Land der apokalyptischen Pharisäer

Die Deutschen sind verliebt in Weltuntergangsszenarien. Nirgends sonst fallen Prognosen über das Ende der Welt, mindestens jedoch das Aussterben der Menschheit, auf so fruchtbaren Boden wie bei den Experten für gedachte Katastrophen. Wir sterben den Atomtod, unsere Wälder verdorren und wenn das nicht reicht, rafft uns ein Virus wegen Impfverweigerern und Maskenignoranten dahin. Gleichzeitig halten die Deutschen sich für den Nabel der Welt, die anderen die Menschenrechte erklären (Baerbock in China) und Vorbildfunktion für 8 Milliarden Erdenbewohner spielen. Wirksam ist aus Sicht dieses einzigartigen Volkes nur, was weh tut, wir vertrauen dem Verbot und verachten die Eigenverantwortung. Was die Deutschen jedoch noch weniger mögen: Erfolgsrechnungen.

Lesedauer: 4 Minuten

Stefan Sasse eröffnete vergangene Woche die Rezension zu Jonas Schaibles Buch „Demokratie im Feuer“ mit folgenden Worten:

Im Deutschland des Jahres 2050 sind Strom und Wasser immer wieder rationiert. Die Belastung durch Steuern ist hoch, während Leistungen des Staates immer weiter gekürzt werden. Ständig ist das Land von Dürren geplagt; Überschwemmungen und andere Katastrophen sind regelmäßig.

Eine solche Eröffnung macht die uns drohende Klimakatastrophe fühlbar, fürwahr. Wer verspürt da nicht sofort den Impuls, sein Kreuz mit voller Inbrunst bei den Grünen zu machen? Stefan behauptete, dies wäre die Einleitung zu dem Sachbuch gewesen. Tatsächlich liest es sich dort etwas anders. Der SPIEGEL hat dazu einen Auszug online gestellt:

In einer Welt, die noch zwei oder drei oder vier Grad heißer ist als heute, wird vielerorts das Wasser knapp, die Ernte ausfallen, die Luft tödlich feuchtheiß. Wird die Wirtschaft leiden, werden Hunderte Millionen Menschen fliehen müssen, werden technische und soziale Systeme versagen. Werden Erwartungen enttäuscht und Identitäten zerstört. Werden soziale Spannungen ansteigen, werden Frust und Zorn überhandnehmen, werden Kriege und Bürgerkriege wahrscheinlich.

Ganz offensichtlich schreibt Stefans Buddy Schaible hier nicht speziell oder gar besonders von Deutschland, zumal eines als ziemlich unstreitig gilt: Der Klimawandel trifft die Menschen in unterentwickelten Ländern und denen um den Äquator am stärksten. Disclaimer: das sind meist keine Demokratien, deren zivilisierte Staatsform der SPIEGEL-Autor angeblich bewahren will. Schon hier wird offensichtlich: Es wird bei der Klimapolitik manipuliert, was die Wissenschaft (nicht) hergibt.

Tatsächlich fußt Stefans Beschreibung, die er aus Schaibles Buch gegriffen haben will, auf einem Szenario des Repräsentativen Konzentrationspfades RCP 8.5. Es ist eine Worst-Case-Betrachtung, das nach Ansicht von Klimaforschern wegen ihrer unrealistischen Annahmen und Ergebnisse nicht mehr verwandt werden soll. Die US-Regierung ist dem gefolgt. Doch für uns Deutsche ist das Katastrophenszenario zu verführerisch um darauf zu verzichten. Robert Habeck hat im März eine sogenannte Studie veröffentlicht, die auf dem Szenario RCP 8.5 basiert und ernte ein entsprechend wohlwollendes Medienecho. Schaible verwendet es für ein angebliches Sachbuch und Stefan setzt mit einer fälschlichen Inhaltsangabe noch einen drauf. So funktioniert in Deutschland Manipulation im Namen des Klimaschutzes.

Verweilen wir noch einen Moment bei dem aufsteigenden Star des SPIEGEL-Journalismus. Schaible wagt einen ohne Zweifel geprägten Blick in die weitere Zukunft. Ökonomen jedoch wissen: Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Obwohl es meine Profession ist, halte ich mich grundsätzlich zurück, wenn es um Voraussagen über den morgigen Tag hinaus geht. Das Risiko einer Blamage ist ziemlich hoch. Wir kommen ja gerade aus einer Phase, die geprägt war von Prognosen, meist sehr pessimistischer Art.

Corona brauchte uns angeblich den Untergang. Auch in diesem Blog durften Autoren wie Marc Schanz unter Applaus Artikel veröffentlichen, die einen religiösen Glauben in „Modellierungen“ predigten, die sich im Nachgang immer als völlig falsch herausstellten. Dennoch wurden Nicht-Gläubige als Feinde der Menschheit verfemt. Und es ist gerade ein Jahr her, dass die heutigen Klimaapokalyptiker und Leitmedien wie der SPIEGEL den Deutschen eine generelle Impfpflicht gegen Corona aufschwatzen wollten.

Jonas Schaible gehörte dazu. Im Februar des vergangenen Jahres verfasste er ein Essay, in dem er der von der FDP beeinflussten Bundesregierung den drohenden Verlust der Maske als schweren Fehler vorhielt. Seiner Ansicht nach sei die Pandemie nicht vorüber, sondern nur in einer neuen Phase. Das sah schon damals der Großteil der Menschheit anders. Wenig verwunderlich wurde Schaible schon Wochen später von der Wirklichkeit widerlegt. Was halten Sie von Prognostikern, die nicht einmal die Entwicklung der nächsten Monate einigermaßen korrekt voraussagen können?

Wenn Sie das nicht interessiert, sind Sie ein typischer Deutscher. Erfolgskontrolle ist nicht so das Ding meiner Landsleute. Nur in Deutschland konnte ein Corona-Schreier wie Karl Lauterbach zeitweise zum beliebtesten Politiker aufsteigen, der das Publikum mit immer neuen Horrorszenarien der Pandemie („Killervirus“) unterhielt. Zwei Jahre konnten hierzulande die Maßnahmen nicht drastisch genug sein, Exkommunikation vom öffentlichen Leben inklusive. Noch im Sommer 2022 wollte ein Großteil schärfere Eingriffe des Staates zur Bekämpfung der eingebildeten Virengefahr.

Genauso gebärden sich die Deutschen in anderen Bereichen und die Grünen sind die deutscheste aller Parteien. Narzisstisch, nationalistisch, obrigkeitshörig, verbotsverliebt mit der nötigen Blockwartmentalität. Wer auch immer auf das geringe Gewicht Deutschlands in der Weltpolitik, bei CO2-Emissionen und in der Wirtschaft verweist, erhält den Totschläger übergezogen, ohne unsere Vorbildfunktion gäbe es keine Chance auf Wandel.

