Grüne Wahlkampfexpert*innen versuchen männerfeindliche Parlamentsreformen in Florida mit Drag-Queens am Muttertag durchzubringen – Vermischtes 15.05.2023

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann.

Fundstücke

1) Grüne wollen Heizungsumbau massiv fördern

Der Befreiungsschlag hat sieben Absätze und acht Spiegelstriche, er passt auf zwei Seiten. Die Grünen-Fraktion hat ihn am Donnerstag zu Papier gebracht. Das Dokument liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Es soll die Grünen endlich wieder aus der Defensive bringen, und das bei jenem Thema, das ihnen derzeit am stärksten zusetzt: den Heizungen. […] Die Grünen-Fraktion will darüber weit hinausgehen. Haushalte, die weniger als 20 000 Euro zu versteuerndes Einkommen haben, sollen nach ihrer Vorstellung sogar zu 80 Prozent gefördert werden. Diese Förderung soll stufenweise sinken. Wer 60 000 Euro Einkommen hat, soll noch 40 Prozent Förderung bekommen. […] „Man versucht etwas zu verändern“, sagt Trittin, „und dann schlagen die Lobbygruppen zurück.“ (Markus Balser/Michael Bauchmüller, SZ)

Wenig überraschend wollen die Grünen Heizungssanierungen massiv nach Einkommen gestaffelt subventionieren. Es war völlig offensichtlich, dass sowas kommt, und ist ein weiterer Beweis für die trantütige Inkompetenz der politischen Kommunikation der Partei. Es ist wie Wahlkampf 2021. Wer auch immer da zuständig ist gehört gefeuert. Ich verstehe die Leute einfach nicht. Wollen die Wahlen verlieren? Wie kann man so inkompetent kommunizieren? So was verpackt man als Sandwich. Wir modernisieren die deutschen Heizungen! Das kommt als Verbot! Aber mit Förderung! Man wirft nicht das eklige zuerst raus, schiebt dann halbherzig irgendwelche Sachen über klimapolitische Notwendigkeiten nach, lässt die Diskussion wochenlang über Horrorszenarien von Leuten, die ihr Haus verlieren laufen und kommt DANN mit einem Subventionsplan. Die Grünen verdienen echt jede Wahlniederlage. Da fragt man sich eher, wie die es schaffen, immer noch 16% zu haben als warum sie „nur“ 16% haben. Mannomann. – Für weitere Diskussion zum Thema siehe Fundstück 5.

2) The Spitzenkandidaten dilemmas: A successful failure?

Conversely, while the European Council had no alternative candidate immediately after the EP announced Juncker in 2014, it managed to create intra-institutional agreement in 2019 and presented von der Leyen to a still divided EP. In both cases, the first mover had a decisive strategic advantage by presenting a candidate and framing the competition according to the privileged logic of legitimation, which put decisive pressure on the competing institution. Thus, it was difficult for the European Council in 2014 to rebut the claim, especially in German public opinion, that an elected candidate should not be legitimate, just as it was difficult for the EP in 2019 to rebut the argument that there was a more suitable candidate than the one it did not unilaterally support. […] As long as competing interpretations of the Treaty of Lisbon persist, intra-institutional coherence and strategic timing will be most important to win the institutional conflict between the EP and the European Council. In this situation, the Spitzenkandidaten system faces a dilemma (Müller 2020): the more successful the Spitzenkandidaten are in politicising the elections and the more they succeed in shifting electoral attention to genuine EU politics, the more important it becomes for a winning candidate to get into office, and thus the more urgent it becomes for competing parties to abandon their political claims in order to act as a coherent institutional actor after the elections. (Eva Heidbecker, Der Europäische Föderalist)

Ich finde diese Spitzenkandidatursdiskussion wegen der institutionellen Dimension so faszinierend. Was man hier, wie Heidbecker ja schreibt, schön sehen kann ist der Institutionenkonflikt im Herzen der EU. So was haben wir ja hierzulande praktisch nicht. Innerhalb der EU hat das Thema eine besondere Bedeutung, weil das institutionelle Machtgefüge weniger definiert und fluide ist. Die Demokratisierungsdebatte ist ja ein Dauerbrenner, wenn es um die EU geht. Ob nun das Spitzenkandidaturverfahren dafür geeignet ist, sei mal dahingestellt, aber die Versuche des Parlaments – oder zumindest Teilen davon – eine Verschiebung der institutionellen Gewichte herzustellen, finde ich spannend. Ich bin in dem Konflikt klar auf der Seite des Parlaments, aber ich sehe die Probleme des aktuellen Versuchs einerseits und der generellen Legitimationskrise angesichts fehlender gesamteuropäischer Wahlsysteme durchaus. Die Mitgliedsstaaten haben einfach wenig Interesse daran, dem Parlament mehr Macht zu geben, und das einige Moment von Schulz und Juncker fehlt inzwischen einfach komplett. Leider.

3) Die Leerstelle der Kriminalstatistik

Seit dem 1. Januar 2022 ordnet Faesers Ministerium Straftaten im Bereich der geschlechtsspezifischen Hasskriminalität in drei Kategorien ein: »Geschlechtsbezogene Diversität«, womit Straftaten gegen Tanspersonen, Homosexuelle oder nicht-binäre Personen gemeint sind, »Frauenfeindlichkeit« – und neuerdings auch »Männerfeindlichkeit«. Allerdings hat die Polizei im Jahr 2022 kaum Taten ausgemacht, die unter die neue Kategorie fallen könnten. Nach Auskunft des Bundesinnenministeriums werden in der Kategorie »vorurteilsgeleitete gegen Männer oder das männliche Geschlecht gerichtete Straftaten der Hasskriminalität« gezählt, wie aus der Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorgeht. […] Die Linke im Bundestag zweifelt daher grundsätzlich den Sinn der neuen Kategorie unter den politisch motivierten Straftaten an. »Männlichkeit ist kein Feindbild rechtsextremer Ideologie und Männerhass kein Motiv rechter Gewalt. Ebenso wenig wie es eine Heterofeindlichkeit von rechts geben kann, gibt es eine Männerfeindlichkeit von rechts«, sagt Petra Pau, die für die Linke im Bundestag sitzt. Bei »Männerfeindlichkeit« handele es sich um eine »Scheinkategorie unter dem Deckmantel empirischer Neutralität«, sagt Pau. Sie fordert, die neue Kategorie rasch wieder aus der Statistik zu streichen. (Mohamed Amjahid, Spiegel)

Besonders in progressiven Kreisen hat die neue Kategorie „Männerfeindlichkeit“ großen Unmut und Proteste ausgelöst. Ich teile Udo Vetters Kritik an der Kritik: selbstverständlich kann es auch Männerfeindlichkeit geben. Dies kategorisch auszuschließen, scheint mir schon den Vorwurf ideologischer Scheuklappen zu provozieren. Andererseits haben die betroffenen Bundesländer auch nicht eben klare Fälle eingruppiert. „Down with the patriarchy“ ist ja nicht männerfeindlich, sofern man nicht das Patriarchat als Naturzustand des Mannseins betrachtet (was ganz eigene Implikationen für das Gesellschaftsverständnis der betroffenen Organe hat). Es ist auch schwierig, männerfeindliche Straftaten zu finden, weil das schlicht kaum vorkommt, schon allein, weil Männer (noch) das privilegierte Geschlecht sind. Aber die Möglichkeit in Abrede zu stellen ist töricht.

Sieht man sich dazu Paus Argumentation an, so muss man die Augenbrauen bis an die Decke hochziehen. Das Problem, das sie sieht, ist, dass diese Straftat nicht von rechts begangen werden kann…? Okay, aber was ist mit links…? Darf die Polizei nur solche Vergehen aufzeichnen, die von Rechten begangen werden? Ich bin ehrlich verwirrt, was hier die Idee ist. Angesichts dessen, dass überhaupt nur neun Bundesländer solche Straftaten aufgezeichnet haben – der Rest hat bisher keine, nachvollziehbarerweise – sehe ich kein Problem, die Kategorie zu behalten. Die Landespolizeien sollten nur gut aufpassen, was sie entsprechend kategorisieren. Aber das ist bei politischen Straftaten, ungeachtet der Farbenlehre, ja immer ein Problem.

4) Geplante Drag-Lesung für Kinder sorgt für Kulturkampf in München

Dürfen eine Dragqueen und ein Dragking Kindern altersgerechte Bilderbücher zum Thema Rollenwechsel vorlesen? Darüber wird in München wegen einer entsprechenden Veranstaltung der Stadtbibliothek heftig debattiert. Politiker von CSU und Freien Wählern sind dagegen – die Grünen und Teile der SPD haben dagegen kein Problem damit. […] Das breit aufgestellte Programm richtet sich an eine vielfältige Stadtgesellschaft, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Daher habe man auch Lesungen zum Thema Diversität im Programm. Die Münchner Stadtbibliothek bedauert zudem, dass die Künstlernamen der Beteiligten sowie die Berichterstattung der „Bild“-Zeitung den Anschein erweckten, man würde ein Travestieprogramm anbieten. Das sei nie geplant gewesen. […] Die Münchner Stadtbibliothek betont, dass nur altersgerechte Bilderbücher vorgelesen würden. Im Vordergrund stünden Themen wie Rollenwechsel und Verkleidung, die laut Stadtbibliothek Kinder in diesem Alter sehr beschäftigen. Es liege im Ermessen der Eltern, die Veranstaltung mit ihren Kindern zu besuchen.(Georg Wolf/Moritz Steinbacher, BR)

Das neueste Kapitel im bürgerlichen Kulturkampf ist eigentlich so albern, dass es keiner Erwähnung wert wäre, wenn es nicht in einen problematischeren größeren Kontext gehörte. Tatsächlich geht es um eine (1) Bibliothek in einer (1) Stadt, die eine (1) Veranstaltung macht – zu der man gehen kann oder halt auch nicht. Allein das zeigt, dass hier jemand einen Kulturkampf vom Zaun brechen will, komme, was wolle (ungefähr so wie die Fake-Aufregung über die Kategorie männerfeindlicher Straftaten aus Fundstück 3). Wer noch mehr Stimmen zur eigentlichen Debatte hören will, findet hier eine gute Zusammenstellung.

Aber die CSU ist gerade ohnehin sehr kulturkämpferisch unterwegs. So waren etwa Andreas Scheuer und Dorothee Bär auf Steuerzahlendenkosten auf einer Reise zu deSantis, um zu versichern, dass dessen Kulturkampf gegen „woke“ ein grandioses Vorbild für die Christlich-Soziale Union darstellt. Alles, was fehlt ist, dass Scheuer deSantis beglaubigen würde, ein „lupenreiner Demokrat“ zu sein. Ungefähr auf dem Level ist das Ganze zu lesen. Es bestätigt auch die These von den aktuellen Kulturkämpfen als US-Import, wie ihn Adrian Daub in seinem Buch beschreibt. Die oben zitierte Drag-Queen-Debatte kommt auch aus den USA, genau wie der Cancel-Culture-Unfug, die Political-Correctness-Debatte und so weiter.

