Terroristen bauen mit ChatGTP Wärmepumpen bei Disney ein, um Degrowth zu erzeugen – Vermischtes 24.05.2023

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann.

Fundstücke

1) White Supremacy Is a Dangerous Threat Because Republicans Use It

It is true that Americans of any race have a statistically tiny chance of being murdered by a white supremacist. But the main threat of white supremacy is not random terrorist violence. It is that the movement is gaining actual political and state power. […] All these stories are horrifying, but none of them are surprising. Organizations and ideas that were once too far from the political system to have any hope of influence, or didn’t even exist at all, have gained a foothold in the system. They have allies in the security system and a voice in the conservative movement’s political network. So no, maybe white supremacists don’t kill as many people as regular street crime. It is nonetheless true that the threat it poses to Americans is profound and growing. And the conservatives who refuse to acknowledge it, and who complain about Biden invoking the danger while doing nothing to marginalize the extremists in their midst, are complicit. (Jonathan Chait, New York Magazine)

Ich glaube, der zentralste Unterschied zwischen Links- und Rechtsextremismus, abgesehen von seiner Häufigkeit, ist hier zu finden. Gefährlich sind beide; ob ich von der RAF oder vom NSU ermordet werde, macht wenig Unterschied. Aber wenn dieser Extremismus einen Zugang zu staatlichen Institutionen findet, hat das schnell brutale Folgeeffekte. Das beste Beispiel dafür ist Weimar: sowohl die Kommunisten als auch die Freikorps verübten (auch tödliche) Gewalt gegen ihre politische Gegner, aber die Freikorps taten es in einem staatlichen Rahmen, weswegen ihre Mordraten drastisch höher und ihre Konsequenzen drastisch niedriger waren. Diese Normalisierung politischer Gewalt erlaubt es dann ihren Verursachern, sich als die Lösung zu präsentieren. Niemand hatte Ernst Thälmann abgenommen, in seiner Kanzlerschaft die Lösung für politische Gewalt zu sehen. Hitler wurde das geglaubt.

So weit sind wir natürlich in den USA noch nicht, aber die Problematik mit solchen Situationen ist immer, dass wenn es einmal soweit ist, sie wahnsinnig schwer wieder rückgängig zu machen sind. Und die USA haben Erfahrung mit solchem Terrorismus und seiner Normalisierung. In den 1870er Jahren formierte sich unter anderem mit dem Ku-Klux-Klan ein rechtsextremer, rassistisch motivierter Terror, der direkt mit den staatlichen Institutionen verwoben war und bis in die Gegenwart fortwirkt. Das Problem der Polizeigewalt in den USA lässt sich bis in diese Zeit zurückzuverfolgen, weil solcherlei staatlichen Einflüsse riesige Beharrungskraft haben (weswegen übrigens auch der direkte Kulturimport der Black-Lives-Matter-Proteste nach Deutschland so wenig Sinn macht).

2) Machbarkeit in der Multi-Krise –Für mehr Technologie-Realismus

Wenn wir ein paar Jahre in die Zukunft blicken, wird sich ein heute schon deutlich abzeichnender Trend verstärken: Alle – unzweifelhaft notwendigen – Maßnahmen zum Klimaschutz werden keine im Alltag spürbaren Effekte auf das Klima haben. Das immer weitere Aufschieben der notwendigen Umstellungen hat dazu geführt, dass, um auch nur die ambitionslosen Klimaziele aus den internationalen Verpflichtungen nicht um eine Größenordnung zu verfehlen, hohe Investitionen und drastische Veränderungen notwendig sind. Dies bringt jedoch ein hartes Dilemma mit sich: Die Überforderung der Bevölkerung und öffentlichen Haushalte durch die Gleichzeitigkeit der erforderlichen Maßnahmen. Derzeit findet diese Anpassung halbherzig und unter dem Radar, betrieben von weitblickenden Stadtplanern und Bauingenieuren statt. Dabei ist es unumgänglich diese Investitionen jetzt zu tätigen. […] Dass Teile der Klimabewegung immer noch eine Diskussion über Klimawandel-Mitigation verweigern, wird weltweit Millionen unnötige Opfer fordern, nicht irgendwann, sondern in unser Lebenszeit. Technologie-Realismus bedeutet, realistisch einzuschätzen, was mit aktuell und in naher Zukunft verfügbarer Technologie ganz praktisch möglich ist – unter Betrachtung von Produktions- und Installationskapazitäten, ökonomischen Möglichkeiten, sozialen Auswirkungen, absehbaren Ungerechtigkeiten und tatsächlichem  Nutzungsverhalten. Die absehbaren Probleme unverstellt anzusprechen und dafür pragmatische, realistische Lösungen zu suchen, schafft am Ende mehr Vertrauen und Mitwirkungs-Willen als selektiver Technologie-Optimismus oder gar berechtigte Einwände pauschal als Klimawandel-Leugnen zu diskreditieren. (Frank Rieger, Realitätsabzweig)

Frank Riegers Artikel ist viel länger und berührt viel mehr Themen als die hier zitierten Ausschnitte, ich empfehle ihn zur gänzlichen Lektüre. Rieger ist, kaum überraschend, wenig begeistert von den aktuellen Politikvorschlägen, rechts wie links. Ich stimme ihm völlig zu, was die Dringlichkeit der Maßnahmen anbelangt; ich habe ähnlich ja auch bereits argumentiert. Everything and the kitchen sink ist kaum mehr vermeidbar in meinen Augen. Nur beschreibt Rieger den entscheidenden Nachteil: es überfordert beinahe zwangsläufig. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit Überforderung vermeidbar ist, denn die letzten Monate haben gezeigt, dass selbst die Idee eines Gasheizungsneueinbauverbots oder eines Tempolimits die Republik maßlos überfordert. Es gibt ja schlicht überhaupt keine Maßnahme, die in irgendeiner Weise keinen Konflikt bedeutet (und wer glaubt, das wäre beim CO2-Preis anders, ist ein naiver Träumer). Ich glaube daher auch, dass es zwar gut und richtig ist, transparent und pragmatisch alles anzusprechen, aber das wird am Widerstand nichts ändern. Eine Lösung dafür habe ich nicht.