Symptomatisch steht hierfür der Kampf vieler für den Ausstieg aus der Kernkraft. Wir Deutschen wissen, wie gefährlich diese Technologie ist, wir haben das nötige Bewusstsein, nachfolgenden Generationen nicht einen Jahrtausende strahlenden Müll zu hinterlassen. Die Nutzung der Atomenergie ist verantwortungslos und alle anderen Länder irren, die heute weitere Meiler bauen und an neuen Formen der Kernspaltung wie „Small Modular Reactors“ oder „Flüssigsalzreaktoren“ forschen und experimentieren.

Jedes Vorbild geht mit einem gerüttelten Maß an Heuchelei einher, wie Anhänger des Christentums wissen. Berühmt ist ja Jesu Schmähung der Pharisäer in den jüdischen Tempeln. In keinem anderen Land ist eine links-ökosozialistische Partei wie die Grünen so stark wie in Deutschland. Die meisten Demokratien außerhalb des deutschsprachigen Raums verzichten gar vollständig auf eine solche Partei. Zwischen Flensburg und Füssen dagegen genießen die Grünen den Ruf als Wahrer des Klimaschutzes. Der Großteil der Wähler attestiert der Partei, als einzige wirklich für die Umwelt einzutreten.

Woher kommt dieses Image? Werfen wir einen Blick auf die Pandemie. Über zwei Jahre befürworteten in Umfragen 80 Prozent der Bevölkerung harte und härtere Maßnahmen. Eine so hohe Zustimmung zur auf Einschränkungen und Verbote angelegte Regierungspolitik gab es sonst nirgends. Die gesamte Coronapolitik bestand aus nichts anderem als Verboten, Vorschriften, oktroyierten Pflichten, Lockdown-Maßnahmen sowie deren polizeilicher Kontrolle. Bürger, die sich dem nicht beugen wollten, wurden an einen öffentlichen Pranger gestellt und lächerlich gemacht. Ein Politiker wie Wolfgang Kubicki, der in privater Atmosphäre Eigenverantwortung übte, wurde skandalisiert.

Unter realen Bedingungen zeigen die Deutschen: sie vertrauen allein Verboten und Vorschriften des Staates, der die Einhaltung konsequent zu verfolgen und zu ahnden habe. Internationale Wissenschaftler bestreiten, dass Deutschland damit besonders gut durch die Pandemie gekommen wäre. Doch das hat die mehrheitlich nationalistisch eingestellten Deutschen noch nie interessiert. Und auch beim Klimaschutz geht das Land eigene Wege. Beispielhaft steht dafür die Parzellierung der Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen in sektorale Ziele. Dabei wurden noch unter der letzten Merkel-Regierung im Bundes-Klimaschutzgesetz verpflichtende Vorgaben für willkürlich geformte Bereiche des Wirtschaftsgeschehens gemacht.

Kein anderer Unterzeichnerstaat hat sich für so ein planwirtschaftliches Vorgehen entschieden. Der Expertenrat für Klimafragen, der laut Gesetz als eine Art unabhängiger Notar die Einhaltung der Sektorziele überprüfen soll, kritisiert genau diese enge Betrachtung. Für die Mehrheit der Deutschen im Allgemeinen und für die Grünen im Speziellen bedeutet jedoch die Aufweichung der sektoralen Vorgaben einen gravierenden Rückschritt beim Klimaschutz.

Umweltökonomen weisen seit langem darauf hin, dass die Vermeidungskosten von Kohlendioxid in den Bereichen sehr unterschiedlich ausfallen. Laut (älteren) Studien der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) belaufen sie sich für Windkraftanlagen auf 124 Euro, bei der Photovoltaik dagegen auf 846 Euro pro Tonne. Im Bereich Verkehr werden die Kosten auf deutlich sechsstellige Beträge geschätzt. Es ist offensichtlich, dass der Verkehrssektor auf absehbare Zeit die politisch vorgegebenen Ziele nicht wird einhalten können.

Von 2020 bis 2030 soll der Verkehrssektor seine Emissionen von 150 Millionen Tonnen auf 80 Millionen Tonnen nahezu halbieren. Das ist mit dem Ausbau der E-Mobilität bei weitem nicht zu schaffen, dessen Effekt durch das Verkehrsvolumen ohnehin konterkariert wird. Ein Tempolimit von 120 km/h erbringt laut einer Studie des Bundesumweltamtes ein Einsparvolumen von 2,6 Millionen Tonnen, ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wer unter diesen Bedingungen die Ziele ernst nimmt, kommt um schmerzhafte Fahrverbote im ganzen Land nicht herum.

An der Zahl für ein Tempolimit lässt sich festmachen, wie ideologisch und an Ergebnissen desinteressiert Debatten in Deutschland geführt werden. Am Wochenende feierten sich tausende eingefleischte Kernkraftgegner für die Abschaltung der letzten Atommeiler in Deutschland. Es sind die gleichen Menschen, die einem konsequenten Klimaschutz das Wort reden. Doch der Atomausstieg ist für das Klima teuer erkauft. Zur Kompensation der atomar erzeugten Energiemengen musste der „Klimaschutzminister“ Robert Habeck (Grüne) mehrere Braunkohleanlagen ans Netz nehmen. Nach Berechnungen führt der Atomausstieg zu Mehremissionen von 15 Millionen Tonnen, angesichts des langsamen Ausbaus der Erneuerbaren gehen manche sogar von 25 Millionen Tonnen aus.

Es lohnt sich, diese Zahlen nochmal zu zitieren. Die Grünen fordern vom Bundesverkehrsminister, mit einem allgemeinen Tempolimit weitere 2,6 Millionen Tonnen Einsparung zu erbringen, während der von ihnen gestellte Klimaschutzminister aus ideologischen Gründen die zehnfache Menge zusätzlich verfeuert.

Über nichts können die Deutschen so streiten, wie der Frage, ob die Bürger überhaupt Eigenverantwortung wahrnehmen können. Am liebsten gerieren sie sich selbst als strenge Kontrolleure und die Ampel-Regierung in Person der Familienministerin leistet dem Denunziantentum fleißig Vorschub. Auch wer nicht gegen Gesetze verstößt, darf laut Frau Paus wegen ungebührlichen Verhaltens angeschwärzt werden.

