Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) How Saudi Arabia is buying the world
Der Artikel beschäftigt sich mit Saudi-Arabiens ehrgeizigem Zukunftsplan „Vision 2030“, der darauf abzielt, die Wirtschaft des Landes zu diversifizieren und von der Abhängigkeit vom Öl wegzukommen. Im Vergleich zu dem fiktiven afrikanischen Land Wakanda aus dem Film „Black Panther“ wird die Frage aufgeworfen, ob Saudi-Arabien eine ähnliche Rolle als wirtschaftliche Führungsmacht in der Region übernehmen könnte. Saudi-Arabiens „Vision 2030“ sieht massive Investitionen in verschiedene Sektoren vor, darunter Tourismus, grünen Wasserstoff, erneuerbare Energien und die Schaffung von Mega-Städten wie Neom. Das Land möchte seine Wirtschaft diversifizieren und sich auf eine post-öl-Ära vorbereiten. Ein wichtiges Instrument für die Umsetzung dieses Plans ist der Staatsfonds Public Investment Fund (PIF), der eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung von Großprojekten spielt. PIF soll in den kommenden Jahren massiv erweitert werden, um das Ziel zu erreichen, die größte Sovereign-Wealth-Fund der Welt zu werden. Der Artikel betont auch die Rolle von China in dieser Entwicklung, da Saudi-Arabien versucht, zwischen den USA und China zu navigieren und von der wachsenden wirtschaftlichen Macht Chinas zu profitieren. Chinesische Unternehmen sind an einer Reihe von Projekten in Saudi-Arabien beteiligt, darunter im Bereich erneuerbare Energien und grüner Wasserstoff. Der Autor weist darauf hin, dass Saudi-Arabien immer noch mit Menschenrechtsverletzungen und anderen Herausforderungen konfrontiert ist, aber das Land arbeitet daran, seine Wirtschaft zu modernisieren und eine Vorreiterrolle in der Region einzunehmen. Obwohl es noch viele Unsicherheiten gibt, könnten die großen Investitionen und die vielfältigen Projekte Saudi-Arabien zu einer einflussreichen wirtschaftlichen Kraft in einer Welt im Wandel machen. (Quinn Slobodian, The New Statesman)
Es ist natürlich durchaus möglich, dass Slobodians Einschätzungen korrekt sind und wer is mit einer durch autokratische Regime vorbereiteten staatskapitalistischen Herausforderung ungeahnten Ausmaßes zu tun haben werden. Genauso ist aber möglich, das das alles, mein entschuldige das billige Wortspiel, auf Sand gebaut ist. Gerade der Klimawandel könnte den Saudis einen ordentlichen Strich durch die Rechnung machen. Nur wenige Regionen sind so sehr von Hitzewellen und einer generellen Unbewohnbarkeit bedroht wie die Wüste. Und selbst die saudische Megalomanie geht nicht so weit, das komplette Königreich überdachen und voll klimatisieren zu wollen. dazu kommt, dass ich immer noch eine Grundskepsis habe, was das volle wirtschaftliche Potential autokratischer Regierungen anbelangt. Natürlich mögen Länder wie Saudi Arabien, China und andere in den kommenden beiden Jahrzehnten die bisherige Regel brechen, dass nachhaltige wirtschaftlicher Wohlstand nur in einem liberalen Rechtsstaat möglich ist. Aber ausgemacht ist das beileibe nicht.
2) Steht der Nordatlantik vor dem Kipppunkt?
Der Artikel beschäftigt sich mit der möglichen Bedrohung einer riesigen Umwälzbewegung des Atlantikwassers, die Europa warm hält. Forschende warnen davor, dass diese Strömung einen Kipppunkt erreichen könnte, wenn zu viel Süßwasser das Meerwasser verdünnt und das Absinken verhindert. Eine verminderte Umwälzbewegung könnte zu drastischen Folgen führen, wie einem rasanten Anstieg des Meeresspiegels, gewaltigen Stürmen und anderen Extremwetterereignissen. Neue Studien deuten darauf hin, dass der Kipppunkt deutlich näher sein könnte als bisher angenommen. Laut Forschern aus Dänemark könnte die Strömung bereits in den nächsten 30 Jahren, möglicherweise sogar ab 2025, zusammenbrechen. Klimamodelle zeigen bereits jetzt Veränderungen in der Strömung, wie eine Kälteblase westlich der Britischen Inseln, die sich abkühlt und auf eine Abschwächung der Umwälzbewegung hindeutet. Ein Zusammenbruch der Atlantikzirkulation würde nicht nur das Klima stark beeinflussen, sondern auch das Ökosystem bedrohen, da die Strömung die Tiefen der Meere mit Sauerstoff versorgt. Die Folgen könnten eine deutliche Abkühlung in Nordwesteuropa, ein erhöhter Meeresspiegel, stärkere Stürme und eine verminderte Kohlendioxid-Aufnahme im Ozean sein. Der Autor betont die Dringlichkeit, den Ausstoß von Treibhausgasen schnell zu reduzieren, um das Risiko eines solchen Kipppunkts zu minimieren. Die Bedrohung von Klimakipppunkten sollte ernst genommen werden, und ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen sind erforderlich, um die Risiken zu begrenzen. (Stefan Rahmstorf, Spiegel)
Die akuten Bedrohungen (die Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen etwa ist angeblich zehntausendfach erhöht) durch den Klimawandel werden immer deutlicher vernehmbar und werden unseren Alltag zunehmend bestimmen. Dabei ist letztlich unerheblich, ob sämtliche Szenarien eintreffen oder nicht. Die Furcht vor diesen Szenarien wird ein bestimmender Faktor unseres Lebens werden und die schiere Masse an Möglichkeiten garantiert beinahe, das irgendeines diese Szenarien in einer seiner Ausprägungen Wirklichkeit werden wird. Natürlich findet bereits jetzt ein Normalisierungs- und Gewöhnungsprozess statt, und sind die Zeiträume, von denen wir hier reden, so lang, das dieser Gewöhnungsprozess quasi garantiert ist. Auf wesentlich kleinerem Niveau haben wir das ja bereits erlebt: so gibt es bei uns effektiv keinen Schnee mehr. Schlittenfahren und Schneeballschlachten gehörten zu meiner Kindheit noch dazu, meine eigenen Kinder kennen es praktisch überhaupt nicht. Das ist aber eine Veränderung über zwei Jahrzehnte, die deswegen kaum wahrgenommen wurde. Stattdessen hat man unter riesigem Aufwand und zusätzliche Schädigung des Klimas den Reichensport durch Schneekanonen und ähnliches künstlich am Leben erhalten. Ähnlich wird es auf vielen anderen Ebenen auch ablaufen.
3) Jason Aldean? Please spare me the small-town nostalgia.
Der Artikel beschreibt die persönliche Erfahrung des Autors, der in einer kleinen Stadt in Ohio aufwuchs und von dort floh, um ein erfüllteres Leben zu finden. Der Autor erinnert sich an eine Kindheit, in der er draußen spielte und von Freunden umgeben war, aber auch an die rassistische und engstirnige Atmosphäre der Stadt. Als er älter wurde und realisierte, dass er homosexuell war, fühlte er sich in der kleinen Stadt nicht akzeptiert und anders als die anderen. Er sehnte sich nach neuen Erfahrungen und Menschen, die anders dachten. Der Autor betont, dass seine Geschichte nicht einzigartig ist und dass viele Menschen wie er ihre kleine Heimatstadt verlassen haben, um sich selbst zu finden und sich akzeptiert zu fühlen. Die romantisierte Vorstellung, dass Glück und Erfüllung nur in kleinen Städten zu finden seien, wird hinterfragt. Er ermutigt diejenigen, die ihre Heimatstadt verlassen haben, sich nicht als seltsam oder fehlerhaft zu betrachten, sondern als Menschen, die einfach dort geboren wurden, wo sie nicht hingehörten. Die Sehnsucht nach einer idealisierten Vergangenheit ändert nichts an den Gründen, warum man seine Heimatstadt verlassen hat und ein erfülltes Leben in der Fremde gefunden hat. (Brian Broom, Washington Post)
Ich verstehe die Kritik am small town America völlig. Gleichwohl scheint mir hier der soziale Wandel etwas unterschätzt zu werden. Ich komme selbst aus einer wenig großstädtischen Gegend und wohne mittlerweile in einem Ort, der wohl problemlos als small town Klassifizierbar wäre. Während ziemlich eindeutig ist, dass der Ort wesentlich weniger divers und fortschrittlich und deutlich homogener als die Großstadt ist, so hat der soziale Wandel doch auch vor ihm nicht Halt gemacht. Offener Rassismus, Sexismus oder Homophobie sind auch in der ländlichen Gegend verpönt. Natürlich ist das hier in Deutschland nicht so krass wie in den USA, wo die Polarisierung wesentlich heftiger ist und das von Broom beschriebene Milieu sich wesentlich deutlicher nach rechts entwickelt hat als hierzulande. Auch teile ich komplett die Kritik des Autors an der Romantisierung dieses Milieus, wie ich jede Romantisierung irgendeines Milieus ablehne.
4) America’s unhappy militarism – the $886 billion bone of contention
Der vorliegende Text ist ein ausführlicher Meinungsbeitrag, der verschiedene Aspekte des aktuellen Zustands des amerikanischen Militarismus behandelt. Die Vereinigten Staaten stehen kurz davor, den größten Verteidigungshaushalt in Friedenszeiten in der Geschichte zu verabschieden, aber es herrscht weit verbreitete Unzufriedenheit damit. Die Forderung, dass die USA in einer zunehmend multipolaren Welt jeden und überall besiegen können sollten, ist unrealistisch. Das innenpolitische Fundament des amerikanischen Militarismus bröckelt, da die Republikaner den Verteidigungshaushalt und wichtige Ernennungen als Geisel halten. Das Image des Militärs hat sich in der breiten amerikanischen Öffentlichkeit stark verschlechtert, und die 2019 von Präsident Trump ins Leben gerufene Space Force wird belächelt. Kongressabgeordnete der Republikaner, insbesondere die radikale Rechte, stehen im Konflikt mit der militärischen Führung der USA. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die militärische Führung hat aufgrund der Wahrnehmung von Politisierung und „woke“-Kultur abgenommen. Das US-Militär hat Schwierigkeiten, junge Amerikaner zu rekrutieren, und viele erfüllen nicht die physischen und mentalen Fitnessstandards. Die Gründung der Space Force wurde mit Verwirrung und Skepsis aufgenommen, und ihre Markenidentität wurde kritisiert. Die Entscheidung, das Space Command nach Alabama zu verlegen, war eine kontroverse Angelegenheit, da der Staat eine rechtsgerichtete Politik und strenge Abtreibungsgesetze hat. Eine „unangreifbare Beziehung“ zur amerikanischen Gesellschaft aufrechtzuerhalten, ist in einem gespaltenen Amerika eine Herausforderung für das Militär. Der Beitrag geht auf die Komplexität und die Herausforderungen des amerikanischen Militarismus ein, sowohl intern als auch extern, und hebt die Spannungen zwischen verschiedenen politischen Kräften und der Militärführung hervor. Der Autor wirft Fragen über die Zukunft des US-Militärs auf und seine Fähigkeit, die vielfältige Landschaft der amerikanischen Gesellschaft zu navigieren. (Adam Tooze, Chartbook)
Es ist faszinierend, wie schnell die Republicans es geschafft haben, ihre jahrzehntelange feste Bindung zum amerikanischen Militär unter den Zeichen des Kulturkampfs anzugreifen. Die von Tooze beschriebene Verschlechterung des Images des Militärs fand ja auch praktisch ausschließlich auf der amerikanischen Rechten statt, hatte das Militär doch spätestens seit Bush und dem Irak Krieg auf der amerikanischen Linken ohnehin keinen sonderlich guten Ruf mehr, so es ihn je besessen hatte. es zeigt sich einmal mehr, das Politisierung im Kulturkampf letzten Endes nur Verlierer kennt und riesige Flurschäden hinterlässt.
Was die Space Force angeht bin ich mir unsicher, inwieweit diese in der öffentlichen Debatte tatsächlich eine Rolle spielt. Unter einschlägig Interessierten gilt sie wenig überraschend als eine Witznummer, was angesichts ihrer Genese und ihre bisherigen Public-Relations-Desaster kaum wunder nimmt. Auffällig ist, das auch das Militär genauso wie die Privatwirtschaft in diesen Kulturkampf hineingezogen wird, schon allein, weil die jeweiligen Bundesstaaten, in denen das Leben der Menschen sich zwangsläufig abspielt, immer mehr zu hervorgehobenen Akteuren werden. Das ist in Deutschland auch noch nicht der Fall, könnte sich aber mit eventuellen Regierungsbeteiligung und der AfD in Ostdeutschland rapide ändern.
5) Should We Unite America Around Hatred of Rich Politicians? (Interview mit Matt K. Lewis)
Matt Lewis, ein konservativer Autor, diskutiert sein Buch „Too Dumb to Fail: Wie die GOP die Reagan-Revolution verraten hat, um Wahlen zu gewinnen (und wie sie ihre konservativen Wurzeln zurückgewinnen kann)“. Er möchte das Thema Korruption und Vetternwirtschaft in Washington ansprechen und fordert Reformen, um das Vertrauen in Politiker und Institutionen wiederherzustellen. Lewis kritisiert sowohl Demokraten als auch Republikaner und glaubt, dass die gemeinsame Sorge über extrem reiche Politiker eine vereinigende Grundlage sein sollte. Er schlägt vor, den Handel mit Aktien durch Mitglieder des Kongresses vollständig zu verbieten, eine 10-jährige Sperrfrist für Lobbyarbeit nach dem Ausscheiden aus dem Amt einzuführen und Amtszeitbeschränkungen einzuführen. Obwohl einige argumentieren, dass Amtszeitbeschränkungen das Problem der „Drehtür“ beschleunigen könnten, unterstützt Lewis sie als Mittel, um zu verhindern, dass Politiker durch öffentliche Ämter generationalen Reichtum erlangen. Er spricht auch über das Problem von Buchverträgen für Politiker und die Möglichkeit, dass Massenverkäufe zur Bereicherung beitragen. Letztendlich hofft Lewis, dass seine Reformen die negativen Auswirkungen von Korruption mildern und das Vertrauen in gewählte Beamte und die liberale Demokratie wieder aufbauen werden. (Bill Scher, Washington Monthly)
Auffällig mal wieder der Mangel an Empirie. Ein Beispiel ist dieser Satz: „If you’re a working-class person and see that imagery, I think it is a turn-off. I think it’s a sense that: These people are not like us. They’re not worried about paying the rent or getting by. They’re in a sense, cashing in on being a member of Congress. No, it may not be reflected in her bank account yet. But I think in terms of her lifestyle, she is cashing in.“ Ein wohlhabender Konservativer stellt sich vor, was ein Mitglied der links tickenden Arbeiter*innenklasse denken könnte, und leitet daraus ein ganzes Buch ab, das eigentlich nur die eigenen Präferenzen (die gar nicht falsch sein müssen!) auf andere projiziert.
Es ist außerdem auffällig, dass zwar diskutiert wird, dass Vertrauen erodiert, obwohl kein quid pro quo erkennbar ist, aber nie diskutiert wird, was das eigentliche Problem ist: das Mindset. Ein quid pro quo ist gar nicht nötig, weil diese Leute so DENKEN wie die reiche Elite, weil sie selbst TEIL DAVON SIND. Sie treffen automatisch Entscheidungen in ihrem Sinne, da ist gar kein Kuhhandel nötig. Das wird in diesen Debatten immer völlig ignoriert. Wenn Clarence Thomas sich von Milliardären herumkutschieren lässt, braucht es kein quid pro quo. Er trifft seine Entscheidungen auch so in ihrem Sinne.
Jonathan Chait hat da grundsätzlich auch was sehr Gutes dazu.