3) Eine Umwälzung wird so oder so stattfindenm (Interview mit Bob Blume)

Wie verhindert man, dass Schüler ChatGPT zu Hause falsch einsetzen und dabei nichts lernen?

Wenn der Lernprozess nach Hause verlagert wird und dort auf ChatGPT trifft, bekommen wir meiner Meinung nach auch eine Revolution, aber eine, die wir nicht wollen. Denn erst basale Grundfertigkeiten, die in der Schule gelernt werden müssen, ermöglichen komplexe kognitive Vorgänge, die von der KI angestoßen werden. Diesen Zusammenhang, diese Haltung müssen wir den Schülern vermitteln. Wenn Schüler nicht verstehen, warum sie sich etwas aneignen sollen, was die KI doch viel besser kann, ist es für sie viel verführerischer, sich die Arbeit von ChatGPT oder einem anderen Programm abnehmen zu lassen. […]

Zwingt ChatGPT zu besserem analogen Unterricht?

Ja. Der Lernprozess muss in Zukunft konsequent in die Schule verlagert werden – Konzepte wie Flipped Classroom, die es schon sehr lange gibt und bei denen der Input nicht in der Klasse, sondern zuhause geschieht, sehen das auch schon vor. Man kann den Schülern ja als Hausaufgabe mitgeben: Schaut euch ein Video darüber an oder fragt ChatGPT, wie man eine Kurzgeschichte schreibt, notiert euch Fragen, die offen geblieben sind. In der Schule werden diese dann beantwortet, die Interpretation wird in der Klasse vorgenommen. Diese Entwicklung wird durch ChatGPT aus meiner Sicht forciert. (Uwe Ebbinghaus, FAZ)

Bob spricht hier ein Grundproblem an, ohne allerdings die Konsequenzen wirklich komplett auszubuchstabieren. Denn unser aktuelles System stellt ja eben die „basalen Grundfertigkeiten“ oft nicht bereit, unser aktueller Unterricht stößt ja eben keine „komplexen kognitiven Vorgänge“ an. Das hat viele ineinander verwobene Ursachen, von den Bildungsplänen zur Stundentafel zur Prüfungskultur zur Lehrkräfteausbildung zur Didaktik. Aber mein Punkt ist immer: wenn die KI deine Aufgabe problemlos lösen kann, ist das Problem nicht die KI, sondern die Aufgabe.

4) How the Right and the Left Switched Sides on Big Business

Of course, Sanders and his allies never came close to amending the Constitution and overturning Citizens United. But if they had, I wonder how the left would feel about the change now, as Republican politicians go after companies that take progressive stands. […] None of this is to say that the right and left have completely switched places. There are many issues on which the GOP remains more aligned with corporate interests and many elected Republicans who remain sympathetic to corporate power. But neither coalition is reliably aligned with or opposed to the power of corporations. The relationship, on both sides, tends to be issue-specific, transactional, and opportunistic, with the left more likely to be closely aligned on social issues and the right more likely to be aligned on fiscal issues. […] In turn, I suspect that the more those corporations articulate values that Republicans dislike, the more Republican politicians will try to use the power of the state to constrain corporations, even as they themselves keep raising as much as they can from corporate donors. Finally, corporations will sometimes be targeted by both the right and the left, as when conservatives and progressives scrutinize content-moderation policies at big social-media companies. (Connor Friedersdorf, The Atlantic)

Hier zeigt sich, was für Prinzipien generell gilt: Die allerwenigsten Leute wenden sie immer gleich an. Deswegen sind principled stands against all corporate influence auch kaum vorhanden. Die Unabhängigkeit der Notenbank fanden Konservative und Liberale auch nur bis zur Eurokrise immer total wichtig, während die linke Kritik an ihr plötzlich stark abnahm. Das betrifft JEDES Prinzip. Man pocht auf die Einhaltung der Verträge, die man gut findet, und will die revidieren, die man schlecht findet. Man findet Gründe für die Politiken, die man unterstützt, und Gründe gegen die, die man ablehnt. So funktionieren wir nun mal.

Davon einmal abgesehen ist das ganze auch ein tolles Beispiel für das alte Sprichwort des be careful what you wish for: die Republicans haben jahrzehntelang für die „Meinungsfreiheit“ von Unternehmen getrommelt (unvergessen Mitt Romneys „corporations are people, my friend„) und die Democrats das erbittet bekämpft. Jetzt geht es plötzlich nicht mehr um die Bäckerei, die homosexuellen Hochzeitspaaren den Kuchen nicht machen will (gut), Baumärkte die keine Krankenversicherung mit Abtreibungsoption zahlen (gut), sondern um Unternehmen, die gendern (schlecht) oder diverse Beschäftigtenpolitik haben (schlecht). Geändert hat sich am Prinzip nichts, nur ist die „Freiheit“, die du Unternehmen vorher eingeräumt hast, weil sich ihre Ziele mit deinen deckten, auch noch da, wenn die Ziele das plötzlich nicht mehr tun. Funktioniert natürlich in die umgekehrte Richtung genauso: ein Staat, dem ich viel Macht gebe, hat diese Macht auch, wenn die andere Seite rankommt.

