgenommen werden.
Resterampe
a) Radikale Republican-Rhetorik.
b) Ich verteidige auch ungern Musk, aber bei allem Bullshit, der Mann hat das Herz bei Nachhaltigkeit und Klima am rechten Fleck. Tausendmal lieber er als Charles Koch.
c) Nikolaus Blome auch stabil demokratisch. So was gibt mir immer Hoffnung.
d) Ich habe gelacht.
e) Thread zu den US-Staatsausgaben (Twitter).
f) Don’t Fire People for Making Pornography in Their Free Time. Aus der Reihe „Rate das Land anhand der Schlagzeile“.
g) Ein Drittel der Seiteneinsteiger hat den Schuldienst schon wieder quittiert. Kein Zweifel. In einen super anspruchsvollen Job geschmissen zu werden, der normalerweise ne Riesenausbildung braucht, und dann verschlissen zu werden, kaum vorstellbar, dass viele da wieder aufhören…
h) Yeah, I remember Libya. Sehe ich auch so.
i) Ex-Verfassungsgerichtspräsident Papier rät von AfD-Verbotsantrag ab. Mir scheint das auch wenig Erfolg versprechend.
j) Hendrik Wüst (CDU) fordert eine »Allianz der Mitte« in der Migrationspolitik. Ich halte das für ziemlich clever. Diese „Allianz“ sprengte die Ampel und ist gutes Positioning für 2025 – und gleichzeitig gegen Merz. Siehe auch hier.
k) The SFF All-Time Sales List (2024 Edition). Wen so was interessiert.
l) Thread auf Bluesky zur Arbeitskultur.
m) Es gibt auch ein rechtes Gegenstück zu Kruses „Myth America“, aber das les ich endgültig nicht mehr.
n) Bedenkenswerter Twitter-Thread zur AfD.
o) SPD-Politiker wollen Bauern weiter entgegenkommen. Das ist nur noch lächerlich.
p) AfD-Chef Tino Chrupalla kann sich angeblich »an nichts erinnern«. Rofl, klar. Aber fair ist fair. Scholz erinnert sich ja auch an nichts.
q) Gure Analyse der Situation mit den Houthis.
r) Großbritannien macht auch auf Zeitenwende.
s) Wie die Schule bei KI reflexartig wiederholt, was schon bei Wikipedia ein Problem war. Oh Gott ja, das Wikipedia-Beispiel benutze ich auch dauernd.
t) AfD: Zweifel in Ampelparteien an Verbotsverfahren. Ich glaube auch nicht, dass das irgendwelche Chancen hat.
u) Here’s what Republicans think of the economy. Völlig irre. Vor allem im Hinblick darauf: 2023 was an all-time great year for the economy.
s) Wikipedia – im Gegensatz zu KI – halluziniert nicht. Was ich als gelegentlicher Nutzer schon an frei erfundenen „Tatsachen“ da gesehen hab, ist verstörend. Zuletzt ein Urteil eines Verwaltungsgerichtes (mit Datum, Aktenzeichen und Urteilsbegründung), das es schlicht nicht gibt (ich hab bei dem betreffenden Gericht nachgefragt).
Wenn man in Unternehmen und in der Politik relevante Entscheidungen darauf aufbaut, wird es richtig gefährlich. In der Schule ist es eminent wichtig, den Schülern (und den Lehrern!) diese Gefahren sehr bewusst zu machen.
Ja, aber: das verbessert sich in Riesensprüngen. Die kriegen das immer mehr aus dem System raus. Meine Prognose ist, dass diese Quellenerfinderei in einem halben Jahr, Jahr der Vergangenheit angehört.
Denke auch. Vor allem werden alle KI-Verbesserungen viel schneller kommen, als wir alle glauben. Hoffen wir, dass es irgendwie auch gelingt, den starken US- und China-Bias der Modelle zu entschärfen, Europa ist ja vollkommen abgehängt und hat durch geeignete Regulierung auch sichergestellt, dass sich das nicht mehr ändern wird.
Also Technologie-Pessimismus kann man dir nicht vorwerfen. Ich bin da nicht so optimistisch. „Ich bin ein Sprachmodell und dafür nicht programmiert“ – ständige Antwort auf die Frage nach der Quelle.
NOCH nicht 🙂
Yup. Bei reinen Wisssensfragen ist wikipedia nach meinem Eindruck recht ordentlich. Aber sobald es in Politik und Zeitgeschichte geht – oh Boy …
Kann ich so nicht unterschreiben. Über Atomkraft habe ich auf Wikipedia auch schon den größten Unsinn gelesen.