Resterampe
a) Ganz interessante Buchbesprechung.
b) Merz‘ Herumeiern mit der AfD ist echt was für sich.
c) Der sicher geglaubte Rechtsrutsch.
d) Here’s the real problem with Florida’s school standards for slavery. Sehr guter Kommentar. Und kein abstraktes Thema.
e) Fixing Social Security in two easy steps. Da besteht halt echt wenig Interesse dran.
f) Nachtrag zum Ernährungskompass.
g) Alter….
h) Wissing will Seilbahnen in Städten bauen. Sehe das wie Jonas. Ich hab außerdem manchmal echt das Gefühl, die setzen auf irgendwelche Fantasietechnologien, einfach nur um was anderes zu haben.
i) Speziell für Stefan Pietsch. Generell eigentlich die ganze Rubrik.
j) Rammstein-Sänger: Nun auch schwere Vorwürfe aus Österreich. Shocking: noch mehr unglaubwürdige Einzelfälle bei Rammstein!
k) Why Elite-College Admissions Matter.
l) Autoland: Autobesitzer beklagt sich, dass er einen Strafzettel bekommt, weil seine Parkvignette abgelaufen ist. Das Amt reagiert zum Glück gut.
ad h): Kein Widerspruch, aber um einen gewissen Stefan S. zu zitieren: Wir brauchen „everything and the kitchen sink“, und ich finde es spannend, dass dieses Verkehrsmittel zumindest diskutiert wird.
Die Gefahr ist natürlich wie immer, dass man durch die Diskussion über Seilbahnen dann die neue Straßenbahnlinie oder den neuen Radweg, die für weniger Geld viel mehr gebracht hätten, für die aber 10 Parkplätze mehr weggefallen wären, elegant aus dem öffentlichen Diskurs verschwinden lässt.
2) Steht der Nordatlantik vor dem Kipppunkt?
Stattdessen hat man unter riesigem Aufwand und zusätzliche Schädigung des Klimas den Reichensport durch Schneekanonen und ähnliches künstlich am Leben erhalten.
Merkst Du das nicht selbst? Egal, wie komplex eine Situation (e.g. Klimawandel, Tourismus) ist, nach nur einer Handvoll Sätzen kommt ein Sozialneid-Spruch. Aber wenn Du alle Leute, die in den Skiurlaub wollen, zu Reichen deklarieren kannst, ist das linke Weltbild wieder in Ordnung, gell?
Tourismus (ob an die Küsten ferner Länder oder in die heimischen Berge) ist ein Stück weit auch Umverteilung. Du kannst in den Bergen weder landwirtschaftliche noch technische Industrie aufbauen, die Leute vor Ort verdienen ihren Lebensunterhalt mit Tourismus. Fällt der Weg, gehen gewaltige Regionen komplett in Hartz IV, oder wandern in die Städte aus, um sich dort bei Jobs, Wohnungen etc. hinten anzustellen.
Das ist nur einer von vielen weiteren Aspekten …
Du kannst nicht mit der Keule vom Sozialneid wegdiskutieren, dass die emissionen extrem ungleich verteilt sind…
… was, nebenbei bemerkt, ein wichtiges sekundäres Argument für den Emissionsrechtehandel ist.
yes
@ Stefan Sasse 3. August 2023, 08:52
Du kannst nicht mit der Keule vom Sozialneid wegdiskutieren, dass die Emissionen extrem ungleich verteilt sind …
Ich „diskutiere weg“, wenn ich Dir einen zusätzlichen, von Dir vergessenen oder unterschlagenen Aspekt der Situation erläutere? Die Keulen schwingst Du, wenn Du erst einmal jede Sache auf ein „Reich-“ oder „Arm“-Problem reduzierst.
Damit liegst Du nicht nur falsch – ein Billig-Schweinenackensteaks grillender Hartz-IV-Bezieher liegt in seinem von Opa geerbten Altbau CO2-mäßig deutlich vor einem
wohlhabenden„reichen“ veganen E-Auto-Fahrer, der in einer modernen, perfekt wärmegedämmten Stadtwohnung lebt; beide leben als Deutsche bzw. in Deutschland deutlich vor jedem „normalen“ Bewohner von Ländern, die wir gerne als „dritte Welt“ bezeichnen.Du killst mit dieser ständigen (je nach Sichtweise) böswilligen oder naiven Reduzierung aufs Geld auch jede sinnvolle Diskussion – jedenfalls mit denjenigen Leuten, die sich für eine Problemlösung interessieren und nicht nur einen neuen Weg suchen, um von den vermuteten „Reichen“ mehr Geld abzuziehen.
Wir haben hier so lange über dieses Thema diskutiert. Mehr Geld bedeutet nicht automatisch „bessere“ oder „mehr“ Lösungen, sondern automatisch nur „mehr Geldausgaben“; alles darüber hinaus ist Glücksache und stärker abhängig von strukturellen Problemen, ob die nun Bürgerwille, Bürokratie, Fachkräftemangel oder Vorschriften sind.
Und wie stets redest Du der „Lösung“, die Schere von oben zu schließen, das Wort, obwohl mir noch keiner erklären konnte, was das an Vorteilen für die finanziell schwächer gestellten Menschen in unserer Gesellschaft bringen soll. Und wie so häufig gehst Du mit keinem Wort auf mein Argument ein – in diesem Falle, dass die Geldausgaben „reicher“ Leute für den Lebensunterhalt vieler Menschen eine große Rolle spielen.
Kannst Du mir sagen, warum eine Diskussion mit Dir Sinn macht?
„dass die Geldausgaben „reicher“ Leute für den Lebensunterhalt vieler Menschen eine große Rolle spielen.“
Das galt auch schon für den Bau der Schlösser im Absolutismus. Versailles hat viele Handwerker und Handlanger ernährt. Trotzdem würden wir das heute nicht als Rechtfertigung dieser Gesellschafts- und Wirtschaftsform akzeptieren.
@ CitizenK 3. August 2023, 17:55
Das galt auch schon für den Bau der Schlösser im Absolutismus. Versailles hat viele Handwerker und Handlanger ernährt. Trotzdem würden wir das heute nicht als Rechtfertigung dieser Gesellschafts- und Wirtschaftsform akzeptieren.
Rückt mal eure Brillen wieder gerade. Ihr könnt doch auf der linken Seite vom Telefon nicht alle so verdreht ticken … ?
Glaubst Du allen Ernstes, dass nur „Reiche“ Ski fahren, Golfen, Reiten, zu fernen Urlaubszielen fliegen etc.? Kann ich aus Deiner Aussage die Schlussfolgerung ableiten, dass diese „Reichen“-Vergnügungen Deiner Meinung nach mit einer Gesellschafts- und Wirtschaftsform (Demokratie, halbwegs freie Marktwirtschaft) einhergehen, die nicht akzeptabel für Dich ist?
Es ging um Schneekanonen, mit denen der Skibetrieb trotz Klimawandel weiter gehen soll. Absurd. Warum dann nicht auch Skihallen wie in Saudi-Arabien oder Dubai? Wenn die Menschen halt Skifahren wollen …
Auch der Tourismus muss sich anpassen. Und einige Skiorte machen das ja schon. Der Verzicht auf das Skifahren wird noch eine der kleineren Anpassungen sein.
@ CitizenK 4. August 2023, 10:52
Es ging um Schneekanonen, mit denen der Skibetrieb trotz Klimawandel weiter gehen soll.
Nein. Stefan Sasse hat Ski fahren als „Reichensport“ bezeichnet. Das ist er nicht, es sei denn, dass man die Welt bzw. die deutsche Gesellschaft ausschließlich in „Arme“ und „Reiche“ unterteilt und dabei vergisst, dass der mit Abstand größte Teil unserer Bevölkerung zwischen diesen Extremen zu finden ist.
Ob man Ski-Tourismus braucht oder nicht, ob man Schneekanonen einsetzt oder auf Hallen ausweicht (die auch erstmal gebaut werden müssten), ist mir persönlich schnuppe. Interessant finde ich allerdings die wintersportliche Gleichsetzung von Deutschland mit Saudi Arabien und Dubai. 🙂
Ich habe kein grundsätzliches Problem damit, über den Sinn und Unsinn von Schneekanonen und Wintersport offen zu diskutieren, wenngleich ich nicht betroffen bin.
Mich stört nur dieser ausgeprägte Beißreflex, so wie man irgendwie die Möglichkeit hat, etwas mit dem Begriff „reich“ zu taggen. So wie Stefan Sasse und Du darüber „argumentieren“, wird das stets zu einer Sozialneid-, nicht zu einer Sachdiskussion.
Mein Beitrag bezog sich allein auf den ökologischen Aspekt.
(Skiferien auf der Arabischen Halbinsel kann man übrigens buchen wie in Tirol oder im Engadin:
https://www.skiresort.de/skigebiet/snow-city-riad/)
Ich stimme durchaus zu: Es können sich nicht nur „Reiche“ Skiferien leisten. Meine Nachbarn (Lehrer-Ehepaare, SAP-Angestellte, also typische Mittelschicht) tun das regelmäßig. Als ich noch keine Kinder hatte, konnte ich das auch. Also hör bitte mit dem Sozialneid-Quatsch auf. Ich beklage mich nicht.
@ CitizenK 4. August 2023, 12:41
Mein Beitrag bezog sich allein auf den ökologischen Aspekt.
Dann schreib das doch beim nächsten Mal gleich mit. Dann kann ich Dir zustimmen.
Ich stimme durchaus zu: Es können sich nicht nur „Reiche“ Skiferien leisten.
…
Also hör bitte mit dem Sozialneid-Quatsch auf.
Kein Quatsch. Wenn Stefan Sasse Ski fahren gegen mein, Dein und sein eigenes Wissen als „Reichen“sport deklariert, dann sag doch bitte ihm, dass er falsch liegt, nicht mir.
Alles, was einem irgendwie wirtschaftlich oder ökologisch nicht passt, als „Reichen“problem zu deklarieren, sorgt ein Stück weit für Spaltung und Neid: „Von die Reichen machen die Welt kaputt (= ich nicht, da ich nicht reich bin) “ bis zu „die Reichen können sich das leisten, ich nicht (2also muss man denen Geld wegnehmen) steckt alles drin.
Der begriff war unzweifelhaft schlecht gewählt. Nennen wir es einen sport für mittelschicht und aufwärts? im übrigen stimme ich auch deiner einschätzung über die spaltung zu.
Traurig, aber gibt es:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ski_Dubai
Glaubst Du allen Ernstes, dass nur „Reiche“ Ski fahren, Golfen, Reiten, zu fernen Urlaubszielen fliegen etc.?
Also ich bin in einem ärmeren Stadtviertel aufgewachsen, in dem vornehmlich Arbeiterklasse, untere Mittelklasse und Sozialhilfeempfänger gelebt haben und kann Dir sagen, dass dort null Leute Fernreisen machen, Ski fahren, oder golfen. Ein paar Mädchen hatten Reitstunden. Das war’s. Das erste Mal, dass ich überhaupt gehört habe, dass jemand außerhalb Europas Urlaub macht, war nachdem ich im Nachbarviertel auf’s Gymnasium gekommen war und sich meine Klasse zur Hälfte aus Kindern aus einem ausgesprochen wohlhabenden, in der Peripherie liegenden Stadtteil zusammensetzte. Dort hörte ich auch zum ersten Mal davon, dass manche Familien (nicht meine halt, weil kein Geld) zweimal im Jahr Urlaub machten: Fernreise im Sommer und dann Skiurlaub im Winter. Ich war total baff. Und auch dass Golf als Sport existiert, habe ich zum ersten Mal von diesen reichen Kids erfahren. In meinem eigenen Stadtviertel fuhr man Skateboard oder ging in den Fußballverein.
@ Ralf 4. August 2023, 10:56
Also ich bin in einem ärmeren Stadtviertel aufgewachsen, in dem vornehmlich Arbeiterklasse, untere Mittelklasse und Sozialhilfeempfänger gelebt haben und kann Dir sagen, dass dort null Leute Fernreisen machen, Ski fahren, oder golfen. …
In meinem eigenen Stadtviertel fuhr man Skateboard oder ging in den Fußballverein.
Auch Du scheinst die Menschen hier nur zwischen „arm“ und „reich“ einzuteilen, ohne das Gros der Bevölkerung dazwischen zu verorten. Aber immerhin verstehe ich jetzt Deinen Maßstab für „erlaubten Wohlstand“ etwas besser.
Auch Du scheinst die Menschen hier nur zwischen „arm“ und „reich“ einzuteilen, ohne das Gros der Bevölkerung dazwischen zu verorten.
Also da scheinen Dir in meinem Post die Begriffe “untere Mittelklasse”, “Arbeiterklasse”, und “Sozialhilfeempfänger” durch die Lappen gegangen zu sein, was schade ist, denn sie standen alle bereits im ersten Satz.
@ Ralf 4. August 2023, 13:18
Also da scheinen Dir in meinem Post die Begriffe “untere Mittelklasse”, “Arbeiterklasse”, und “Sozialhilfeempfänger” durch die Lappen gegangen zu sein, was schade ist, denn sie standen alle bereits im ersten Satz.
Gerne etwas spezifischer: Wenn Dein Spektrum sich zwischen “untere Mittelklasse”, “Arbeiterklasse” (gibt es nicht mehr), “Sozialhilfeempfänger” und „reich“ aufteilt, verstehe ich Deine Einstellung zu Geld und Besitz etwas besser. Sie ist trotzdem falsch, da sie das Gros der Bevölkerung nicht erfasst.
Wenn Dein Spektrum sich zwischen “untere Mittelklasse”, “Arbeiterklasse” (gibt es nicht mehr), “Sozialhilfeempfänger” und „reich“ aufteilt,
Tut es nicht. Selbstverständlich liegen zwischen “unterer Mittelklasse” und “reich” zahlreiche gesellschaftliche Schattierungen. Worum es mir in dem Abschnitt ging, war dass der weniger begüterte Teil unserer Gesellschaft deutlich weniger zum Klimaproblem beiträgt als der besserverdienende. Und zwar weil sich selbst die untere Mittelklasse praktisch keine Fernreisen leisten kann und für große Teile der Arbeiterklasse (und für Sozialhilfeempfänger sowieso) noch nicht mal der Mallorca-Flug drin ist. Geringverdienerhaushalte haben auch seltener mehr als ein Auto und nutzen – wenn vorhanden – häufiger die öffentlichen Verkehrsmittel. Geringverdiener haben auch kleinere Wohnungen, die im Schnitt mit weniger Strom und Heizung versorgt werden müssen. Geringverdiener kaufen im Supermarkt seltener außersaisonales Flugobst, weil das teurer ist, und konsumieren überhaupt insgesamt weniger, weil Konsum Geld kostet. Computer, Handys, Fernseher, deren Produktion Klimaressourcen verschlingt, werden weniger oft ersetzt.
Proportional zum Einkommen nimmt im Durchschnitt das Ausmaß des klimaschädlichen Verhaltens zu, weil der Konsum zunimmt. Da ist die “mittlere Mittelklasse” problematischer als die “untere Mittelklasse”, die “obere Mittelklasse” problematischer als die “mittlere Mittelklasse” und die wirklich reichen Leute, die mit dem Privatjet zum Mode-Shoppen von Paris nach Mailand fliegen, sind das allergrößte Problem.
das kann doch auch nicht umstritten sein, oder?
Das scheint abwechselnd abgestritten zu werden, um dann plötzlich wieder selbstverständlich unumstritten zu sein -> aber mit dem Twist, dass Arme dann die größeren Klimaschädlinge sein sollen, weil es von denen ja so viele gibt und deren Beiträge quer durch die Gesellschaft aufsummiert werden …
Ich glaube, wir müssen hier echt trennschärfer werden mit Begriffen. folgende thesen:
1) reiche (wirklich reich) sind pro kopf die schlimmsten verschmutzer, aber es gibt nicht viele
2) die mittelschicht ist massemäßig der größte verschmutzer, weil es viele gibt und ihr konsum deutlich co2-lastiger als der der unteren 50% ist
3) die unteren 50% fallen wenig ins gewicht
4) global gesehen gehören unsere unteren 50% zu den oberen 20% und machen daher immer noch den meisten CO2-Anteil aus
ist das soweit allerseits d’accord? weil gerade dieses „die reichsten 20% verursachen 80% der emissionen“ ist ja GLOBAL betrachtet, und das geht in der debatte ständig durcheinander.