Was ich bei dem ganzen Käse überhaupt nicht sagen kann ist, ob diese Entwicklung gut oder schlecht ist. Ist es positiv, dass die Republicans die Möglichkeit in ihren Kanon aufgenommen haben, dass Unternehmen nicht immer total dufte sind? Ist es positiv, dass die Democrats sie nicht automatisch als Feind betrachten? Vermutlich? Sind die Gründe dafür so ziemlich die dümmstmöglichen, und damit auch die Auswirkungen? Vermutlich auch.

5) Prometheus geht in den Ruhestand

Ein entscheidender Grund für das unausgegorene Hals-über-Kopf-Heizungsgesetz liegt aber neben Habecks angestrengtem politischem Selbstverständnis auch in einem andauernden Dilemma der deutschen Klimapolitik. Diese sitzt fest in einem Schraubstock, der eine bewegliche, strategische und gleichzeitig realistische Klimapolitik erschwert. Auf der einen Seite sind auf allen Ebenen die Verzögerer und Aufhalter einer notwendigen ökologischen Transformation unseres Wirtschaftens und Konsumierens. Denn seien wir ehrlich: Die Unionsparteien, die FDP und Teile der Wirtschaft lassen diesbezüglich keine Gelegenheit aus, die vielen strukturellen Bremsen nicht lösen zu müssen. Auf der anderen Seite sind die Postwachstumsideologen, die die Wirtschaftsleistung um bis zu 90 Prozent reduzieren wollen und keine Probleme damit hätten, dass auch der wissenschaftliche Fortschritt und die soziale und äußere Sicherheit entsprechend schrumpfen und der Rest der Welt fassungslos und feixend auf das verarmte Museum Deutschland schauen würde. Forciert wird dieser weltanschauliche Irrweg durch die in der Öffentlichkeit ständig wiederholte Autosuggestion, Deutschland könnte das Klima, die Welt, die Menschheit retten. […] Eigentlich ist doch alles ganz einfach. Wir brauchen mehr Strom. Und der Preis für Strom muss runter. (Bernd Rheinberg, Salonkolumnisten)

Ich bin total bei Rheinbergs Kritik der Degrowth-Leute. Mit der These kann ich überhaupt nichts anfangen. Nicht nur ist es in meinen Augen völlig wirklichkeitsfremd (siehe auch den Stichpunkt der Überforderung aus Fundstück 2); es ist schon so schwer genug, irgendwelche Änderungen durchzusetzen. Das mit einem PLANMÄSSIGEN Absenken des Lebensstandards zu verbinden, ist ein politisches Todesurteil. Selbst den Lebensstandard künstlich stagnieren zu lassen ist schon eine ordentliche Herausforderung, die nur Diktaturen überhaupt unternehmen (und davon abgesehen auch nicht gerade erstrebenswert). Es ist auch nicht zielführend, denn die Mitigation der Folgen der Klimakrise sollte eigentlich ja auch Wachstum hervorrufen. Werden wir Ressourcen umschichten müssen? Sicher. Macht es vielleicht Sinn, die wildesten Auswüchse der geplanten Obsoleszenz zu begrenzen und zu nachhaltigerem Wirtschaften überzugehen? Klar. Aber Degrowth? Fuck that shit.

Resterampe

a) Überraschendste Schlagzeile des Jahres.

b) Spannendes Interview mit zwei Ökonomen über die Energiepolitik.

c) Anne Rabe zur Debatte um ostdeutsche Identität.

d) Achim Truger kritisiert (Überraschung!) die Haltung der FDP in der Finanzpolitik.

e) Sehr gute Kolumne in der Wirtschaftswoche mit Rundumschlag gegen alle in der Klimapolitik (vorrangig aber gegen Habeck und die Grünen).

f) Ginge es um eine rechte Dozentin, wäre es Cancel Culture.

g) Progressive Reform mit regressiven Untertönen

h) Austerity budgeting? Really?

i) Meine Haltung zur Razzia bei der Letzten Generation.

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  • Tim 24. Mai 2023, 09:43

    (2 – Multikrise)

    Ich glaube daher auch, dass es zwar gut und richtig ist, transparent und pragmatisch alles anzusprechen, aber das wird am Widerstand nichts ändern. Eine Lösung dafür habe ich nicht.

    Man kann es nur immer und immer wieder wiederholen: Solange in Deutschland fast niemand wirklich (also außerhalb von Salongeplauder) an eine Klimakatastrophe glaubt, wird auch fast niemand zu harten Einschnitten bereit sein. Und global ist es ja noch viel krasser. Eine Klimakatastrophe existiert dort allenfalls in den Köpfen ausgewählter Eliten, aber keinesfalls in der Bevölkerung.

    Ich habe es hier ja schon oft geschrieben. Für mich liegt das größte Umweltproblem Deutschlands im Rückgang der Artenvielfalt, bedingt durch die Nutzbarmachung (also Zerstörung) von Lebensraum. Wir haben das seit Jahrzehnten dokumentiert, die Folgen liegen klar vor Augen. Es ist ein viel präsenteres Problem als eine abstrakte Klimakatastrophe, trotzdem sieht es ebenfalls fast niemand (ich vermute, weil Deutschland ja so schön grün ist, insbesondere von der Autobahn aus betrachtet). Hinzu kommt, dass man beim Rückgäng der Artenvielfalt eben nicht die böse Industrie oder Landwirtschaft oder Atommafia verantwortlich machen kann. Wir alle haben Schuld, bedingt durch unsere Neigung zu einem sehr bequemen Leben auf sehr hohem Niveau. Die eigene Lebensweise hinterfragt niemand gern.

    • Stefan Sasse 24. Mai 2023, 13:58

      Sicher richtig.