Ob eher marktwirtschaftliche Instrumente oder klare Ansagen wie Verbote mehr Klimaschutz bringen, ist nicht einmal eine offene Frage. Die Mit-Autorin Ariane erklärte es, stellvertretend für die schweigende Mehrheit, zu einer Glaubensfrage. Sie glaube nicht, dass der Zertifikatehandel wesentliche Einsparungen erbringen könne. Wir führen in Deutschland wirtschaftliche Debatten, als wären wir gerade auf die Welt gekommen.

Die Wirtschaftswissenschaften untersuchen seit Jahrzehnten, welche Instrumente welche Wirkung und Nutzen auf ein gegebenes Ziel haben. Während für uns Deutsche der Handel mit Emissionsrechten in den Nullerjahren eine neue Erfahrung war, wurde dieses Umweltinstrument bereits 1990 in den USA in der Praxis erprobt. Die Ergebnisse sind bestechend. Während die durch Verbote, Regulierungen und Subventionen gesteuerte Bereiche ihre Emissionsziele in schöner Regelmäßigkeit reißen, erfüllt die dem EU ETS unterworfene Energiewirtschaft, der größte Sektor, seine Vorgaben.

Und das zu verhältnismäßig niedrigen Kosten. Während Grüne, Umwelttheoretiker und Aktivisten einen angemessenen CO2-Preis bei über 180 Euro taxieren, wird das Zertifikat für die Vermeidung von CO2 an den Börsen mit etwas über 90 Euro gehandelt. Dem Klima ist es egal, wo ein schädliches Gas nicht ausgestoßen wird. Den Deutschen ist es nicht egal. Ob wir langsamer Autofahren oder mit Atomkraft unsere Energie erzeugen, ist keine Frage des Klimaschutzes, sondern unserer ideologischen Einstellungen.

Mit diesen haben wir alles für nicht akzeptabel erklärt, was dem Klima wirklich hilft und die Menschen nicht übermäßig belastet. Beides bedingt sich übrigens. Klimaschutzaktivisten haben es mit ihren geformten CO2-Budgets immerhin bis zum höchstrichterlichen Siegel des Bundesverfassungsgerichts gebracht. Danach steht jedem Land nur ein Rest-Budget von Emissionen zu, um die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen. Bei seriöser Rechnung ist das deutsche Budget in acht bis zehn Jahren spätestens aufgebraucht. Es ist damit völlig illusorisch, dass das Klimaziel allein mit Einsparungen erreicht werden kann. Auch 2032 wird Deutschland CO2 emittieren – oder das moderne Leben einstellen. Es wird keine Alternative bleiben als irgendwie das schädliche Gas wieder aus der Atmosphäre zu holen. Doch den Weg dahin hat sich das Land mit seinem de facto-Verbot von Carbon Dioxide Capture and Storage (CCS) verbaut.

Ulrike Herrmann, langjährige Wirtschaftsredakteurin der links-grünen taz, hat es in ihrem Bestseller „Das Ende des Kapitalismus“ in angenehmer Klarheit ausgeführt: Eine entwickelte Wirtschaftsnation wie Deutschland wird seinen Energiebedarf nicht allein aus Erneuerbaren bestreiten können. Wir werden auf den Lebensstandard der Siebzigerjahre zurückgehen müssen, Flüge und vieles andere werden wieder Luxusgüter werden um klimaneutral zu wirtschaften.

Jetzt braucht es dafür nur noch die politischen Mehrheiten. Den Deutschen ist ja viel Borniertheit zuzutrauen. Ob sie auch bereit sind, für ein imaginäres Ziel einer emissionsfreien Welt mit Deutschland im Führerhaus auf die Annehmlichkeiten der Moderne zu verzichten, wird spannend. Ich bleibe skeptisch. Pharisäer sind immer auch Maulhelden gewesen.

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  • CitizenK 16. April 2023, 20:19

    „Verbot …. CCS“

    Wäre es nicht wirtschaftlicher, das CO2 erst gar nicht in die Luft zu blasen, als es umständlich und teuer im Boden zu verstauen? Heidelberg Materials (vormals Heidelcement) arbeitet daran, das Zeug wiederzuverwenden. Wenn das bei Zement funktioniert, warum dann nicht bei fossilen Kraftwerken?
    Teuer, klar. Aber das wird Klimaschutz in jedem Fall, auch durch dem Zertifikatelhandel.

    • Stefan Pietsch 16. April 2023, 23:51

      Sicher, irgendwann. Der typische Zyklus wirtschaftlicher Entwicklung läuft so ab:

      Phase 1: Wachstum erfolgt durch Nutzung der natürlichen Ressourcen. Umweltverschmutzung ist die Folge.
      Phase 2: Wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Druck erhöhen die Kosten der Umweltnutzung, die Verschmutzung wird end-of-pipe abgeschnitten.
      Phase 3: Produktionsprozess wird immer weiter verschlankt, Ausschuss vermindert, ebenso die Verschmutzung.

      Phase 2 zu überspringen, funktioniert oft schon deswegen nicht, weil zu Beginn die finale Lösung zu teuer oder noch gar nicht gefunden ist.

      Anders als eine Umweltsteuer hat der Zertifikatehandel nicht das Ziel, Umweltnutzung besonders teuer zu machen. Das Ziel ist einzig, die Schädigung nur in Höhe des politisch Vereinbarten zu erlauben. Ob das mit niedrigen oder sehr hohen Preisen gelingt, entscheidet alleine der Markt. Wir müssen uns entscheiden, was ist wichtiger: dass Emissionen teuer sind oder dass sie effizient vermieden werden? Die Deutschen entscheiden sich in Mehrheit für das erstere (so lange es sie nicht trifft).

  • Hanni Hartmann 16. April 2023, 20:33

    Man kann das auf eine ganz kurze Formel reduzieren und komprimieren: “ In Amerika ist Alles erstmal erlaubt was nicht verboten ist. In Deutschland dagegen ist Alles erstmal verboten was nicht erlaubt ist“

  • Thorsten Haupts 17. April 2023, 00:15

    Ob sie auch bereit sind, für ein imaginäres Ziel einer emissionsfreien Welt mit Deutschland im Führerhaus auf die Annehmlichkeiten der Moderne zu verzichten, wird spannend. Ich bleibe skeptisch. Pharisäer sind immer auch Maulhelden gewesen.

    Streichen Sie die Skepsis, bitte 🙂 . Nein, Menschen sind nicht bereit (und werden das nie sein), auf die Annehmlichkeiten der Moderne zu verzichten. Der Umbau gelingt entweder mit weitgehendem Erhalt dieser Annehmlichkeiten oder er fällt halt ins Wasser.