Aber damit sind die CSU-Entgleisungen leider noch nicht am Ende. Hubert Aiwanger und andere Scharfmacher haben beschlossen, dass sie den Muttertag verteidigen müssen („War on Christmas“ ist die klare Vorlage), der scheinbar in Gefahr ist, weil eine (1) Kita in einem (1) Bundesland keine verpflichtenden Muttertagsgeschenke basteln lässt. Soweit, so banal. Nur hat der CDU-Abgeordnete Tilman Kuban die komplette Adresse der Kita rausgegeben, unterstützt von Aiwanger, und das Erwartbare geschah: Morddrohungen, Vandalismus, eingeschmissene Scheiben, das ganze Programm. Effektiv hat Kuban einen Mob auf eine Kita gehetzt. Selbst das katholische Hausblatt katholisch.de ist entsetzt und distanziert sich mit scharfen Worten davon. Das Sahnehäubchen in deren Artikel ist, dass sie Kuban erklären, dass weder Mutter- noch Vatertag christliche Feiertage sind. Besser kann man den ausgehöhlten Konservatismus, der für manche gerade nur noch in Kulturkampfimporten zu bestehen scheint, eigentlich kaum illustrieren.

5) Warum Robert Habeck ein guter Politiker ist // Demos für Habeck

Tatsächlich treffen die Angriffe mit Habeck im Grundsatz den Falschen. Denn er ist ein guter Politiker – so wie Verteidigungsminister Boris Pistorius von der SPD ein guter Politiker ist oder Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther von der CDU. […] Wir haben eine zweite Kategorie: die Vorsichtigen. Ihre prominentesten Vertreter sind Altkanzlerin Angela Merkel und deren Nachfolger Olaf Scholz. […] Im Publikum denken viele, dass sie Habecks Job wegen der Verantwortung lieber nicht haben möchten. Unterdessen schauen sie auf ihn wie auf einen Artisten am Trapez, der mit Klimazielen, Versorgungssicherheit und niedrigen Preisen gleichzeitig jonglieren muss und dabei doch bitte schön noch eine gute Figur machen sollte. Einen Absturz möchten sie auf keinen Fall verpassen. (Markus Decker, RND)

Der Wirtschafts- und Klimaminister Habeck hat allerdings heute bei den Grünen – und das erinnert an Karl Schiller am Ende seiner verdienstvollen Ministerzeit bei seiner SPD – nicht genug öffentlichen Rückhalt. Während sich Gegner-Medien und -Parteivertreter täglich mit immer neuer und häufig sachlich falscher Kritik an Habecks Politik überschlagen, schweigen seine Grünen. Es gibt keine sozialökologische Öffentlichkeit, die den Kurs Habecks und auch dessen Zumutungen als Zukunftschancen interpretieren oder wenigstens erklären würden. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum die Grünen ihre Regierungsbeteiligung in zwölf der sechzehn Landesregierungen nicht dafür einsetzen, um Habecks Projekte machtpolitisch zugespitzt zu flankieren. Darüber mögen heute noch viele Grüne und Klimapolitik-Interessierte in ihrem anachronistischen, staatsfeindlichen Habitus lächeln, aber Habecks Politik ist eines Kanzlers würdig. Statt moralisierende Klimakleber schweigend zu unterstützen oder in internen Foren den „armen Robert“ zu bedauern, sollten sie in sozialen Netzwerken, in der Öffentlichkeit und auf der Straße für Habeck und seine Politik demonstrieren. Wer nur zusieht, wie die anderen die Stimmung drehen, der braucht sich nicht wundern, wenn die Zustimmungswerte in Bund und Ländern zurückgehen. Die Umfragen der letzten Wochen sind ein Menetekel für das Verspielen eines historischen Auftrages. (Udo Knapp, taz)

Ich hab das schon vor über einem Jahr gesagt, als alle voll des Lobs über Habeck und seinen tollen Kommunikationsstil waren: der Mann wird sich null ändern und bald für genau das kritisiert werden. Das sind einfach die Dynamiken und Mechanismen des Systems. Gerade ist es en vogue, Scholz‘ Stil zu kritisieren – für mich vor allem Überkompensieren des „Merkel-Katers“ – und kantige Typen toll zu finden. Auch das wird sich wieder ändern, ohne dass „Brillanz“ oder „Unfähigkeit“ der beteiligten Personen irgendetwas damit zu tun haben. Ich habe bei Fundstück 1 schon über das Wärmepumpenkommunikationsdesaster gesprochen. Da kann man schön sehen, dass Habeck genauso „offen“ und „kantig“ argumentiert wie vor anderthalb Jahren. Nur war es halt damals cool und neu und irgendwie gegen den Rest der Grünen lesbar. Heute ist es das nicht, und jetzt wird er für das gleiche kritisiert, was vor einem Jahr gelobt wurde. Ich hab genau das vorhergesagt, wie ich nicht ohne Stolz bemerken will, und will auch nochmal klarstellen: das ist nicht grünenspezifisch. Jedem Politiker und jeder Politikerin geht es genauso.

Resterampe

a) Der Economist hat eine neue Schlagzeile à la „sick man of Europe“ und fordert Steuererhöhungen (unter anderem).

b) Ich kann irgendwie keinen Vorschlag zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels an Grundschulen ernstnehmen.

c) Nachdem die CSU sich Anleihen bei deSantis holt, macht es ja nur Sinn, dass die texanische GOP sich bei Selbstsabotage an der CSU orientiert.

d) Teile Püttmanns Einschätzung hier wenig überraschend völlig.

e) Wenn jemand noch nostalgische Erinnerungen an „Schicksalsklinge“ hat, ist das der Artikel dafür.

f) So sehr ich grundsätzlich die Idee, das eigene Geschlecht selbst bestimmen zu können, befürworte, so sehr teile ich doch die Bedenken über die aktuelle Ausgestaltung der Gesetzentwürfe.

g) Dieser in den Kommentaren jüngst empfohlene Artikel zur Berichterstattung der Ukrainekrise sei allen ans Herz gelegt.

h) Noten als falsche Anreizsysteme.

i) Das ist keine Selbstbedienungsmentalität, sondern die logische Folge, wenn die Gehälter durch das Parlament selbst festgelegt werden. Wenn man das endlich an einen vernünftigen Maßstab indexieren würde, wäre das kein Problem.

j) Guter Artikel zu Preiskontrollen.

{ 105 comments… add one }
  • Tim 15. Mai 2023, 09:07

    (a – Economist)

    Bis vor relativ kurzer Zeit hat der Economist noch alle getadelt, die vor besinnungsloser Schuldenaufnahme gewarnt haben. Das war für mich der argumentative Tiefpunkte des Magazins, das ich sonst sehr schätze. Inzwischen haben sie aber wohl eingesehen, dass man mit Schulden keine Probleme löst. Gegen die Realität ist eben kein Kraut gewachsen.

    • Stefan Sasse 15. Mai 2023, 10:17

      Hat er…?

      • Tim 15. Mai 2023, 10:40

        Hat er. Insbesondere Deutschland wurde immer wieder vorgeworfen, fiskalisch zu streng zu sein. Im Gegenzug haben sie die EZB (für meinen Geschmack) nur mit Samthandschuhen angefasst. Dass Zinsen auch mal wieder steigen können, kam ihnen überhaupt nicht in den Sinn. Dieses Wolkenkuckucksheimdenken hat mich jahrelang geärgert, weil der Economist sonst ja (meist) hart empirisch argumentiert.

        • Stefan Sasse 15. Mai 2023, 11:54

          Ich les ihn nicht, mich überrascht das angesichts der früheren Haltung nur. Danke!

          • derwaechter 15. Mai 2023, 13:23

            „Ich les ihn nicht, mich überrascht das angesichts der früheren Haltung nur. Danke!“
            Widerspricht sich das nicht ein wenig?

            Hier ein Beispiel von 2019, wo Deutschland mehr fiskaler Stimulus ans Herz gelegt wurde: https://www.economist.com/leaders/2019/08/22/germany-needs-fiscal-stimulus-heres-how-to-do-it

            • Stefan Sasse 15. Mai 2023, 13:52

              Wie gesagt, ich lese das Ding nicht, deswegen hab ich noch den „Germany Sick Man of Europe“ Sound im Kopf. Wohl fälschlich.

              • derwaechter 15. Mai 2023, 15:08

                Kann ich empfehlen.

                Den Sound hast Du aber ganz schön lange im Kopf:
                „The sick man of the euro“ war vor 24 Jahren!

                Ausserdem verortete das Blatt damals Deutschlands Probleme zum Teil in einer „tight macroeconomic policy“ und scheint eine lockere Policy im Prinzip nicht als falsch, wegen der äußeren Umstände aber unmöglich, einzuordnen.

                „Some of the blame for this can be laid at the door of a tight macroeconomic policy. For much of the 1990s, the Bundesbank kept interest rates high in response to pressures from German unification and from an expansion in the budget deficit. In the run-up to the euro’s launch, German monetary policy was constrained by the need for most European countries to converge on a single euro-wide interest rate; and fiscal policy has been kept in check by the need to comply with the single-currency countries‘ “growth and stability pact”. These constraints still bind: left to itself, Germany might respond to its latest bout of weakness with lower interest rates and a bigger budget deficit, but it no longer has these options.“

                Die Hauptgründe damals sahen sie „the main factors tugging down German (and indeed European) economic performance do indeed remain structural and microeconomic:

  • Stefan Pietsch 15. Mai 2023, 09:12

    1) Grüne wollen Heizungsumbau massiv fördern

    Da werden Wünsche mit konkreten Maßnahmen verwechselt. Die Bürger sind nicht so doof. Die Auflagen werden durch die Gesetzesvorlage real. Bei der Förderung trickst der Wirtschaftsminister massiv, in dem er die Kosten mit 120 Milliarden Euro beziffert, wo seriöse Schätzungen auf 600 Milliarden Euro kommen. Und das Geld für die Förderung ist nicht da, weil Habeck seinen 60 Milliarden Euro-Topf bereits mehrfach ausgegeben hat. Ich wird Zahlentrickersei hochgelobt.

    3) Die Leerstelle der Kriminalstatistik

    Wer Transparenz will, listet nicht jede Kleinigkeit auf, sondern highlightet das Spezifische.

