Rezension: Franziska Schutzbach – Die Erschöpfung der Frauen: Wider die weibliche Verfügbarkeit

Franziska Schutzbach – Die Erschöpfung der Frauen: Wider die weibliche Verfügbarkeit

Der Titel dieses Buches mag für die eine oder ander gerunzelte Stirn sorgen. „Wider die weibliche Verfügbarkeit“? Was ist damit gemeint? Franziska Schutzbach bietet in ihrem bemerkenswerten Buch die These an, dass die Frauen unter einer kollektiven Erschöpfung leiden, die Folge der von ihnen erwarteten, eingeforderten und auch bereitgestellten ständigen Verfügbarkeit sei. Sie wendet sich gegen diese Verfügbarkeit, sowohl in dem Sinne, dass Frauen aufhören müssten, sich selbst ständig verfügbar zu machen, als auch von den Männern im Speziellen und der Gesellschaft im Allgemeinen, dass sie aufhören möge, diese ständig einzufordern. Das Buch ist lose in sieben große Kapitel gegliedert, die von der Autorin aus problemlos getrennt voneinander gelesen werden können; sie spricht von einer „essayistischen Struktur“. Es enthebt sie auch der lästigen Pflicht, dem Ganzen einen übergeordneten Roten Faden zu verpassen, aber das tut der Qualität der in den Kapiteln enthaltenen Gedanken glücklicherweise keinen Abbruch.

Der erste von Schutzbach besprochene Erschöpfungsfaktor ist zugleich der, der durch #Aufschrei und #MeToo der vermutlich einer breiten Öffentlichkeit bekannteste ist: die ständige sexuelle Verfügbarkeit. Es besteht eine leider besonders unter Männern weit verbreitete Erwartung weiblicher sexueller Verfügbarkeit, die sich weit über den eigentlichen Geschlechtsakt hinaus erstreckt. Schutzbach behauptet natürlich nicht, dass jeder Mann ein potenzieller Vergewaltiger ist, der nur durch massive Sanktionsdrohung von seinem Tun abgehalten wird (generell hält sie sich mit solchem biologistisch-determinstischem Blödsinn, der davon ausgeht, Männer seien eben genetisch auf solches Verhalten programmiert, wie er gerne von rechter Seite („locker-room talk“ etc.) propagiert wird, nicht auf).

Ihr geht es stattdessen um Phänomen wie die das Catcalling, also dem Hinterherpfeifen, auf den Po schlagen oder Zurufen anzüglicher Kommentare. Es gibt massenhaft soziale Experimente, die belegen, wie verbreitet dieses Verhalten immer noch ist (falls man den millionenfachen Aussagen der Frauen selbst keinen Glauben schenkt). Schutzbach beschreibt eindrücklich, wie kräftezehrend es ist, sich damit auseinanderzusetzen, weil Frauen dieses Verhalten zur Vermeidung von Konflikten und, leider, Gefahr oft einfach ertragen und weglächeln.

Gleiches gilt für Belästigung. Allzu oft ignorieren Männer die nonverbalen Signale von Frauen, nicht an einer Kontaktaufnahme interessiert zu sein und setzen sich über deren Grenzen hinweg. Auch hier stehen sie stets vor der Wahl, entweder gute Miene zum bösen Spiel zu machen, in der Hoffnung, das Problem erledige sich schnell von selbst, oder aber einen Streit und wiederum gegebenenfalls Gefahr zu provozieren. Denn leider reagieren Männer immer wieder gewalttätig, wenn sie die Aufmerksamkeit nicht bekommen, von der sie überzeugt scheinen, dass sie ihnen zustehe. Diese Verfügbarkeitserwartung geht so weit, dass viele Frauen schlechten Sex in Kauf nehmen, um die Erwartungen von miesen Dates nicht zu enttäuschen. Diese ständige sexuelle Verfügbarkeit erschöpft.