Worum es mir in dem Abschnitt ging, war dass der weniger begüterte Teil unserer Gesellschaft deutlich weniger zum Klimaproblem beiträgt als der besserverdienende.
Na prima. Dann machen wir doch mal verschiedene Problemklassen auf – der Klimawandel ist ja nicht das einzige – und rechnen aus, bei welchem gesellschaftlichen Problem welche gesellschaftliche Schicht, welches Milieu oder welche Ethnie Bevölkerungsanteil entspricht. Danach diskutieren wir darüber, wie man eine Gleichverteilung des Problems administrativ erzwingen kann, okay?
Mich gruselt es bei diesem Ansatz zwar, aber wenn das so gewünscht wird, von mir aus.
Gruss,
Thorsten Haupts
Du kündigst an, mal eine spannende Analyse zu machen, machst aber dann keine.
Abgesehen davon, geht es nicht darum, dass Reiche die Folgen des Klimawandels alleine schultern sollen (, weil sie die größten Problemverursacher sind). Diese Folgen werden wir sowieso alle gemeinsam tragen müssen. Sondern es geht darum, dass Reiche das größte Potential haben mit relativ zumutbaren Einschränkungen signifikante Effekte zu erzielen. Wir hatten unter anderem über Fernreisen gesprochen. Die sind schlicht ein “nice-to-have”, kein zum Überleben notwendiges “must-have”. Dasselbe gilt für dicke SUV-Spritschleudern. Die sind ein “nice-to-have”, kein “must-have”. Zur Arbeit komme ich auch mit dem Bus. Oder mit einem kleinen E-Auto. Wir werden in Zukunft eine deutliche Verknappung der Ressourcen erleben und die Frage ist, bei wem wir reduzieren. Bei denen, die schon jetzt kaum etwas haben? Oder bei denen, die im Überfluss schwelgen?
Die Auswertungen, wie viele Emissionen Reiche eigentlich verursachen, kommen ausschließlich von „Think Tanks“, die sich auch sonst dem Thema der globalen Ungleichheit sehr einseitig nähern.
Vorneweg Oxfam, die ihre Studie gleich mit einer klaren und wenig überraschenden Forderung versehen:
„Die Superreichen müssen besteuert und Investitionen so reguliert werden, dass sich Geldanlagen, die den Planeten zerstören, nicht mehr lohnen. Die Regierungen müssen außerdem Unternehmen zu mehr Rechenschaftspflicht und Transparenz und zur radikalen Reduzierung ihrer Emissionen verpflichten“
und
Billionaires “have escaped accountability for too long”, Danny Sriskandarajah, CEO of Oxfam GB, says.
Wissenschaftliche Neutralität klingt irgendwie anders.
Liest man ein bisschen, dann geht es gar nicht darum, dass Reiche diese Emissionen direkt durch ihr Konsumverhalten verursachen, wie hier ja kritiklos und pauschal unterstellt wird: Privatjets und so weiter. Dabei hätte mit weniger Schaum vorm Mund klar sein müssen, dass sehr wohlhabende Menschen unmöglich selbst das CO2 emittieren könnten wie es Oxfam unterstellt. Nein, es geht um die Investments der Reichen. Da Reiche nunmal Haupteigner von Unternehmen sind und die meisten Unternehmen CO2 emittieren, meist mehr als ein Privathaushalt, verwundert es dann nicht, dass sie viel mehr das Klima schädigen. Alternative: zurück in die Steinzeit.
https://www.cnbc.com/2022/11/08/billionaires-emit-a-million-times-more-greenhouse-gases-than-the-average-person-oxfam.html#:~:text=Billionaires%20emit%20a%20million%20times%20more%20greenhouse%20gases,long%E2%80%9D%2C%20Danny%20Sriskandarajah%2C%20CEO%20of%20Oxfam%20GB%2C%20says.
Ein weitere Veröffentlichung ist die von Nature Sustainability, eine andere die von dem Franzosen Piketty betriebene World Inequality Labs.
Die Debatte fällt wie so oft in die Kategorie: Wir glauben, was wir glauben wollen.
Sag einmal, wie kann es kontrovers sein, dass Leute, die einen Privatjet und eine yacht haben, eine villa bewohnen und zwischen mehrern zweitwohnsitzen pendeln mehr Emissionen verursachen als jemand, der einmal im Jahr nach Malle fliegt und in einer Dreizimmerwohnung lebt?!
Wir werden in Zukunft eine deutliche Verknappung der Ressourcen erleben …
Nö, werden wir nicht. Den Doomer-Sound kenne ich aus meinen historischen Werken zur Genüge, er begleitet die Menschheit seit Beginn schriftlicher Aufzeichnungen. Der letzte grosse Katastrophenprophet mit Wirkung bis heute war Malthus, nach dessen Vorhersagen wären wir übrigens alle längst verhungert.
Wir werden – ja, da bin ich zu 100% sicher – unter entsprechendem Druck eine Resource durch eine andere ersetzen, das ist alles.
Gruss,
Thorsten Haupts
Das nennt man auch das “Wundertechnologieargument”. Aber ich komme Dir entgegen: Zeig mir erst mal diese “Austausch-Resource” und dass sie in notwendigen Mengen und zu akzeptablem Preis hergestellt werden kann. Und dann höre ich auf Konsumeinschränkungen zu fordern. Bis Deine Wunder-Resource nachweislich das Licht der Welt erblickt hat aber, tun wir das einzige, von dem wir wissen, dass es auch heute schon unseren Planeten zu retten vermag: Wir schränken uns ein.
@Stefan Sasse
ist das soweit allerseits d’accord?
Ja, mich hast Du mit der Analyse an Bord. Wobei die unteren 50% schon signifikant, wenn auch weniger als andere zum Klimaproblem beitragen. Sie haben nur kaum Einsparpotential. Die Wohnung einfach im Winter nicht mehr heizen, ist z.B. nicht wirklich eine akzeptable Option. Bei der Mittelschicht lassen sich die wirksamsten Einsparungen erzielen, insbesondere bei der einkommensstärkeren Hälfte der Mittelschicht. Einfach weil es sehr viele Menschen sind, weil die Klimaschädlichkeit des Verhaltens sehr hoch ist und weil mit relativ kleinen Opfern ein signifikanter Beitrag zur Lösung des Problems geleistet werden kann. Wenn ich z.B. nur alle 3-4 Jahre in den Fernurlaub fahre und ich ansonsten meinen Urlaub an der Riviera, auf den Balearen, in Kreta, in Schweden oder im Allgäu verbringe, fällt mir kein Zacken aus der Krone. Erholen kann ich mich trotzdem. Wenn ich mich der Erntesaison folgend von lokalen Produkten ernähre, fällt mir kein Zacken aus der Krone. Wenn ich in der Betriebscafeteria alle zwei oder drei Tage mal ein vegetarisches Gericht esse, fällt mir kein Zacken aus der Krone. Wenn ich ein normalgroßes E-Auto fahre, statt einer SUV-Spritschleuder und wenn ich 130 km/h statt 160 km/h fahre, fällt mir kein Zacken aus der Krone. Wenn ich da, wo es möglich ist den ÖPNV nutze oder auch mal mit dem Fahrrad fahre oder zu Fuß gehe, fällt mir kein Zacken aus der Krone. Und wenn irgendwer Geld für Investitionen in Hausdämmung und Wärmepumpen hat – gerne auch mit Förderung durch die Gemeinschaft – dann ist es diese Gruppe der soliden Mittelschicht. Zufälligerweise ist es auch genau diese Gruppe, die Häuser besitzt. Passt also. Bleibt die Frage, was mit den Reichen zu tun ist. Und separieren wir “Reiche” hier mal in “Millionäre”, “Multi-Millionäre” und “Superreiche” (ab 50 Millionen Vermögen?). Von diesen “Reichen” gibt es relativ wenige und insbesondere “Superreiche”, also die Privatjet- und Luxusyachtfraktion, sind sehr rar gesäht. Man kann also den Einwand erheben, dass ihre Miteinbeziehung in die Klimaproblemlösung eher symbolischen Charakter hat. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass das so zwar nicht ganz richtig ist, aber ich bin auf dem Feld auch kein Experte. Also behaupten wir einfach mal – nur für das Argument – dass der Anteil der Reichen am Klimaproblem vernachlässigbar ist. Ist das ein gutes Argument diese Klientel auszusparen und praktisch die komplette Bürde der Klimaschutzbeiträge alleinig nur der Mittelschicht aufzuladen? Ich halte das für eine Strategie, die absehbar zum Scheitern verurteilt ist. Akzeptanz für Maßnahmen entsteht in der Bevölkerung nur wenn die Menschen sehen, dass alle mitmachen, dass alle ihren Beitrag leisten. Wenn Reiche einfach so weitermachen wie bisher und ihr klimaschädlicher Konsum auch noch zum Statussymbol wird (“seht her, ich urlaube in Japan und esse auf dem Flug erstmal ein dickes Steak”), dann wird die Bereitschaft bei den “normalen Menschen” am Projekt mitzuarbeiten auf null zusammenbrechen. Als Analogie -> Ich erinnere mich an eine Zeit, in der gleichzeitig alle Spülfrauen in meinem damaligen Institut ausgefallen waren (mehrere waren im Urlaub und die einzige Verbliebene hatte sich verletzt und konnte für ein paar Wochen nicht zur Arbeit kommen). Der Professor musste Freiwillige suchen, die in den kommenden drei Wochen morgens früh aufstehen, zur Arbeit kommen und die Arbeit der Spülfrauen mitmachen würden. Kein beliebter Job, wie Du Dir vorstellen kannst und auch noch unbezahlt. Wie er seine Freiwilligen zusammenbekommen hat? Indem er sich selbst als erstes für die erste Woche auf den Plan geschrieben hat. Andere, die das gesehen haben, sind dann seinem Beispiel gefolgt. Daraus habe ich gelernt, dass Eliten vorangehen müssen mit gutem Beispiel und tatkräftigem Handeln. Das zieht die Mehrheit der “normalen Leute” mit. Das Gegenteil passiert, wenn die Eliten Wasser predigen, aber sichtbar Wein saufen.
d’accord für die Auswirkungen der gehobeneren Mittelschicht.
ich denke schon dass der charakter der superreichen-maßnahmen weitgehend symbolisch ist, allein, die symbole sind halt wichtig. gutes beispiel mit dem spülen btw
Das nennt man auch das “Wundertechnologieargument”
Nö, das nennt man historische Erfahrung und Vertrauen in den menschlichen Erfindungsgeist.
Wir schränken uns ein.
CO2-preis- oder handelsgetrieben jederzeit, dann wird das eine sehr temporäre Einschränkung :-). Staatlich administriert fällt in Demokratien ohnehin aus.
Gruss,
Thorsten Haupts
“ Vertrauen in den menschlichen Erfindungsgeist” = Hoffnung auf Wundertechnologie
Als 1969 die ersten Astronauten auf dem Mond landeten, gingen die meisten Menschen davon aus, dass bald eine Mondbasis errichtet würde, dann Kolonien, und dass die Menschen auf den ferneren Planeten landen und schließlich das Sonnensystem verlassen würden. Machte bei dem rasanten Fortschritt in der Technologie auch absolut Sinn an eine solche Zukunft zu glauben. Mehr als 50 Jahre später gibt es praktisch keine Mondflüge mit Besatzung mehr. Mit dem Bau einer Mondbasis ist nie begonnen worden. Kolonien auf dem Mond oder dem Mars liegen in weiter Ferne. Und es sieht so aus, als wenn die Menschheit unser Sonnensystem niemals verlassen würde.
Fazit: “Glauben” und “hoffen” darf man immer. Ich bin selber Wissenschaftler und glaube und hoffe ziemlich viel. Optimismus ist nie verkehrt. Aber eine mögliche und zumutbare Lösung für einen drohenden Untergang wegen Unbequemlichkeit vom Tisch zu wischen und mit einer noch zu erfindenden “Pie in the sky”-Wundertechnologie zu ersetzen, ist nicht optimistisch sondern unverantwortlich. Genauso könnte man einem Menschen, der überschuldet ist raten, sich eine weitere Kreditkarte zuzulegen und weiter zu shoppen, mit dem Hinweis auf einen möglichen Lottogewinn in der Zukunft, der alle Schuldenprobleme lösen könnte. Da kenne ich Dich doch als ausreichend konservativ, dass Du das nicht für eine zielführende Idee halten würdest …
Ist es nicht. Aber das ist wieder der übliche Trick, der am Ende von links die Debatten vergiftet. Es ist die Rede von den oberen 20 (!) Prozent, welche 80 Prozent der Emissionen verursachen würden. Man braucht auf der Linken die großen Zahlen, um Agitieren (=vergiften) zu können. Allerdings werden die oberen 20 Prozent hauptsächlich von Menschen wie Erwin, Thorsten, Stefan S. und Stefan P. bevölkert und die besitzen fast nie Learjets. Die kleine Gruppe der 0,01 Prozent aber kommen mit ihrem Konsumverhalten vielleicht auf 0,1 oder 0,3 Prozent der Emissionen, zu wenig um damit Politik machen zu können.
Und wie gesagt, diese Studien bemühen anscheinend ähnliche Tricks, denn das Investitionsverhalten zu den persönlichen Emissionen zu rechnen ist ähnlich sinnvoll wie Dir die Deiner Schüler beim Schulbesuch zuzurechnen.
Bezogen auf mich persönlich würde ich eher von einer degressiv ansteigenden Funktion in Bezug zum Einkommen ausgehen. Ist dann halt in der Analyse nicht spektakulär.
Ralf 6. August 2023, 13:33
Tut es nicht. Selbstverständlich liegen zwischen “unterer Mittelklasse” und “reich” zahlreiche gesellschaftliche Schattierungen.
Geht doch …
Worum es mir in dem Abschnitt ging, war dass der weniger begüterte Teil unserer Gesellschaft deutlich weniger zum Klimaproblem beiträgt als der besserverdienende.
Dann schreib das doch. Dass jemand mit mehr Einkommen vermutlich mehr Konsum und damit höchstwahrscheichlich einen größeren CO2-Fußabdruck hat, wird doch von niemandem bestritten.
Aber wiederum versuchst Du nur, irgendeinen moralischen Druck gegen die da oben aufzubauen. „Ceterum censeo …“
Wird langsam anstrengend, wenn Du Dir für jede Diskussion nur die Aspekte heraussuchst, die darauf Hinauslaufen, dass die Armen arm dran sind. Ist halt so, und wird immer so sein, wenn selbst Leuten wie Dir nichts anderes einfällt, als die da oben einzuschränken und stärker zur Kasse zu bitten.
Im übrigen stimme ich auch Deiner Einschätzung über die Spaltung zu.
Ok, danke
„Emissionen sind extrem ungleich verteilt.“ Der Satz ist intellektuell ein Witz. Haben da ein paar zu laut „hier“ geschrien oder was ist damit gemeint? Menschen emittieren CO2, das war schon zur Zeit der Römer so. Ein dicker, sorry, mehrgewichtiger Mensch emittiert mehr CO2 als ein dünner. Auch Männer verbrauchen mehr CO2 als Frauen, was die Frage aufwirft, ob wir uns das Testosteron noch leisten können.
Wer darüber lacht oder sich aufregt – es zeigt, wohin Stefan und Konsorten solche Debatten führen.
