In den USA droht eine radikale Mehrheit der Republicans im Abgeordnetenhaus mit der Zahlungsunfähigkeit der USA, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Eine Mehrheit der Democrats im Senat und ein demokratischer Präsident versuchen zu verhandeln und mahnen zur Vernunft. Für viele republikanische Politiker*innen ist der Konflikt auch Teil der Arena um die Bewerbung um die Präsidentschaftskandidatur der Partei, die bereits am Horizont wetterleuchtet und eine weitere Radikalisierung verspricht. Ist es 2013 oder ist es 2023? Täglich grüßt das Murmeltier, und wir sind so furchtbar müde.
Shownotes:
- Überblicksartikel der ZEIT zum Thema
- Meine Artikel zum Thema von 2013, 2015 und 2021
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Zum Widerspruch zwischen Objektivitätsanspruch der Medien und Trump-Coverage:
Niemand fordert, dass die Medien Donald Trump ignorieren oder seine Kandidatur verschweigen sollen. Was ich gefordert habe, ist keine Live-Veranstaltungen mit Demokratiefeinden durchzuführen, wenn diese nicht (fast) unvermeidbar sind (z.B. die etablierten Kandidaten-TV-Duelle). Was ich zudem gefordert habe ist, nicht jede Äußerung und Forderung extremistischer Kandidaten ungefiltert und skandalträchtig zu publizieren (nicht jeder Furz von Trump ist News), sondern sich auf Kernaussagen zu beschränken und diese nur in neutraler, indirekter Sprache und im Kontext der Wirklichkeit kommentiert wiederzugeben. Was ich weiter fordere ist, die Dominanz der lauten Populisten zu verwässern, indem Alternativen eine Bühne geboten wird. Im Falle der Republikaner könnte man einen Teil der Sendezeit z.B. an Nikki Haley, Asa Hutchinson und Tim Scott geben.
Im übrigen können es sich die New York Times oder CNN absolut leisten klar auf der Seite der Demokratie zu stehen. Anders als in Deutschland geben viele US-Medien vor dem Urnengang sogar klare Wahlempfehlungen ab. Trump-Wähler lesen nämlich die New York Times nicht und schauen auch kein CNN.
Diese Wahlempfehlungen haben eh praktisch keine Auswirkungen. – Grundsätzlich sympathisiere ich mit deinen Forderungen. Aber die Trump-Fürze sind News und produzieren Klicks ohne Ende. Und Medien sind Unternehmen. Zu fordern, dass die das nicht senden, ist wie fordern, dass Supermärkte keine Süßigkeiten an die Kasse stellen.
Understood!
Wenn das richtig ist, dann sind die privaten Medien keine idealisierte “vierte Gewalt”, die dem Gemeinwohl mit Information und Kontrolle der Regierung dienen. Stattdessen sind Medien dann einfach rein profitgeleitete Unternehmen, die mit einem Produkt handeln, das extrem gefährlich ist, weil es enorm zerstörerisches und gesellschaftsmanipulatives Potential hat.
Da wir dennoch eine vierte Gewalt benötigen – unsere Demokratie erfordert die Kontrolle der Regierung – führt der erste Punkt in die Notwendigkeit öffentlich-rechtlicher Medien, die unabhängig von der Regierung sind, unabhängig von Profit sind und ausschließlich nach journalistischen Maßstäben und geleitet von Gemeinwohl arbeiten.
Der zweite Punkt führt in die Schlussfolgerung private Medien entweder ganz zu eliminieren oder durch harte staatliche Regulierung in ihrem negativen Einfluss zu begrenzen. So wie man das bei anderen Unternehmen, die mit extrem gefährlichen Produkten handeln (Waffenindustrie, Zigarettenindustrie, Banken) ja auch tut.
Finden Sie das? Finden Sie, dass Deutschland mit dem teuersten ÖR weltweit die besten Medien hat?
Fast sämtliche Skandale diese Landes wie auch zuletzt wurden von privaten Medien aufgedeckt und verfolgt. Wie soll das mit einem ÖR funktionieren, der sich genau da nie einen besonders investigativen Ruf erworben hat und der sich heute Akteure leistet, die zielgerichtet Menschen zerstören?
Auch private Medien unterliegen einem journalistischen Kodex. Und bei in Augenscheinnahme scheinen sie dem besser als der ÖR zu genügen.