      • derwaechter 24. Mai 2023, 20:18

        „Sieht es ebenfalls fast niemand“
        Leider war. Allerdings würde ich auch hier gerne die Grünen positiv erwähnen. Flächenverbrauch eindämmen und „echte“ erhalten sind da m.W. schon lange wichtige Forderungen

  • Tim 24. Mai 2023, 09:45

    Die Unabhängigkeit der Notenbank fanden Konservative und Liberale auch nur bis zur Eurokrise immer total wichtig,

    Äh, what? Bitte erklär das mal. Das ist so ungefähr das Gegenteil dessen, was ich wahrgenommen haben.

    • Stefan Sasse 24. Mai 2023, 13:59

      Was davon? „Bis dahin“?

      • Tim 24. Mai 2023, 14:16

        Du deutest hier an, Konservative und Liberale würden die Unabhängigkeit der Notenbank seit der Eurokrise nicht mehr wichtig finden. Habe ich das so richtig interpretiert?

        • Stefan Sasse 24. Mai 2023, 15:52

          Das ist meine Andeutung, ja. Denn konservative Politiker*innen kritisieren die ziemlich hart und fordern andere Politik, was sie pfui bäh fanden, als es die andere Seite tat und sie zufrieden waren.

          • Stefan Pietsch 24. Mai 2023, 16:22

            Fürs Protokoll: Notenbanken müssen unabhängig sein. Doch bei der EZB gibt es genau an dieser Unabhängigkeit große Zweifel. Sie hat den alleinigen Auftrag, für Geldwertstabilität zu sorgen (was ihr nicht gelingt) und unterstützt sowohl erkennbar als auch plakativ Staatsfinanzierung (siehe außerordentliche EZB-Ratssitzung, als die Inflationsraten hochgingen und Lagarde stattdessen eine Krisensitzung zu den Zinssätzen Italiens anberaumte).

            • Stefan Sasse 24. Mai 2023, 16:56

              Sag ich ja. ^^ Unabhängigkeit ist toll, wenn sie die eigenen Ziele verfolgt.

              • Tim 24. Mai 2023, 17:06

                Auch eine unabhängige Institution muss sich an den gesetzlichen Rahmen halten, der ihr gegeben wurde. Genau das tut die EZB nicht mehr.

                Nehmen wir mal an, Gerichte hätten jetzt auch allgemeine Polizeitruppen. Würdest Du ernsthaft behaupten, das sei O.K. im Rahmen der Unabhängigkeit der Gerichte? Sicher nicht.

                • Stefan Sasse 24. Mai 2023, 19:25

                  Natürlich nicht. Nur: Ich habe nie ein Geheimnis draus gemacht, dass ich das eingeschränkte MAndat der EZB für falsch hielt und es reformiert sehen wollte. Und immer noch will.

                  • Stefan Pietsch 24. Mai 2023, 19:45

                    Das Mandat gilt aber unverändert. Für eine Vertragsänderung müssen alle 27 Mitgliedsländer die Reform ratifizieren.

              • Stefan Pietsch 24. Mai 2023, 18:46

                Die EZB ist unabhängig, aber in ihrem Mandat an Verträge gebunden. Wie Du weißt sehen verschiedene Verfassungsgerichte ein Verletzung des Mandats durch die EZB.

                • Stefan Sasse 24. Mai 2023, 19:26

                  Klar, und wie gesagt, das sind zwei Paar Stiefel. Siehe mein Kommentar an Tim.

            • FS 24. Mai 2023, 18:20

              Fürs Protokoll: Die EZB hat nicht „den alleinigen Auftrag, für Geldwertstabilität zu sorgen“. Geldwertstabilität ist das vorrangige Ziel des ESZB (wovon die EZB ein Teil ist) nach Art.127 EUV (eigentlich „Preisniveaustabilität“, aber wer will Haare spalten).
              Dort steht dann aber auch: „Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung der in Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union festgelegten Ziele der Union beizutragen. Das ESZB handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und hält sich dabei an die in Artikel 119 genannten Grundsätze.“
              Und dann können Sie sich gerne mal Art. 3 und Art. 119 EUV durchlesen und sehen, was da alles für Ziele mit der allgemeinen Wirtschaftspolitik der EU verbunden sind.
              Und ich erinnere mich dunkel, dass ich Sie vor Jahr und Tag auch schon einmal auf das oben Genannte hingewiesen habe. Es wäre daher schön, wenn Sie nicht wiederholt faktenwidrigen Quatsch erzählen.

              • Stefan Pietsch 24. Mai 2023, 18:44

                Ich will ja nicht Haare spalten, aber Wirtschaftspolitik ist etwas anderes als Finanzpolitik. Es wäre schön, wenn Sie das nicht immer verwechseln würden.

                • FS 24. Mai 2023, 22:18

                  Das schöne an Debatten mit Ihnen ist ja, dass die Antworten auf Einwände meistens noch niveauloser sind, als die Anfangsbeiträge. Hierzu: Finanzpolitik ist nicht etwas anderes als Wirtschaftspolitik, sondern ein Teilbereich der Wirtschaftspolitik, was ich hier mal mit Verweis auf Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Finanzpolitik
                  Satz 2 abtue, der wiederum auf das Gabler Wirtschaftslexikon verweist.
                  Hätten Sie es außerdem geschafft, sich den von mit genannten Artikel 119, darin Absatz 3, mal anzusehen, finden Sie dort auch den Punkt der „gesunden öffentlichen Finanzen“ die als einzuhaltende Grundsätze mit zu beachten sind.