    Sonst grundsätzliche Zustimmung – und die periodischen Panikanfälle der deutschen Öffentlichkeit (denen die Bevölkerung mit Verzögerung folgt, sie treibt diese mitnichten an) gehen mir schon seit den achtzigern gewaltig auf den Keks. Niemand hat schwächere Nerven als Banker und Journalisten.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 17. April 2023, 08:38

      Oder aber die Annehmlichkeiten der Moderne fallen Sachzwängen zum Opfer. Aber ja, freiwillig sehe ich da auch nix gehen. Der große Irrweg vieler Linker und Progressiver, in meinen Augen.

      • Stefan Pietsch 17. April 2023, 09:57

        Es gibt keine Sachzwänge, die die Annehmlichkeiten der Moderne beschränken. Nicht dauerhaft, das geht nur mit diktatorischen Mitteln. Deswegen schauten Klimaaktivisten ja auch so fasziniert auf die ermöglichten Einschränkungen während der Pandemie.

        • Stefan Sasse 17. April 2023, 13:06

          Klar, über den Preis. Wenn der massiv steigt, werden viele bisherige Annehmlichkeiten schlicht unbezahlbar. Aber klar, lass mal wieder einen Vorurteilen freien Lauf.

          • Stefan Pietsch 17. April 2023, 14:07

            Du bist der, der vorurteilsbeladen ist. Wieso sollte der Preis massiv steigen? Im Gegensatz zu Dir weiß ich es schlicht nicht. Du weißt es, weil Dein Denken nicht die Dynamik des Wirtschaftsgeschehens aufnehmen kann. Ich weiß es vor Ehrfurcht vor dieser Dynamik nicht.

            Wir haben mit dem Acid Rain Program der USA langjährige Erfahrungen über die Wirkungen des Zertifikatehandels. Dieses wurde 1990 gestartet, seit 1993 haben wir Marktdaten. Für 1995 wurden 145.010 Rechte auktioniert. Im Schnitt wurde ein Auktionspreis von $156 erzielt. 2003 wurden 125.000 Rechte versteigert, zu einem Durchschnittspreis von $171,81. Der Preis war zwar im absoluten Wert gestiegen, in relativen Preisen jedoch deutlich gefallen, obwohl die Handelsmenge spürbar abgenommen hatte. 2022 wurden wieder 125.000 Rechte auktioniert, der Preis liegt aber nur noch bei $0,04.

            Offensichtlich kann Schwefeldioxid inzwischen in der Stromerzeugung so gut und günstig kompensiert werden, dass der Einsatz von SO2 kaum noch notwendig ist. Entsprechend kauft niemand mehr die Erlaubnisrechte. Ziel für die Umwelt erreicht.

            Wenn es bei SO2 so gelaufen ist, wieso sollte es bei CO2 nicht möglich sein? Für mich bedeutet das nur den Austausch eines Buchstabens.

            • Stefan Sasse 17. April 2023, 18:16

              Ich sage doch gar nicht, dass er das zwingend tut. Vielleicht wird alles gut. Vielleicht auch nicht. Aber wenn nicht, dann wird es keine Verbote von Kreuzfahrten brauchen. Das ist mein Punkt.

          • CitizenK 17. April 2023, 14:08

            „Regelt“ dann der Markt.Wie jetzt auch. Eine ganze Reihe von „Annehmlichkeiten“ sind schon jetzt (auch für mich) unbezahlbar. Werden dann halt mehr. Für andere noch mehr.

            • Stefan Sasse 17. April 2023, 18:16

              Exakt.

              • Hanni Hartmann 17. April 2023, 19:24

                Lasst den Markt regeln. Kann durchaus sein das das dann fuer Einige unbezahlbar wird. Aergerlich. Aber die Alternative; das eben eine Administration „regelt“ ist mehrfach Schlechter und Schlimmer und letztlich noch Teurer

  • Kning4711 17. April 2023, 09:52

    Ich empfinde es als Problem, das das Thema Umweltpolitik von den anderen Parteien so bereitwillig den Grünen überlassen wird. Es fehlen profilierte Köpfe in anderen Parteien, die das Thema vorantreiben und eben nicht dem Vorwurf ausgesetzt sind Lobbysiten der Fossilindustrie im Schafspelz zu sein. Eine vernunftgeleitete Stimme der Umweltpolitik (wie z.B. durch die Umweltminister Klaus Töpfer , Angela Merkel oder Norbert Röttgen) fehlt schmerzlich in der Debatte.

    Grundsätzlich wäre in meinen Augen das Thema Klimaschutz aus der Tagespolitik herauszulösen und parteiübergreifend anzugehen. Hier könnte das in Großbritannien praktizierte Modell des Committee on Climate Change eine gute Folie sein, an der sich Deutschland orientieren könnte.

    Die Maßnahmen die Großbritannien auf den Weg gebracht hat sind in Sachen Klimaschutz deutlich ambitionierter, was wir hier in Deutschland als ambitioniert halten:

    Ein Verbot für Neuzulassungen von Diesel- und Benzin-Fahrzeugen bis 2030.
    Die Windkraft soll massiv ausgebaut werden – auf eine Kapazität von 40 Gigawatt.
    Die Produktion von Wasserstoff soll massiv hochgefahren werden – auf eine Kapazität von fünf Gigawatt.
    Großbritannien soll weltweiter Technologieführer beim Speichern von CO2 aus der Atmosphäre werden: Bis 2030 sollen mit der sogenannten CCS-Technologie insgesamt 10 Megatonnen Treibhausgas gespeichert werden.
    Großes Subventionsprogramm für Wärmepumpen / Umbau der Gebäudeenergieversorgung
    Auch Atomkraft soll ein Teil der britischen „grünen Revolution“ sein – Erforschung besserer und kleinerer Reaktoren

    • Stefan Pietsch 17. April 2023, 11:50

      Beschäftigt man sich detaillierter mit den Parteien, dann gilt dieses Verdikt nicht. Ich sehe das Problem darin, dass wir politisches Interesse mit Aktionismus, ad hoc-Maßnahmen, Regulierungen und vor allem Verboten übersetzen. Die Grünen sind als aktionistische, revolutionistische Partei gegründet worden. Die anderen Parteien sind es nicht. Wir glauben, wirksamer Klimaschutz zeige sich durch die Vielzahl der Maßnahmen. Wo sehen wir das sonst so? Viele Köche verderben den Brei, was ich immer wieder sehe, wenn viele Köpfe versuchen, ein Projekt zu steuern. Kurze Formel: je mehr, desto schlechter.