    5) Warum Robert Habeck ein guter Politiker ist // Demos für Habeck

    Habeck hat Gotteskriegern zu politischem Einfluss verholfen. Das würdest Du in jedem Fall verurteilen und einen Spitzenmann deswegen nicht noch loben. Der Weg ist das Ziel, sage ich an der Stelle immer wieder.

    Habeck ist dünnhäutig und kritikressistent. Das hat nichts mit mangelnder politischer Unterstützung zu tun, sondern ist seiner Persönlichkeit geschuldet. Seit Popularitätssturz ist da nur folgerichtig. So ein Politiker ist eben nicht für höchste Ämter geeignet.

    • Stefan Sasse 15. Mai 2023, 10:18

      1) Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass die nicht nachher sagen werden „ätschibätsch, doch kein Geld da!“

      3) Wie meinen?=

      5) Alter, deine Rhetorik ist so was von radikalisiert, das ist echt übel.

      • Stefan Pietsch 15. Mai 2023, 11:24

        1) Spul‘ nochmal an den Anfang Deiner Argumentation. Du hast Habeck dafür kritisiert, nicht zu Beginn von Subventionen gesprochen zu haben, die der Finanzminister (FDP) an der Verfassung vorbei bereitzustellen habe. Und natürlich nicht die Mitteilung: das finanziert ihr über Eure Steuern selber.

        Hört sich irgendwie nach einer irren Kommunikation an, oder?

        3) Männerhass als Gewaltdelikt ist so selten, dass eine solche Statistik keine Aussagekraft besäße.

        5). Beamtete Staatssekretäre, die von einem Lobbyverband eine US Milliardärs indoktriniert wurden und bereits vor 6 Jahren die Blaupause für die Übernahme geschrieben haben, sind normalerweise in Deiner Diktion Gotteskrieger. Und Gott ist ja was Gutes. 🙂

        • Stefan Sasse 15. Mai 2023, 11:59

          1) Kein Stück, nein.

          3) Ah ja. Sehe ich auch so.

          5) Blödsinn.

          • Stefan Pietsch 15. Mai 2023, 19:09

            5) Anscheinend bin nicht nur ich radikalisiert. Auch der Cicero schreibt in seiner aktuelle Ausgabe:

            Durch den massiven Einbau von Wärmepumpen könnten die CO2-Emissionen in Wahrheit sogar weiter zunehmen – wegen des CO2-lastigen deutschen Strommixes. Durch den vollständigen Ausstieg aus der Atomkraft wird sich dieses Problem sogar noch vergrößern: CO2-Emissionen mit noch mehr CO2-Emissionen reduzieren wollen – und das zu astronomischen Kosten. Das Handeln der Bundesregierung erinnert derzeit an religiöse Eiferer.

            Alle radikalisiert nur Du nicht.

          • sol1 16. Mai 2023, 12:41

            „Blödsinn“…

            …und außerdem nur einen Schritt entfernt von den Verschwörungsfantasien der AfD:

            /// Nicht nur um familiäre Verflechtungen gehe es, sagt [Tino Chrupalla]. Die zentrale Frage sei: „Wird die Energiewende von fremden Macht- und Kapitalinteressen gesteuert?“ Schließlich fördert neben vielen anderen auch ein amerikanischer Philanthrop die Agora Energiewende, die Graichen mal geführt hatte. Chrupalla fragt: „Führen die Grünen den Ausverkauf unseres Landes in fremdem Interesse aus?“ Soweit ist es mit der Debatte gekommen. ///

            https://www.sueddeutsche.de/politik/habeck-graichen-affaere-1.5851363

  • Tim 15. Mai 2023, 09:16

    (g – Ukraine-Berichterstattung)

    Thomas Fischer fand ich schon immer arg überschätzt. Natürlich nicht so überschätzt wie etwa Precht, aber doch in einem solchen Maß, dass man seine Beiträge getrost links liegen lassen kann. Selbst als ich noch ab und zu etwas von ihm gelesen habe, fand ich ihn weder besonders klug noch besonders schreibstark. Höchstens „wortgewaltig“ im besten Feuilleton-Sinn (jemand versucht gut zu schreiben, schafft es aber nicht).

    • Stefan Sasse 15. Mai 2023, 10:19

      Was ich auch auffällig finde ist die Länge seiner Kolumnen. Das muss irgendwie in seinem Vertrag stehen, weil die den Umfang der anderen Spiegel-Kolumnisten meist locker sprengen. ^^

      • Tim 15. Mai 2023, 10:41

        Kicher. Würde passen.

      • CitizenK 16. Mai 2023, 07:32

        Hoffnungslos selbstverliebt, der Mann.

        • Stefan Sasse 16. Mai 2023, 12:29

          Wäre ich auch wenn man mir seit 20 Jahren sagte, wie brillant ich bin.

      • sol1 16. Mai 2023, 12:43

        „Internet is not paper“ – müßte die Kolumne gedruckt werden, wäre sie schon längst eingestellt.

        • Stefan Sasse 16. Mai 2023, 16:09

          Wäre ich nicht sicher. Die BILD hat den Wagner auch jahrzehntelang gedruckt.

          • sol1 16. Mai 2023, 17:19

            Ich habe mich auf die Länge bezogen. Wagners Kolumnen können selbst BILD-Käufer in einer Minute weglesen.

            • Stefan Sasse 16. Mai 2023, 22:45

              Sicher; ich meine auch eher: wenn du mal solche Legacy-Autoren hast, die können alles produzieren und es wird gedruckt.

              • sol1 19. Mai 2023, 21:50

                Andererseits hat sich ja auch schon Die Zeit von Thomas Fischer getrennt, ohne daß es ihr geschadet hätte.

                • Stefan Sasse 20. Mai 2023, 14:42

                  Jo, aber so Leute gibt es ja immer wieder, die werden dann rumgereicht, weil jedes Magazin zu einem bestimmten Zeitpunkt sich mit einem „Maverick“ schmücken will. Das geht immer so lange bis die Person sich unmöglich macht.

  • Ralf 15. Mai 2023, 10:46

    weiterer Beweis für die trantütige Inkompetenz der politischen Kommunikation der Partei. Es ist wie Wahlkampf 2021.

    Meiner Meinung nach liegst Du hier genauso falsch, wie Du damals nach der Bundestagswahl mit der Analyse, dass die Grünen vorwiegend wegen eigener, vermeidbarer Fehler verloren haben, falsch lagst. Was wir beobachten, sind schlichte Mechaniken des Medien- und Politikbetriebes, die optimiert sind Einschaltquoten, Leserzahlen und Clicks zu generieren. Sachliche Debatten ziehen keine Zuschauer an. Emotionale Portraits, bei denen eine Partei erst hoch in den Himmel geschrieben wird (“Kanzlerin Baerbock”), um sie anschließend ins tiefe Nichts abstürzen zu lassen (“Totalversagerin Baerbock”) bieten einfach viel mehr spannenden Lese- und TV-Stoff. Darüber kann man Sendungen machen, Artikel schreiben. Das ist der Stoff, aus dem Titelzeilen gemacht sind. Diese Erzählkurve war deshalb 2021 absolut vorhersehbar, weshalb völlig gleichgültig war, welche Fehler die Partei macht oder nicht macht. Das Ergebnis wäre exakt das gleiche gewesen. Und dasselbe gilt auch in der Wärmepumpendebatte. Die Mechanik ist hier, dass die Bevölkerung – insbesondere die Besserverdienenden (der Rest kriegt von politischen Debatten herzlich wenig mit) – aufschreien, wenn Veränderung sie etwas kostet. Daraus können die Medien einen Skandal konstruieren, unzählige Talksendungen veranstalten, Zeitungen verkaufen, Clicks auf Werbebanner generieren. Dadurch gerät die Regierung immer weiter in Verruf, was zu mehr Zuschauern führt, was dann mehr Sendungen rechtfertigt. Und so weiter. Wiederum völlig gleichgültig, ob es nun um Wärmepumpen oder Veggie Day geht. Gleichgültig, ob die Reform wichtig ist oder nicht. Gleichgültig, ob die Reform eine Investition in die Zukunft darstellt oder nicht. Wenn Du Besserverdienenden etwas wegnimmst, führt das zu einem politischen Sturm. Einfache Mechanik. Habeck macht halt seinen Job und wird deshalb von den Medien abgeschossen. Wissing hingegen macht z.B. garnichts. Und kriegt deshalb auch kaum negative Presse. Kann man jetzt “politisch klug” nennen. Also wenn man “Nichtstun”-Politik gut findet. Davon hatten wir ja gerade 16 Jahre …

    • Stefan Sasse 15. Mai 2023, 11:57

      Da widerspreche ich dir. Gerade weil die Angriffspunkte vorhersehbar sind, brauchst du eine Antwort darauf. Die hatten und haben die Grünen nicht, die werden jedes Mal kalt überrascht und sind Getriebene.
      – Nimm Baerbocks Lebenslauf. Wenn das einem CDUler passiert wäre, stünden die Chancen gut, dass die Partei das geschlossen zum Prädikat erklärt hätte. Die Grünen haben es einfach laufen lassen und stückchenweise Entschuldigungen und Relativierungen nachgeschoben; das schlimmste, was man in so einer Situation machen kann.
      – Gleiches gilt jetzt für die Wärmepumpen. Es war völlig absehbar, also wo ist das Gegennarrativ?

      • Ralf 15. Mai 2023, 12:12

        Die Frage ist nicht, ob man nicht hätte intelligenter reagieren können. Die Frage ist, ob es irgendetwas geändert hätte, wenn man intelligenter reagiert hätte. Ob die öffentliche Debatte dann auch nur marginal anders verlaufen wäre. Und meine Antwort ist: Nein.

        Mein Argument ist, dass der Ablauf der Debatte vorbestimmt ist – kalte Mechanik – getrieben von ökonomischen Interessen, weshalb es gleichgültig ist, wie sich die Betroffenen verhalten. In den Medien geht es um Einschaltquoten und Produktverkauf, nicht um Sachargumente und Information.

        Das ist so, als wenn Du mit anderthalb Millionen verschuldet bist und nur noch einen Monat zur Rückzahlung hast. Ansonsten verlierst Du Dein Haus. In dieser Beispielsituation ist es schlichte Mechanik, dass Du Dein Haus verlieren wirst, denn es existiert kein plausibles, realistisches Szenario, in dem Du in 30 Tagen anderthalb Millionen auftreiben kannst. Klar, können wir eine Debatte darüber führen, dass Du nicht diesen Job in der Currywurstbude hättest annehmen sollen, denn der zahlt ja wesentlich weniger als anderthalb Millionen. Oder wir können debattieren, dass Du mehr Geld hättest sparen können, wenn Du den ganzen Monat nur Kartoffeln gegessen hättest. Aber diese Diskussionen sind am Ende irrelevant. Du hattest nie eine Chance zu gewinnen. Die Mechanik war einfach gegen Dich.