Bei einer Mini-Stichprobe bin ich jetzt gerade allerdings positiv überrascht worden – die vernichtende Flächenbilanz der „Bio“landwirtschaft hätte es vor 10 Jahren sicher nicht auf Wikipedia geschafft:
https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96kologische_Landwirtschaft#%C3%96kobilanz
„Kann ich so nicht unterschreiben. Über Atomkraft habe ich auf Wikipedia auch schon den größten Unsinn gelesen.“
Nun, bei allem was ideologisch anfällig ist, muss man bei Wikipedia aufpassen.
Wo muss man da nicht aufpassen? Das ist doch kein Wikipedia-Phänomen.
Auch da ist die wesentlich (!) besser als ihr Ruf.
Wenn Du meinst 🙂 .
Wir haben jetzt auch viel mit Recherchen, Ausarbeitungen und co. gemacht und ich war super genervt von „Wikipedia ist keine Quelle“ (von den Umschülern wohlgemerkt, also das hält sich noch lange nach der regulären Schulzeit)
Mit ChatGPT wurde auch rumgespielt, fand ich jetzt für unsere Bedürfnisse nicht so hilfreich (hat mir auch gleich den neuen Nebenjob als KI-Korrekturleserin beschert, was das ganze ja irgendwie ad absurdum führt). Mal gucken, wo die Reise hingeht. Ich wäre nicht furchtbar traurig, wenn diese hundertfach wiederkehrenden Fleißaufgaben wegfielen.
Und es kommt halt immer drauf an, wie man es macht. Es ist nicht viel Unterschied, ob man sich das xte Referat über die weiße Rose von Chat-GPT schreiben lässt oder den Wikipedia-Artikel kopiert.
Zu 1)
Yup, der Mann weiss, wovon er spricht. Man darf nie vergessen, dass Taiwans Verteidigungsaufgabe trotz der grotesken Stärkeverhältnisse VIEL einfacher ist, als die der Ukraine: Taiwan muss nur verhindern, dass genügend chinesische Truppen auf der Insel in kampffähigem Zustand ankommen und im Falle des Scheiterns nur verhindern, dass ausreichend Nachschub für diese Truppen die Insel erreicht. Dafür sind die skizzierten militärischen Mittel genau die richtigen.
Was mich tatsächlich seit vielen Jahren gruseln lässt – auch Taiwan verlässt sich bisher auf die US-amerikanische Abschreckung und tut NICHT genügend für seine Verteidigung. Diese verbreitete Dekadenz der Verbündeten der USA, in Europa überall mit Ausnahme von Polen zu besichtigen, ist eine offene Bankrotterklärung verantwortungsvoller Politik und die Folge von dem, was ich seit den achtzigern Bequemlichkeitspazifismus nenne.
Gruss,
Thorsten Haupts
Vielleicht aber auch die Folge falscher Erziehung. Die USA haben ihre Kinder nie ins offene Messer laufen lassen. Jetzt sind sie 18 und nicht vorbereitet aufs Leben.
An was denkst du?
Wie wäre der Kalte Krieg in Europa wohl ohne die USA ausgegangen? Ich glaube, dieses Gefühl prägt uns bis heute. Wir haben halt den mit Abstand stärksten Freund auf dem Schulhof. Darum müssen wir kein Boxtraining machen, sondern kriegen Klavierstunden.
lol
Ist dann das Zulassen von US-Militärbasen das Milchgeld, das kind abdrücken muss um nicht – wie manche Staaten in Asien oder Lateinamerika – regelmäßig verdroschen zu werden ?
Es wird für Sie keine Überraschung sein, dass ich die US-Militärbasen ausdrücklich begrüsse und darum bitten würde, gäbe es sie nicht?
Fürchte leider, dass du Recht hast.
Zu 5)
Krämer hat in mehr als einem Buch (zwei davon in meinem Besitz) überzeugend nachgewiesen, dass die Medien häufig genug u.a. glatte Statistikfälschung betrieben haben. Seine Medienverachtung ruht deshalb auf einem soliden Fundament und ist nicht einfach ein launiges Vorurteil. Niggemeier müsste angesichts der selbstdeklarierten Aufgabe der übermedien Krämer bei dessen Streit um saubere Medienberichterstattung eigentlich unterstützen. Statt dessen gibt er erneut seinen Instinkten nach, inzwischen hasst der Mann einfach alles, was nicht linksliberal oder links ist.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich weiß nicht, welche Statistiken du meinst.
Ich dachte, wir verwenden „hassen“ nicht mehr? 😉
Schön, wenn DU Dich dazu commitet hast 🙂 . Ich nach meiner Erinnerung nicht?