      Auf der anderen Seite können sich Politiker mit ihrer Allmachtsphantasie und Aktivisten nicht damit anfreunden, dass Deutschland in größere Institutionen eingebunden ist, nur Follower ist und allein gar nichts bewirken kann. Diese Ohnmacht war erstmals 2009 auf dem Klimagipfel in Kopenhagen zu greifen, als die Großen USA und China final über ein Folgeabkommen zu Kyoto verhandelten. Das ist die Realität.

      Alleingänge sorgen nur für einseitige Wohlstandsverluste. Was soll das bringen?

    • Erwin Gabriel 19. April 2023, 22:50

      @ Kning4711 17. April 2023, 09:52

      Eine vernunftgeleitete Stimme der Umweltpolitik (wie z.B. durch die … Angela Merkel…) fehlt schmerzlich in der Debatte.

      Entschuldige meine drastische Wortwahl, aber ich kotze gerade regelrecht ab. Mag ja sein, dass „Merkels Stimme vernunftgekeitet“ war; ihr Handeln (und das der von ihr beauftragten Minister, allen voran der unsägliche Peter Altmaeier) war weit entfernt davon. Wenn irgendetwas in der Debatte NICHT fehlt, sind es rührselige Lippenbekenntnisse á la „Wir schaffen das“, während man eifrig bestrebt ist, es nicht zu schaffen.

      • Stefan Sasse 20. April 2023, 07:43

        Ja, Angela Merkel würde ich jetzt auch nicht eben als Vorbild nehmen wollen. Weiß, was das Problem ist, und macht nichts. „Ich als Physikerin…“

  • cimourdain 17. April 2023, 09:53

    Eine grundlegende Überlegung: Der Grundfehler ist doch, dass die Berichterstattung nicht nüchtern, sondern immer mit „Moral“ stattfindet – sei es alarmistisch oder verharmlosend. Paradoxerweise ist es bei Geldthemen, obwohl diese umstritten sind, nicht so. Wäre es nicht besser, CO2-Kosten genau so behandeln wie Geldkosten, und sie bei Berichterstattung als „Preis“ zu sehen.
    Ein Beispiel: Angenommen die Regierung würde beschließen, jeden Schüler mit einem Laptop auszustatten. Dann wäre es selbstverständlich, dass in der Berichterstattung darüber auch die voraussichtlichen Geldkosten dieses Vorhabens vorrechnet. Genauso könnte dabei dann auch erwähnt werden, wieviel CO2 bei der Herstellung und Bereitstellung der Geräte freigesetzt wird, weil auch das eben ganz ’normale‘ Kosten sind.

    • Stefan Pietsch 17. April 2023, 11:41

      Für die meisten ist t CO2 keine Recheneinheit. Sie ist kein Begriff. Die wenigsten wissen, dass die globalen Emissionen 37 Mrd. Tonnen betragen und auf Deutschland weniger als 0,7 Mrd. Tonnen. Und es wäre auch nicht vorteilhaft. Das Problem ist nicht das Gramm CO2, das emittiert wird, sondern das Gesamtverhalten, die veralteten Technologien. Das aber kann der einzelne nicht beeinflussen.

      • Stefan Sasse 17. April 2023, 13:11

        Den könnte man ja aber schaffen.

      • Stefan Pietsch 17. April 2023, 13:54

        Natürlich kannst Du eine künstliche Recheneinheit schaffen, nur erfüllt sie aus technischen Gründen keinen weiteren Zweck. In den Siebzigerjahren wurde für die Beschreibung der Kraftübertragung / Motorenstärke bei PKWs die Einheit kW eingeführt. Bis heute bleibt jedoch die Bezeichnung in Pferdestärken die gebräuchliche Einheit, die jeder Hersteller mitliefern muss, damit seine Kunden die Leistungsfähigkeit des Produkts verstehen.

        • Stefan Sasse 17. April 2023, 14:04

          Das ist doch ein super Beispiel. Aktuell gibt es ja gar keine solche Einheit. Muss man eben was schaffen, das äquivalent ist. Ganz plakativ ausgedrückt: Schlote. Wir drücken CO2-Kosten in Ausstoß aus einem Industrieschlot aus. Wie viel ist das? Kack egal, wie viel Stärke hat schon ein Pferd? Das muss ja nur einmal festgelegt werden. Plakativ ist das auch.

          • Sebastian 17. April 2023, 14:59
          • cimourdain 17. April 2023, 20:08

            Warum nicht in Tankfüllungen rechnen? Darunter können sich doch die meisten etwas vorstellen. Ganz Grob: Eine Tonne CO2 entspricht 400 Liter Benzin, das verbraucht wurde.

            • Stefan Sasse 18. April 2023, 11:16

              Auch eine Möglichkeit. Gibt Optionen.

            • Stefan Pietsch 18. April 2023, 12:22

              Ganz allgemein gefragt: Warum sollten die Menschen in CO2-Einheiten rechnen? Was soll daraus folgen?

              • cimourdain 19. April 2023, 08:27

                Es geht darum, dass für policies die gleiche Kosten-Nutzen Betrachtung bei Klimagasen in quantifizierbaren Größen stattfindet wie es bei Geld-Einheiten schon gang und gäbe ist. Viele entsprechende Begrifflichkeiten lassen sich eins zu eins übersetzen: Budget, Investition, Gesamtkosten…

                • Stefan Pietsch 19. April 2023, 10:36

                  Eine Kosten-/Nutzen-Betrachtung bekommen Sie nur, wenn die Beteiligten einen Begriff von den Parametern haben. Das halte ich bei dem Thema für ausgeschlossen. Es hat ja seinen Grund, warum viele mit der emotionalen Aufladung arbeiten. „Die letzte Generation“ trägt das sogar im Namen, „Fridays for Future“ allerdings auch. Außer Experten kennt auch nach Jahren niemand das Budget. Es interessieren auch nicht die Gesamtkosten, sondern nur der Effekt auf das eigene Portemonnaie, z.B. beim Einbau einer (zwingend vorgeschriebenen) Kraft-Wärme-Pumpe.

        • cimourdain 18. April 2023, 11:27

          Rant: Wer PS verwendet , sollte auch furlongs per fortnight als Geschwindigkeitsmaß akzeptieren. Wofür gibt es ein systematisch aufgebautes physikalisches Einheitensystem, wenn man auch die Armlänge des Königs oder die Leistung, die ein Minenbesitzer aus einem Gaul herausschinden konnte, nehmen kann.

          • Thorsten Haupts 18. April 2023, 12:11

            Gewohnheit, Übung und Peers, geehrter cimourdain, sind weit, weit stärker als systematische Logik 🙂 . Beschwerde an unseren Schöpfer (falls Sie an einen glauben).