                  • Stefan Pietsch 25. Mai 2023, 06:46

                    Das Unschöne an Debatten mit Ihnen ist, dass Sie spätestens beim Reply in wilde Beleidigungen verfallen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie ein sympathischer Mensch sind. Deswegen Ende hier.

              • derwaechter 24. Mai 2023, 18:55

                „Und ich erinnere mich dunkel, dass ich Sie vor Jahr und Tag auch schon einmal auf das oben Genannte hingewiesen habe. Es wäre daher schön, wenn Sie nicht wiederholt faktenwidrigen Quatsch erzählen.“

                Wird nicht passieren. Das gehört quasi zum Markenkern.
                Ist genauso wie mit den wiederholten falschen Aussagen zu grünen Wahlprogrammen vor einiger Zeit und vor kurzem wieder. Da kann man noch so viel belegen und zitieren, es ändert nichts.
                Meine Kommentare dort tauchen übrigens gar nicht auf. Ein Schelm wer böses dabei denkt 😉

                • Stefan Sasse 24. Mai 2023, 19:27

                  Ja, die sind gelöscht, sehe ich gerade.

                  • derwaechter 24. Mai 2023, 20:07

                    Wenn aus Faktenresistenz Faktenallergie wird 😉

          • Tim 24. Mai 2023, 17:03

            @ Stefan Sasse

            Ah, jetzt verstehe ich Deine Sichtweise. Auf eine gewisse irre Weise hast Du Recht.

            Allerdings hat die EZB ihre Unabhängigkeit ja selbst aufgegeben, indem sie sie weit überspannt hat. Die EZB macht heute ganz offen Staatsfinanzierung, unterstützt politische Ziele (Integrität des Euros) und hält alles für ein EZB-Ziel, was sich irgendwie nach Nachhaltigkeit anhört.

            Das hat alles mit klassischer Zentralbank-Unabhängigkeit nichts mehr zu tun. Die EZB verfolgt mit aller Deutlichkeit politische Ziele.

            Wenn man das kritisiert, kritisiert man eben nicht eine währungspolitische Entscheidung der EZB – das wäre tatsächlich ein Angriff auf ihre Unabhängigkeit. Man kritisiert, dass die EZB zu einer Institution geworden, für die es kein Mandat gibt.

            • Stefan Sasse 24. Mai 2023, 19:24

              Die EZB kann ihre Unabhängigkeit gar nicht aufgeben, die kann ihr nur genommen werden. Was man argumentieren kann ist, dass sie ihr Mandat überschreitet und diese Eingrenzung daher gerechtfertigt ist. Das KANN man argumentieren.

              • Erwin Gabriel 25. Mai 2023, 13:36

                @ Stefan Sasse 24. Mai 2023, 19:24
                Die EZB kann ihre Unabhängigkeit gar nicht aufgeben, …

                Bin bei Tim, hat sie faktisch getan.

                • Stefan Sasse 25. Mai 2023, 14:05

                  Warum? Wer hat denn Einfluss auf die EZB-Entscheidungen?

                  • Tim 26. Mai 2023, 10:24

                    Das EZB-Präsidium wird vom Europäischen Rat gewählt. Wenn man also Einfluss auf die EZB nehmen möchte, muss man die passenden Personen reinbringen. Und genau ist den Freunden einer politischen Zentralbank (ich nenne das mal die „französische Position“) ziemlich gut gelungen.

                    • Stefan Sasse 26. Mai 2023, 12:25

                      Das gelang vorher den Deutschen. Eine Insitution braucht Personal. Jedes Personal hat eigene Prioritäten und Vorstellungen. Duh. Aber das ist nicht die Frage, sondern die, ob das Personal danach UNABHÄNGIG ist. Case in point: die konservativbe Mehrheit am Surpreme Court ist krass parteiideologisch ausgewählt und motiviert. Aber sie ist ohne Zweifel UNABHÄNGIG. Egal, wie wenig mir gefällt, was die machen.

                    • Tim 26. Mai 2023, 13:56

                      @ Stefan Sasse

                      O.K., ich verstehe Deinen Punkt. Streng formal betrachtet hast Du sicher Recht.

                      Streng formal betrachtet sind Putin und Erdogan allerdings auch legitime Präsidenten ihrer Staaten. Wenn Sinn und Zielsetzung von Institutionen ausgehöhlt werden, hat man halt wenig davon.

                    • Stefan Sasse 26. Mai 2023, 15:05

                      Das ist einfach ein Kategorienfehler. Ich kann völlig problemlos sagen – sowohl als außenstehende Person als auch als Mitglied der Institution – dass das Mandat schlecht gestaltet ist und einer Änderung bedarf. Ich kann auch dafür weben, das Mandat umfassender auszureizen bzw. das tun. Was nicht geht wäre eine Anweisung das zu tun oder der Versuch, institutionellen Druck auszuüben. Und das ist auch nirgends passiert.

                      Genauso sind Erdogan und Putin die Präsidenten ihrer Staaten, das ist nur völlig irrelevant für die Frage, ob ihre Politiken gut sind.

                    • Stefan Pietsch 26. Mai 2023, 16:00

                      Nochmal: Die EZB hat einen Auftrag, der ihr vom Souverän gegeben wurde. Und so lange sie den nicht erfüllt, hat sie sich um nichts anderes zu kümmern. So steht es im Vertrag.

                      Die EZB-Mitglieder sehen das in ihrer Vollkommenheit als unabhängige Instanz offensichtlich völlig anders. Sie veranstalten Sondersitzungen über die Finanzsituation von Staaten statt zum Preisauftrieb. Das lässt sich nicht schönreden. Und das geht eben nicht. Unabhängigkeit hin, Unabhängigkeit her. Auftrag ist Auftrag.