ERWIN RETTE MICH
@ Stefan Sasse 18. Januar 2024, 12:45
ERWIN RETTE MICH
Lass Dich nicht ärgern. Thorsten ist da nicht ganz so ernsthaft unterwegs wie Du damals.
PS: Immer wieder schön, als Rentner von der Jugend gebraucht zu werden 🙂
Wer, wenn nicht die Boomer? 😀
@ Thorsten
[Stefan Sasse 18. Januar 2024, 12:45
ERWIN RETTE MICH]
🙂
Statt dessen gibt er erneut seinen Instinkten nach, inzwischen hasst der Mann einfach alles, was nicht linksliberal oder links ist.
So sehr ich die Kernbotschaft des Satzes teile, denke ich auch wie Stefan, dass „hassen“ der falsche Begriff ist. Die Hamas hasst Israel, keine Frage; hier passt es. Aber ganz so weit geht die (in der Tat vorhandene) Ablehnung, die ein Stefan Niggemeier allem entgegenbringt, was nicht links oder linksliberal ist, nun wohl doch nicht.
…dass „hassen“ der falsche Begriff ist …
Im engeren Sinne sicher, aber umgangssprachlich verwenden nun mal Leute den Begriff in einem viel weiteren Sinne, so auch ich. Ich bin da nicht ganz so empfindlich unterwegs, zuviel Sprachpurismus zerstört Diskussionen ebenso, wie zuviel Poltern.
Gruss,
Thorsten Haupts
Das war auch mein Argument, aber Erwin fühlt da sehr stark anders, deswegen hab ich mich angepasst hier. Umgangssprachlich verwende ich es auch weiter so.
@ Stefan Sasse 19. Januar 2024, 17:54
Das war auch mein Argument, aber Erwin fühlt da sehr stark anders, …
Ich mag auch nicht, dass man „rechts“ sagt, wenn man „rechtsextrem“ meint. Denn man sagt auch „Nazi“, wenn man „rechtsextrem“ meint – schon sind alle Leute, die nicht bei der SPD, den Grünen oder der Linken sind, Nazis. Und das ist kein Beispiel, was an den Haaren herbeigezogen ist.
Dieses „nicht leiden können“ als „Hass“ zu definieren, schwächt die Bedeutung des Wortes ungemein ab. Und z.B. die Aussage, dass die Hamas Israelis hasst, erhält auf einmal die Bedeutung „die Hamas kann Israelis nicht leiden“.
Ich mag aus gleichen Gründen auch nicht die andere Richtung, alles zu „lieben“, was einem gerade mal so gefällt, aber da ist es nicht so gefährlich.
Wenn wir schon eine so schöne Sprache haben, die so viele Möglichkeiten zur Differenzierung ermöglicht, können wir das auch nutzen. Wenn nicht, liegt das Risiko darin, dass nicht meine ausgedrückte Meinung, sondern die Interpretation des Gegenüber ausschlaggebend darüber entscheidet, was ich eigentlich gesagt und gemeint habe.
Umgangssprachlich verwende ich es auch weiter so.
Das solltest Du abstellen.
@ Thorsten Haupts 19. Januar 2024, 13:44
… zuviel Sprachpurismus zerstört Diskussionen ebenso, …
Ist kein Sprachpurismus. Solltest Du auch abstellen. 🙂
Zustimmung.
Ich verstehe intellektuell deinen Punkt, aber ich fühl’s schlicht nicht. Und niemand, den ich kenne, außer dir, by the by. Ich mach es hier im Blog aus Respekt, aber die umgangssprachliche Verwendung behalte ich sicher bei. Ich bin viel eher bei dir, wo „rechts“ /= „rechtsextrem“ auf der Agenda steht.
Und klar ist das Sprachpurismus, wenn nicht das, was dann?! 😀
@ Stefan Sasse 24. Januar 2024, 17:10
Ich will ja nicht, dass man beim Schreiben den kleinen Finger abspreizt …
– das kotzt mich an
– das geht mir auf die Eier / den Sack / den Sender
– das nervt total
– boah ey, wie übel ist das denn
– würg
Dir fallen bestimmt noch ein paar Ausdrücke mehr ein, wenn Du nachdenkst. Man kann sich in unserer Sprache schon sehr deutlich ausdrücken, wenn man den mag, ohne krass falsche Ausdrücke zu verwenden.
Nimm Dir ein Beispiel an Stefan Pietsch, der sein Mißfallen deutlich bunter, vielfälliger und sprachlich gewandter zum Ausdruck bringen kann, ohne sich auf das tumbe, ideenlose „Hass“ zu beschränken. 🙂
Kann er, aber daran ein Beispiel nehmen will ich mir trotzdem nicht – wenngleich aus anderen Gründen.