          • Stefan Pietsch 18. April 2023, 12:20

            Die meisten verwenden PS. Das ist eine Tatsache. Empfehlungen kann man natürlich immer geben, aber wir suchen ja nach einem gesellschaftlich akzeptierten und verwendeten Maß.

    • Stefan Sasse 17. April 2023, 13:06

      Ich finde den Moralismus-Vorwurf überstrapaziert, aber grundsätzlich ist deine Richtung interessant.

  • Tim 17. April 2023, 15:06

    @ Stefan Pietsch

    Während Grüne, Umwelttheoretiker und Aktivisten einen angemessenen CO2-Preis bei über 180 Euro taxieren, wird das Zertifikat für die Vermeidung von CO2 an den Börsen mit etwas über 90 Euro gehandelt

    Wobei dieser Preis nicht der reale Marktpreis ist. Inzwischen haben wir überall in EU-Europa mehr oder weniger ineffiziente Subventionsapparate, die mit viel Geld die Produktion erneuerbarer Energien fördern und indirekt also den Preis für CO2-Emissionen senken. Letztlich subventionieren europäische Steuerzahler CO2-Emissionsrechte, man muss es so paradox formulieren. In einem sauberen Cap&Trade-System könnte man dem CO2-Preis Glauben schenken, in der real existierenden EU-Welt leider nicht.

    Es ist schwierig abzuschätzen, wie hoch der tatsächliche CO2-Preis in EU-Europa ist. Einige hundert Euro werden es wohl sein.

    • Stefan Pietsch 17. April 2023, 15:54

      Prinzipiell ist das nicht falsch, was Sie schreiben. Oder sagen wir, es ist möglich. Subventionen haben den Haken, dass sie große Streuverluste haben. Und es ist auch nicht davon auszugehen, dass der heutige Marktpreis in einer Höhe beeinflusst ist wie Sie es skizzieren.

      Darüber hinaus: Ich bin grundsätzlich gegen Subventionen.

  • sol1 18. April 2023, 11:41

    „Ein Politiker wie Wolfgang Kubicki, der in privater Atmosphäre Eigenverantwortung übte, wurde skandalisiert.“

    Mathias Döpfner, bist du es?

    • Stefan Sasse 18. April 2023, 19:48

      Diebe üben auch in privater Atmosphäre ihren Hang zum minimalistischen Innendekor aus.

  • Kning4711 18. April 2023, 15:05

    Zum Thema Dürren, das Thema ist doch schon längst da (siehe Frankreich);
    https://t.co/YgiBMIcA89

  • Detlef Schulze 19. April 2023, 09:47

    Mal von den albernen Fundamentalkritiken an der Regierung, der Bevoelkerung und den Gruenen abgesehen, ist das Kernargument des Textes natuerlich richtig: Man muss Geld dort investieren, wo man die hoechsten CO2 -Einsparungen pro Euro bekommt. Und, so die Behauptung von Herrn Pietsch, das optimiert der Markt besser als eine Expertenkommision oder Regierung.

    Darueber kann man jetzt diskutieren und wahrscheinlich haengt das sehr vom Sektor ab. Fuer die Herstellung von Konsumprodukten mag das stimmen, aber bei sehr grossen Investitionen gibt es ja gar keinen Markt. Die Verkehrsinfrastruktur zum Beispiel ist ja staatlich. Wie soll entschieden werden, ob ein Euro besser ins Schienennetz oder in die Kernfusionsforschung gesteckt wird? Es scheint ja auch, dass weltweit neue Kernkraftwerke nur mit Hilfe von Staatseigenen Konzernen gebaut und betreiben werden. Investition in den Bau neuer Kraftwerke wuerden also bei einer Marktkonformen Abwaegung gar nicht getroffen werden, selbst wenn sich das auf langer Sicht rentieren wuerde (finanziell ueber den CO2-Preis). Man weiss es ja vorher nicht genau und das Risiko ist sehr hoch.

    Hinzu kommt, dass die Politik natuerlich noch andere Parameter hat, die ebenfalls optimiert werden muessen. Was nuetzt es, wenn man die finanziell beste Option zur CO2-Einsparung hat, die dann aber bei einigen Menschen zur Armut und zu Instabilitaeten in der Gesellschaft fuehrt.

    • Stefan Pietsch 19. April 2023, 10:32

      Kritik an der Regierung? Mein kontinuierlicher Ansatz ist doch ein anderer. Auf Dauer bewegt sich Regierungspolitik an den langen Linien und Einstellungen der Bevölkerung. So muss das in einer Demokratie sein.

      „Der Markt“ ist nicht nett. Er ist auch nicht „sozial gerecht“. Er ist nicht ausgleichend. Das einzige Ziel von Markt ist, ein gegebenes Ziel mit einem Minimum an Mitteln zu erreichen. Das Ziel ist klar und nur der Markt ist in der Lage, dies erfolgreich umzusetzen ohne dass wir uns als Gesellschaft ruinieren.

      Das als Ziel und Weg akzeptiert die Mehrheit nicht. Die Konsequenz ist, wir versuchen ein gegebenes Ziel möglichst teuer und möglichst umständlich zu erreichen. Wir schließen Stück für Stück jede Maßnahme aus, die erleichternd wirken könnte. Wir fokussieren uns auf Bereiche, wo es möglichst teuer ist, überhaupt Einsparungen zu erzielen. Wir wollen die Bevölkerungen zu erheblichen Einschränkungen vergattern. Wir ignorieren selbst die Erleichterungen, die das Klimaschutzabkommen selbst bietet.

      Warum tun wir das? Mentalität. Für die Mehrheit der Deutschen und die Grünen im Besonderen ist der Weg das Ziel. Wie sonst könnte eine Partei feiern, dass auf eine CO2-freie Technologie verzichtet wird und möglichst viele Emissionen in die Luft geblasen werden? Das ist schizophren.

      Es gibt (fast) immer einen Markt. Kein Markt bedeutet, es gibt kein Angebot und / oder keine Nachfrage. Das trifft aber auf die von Ihnen gewählte Beispiele nicht zu.

      Der Markt ist für die Effizienz zuständig. Der Staat für den sozialen Ausgleich. Leider meint inzwischen der Staat, für alles zuständig zu sein, deswegen ist der so übergriffig. Nur sind die Ergebnisse des Staates hundsmiserabel.

      • Detlef Schulze 21. April 2023, 09:33

        Es gibt (fast) immer einen Markt. Kein Markt bedeutet, es gibt kein Angebot und / oder keine Nachfrage. Das trifft aber auf die von Ihnen gewählte Beispiele nicht zu.