Und? Viele Dinge sind extrem ungleich verteilt, bis hin zum Wetter. Die einzigen Möglichkeiten, der hier angesprochenen Ungleichverteilung zu begegnen, sind Preise oder Rationierung. Und bei Rationierung steige ich aus – selbst, wenn sie im Rahmen einer rechtsstaatlichen Demokratie organisierbar wäre (sehr zweifelhaft), sind die Neben- und Folgewirkungen staatlich geplanter Rationierung als Kosten dieser Rationierung viel zu hoch. Nationalstaatliche Rationierung führt – notwendig – automatisch zu Mauern.
Die ganze Debatte ist, solange die angesprochenen Verhaltensweisen legal sind, ohnehin nur zweckfreier Moralismus. Und das hat mich meine Lebenserfahrung gelehrt – auf jeden, den man mit Moralismus möglicherweise überzeugt, kommen zwei andere, die man damit abstösst.
Gruss,
Thorsten Haupts
deswegen bin ich ja auch für preise und gegen moralismus. ich halte wenig davon, irgendwelche aufrufe zu freiwilligem verzicht zu fahren.
@ Stefan Sasse 5. August 2023, 09:40
Deswegen bin ich ja auch für Preise und gegen Moralismus.
Wenn Du alles zu einem Problem von „reichen“ Leuten erklärst, tust Du aber genau das: Du schwingst die moralische Keule.
korrekt, war doof.
@ Thorsten Haupts 4. August 2023, 21:36
Die ganze Debatte ist, solange die angesprochenen Verhaltensweisen legal sind, ohnehin nur zweckfreier Moralismus.
Genau das!
Tendenziell ist der individuelle CO2 Fussabdruck stark abhängig vom Konsum. Insofern ist es auch eine Frage von arm und reich. Die Idee aber, dass eine geänderte Vermögensverteilung das Problem löst halte ich für zu kurz gesprungen. Menschen wollen sich mit Geld etwas leisten – also müssen wir doch Wege finden, dieses Konsuminteresse mit Umweltschutz in Einklang zu bringen. Darin liegt der Knackpunkt, denn Verzicht oder Verteuerung werden jegliche Akzeptanz für den Umbau unserer Wirtschaft blockieren. Wie diese Quadratur des Kreises gelingen soll? Ich weiss es nicht, aber das ist die große Herausforderung unseres Jahrhunderts. Der Umbau auf Kreislaufwirtschaft, erneuerbare Energien und CO2 Speicherung geht auf jeden Fall schon mal in die richtige Richtung.
Zum Artikel der in Punkt 2 zitiert wird. Vor kurzem hörte ich in dem Podcast Lage der Nation noch ein Interview mit Jochem Marotzke, stellvertretender Sprecher des Exzellenzclusters Climate, Climatic Change, and Society (CLICCS) am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) an der Universität Hamburg. Hier wurde erklärt, dass wir eigentlich das System dieser Atlantikströmungen noch gar nicht so recht verstanden haben. Jetzt soll plötzlich in 2 Jahren der Golfstrom versiegen können. Sorry aber bei diesem Alarmismus kommt niemand mehr mit. Natürlich hat der Menschgemachte Klimawandel Auswirkungen auf diese Strömungen. Aber in welcher Intensität und Umfang, kann niemand aktuell sagen. Wir haben in diesem Jahr auch ungewöhnlich hohe Oberflächentemperaturen im Atlantik. Ob das aber ein Trend oder eben nur ein Extremereignis war, ist auch schwierig zu bewerten.
@ Kning4711 3. August 2023, 14:18
Tendenziell ist der individuelle CO2 Fussabdruck stark abhängig vom Konsum. Insofern ist es auch eine Frage von arm und reich.
Gerade, weil die Wohlhabenderen es sich leisten können, gibt es inzwischen Bio-Milch, Bio-Fleisch etc. in den Kühlregalen. Auch verbrauchen neue (= teurere) Autos weniger Kraftstoff als vergleichbare ältere Fahrzeuge etc. Wiederum fliegen die einen „nur“ nach Mallorca oder Antalya, andere nach China oder New York.
Aber es ist eben kein Automatismus. Bei „mehr Konsum = mehr CO2“ gehe ich mit, bei „reicher“ Konsum vs. „armer“ Konsum nicht.
Die Idee aber, dass eine geänderte Vermögensverteilung das Problem löst halte ich für zu kurz gesprungen. Menschen wollen sich mit Geld etwas leisten – also müssen wir doch Wege finden, dieses Konsuminteresse mit Umweltschutz in Einklang zu bringen.
Zustimmung!
Dass Konsum = Konsum ist, egal ob der Konsumierende arm oder reich ist, ist eine Binse. Es lässt sich aber statistisch belegen, dass Reiche mehr konsumieren als Arme. Und die Mittelschicht konsumiert mehr als die Unterschicht. Das ist auch nicht verwunderlich, weil Konsum Geld kostet und Reiche mehr Geld haben als die Mittelschicht und die Mittelschicht mehr Geld hat als die Unterschicht. Folglich sind Reiche als Gruppe ein größeres Problem für das Klima als die Mittelschicht. Und die Mittelschicht als Gruppe ist ein größeres Problem für das Klima als die Unterschicht.
Zur Erinnerung -> Ein einziger Transatlantikflug verbraucht etwa 50-100% Deines persönlichen CO2-Jahresbudgets, je nachdem welches Jahresbudget man zugrunde legen möchte (siehe hier für einige Zahlen zur Orientierung: https://www.micestens-digital.de/persoenliches-co2-budget/). Also das ist natürlich nur relevant, wenn es ein persönliches CO2-Budget geben würde – ein Modell, das Liberale eigentlich mögen sollten, weil es jedem Bürger in voller Eigenverantwortung ermöglichen würde, sein persönliches CO2-Budget so auszugeben, wie er möchte. Und möglicherweise nach einem einzigen Berlin-New York-Flug – und garantiert nach der Rückreise, ist das komplette Budget weg. Egal wie viel Bio-Obst man dann noch isst oder wie viel Fahrrad man fährt. Wohnung heizen, Strom verbrauchen etc. kostet unweigerlich CO2. Auch vegane Kost kostet CO2 – nur halt weniger als Fleisch. Das Budget kann nicht mehr ausgeglichen werden. Hartz IV-Empfänger fliegen aus offensichtlichen Gründen nie nach New York. Für die untere Mittelschicht ist ein Urlaub in Übersee eine absolute Ausnahme. Die meisten bleiben am Mittelmeer. Die mittlere und gehobene Mittelschicht fliegt schon öfter in die Ferne. Reiche fliegen – statistisch – mehrmals im Jahr, oft dazu auch noch beruflich.
Also das ist natürlich nur relevant, wenn es ein persönliches CO2-Budget geben würde – ein Modell, das Liberale eigentlich mögen sollten
Als tatsächliches persönliches Budget ist die Idee nicht praktikabel, da der Verwaltungsaufwand monströs wäre.
Allgemein als globaler Emissionsrechtehandel gedacht ist es genau das, was Liberale fordern – weil es das beste (man kann IMHO auch ruhig sagen: einzige) Modell ist, mit dem man die Energiewende global schaffen kann.
Man könnte aber durchaus sagen, dass das persönliche CO2-Budget ein Axiom aller Cap&Trade-Modelle ist. Weil die realen CO2-Emissionen eines z.B. Inders sehr viel geringer als die eines Europäers sind, gäbe es durch dieses Modell enorme Finanzströme in den globalen Süden.
Das Modell ist so effizient und gerecht, dass die Grünen es von Anfang an abgelehnt haben.
Dass der Ansatz eines persönlichen CO2-Budgets nicht praktikabel ist, ist klar. Aber er ist eine sinnvolle Perspektive über das Problem nachzudenken, weil man sich in diesem Modell eben nicht mit der Ausrede rausstehlen kann, dass schon irgendwer anders im Land das CO2 für das gemeinsame Ziel einsparen soll, während man selbst einfach so weiter lebt wie bisher. Es zeigt, welche schmerzlichen Kompromisse jeder einzelne machen müsste. Schon eine einzige Reise in die USA könnte man sich maximal alle drei oder vier Jahre leisten. Und auch das nur, wenn man über diese drei bis vier Jahre hinweg massiv über Konsumverzicht CO2 einspart. Wenn man das mal realisiert hat, wird schnell klar, warum Einkommen und Klimaschädlichkeit in etwa proportional sind, was ja von manchen hier bestritten wurde.
@ Ralf 3. August 2023, 16:41
Dass Konsum = Konsum ist, egal ob der Konsumierende arm oder reich ist, ist eine Binse. Es lässt sich aber statistisch belegen, dass Reiche mehr konsumieren als Arme.
Ja, Zustimmung. Aber trotzdem wieder ein Beleg für allzu schlichtes Denken. „Reiche“ (in gewohnter Unschärfe ohne weitere Definition, was Du meinst, wenn Du den Ausdruck benutzt) konsumieren mehr als „Arme“ (dito), aber wer kauft Bio-Nahrungsmittel, verbrauchsreduzierte Neuwagen bzw. E-Autos etc.? Und auch der Punkt, dass in unserer Gesellschaft Produktion die Menschen in Lohn und Brot hält, wird unterschlagen.
Solange Du Dir keine Gedanken darüber machst, was mit dem Rest der Gesellschaft passiert, wenn Du Deine Vorstellungen umsetzen könntest, sind Deine Vorstellungen nicht rund.
Zum Beispiel aus ökologischen Gründen den Konsum einschränken? Wie? Verbieten? Verteuern? Beides trifft die Schwächeren, die sich nicht großartig einschränken können. Viele würden versuchen, sich an das zu klammern, was sie haben, und die Umwelt wäre ihnen irgendwann egal. Viele würden ihre Jobs verlieren, müssten vom Staat aufgefangen werden, der dann wieder die „Reichen“ abkassiert? Die Mittelschicht würde in jedem Fall zerbröseln.
Solange Du alle Einwände beiseite wischt und selbst keine komplexeren Antworten geben kannst, ist das alles nich6t zielführend. Versteh mich da bitte nicht falsch: Ich habe selbst auch keine perfekte „One Size fits all“-Lösung, die allen Anforderungen gerecht wird. Ich bin aber auch nicht derjenige, der ständig schwere Eingriff in die Leben anderer menschen fordert.
Zeig mir mal ein konkretes Beispiel, wo ich “alle Deine Einwände beiseite wische”. Die Bedenken, die Du äußerst sind selbstverständlich real. Und weder gibt es die eine perfekte Lösung, noch gibt es eine Lösung, die ohne eine große Zahl an Verlierern auskommt. Jede umwälzende gesellschaftliche Veränderung produziert Verlierer. Denk mal an die Wiedervereinigung. War da auch nicht anders. Sich vor Veränderungen zu drücken, produziert im übrigen auch Verlierer. Ist leider mitnichten so, dass alles gut wird bzw. bleibt, wenn man nur einfach nichts macht.
Den Klimawandel wird man am Ende wahrscheinlich nur mit einem riesigen Bündel an Maßnahmen bewältigen können, das sich sowohl auf Anreize als auch auf Verbote stützt, das in die Zukunft investiert, aber auch signifikant in den Markt eingreift.
Beispiel Flugverkehr: Über ein Verbot innerdeutscher Flüge bzw. Flüge unterhalb von 1000 km Distanz wird ja bereits nachgedacht. Das geht natürlich nur, wenn im Gegenzug die Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahn ausgebaut werden. Meine häufigste Flugstrecke ist z.B. innereuropäisch 900 km. Mit der Bahn brauche ich derzeit mehr als doppelt so lang wie mit dem Flugzeug und es ist fast doppelt so teuer. In der Praxis bedeutet das den Verlust zweier Urlaubstage (Anreise und Abreise) und ich zahle dafür auch noch einen saftigen Aufpreis. Kürzlich hatte ich hier im Blog vorgerechnet wie sich der Unterschied in der Reisezeit zwischen der Flug- und der Bahnoption auf null reduzieren würde, wenn mein ICE (Verbindung ist direkt) auf der gesamten Strecke die Geschwindigkeit fahren würde, die der ICE zwischen Frankfurt und Köln fährt (200 km Distanz in etwa einer Stunde, bei einer kleinen Anzahl von Zwischenhalten; die Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h wird auf den meisten Streckenabschnitten erreicht). Die Bahn wäre dann völlig äquivalent. Und bequemer.
Bei Langstreckenflügen wird es komplizierter. Die lassen sich schlecht oder gar nicht durch die Bahn ersetzen. Hier würde es wahrscheinlich technische Verbesserungen brauchen (z.B. E-Fuels, E-Flugzeuge – bin hier kein Experte). Man könnte auch über eine Kontingentierung von Flugmeilen nachdenken, bei der jeder deutsche Bürger ein Meilenbudget hat, das er ansparen oder verbrauchen kann. Das hätte den Vorteil, dass garantiert wäre, dass nicht mehr als die maximalen Meilen verflogen werden. Und es wäre gerecht, weil der Bürger der unteren Mittelklasse genauso viele Meilen zur Verfügung hätte wie der Millionär – der Flug nach Mallorca alle ein oder zwei Jahre wäre also weiterhin drin. Wenn man das Meilenkonto nicht verkäuflich macht, bedeutet das außerdem, dass keine Situation droht, bei der die Armen sich gezwungen sehen ihre Meilen zu verkaufen, während die Reichen einfach weiterprassen, wie immer schon.
Wäre gut komplementär zu cap+trade benutzbar. Man könnte ungenutzte Flugmeilen dann einfach verkaufen. Marktwirtschaft!
Ich glaube inzwischen, Du willst nicht sehen, wie extremistisch Ralf denkt:
Wenn man das Meilenkonto nicht verkäuflich macht, bedeutet das außerdem, dass keine Situation droht, bei der die Armen sich gezwungen sehen ihre Meilen zu verkaufen, während die Reichen einfach weiterprassen, wie immer schon.
In Ralfs Welt wird Freiheit staatlich zugeteilt. Schön in Häppchen.
@ Stefan Pietsch 4. August 2023, 20:43
Ich glaube inzwischen, Du willst nicht sehen, wie extremistisch Ralf denkt:
Zustimmung
Wenn man das Meilenkonto nicht verkäuflich macht, bedeutet das außerdem, dass keine Situation droht, bei der die Armen sich gezwungen sehen ihre Meilen zu verkaufen, während die Reichen einfach weiterprassen, wie immer schon.
Die ersten, die sich über ein Verkaufsverbot beschweren würden, wären diejenigen, die solch ein Meilenkonto nicht nutzen können.
Sehr preußisch: An seinem Wesen soll die Welt genesen …
Wäre gut komplementär zu cap+trade benutzbar. Man könnte ungenutzte Flugmeilen dann einfach verkaufen. Marktwirtschaft!
Könnte man so machen. Hätte dann allerdings den möglichen Nachteil, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung sinken würde. Akzeptanz, gerade wenn man den Gürtel enger schnallen muss, hängt daran, dass alle sichtbar mitmachen. Wenn die Begüterten am Ende einfach die nicht genutzten Flugmeilen der Ärmeren aufkaufen, dann würde de facto nur am einen Ende des Einkommensspektrums der Gürtel enger geschnallt. Die Bürden des Klimawandels würden einseitig von Geringverdienern getragen, während Millionäre – business as usual – weiter zum Einkaufen nach New York jetten würden. Aus meiner Sicht kein guter Ausgangspunkt für eine wirksame Policy.
wie du bereits festgestellt hast ist Fliegen eh etwas, das einen gewissen geldbeutel braucht.
Klar, Flug nach Malle für 200€ ist purer Luxus.
du kannst deine ideologisch verbohrte sicht gerne behalten, aber die statistiken und fakten lügen halt nicht.
@ Ralf 3. August 2023, 16:41
Nachtrag:
Folglich sind Reiche als Gruppe ein größeres Problem für das Klima als die Mittelschicht. Und die Mittelschicht als Gruppe ist ein größeres Problem für das Klima als die Unterschicht.
Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Relevanz der Gruppe nicht nur durch den Durchschnittsverbrauch der Einzelnen bestimmt wird, sondern auch erheblich durch die Gruppengröße selbst.
Das ist natürlich richtig. Allerdings ist der gesellschaftliche Effekt auch umso größer, je größer die Gruppe ist. Wenn ein Wohlhabender nach Australien fliegt, mag er dasselbe CO2 erzeugen, wie 15 Durchschnittsverdiener, die nach Mallorca fliegen. Und wenn es 15mal so viele Durchschnittsverdiener gibt wie Wohlhabende, dann erzeugen beide Gruppen dieselbe Menge CO2. So weit so gut. Aber die Mallorcaflüge machen eben auch 15mal so viele Leute happy, ermöglichen 15mal so vielen Leuten einen Urlaub in der Sonne, als die Australienflüge. Der negative Effekt auf die Zufriedenheit in der Gesellschaft wäre folglich ungleich größer, wenn man versuchen würde den Durchschnittsverdienern ihren Urlaub in Mallorca zu nehmen, als wenn man von den Reichen verlangen würde sich etwas einzuschränken und ihren Urlaub halt am Mittelmeer zu verbringen.
Nationalist. Verfassungsfeind. Kommunist.
Deutschland könnte eine solche Verfügung nur für Deutsche verfügen. Jeder, der als Tourist oder Geschäftsreisender nach Deutschland ein- oder ausreist, wäre davon nicht betroffen.
Das Grundgesetz garantiert, dass Deutsche das Land beliebig verlassen und betreten dürfen. Das ist ein Grundrecht. Wohin sie es verlassen, von wo sie es betreten, mit welchem Verkehrsmittel sie das tun, geht den Staat nichts an. Er darf es nicht willkürlich verbieten. Eine solche Willkürlichkeit wäre es jedoch, würde die Regierung die Flugreise nach Sydney untersagen.
Übrigens: die gibt es gar nicht. Sydney lässt sich von Deutschland aus nicht per Direktflug erreichen. Die Ausreise erfolgt also nach Singapur. Oder Dubai. Um nur zwei zu nennen. Selbst wenn der Staat einen Weg finden würde, der Qantas die Flugerlaubnis zu entziehen, könnte jeder Deutsche nach Mallorca fliegen und von dort aus nach Sydney.
Mit welchem Recht teilt der Staat die Ausreiseerlaubnis zu? Und wieso sollte diese nicht veräußerbar sein? So lange wir nicht in einer sozialistischen Planwirtschaft leben – die Ihnen offensichtlich vorschwebt – handelt es sich bei einer Lizenz für das Fliegen um ein veräußerbares Recht und stände unter dem Eigentumsschutz. Im Kommunismus gibt es kein Eigentum, das ist richtig.
Wenn Stefan also wieder reklamiert, warum ich jemanden wie Sie als Verfassungsfeind benenne, hier ist ein hervorragendes Beispiel.
Merke: Verfassungsfeind ist nicht (nur), wer die Pressefreiheit einschränken und einzelnen Bürgern das Staatsbürgerschaftsrecht vorenthalten will. Verfassungsfeind ist auch jemand, der wesentliche Grundrechte aushebeln will wie Vertragsfreiheit, Recht das Land zu verlassen, Eigentumsrecht. Und mit EU-Recht (Personenverkehrsfreiheit, Dienstleistungsverkehrsfreiheit) sind solche Vorstellungen auch nicht in Einklang zu bringen.
Würden Sie Ihre Vorstellungen nicht in einem kleinen Blog, sondern in großer Öffentlichkeit äußern und politisch verfolgen, ständen Sie unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Zu Recht.
Ralf 4. August 2023, 14:35
Au weia …
Wenn Du kein Interesse hast zu diskutieren, dann sag das doch einfach.
@ Ralf 6. August 2023, 13:47
Wenn Du kein Interesse hast zu diskutieren, dann sag das doch einfach.
Ich versuche das doch jedes Mal. Aber Du veränderst ständig die Ecke, aus der heraus Du Deine Ansichten vorträgst. So macht das halt keinen Sinn.
Keine Ahnung auf welche Ecke, Du Dich beziehst. An meinem Argument hat sich eigentlich wenig geändert. Der “kleine Mann” hat einfach im Durchschnitt sehr wenig CO2-Einsparpotential. Klar – der kann aufhören im Winter seine Wohnung zu heizen. Oder einfach garnicht mehr in Urlaub fahren. Aber ist das zumutbar? Zumutbarer als dass der Besserverdiener nur alle 3-4 Jahre mal eine Fernreise macht und ansonsten seine Ferien am Mittelmeer verbringt? Zumutbarer als dass der Superreiche nicht zum Shoppen mit dem Privatjet auf einen anderen Kontinent fliegt und stattdessen zuhause einkauft? Letzten Endes muss doch ein Kompromiss gefunden werden, der das “Opferbringen” für die gemeinsame Sache für alle Seiten erträglich und zumutbar macht und Lebensqualität für eine maximale Zahl an Menschen aufrechterhält.
@ Ralf 7. August 2023, 15:24
Der “kleine Mann” hat einfach im Durchschnitt sehr wenig CO2-Einsparpotential.
Deine Intention ist stets, die „Reichen“ ärmer zu machen. Wenn „Gerechtigkeit“ als Argument passt, nimmst Du Gerechtigkeit, wenn „Klimawandel“ passt, nimmst Du Klimawandel, wenn „Umwelt“ passt, nimmst Du eben Umwelt.
Dir scheint es nie um das Thema zu gehen, was gerade diskutiert wird, sondern nur um das Ziel, die Reichen ärmer zu machen. Deswegen drückst Du jedes Argument weg, was dem entgegensteht. Ja, „Arme“ konsumieren weniger, aber oft genug ökologisch schädlicher (Billigfleisch etc.). Sie verhalten sich auch oft auch in Richtung Klimawandel rücksichtsloser; Hartz-IV-Empfänger bekommen beispielsweise die Heizkosten bezahlt, und sparen in der Regel weniger (z.B. Heizen bei offenem Fenster).
Auch bringt viel von dem „Reichen“-Konsum andere Leute in Lohn und Brot. Und viel, was Du den „Reichen“ zuschreibst, gilt ab untere Mittelschicht aufwärts.
Ja, irgendwann akzeptierst Du das natürlich auch, zumindest für diesen einen Durchgang. In diesem Fall müssen die „Reichen“ halt als Vorbild dienen und sich stärker einschränken usw. usf.
Wie komplex eine Situation auch immer ist, Du ignorierst oder schiebst alles beiseite, was nicht darauf hinausläuft, dass die „Reichen“ eingeschränkt werden müssen. Und auf meine Frage, wie Du den Schwächeren der Gesellschaft auf die Füße helfen willst, bist Du noch jedes Mal, wo Du die Frage nicht ignoriert hast, in Plattitüden ausgewichen.
Du hast nur Ansätze, denen da oben wegzunehmen, keinerlei Lösungsansätze, denen weiter unten zu helfen (außer vielleicht, diese mit noch mehr Staatsknete noch abhängiger und unselbstständiger zu machen). Und obwohl wir über die Hälfte ALLER Steuereinnahmen für Soziales ausgeben, gibt es immer noch Obdachlose, und das Armutsrisiko für bestimmte Bevölkerungsgruppen steigt weiter.
Dein einzige Ansatz: Noch mehr Geld „oben“ wegnehmen (wobei man an die da oben nicht rangeht, ob man nicht will oder nicht kann) und unten ausschenken (obwohl das Geld strukturbedingt nicht bei denen da unten ankommt; sind halt keine Wähler). Wird genauso wenig helfen wie zuvor, aber an die Struktur willst Du nicht ran, sondern nur mehr Geld in dieses kaputte System hineinpumpen.
Ich habe verstanden, dass Du ein Problem mit Menschen hast, deren Einkommen und/oder Besitz eine gewisse Schwelle überschreitet. Diese Schwelle liegt bei Dir vergleichsweise niedrig.
Aber wenn das offenbar Dein einziger Punkt ist, brauche ich mit Dir nicht über Steuern, Klima, Umwelt, Armut, Bildung oder sonst etwas diskutieren, weil es Dir bei solchen Themen nicht um die Erschließung der Situation in ihrer Komplexität oder um machbare Lösungsansätze geht, sondern nur darum, „Reichen“ die moralische Verantwortung für alles Übel der Welt zuzuschieben, weil halt „Reiche zu viel haben“.
Du hast Deine Sicht, ich die meine. Aber eine Diskussion macht für mich da keinen Sinn.
@Erwin Gabriel
Wir sollten hier etwas mehr differenzieren. Sortieren wir mal die sozialen Gruppen nach Vermögen:
Hartz IV-Empfänger < Arbeiterklasse < untere Mittelklasse < mittlere Mittelklasse < obere Mittelklasse < Millionäre < Multi-Millionäre < Superreiche (ab 50 Millionen Vermögen)
Meine Forderung Vermögen sehr deutlich abzuschmelzen, weil Reichtum ungerecht, undemokratisch und gesellschaftstoxisch ist, bezieht sich insbesondere auf Superreiche und nur in milderer Form auf Millionäre und Multi-Millionäre. Auf die Mittelschicht bezieht sich das garnicht.
Du hast Recht, dass auch die Unterschicht zum Klimaproblem beiträgt. Aber Deine Beispiele taugen nicht, weil es dort kaum Einsparpotential gibt. Ja, die Arbeiterfamilie kauft Billigfleisch. Aber sie kauft doch nur deshalb Billigfleisch, weil sie kein Geld für qualitätsträchtigere Produkte hat. Soll sie etwa gar kein Fleisch mehr kaufen? Wäre das für Dich zumutbar? Und ja, der Hartz IV-Empfänger, der bei offenem Fenster heizt, ist ein Ärgernis. Aber was schlägst Du als Maßnahme vor? Armen die Heizkosten kürzen? Oder Beamten ausschicken, die die Fenster überwachen? Oder mittels Gutachten in jeder einzelnen Wohnung den exakten Heizbedarf für jede mögliche Außentemperatur bei geschlossenen Fenstern ermitteln und dann apartment-zugeschneiderte Heizbeihilfen errechnen?
Ich gehe ja mit Dir d’accord, dass auch die Geringverdiener einen Beitrag werden leisten müssen, aber das Ausmaß dieses Beitrags kann nicht sehr groß sein, weil selbst kleine Opfer bereits massiv in die Lebensqualität einschneiden.
Die mittlere und obere Mittelklasse hat hingegen das höchste Einsparpotential bei relativ geringer Opferbringung. Klar schränkt sich niemand gerne ein. Aber diese Gruppen können mit zumutbaren Beiträgen das meiste erreichen. Ich hatte das im Detail gegenüber Stefan auch schon formuliert mit vielen Beispielen.
Und Beiträge meint auch finanzielle Beiträge. Nimm z.B. das Problem mit den Inlandsflügen und Flügen über eine Distanz von weniger als 1000 km. Die können wir meinetwegen gerne verbieten. Oder die Bahn so subventionieren, dass die Flugindustrie nicht mehr wettbewerbsfähig ist und diese Flüge nicht mehr anbietet. Aber all das macht nur Sinn, wenn wir den Menschen Alternativen anbieten. Ansonsten nehmen wir den Bürgern einfach nur etwas weg. Da sollten wir uns nicht wundern, wenn die Bereitschaft mitzumachen zurückgeht. Aber die einzigen Alternativen auf diesem Gebiet sind Hochgeschwindigkeitszugstrecken. Leider müssen wir da wahnsinnig viel investieren in das Streckennetz. Und das ist teuer. Wo sollen diese Investitionen herkommen? Schulden? Dann müssen Deine Kinder zahlen. Oder doch unsere Generation, die den ganzen Kram ja verbockt hat?
Ich erinnere von Dir zwei Ansätze, wie Du Geld mobilisieren wolltest, ohne neue Steuern, ohne weitere Belastung von Besserverdienern. Da war der Vorschlag Migranten deutlich weniger als Hartz IV zu zahlen. Das ist verfassungsmäßig nicht möglich. Du kannst Menschen nicht weniger als das Existenzminimum geben. Es ist auch moralisch nicht ganz anständig, wenn Migranten auf diese Art und Weise dann in “billigere” EU-Länder abgedrängt werden, denn diese Länder können auch nichts für die Einwanderung und blieben dann auf den Problemen sitzen, während sich das starke, reiche Deutschland wieder einen schlanken Fuß macht – wie beim Dublin-Abkommen.
Und Dein zweiter Vorschlag war Effizienzsteigerung durch Bürokratieabbau. Da hast Du mich sofort auf Deiner Seite. Aber das ist in einem komplett zu-regulierten, selbstblockierten Land wie Deutschland die Arbeit einer Generation. Du kannst ja nicht einfach Gesetze und Regulierungen nach Bauchgefühl streichen. Da müssen Folgen eruiert werden, da muss geplant werden, da müssen Gesetze angepasst werden. Das geht nicht von heute auf morgen. Ich bin zwar – wie Du weißt – kein Fan der FDP, aber wenn es eine Partei gibt, die sich dem Bürokratieabbau verschrieben hat, dann sind es wohl die Liberalen. Und wenn das Endziel mehr Klimaschutz ist, dann sehe ich auch Unterstützung durch die Grünen. Die SPD entscheidet dann, wieviel echte Reform es geben wird.
Ich befürchte, das wird ein Kampf um Gesetz für Gesetz, Regelung für Regelung. In jedem Fall wird das kein Schnellschussprogramm werden, bei dem eben mal in kurzer Zeit Milliardenbeträge eingespart werden. Aber Klimainvestitionen brauchen wir jetzt. Nicht in 20 Jahren.
Wer also soll die Investitionen in das Bahnnetz Deiner Meinung nach bezahlen? Oder in die Beihilfen für die Wärmepumpen? Oder in die Windräder? Oder in den Umbau zur E-Mobilität? Und … oh … ich glaube, die Bundeswehr will auch noch mehr Geld …
Es gab nach meiner Erinnerung keinen einzigen Zeitpunkt in der bundesdeutschen Geschichte der letzten 40 Jahre, an dem Linke nicht mehr Geld für als wichtig, ja unverzichtbar, erachtete Anliegen haben wollten. KEINEN EINZIGEN. Und es wird IMHO diesen Zeitpunkt auch nie geben, solange der Staat nicht 100% der Einkommen abschöpft und danach vielleicht noch Taschengelder verteilt.
Weiss nicht, wie es Erwin geht. Aber ich höre schon sehr lange nicht mehr zu, wenn mal wieder Steuererhöhungen, Vermögensabgaben etc. für Zweck X gefordert werden. Das hört nämlich niemals auf, nicht bei 40%, nicht bei 50%, nicht bei 60% und nicht bei 7o% Staatsquote. Weil nur eines unendlich ist – die menschlichen Wünsche und Bedürfnisse.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich verstehe ja Dein Argument, aber Du hast leider vergessen mitzuteilen, wie Du – mal ganz konkret – die auf uns zukommenden enormen Herausforderungen dann anders finanzieren möchtest. Schulden, so dass Deine Kinder dafür gerade stehen müssen, wenn Du lange nicht mehr bist? Oder wir ignorieren die Herausforderungen (Klimawende, Bundeswehr, AI & Digitalisierung etc.) einfach?
Die meisten Menschen in den westlichen Industrieländern verbrauchen mehr Emissionen als klimaneutral „zulässig“ wäre. Wie Sie richtig schreiben, sind Emissionen das Resultat unserer konsumtiven Lebensweise. Dies wäre auf dem heutigen Stand nur zu vermeiden, wenn wir wieder wie im vorindustriellen Zeitalter leben würden. Das sagen die einen Ökosozialisten weitgehend unverblümt, die anderen wie Ulrike Herrmann durch Vergleiche mit den Siebzigerjahren. Es meint alles das Gleiche. Prosperität führt zu erhöhten Emissionen, wie die aktuellen Beispiele Indien und China zeigen.