Der fällt schon seit 40 Jahren mit kantigen Thesen auf:
/// Bereits 1983 fragte der Statistiker im SPIEGEL nach einem „Bonus für Raucher“, weil diese im Schnitt früher sterben und so die Sozialkassen sogar entlasten würden. ///
https://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/vielschreiber-walter-kraemer-ein-sprachwaechter-und-seine-mission-a-311735.html
Zu g)
Ja. Ich stand mal vor der Entscheidung, ob ich (technischer) Trainer für Erwachsene werden wollte. Klare Antwort am Ende des Abwägungsprozesses: Nein, wollte ich nicht. Ich hatte alle notwendigen Skills. Aber ich wäre diesem speziellen Stress absolut nicht gewachsen gewesen, während ich den Stress eines Projektmanagers begrüsse.
Zu l)Once again noting that the bosses who demand Return to Office never seem to sit in the open part of the open plan office they also inflict on workers there.
Das ist heutzutage nach meiner Beobachtung bis zu einer bestimmten Ebene – Hauptabteilungs- oder Bereichsleiter grosser Unternehmen – einfach Quatsch. Die Mitarbeiter plus die ersten beiden Führungsebenen teilen sich die Arbeitsbedingungen. Da die Anforderungen an Vertraulichkeit mit dem Führungslevel exponetiell steigen, verstehe ich gut, warum man das auf höheren Führungsebenen einfach nicht praktizieren KANN.
Ja, das ist sicher richtig.
Ich kenne Unternehmen und Organisationen hier im Norden in denen niemand (!) ein eigenes Büro hat. Und z.T. sogar keine festen Plätze.
Mich nervt das. Aber es geht.
Ist ja auch eine Frage, wie die Workspaces aussehen. Wir haben eigene Plätze, aber die sind keine 60cm breit.
Zu t)
Mein Vermutung des wirklichen Grundes für die Ablehnung eines Verbotsverfahrens ist dieser Satz aus dem Artikel: Und falls das Verbotsverfahren scheitert, hätte die AfD dann praktisch die offizielle Bestätigung, nicht verfassungsfeindlich zu sein. Womit 80% der Anti-AfD-Rhetorik der Medien und der Politik gerichtsfest ihre Grundlage verlören …
Das hätten sie zwar nicht, aber sie würden es kommunizieren.
(l – Arbeitskultur)
Das ist bei uns auch so. Nur die Geschäftsführer haben Einzelbüros. Die Tür steht aber immer offen, wenn nicht gerade vertrauliche Dinge besprochen werden oder vertrauliche Unterlagen auf dem Tisch liegen. Man kann das übrigens auch aus gesetzlichen und vertraglichen Pflichten ableiten, wenn man möchte.
Frage mich ernsthaft, wie sich jemand darüber wundern kann.
@ Stefan Sasse
h) Yeah, I remember Libya.
Sehe ich auch so.
Seit wann? Als ich vor Jahren hier schrieb, dass der Krieg gegen Ghadaffi von Sarkozy ausgelöst wurde, der sich vom damaligen libyschen Diktator beim Wahlkampf hatte heftig unter die Arme greifen lassen, bestrittest Du diesen Zusammenhang. Die von mir als Vorwand bezeichneten humanistischen Gründe hattest Du akzeptiert, und den Angriff auf Libyen, den der damalige FDP-Außenminister Westerwelle durchschaute und abgelehnte, als demokratiefördernd angesehen.
Ich habe Dir damals gesagt, dass in der Regel westliche Eingriffe in den nahen und mittleren Osten in der Regel schlechtere Ergebnisse brachten als vorgesehen, und dass jeder derartige Eingriff zu mehr religiösem Fanatismus führen würde. Haben wir jetzt, ganz klar auch in Libyen. Da hat sich seit 1953 (Mossadegh) nichts verändert.
Kann ich dir nicht genau sagen – also gibt kein einschneidendes Ereignis -, aber ich habe meine Haltung zur Sicherheitspolitik seit 2011 insgesamt recht stark verändert.
@ Stefan Sasse 18. Januar 2024, 13:38
… aber ich habe meine Haltung zur Sicherheitspolitik seit 2011 insgesamt recht stark verändert.
OK (= gut). Ich halt nicht 🙂
2) Dem „Verein deutsche Sprache“ möchte ich den direkten Konkurrenten gegenüberstellen, die „Gesellschaft für deutsche Sprache“. Beides sind privatrechtliche Vereine. Mitgliederzahlen unterscheiden sich deutlich (VDS: 36.000 GfdS: 3.000). VDS finanziert sich v.a. aus Spenden, die GfdS aus öffentlichen Zuschüssen.