Menschen werden immer von etwas getrieben. purer Idealismus ist da längst nicht besser als Profitinteressen. Denn derjenige, der nach Gewinnstreben handelt, ist oft vorsichtiger, die Grundlagen seines Geschäfts nicht zu zerstören. Der blinde Idealismus heute, in Medien wie bei Klimaaktivisten, ist zerstörerisch für das Land.
Ansonsten haben Sie ja nicht gerade eine konsistente Position:
Da wir dennoch eine vierte Gewalt benötigen – unsere Demokratie erfordert die Kontrolle der Regierung (..) führt [dies] in die Schlussfolgerung private Medien entweder ganz zu eliminieren oder durch harte staatliche Regulierung in ihrem negativen Einfluss zu begrenzen.
Weil die Notwendigkeit besteht, die Regierung zu kontrollieren, sind Medien notwendig, die von der Regierung kontrolliert sind. Irgendwie hatte ich das Konzept von Kontrolle anders verstanden.
Vor dem Antworten den Kommentar, auf den man antwortet, einfach mal zu lesen, ist gewöhnlich hilfreich.
Das habe ich, schließlich habe ich Sie sogar wörtlich zitiert. Nur befinden Sie es anscheinend nicht für nötig Ihre wieder einmal wilden Thesen zu verteidigen.
Jede, ausnahmslos jede Ihrere hier präsentierten Positionen steht regelmäßig im Konflikt mit dem Grundgesetz. Ihre kleine Einlassung hier gleich mit mindestens drei. Nach meiner inoffiziellen Zählung sind Sie damit unangefochtener Spitzenreiter.
Leider kann ich Ihnen dazu nicht gratulieren.
Die Medien sind ja auch keine vierte Gewalt in dem Sinne, dass sie eine verfassungsmäßige Funktion ausüben. Sie haben vom GG garantierten Schutz, weil wir sie für wichtig halten, aber keine offizielle Kontrollfunktion, die man auch einfordern könnte. Der Schutz gilt, ob sie dem würdig sind oder nicht.
Ich bin der letzte, der die ÖR abschaffen will oder dir da widersprechen würde.
Nope. Nicht, weil es da nicht Missstände gäbe, sondern weil ich nicht sehe, wie das gigantische Missbrauchpotenzial hier einhegbar wäre. Ich sehe die Privaten in ihrer derzeitigen Form eher als die demokratischen cost of doing business, genauso wie das der Protest der Klimakleber ist.
Da wir dennoch eine vierte Gewalt benötigen – unsere Demokratie erfordert die Kontrolle der Regierung …
Wenn wir sie benötigten, stünde sie in unserer Verfassung. Die kennt aber gar keine vierte Gewalt, schon gar keine, die die Regierung kontrolliert. Zu deren Kontrolle sind Parlament und Opposition da, nicht eine „vierte Gewalt“.
Die Forderung nach harter staatlicher Regulierung von Medien ist hingegen offen verfassungsfeindlich. Sie hebelte bei Umsetzung den gundgesetzlichen Schutz von Presse- wie von Redefreiheit aus – ebenso unvermeidbar wie endgültig.
Ich kenne die Forderung nach staatlicher Kontrolle (ersatzweise Enteignung) privater Medien jetzt seit mehr als 40 Jahren. Sie wurde und wird ausschliesslich von linker Seite geäussert, was für mich nur beweist, wie sicher sich die Linken ihrer Kontrolle der öffentlich- rechtlichen sind. Danke für den erneuten Nachweis.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich bitte darum, dass wir mit diesem “Links”-, “Rechts”-Quatsch aufhören. Wenn Sie Argumente für Ihre Sicht haben, dann bringen Sie die doch.
Im übrigen beschreibe ich mit meinen Vorschlägen im wesentlichen die BRD kurz vor Beginn der 90er Jahre, also bevor das Privatfernsehen auf der Bühne erschien und bevor das Internet existierte. Eine Zeit, in der die CDU regierte. Wir sind uns vermutlich einig, dass die BRD damals nicht im permanenten Verfassungsbruch lebte und dass Meinungs- und Redefreiheit nicht bedroht waren.