        Und so war es auch bei Baerbock. Und so war es auch bei den Wärmepumpen. Man kann einen Diskurs nicht gewinnen, wenn man den Besserverdienenden Opfer abverlangt. Mechanik eben.

        • Stefan Sasse 15. Mai 2023, 13:49

          Meine Sicht ist nicht so deterministisch, sorry. Natürlich gibt es solche Faktoren, aber die konkreten Handlungen und Aussagen sind nicht irrelevant.

        • Lemmy Caution 15. Mai 2023, 20:37

          In der Politik ist es extrem wichtig, wie etwas kommuniziert wird. Deshalb bin ich heilfroh, dass ich den Job nicht machen muss.
          Emotionen spielen dabei die Hauptrolle. Viele hätten gerne ein eigenes Haus oder zumindest eine Eigentumswohnung, aber leider sind die halt verdammt teuer. Selbst vor dem Zinsanstieg war das so.
          Die neuen Regulierungen für Heizungen treiben die Preise noch mal nach oben. Deshalb hätte das sehr sorgfältig kommuniziert werden müssen. Vielleicht überschätzten die Grünen die Akzeptanz von Wohlstandsverlusten angesichts der Klimakrise.
          Ich persönlich berücksichtige Ressourcen-Einsparungen in meinen Entscheidungen:
          – Wohnungstemperatur von exakt 20 Grad reicht für mich absolut aus
          – fahre extrem wenig Auto und nutze intensiv ÖPNV und Fahrrad
          – bin letzte Woche erstmals mit dem Zug nach London gefahren statt mit Flugzeug oder Auto. Erste Klasse war mit Trainline Frühbucherticket nicht so teuer, sonst wäre das anstrengender gewesen.
          – nächstes Challenge: Fleischkonsum noch weiter reduzieren.
          Aber die Mehrheit tickt da wirklich anders.

          • Ralf 15. Mai 2023, 22:26

            Ich bezweifele nicht, dass politische Kommunikation geschickt oder ungeschickt erfolgen kann. Was ich bezweifele ist, dass es einen starken Effekt auf Wahlen hat. Der Grund ist, dass es bei Kommunikation darum geht Information vom Sender zum Empfänger zu bringen. Dafür braucht es in der Regel einen Mediator. Die Ausnahme, also Kommunikation ohne Mediator, ist direkt zwischen Sender und Empfänger. Also z.B. zwischen Annalena Baerbock und Dir. Aber zu direkter Kommunikation zwischen Frau Baerbock und Dir wird es in der Regel nur kommen, wenn Du einen mehr oder weniger direkten Draht zu ihr hast – also etwa ihr Twitter- oder Facebook-Follower oder Mitglied bei den Grünen bist. In diesen Fällen bist Du aber sehr wahrscheinlich bereits ihr Unterstützer und irgendwelche Pillepalle-Vorwürfe werden Deine Meinung über sie nicht ändern. Du wirst Dich möglicherweise über unprofessionelle Kommunikation ärgern. Aber als Fan wirst Du weiter Dein Kreuz bei ihr machen.

            Anders ist das, wenn Du Frau Baerbock gegenüber neutral eingestellt bist, kein Grünen-Mitglied bist und der Außenministerin nicht speziell in den sozialen Netzwerken folgst. Dann wird Dich ihre Kommunikation ausschließlich über die Medien erreichen, die als Mediator fungieren. Das bedeutet allerdings, dass Dich jede Information nur gefiltert erreicht. Du hörst und siehst nur das, was die Medien an Dich weiterleiten wollen. Hält Frau Baerbock eine Rede und die Presse glaubt, dass diese nicht geschäftsdienlich ist (-> Quoten generiert, Leser rekrutiert, zu Clicks auf Werbebanner führt), dann wird darüber nicht berichtet werden. Und selbst wenn über die Rede berichtet wird, dann erreicht Dich nur ein winzig kleiner Ausschnitt des Gesagten – ein prägnanter Satz, eine Punchline oder vielleicht auch nur ein peinlicher Versprecher. Dazu wird Dir der Content nicht neutral geliefert, sondern Kontext und Bedeutung werden wie selbstverständlich angehängt (denke z.B. an Armin Laschets Lacher im Hintergrund eines Videos bei den Flutopfern in NRW). Mit anderen Worten: Dich erreicht eine stark selektive, dramatisch verkürzte und nicht selten massiv verzerrte Version dessen, was – in diesem Fall Frau Baerbock – gesagt hat. Dich erreicht, was den Geschäftsinteressen der Medien dient. Und diese Effekte überkompensieren und überschatten jede potentielle Geschicktheit oder Ungeschicktheit in der Kommunikation des Senders. Gegebenenfalls verschwinden Fehler wie Erfolge vollständig. Gegebenenfalls werden sie zu riesigen Affären aufgeblasen. Folglich ist es fast gleichgültig, wie man als Politiker mit Nicht-Stammwählern kommuniziert. Es kommt fast ausschließlich darauf an, ob die Medien einen gerade hochjubeln oder runterschreiben wollen oder ob Medien überhaupt Interesse haben über einen zu berichten und ob gerade sonst irgendwo in der Welt Großereignisse stattfinden, die die Aufmerksamkeit – zu meinem Nutzen oder zu meinem Schaden – weg von der Kommunikation des Politikers X lenken.

            • Stefan Sasse 16. Mai 2023, 12:28

              Sicher, die Medien sind Mediatoren. Aber die mediieren (ist das das Verb?) ja das, was als Input reinkommt. Ich bin immer bereit, den Output zu kritisieren, wenn der wie aktuell bei der Springerpresse etwa eine Kampagne ist. Aber du kannst ja den Input nicht vernachlässigen. Es ist nicht der Job der Medien, das auszugleichen. Wenn die Grünen nicht in der Lage sind, gescheiten Input einzuspeisen, können sie sich nicht über den Output beschweren. Das akzeptiere ich erst, wenn der Input passt und bewusst ignoriert oder verzerrt wird.

              • Ralf 16. Mai 2023, 15:12

                “Mediieren” ist, glaub ich, (noch) kein Verb, aber ich sehe hohes Potential, dass sich das Wort in Zukunft durchsetzen könnte … 😉

                Gerade im vergangenen Bundestagswahlkampf sind wir Zeugen geworden, wie gleich mehrfach “Input” schlicht ignoriert worden ist. So ist Baerbock nach einer anfänglichen Schönwetterphase etwa garnicht mehr zu Wort gekommen, zumindest nicht um zu erläutern, welche Vision sie für eine grün-geführte Regierung hat. Stattdessen wurde sie wochenlang mit Fragen zu Pseudoskandalen und Pillepalle bombardiert und anschließend fast vollständig ignoriert. Der Gegenseite ging es nicht viel anders. Armin Laschet wurde auf einen unglücklichen Lacher im Hintergrund eines Videos reduziert. Von seinen Gesprächen mit den Bürgern, um die es bei seinem Besuch im Ahrtal ging, ist null Komma nichts bekannt. Der spätere Wahlsieger hat ebenfalls vermutlich im Wahlkampf ab und an irgendwas gesagt. Genau weiß man das allerdings nicht, denn er kam nirgends vor. Und Fragen, ob sich da möglicherweise ein Wirtschaftskrimineller für das höchste Amt in Deutschland bewirbt, dem vorgeworfen wird im Pakt mit befreundeten Banken Millionengelder veruntreut zu haben, wurde ebenfalls nicht nachgegangen. Spannender (= einschaltquotengenerierender) war stattdessen das Horse Race. Die Zahl der Wähler, die zwei Tage vor dem Urnengang auch nur die Kernregierungsziele von CDU, SPD, FDP und Grünen hätten benennen können, war wie bei jeder Bundestagswahl praktisch null. Und das ist eine direkte Reflektion des “Inputs”, der von den Medien fast komplett ignoriert wird, damit letztere diejenigen Geschichten erzählen können, die ihnen Geld einbringen.

                • Stefan Sasse 16. Mai 2023, 16:13

                  Scholz‘ Strategie war, nicht aufzufallen. Da sich alles auf Baerbock und Laschet konzentrierte, gelang das. In einem alternativen Universum ist Scholz völlig getankt, weil die Presse sich auf CumEx und Konsorten konzentrierte. Ich bezweifle überhaupt nicht die beschriebenen Mechanismen, nur hätte das nicht so super funktioniert, hätten nicht Baerbock und Laschet einen miesen Wahlkampf gemacht.

                  • Ralf 17. Mai 2023, 11:29

                    Die Strategie des Drogenschmugglers ist nicht aufzufallen. Die Aufgabe der Grenzpolizei beim Zoll ist zu kontrollieren.

                    Scholz hatte die Strategie nicht aufzufallen. Die Presse hat die Aufgabe – unabhängig von der “Strategie” der Kandidaten – deren Vita zu beleuchten und die Bevölkerung zu informieren. Sie kommt dieser Aufgabe halt nur konsistent nicht nach. Und der Grund ist, dass die Presse ihre Aufgabe eben nicht in der Information sieht, sondern im Verkauf von Produkten. Und wenn man lediglich am Verkauf von Produkten interessiert ist, dann werden diejenigen Stories gebracht, die den Profit maximieren.

                    Auf noch perfidere Weise zeigte sich das im US-Wahlkampf 2016, wo die Presse Donald Trump das Äquivalent von mehreren hundert Millionen Dollar an Wahlkampfwerbung schenkte. Im Austausch gegen Schlagzeilen, die man verkauft hat.

                    Und Baerbock hat man überhaupt keinen Wahlkampf machen lassen. Die Presse hat sie mit Fragen zu Pillepalle-Affären bombardiert und so ist sie inhaltlich garnicht mehr zu Wort gekommen. Debatten zum Programm hat man rigoros abgeschnitten und abgeblockt. Und nachdem man mit ihr durch war, hat man sie ignoriert.

                    • Stefan Sasse 17. Mai 2023, 14:21

                      Korrekt, die Presse verkauft ein Produkt. Baerbock war News. Erst positiv, als erste grüne Frau und Kanzlerkandidatin. Dann negativ wegen des Lebenslaufs, bei dem sie es geschafft hat, die Story kostenlos durch Salamitaktik am Leben zu erhalten und ohne Angebot einer anderen Story. Laschet war News, weil er nach 16 Jahren das Kanzleramt an die Opposition verlieren konnte. Weil er provinziell war und die Hauptstadtpresse das hasst. Scholz dagegen bot keine Geschichte, in keine Richtung. Seine Sünden waren kompliziert. „Lebenslauf“ und „hat gelacht“ ist einfach.