Deswegen ist es wohlfeil, sowohl den Industrieländern die „Schuld“ an der Klimaerwärmung zu geben als auch mit Slogans wie „wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“ um die Häuser zu ziehen. Denn kaum ein Mensch auf der Welt ist bereit, früher und in Armut zu sterben, wenn er mit mehr Emissionen sein Leben verbessern und verlängern kann.
Zum anderen versetzt uns nur der hohe Wohlstand in die Lage, Emissionen zu senken und den Klimawandel anzugehen. Je reicher, desto besser. Das habe ich vor zwei Jahren bereits geschrieben und anhand einer Vergleichsrechnung aufgezeigt:
Deutschlands Primärenergiebedarf beläuft sich auf 12,8 Exajoule (1 Exajoule = 278 Gigawattstunden) und fällt seit 15 Jahren mit einer Durchschnittsrate von 1%. Damit beanspruchen wir 2,2% der weltweiten Energiemenge, was viel ist, da wir nur 1% der Weltbevölkerung stellen. Aber in dieser Zahl steckt noch etwas anderes: Da Deutschlands Emissionen nur 1,7% betragen, bedeutet sie hohe Energieeffizienz und Schadstoffarmut im Output. Hier liegt ein Punkt, an dem Umweltökonomen ansetzen. Wenn jedes Land der Welt so emissionsarm produzieren würde, lägen die weltweiten Emissionen 24% niedriger als heute. Allein mit dem hohen technologischen Stand könnten 8,7 Milliarden Tonnen CO2 einspart werden, rund das Zwölffache der hiesigen Emissionen. Wenn Deutschland einen wesentlichen Beitrag zur Rettung des Klimas leisten soll, dann nicht in dem seine Kräfte in den Bau von Windrädern steckt, sondern seine Technologien exportiert.
https://www.deliberationdaily.de/2021/08/energiepolitik-in-der-sackgasse/
Nochmal: Mit der Technik Deutschlands könnten weltweit das 12fache der deutschen Emissionen eingespart werden. Und da fragen manche ernsthaft, ob wir uns „die Reichen“ leisten können? Diese Technologien stellen nicht Bürgergeldempfänger her und bereit.
Was ich nicht verstehe: Was ist der Unterschied zwischen der Korsika-Reise eines deutschen Lehrers und dem New York-Flug eines deutschen Managers? Beide leben doch in der Diktion der linken Klimaaktivisten über ihren Verhältnissen. Tatsächlich geht es Ökosozialisten wie Ralf und Leuten wie Stefan um etwas völlig anderes, nämlich anderen Menschen eine andere Lebensweise aufzuzwingen, die „ihre“ Parteien am Reißbrett entworfen haben.
Liberale Einstellungen? Iwo.
Ich finde hier ihre Argumentation zu einfach. Unser Wohlstand ermöglicht uns die Nutzung von „teureren“, aber klimaschonender Technik, da gehe ich mit. Aber nur weil ich in einem reichen Land lebe, heisst es ja nicht, dass ich meinen Konsum auf Teufel komm raus maximieren muss.
Ich bin nicht für Verbote: aber der teilweise Vulgär-Egoismus in Sachen klimaschädliches Verhalten, gerade wenn Menschen nicht auf den Euro gucken müssen, geht mir schon sehr auf die Nerven. Muss mann wirklich jedes Jahr eine oder gar mehrere Fernreisen machen? Muss ich Flugobst / -gemüse kaufen? Muss ich jeden Tag Fleisch essen?
Irgendwie ist der Aspekt des Maßhaltens in dieser Gesellschaft verloren gegangen. Ich finde etwas mehr Disziplin würde uns hier gut tun. Ich kann verstehen, dass man sich auch was gönnen möchte, aber die Schrauben sind teilweise völlig überdreht.
q Kning 4. August 2023, 08:24
Muss man wirklich jedes Jahr eine oder gar mehrere Fernreisen machen? Muss ich Flugobst / -gemüse kaufen? Muss ich jeden Tag Fleisch essen?
Irgendwie ist der Aspekt des Maßhaltens in dieser Gesellschaft verloren gegangen.
Bin mit allem einverstanden, was Du sagst.
Ein Teil der Mitdiskutierenden ist allerdings der Meinung, dass dies kein Thema unserer Gesellschaft, sondern nur ein „Reichen“-Thema ist. Das sehe ich halt anders; mehr nicht.
„Irgendwie ist der Aspekt des Maßhaltens in dieser Gesellschaft verloren gegangen.“
Und das hat nichts mit dem Wirtschaftssystem zu tun? Mit Konkurrenz, Marketing, Werbung, Sozialen Medien, Wachstumsstreben?
Schon Ludwig Erhard wurde verspottet für seinen Maßhalte-Appell. Was also tun?
Ich sehe das genauso, Erwin.
@ Stefan Sasse 4. August 2023, 19:15
Ich sehe das genauso, Erwin.
Ich würde mich freuen, wenn man diese Einstellung Deine Kommentare etwas stärker prägen würde.
Selbst wenn das Leben / das Verhalten / der Konsum / die ökologische Belastung der wirklich reichen Menschen deutlich über Standard liegt, ist es der selbstverständliche Luxusanspruch der Mittelschichten, der die Welt ruinieren wird.
Und da der Beitrag eines Einzelnen keine Rolle spielt, ist die Erkenntnis nicht da, verzichten zu müssen, solange es andere gibt, die das nicht tun. Ist ein Problem von menschlichem Egoismus, nicht von „Reichen“.
wir haben alle so unsere wünsche daran, wie andere kommentieren sollen 😉
ansonsten volle zustimmung.
Ich finde hier ihre Argumentation zu einfach.
Mir ist Ihre Argumentation zu anmaßend. 😉
Aber nur weil ich in einem reichen Land lebe, heisst es ja nicht, dass ich meinen Konsum auf Teufel komm raus maximieren muss.
Das ist mal eine originelle Formulierung. Was ist eine „Konsummaximierung“? Menschen erwirtschaften Einkommen, in wohlhabenden Ländern mehr als in Drittweltstaaten. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, dieses Einkommen zu verwenden, wenn man nicht einen empfangsbereiten Mülleimer in der Nähe hat: Konsum (C) und Sparen (S), die großen Komponenten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Seit Jahrzehnten verurteilen Linke, wenn wohlhabendere Menschen viel Sparen und weniger Konsumieren, denn mit dem Konsum wird die Wirtschaft angeregt. Wohlhabende können es Linken anscheinend nie rechtmachen.
Das Dumme am Leben ist, dass wir alle mal sterben müssen, das wäre nicht so schlimm, wenn wir unsere weltlichen Besitztümer in den Himmel mitnehmen könnten. Doch dort herrscht eine strenge Einlasskontrolle. Folglich haben sich die Menschen – egal ob arm oder reich, ob in den USA oder Nigeria beheimatet – einen Rhythmus angewöhnt. In jungen Jahren sparen sie nach ihren Möglichkeiten mehr, im Alter konsumieren sie mehr.
Tatsächlich bin ich so sehr Egoist wie Sie selbst. Würden Sie auf ihr Herz verzichten, um einem herzkranken Teenager das Weiterleben zu sichern? Würden Sie nicht. Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen in meiner Freizeit ist das Reisen. Andere reisen ihrem Fußballclub zu jedem Freundschaftsspiel nach, ohne dass sie sich Vorwürfe wegen ihrem CO2-Fußabdruck gefallen lassen müssen. Ich liebe es, in andere Länder zu kommen und nicht nur der Erholung wegen.
Stefan hat ein Faible für die USA und meint durch Lesen und Chats das Land zu kennen. Doch echte Weltoffenheit, das wusste schon Goethe, lässt sich nur durch Reisen gewinnen. Wir wissen, die illiberalsten Menschen sind jene, die ihre vier Wände nicht verlassen. Was wollen Sie also? Eine liberale Gesellschaft oder eine von Altruisten?
Ich habe nur ein Leben. Und dieses Leben ist endlich. Ich habe noch zwei bis zweieinhalb Jahrzehnte, in denen ich mir meine Träume erfüllen kann. Und ich bin Egoist genug, dies rücksichtslos zu versuchen. Wenn ich mit 86 alt und klapprig bin, werde ich keine Lebenszufriedenheit daraus ziehen, mit meinem Verzicht auf Flugreisen einigen Chinesen mehr Flüge ermöglicht zu haben. Sondern ich werde auf das zurückblicken, was ich von der Welt gesehen habe.
Da bin ich Egoist.
Irgendwie ist der Aspekt des Maßhaltens in dieser Gesellschaft verloren gegangen…
Nö. Er wurde politisch aktiv bekämpft. Von links. „Alles was legal ist, ist auch erlaubt“ und „Erziehung ist Faschismus“ haben sich durchgesetzt (bei der Natur des Menschen auch nicht verwunderlich), Beschwerden über das Resultat sind verständlich, aber sinnlos.
Die beste Zusammenfassung der dahinter stehenden Geisteshaltung ist noch immer Oscar Lafontaines berühmtes Verdikt: „Helmut Schmidt spricht weiter von Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit. … Das sind Sekundärtugenden. Ganz präzis gesagt: Damit kann man auch ein KZ betreiben.“
Gruss,
Thorsten Haupts
und von rechts. ich darf nur auf kubicki verweisen. das ist ein generelles merkmal unserer zeit, das sowohl von links als auch rechts, wenngleich unter anderen vorzeichen, vorangetrieben wurde.
Es ist maßlos in die Kneipe mit Freunden zu gehen und etwas zu bechern. Das typisch linke freudlose Leben – das sie anderen verordnen wollen. Irgendwie verstehen die meisten unter Maßlosigkeit etwas anderes.
Sorry Herr Pietsch – die Masslosigkeit bestand nicht in dem Verstoss gegen Corona-Regeln. Den haben damals viele, wenn nicht alle Menschen, irgendwo und irgendwann mindestens einmal begangen. Die Masslosigkeit bestand darin, sich dafür öffentlich zu feiern.
Gruss,
Thorsten Haupts
Das habe ich anders wahrgenommen. Kubicki wurde „erwischt“ und hat dies gerechtfertigt. Anschließend hat Kubicki sein Verhalten öffentlich gerechtfertigt. Dazu ist er als Politiker gezwungen.
Welche Alternativen hat man da? Entweder so, wie ich es auch tue: Es ist eine Ordnungswidrigkeit und hier kann (!) ich als Bürger abwägen, ob ich das Risiko einer Ahndung eingehe. So geben viele Menschen ihre Steuererklärung nicht zeitgerecht ab, weil sie eine Abwägung zwischen Vor- und Nachteilen treffen. Oder beim Falschparken.
Oder er übt unehrlich und entgegen dem normalen Menschenempfinden tatkräftige Reue. Muss ich fragen: Was soll das? Kubicki wusste schließlich, dass er dem Ordnungsrecht zuwiderhandelte. Und wie Sie schreiben: (fast) jeder hat solche Verstöße (wissentlich) begangen.
Das Ingterview mit Kubicki findet man hier:
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/kubicki-im-xxl-interview-ueber-gendern-die-wahlen-das-klima-und-wein-77744476.bild.html
Er hat seinen Verstoss gegen Vorschriften ohne Not selber in die Öffentlichkeit getragen. Ich bleibe bei meiner Einschätzung.
Das kann man auch anders lesen. Kubicki ist gezielt gefragt worden:
Kubicki räumte ein, dass er in der Corona-Zeit bewusst gegen Vorschriften zur Bekämpfung der Pandemie verstoßen hat wie z.B. die Regel, dass man sich nicht mit mehr als einer Person aus einem anderen Haushalt treffen durfte:
„Kein Mensch hat sich daran gehalten, selbstverständlich haben sich die Paare weiter getroffen wie vorher auch.“
Wenn ein Nachbar fotografiert hätte, dass seine Frau und er sich mit einem weiteren Pärchen treffen, hätte ihn das nicht abgehalten: „Dann zahlen wir die 250 Euro Bußgeld“. Bußgelder hätten ihn nicht dazu bewegen können, Nachbarn, Freunde und Kinder nur noch einzeln zu treffen.
▶︎ „Wir leben hier in Strande. Hier anzuordnen, bei 4 Windstärken auf dem Deich Maske zu tragen – da gucken sich die Leute nur an, das macht keinen Sinn.“
Der FDP-Parteivize: „Auch hier in Strande gab es – wie in jedem Ort, den ich kenne – Kneipen, die geöffnet hatten, obwohl es verboten war.“ UND: „Ja natürlich“ sei auch er – trotz Verbot – mal in diesen Kneipen gewesen.
▶︎ „Was denn sonst? Wir hatten hier keinen einzigen Fall im Ort. Das waren keine Corona-Partys, da haben sich Leute am Stammtisch getroffen, weil sie gesagt haben: Hier ist nichts.“
▶︎ Kubicki begründete die Tatsache, dass er sich über die von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossenen Corona-Maßnahmen hinweggesetzt hat, so: „Ich habe von meinem Recht auf autonomes Handeln Gebrauch gemacht.“ Generell gelte: „Die Leute sagen, wir befolgen das, was sinnvoll ist und was wir nachvollziehen können. Aber nicht unsinnige Maßnahmen.“
Darauf können Sie zwei Punkte einwenden: Kubicki war nicht gezwungen, sich BILD zur Verfügung zu stellen. Richtig. Aber der FDP-Vize gibt seit vielen Jahren mehrmals in der Woche Interviews, zu dem Thema der damaligen Zeit zu sagen „Ich äußere mich nicht“, ist total lebensfremd. Zweiter Punkt: Er hätte lügen können. Tja, das wären sehr kurze Beine gewesen, da in Schleswig-Holstein jeder Kubicki kennt.
Wenn Sie das so sehen, wie hätten also Sie sich an seiner Stelle verhalten?
Jetzt, lieber Herr Pietsch, stellen Sie sich dümmer, als sie sind 🙂 . Wenn ich als Politiker ein bestimmtes Thema nicht ansprechen will, gibt es dafür drölfzig erprobte Ausweichmanöver, das lernen Profis wie Kubicki in ihren ersten Jahren als Abgeordneter (spätestens). Er ist aber nicht ausgewichen, also WOLLTE er das Thema in die Öffentlichkeit bringen, case closed.
vergiss es, Stefan ist ein Fan, da kommst du nicht durch.
@ Thorsten Haupts 7. August 2023, 11:46
Die Masslosigkeit bestand darin, sich dafür öffentlich zu feiern.
Habe ich auch so wahrgenommen.
zu 1) “Saudi-Arabien”
Ich teile Deine Skepsis. Vor Saudi-Arabien habe ich deutlich weniger Angst als vor China. Das Land wird extrem vom Klimawandel betroffen sein. Wer da – Thema “Tourismus” – bei 52 Grad am Strand liegen möchte, ist mir nicht ganz klar. Dazu hat Saudi Arabien – anders als die angrenzenden Länder wie Ägypten, Jordanien, Irak oder Iran – zumindest meines Wissens nach deutlich weniger besichtigungswürdige Kulturstätten, die Fernreisenbegeisterte anziehen könnten. Dazu ist das Land für 50% der Menschheit, nämlich alle Frauen, eine Zone der Entrechtung. Das macht Familienurlaube, Pärchenurlaube etc. schon mal von vornherein unmöglich. Bleiben als einzige mögliche Touristen alleinreisende Männer. Und die dürfen dann kein Bier trinken.
Bei der Wirtschaft sieht es ähnlich aus. Durch seine bornierten religiös-fundamentalistischen Ideen, wirft das Land das ökonomische, kreative und visionäre Potential der Hälfte seiner Einwohner weg. Durch diese Policies gelangen auch westliche Firmen unter politischen Druck daheim, keine Geschäfte mit solchen Partnern zu machen. De facto kann man auch keine Konferenzen ausrichten oder Geschäftspartner einladen, weil die nun eben manchmal weiblich sind und folglich nur in Sorge um ihr Leben und ihre Gesundheit anreisen könnten. Bei High-Profile-Besuchen eines weiblichen Konzern-CEOs lassen sich da in langen Verhandlungen möglicherweise Lösungen finden. Aber für kleinere Betriebe ist das keine Option.