Aber Meinungs- und Redefreiheit war ein lokales Gut. Ich konnte mit Familie, Freunden, Nachbarn und Kollegen streiten. Ich konnte mich sogar auf den Marktplatz stellen oder von Haustür zu Haustür gehen – man denke an die Zeugen Jehovas – aber “mit ganz Deutschland kommunizieren” konnte ich nicht. Dafür hätte ich ins Fernsehen gemusst und, obwohl das theoretisch möglich gewesen wäre, haben mich in der Realität Journalisten, Content-Redakteure und Editoren aus diesen Medien ausgeschlossen. Mit anderen Worten, wenn ich als “kleiner Bürger” zur besten Sendezeit in der ARD verkünden wollte, dass die Erde eine Scheibe ist oder dass unsere Politiker Reptilienmenschen sind, dann wurde mir das schlicht und ergreifend nicht ermöglicht. Ich kenne ehrlich gesagt niemanden, der das damals als Einschränkung der Meinungs- und Redefreiheit interpretiert hätte.
Aber eben diese Brandmauern gegenüber Spinnern und Wirrköpfen, oder noch schlimmer, Verbrechern und Terroristen aller Couleur, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen noch eingezogen hatte, sind vom profitgeilen Privatfernsehen im Zeichen der Einschaltquoten eingerissen worden. Und das Internet hat diesen Verbrechern dann die Bühne fast vollständig überlassen.
Die Folgen sehen wir überall: Verlust von Vertrauen in Staat und Medien; Wahlsiege von Extremisten; Spaltung der Gesellschaft; Anschläge und Terror; Verrohung; Gewalt.
Ich bitte darum, dass wir mit diesem “Links”-, “Rechts”-Quatsch aufhören.
Ich habe davon unabhängig zwei Argumente vorgetragen, auf eines sind Sie ja auch eingegangen. Sie können den „Links-Rechts-Quatsch“ gerne ignorieren, er begründet nur eine meiner Motive, Ihre Ideen entschieden abzulehnen.
… dass die BRD damals nicht im permanenten Verfassungsbruch lebte …
Ja. Aber nur deshalb, weil bis dahin die terrestrischen Sendefrequenzen begrenzt und an den ÖRR bereits vergeben waren. Heute wäre ein Verbot privater Medien verfassungsrechtlich völlig unmöglich, eine Ihnen vorschwebende „harte“ Regulierung sehr wahrscheinlich ebenso.
Aber eben diese Brandmauern gegenüber Spinnern und Wirrköpfen …
… existierten auch damals nicht, wenn die Medien mit den Aktivisten sympathisierten. Vieles, was damals unkorrigiert und unbestritten von der Friedens- oder der Anti-AKW-Bewegung zu besten Sendezeiten oder auf besten Druckplätzen vorgetragen wurde, hatte rein faktisch Tucker Carlson-Niveau.
Die Folgen sehen wir überall …
Wenn eine Demokratie mit mehrheitlich ordentlich gebildeten Bürgern Meinungs- und Redefreiheit von Spinnern oder Bösewichten nicht aushält, ist sie schlicht keine gute staatliche Organisationsform. Ich jedenfalls begehe nicht Selbstmord aus Angst vor dem Tode. Genau darauf aber laufen Ihre Ideen zur „Regulierung“ von dem hinaus, was Medien drucken oder senden dürfen.
Gruss,
Thorsten Haupts
Wenn eine Demokratie mit mehrheitlich ordentlich gebildeten Bürgern Meinungs- und Redefreiheit von Spinnern oder Bösewichten nicht aushält, ist sie schlicht keine gute staatliche Organisationsform.
Welche alternative staatliche Organisationsform schlägst Du für Deutschland vor?
Ich jedenfalls begehe nicht Selbstmord aus Angst vor dem Tode.
Wenn ich mich auf Deine Analogie einlasse und mein Vorschlag der “Selbstmord” ist, dann herrschte in der BRD in den 80er Jahren – als im wesentlichen der Zustand bestand, den ich anstrebe – der Tod. Das kommt mit weit überzogen vor. In den 80ern ging es dem Land super und es herrschte Wohlstand und Freiheit allenthalben …
Vieles, was damals unkorrigiert und unbestritten von der Friedens- oder der Anti-AKW-Bewegung zu besten Sendezeiten oder auf besten Druckplätzen vorgetragen wurde, hatte rein faktisch Tucker Carlson-Niveau.