                    • Ralf 17. Mai 2023, 14:28

                      Du beschreibst den Ist-Zustand, nicht den Soll-Zustand. Tatsächlich waren Baerbocks und Laschets und Scholz’ Programme und Ideen und politische Prioritäten durchgehend durch den gesamten Wahlkampf hin News. Sehr, sehr viel “Input” also. Die Medien haben nur einfach nicht darüber berichtet, weil “Affären” und “Skandale”, egal wie unbedeutend und absurd, zu höheren Verkaufszahlen führen.

                    • Stefan Sasse 18. Mai 2023, 08:55

                      Korrekt. Aber mein Punkt ist: wie willst du das ändern?

                    • Ralf 18. Mai 2023, 10:53

                      Die Antwort wird Dir nicht gefallen: Öffentlich-rechtliches Medienmonopol und weitgehende Abschaffung des Internet.

                      Wenn die letzten Jahre etwas gezeigt haben, dann dass private Medien genauso toxisch und brandgefährlich für unser gesellschaftliches System sind wie regierungskontrollierte Medien. Und wir müssen erkennen, dass diese Gefahr nicht nur von dezidiert demokratiefeindlichen Playern wie FOX News ausgeht, sondern dass auch bei den “normalen” privaten Medien Profitstreben in erster Linie zu Desinformation, Manipulation und Förderung von Extremisten führt. Um es gleich vorwegzuschicken: Eine ideale Lösung gibt es nicht. “Staatsmedien” als Alternative, die direkt von der Regierung kontrolliert werden – wie im Dritten Reich unter Goebbels’ Propagandaministerium – kann offensichtlich niemand wollen. Der gangbarste Mittelweg scheint mir zu sein eine dezentrale, finanziell gut ausgestattete, föderal oder sogar lokal organisierte Multi-Player-Sender- und Pressestruktur aufzubauen. Wir sind z.B. bis Ende der 80er Jahre mit der ARD sehr gut gefahren, bei der dezentrale Landesanstalten für ein gemeinsames Programm kooperieren müssen. Relevante, neutrale Information sollte das Leitmotiv sein, klar abgegrenzt von Interpretation oder gar Unterhaltung.

                      Das Internet ist meiner Meinung nach fundamental unvereinbar mit unserer Demokratie. Die toxische gesellschaftliche Kultur, die es ursächlich bewirkt, stärkt unausweichlich die extremen Ränder. Ich sage voraus, dass wenn wir das Internet so belassen, wie es heute ist, in 20 Jahren kein Land im Westen mehr demokratisch regiert werden wird. Land für Land werden wir unter das Joch von Faschisten (Orban) oder verbrecherischen Kleptokraten (Trump) fallen. Alle positive Aspekte, die das Internet zweifellos hat, werden hoffnungslos überkompensiert durch den dramatischen Schaden, den es unter uns anrichtet. Am besten wäre es, das Internet einfach komplett abzuschalten.

                      Da das Internet aber enorme Profite generiert, ist eine Abschaltung natürlich realitätsfern. Bleibt als Alternative seine massive Kontrolle und Zensur 24/7 – also das, was die Chinesen heute schon machen auf Steroiden: Strikte Regulierung von Inhalten bei Foren und Blogs; systematische AI-gesteuerte Eliminierung von polarisierenden, systemkritischen Äußerungen; harte Strafen bis hin zum kompletten Ausschluss aus dem Internet für jene, die solche Inhalte posten; Klarnamenpflicht; Verschlüsselungsverbot; Ausschluss von Beiträgen aus nicht-befreundeten Staaten; Eliminierung von beleidigenden Beiträgen und Ausschluss der Poster. Und so weiter. Halt ein gesäubertes Internet, in dem für Bad Players kein Platz ist.

                      Wird es zu solcher Regulierung kommen? Vermutlich nicht. Und die übergroße Mehrheit in diesem Blog wird das vorhersehbar begrüßen. Ich erwarte, dass unsere Gesellschaft die Quittung dafür in 20 Jahren möglicherweise mit einem Reichskanzler Höcke bekommen wird. Dann können wir mit dem über freies Internet, Meinungsfreiheit und Bürgerrechte diskutieren.

                    • Stefan Sasse 18. Mai 2023, 18:38

                      Wenn das deine Lösung ist ist das funktional äquivalent mit „keine Lösung“. Das ist völlig illusorisch, völlig davon abgesehen, ob man sich das wünscht. Hatten wir denn vor Internet eine grandiose Demokratie ohne Probleme? Halte ich für ein Gerücht. Du willst letztlich technische Lösungen für ein gesellschaftliches Problem. Klarnamenpflicht, um nur ein Beispiel herauszugreifen, hat keine Auswirkungen darauf, dass die Leute Straftaten begehen oder demokratiefeindlichen Dreck glauben.

                    • Ralf 20. Mai 2023, 11:50

                      Hatten wir denn vor Internet eine grandiose Demokratie ohne Probleme?

                      “Grandiose Demokratie ohne Probleme” ist ein Totschlagsargument. Im wesentlichen möchte ich medienmäßig zurück in die 80er Jahre. Damals gab es zwar private Printmedien, aber das wichtigere Fernsehen war komplett in öffentlicher Hand. Meinungsfreiheit war gegeben. Aber eben nicht die Freiheit eine Bühne zu haben auf nationaler oder gar globaler Ebene zu kommunizieren. Um auf nationaler Ebene Millionen Menschen anzusprechen, hättest Du ins Fernsehen kommen müssen. Und der dortige Content war stark gefiltert durch kompetente, erfahrene Journalisten und Editoren. Deshalb konnte man sich auf Inhalte, die im Fernsehen gebracht wurden, in der Regel auch verlassen. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat es auch geschafft sich von politischem Einfluss weitestgehend freizuhalten. Natürlich ist nichts perfekt. Aber die föderale Struktur der Sender hat es ermöglicht eine stabile Balance von Perspektiven zu wahren.

                      Politisch stand damals die Abschaffung der Demokratie nie zur Debatte. Weder hier noch anderswo im Westen. Extremistische Parteien kamen im Bundestag nicht vor – weder am linken noch am rechten Rand. Und auch in den Länderparlamenten waren Extremisten sehr, sehr selten vertreten. Jahrzehntelang wurden Bürgerrechte ausgeweitet. Nicht nur bei uns in Deutschland. Auch zum Beispiel in den USA.

                      Und dann kam das private Fernsehen und anschließend das Internet. Damit brach die Funktion des Fernsehens zu informieren zusammen. Um mit den aufregenden Privaten konkurrieren zu können, mussten sich die Öffentlich-Rechtlichen anpassen. Das heißt, Information, die nicht hip und packend waren, wurden nicht mehr erwähnt, auch wenn sie bedeutend waren. Kleinigkeiten wurden zu riesigen Affären aufgeblasen. Es wurde polarisiert, polemisiert, eingepeitscht. Dem Publikum wurde erzählt, was es hören wollte. Die niedersten Instinkte wurden bedient. Unzufriedenheit und Systemfeindlichkeit wurden gefördert. Und es hat eine allgemeine Verrohung stattgefunden, die Radikalen und Mythenphantasten den Boden bereitet hat.

                      Und hier sind wir nun. Die USA stehen am Abgrund. Bücher werden wieder verbrannt. Demokratie zunehmend eingeschränkt. Ein gewaltsamer Umsturz nur um Messersbreite verhindert. Ein Faschist gegenwärtig mit einer Mehrheit in den Umfragen. In der EU sind bereits zwei Länder in tyrannische Despotien abgestürzt. Rechtsstaat abgeschafft. In Italien, einem der größten Länder der Union, regieren Faschisten ganz offen. In deutschen Länderparlamenten im Osten sind teilweise ein Drittel bis ein Viertel der Sitze mit Nationalsozialisten besetzt. Und das obwohl es Deutschland in den vergangenen Jahren wirtschaftlich wirklich hervorragend gegangen ist. Arbeitslosigkeit praktisch null. Trotzdem schießen überall rechtspopulistische neue Parteien aus dem Boden. Jetzt gerade wieder in Bremerhaven. Mit anderen Worten: Unser westliches System ist im Kollaps begriffen.

                      Und die schlechten Zeiten fangen gerade erst an. Was wenn der Klimawandel in Afrika hunderte Millionen Flüchtlinge produziert, die die europäischen Grenzen stürmen? Was wenn Transformationsnotwendigkeiten in unserer Gesellschaft, die mit dem Klimawandel zusammenhängen anfangen, wirklich auf breiter Front Arbeitsplätze zu kosten (z.B. Stichwort Autoindustrie)? Was wenn künstliche Intelligenz in den nächsten 30 Jahren ein Drittel der Berufe überflüssig macht? Was wenn der demographische Wandel voll durchschlägt und Menschen keinen Arzt mehr finden, Krankenhäuser kein Personal mehr haben oder wenn wir zwei Jahre auf einen Handwerker warten müssen? Was wenn China in Taiwan einmarschiert und das deutsche Chinageschäft zusammenbricht?

                    • Stefan Sasse 20. Mai 2023, 14:46

                      Ich stimme dir beim Fernsehen zu; allein, das war ja nicht das einzige Medium der Tage. Zeitungen etwa waren immer schon privat, und da hat es ja auch funktioniert. Das deutsche Fernsehen ist zudem eher unpolitisch; so Mist wie FOX News haben wir hierzulande ja gar nicht.

                      Zwar fallen die Medienevolution (Stichwort Internet) und das Zerbrechen des großen Nachkriegskonsens‘ zeitlich zusammen. Aber Korrelation ist nicht Kausalität. Ich wäre vorsichtig, das so zu vermischen.

                      Ich würde auch das „westliche System“ nicht zu schnell totsagen. Das hat schon einiges andere überstanden.

                      Wer weiß, ob die AfD nicht eher ein Wohlstandsphänomen ist?

                    • Thorsten Haupts 20. Mai 2023, 20:41

                      Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat es auch geschafft sich von politischem Einfluss weitestgehend freizuhalten

                      Ja klar, sowas von neutral. Deshalb wollten Union und FDP ja auch geschlossen das Privatfernsehen, denen ging die objektive Neutralität des ÖRR vol gegen den Strich.

                      Der damalige ÖRR war nach meiner Erinnerung allerdings ostblockfreundlich, allen neuen sozialen Bewegungen geneigt, pazifistisch, marktwirtschaftsfeindlich und ein Gegner von Christdemokraten iund Liberalen.

                      Also total neutral – wenn man ziemlich links ist.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 21. Mai 2023, 12:43

                      Moment: das sind ja zwei Paar Stiefel. Die Springerpresse ist von politischem Einfluss weitgehend frei, aber neutral sind die nicht die Bohne.