Der zweite Faktor ist die Frage des Selbstwertgefühls. Die in der Gesellschaft fest eingebaute Minderwertigkeit von Frauen gegenüber Männern wird von Schutzbach historisch anhand der Frauenbilder seit der Aufklärung aufgearbeitet. Diese Minderwertigkeit sorgt nicht nur für Doppelstandards, unter denen Frauen leiden, sondern bewirkt auch, dass sie – analog übrigens zu Migrant*innen – einem höheren Perfektionsdruck unterliegen, wenn sie die gleichen Stellungen erreichen wollen wie Männer. Diesem Perfektionsdrang fühlen sich viele Frauen unterworfen. Die Widersprüchlichkeit von Erwartungen an Frauen – einerseits unfaire Perfektionsstandards, andererseits Minderwertigkeit – erschöpfen sie konstant. Viele Frauen reagieren darauf mit einem Rückzug in die häusliche Sphäre und identifizieren sich über die Hausarbeit, nur um dort dann ebenfalls Perfektionsdrang zu unterliegen.

Der dritte Erschöpfungsfaktor besteht aus den Widerständen gegen Aktivismus. Frauen, die versuchen ihre Situation zu verbessern und für eine gerechtere Gesellschaft einzutreten, müssen gegen starke Widerstände eintreten. Es entsteht eine Erschöpfung durch den Dauerkampf. Das liegt nicht nur an den Anstrengungen dieses Kampfes selbst, denn die tragen selbstverständlich alle, die für bessere Umstände eintreten. Schutzbach streicht besonders die permanente Delegitimierung dieses Kampfes durch Inhaber von Privilegien heraus, was natürlich direkt mit Faktor zwei verbunden ist.

Besonders relevant fand ich die Betonung der Rolle der selbst ernannten „Leistungseliten“, überwiegend (aber nicht ausschließlich!) ältere weiße Männer. Diese sind der Überzeugung, ihre privilegierte Stellung komplett eigener Anstrengung zu verdanken und bekämpfen Gleichstellungsmaßnahmen mit besonderem Nachdruck. Schutzbach führt dies näher aus, aber diese Diskussion hatten wir hier im Blog schon so oft, dass ich die Argumente als bekannt voraussetze.

Faktor vier der Erschöpfung ist einer, bei dem meine zwangsläufig männliche Sichtweise und ihre Beschränkung – ich habe keinerlei Erfahrung mit weiblicher Selbstwahrnehmung und kann die auch nicht haben – besonders durschlägt: die Körperscham. Schutzbach beschreibt einen unglaublichen Druck zu körperlicher Konformität, der auf Frauen lastet. Grundsätzlich ist das Phänomen hinreichend bekannt; die Schönheitsstandards an Frauen sind allgegenwärtiger und fordernder, als sie dies bei Männern sind (wobei sie hier auch zugenommen haben; wir streifen das Thema im Podcast). Dass das psychisch sehr belastend ist hört man ja aber seit langer Zeit einerseits in der Debatte um Pubertierende und Körperbilder, aber zunehmend auch, wenn es um die in der Werbung verwendeten Models geht.

Faktor fünf betirfft die Familien. Bei diesem Thema verlässt Schutzbach die allgemein bekannte Diskussion in meinen Augen am stärksten, schon alleine, weil sie explizit die stark gewachsene Belastung auch auf Männer thematisiert und zu einem Generalangriff auf gesellschaftliche Erwartungen an Familien ausholt. Sie betont stark den Druck, unter dem die moderne Kleinfamilie steht. Der Hauptgrund hierfür liegt ihrer Ansicht nach in den Ansprüchen an Perfektion bei der Kindeserziehung, der, erneut, auch auf Männern lastet.

Der Hauptgrund hierfür sei, dass die Kinder mittlerweile absolut im Mittelpunkt stünden. Die Eltern verschwänden demgegenüber fast vollständig, kommen als Subjekte praktisch nicht mehr vor, weil ihre eigenen Interessen delegitimiert und komplett den Bedürfnissen der Kinder untergeordnet würden. Man erkennt in diesem Angriff auf den Mythos der Kernfamilie deutliche Anknüpfungspunkte zu konservativer Gegenwartskritik über die Verweichlichung der „Jugend von heute“. Zumindest empirisch lässt sich das problemlos nachweisen: Kinder und Jugendliche haben so viel Geld und Freizeit zur Verfügung wie noch nie zuvor, während gleichzeitig praktisch keine Pflichten auf ihnen lasten (Kinderarbeit ist praktisch abgeschafft, und in der Hausarbeit sind sie immer weniger eingebunden). Diese Ansprüche fressen Eltern auf und erschöpfen sie nachhaltig.