        Aber nicht jeder Markt funktioniert im dem Sinne, dass sich das beste (effizienteste) Produkt durchsetzt. Und wie gesagt, unzaehlige Marktprodukte gibt es nur, weil staatliche Planer entschieden haben ein „Produkt“, bzw. die Infrastuktur fuer ein Produkt zu entwickeln. Atomenergie gibt es nur weil der Staat das so wollte. Einen Markt fuer Raketen gibt es nur, weil Staaten das so entschieden haben. Und ob in einem Land das Auto oder die Bahn Verkehrsmittel der Wahl sind ist auch eine reine Entscheidung des Staates. Denn er baut ja die Strassen und enteignet Landflaeche fuer den Bau von Autobahnen und Schienen.

        Der Markt ist für die Effizienz zuständig. Der Staat für den sozialen Ausgleich. Leider meint inzwischen der Staat, für alles zuständig zu sein, deswegen ist der so übergriffig. Nur sind die Ergebnisse des Staates hundsmiserabel.

        Ein freier, unregulierter Markt ist haeufig recht ineffizient. Die Gesundheitsversorgung in den USA ist eher Markt-orientiert und ist wahrscheinlich die teuerste weltweit und fuehrt nicht zu einer besseren medizinischen Versorgung der Gesellschaft, ganz im Gegenteil. Die Wirtschaftskraft in vielen Laendern Afrikas leidet daran, dass der Staat zu wenig reguliert. Ja selbst Staatsaufgaben werden auf dem Markt an den Hoechstbietenden verkauft.

        Und was die Uebergriffigkeit des Staates angeht, so gibt es es in Europa und in Teilen Asiens schon seit Jahrhunderten eine staatliche Buerokratie, die das Leben der Menschen bis ins kleinste geregelt hat. Sie konnten in Deutschland auch vor 150 Jahren nicht einfach Baeume faellen oder Tiere erlegen, sondern brauchte entsprechende Genehmigungen vom Forstamt. Das ist ueberhaupt kein neues Phaenomen.

        • Stefan Pietsch 21. April 2023, 10:58

          Die Aufgabe einer Marktwirtschaft ist, Kunden zu günstigen Preisen mit Produkten zu versorgen. Das erfüllt der Markt perfekt, was die Deutschen bei den Systemübergängen feststellen konnten. 1948 und 1990 gab es wenig Regulierung und trotzdem waren die Läden praktisch über Nacht voll.

          Was verstehen Sie unter „Regulierung“? Auch Neoliberale können sich sehr leicht darauf einigen, dass der Staat regulierend eingreifen muss um Marktkonzentrationen zu verhindern. Sie führen darüber hinaus den amerikanischen Gesundheitsmarkt an. Dem ist das deutsche System gegenzuhalten, das das drittteuerste der Welt ist und durch massiven Staatseinfluss glänzt. Es scheint andere Gründe für die Kostenintensität zu geben.

          Unstrittig mit Neoliberalen ist auch, dass es in manchen Bereichen die Schaffung einer Infrastruktur bedarf, um Markt zu ermöglichen. Das gilt sicher für die Atomkraft (wie für die Energieerzeugung in Gänze). Das gilt so allerdings nicht für die generelle Mobilität. Lange vor jeder staatlichen Regulierung konnten die Menschen Pferde und Kutschen nutzen.

          Viele Güter sind in der Verfügungsmacht des Staates. Kein Unternehmen kann einfach Kabel und Rohre verlegen, von Straßen ganz zu schweigen, weil öffentliches Eigentum berührt ist. Das gilt auch für die Umwelt. Dieses anzuführen, dass der Markt ja gar nicht ohne Staat tätig werden könne, ist dann das Argument ins Absurde getrieben. Eigentumsrechte können verändert werden.

          Ganz sicher ist es keine Entscheidung des Staates, welches Transportmittel die Bürger nutzen. Das könnte der Staat nur durch Verbote erzwingen. Er kann aber nicht die Nutzung privaten Eigentums verbieten. Er kann nicht generell Transporterlaubnisse für öffentliche Mittel erteilen, sie generell für Individuelle verbieten. Hier sind so viele Grundrechte berührt, dass wir gar nicht fertigwerden.

          Auf meinem Grundstück kann ich Bäume fällen wie es mir gefällt. Der Baum ist mein Eigentum und es gibt keine dazu in Konflikt stehenden Rechte.

        • Hanni Hartmann 21. April 2023, 13:25

          @Detlef Schulze :“ Die Gesundheitsversorgung in den USA ist eher Markt-orientiert und ist wahrscheinlich die teuerste weltweit und fuehrt nicht zu einer besseren medizinischen Versorgung der Gesellschaft, ganz im Gegenteil. “ Das ist schlich und ergreifend falsch. Das reflektiert lediglich das fuer Deutschland so gerne gepflegte Vorurteil. Ich lebe seit ueber 40 Jahren in den USA. In der Spitze ist die Medizin /Industrie/Versorgung soweit meilenweit voraus. Ebenso gilt es fuer die Versorgung der breiten Masse. Sogar diejenigen, die keine Kranken Versicherung haben, werden medizinisch versorgt. Die gehen dan einfach in die „Emergency Rooms“ die jede Klinik Unterhalt. Das erfährt man aber nicht in Deutschland…

          • Stefan Pietsch 21. April 2023, 23:01

            Wie erklärst Du, dass die USA in der OECD-Statistik mit 18 Prozent (Deutschland 11 Prozent) der Gesundheitsausgaben bezogen auf das BIP einsam an der Spitze liegt, bei allen relevanten Faktoren der Volksgesundheit wie Sterblichkeit aber im Mittelfeld? Was nutzt nach Deinen Worten ein tolles Gesundheitssystem, wenn die Leute doch schwerer erkranken und früher sterben?

            Eigentlich nichts, oder?