Und zum Thema „rechts“: Weil dieses Schlagwort so beliebig verwendet wird, möchte ich nurmehr ein einziges Kriterium dafür gelten lassen: gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Da der „Antiamerikanismus“ des VDS sich nicht im Wunsch äußert, Amerikaner auszuweisen, sondern nur im piefigen Lamento über „Tony’s Herren-Hair-Saloon“, ist dieses nur sehr begrenzt gegeben.
4) / 5) Erstaunlich wie das andere Reizwort „Globalisierung“ völlig aus dieser Diskussion verschwunden ist. Könnte daran liegen, dass inzwischen mit weitem Abstand die meisten Fälle von „Handelsbarrieren, Protektionismus etc.“ von den USA ausgehen.
i) Warum machen wir es nicht so wie beim KPD-Verbot 1956 und die Regierung zwingt das Verfassungsgericht zur gewünschten Bewertung ?
https://www.deutschlandfunk.de/kpd-verbot-ueber-ein-verfassungswidriges-verfahren-100.html
j) Übersetzt in meine Erfahrungen mit solchen Bündnissen bedeutet das: „Wir machen das, was die AfD sich wünscht, aber solange alle Parteien mit dabei sind, wird das keiner merken. Zur Ablenkung gibt es ein paar Scheindebatten.“
k) Endlich ein nützlicher und interessanter Link . Liefert Anregung (Jin Yong ist bisher an mir vorbei gegangen), Aufregung (über völlige Fehlplatzierungen nach oben oder unten) und Bedenkenswertes (Wie stark ist das Genre nach ca. 2000 explodiert)
m) Eigentlich sollten beide Sammlungen in einem Band gedruckt werden. Mit je einem Essay aus der einen auf der linken und dem korrespondierenden auf der rechten Seite.
Eigentlich sollten beide Sammlungen in einem Band gedruckt werden. Mit je einem Essay aus der einen auf der linken und dem korrespondierenden auf der rechten Seite.
Und uns Faulpelzen reichen dann die ausführlichsten Rezensionen von Stefan 😀
2) Was macht die Gesellschaft?
Die Definition überzeugt mich nicht. Ich glaube, ich muss da mal was dazu schreiben.
4/5) Schon, oder?!
i) Sehr gute Frage. Ich sammle gerade Material und hab auch schon einen Experten angefragt.
k) Ich hoffe doch, mehr nützliche und interessante Links zu bieten.
m) Könnte man sicher auch machen.
2) Beispielsweise Wort/Unwort/Jugendwort des Jahres aussuchen.
Und bitte keine dieser „Was ist rechts“ Diskussion. Die verärgerte Reaktion von Herrn Gabriel zeigt mir, wie toxisch verbrannt dieser Begriff inzwischen ist. Fokussieren wir lieber darauf, welches „rechts“ das problematische ist (Was mich zu meiner Begriffsbestimmung führt).
k) My bad – Ironie ohne Zwinkersmiley.
2) Ja, aber wie bindend ist das? Das sind irgendwelche Gruppen, die ein Wort des Jahres definieren. Gerade bei Jugendsprache führt das gerne zu allgemeiner Heiterkeit, weil Jugendliche die Wörter oft gar nicht kennen.
@ cimourdain 18. Januar 2024, 15:11
Und zum Thema „rechts“: Weil dieses Schlagwort so beliebig verwendet wird, möchte ich nurmehr ein einziges Kriterium dafür gelten lassen: gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.
So sehr ich Deine oft besonnenen Kommentare schätze – dieser Satz ist ein Griff ins ungespülte Klo.
Abgesehen davon, dass ich mich durchaus rechts der politischen Mitte verorte und mir nicht bewusst ist, dass ich irgendwelchen Menschengruppen „feindlich“ gegenüberstehe (bestenfalls ablehnend, aber das ist dann z.B. die Gruppe gewalttätiger Menschen jedweder Coleur), gelten entsprechende Ablehnungen auch am anderen Ende des politischen Spektrums (Juden, „Reiche“) etc.
Und ja, „rechts“ wird immer wieder pauschal mit verschiedenen missliebigen Bedeutungen hinterlegt. Du has(s)t jetzt „Menschenfeindlichkeit“ draufgepackt.
Auch cimourdain benutzt „rechts“ hier im Sinne von „rechtsextrem“.
wie Thorsten Haupts gesagt hat, ich meine hier das „hässliche“ Rechts. ‚Rechts‘ im Sinne von gesäßgeographisch „konservativ“ ist eine andere Sache und ich habe mir so angewöhnt dazu nur noch konservativ zu sagen, eben um niemanden auf den Schlips zu treten. Es gibt nun mal diese Begriffsrutsche von „rechts“ über „rechtspopulistisch“, „rechtsradikal“ zu „NAZI“ dass ich sie den Konservativen nicht antun möchte.