Der sechste Faktor dagegen ist geradezu prototypisch weiblich und wird ausschließlich als Frauen identifizierenden Menschen aufgebürdet. Es geht um emotionale Verfügbarkeit und letztlich emotionale Ausbeutung. Denn Frauen wird, beileibe nicht nur in der Familie, sondern auch am Arbeitsplatz, der Löwenanteil emotionaler Arbeit aufgebürdet. Ihnen obliegt die Verantwortung, für Harmonie zu sorgen und die Gefühle ihres Gegenübers nicht nur zu berücksichtigen, sondern ihnen oftmals auch die höhere Gewichtung einzuräumen. Schutzbach fordert klar, dass Frauen hier das Recht einfordern, ihr eigenes emotionales Befinden einerseits und ihre emotionalen Ressourcen andererseits selbstbestimmter an erste Stelle setzen zu können, wie dies für Männer selbstverständlich ist.

Wie auch beim Thema Körperscham kann ich hier nur aus der privilegierten Perspektive antworten, aber zumindest in meiner Lebensrealität trifft dies zu, und diverse von Schutzbachs Vorwürfen trafen. So liegt die Verantwortung für den Kontakt mit der Verwandtschaft, auch mit meiner eigenen, hauptsächlich bei meiner Frau. Ich bin super schlecht darin, wie sehr viele Männer, aber das ist eben – erneut – kein biologisches Schicksal. Frauen sind nicht durch Geburt besser darin, sondern bekommen es beigebracht, wie Schutzbach sehr schön herausarbeitet. Das passiert bei Männern einfach nicht, weswegen wir uns da oft sehr gut heraushalten können.

Der siebte und letzte Faktor ist einer, über den ich hier oft geschrieben und auch im Podcast gesprochen habe: die Verteilung der Care-Arbeit und der damit einhergehende Effekt auf die Karrierechancen. Auch diese Argumente sind Lesenden dieses Blogs sehr geläufig, weswegen ich sie an der Stelle gar nicht groß wiederkäuen will: auf Frauen lastet das hauptsächliche Gewicht der Hausarbeit, wir sind immer noch weit von einer Gleichverteilung entfernt, und wenn Frauen in die Erwerbsarbeit gehen, müssen sie die Care-Arbeit weiterhin erledigen, was einer Doppelbelastung gleichkommt. Schutzbach hat auch die entsprechenden Statistiken parat; das Missverhältnis ist wirklich erschreckend.

Beachtenswert finde ich, dass Schutzbach in ihrem Buch einer Falle sehr reflektiert und geschickt ausweicht, indem sie die Erfahrungen von Frauen aus der Mittelschicht absolut stellt. Stattdessen achtet sie jederzeit darauf, unterschiedliche Lebenswirklichkeiten zu berücksichtigen. Intersektionalität durchzieht das ganze Buch. Schutzbach vergleicht die Belastungen zwischen Frauen aus prekäreren Schichten mit denen der Mittelschichten bis hin zur Oberschicht, sie bezieht die Probleme von Migrantinnen und Menschen mit vom mitteleuropäischen Standard abweichendem Aussehen mit ein und sorgt stets dafür, dass ein facettenreiches Bild entsteht.

Meine Besprechung dürfte deutlich gemacht haben, dass ich das Buch rundum für gelungen und der Lektüre wert erachte.

{ 68 comments… add one }
  • Martin 5. Mai 2022, 11:21

    Was hat das Buch jetzt neues zu bieten? Es sind doch die altbekannten Aussagen:

    Für Frauen ist die Welt die Hölle und für die Männer ein Paradies.
    Schuld daran sind auch außschließlich die Männer (oder die Gesellschaft – was aufs selbe hinausläuft wegen: Patriarchat)
    Entsprechend sollen jetzt die Männer das doch bitte ändern. Los, los ihr Kerls, hop hop! Raus aus euren Hängematten!