                    • Stefan Sasse 29. Mai 2023, 17:37

                      Du, nochmal: das sind zwei unterschiedliche Dinge. Die Notenbank kann völlig unabhängig von ihrem Auftrag abweichen. Das ist ja eine andere Problembeschreibung.

                    • Thorsten Haupts 29. Mai 2023, 23:41

                      Nochmal: Die EZB hat einen Auftrag, der ihr vom Souverän gegeben wurde.

                      Ja. Und die Unabhängigkeit, intern und selbst zu entscheiden, wie, wann und mit welchen Mitteln sie den erfüllt. Ihnen und mir muss das Ergebnis nicht gefallen – aber an der Unabhängigkeit habe ich bisher keinen wirklich begründeten Zweifel gesehen.

                      Und das nur nebenbei – aber auch das deutsche BVerfG hat der EZB bisher nicht wirklich den Arm verdreht. Im Kern – und das ist, was zählt – hat es die bisherige EZB-Politik durchgelassen, also hatte es keine hinreichenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

                      Ich halte die EZB Politik für falsch und für eine Verletzung ihres Mandates, aber dieses „falsch“ hat sie ausschliesslich selbst so entschieden.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 30. Mai 2023, 09:27

                      Exakt, das ist auch mein Argument.

  • derwaechter 24. Mai 2023, 10:39

    4) „corporations are people, my friend„ find ich übrigens genauso bescheuert wie das „you didnt build that“ von Obama. Zitate aus dem Zusammenhang nehmen und bewusst falsch verstehen ist ein Unding.

  • sol1 24. Mai 2023, 12:57
  • Erwin Gabriel 25. Mai 2023, 13:00

    2) Machbarkeit in der Multi-Krise –Für mehr Technologie-Realismus

    … denn die letzten Monate haben gezeigt, dass selbst die Idee eines Gasheizungsneueinbauverbots oder eines Tempolimits die Republik maßlos überfordert.

    Ich glaube nicht, dass solche Themen die deutsche Bevölkerung „überfordern“. Es gibt da aus meiner Wahrnehmung einige andere relevantere Punkte:

    Zum einen ist in Merkels Regierungszeit sehr viel liegengeblieben; das wird den Leuten langsam klar. Und damit kommt einerseits das Gefühl, dass man selbst irgendwie schuldlos ist an der Situation (was natürlich falsch ist; die Merkel‘schen Wahlergebnisse haben nicht die Regierenden zu verantworten, man hat hier schon sehr deutlich „Bequemlichkeit“ und „Verdrängung“ gewählt). Andererseits wächst die Einsicht, wie steil der Berg inzwischen geworden ist, den es zu erklimmen gilt; ohne weitreichende Wohlstandsverluste wird es keine sinnvollen Klima-Maßnahmen geben können. Darüber hinaus ist allen klar, dass nichts, was man tun kann bzw. tut, irgendetwas am Weltklima verändern wird.

    Auch wird auch so oft und ausführlich über die Thematik „Einschränkungen für den Klimawandel“ diskutiert, dass wahrscheinlich sehr viele glauben, sie hätten schon Wunder was für Opfer gebracht, obwohl eigentlich noch nichts passiert ist. Und wer soll sich quälen und Wohlstandsverluste akzeptieren in dem Wissen, dass es nichts bringt außer Quälerei und Wohlstandsverlusten?

    Mit dem Tempolimit können alle leben, mit der Begründung eher nicht.

    • Stefan Sasse 25. Mai 2023, 14:04

      Ich weiß nicht, ob wir nicht mit „überfordern“ vor allem einen semantischen Konflikt haben. Denn ich nicke bei allem was du schreibst.

      Welche Begründung würdest du denn denken dass akzeptabel ist?

      • Erwin Gabriel 25. Mai 2023, 19:07

        @ Stefan Sasse 25. Mai 2023, 14:04

        Ich weiß nicht, ob wir nicht mit „überfordern“ vor allem einen semantischen Konflikt haben. Denn ich nicke bei allem was du schreibst.

        Das mag sein. Ich bin auch nicht grundsätzlich gegen den Begriff „Überforderung“, möchte ihn aber nicht – so hatte ich Dich verstanden – auf eine einzelne Maßnahme beziehen, sondern auf die Gesamtsituation. Niemand weiß genau, was an einschränkenden Maßnahmen, Kosten oder klimatischer Entwicklung auf uns zukommt, jede Ecke malt die schlimmstmöglichen Bilder an die Wand. Das ist, was Stress, Aggressionen und/oder Verdrängung verursacht.

        Ein allgemeines Tempolimit für Autobahnen ist für mich eine ähnliche Geschichte wie „Ehe für alle“ – großer Aufreger, je nach identitärem Standpunkt, aber am Ende wird man sich dran gewöhnen wie an den Sicherheitsgurt. Kritisch ist meiner Meinung nach eher die gesamte, dem Thema innewohnende Reizüberflutung als die mögliche Festlegung einer Höchstgeschwindigkeit, mit der wir zukünftig über die Autobahn fahren dürfen.

        • Stefan Sasse 26. Mai 2023, 09:15

          Ja, verstehe ich. Nur, wie verhindert man das?

          • Erwin Gabriel 26. Mai 2023, 11:22

            @ Stefan Sasse 26. Mai 2023, 09:15

            … wie verhindert man das?

            Theoretisch: In dem man sich einig ist. Praktisch: Nicht möglich.

            Ist ähnlich wie zur Flüchtlingskrise. Da haben praktisch alle (außer der AfD) an einem Strick (und auch noch in die halbwegs gleiche Richtung) gezogen, und man hatte für ein, zwei Jahre Konsens, der leider nicht genutzt bzw. in die Schaffung der entsprechenden Gesetzgebung investiert wurde.