Ja, aber „konservativ“ und „rechts“ meint auch nicht dasselbe. Diese Begriffe sind alle furchtbar schwammig und aufgeladen. Und meist meinen sie „was ich nicht leiden kann“.
C: 4) 5) Erstaunlich wie das andere Reizwort „Globalisierung“ völlig aus dieser Diskussion verschwunden ist. Könnte daran liegen, dass inzwischen mit weitem Abstand die meisten Fälle von „Handelsbarrieren, Protektionismus etc.“ von den USA ausgehen.
LC: Das find ich echt zu polemisch. Die USA hat massivst daran mitgewerkelt unser regelbasiertes Handelssystem aufzubauen, obwohl sie seit den 70ern ein gewaltiges Handelsdefizit haben. Die USA ist auch wesentlich offener als Länder wie China oder Argentinien.
zum AfD-Verbot:
Ich selbst hab da noch keine feste Meinung zu, es ist eher ein „nebenbei“-juristischer Prozess, also völlig ungeeignet für eine schnelle und einfache Lösung. Viele Kontra-Argumente sind aber genauso wirr, Serap Güler hat das schön sinngemäß gesagt „Ja, die AfD ist eine Demokratie, aber mehr als jammern können wir auch nicht“ Das geht halt auch nicht, wenn das aus dem Parlament kommt.
Kurz mal die Fakten
Einleiten muss das Verfahren Bundestag, Bundesrat oder die Bundesregierung, entschieden wird durch das BverfG.
Das Gesetz sieht folgendermaßen aus:
Nach Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz (GG) sind Parteien verfassungswidrig, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden
Den Höcke-Grundrechtsentzug lass ich mal aus, ich halte das für Quatsch. Es gibt das Gesetz, ging noch nie durch, in unserem politischen System auch nicht möglich, dass eine Einzelperson das Potenzial hätte, die FDGO zu stürzen.
Also zurück zur AfD und Anhaltspunkte, dass diese Kriterien erfüllt sein könnten, sind nicht von der Hand zu weisen. Der Ausgang des Verfahrens ist aber unabsehbar, das ist ja schon vom Gesetzestext her alles sehr spekulativ und außer Haldenwang & Co. kennt gerade niemand die Beweislage. Auch ein Ex-Verfassungspräsident kann das nicht einschätzen.
Andererseits: Wenn die Entscheidungsträger Anhaltspunkte für eine ernsthafte Demokratiegefährdung sehen, MÜSSEN sie meiner Meinung nach auch Maßnahmen prüfen. Dafür haben wir ja Gesetz, Parlament und Gericht. Da kann man sich nicht hinstellen und die ernsthafte Demokratiegefährdung beklagen und möglichst noch individualisieren und dem Bürger sagen, er soll sich mal selbst kümmern. (der dazu noch absurderweise eh massenhaft – mit dem Kanzler zusammen – auf der Straße steht)
Ich finde das ähnlich wie die Gerichtsverfahren gegen Trump. Man muss es aus seinem eigenen prinzipiellen Selbstverständnis dann machen. Wenn man drauf verzichtet aus Angst, politischen Gründen, etc. dann braucht man keine Demokratiefeinde mehr, sondern schmeißt es vorab weg.
Und es gibt ja auch noch andere Maßnahmen als ein bundesweites Parteiverbot.
Wie gesagt keine schnelle Lösung, aber wenn die Leute, die die Beweismittel kennen, denken, hier ist die Demokratie ernsthaft gefährdet, muss auch mehr passieren als sich drüber beklagen. Und es ist aus gutem Grund keine Sache von Wahlen, Meinungsumfragen und Petitionen.
Danke dir!
… und außer Haldenwang & Co. kennt gerade niemand die Beweislage.
Korrektur – niemand kennt die Beweislage. Das Kernproblem eines AfD-Verbotsantrages ist sehr einfach: Deren Programm selbst ist nicht verfassungswidrig. Also müsste jemand überzeugend und gerichtsfest nachweisen, dass ein Grossteil der Funktionsträger und Mitglieder der AfD Verfassungsfeinde sind. Alleine die Sammlung von Material für diesen Nachweis wird zwangsläufig Jahre brauchen – man muss ja die entsprechenden Äusserungen erst einmal finden und zusammentragen. Das Verfahren danach würde auch noch einmal Jahre in Anspruch nehmen.
Ich bin nicht dagegen, dass man damit beginnt, wenn es ausreichend Belege dafür gibt, dass man damit Erfolg haben könnte (selbst keine Idee, ob). Aber weder kurz- noch mittelfristig würde damit das POLITISCHE Problem gelöst, dass eine radikale Partei >1/5tel der Wähler binden kann, weil die ihre Interessen woanders nicht vertreten sehen.