            • Hanni Hartmann 24. April 2023, 01:14

              @Stefan Pietsch : Wie erklärst Du, dass die USA in der OECD-Statistik mit 18 Prozent (Deutschland 11 Prozent) der Gesundheitsausgaben bezogen auf das BIP einsam an der Spitze liegt, bei allen relevanten Faktoren der Volksgesundheit wie Sterblichkeit aber im Mittelfeld.
              Kann Ich nicht beantworten. Ich geh‘ aber davon aus das Du- wie ueblich- ordentlich recherchiert hast und Deine Zahlen ja irgendwo basiert sind. Dennoch habe Ich da vom Bauchgefuehl meine Zweifel. Ist es moeglich das diese Statistiken mit Sicherheit basieren aus Tons von Daten, Statistiken, Untersuchung, auch Meinungen und Fakten und uns ein Ergebnis zeigen, das man mit Vorsicht gebrauchen kann. Zum Beispiel haben wir in den USA eine grausam hohe Zahle an Morden/Toten innerhalb der schwarzen Ghettos. Das sind vornehmlich Teenager und kids…Ebenso haben wir in den USA eine erschreckend hohe Zahl and „gun Violence“ in Schulen und Supermärkten. Ebenso kein Opfer im Renten-und Sterbealter…Das alles generiert Opfer die zum Teil extrem jung sind. Auch das zieht die % der Todes Alter extrem nach unten. Daraus kann man aber nicht auf ein schlecht funktionierendes medizinisches Versorgungs Program schließen. Du siehst; es ist ein extrem komplexes Thema. Fuer mich-natuerlich sehr subjektiv- gibt es aber keinen Zweifel das die Yankees ein besseres und letztlich auch billigeres „Health System“ haben Aber : Chacun a son gout

              • Stefan Pietsch 26. April 2023, 22:17

                Deine Behauptung war, die Amerikaner hätten ein Top-Gesundheitssystem. Doch was nützt Dir ein superluxuriöser Schlitten – wenn er in der Königsdisziplin, dem Fahren, versagt?

                Die USA liegen mit knapp 19 Prozent einsam an der Spitze. Obamacare hat übrigens ein Jahrzehnt lang die Gesundheitsausgaben bei 16 Prozent stabilisiert. Im Jahr 2000 gaben die Amerikaner „lediglich“ 12 Prozent für Gesundheit aus. Und, Hanni, das sind objektive Fakten. Die OECD nimmt die Werte der US-amerikanischen Statistikbehörde, harmonisiert sie ggf. und setzt sie in Beziehung zum BIP, dessen Wert ebenfalls von den US-Behörden kommt. So läuft das übrigens bei jedem Mitgliedsland. Solchen Organisationen zu unterstellen, sie wüssten nicht Äpfel von Birnen zu unterscheiden, ist albern.

                Das Gleiche gilt für die Gesundheitsdaten, die an die internationalen Statistiker von OECD bis WHO gemeldet werden. Amerikaner sind nicht nur bei der Sterblichkeit durchschnittlich, bei der Fettleibigkeit liegen sie ganz vorne, nur übertroffen von den Mexikanern.

                Ein soziales Sicherungssystem muss sich an Erfolgskriterien messen lassen. Das sage ich ja generell. Ein System, das teuer ist, den Menschen aber keinen echten Benefit verschafft – bei einem Gesundheitssystem sind das z.B. Lebenserwartung, frei von Krankheiten, ein gesunder Körper – ist sein Geld nicht wert.

                Und mit Verlaub: jeden fünften Dollar allein für ein Gesundheitssystem auszugeben, ist schlichter ökonomischer Wahnsinn.

    • Stefan Sasse 19. April 2023, 11:24

      Korrekt.

    • Thorsten Haupts 19. April 2023, 15:55

      Was nuetzt es, wenn man die finanziell beste Option zur CO2-Einsparung hat, die dann aber bei einigen Menschen zur Armut und zu Instabilitaeten in der Gesellschaft fuehrt.

      Tschuldigung – aber DIE kann man identifizieren und finanziell ausgleichen, wenn eine Gesellschaft das möchte. Was man nicht kann, weil die Ergebnisse einfach katastrophal schlecht sind – den Markt abseits von natürlichen Monopolen (Infrastruktur gehört dazu, da kann man Markt nur simulieren) planwirtschaftlich zu ersetzen. Ging bisher sehr häufig schief, verursacht immer enorme (überhöhte) Kosten und trotzdem sah und sieht man sich gezwungen, wegen vorhersehbarer und unvorhersehbarer Planungsfolgen Gruppen von Bürgern zu entlasten/entschädigen.

      Ich bin da im Prinzip aus historisch gefestigter Erkenntnis heraus mit Stefan Pietsch ganz einig. Der Glaube an Planwirtschaft ist im Kern echter Grössenwahn gepaart mit Selbstüberschätzung.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

  • Hanni Hartmann 19. April 2023, 11:41

    Zitat : “ Es gibt (fast) immer einen Markt. Kein Markt bedeutet, es gibt kein Angebot und / oder keine Nachfrage. Das trifft aber auf die von Ihnen gewählte Beispiele nicht zu.
    Der Markt ist für die Effizienz zuständig. Der Staat für den sozialen Ausgleich. Leider meint inzwischen der Staat, für alles zuständig zu sein, deswegen ist der so übergriffig. Nur sind die Ergebnisse des Staates hundsmiserabel. “ Zitat Ende. DAS ist des Pudels Kern/Problem…..

  • CitizenK 19. April 2023, 12:49

    Man muss die Ablehnung der AKWs nicht teilen, aber schizophren ist sie nicht. Die Risiken und auch die Kosten für zukünftige Generationen werden einfach höher bewertet. Das ist rational.

    • Stefan Pietsch 19. April 2023, 13:38

      Nein das ist nicht schizophren. Klimaschutz zum wichtigsten Thema der Menschheit zu erklären, sich selbst zur letzten Generation machen, die an der Katastrophe etwas verhindern kann, anderen vorzuwerfen, es mit dem Klimaschutz nicht ernst zu meinen und gleichzeitig die Emissionen massiv zu steigern – das ist schizophren.

      Jemand, der erklärt, Angst vor schnellem Fahren zu haben, ist nicht schizophren. Wenn der jedoch das Gaspedal durchdrückt, ist er es. Keine Kinder zu mögen, ist nicht schizophren. Dennoch 5 in die Welt zu setzen ist es.

  • Hanni Hartmann 19. April 2023, 13:59

    „Man muss die Ablehnung der AKWs nicht teilen, aber schizophren ist sie nicht. Die Risiken und auch die Kosten für zukünftige Generationen werden einfach höher bewertet. Das ist rational.“
    Unter Abwägung ALLER Tatsachen und Fast und regionalen Information ist der derzeitige und durchgepeitschte Ausstieg aus AKW’s irre und schizophren. Er ist ideologisch basiert und damit gefaehrlich und schlicht und ergreifend falsch…

  • Hanni Hartmann 19. April 2023, 23:37

    @ Thorsten Haupts: „Ich bin da im Prinzip aus historisch gefestigter Erkenntnis heraus mit Stefan Pietsch ganz einig. Der Glaube an Planwirtschaft ist im Kern echter Größenwahn gepaart mit Selbstüberschätzung.“
    Dazu sehr passend:

    Mäuse krepieren in den Mausefallen, weil sie nicht kapieren, dass der Käse eben nicht frei und kostenlos ist: Genauso verhält es sich mit dem Sozialismus…

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