            Unsere Art von Politik ist darauf ausgelegt, dass immer Konzepte gegeneinander antreten, dass man sich nicht nur über Ziele, sondern auch stark über Abgrenzung definiert, und dass es eben einen Gewinner und einen Verlierer geben muss. Selbst wenn sich etwa beim Tempolimit alle einig wären, dass es Sinn macht, gäbe es einen vergleichbar großen Streit um die Frage, ob das Tempolimit auf 120 km/h oder auf 140 km/h gelegt werden sollte; beim Kompromiss 130 km/h würden beide Seiten behaupten, sie hätten „Schlimmeres“ verhindern können.

            Diese konfrontative Art, die für viele Themen gut ist, passt beim Klimawandel natürlich nicht; wie gesagt, ich bin da pessimistisch, was brauchbare Lösungen angeht.

            • Stefan Sasse 26. Mai 2023, 12:26

              Die Frage ist natürlich so ein bisschen, ob der Konsens nicht ohnehin nur so lange hält, bis du konkret was damit machen willst. Also hätte der Konsens zwei Jahre gehalten, wenn man tatsächlich was getan hätte?

              • Erwin Gabriel 27. Mai 2023, 14:27

                @ Stefan Sasse 26. Mai 2023, 12:26

                Die Frage ist natürlich so ein bisschen, ob der Konsens nicht ohnehin nur so lange hält, bis du konkret was damit machen willst.

                Konsens kann und wird es nicht geben, aus den genannten Gründen.

                Man hätte spätestens mit Kyoto loslegen müssen, Maßnahmen zu ergreifen – und zwar weltweit. Aber wer sich zuerst bewegt, verliert; wo Preise oder Standorte teurer werden, weil man auf die Umwelt achtet, zieht der Teil der Industrie fort, der es sich leisten kann. Die anderen müssen die Preise erhöhen und verlieren spätestens dort.

  • Erwin Gabriel 25. Mai 2023, 13:52

    e) Sehr gute Kolumne in der Wirtschaftswoche …

    Die Standpunkte kann ich in weiten Bereichen nachvollziehen und teilen.

    Wirtschaftswoche:
    „Stattdessen deutet man permanent an, dass es in Sachen Klimaschutz auf Deutschland allein oder auch ein paar Jahre mehr oder weniger nicht ankomme (Friedrich Merz, Jens Spahn); man verbreitet wiederholt Verlustängste, um sich den Deutschen umso nachdrücklicher als hauptamtlicher Opferbetreuer im Sinne einer „Gesamtverantwortung“ empfehlen zu können (Lars Klingbeil, Kevin Kühnert); man malt wegen ein paar „Klimaklebern“, die da und dort den Verkehr lahmlegen, andauernd Terrorrisiken und Bürgerkriegszustände an die Wand (Alexander Dobrindt, Marco Buschmann) – bis zuletzt alle Regierungspolitiker und Bürger, die noch an ambitionierten Zielen festhalten, als Vertreter eines Partikularinteresses, als randständige Lobbyisten und „Klimaaktivisten“ (Julia Klöckner) markiert, nein: denunziert sind.“

    Das ist leider wahr.

    Was ich (nicht nur in diesem Fall) schade finde: Im Fall Graichen spielt keine Rolle, ob der Mann für diese Position taugt. Ich halte auch jedem Minister (auch Robert Habeck) zugute, dass er sich mit Leuten umgibt, denen er vertraut, die bereit und fähig sind, seine Politik umzusetzen.

    Aber selbst wenn der eigene Bruder, die eigene Schwester, der Trauzeuge oder die langjährige Nachbarin die perfekte Besetzung für solch eine Position wäre, darf man sie nicht auf- bzw. einstellen. Das sollte einem Politiker wie Robert Habeck aber klargewesen sein, deswegen betrachte auch ich das nicht als ein „Versehen“ oder „Fauxpas“, sondern als einen (rein politischen) Fehler.

    Was mich allerdings nervt, ist, wenn sich beispielsweise (mein einstiger Lieblings-Unions-Politiker) Jens Spahn hinstellt und über Vetternwirtschaft redet, nachdem er selbst sich zu Vorzugspreisen eine Villa zum Vorzugspreis hat zuschustern lassen, und andere CDU-Parteigrößen (die etwa mit Philipp Amthor und Peter Altmaier genügend eigene „Vettern“ im Angebot haben) in die gleiche Kerbe hauen.

  • cimourdain 26. Mai 2023, 12:32

    i) (im weiteren Sinne) Ich halte es für hochbedenklich, wenn die Justiz auf den krawalligen Sprachduktus der (einiger) Medien eingeht.

    Das geht mit der inflationären „Nötigung“ los. Im „Sitzblockaden“ Urteil (1995) hat das BVerfG klargemacht, dass dieser Tatbestand sehr genauer Einzelfallprüfung bedarf.

    Auch die sog. „Anschläge“ auf Ölpipelines beliefen sich auf das Abdrehen selbiger an Ventilstationen. (Direkter) Sachschaden: 1 Meter Drahtzaun, kein Personen- oder Umweltschaden.

    Zuletzt der Begriff „kriminelle Vereinigung“. Auch dieser Begriff steht auf juristisch dünnen Beinchen:
    https://www.lawblog.de/archives/2023/05/24/letzte-generation-als-kriminelle-vereinigung-eine-vorlaeufige-heiligsprechung/
    Es passt da, dass die Münchner Staatsanwaltschaft da bei der Beschlagnahmung der Homepage aus einem Anfangsverdacht schon mal vorsorglich ein fait accompli gemacht hat.