Die Schnapsidee, jemandem persönlich seine Grundrechte abzuerkennen, würde ich dagegen wirklich gerne ganz tief begraben. Das hat man nicht mal mit Mehrfachnördern der RAF gemacht und ich würde das Fass gerne geschlossen halten. Ähnliches gilt für die Idee, der AfD die Finanzierung zu verweigern, ohne sie wegen Verfassungswidrigkeit in ein Verbotsverfahren zu bringen. Das röche geradezu penetrant nach Austrocknen politischer Konkurrenz wegen eigener Unfähigkeit.
Gruss,
Thorsten Haupts
Korrektur – niemand kennt die Beweislage
Jein, diese ganzen Einschätzungen „gesichert rechtsextrem“, die es für Teile der AfD gibt, dienen ja der weiteren Beobachtung (z. B. jemanden abhören) und auch dafür braucht man im Vorfeld Beweise. Es geht mir im Kern darum, dass der Verfassungsschutz mehr weiß, als andere Außenstehende. Deswegen finde ich es gut, wenn diese Leute mit Zugang das entscheiden und niemand aus einer Laune oder Umfrage heraus.
Ähnliches gilt für die Idee, der AfD die Finanzierung zu verweigern, ohne sie wegen Verfassungswidrigkeit in ein Verbotsverfahren zu bringen. Das röche geradezu penetrant nach Austrocknen politischer Konkurrenz wegen eigener Unfähigkeit.
Das BverfG hat im letzten Urteil zur NPD das Fass selbst aufgemacht (die war rechtsextrem, aber nicht bedeutend genug für Verbot schlussendlich). erscheint mir auch erstmal unlogisch, kenne ich mich aber nicht so aus. Erfolgversprechender scheint mir da schon eher, Teilorganisationen anzugehen, da haben wir ja schon die Einschätzung und das ist vermutlich einfacher nachzuweisen als für die ganze Bundespartei. Sind ja auch riesige Unterschiede, in SH sind die ja bei 3% und nicht im Parlament.
Kann sein, aber ich hielte Finanzierungsverweigerung OHNE ein gleichzeitig laufende Verbotsverfahren für politischen Selbstmord der Verweigerer. Denn es käme einem Eingeständnis gleich, NICHT genügend Beweise für ein Verbotsverfahren zu haben und deshalb zu einem einfacher zugänglichen Mittel zu greifen.
ja stimme ich zu, gehört für mich auch zusammen.
Ja, sehe ich genauso.
@4:
Unfortunately that article is behind a paywall. However, some context here:
1. Steel production in the US and foreign ownership:
I find that pearl clutching re an offer by Nippon Steel to buy US Steel more than hilarious when you know steel mill after steel mill in the US was sold to foreign interests years ago and no one seemed to care. Probably the most egregious example was the breakup and sale (of the constituent parts) of IPSCO to none other than Roman Abramovich (EVRAZ) and another Russian company, TMK. At around the same time Lone Star Steel et al were sold to (French) Vallourec and Argentinian Tenaris also subsequently acquired some assets. In essence both the US government and the markets didn’t care – the message was „steel is not an industry we care about so it doesn’t matter who owns what, even if it’s the Russians and the French and the Argies“.
2, Speaking about Vallourec and issues closer to home for this blog, Vallourec also ended up with the seamless steel pipe business of German Mannesmann, once the leading global manufacturer of seamless pipe. That business was finally entirely moved from Germany to Brazil last year, resulting in the closure of the two last remaining plants at Muelheim and Rath in Germany (sad news for me as this curtails my business trips to Germany, always a highlight – but of course a lot sadder for the about 2,000 or so employees). Again, the messsage from the German government and markets seemed to be „we don’t care, steel is dirty“.
3. While the US and (Western) Europe were ramping down their steel production other places like China, India and Russia and a bunch of „Third World“ countries were ramping up theirs. There is no significant global purchasing program for steel right now that can exclude Chinese producers, even without the exclusion of the Russians mills from the market due to the war in Ukraine. I’ll leave you to ponder the ramifications of that in a world that might be moving away from free trade and aims at reducing dependencies.
Yeah, economic policy these last years doesn’t look all too bright in retrospect, doesn’t it?
Yes and no. It’s easy to second guess decisions and developments years after the fact. And who really saw the all out war in Ukraine coming in say 2018 – just as one example?
What’s more important is to figure out what to do now and in the future.
No disagremment. I’m more a bit surprised by just how wrong it was; I wouldn’t have expected it to turn out that way. And I’m saying that as a critic! But I criticized different aspects.