Sorry, aber das ist so schlicht falsch. Klar gab es immer auch Berichterstattung, die etwas stärker in die eine als in die andere Richtung tendierte. Der WDR kommunizierte wenig überraschend eher ein bisschen in SPD-Richtung, während der BR eher in Richtung CSU blinkte. Alles in einem gesunden Rahmen. Genau das ist eben auch der Vorteil von dezentralen öffentlich-rechtlichen Medien, wie ich sie fordere. Da sich politische Einflüsse, die sich begrenzen, aber nie zu 100% eliminieren lassen – übrigens auch nicht bei den Privaten – regional unterscheiden, erlauben dezentral organisierte Medien eine breite Repräsentation von Meinungen und Ideen.
Extremistische Positionen sind aber im öffentlich-rechtlichen Fernsehen der 80er Jahre zu keinem Zeitpunkt propagiert worden. Tucker Carlson hingegen ruft offen zum Umsturz des Systems und zur Abschaffung der Demokratie auf und alliiert sich mit Gewalttätern und Mördern. Entsprechende Analogien sollte man folglich nicht anstellen, auch wenn ich verstehe, dass Du möglicherweise mit der einen oder anderen Sendung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens früher unzufrieden warst. Ging mir bei den Diskussionsformaten auf BR – aus umgekehrtem Grund – genauso.
Welche alternative staatliche Organisationsform schlägst Du für Deutschland vor?
Aber wieso denn? Thorsten Haupts ist doch gerade der Meinung, dass unsere Demokratie Spinner aushält. Es zeigt sich ja auch immer, Populisten sind der Eiter der freien Gesellschaft. Sie zeigen an, dass ein Problem seiner Lösung harrt. Nur sehen Sie das eben nicht, obwohl es eindeutig ist. Wo die Probleme der Mehrheitsgesellschaft angegangen werden, gehen die Zustimmungswerte für Populisten zurück. Dort, wo man versucht sie zu verkleistern, wachsen sie. In Griechenland wurde gerade gewählt, das Land befindet sich auf einem guten Entwicklungsweg, die Einkommen steigen seit einiger Zeit. Folgerichtig hatte die links-populistische Syriza mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Tsipras nur geringe Stimmenanteile.
Ihre Kritik richtet sich ja auch offensichtlich nicht gegen das Privatfernsehen, obwohl Sie das behaupten. Sie kritisieren die Auswüchse des Internets, während die die enorm gewachsene Seriosität der privaten Fernsehkanäle ignorieren und so tun als gäbe es heute noch den Heißen Stuhl bei RTL. Das war allerdings 1989. Ganz schön in der Zeit stehengeblieben.
Keine Kritik dagegen haben Sie, wenn selbst Intendanten behaupten, es sei im Grunde kein Problem, wenn Journalisten des Öffentlich-Rechtlichen in großer Mehrheit „links“ eingestellt seien. Kein Problem hatten Sie bisher, wenn sich ARD und ZDF als regierungstreue Sender geben. Kein Problem haben Sie, wenn die Gebührensender völlig an Tagesaktualität vorbeisenden. Kein Problem haben Sie, wenn mit Zwangsabgaben finanzierte Journalisten konsequent gewählter Politiker ignorieren und stattdessen solche einladen, die eigentlich in der außerparlamentarischen Opposition sind. Kein Problem haben Sie, wenn gefällige Journalisten lieber Kriminellen eine Bühne für ihr Anliegen geben.
Dieses Fernsehen will aber eine Mehrheit nicht. Warum sollten die Bürger dennoch zu ihrem Glück gezwungen werden?
Eine Haltung, die so stark in die Vergangenheit gerichtet ist, nennt man im Politischen eigentlich „reaktionär“. Das Internet wollen auch Diktatoren abschaffen und erheblich regulieren. Worin unterscheidet sich also ihre Position, wenn Freiheit und Diktatur eigentlich ein Gegensatzpaar sein sollen?
Übrigens: Die doppelte Staatsbürgerschaft fördert eher, dass hier lebende Türkisch-Stämmige ihre nationalistisch-autoritären Vorstellungen so ausleben können, dass sie selbst nicht davon betroffen sind, aber ihre Landsleute ins Gefängnis schicken können.
Die Möglichkeiten zur doppelten Staatsbürgerschaft erheblich einschränken wäre eine sinnvolle Maßnahme, ob Diktatoren zumindest etwas das Wasser abzugraben.
Noch ein gutes Beispiel für unsere Diskussion:
https://twitter.com/JeffSharlet/status/1661173949089161217