                    • Ralf 20. Mai 2023, 23:30

                      Sorry, aber das stimmt so einfach nicht.

                    • Thorsten Haupts 20. Mai 2023, 23:50

                      Hätte ich an Ihrer Stelle jetzt auch gesagt. Let´s agree to disagree.

                    • Stefan Pietsch 21. Mai 2023, 07:39

                      Nur aus dem Neuesten: wir haben eine Fülle von linken bis linksextremen „Satire“-Sendungen, die auch mal gegen journalistische Prinzipien verstoßen und Existenzen vernichten dürfen, ohne dass das nur gerügt würde. Und wir haben politische Sendungen, wo Kriminelle mehr Gehör finden als der französische Präsident. Ich glaube nicht, dass eine Mehrheit so ein Fernsehen möchte.

                    • Stefan Sasse 21. Mai 2023, 12:44

                      Linksextreme Satiresendungen. Drunter geht’s nicht mehr, oder? Gleich neben dem bekennenden Rechtsextremisten Dieter Nuhr, nehme ich an? Vielleicht wollen wir den Extremismusvorwurf ein ganz klein wenig zurückhaltender nutzen?

                    • Ralf 21. Mai 2023, 09:25

                      Alles klar. Ich bin aus der Diskussion raus.

                    • Stefan Pietsch 21. Mai 2023, 13:07

                      Wenn sich Satiriker selbst als Gegner des Kapitalismus und Kommunisten verirren wie „Die Anstalt“, ist das Linksextremismus. Open YouTube Eyes!

                      Nuhr nimmt alle Richtungen ins Visier. Schon das ist bedauerlicherweise ein Alleinstellungsmerkmal.

                    • Stefan Sasse 21. Mai 2023, 18:17

                      Ich hab den Kram zugegeben schon ewig nicht mehr angeschaut, welche Linksextremisten waren denn in der Anstalt?

                      Lol, klar, „alle Richtungen“. Die linken Satiriker kritisieren auch die linken Parteien. Üblicherweise dafür, nicht linientreu genug zu sein. Das zählt nicht.

                    • Stefan Pietsch 22. Mai 2023, 11:29

                      Warum meinst Du dann es einschätzen zu können?

                      Max Uthoff, einer der beiden Gastgeber der Anstalt, ist ein Befürworter des Müßiggangs. In einem neuen Interview sprach er sich dafür aus, den Reichtum so zu verteilen, dass alle wenig bis nicht arbeiten müssten. Das ist eine sozialistische, wenn nicht kommunistische Einstellung. Und auch sonst ist er in öffentlichen Äußerungen diesem Milieu zumindest nah.

                      Jan Fleischhauer hat zurecht darauf aufmerksam gemacht, dass diese Wochen genügend Material für Satiriker abwerfen würden. Nur, weder die heute-show noch Böhmermanns ZDF-Magazin Royale mögen sich der Grünen annehmen. Stattdessen Canabis, Bundeswehr, CDU (klar), Migrationspolitik. Du wirst Satire, die sich wie Du es behauptest, bestenfalls einmal im Jahr finden. Bei Nuhr ist das deutlich anders.

                      Wo ist also der Ausgleich? Wofür Gebührenfinanzierung, wenn jede Ausgewogenheit fehlt?

                    • Stefan Sasse 22. Mai 2023, 12:26

                      Jo, das ist linksradikal.

                      Und Nuhr attackiert üblicherweise Leute, die Gendern verbieten wollen? Oder die gegen Habecks Wärmepumpen sind? Please.

                    • Stefan Pietsch 22. Mai 2023, 14:08

                      Nein, aber er attackiert die AfD mit mindestens der gleichen Schärfe wie die Linkspartei und greift Positionen von CDU und FDP ebenfalls satirisch und vor allem regelmäßig auf. Sein Satireziel sind weit weniger Parteien, als bestimmte Einstellungen – also eigentlich das, was Satire ausmacht.

                    • Stefan Sasse 22. Mai 2023, 15:39

                      Das gilt auch für die Anstalt und den Rest. Keiner von denen ist parteiisch in dem Sinne, dass sie eine pushen würden. Aber egal, ich finde die deutschen Satireshows eh alle doof ^^

                  • Stefan Pietsch 22. Mai 2023, 16:16

                    Bitte, da hast Du lange nicht mehr solche Sendungen gesehen. Bis hin zu „die kann man nicht wählen“, kommt so alles vor.

                    • Stefan Sasse 23. Mai 2023, 15:44

                      Ich nehme an, der Kommentar bezieht sich noch auf diese Extremistendiskussion? Der scheint im Thread verrutscht. Jedenfalls wäre „die kann man nicht wählen“ ja nicht sonderlich extrem.

                • Stefan Pietsch 17. Mai 2023, 18:06
              • Stefan Pietsch 17. Mai 2023, 18:05

                Lassen Sie mich das anhand Ihrer eigenen Maßstäbe untersuchen, das ist Ihnen doch recht?

                Sie behaupten, „die Medien“ hätten Baerbocks Absturz verursacht. Eigentlich sei es die Aufgabe von Medien soweit wie möglich neutral zu berichten und sich auf das Programm und nicht die Person zu konzentrieren. Soweit so richtig?

                Nun ist es so, dass nach einer ARD-Studie zweidrittel der Wähler angaben, sich über das Fernsehen zu informieren (Mehrfachnennungen möglich). Lediglich ein Drittel konsultierte Zeitungen. Es ist nicht weit hergeholt zu behaupten, ARD und ZDF hätten eine wohlwollende Einstellung zu Baerbock gehabt. Und alle Fernsehmedien nahmen die Grüne noch dann als Kanzlerkandidatin ernst, als sie längst nach Ansicht von Demoskopen keine Chance mehr auf den Posten hatte. Das war ein klarer Vorteil gegenüber der Konkurrenz von der AfD und den Liberalen. Am Ende landeten die Grünen ja gerade 3% vor der FDP.

                Ich kann mich an keine Politsendung erinnern, die kritisch mit Baerbock umging. Zur Erinnerung: Nach ihrer Nominierung erhielt sie 25 Minuten freie Sendezeit bei Anne Will. Laschet erhielt später nur 10-15 Minuten. Bei Markus Lanz tauchte sie anders als ihre Konkurrenz gar nicht auf, folglich wurden ihre Patzer dort ohne ihr Beisein aufgearbeitet. Das war aber nicht das Verschulden der Journalisten. Wir erinnern uns: Copy-&-Paste-Werke hatten in der Vergangenheit zu zahlreichen Rücktritten unter konservativen Politikern geführt – gefordert von Grünen. Und da sollten die Medien nicht über ein zusammengeflicktes Buch einer Politikerin berichten dürfen, die sich anschickte, Deutschland zu regieren, aber offensichtlich keinen eigenen Gedanken zu Papier bringen kann?

                Sie sind jemand, der Klimaschutzpolitik sehr hoch gewichtet. Sie erinnern sich sicher noch an eine Sendung des ARD-Wissensmagazin Quarks. Die Journalisten untersuchten die Parteiprogramme nach wissenschaftlichen Maßstäben und rankten die empfohlenen Maßnahmen nach Wirksamkeit. Für die Journalisten erstaunlich belegte das FDP-Programm den ersten Platz der Effektivität. Die Bewertung entspricht übrigens der vieler wenn nicht der meisten Umweltökonomen. Die Sendung erhielt bundesweite Aufmerksamkeit, weil die Medienschaffenden dann einen Kunstgriff zum Vorteil der Grünen vollführten.

                Den Liberalen wurde kurzerhand der Willen und die Durchsetzungskraft für das Programm abgesprochen und die Vorschläge daher nach hinten geschoben. Sie haben das gemacht, was Sie oben verurteilen: Sie haben massiv in die Bewertung auf manipulative Art und Weise eingegriffen. Nun, wenn Ihnen Klimaschutz so wichtig ist und sie objektiv informiert werden wollen, warum haben solche Untersuchungen keinen Einfluss auf Ihre politische Bewertung?

                Sie tun exakt das, was Sie verurteilen: Sie bewerten Politiker und Parteien nach persönlichen Kriterien. Das tun Sie übrigens nicht nur beim Klimaschutz, das haben Sie auch bei der Coronapolitik so gehandhabt. Ich könnte jetzt alle Ihre Einschätzungen und Forderungen hier hervorkramen, wie Sie andere auch abgeurteilt haben, aber ich möchte es nicht übertreiben.

                Wie sollen aber Wähler sich ein Urteil über den Charakter und die Durchsetzungsfähigkeit von Politikern bilden, wenn nicht über politisches und persönliches Handeln berichtet werden kann? Bekanntlich hatte Baerbock zuvor nie ein staatliches Amt ausgeübt, anders als ihre Konkurrenten. Über die konnte man berichten, aber warum nicht über Baerbocks Lebenslauf bzw. deren Aufschneidereien und Falschangaben, über ihr unlauteres Bücherschreiben?

                Haben Sie darauf wirklich Antworten?

              • Erwin Gabriel 29. Mai 2023, 08:25

                @ Stefan Sasse 16. Mai 2023, 12:28

                Aber die mediieren (ist das das Verb?)

                Du hast das t zwischen den beiden is vergessen 🙂

    • Stefan Pietsch 15. Mai 2023, 14:22

      Sie übersehen, dass Baerbock die wohlwollendste Presse aller Kandidaten bekam. Sie wurde zu zahlreichen Sendungen eingeladen, wo man ihr keine kritische Frage stellte, sondern sie feierte. Dagegen machte sie anders als Laschet einen großen Bogen um die kritische Talksendung Markus Lanz.

      Ich erinnere mich auch an einen Presseclub im Sommer 2021, in dem Ann-Kathrin Müller vom SPIEGEL vehement für sie in die Bütt ging, dass man sich nicht mit ihrer Person, sondern nur mit ihrem Programm beschäftigen möge. Es sei unfair, sich an einer Frau abzuarbeiten, die außer einem Lebenslauf nichts politisch vorzuweisen haben. Bedauerlich, dass sich der Lebenslauf als gefälscht herausstellte, fürwahr, bedauerlich, dass sie ein Copy&Paste-Buch geschrieben habe, aber das seien doch nur Kampagnen.

      Wie gesagt, die Dame nennt sich „Journalistin“, gehörte aber eindeutig zum Baerbock-Fanclub. So nett hätte man mal Laschet und Scholz behandeln müssen.

      Besserverdiener sind meist die Profiteure von Veränderungen, schließlich erhalten sie als erstes auch die Vorteile. Die besten Zeiten für mich waren jedenfalls immer die der Disruption. Wer am wenigsten profitiert, sind Menschen am unteren Ende, sie verlieren durch den Wandel immer als erstes ihren Job und finden am schwersten in neue.