Und schließlich haben viele Menschen im Westen die Regime im Nahen und Mittleren Osten – und das Regime in Saudi Arabien ist eines der schlimmsten dort – satt. Klar, wir mussten die irgendwie hinnehmen und mit denen verhandeln, weil wir halt ihr Öl brauchten. Aber brauchen wir wirklich unbedingt deren grünen Wasserstoff? Ich bin kein Experte, aber ich frage mich (a) wie dieser grüne Wasserstoff dann auf grüne Weise von dort zu uns transportiert werden soll (und zu welchen Kosten) und (b) ob die Temperaturen von 45-48 Grad diesen Sommer in Südeuropa (und über 50 Grad z.B. in Tunesien) nicht nahelegen, dass wir unseren grünen Wasserstoff auch von weniger unappetitlichen Partnern bekommen könnten als vom Mordprinz in Riad.
Jepp
Zum Thema Tourismus: Mit fast identischen politischen, klimatischen und kulturellen Bedingungen hat sich Dubai zu einer der beliebtesten Touristenstädte gemacht.
Und in Saudi-Arabien ist seit Jahrhunderten eines der wichtigsten Ziele für kulturell veranlasste Fernreisen weltweit – Mekka.
Ein Mekka der kulturell veranlassten Fernreisen, quasi.
Sorry. 😀
Auch Dubai wird seine Probleme mit dem Klimawandel bekommen. Die Extremtemperaturen schlagen ja erst seit kurzem durch. Wird sich zeigen, ob die Touristen dann gerne bei über 50 Grad im Sand liegen wollen werden. Ich tippe eher auf “nein” …
Und die sehr hohen Besucherzahlen von Dubai sind mit Sicherheit auch der Tatsache geschuldet, dass die Stadt ein Drehkreuz im Flugverkehr ist. Viele steigen dort einfach nur um oder dürften einen Tag Aufenthalt haben. Die sehen sich dann vielleicht das höchste Gebäude der Welt an. Aber die lassen nicht 2-3 Wochen lang Geld im Land.
Der Hinweis auf Mekka ist richtig. Aber die Hadsch macht man halt einmal im Leben. Wenn man die Möglichkeit hat. Das sind also in der Regel keine wiederkehrenden Touristen. Und offensichtlich spricht das nur Menschen mit islamischer Religion an, während es gerade die besonders begüterten Bürger des reichen Westens bzw. der wohlhabenden asiatischen Staaten außen vor lässt.
Das Land wird extrem vom Klimawandel betroffen sein.
Interessanterweise haben die Vereinigten Arabischen Emirate seit der Finanzkrise erhebliche Direktinvestitionen (FDI) an sich gezogen, die Investoren scheinen mittelfristig keine existenziellen Risiken zu sehen. Bei Saudia-Arabien sieht das anders aus, aber die Investorenzurückhaltung ist hier wohl vor allem politisch bedingt.
Das sind alles unterschiedliche Länder. Die Emirate sind wesentlich liberaler als Saudi Arabien.
Die haben übrigens seit langen Jahren einen big player für Projekte rund um Regenerative Energien: https://masdar.ae
Die bemühen sich um die Ausbildung der eigenen Leute und sind dank hoher Löhne und sehr niedriger Steuern beliebt bei ausländischen Expats.
2) Steht der Nordatlantik vor dem Kipppunkt?
Ich weiß ja nicht, wo genau Du wohnst, wahrscheinlich in der Westsahara Deutschlands. Ich wohne im Mittleren Westen. In den letzten 3 Jahren waren in zweien davon nur die Sommermonate warm und trocken, die restlichen neun Monate war altdeutsches Shitwetter. In den Zehnerjahren waren in drei oder vier Wintern so starker Schneefall, dass ich meine Entscheidung, grundsätzlich keine Winterreifen aufgrund der milden klimatischen Verhältnisse aufzuziehen, mehrmals bereute.
Die Propaganda und Manipulation der ökolinken Klimaideologen beginnt da, globale klimatische Veränderungen auf lokale Punkte herunterbrechen zu wollen. Das Einzige, was wir jedoch tatsächlich in Mitteleuropa feststellen können, ist, dass die Wetterlagen stabiler geworden sind. Und das hat tatsächlich mit dem Klimawandel zu tun. Seit über zwei Wochen hängt meine Gegend unter einer kühlen Regenglocke und immer noch ist kein Ende in Sicht. Der Sommer ist weitgehend vorbei und für Menschen wie mich, die an Sonnenschein und Wärme interessiert sind, ist damit dieses Jahr wieder einmal wettertechnisch zu vergessen.
In drei Wochen geht es in die Kühle des Herbstes und nur noch eine Kreuzfahrt rettet mich aus der Tristesse des immer gleichen miesepetrigen Wetters.
b) Merz‘ Herumeiern mit der AfD ist echt was für sich.
Keine andere Partei hat sich so klar von der Zusammenarbeit mit Extremisten abgegrenzt wie die CDU. Doch ohne Frage paart sich bei Merz kommunikative Unfähigkeit mit politischer Rückgratlosigkeit.
Alle Parteien stimmen auf kommunaler Ebene von Zeit zu Zeit mit AfD-Vertretern. Das linke Lager skandalisiert dies, wenn bürgerliche Vertreter das tun und machen eine Schlammschlacht daraus. Wem ist damit gedient? Mit Sicherheit nicht dem Ansehen der Demokratie.
c) Der sicher geglaubte Rechtsrutsch.
Fraglos erleben wir in den westlichen Demokratien derzeit eine Gegenbewegung hin zum Rechtspopulismus. Das Pendel schwingt zurück, wie in jeder gutfunktionierenden Demokratie, weil es die andere Seite schlicht übertrieben hat. So auch in Spanien Podemos und ein nur zu willfähiger Ministerpräsident.
In Italien regiert bereits eine Rechtspopulistin, der nächste Präsident Frankreichs wird wahrscheinlich eine Frau mit dem klar beleumundeten Namen LePen sein und in Deutschland, dem Land des Holocausts, erzielt eine rechtsradikale Partei in Umfragen Stimmengewinne wie eine kommende Regierungspartei. Und die ökosozialistischen Milieus tun so, als hätten sie mit dem all nichts zu tun. Nicht die Stimmanteile von Konservativen und Rechtsradikalen funktionieren wie kommunizierende Röhren, sondern die Gewichte von Ökosozialisten und Rechtspopulisten.
i) Speziell für Stefan Pietsch. Generell eigentlich die ganze Rubrik.
Der Artikel beginnt mit einer Falschbehauptung. Deutschland stößt nur noch 1,7% Emissionen aus, nach Auf-/Abrundungsmethode solcher Autoren demnächst nur 1%, was dem Bevölkerungsanteil entspräche. 😉
Ansonsten schick‘ mir den Artikel, ich kann die Paywall nicht umgehen.
l) Autoland: Autobesitzer beklagt sich, dass er einen Strafzettel bekommt, weil seine Parkvignette abgelaufen ist. Das Amt reagiert zum Glück gut.
Irritierend, was der Artikel sagen soll. Und warum Du ihn verlinkst.
@ Stefan Pietsch 3. August 2023, 11:51
b) Merz‘ Herumeiern mit der AfD ist echt was für sich.
Keine andere Partei hat sich so klar von der Zusammenarbeit mit Extremisten abgegrenzt wie die CDU. Doch ohne Frage paart sich bei Merz kommunikative Unfähigkeit mit politischer Rückgratlosigkeit.
Nun ja, die politisch linkere Hälfte betrachtet die CDU als politisch „rechts“, was sie nicht ist. Besonders die Medien und große Teile der Ampel erwarten, dass die CDU politisch gegen die AfD (deren Ursprünge ja im konservativen Flügel der Union lagen) antritt, denen aber nur mit linker bzw. progressiver Politik entgegentritt, da konservativere Standpunkte angeblich auf die AfD einzahlen.
Das ist ein sehr, sehr scheinheiliges Gebaren; jeder zieht moralisierend über Friedrich Merz her, aber keiner weiß oder kann es besser. Auch das zahlt immer wieder tüchtig auf die AfD ein.
Dass dieser Spagat nicht zu leisten ist, führt dazu, dass die CDU bzw. Friedrich Merz in Sachen AfD angegriffen wird, was immer er auch tut. Er hat nur die Wahl zu entscheiden, wer auf ihn einprügelt und warum; auf das „ob“ hat er keinen Einfluss mehr.
Alle Parteien stimmen auf kommunaler Ebene von Zeit zu Zeit mit AfD-Vertretern. Das linke Lager skandalisiert dies, wenn bürgerliche Vertreter das tun und machen eine Schlammschlacht daraus. Wem ist damit gedient? Mit Sicherheit nicht dem Ansehen der Demokratie.
Zustimmung!
Der Punkt ist, dass die linken Parteien keineswegs eine solche Brandmauer gegen Linksextremisten haben. Da wird fleißig mit der Mauermörder-Partei koaliert, obwohl seriösere Alternativen zur Verfügung standen. Da stellen sich Amtsträger von Grünen neben Serienstraftäter und solche, die verfassungsfeindliche Äußerungen tätigen, den Staat zu erpressen versuchen und den institutionellen Umbau fordern. Läuft eigentlich alles unter Extremismus. Aber auf der linken Seite gibt es offensichtlich „guten“ und „schlechten“ Extremismus.
So wie die Linken sich das zurechtgelegt haben, erhalten sie die Deutungshoheit in Deutschland, obwohl die Mehrheit ihre Ideen und Vorstellungen ablehnt. Die Union darf keinen Schritt auf jene zugehen, die auf keinen Fall Grüne und SPD an der Regierung haben wollen. Dadurch wird nicht nur das Wählerpotential der Union drastisch beschnitten. Auch ihre Möglichkeiten für Koalitionen sind massiv eingeschränkt. Wenn die AfD 23 Prozent holt und die LINKE 5 Prozent, dann ist die Union gezwungen, mit Grünen oder SPD zu koalieren. Die Grünen sind damit immer Königsmacher und deswegen ist deren Interesse, die AfD kleinzubekommen, überschaubar gering. Sie selbst gehen mit der LINKEN ins Bett um so ihre Minderheitenpolitik durchsetzen zu können.
h) Wissing will Seilbahnen in Städten bauen. Sehe das wie Jonas. Ich hab außerdem manchmal echt das Gefühl, die setzen auf irgendwelche Fantasietechnologien, einfach nur um was anderes zu haben.
Da sind die Flugtaxis aber bestimmt traurig. 🙁 (man beachte hier auch das kleine Foto, auf dem ein Flugtaxi für Elfen zu sehen ist^^)
https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Flugtaxis-in-Hamburg-Forscher-sehen-Potenzial,flugtaxi102.html
Ich glaube eher, das ist ne nette Sache, um Fördergelder abzugreifen, während die bereits vorhandene – und deswegen langweilige – Infrastruktur verfällt.
Wissing will Seilbahnen in Städten bauen? 😉
In Andenstädten wie La Paz/El Alto, Medellín, Quito, etc. wurden in den letzten Jahren erfolgreiche Seilbahnen gebaut.
Die Dinger verbesserten oft den Zugang zur Stadt gerade für arme Menschen.
Richtiges Netz in Bolivien: https://de.wikipedia.org/wiki/Mi_Telef%C3%A9rico
https://www.getyourguide.es/bogota-l361/bogota-tour-de-favelas-en-el-paraiso-con-teleferico-t326466/
https://en.wikipedia.org/wiki/Metrocable_(Medell%C3%ADn)
Allerdings hat keine deutsche Stadt eine vergleichbare Topographie und keine der Andenstädte ein so fortgeschrittenes restliches ÖNVP Netz wie deutsche Städte.
In Heidelberg hat der Gemeinderat eben die Finanzierung einer Machbarkeitsstudie beschlossen, weil der Bau einer Straßenbrücke zum Uni-Campus wegen ökologischen Gründen (und Widerstand der Anwohner) nicht gebaut werden kann.
Ist so eine Seilbahn nicht viel nerviger für die Anwohner? Das läuft ja dauernd und man muss sehr viele Pfosten in den Boden rammen (könnte aber überlegen, obendrauf noch ein Windrad vielleicht^^, aber das gefällt Anwohnern ja auch wieder nicht.)
Ich stelle mir das ziemlich ineffizient vor, passen ja nur wenig Leute rein (Flugtaxis ja noch extremer) und man braucht ja ne ganz neue Infrastruktur, Straßen für Busse und Bahnen existieren ja zumindest schon.
Ständiger Stau. Problematisch für die Uni. Für die Klinik (Notfälle), aber auch für das Personal. Die Seilbahn soll eine S-Bahn-Station/Autobahn-Ausfahrt mit dem Campus verbinden – über ein Artenschutzgebiet am Fluss (Neckar). Die Auffahrt zu einer möglichen Brücke würde mitten durch ein Wohngebiet führen.
Proteste gibt es eher wegen einer neuen Buslinie in einem Neubaugebiet – wegen Dieselgestank und Gefährdung von Kindern.
Interessant- danke für diese Perspektive.
Du sprichst aber etwas wichtiges an: Die Topographie. Für die Überwindung von Höhenunterschieden sind Seilbahnen sehr energieeffizient. Außerdem ist Hanglage ganz schlecht für U-Bahnen.
Technologien am besten so nutzen, dass ihre Vorteile zur Geltung kommen und nicht willkürlich aus dem „kitchen-sink“ fischen.
wichtiger Grund ist auch die Enge der spontan enstandenen Armenviertel. Da gibts nur sehr enge Straßen, also nix für Busse.
Offenbar gibts inzwischen selbst in Brasilien zumindest eine nicht-touristisch genutzte Seilbahn https://pt.wikipedia.org/wiki/Telef%C3%A9rico_do_Alem%C3%A3o
2011 gebaut, nach 2016 für lange Zeit aufgegeben. Die Landesregierung von Rio will das wieder reaktivieren.
Aus Chile, Argentinien und Uruguay ist mir nichts dergleichen bekannt.
Und sogar eine in Mexiko-Stadt, seit Mitte 2021: https://en.wikipedia.org/wiki/Cableb%C3%BAs
4) Eigentlich sollte man nach der Zahl 886 Milliarden angewidert aufhören zu lesen (Zur Einordnung: Die FAO schätzt, dass 1/4 dieses Betrags nötig wäre, den Hunger in der Welt zu beenden) . Und insofern ist die Frage, ob sich die amerikanische Rechte vom Militär entfremdet völlig realitätsfremd: Wer solche Beträge in die Mordindustrie schleust, ist „rechts“ – egal ob sein Parteibuch mit Elefant oder Esel, in schwarz, rot, gelb, grün oder blau daherkommt.
@ cimourdain 4. August 2023, 09:41
Eigentlich sollte man nach der Zahl 886 Milliarden angewidert aufhören zu lesen (Zur Einordnung: Die FAO schätzt, dass 1/4 dieses Betrags nötig wäre, den Hunger in der Welt zu beenden).
Gib der FAO 1/4 des Betrags von 886 Milliarden Dollar, und Du wirst sehen, dass es in den kommenden Jahren in Drittweltländern viele Milliardäre mehr geben wird, und fast genauso viele Leute hungern wie heute.
Die Kürzung der Mittel für die syrischen Flüchtlinge in der Türkei hat die „Welle“ nach Deutschland ausgelöst. Schon vergessen?
@ CitizenK 4. August 2023, 12:53
Die Kürzung der Mittel für die syrischen Flüchtlinge in der Türkei hat die „Welle“ nach Deutschland ausgelöst. Schon vergessen?