Economic policy depends on foreign and security policy a lot. Are you a clairvoyant able to deliver a sure insight into the next five years? I am not – and if you are not too, throw a dice if you want to know wether a policy decision is right or wrong …
Regards,
Thorsten Haupts
Not saying anything different. Hindsight’s always 20/20.
i) Gleich zwei Journalisten, von denen ich sehr viel halte, plädieren neuerdings für ein AfD-Verbot.
Ronen Steinke:
https://www.juedische-allgemeine.de/politik/die-staatsfeinde/
Sabine am Orde:
https://taz.de/AfD-Verbot/!5986382/
Danke!
Der Verfassungsblog bezieht sich auch auf Löwenstein und mit der Frage, ob das Recht zum Schutz der Demokratie eben auch eine Verpflichtung zum Schutz der Demokratie ist:
https://verfassungsblog.de/afd-verbotsverfahren-als-demokratische-pflicht/
Find da nicht alle Argumente überzeugend, aber wäre mir schon lieb, wenn sich die EntscheidungsträgerInnen etwas ernsthafter damit befassen als mit einem profanen, politischen Problemchen. Gar nicht wegen „Freizeitvergnügen Deportationsplanung“ sondern den Ebenen teils weit darunter, die nicht einzeln zu schützen sind. Bürgermeister, die erstmal Mitarbeiter in Verräter und Nichtverräter einteilen oder eigentlich unwichtige Ämter mit theoretisch viel Macht zum Missbrauchen, finde ich da viel besorgniserregender.
Danke! Wenn’s gut läuft kommt Anfang Februar ein Bohrleute zum Thema. Gerne bis dahin gute Links sammeln.
Habs noch nicht komplett gelesen, aber das BverfG hat die Partei „die Heimat“ (Nachfolger der NPD) für sechs Jahre von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen, einstimmig sogar.
Hier der ganze Text:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/bvg24-009.html
Yup, aber was in den Kommentaren der Medien ein wenig untergeht – die Partei stand in einem Verbotsverfahren kurz vor einem Verbot, das vom BVerfG nur verweigert wurde, weil die NPD dafür zu unbedeutend und damit „ungefährlich“ war (ganz nebenbei: seeeehr seltsame Argumentation).
Heisst, die gesammelten Beweise für deren Verfassungsfeindlichkeit lagen bereits aufbereitet vor.
Ja, mir gings hier eher um die weiteren Begründungen. Obwohl es insofern schon mal gut ist, um Äußerungen wie „es ist undemokratisch, demokratisch gewählte Parteien zu verbieten“ abzuräumen und die ausführliche Begründung bezieht sich nicht nur auf das Programm, sondern auch um Kontakte und Äußerungen führender Personen.
Da sind schon viele Sachen drin, die eben selbst offensichtliche, öffentliche AfD-Dinge ebenfalls betreffen (können).
weil die NPD dafür zu unbedeutend und damit „ungefährlich“ war (ganz nebenbei: seeeehr seltsame Argumentation).
Spielt für die AfD ja vermutlich eh keine große Rolle, aber ich finde das nicht unwichtig. Parteienverbot (ebenso wie dieser individuelle Entzug) sind schon krass scharfe Schwerter, das muss man nicht unbedingt für drei Irre auf dem Feld rausholen. Oder für sowas wie die Putsch-Reichsbürgergruppe, falls die ne Partei statt ein Reich gründen. Dafür haben wir ja noch andere Gesetze.
Die Argumentation ist bekloppt! Damit hat das BVerfG einen Bärendienst erwiesen IMHO.
Sehe ich genauso. Entweder man ist aktiv verfassungsfeindlich oder eben nicht, das sollte das einzige Kriterium sein. Nützlichkeitserwägungen sind in Rechtsfragen, die automatisch Gerechtigkeitsfragen sind, ein wirklich ganz schlechtes Kriterium.
Ich denke, er meint eher die teils sehr weitgehende Begründung, unter b zum Beispiel:
Die Vorstellung der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ führt zu einer gegen die Menschenwürde verstoßenden Missachtung von Ausländern, Migranten und Minderheiten. Die nunmehr vorgelegten Belege lassen erkennen, dass die rassistische, insbesondere antimuslimische, antisemitische und antiziganistische Grundhaltung der Antragsgegnerin sowie ihre ablehnende Haltung gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten wie transsexuellen Personen fortbesteht.
Das mit Volksgemeinschaft als Aushebelung der gleichen Rechtstellung ist ja noch logisch, aber ne ablehnende Haltung gegen Transpersonen (oder auch sonstwem) gehört da halt eigentlich nicht mit rein.