  • CitizenK 15. Mai 2023, 12:39

    h) Die Leistungsfeststellung in der Schule (Klassenarbeiten wie Abschlussprüfungen) prüfen reine Solisten-Leistungen, während in der Arbeitswelt „Teamfähigkeit“ gefordert wird, Erfolge wie Misserfolge dem Team zugerechnet werden. Wie passt das zusammen? Gibt es Ansätze, das anzupassen?

    In dem Zusammenhang würde mich interessieren: Wie sind Deine/Netzlehrers Erfahrungen mit Gruppenarbeit in der Schule?

    • Ralf 15. Mai 2023, 13:07

      Meiner Erfahrung nach arbeiten Teams in der Arbeitswelt nicht so, wie Du das hier nahelegst. Da sitzen nicht sechs Leute an einem Tisch und arbeiten gemeinsam an einem Problem, so wie die Familie am Abend gemeinsam am Wohnzimmertisch ein Puzzle löst. Vielmehr sind da z.B. sechs Spezialisten, jeweils einer für jeden Problemteilbereich, nennen wir sie “Solisten”, die einzeln ihre Probleme bearbeiten und dann die Lösungen dem Team zuführen.

      Erfolge werden dem Team zugeschrieben, weil das politisch korrekt ist. Dabei weiß aber jeder der Zuschreiber, wer wirklich für den Erfolg verantwortlich war. Und das macht sich später bei Beförderungen bemerkbar. Misserfolge – wenn sie eindeutig durch ein einzelnes Teammitglied verschuldet wurden – werden auch diesem einzelnen Teammitglied, und nicht dem gesamten Team zugeordnet.

      • Stefan Pietsch 15. Mai 2023, 14:09

        Exakt. Sowohl die Leitung als auch die meisten Mitarbeiter haben Interesse an einer klaren Erfolgszumessung. Und natürlich kennt man seine Kandidaten, ihre Arbeitsweise und ihr Können.

      • CitizenK 15. Mai 2023, 18:42

        Bei OP- und Montage-Teams (oder Lehrplan-Kommissionen) sieht man dem Ergebnis doch aber den Beitrag des einzelnen Team-Mitglieds nicht mehr an? Der Fehler in der Findungskommission fällt sogar auf die ganze Partei zurück.
        Mein Punkt war der: In fast jeder Stellenanzeige steht inzwischen „Teamfähigkeit“ als wichtige Eigenschaft. Genau diese wird aber in der Schule kaum trainiert und erscheint gar nicht im Abschlusszeugnis (das einige so wichtig finden, auch hier im Blog). Dazu müsste die „Leistungsfeststellung“ anders aussehen. Assessment-Center schon in der Schule? (Siehe auch den Krautreport-Link von Stefan Sasse).

    • Stefan Sasse 15. Mai 2023, 13:51

      Kennst du das? https://krautreporter.de/3686-die-heutigen-prufungen-braucht-kein-mensch?shared=1d7d5191-37de-4089-835b-afdd28de8b32

      Mir ist das etwas pauschal mit „der Arbeitswelt“; auch da ist Teamarbeit wie du sie beschreibst vielleicht das kundgetane Ideal, wird aber auch seltenst erreicht. Aber grundsätzlich: ja, das passt null zusammen! Die aktuelle Leistungsfeststellungs- und Prüfungskultur gehört in den Gully. Was die Erfahrungen mit Gruppenarbeit angeht: da können tolle Sachen rauskommen, wenn die Leute motiviert sind, und nur Blödsinn, wenn nicht. Wie immer halt? Die Sozialform hat ihre Stärken und Schwächen, und man muss wissen, wie man die richtig einsetzt. Auch: was meinst du, wenn du Gruppenarbeit sagst? Arbeitsteiliges oder kooperatives Lernen?

      • CitizenK 15. Mai 2023, 16:52

        Danke. Kannte ich noch nicht. Stoff zum Nachdenken.

        Handy für Recherchen bei Klausur – technische Unterschiede, voreingestellte Lösungen?
        Wieviel Mathe muss noch gelernt werden? – Foto mit Handy genügt. Taschenrechner-Vergleich?
        „Joker“. Vorteile für die mit den besten Kontakten? Wie im richtigen Leben.

        • CitizenK 15. Mai 2023, 18:44

          Gruppenarbeit: Wegen der Notenfindung ist ja nur Arbeitsteilung möglich. Für ganz eigenständige Gruppen müsste für die Bewertung der Arbeitsprozess beobachtet werden. Nicht realistisch.

          • Stefan Pietsch 15. Mai 2023, 19:02

            Sie können das Arbeiten in Schulgruppen nicht mit echten Projektteams vergleichen.

            Wenn Unternehmen Schulungen und In-Veranstaltungen machen, gehört dazu meist ein Arbeiten in Gruppen. Unter den Laborbedingungen lassen sich Präsentationsergebnisse nicht auf einzelne Gruppenmitglieder zuordnen. Dafür sind die Teams einfach zu willkürlich zusammengesetzt und die Zeit zu kurz. Zudem ist der Sinn ja gerade, dass die Teams unbeobachtet für eine Stunde oder drei arbeiten können.

            Wenn aber Fachteams über Tage, Wochen oder Monate zusammenarbeiten, sie nach Spezifika von der Projektleitung zusammengesetzt wurden, wäre es absurd und schlechte Führung, nicht zu wissen, auf wen welche Arbeitsleistung entfällt. Zudem hat jeder Mitarbeiter seine eigene Handschrift, die in den Projektverläufen sichtbar wird. Das mit Kindergarten Schule zu vergleichen ist ein untauglicher Maßstab.

            • CitizenK 15. Mai 2023, 19:58

              Sicher, das tue ich auch nicht. Bezog sich auf die Schule und das mit dem Assessment Center war nicht ernst gemeint.
              Die Frage stellt sich ja aber auch im „Kindergarten“ bei der Bewertung von Gruppenarbeiten.

        • Stefan Sasse 15. Mai 2023, 22:08

          Es macht einfach keinen Sinn, Techniken einzuüben, die danach nie wieder relevant sind. Die Prüfungen müssen so gestellt sein, dass die Hilfsmittel kein Bug, sondern Feature sind.

  • Dennis 15. Mai 2023, 14:48

    f)

    Hab gar nichts dagegen, naturalistische Tatbestände nicht so aufzufassen wie Hinz und Kunz. Für mich ist der Mond viereckig. Problematisch kann das nur werden, wenn solche unorthodoxen Auffassungen (persönliche Ideen, die krass von allgemein anerkannten natürlichen Tatbeständen abweichen) rechtliche Folgen haben. Laut law blog soll das ja zukünftig so gehen:

    „Kern der Regelung ist die Möglichkeit, dass jeder künftig sein Geschlecht ändern kann – auch wenn er gar nicht unter einer Störung seiner geschlechtlichen Identität leidet. Eine bloße Eigenerklärung soll reichen. Für Kinder unter 14 Jahren sieht der Gesetzentwurf vor, dass Eltern ihrem Kind quasi nach Belieben ein Geschlecht zuweisen können.“

    So weit, so gut. Aber warum gibt es die „Öffnungsklauseln“ zu den altertümlichen Zuschreibungen? :

    „Einen automatischen Zugang zu „Schutzräumen“, also etwa Toiletten, Umkleiden oder Frauenhäusern, soll der neue Geschlechtseintrag nicht gewähren. Vielmehr soll das allgemeine Hausrecht gelten. Damit wird die Verantwortung also in die Hände des Hausrechtsinhabers gegeben. Dieser muss künftig den schwierigen Spagat zwischen Schutzbedürfnis und Selbstbestimmungsgesetz hinbekommen.
    Für den Sport soll „die Bewertung sportlicher Leistungen unabhängig von dem aktuellen Geschlechtseintrag geregelt werden“ können. “

    Diese Erlaubnisse, von der Rechtslage abzuweichen und sich am herkömmlich Vermuteten festzuhalten, werfen die Frage auf, wie es mit der Beweispflicht in solchen Fällen bestellt ist. Das rechtlich Festgestellte soll in „Spezialfällen“ ja nicht rechtserheblich sein. Da giltet dann wieder die – scheinbare – Natur; was das heißt, müsste dann in einer Runde von Philosophen, Anthropologen, Genetikern, Medizinern und all so was ausbaldowert werde. Normalerweise kommt in solchen Streitfällen das verbindliche Recht zur Hilfe, aber das soll in den „heiklen“ Fällen ja nicht gelten. Entweder ist ’ne Rechtslage ’ne Rechtslage oder ein unverbindliches Dahergerede. Beides geht nicht.

    Es gibt auch zukünftig keinen Grund mehr, so was….

    https://m.faz.net/media0/ppmedia/aktuell/feuilleton/92257183/1.5517122/mmobject-still_full/frauen-brauchen-wir-hier-nicht.jpg

    …als deutlich aus der Zeit gefallen und Realsatire zu beanstanden. Zukünftig ist ja nicht mehr das, was man da naiverweise zu sehen glaubt, maßgeblich. Das Bild sagt rein gar nichts über Geschlechterfragen. Primitive Zuschreibungen, die einem da spontan ins Auge fallen (was sehe ich da eigentlich?), haben zukünftig ja keine Bedeutung mehr.

    Dieser ausgemachte Schwachsinn kann nicht funktionieren. Wenn schon Schwachsinn, erbitte ich Konsequenz: Ich kann mich für tot erklären und bekomme eine Sterbeurkunde. Die lege ich dann u.a. dem Finanzamt anstelle der Steuererklärung vor; oder ggf. beim Strafgericht; oder, oder oder. Falls das jemand absurd findet, bitte ich um eine Erklärung, warum das absurd sein soll. Im Falle der Verweigerung meiner Sterbeurkunde handelt sich um den Fall einer biologistisch angelegten Fremdbestimmung über meine Existenzfragen. Warum muss man sich so was gefallen lassen?

    Ich sach mal so: Die geplante Rechtslage ist dem Anschein nach emanzipatorisch, im Wahrheit reaktionär. Alle Gleichberechtigungs- und Gleichstellungsfragen haben zukünftig keine Bedeutung mehr. Endlich haben altertümliche Parteien einen Dreh, ihr leidiges „Frauenproblem“ elegant zu lösen^.

    Zu Opas Zeiten, also zu meiner Zeit, haben sich The Who des Themas auch schon mal angenommen:

    https://www.youtube.com/watch?v=QRj-NokS2xI

    Was sich der Roger Daltrey von TheWho offenbar nicht überlegt hat, waren rechtsphilosophische Fragen^. Es stellt sich nunmehr z.B. die Frage, ob ne rechtliche Umwandlungsempfehlung die richtige Antwort auf provokantes „unfrauliches“ verhalten ist; und nicht etwa die Auffassungen darüber.