    Damit beantwortet sich aber auch die Frage aus a) :
    Wenn jetzt an Gymnasien überall im Land Abiturienten unter dem Motto „Wir sind die hinterletzte Generation“ o.ä. den Zugang zu systemrelevanten öffentlichen Einrichtungen (Schulen) mit Nötigungsabsicht blockiert und gegen Beamte im Dienst (Lehrer) psychische Gewalt mittels albernen Ratespielchen etc. ausübt, dann zeigt sich hier der verhängnisvolle Einfluss der LG.

  • Thorsten Haupts 27. Mai 2023, 20:29

    Zu f) Sie hatte getwittert: Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht.

    Das kann man wohlwollend lesen (der – (nicht geschrieben) „kleine Anteil“ braunen Dreck unter den Sicherheitsbeamten), muss es aber nicht. Nicht wohlwollend gelewsen ist es eine Pauschalbeschimpfung aller Militärs und Polizisten in Deutschland – und genau wegen dieser Lesart musste sie ihren Posten an einer Polizeihochschule (!) abgeben.

    Und ich füge hinzu – diese nicht wohlwollende Lesart ist bei einem öffentlichen Politprofi absichtlich intendiert. Sie hat genau gewusst, was sie schrieb und wollte es genau so schreiben. Nur mit Konsequenzen hat sie offenbar nicht gerechnet.

    Hat mit Cancel Culture nichts zu tun – die setzt ein, wenn man nicht unterschreibt, dass alle zu Frauen umgewandelten Männer vielleicht aus biologischen Gründen nicht an Frauenwettbewerben im Sport teilnehmen sollten. Aufmerksamen Lesern fällt sicher auf, wo der Unterschied zwischen „braunem Dreck“ und „Transfrauen sollten nicht am Frauensport teilnehmen“ liegt. Und ebenso, wo der Unterschied zwischen einer öffentlichen Universität und einer Polizeihochschule liegt.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 29. Mai 2023, 17:46

      Hat mit Cancel Culture nichts zu tun

      Womit meine These einmal mehr belegt wäre: Cancel Culture sind immer die anderen. MEIN Canceln ist total wichtig und angebracht!

      • Thorsten Haupts 29. Mai 2023, 23:33

        Hätte jetzt zwar nicht gedacht, dass Du schwerste Beleidigungen und politische oder wissenschaftliche Auseinandersetzungen auf die gleiche Stufe stellst, aber okay. Bisher wurden alle von den Linken in den USA gecancelten Leute nicht durch wüste Beschimpfungen auffällig.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Stefan Sasse 30. Mai 2023, 09:27

          Was man auch nur behaupten kann, wenn man mit der anderen Seite sympathisiert. Milo fiele mir sofort als Gegenbeispiel ein.

          • Thorsten Haupts 30. Mai 2023, 12:30

            Milo war Lehrbeauftragter einer Hochschule für genau die Leute, die er dann beschimpfte? Staun …

  • CitizenK 29. Mai 2023, 17:45

    „Ich fürchte, es ist so: Die Gegner der Klimaschützer radikalisieren sich selbst in einer Weise, wie sie es den Klimaschützern vorwerfen.“, denn:
    „Beide Seiten machen Fehler: Die Klimaschützer machen kleine Fehler, weil sie mit ihren Klebeaktionen da und dort die Grenze zur Strafbarkeit überschreiten. Und die Strafverfolger machen große Fehler, weil sie auf die Klebeaktionen völlig unverhältnismäßig reagieren. Sie treiben die Klimaschützer in eine Ecke, in die sie nicht gehören.“
    (Heribert Prantl, ehemals Staatsanwalt und Richter)

  • Stefan Pietsch 29. Mai 2023, 19:20

    Ich finde diese ständige Verharmlosung von Serienstraftätern für unerträglich. Es fängt schon mit der Wortwahl dieses prominenten Verharmlosers an:

    „hier und da“

    Nein, nicht hier und da. Immer. Permanent. Es ist die Strategie der Klimakriminellen, durch Straftaten Aufmerksamkeit zu erregen. Dabei erfüllen sie so ziemlich jedes Kriterium einer Sekte. 1,4 Millionen haben sie auf dem Konto, nur für die Begehung von Straftaten. Und es sind als erstes auch nicht Strafverfolger, es war z.B. das Landesgericht Brandenburg und prominente Juristen, die in den Strukturen der Letzten Generation die Merkmale einer kriminellen Vereinigung sehen.

    Es ist unerträglich, weil einige mit den Zielen der kriminellen Vereinigung sympathisieren, sie den kriminellen Charakter nicht wahrnehmen wollen. Dabei hat der BGH gerade vor zwei Jahren klargestellt und die Kriterien abgesenkt, wann eine Kriminelle Vereinigung nach dem Strafgesetzbuch vorliegt.
    https://www.ferner-alsdorf.de/kriminelle-vereinigung/

    Natürlich gilt das für Jedermann. Was für ein Rechtsverständnis haben Sie?!

    Die Justiz reagiert nicht überzogen. Sie hat jahrelang dem Treiben zurückhaltend zugesehen und zugelassen, dass sich da Irregeleitete immer weiter radikalisierten, immer schwerere Straftaten begingen, die Bevölkerung terrorisierten und zuletzt selbst vor Erpressungsversuchen gegenüber dem Staat nicht mehr zurückschreckten.

    Es reicht. Nicht das nun härtere Vorgehen des Rechtsstaates treibt die Klimakriminellen in die Radikalisierung, die Zurückhaltung hat sie erst ermutigt.

  • cimourdain 29. Mai 2023, 21:29

    Ja, wer vor solchen Anschlägen nicht zurückschreckt…
    https://www.der-postillon.com/2023/05/lg-anschlag.html

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