Für die Lager in Syrien an der türkischen Grenze, to be precise. Vielleicht hast Du aber vergessen, wie sehr ich mich damals über Frau Merkel aufgeregt habe, die Zahlungen in brauchbarer Höhe verweigerte, nur um später Erdogan später Milliardensummen in den Rachen zu schmeißen.
Ansonsten hast Du offenbar nicht verstanden, was ich gemeint habe. Ich rede von Korruption.
Wusste ich nicht (mehr) und hab das wohl missverstanden. Tut mir leid.
1) a) Ich habe mir die Geographie angesehen: Neom liegt ganz in Nordwesten des Landes am Golf von Eilat. Die Ecke ist durch das Sarawat-Gebirge von den zentralen Wüsten (Nefut) abgetrennt, so dass dort Landwirtschaft (Blumenzucht) betrieben wird. Es kann sogar sein, dass dort die Regenmenge klimabedingt steigen wird.
b) Saudi Arabien hat schon 2005 eine ambitionierte Bauinitiative mit mehreren Planstädten gemacht (König-Abdullah-Handelszentrum). Viel ist daraus m.W. nicht geworden.
c) Andere Staaten in der Region arbeiten auch an neuen Musterstädten: VAE (Masdar), Ägypten (neue Hauptstadt)
d) Insofern ist es bezeichnend, dass der Artikel sich den Film „Black Panther“ als Leitmotiv gewählt wurde. Wie dieser Film sind auch viele Artikel und Kommentare zu nichtwestlichen Wirtschaftsvorhaben vor allem eine Projektion eigener Vorurteile.
e) Das gilt auch für dein ideologisch motiviertes Klischee „[…], dass nachhaltige wirtschaftlicher Wohlstand nur in einem liberalen Rechtsstaat möglich ist.“. Nachhaltiger Wohlstand wurde schon lange geschaffen, bevor der Begriff ‚liberaler Rechtsstaat‘ existierte.
f) Nachtrag: Bin ich der einzige, der das ‚New Statesman‘ Titelbild zu dem Artikel unappetitlich findet ?
e) Nein.
@ Ralf
„dann würde de facto nur am einen Ende des Einkommensspektrums der Gürtel enger geschnallt“
In anderen Bereichen doch auch. Warum gerade beim Fliegen nicht?
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/886311/umfrage/bevoelkerungsanteil-in-deutschland-der-sich-keinen-urlaub-leisten-kann/
Dass Reiche sich in allen anderen Bereichen bereits einen schlanken Fuß machen und die weniger Begüterten die Last alleine tragen lassen, kann ja nicht wirklich ein gutes Argument sein, diese Praxis auf neuen Felder fortzusetzen. Wie Erwin Gabriel richtig bemerkte, hängt der Erfolg unserer Maßnahmen zum Klimaschutz an einer breiten Akzeptanz in der Bevölkerung. Diese Akzeptanz wird ohnehin nur sehr, sehr schwierig herstellbar sein, weil es um Einschränkung, nicht um das Ausschütten von Wohltaten geht. Wenn dann auch noch offensichtlich wird, dass gerade diejenigen, die es sich am ehesten leisten können Einsparungen vorzunehmen, abseilen und einfach weiterleben wie bisher, während alle anderen den Gürtel enger schnallen müssen, dann wird die Klimawende aus meiner Sicht fast unmöglich zu verkaufen sein.
exakt mein punkt
@ Ralf
„weil es von denen ja so viele gibt“
Für den CO2-Gehalt in der Atmosphäre ist es völlig wurscht, ob das aus wenigen Privatfliegern oder aus vielen Golf-Auspüffen kommt. Die Menge mancht’s.
Unfair ist, dass die nicht mal Mineralölsteuer zahlen:
„Bonner Großzügigkeit gegenüber Privatpiloten – die Steuer auf Flugbenzin wird gestrichen. *
https://www.spiegel.de/politik/groesserer-einsatz-a-e80bb926-0002-0001-0000-000013527359
Die derzeitige Diskussion über die höheren Emissionen der (Super-)Reichen durch Jachten und Privatjets ist, denke ich, eine Sackgasse. Angesichts der Waldbrände und der Kriege fallen die ökologisch nicht ins Gewicht.
Im Übrigen bin ich für Luxussteuern.
Für den CO2-Gehalt in der Atmosphäre ist es völlig wurscht, ob das aus wenigen Privatfliegern oder aus vielen Golf-Auspüffen kommt. Die Menge mancht’s.
Eine Bäckerei spendiert einer lokalen Schulklasse jede Woche eine Torte. Aber der stärkste Junge stößt regelmäßig alle anderen Kinder weg und isst die Hälfte der Torte ganz alleine auf. Die 19 anderen Kinder müssen sich die verbleibende Hälfte der Torte teilen. Jetzt kündigt die Bäckerei an, aus Kostengründen ihre Spende auf eine halbe Torte jede Woche zu reduzieren. Was ist Deine Lösung? Der stärkste Junge krallt sich wie immer die halbe Torte und alle anderen Kinder gehen ab jetzt komplett leer aus? Oder sollte der Lehrer dem einen Egoisten auf die Finger hauen und dafür sorgen, dass alle zwanzig Kinder ein kleines Stück der halben Torte bekommen?
Global gesehen gehören auch wir zu den Rüpeln, auch Du und ich. Klima retten UND Ungleichheit beseitigen geht nicht auf einmal. Schon die Ungleichheit nicht noch größer werden zu lassen, ist schon sehr herausfordernd. Auch national.
Und auf die meisten bösen Jungs auf dem Globus haben wir keinen Einfluss. Mit den Paris-Zielen haben wir genug zu tun.
Klima retten UND Ungleichheit beseitigen geht nicht auf einmal.
Wieso geht das nicht auf einmal? Der “Green New Deal”, wie ihn in den USA Politiker wie Bernie Sanders oder Alexandria Ocasio-Cortez verkörpern, peilt genau das an. Und das macht auch Sinn. Was CO2 produziert, ist im weitesten Sinne Konsum. Da wir nicht jede Form von Konsum durch grüne Alternativen werden ersetzen können, wird auch Konsumverringerung ein entscheidender Teil unserer Beiträge zur Erreichung des Pariser Klimaziels sein. Da die Besserverdienenden deutlich mehr Potential zur Konsumeinsparung haben, werden dort auch die größeren Opfer gebracht werden müssen. Das Ergebnis ist dann – indirekt – eine soziale Angleichung.
Ich bin trotzdem dafür, das getrennt zu sehen und anders zu lösen. Zum Beispiel durch ein „Klimageld“ wie in der Schweiz.
Die Reduzierung des Konsums ist nicht nur für die Besserverdienden notwendig.
Im Verkehrsbereich gehen die Planer von einer Vervielfachung des Transportaufkommens aus, als wäre das ein Naturgesetz. Hier im Rhein-Neckar-Raum gibt es heftigen Widerstand gegen eine neue Güterbahntrasse im Rahmen der Blauen Banane. Widerstand von Gemeinderäten (Bürgern!) Bürgermeistern und Landwirten wohlgemerkt, nicht von „Chaoten“. Weil man die, wenn sie denn je fertig sein wird, wahrscheinlich nicht mehr brauchen wird. Wegen der dann realierten Kreislaufwirtschaft.
Ich bin trotzdem dafür, das getrennt zu sehen und anders zu lösen. Zum Beispiel durch ein „Klimageld“ wie in der Schweiz.
Sie ignorieren hier die Gier des Staates. Selbst die Grünen wollen das eingenommene Geld nicht in Form eines Klimageldes an die Bürger zurückgeben. Akzeptieren wir die Fakten und argumentieren bitte nicht so viel mit vermeintlich guten Absichten.
Weil man die, wenn sie denn je fertig sein wird, wahrscheinlich nicht mehr brauchen wird. Wegen der dann realierten Kreislaufwirtschaft.
Abgelegt unter „1.000 scheinrationale Argumente, warum ich etwas nicht in meinem Vorggarten sehen will“.
@ CitizenK 6. August 2023, 15:18
Für den CO2-Gehalt in der Atmosphäre ist es völlig wurscht, ob das aus wenigen Privatfliegern oder aus vielen Golf-Auspüffen kommt. Die Menge mancht’s.
Yep.
Die derzeitige Diskussion über die höheren Emissionen der (Super-)Reichen durch Jachten und Privatjets ist, denke ich, eine Sackgasse. Angesichts der Waldbrände und der Kriege fallen die ökologisch nicht ins Gewicht.
Yep.
Im Übrigen bin ich für Luxussteuern.
Als Du wg. der Schneekanonen den Absolutismus herangezogen hast, habe ich mich gefragt, was denn nun schon wieder mit Dir los ist. Und dann kommt so etwas 🙂
Hatte ich auch schon mal vorgeschlagen, die Einkommenssteuer sein zu lassen und den Verbrauch zu besteuern; gerne auch höher für hochpreisige Luxus-Produkte. Ist ein viel sinnvolleres Konzept, als einfach nur auf die Reichen zu schimpfen und zu versuchen, jeden Besserverdienenden losgelöst von seiner Situation abzuziehen.
quote:
Die derzeitige Diskussion über die höheren Emissionen der (Super-)Reichen durch Jachten und Privatjets ist, denke ich, eine Sackgasse. Angesichts der Waldbrände und der Kriege fallen die ökologisch nicht ins Gewicht.
Würde ich challengen.
Völlig außer Konkurrenz fliegt der Privatjet, dort sind es 25 Tonnen CO2 pro Kopf für EINEN EINZIGEN Langstreckenflug. Zum Vergleich: Eine in Deutschland lebende Person stößt pro Jahr etwa 10,8 Tonnen aus, gibt das Bundesumweltministerium an.
Wir haben im Jahr 58.000 Starts dieser Privatjets in Deutschland.
Hier eine Menge weitere Infos… ->
https://www.stern.de/panorama/wissen/letzte-generation-protest–wie-klimaschaedlich-sind-privatjets–33543828.html
Wohl doch nicht zu vernachlässigen. Danke für die Zahlen.
Kubicki hat „autonom entschieden“, dass das Gesetz für ihn nicht gilt.
Also: Klarer Fall von Zivilem Ungehorsam. In der Diktion von Stefan Pietsch also ein „Corona-Krimineller“.
Und kein Staatsanwalt fordert fünf Monate Gefängnis ohne Bewährung wie bei meiner Bekannten. Übrigens unter Missachtung von § 160 StPO („… nicht nur die belastenden, sondern auch die entlastenden Umstände zu ermitteln“): Bei Klimaklebern interessiert ihn das Motiv nicht. Rechtsstaat?
Auch wenn es Ihnen, Stefan und anderen Linken nicht einsichtig sein mag, aber Ordnungsrecht ist etwas anderes als Strafrecht. Niemand geht in den Knast, weil er seine Steuererklärung nicht rechtzeitig abgegeben hat. Erst mahnt der Staat mit Ordnungsgeld, dann erfolgt die Schätzung. Das Beitreiben der Steuer kann dann allerdings sehr wohl mit Knast einhergehen.
Nur Straftäter sind Kriminelle. Also solche, die andere nötigen. Sie wollen mit Sicherheit auch nicht genötigt werden. Würde ich Sie z.B. daran hindern, für ein paar Stunden Ihre Wohnung zu verlassen, wären Sie mit Sicherheit nicht entspannt.
Was bitte ist ein mildernder Umstand bei jemanden, der sich auf die Straße setzt um andere bei der Fahrt zu hindern? Der Geisteszustand? Und was ist der Unterschied zu Posern, die Frauen beeindrucken wollen oder einer Hochzeitsgesellschaft, die auf der Autobahn Party feiert? Sind das alles mildernde Umstände und wenn nein, warum nicht?
An der Stelle kämpfen Sie auf verlorenem Posten 🙂 . Das mit den „guten Absichten“ bekommen Sie aus der grossen Mehrheit der menschlichen Köpfe nicht raus. Gilt tatsächlich als Entschuldigung selbst für die widerwärtigsten Untaten, wie ich seit meinen Diskussionen mit Marxisten aus den achtzigern weiss.
Meine Frau und ich halten „gute Absicht“ seit langem für eine veritable Beleidigung, aber damit sind wir in einer kleinen Minderheit.
Gruss,
Thorsten Haupts
Obwohl es sogar die StPO als Anweisung an die Staatsanwälte vorsieht?
Und?
Die Einstufung einer Handlung als Ordnungswidrigkeit oder Straftat ist eine politische Entscheidung. Das zeigen schon die derzeitigen Überlegungen des FDP-Justizministers: Ob jemand wegen Fahrens ohne Ticket in den Knast geht oder nicht. Oder ein Blick in die Rechtsgeschichte (Ehebruch, Homosexualität).
Dass man beim Sparziergang auf dem Deich bei Wind keine Maske trägt, ist vernünftig und nachvollziehbar. Bleibt aber ein Akt Zivilen Ungehorsams. Eine Sonderregelung für Deichspaziergänge gab es nicht. Anders die Kneipe. Dass da niemand Außenkontakte hatte, ist völlig unrealistisch.
Die Einstufung der Klimakleberei als Nötigung wird auch von Top-Juristen bezweifelt bis abgelehnt. Einige sehen das noch durch das Demonstrationsrecht gedeckt.
Es ist paradox: In Kanada und am Mittelmeer brennen die Wälder (und setzen zusätzliche 2 bis 4 Mrd. Tonnen CO2 frei) , Dürren und Überschwemmungen wechseln sich ab. Ein kleines Land ist mehr als zur Hälfte überflutet, in den Alpen rutschen die Hänge ab. Aber die die Mahner werden kriminalisiert.
Das ist doch Quatsch, mit Verlaub.
Es beginnt mit Verfahrensfragen. Normen des Strafgesetzbuches müssen durchs Parlament. Beim Ordnungsrecht ist der Gesetzgeber meist nicht gefragt. Es dürfte auch verfassungsrechtlich schwierig sein, Falschparken zu einer Straftat hochzustufen. Da greifen nämlich noch andere Verfassungsgrundsätze wie Gleichbehandlung, Verhältnismäßigkeit usw. Sie werden es anscheinend nie verstehen, dass unsere Ordnung nicht nur und nicht hauptsächlich auf Mehrheitsentscheidungen fusst.
Und Sie argumentieren schon wieder mit der Begründung, warum jemand eine Straftat verübt. Das allein verstößt gegen den Verfassungsgrundsatz der Gleichbehandlung. Ob ich Sie aus reinem Spaß am Verlassen Ihrer Wohnung hindere oder dies tue, um auf ein gesellschaftliches Problem aufmerksam zu machen, ist einerlei. Sie wollen ein Gesinnungsrecht – und schon das ist verfassungsfeindlich.
Die Einstufung der Klimakleberei als Nötigung wird auch von Top-Juristen bezweifelt bis abgelehnt. Einige sehen das noch durch das Demonstrationsrecht gedeckt.
Das ist falsch und manipulativ. Der Streitpunkt ist allein, ob eine Aktion, die nur wenige Minuten dauert, schon Nötigung sei oder ob hier das Recht auf Demonstrationsrecht überwiege. Das ist grenzwertig. Eindeutig ist jedoch, wenn eine Blockade eine Stunde oder länger dauert, die nicht mehr durch das Demonstrationsrecht gedeckt ist. Da überwiegt die Einschränkung für die anderen Bürger.
Und das nehme ich Ihnen echt übel.
Auf jeden Fall gibt es nicht die Nötigung, die aus höheren Gründen zu dulden sei und die Nötigung, die andere einschränkt. Nötigung ist Nötigung, das verlangt schon der Gleichbehandlungsgrundsatz.
Überlegen Sie sich wirklich, in welches Fahrwasser Sie sich hier begeben (wollen).
Das öffentlich erklärte Ziel der Kliamkleber war, z.B. den Verkehr einer ganzen Stadt widerholt und solange lahmzulegen, bis man ihre Forderungen erfüllt. Das ist von „Mahnung“ meilenweit entfernt.
Ja. Ich hab doch deutlich gesagt, dass ich diese Auswüchse nicht gemeint habe.