    Man könnte einwenden: Darum geht es ja gar nicht, sondern um die – relativ seltenen – ernsthaften Transmänner/Transfrauen. Wenn das zuträfe, wäre der Gesetzentwurf nicht so läppisch angelegt und es gäbe auch keine „Sonderregeln“ in Form von – im Endeffekt – rechtsfreien Räumen. Ferner auch keine jährliche Wechselbefugnis. Eigentlich eine Verhohnepipelung
    von Transpersonen. Die Frage: Warum nicht halbjährlich? könnte auch noch beantwortet werden; wird aber nicht.

  • Lemmy Caution 15. Mai 2023, 21:14

    k) Ein Mitbürger in Potsdam:
    – eine Legende in einem technisch sehr nachgefragten Bereich der Software-Entwicklung.
    – stammt aus Russland, arbeitet seit lange vor dem Krieg in Berlin für top of the notch Firmen und beziehst ein top 1% Einkommen für seine Arbeit.
    – engagiert sich neben seiner Arbeit extrem in der Hilfe für ukrainische Flüchtlinge.
    – äußert sich auf twitter positiv über @pepel_klaasa, die als Exil-Russin Geld für ukrainische Waffen sammelt.
    – hat noch keinen deutschen Pass, ständige Aufenthaltsgenehmigung, weil noch nicht diese 6 Jahre oder so in Deutschland arbeitet.

    Jetzt kommts:
    Will offenbar eine Bekannten für einen Besuch einladen.
    Ausländer vieler Länder ohne super-voll gedeckte Kreditkarten benötigen für die touristische Einreise in die EU einen Bürgen aus der EU. Kenn das im Zusammenhang mit Besuchen aus Chile.
    Ausländerbehörde sagt: Nein.

  • Ariane 16. Mai 2023, 15:50

    1) Grüner Wahlkampf

    Was Trotteligkeit in Wahlkampfdingen angeht, haben die Grünen irgendwie tatsächlich die Rolle der SPD übernommen (immerhin besser für meine Nerven, weil ich da distanzierter bin)
    Richtig klug wäre es natürlich gewesen, die Sache direkt mit einem Subventionsplan zu verkünden. Aber na gut, linke Parteien (und auf dem Gebiet sind die Grünen komischerweise SEHR links) müssen ja erst 100 Seiten zusammenschustern.
    Aber das Ding dann laufen zu lassen (und die BILD war ja schon quasi bei „morgen müssen sämtliche Heizungen für 300k getauscht werden!“) so laufenzulassen, ist mir komplett unbegreiflich. Da braucht man ja zwingend nicht mal Wahlkampfexperten, ein bisschen nachdenken sollte schon helfen. Finde ich dann schon besorgniserregend, weil das IMO ein Zeichen dafür ist, dass der politische Instinkt fehlt. (und für langfristigen Erfolg braucht man den, halte es auch nicht für Zufall, dass die Ergebnisse bei denen so krass schwanken)
    UND: Jetzt ist dann halt auch schon egal. Das Thema ist durch, jeder hat verstanden, dass er sein kleines Häuschen verliert oder friert, drei Monate später mit nem Plan um die Ecke kommen, interessiert dann nicht mehr.

    3) Männerfeindlichkeit
    Erscheint mir ja nicht sehr progressiv, auch nur die theoretische Wahrscheinlichkeit zu leugnen, dass es männerfeindliche Straftaten gibt/geben könnte.

    Obwohl ich Stefan zustimme, dass es statistisch vermutlich Quatsch ist, die Kategorie „geschlechtsspezifisch“ noch weiter aufzudröseln und es ja auch häufig Thema ist, dass allein die Erfassung linker bzw rechter Straftaten ziemlich schwierig ist.

    4)
    Tatsächlich sehr schöne Entgegnung von katholisch.de.
    Ich weiß ja, warum sie es machen und es wirkt ja auch, aber mich ärgert immer, dass dieser Kulturkampf meistens aggressive Clownerie ist (gerade Aiwanger ist ja Experte darin, jede BILD-Überschrift ist dagegen hochintellektuell)
    Ich gehöre ja zu den Leuten, die sich gerne unbeliebt machen und PolitikerInnen nicht pauschal hassen, sondern darauf hinweisen, dass das ein seriöser und anstrengender Beruf ist. Aber es wäre schon nett, wenn die Genannten das nicht konterkarieren und Politik mit dahingerotzten Shitposts betreiben.

    Die oben zitierte Drag-Queen-Debatte kommt auch aus den USA, genau wie der Cancel-Culture-Unfug, die Political-Correctness-Debatte und so weiter.

    Jep, das Problem hatten wir auf progressiver Seite ja auch schon, da hab ich auch kritisiert, dass es unsinnig ist, eine blackfacing-Debatte zu führen, ohne die komplett unterschiedlichen Hintergründe zwischen den USA und Europa mit zu bedenken.

    Und bei den Drags fand ich es hauptsächlich etwas merkwürdig. Gut, vielleicht ist man im Dunstkreis von Hamburg da eh lockerer, aber die ganze Dragsache ist doch sowas von alt, da müssten die Konservativen eigentlich losziehen und das als gute alte Zeit bewahren wollen, anstatt nen meltdown zu bekommen. Und keine Ahnung, ob oder wie in den USA eine Drag-Debatte geführt wird, aber das wirkt ja häufig schon deswegen komisch, weil in Europa eigentlich die (religiös motivierte) sexuelle Prüderie fehlt.

    Aber vielleicht will man das ja nun auch importieren, in anderem Kontext und vermutlich eher von links kritisiert, gabs neulich so einen Spiegel-Kommentar, weil Heidi Klum und ihre Tochter jetzt gemeinsam Werbung für Unterwäsche machen und der Tenor war irgendwie:Erinnert an archaische Zeiten, Heidi Klum verkauft sich bzw ihren eigenen Körper UND den ihrer Tochter noch dazu

    • Stefan Sasse 16. Mai 2023, 16:15

      1) Genau mein Punkt.

      3) Jepp.

      4) Ja.

    • derwaechter 16. Mai 2023, 20:18

      „Erinnert an archaische Zeiten, Heidi Klum verkauft sich bzw ihren eigenen Körper UND den ihrer Tochter noch dazu“
      Fand die Argumentation von Stevie Schmiedel (Pinkstinks) in dem Fall tatsächlich ganz schlüssig.

      • Ariane 16. Mai 2023, 22:48

        Oh hast du zufällig einen Link? Ich hatte das als Teaser für einen Kommentar bei SpOn gesehen, weiß daher nicht, ob wir vom selben Artikel reden.

        Da gibts bestimmt kritikwürdiges, aber Unterwäschewerbung in die Nähe von Prostitution zu rücken mit dem Schlenker, dass Heidi dabei die Puffmutter ihrer Tochter ist, find ich schon way too much.
        Und ich kenne nur den Teaser und der war halt so clickbaitig aufgemacht, möglich dass der Artikel nicht so krass war, aber das ist dann deren Problem.

  • CitizenK 16. Mai 2023, 16:21

    Warum diese Häme, weil Habeck die Perfidie von BILD nicht im Kalkül hatte?
    Dass bei den Gebäuden etwas geschehen muss, war klar. Norwegen und Dänemark haben diesen Schritt längst getan. Ein Gesetzentwurf ist ein Entwurf und wird in der Demokratie diskutiert und angepasst. Das geschieht.

    • Ariane 16. Mai 2023, 16:38

      Also abgesehen davon, dass es für die Grünen nichts Neues sein sollte, dass die BILD sie nicht mag, ist das ja fast zweitrangig.
      Aber man sollte schon im Blick haben, dass die Leute sich Sorgen machen, wie sie neue Heizungen (bzw einen Heizungs-System-Tausch) bezahlen, die Dinger sind nämlich teuer und gleich mit ankündigen, dass es Subventionen und Fristen usw geben wird. Und damit meine ich kein 100seitiges Programm, sondern ein schnödes „es gibt Geld!“ oder meinetwegen das neoliberale „finanziert sich von selbst!“ Aber man sollte etwaige Bedenken schon mit einkalkulieren und wenn den Grünen nicht mal eingefallen ist, dass die Leute erstmal besorgt in ihren Geldbeutel gucken, ist das schon für sich bedenklich.

      Sonst hat man nämlich das Problem, dass a) aus einem Entwurf kein Gesetz wird und b ) die ganze Debatte kaputt ist.
      Es hilft der guten Sache halt auch wenig, wenn man sich maximal doof dabei anstellt.

    • Stefan Sasse 16. Mai 2023, 17:14

      Es ist Politics 101. Sorry.

      • CitizenK 16. Mai 2023, 21:33

        Gegoogelt und wieder was gelernt, danke.

        • Stefan Sasse 16. Mai 2023, 22:46

          Was meinst du?

          • CitizenK 17. Mai 2023, 06:06

            Politics 101 – Neu für mich.

            • Stefan Sasse 17. Mai 2023, 07:43

              Ah! Ja, diese „101“-Kombination ist recht verbreitet im englischen Sprachraum.

    • derwaechter 16. Mai 2023, 20:28

      Hier in Norwegen übrigens seit ein paar Jahren ein Totalverbot. Der Betrieb von Ölheizungen ist schlicht verboten. Gasheizungen gab und gibt es m.W. kaum oder gar nicht.

      • Dennis 17. Mai 2023, 08:08

        Wie gut, dass die Öl und Gas in alle Welt verkaufen. Wieso wird das eigentlich nicht unterlassen, wenn das Zeug so böse ist? Den Schlüssel zum Tresorraum darf man also gegen Provision aushändigen, Hauptsache, man bedient sich nicht selbst. Von der üppigen Provision kann man sich dann einen vergoldeten Heiligenschein mit Diamanten besetzt leisten.

        • derwaechter 17. Mai 2023, 09:05

          Am besten wir verbrennen Rohöl in offene Tonnen, um zu Heizen.

  • sol1 19. Mai 2023, 22:10

    1) Tobias Schulze hat einiges zur (zu) langsam ansteigenden grünen Lernkurve bei der Fehlerbewältigungsstrategie geschrieben:

    https://taz.de/Krise-der-Gruenen/!5931593/

    Er ist auch bei diesem Podcast dabei:

    https://taz.de/Podcast-Bundestalk/!5935171/

  • sol1 19. Mai 2023, 22:12

    f) Für mich liest sich das wie *concern trolling* einer nicht betroffenen Person. Die bin ich zwar auch nicht, aber ich kritzele auch keinen Blog zu Reizthemen voll, von denen ich nur wenig verstehe.

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