    Auch wenn ich die Antwort schon kenne: Hat der Autor die Kategorie „Erschöpfung“ operationalisiert? Um wie viel höher liegt die Erschöpfung der Frauen über der der Männer? Doppelt so hoch? Zehnmal? Um 34,3%?

    Ohne eine solche Messgröße, können wir sowieso nicht feststellen, ob unsere Bemühungen erfolgreich sind.

    Und bevor ich gefragt werde: Ja, ich weiß, dass der Autor eine Frau ist. Schlimm, dass man so eine Selbstverständlichkeit immer noch hervorheben muss. (Hach, das Leben ist mal wieder schön in meiner Hängematte.)

    • Stefan Sasse 5. Mai 2022, 12:08

      Muss schön sein in deiner Blase.

      • Martin 5. Mai 2022, 12:54

        Ja, danke. Hatte ich ja auch geschrieben. Wetter ist auch gerade perfekt.

        Mal was technisches: Bei mir zeigt der „{ 3 comments… add one }“ an. Ich sehe aber (bis jetzt) nur unsere beiden Kommentare. Gibt es noch einen unsichbaren Kommentar oder zählt der den Beiträg selbst als Kommentar?

        • Stefan Sasse 5. Mai 2022, 14:32

          Ich glaube das ist der Backlink, der wird manchmal aus mir unerfindlichen Gründen als Kommentar gerechnet. Es sind nur unsere beiden da.

      • Erwin Gabriel 7. Mai 2022, 08:45

        @ Stefan Sasse

        [Hat der Autor die Kategorie „Erschöpfung“ operationalisiert? Um wie viel höher liegt die Erschöpfung der Frauen über der der Männer? Doppelt so hoch? Zehnmal? Um 34,3%?]

        Muss schön sein in deiner Blase.

        🙂 Wie fühlst Du Dich in Deiner?
        Warum hältst Du das für eine irrelevante Frage?

        • Stefan Sasse 7. Mai 2022, 09:56

          Weil er nicht an einer Diskussion interessiert ist.

          • Erwin Gabriel 7. Mai 2022, 15:53

            @ Stefan Sasse 7. Mai 2022, 09:56

            Weil er nicht an einer Diskussion interessiert ist.

            Warum stellt Martin dann solche Fragen?

            Die pauschale Behauptung der besonderen Erschöpfung von Frauen (die an steigenden Herausforderungen, aber auch an nachlassender Belastbarkeit liegen kann) macht doch nur Sinn, wenn man mit gleicher Pauschalität die Situation einer Vergleichsgruppe ermittelt; und in der Tat, Männer bieten sich hier an.

            • Thorsten Haupts 9. Mai 2022, 17:49

              Ich habe den völlig subjektiven Eindruck, dass je mehr die gesellschaftlichen Forderungen an DIE Frauen nachlassen (und das tun sie dort, wo es nachweisbar ist, also in Medien und Politik. Kann mich an nichts Gegenteiliges in den letzten 30 Jahren erinnern, schon gar nicht an Artikel/Bücher/Fernsehsendungen „DIE Frauen sollen/müssen irgendwas“), das Gerede um den wahrgenommenen gesellschaftlichen Druck zunimmt und ihn möglicherweise dadurch erst erzeugt bzw. den existierenden Rest verstärkt.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Stefan Sasse 9. Mai 2022, 19:12

                Integrationsparadox, ich hab es schon mal gesagt. Dass die Situation für Frauen heute wesentlich besser als ist noch vor kurzer Zeit, ist doch völlig unstrittig.

                Das ist effektiv wie die Civil Rights in den USA: die Stellung der Afroamerikaner*innen war 1970 WESENTLICH besser als noch 20 Jahre zuvor, aber die Diskussion so laut wie nie zuvor: weil erst jetzt das ganze Ausmaß der Ungleichbehandlung sichtbar und vor allem sagbar war. Vorher galt es Naturgesetz.

  • Detlef Schulze 5. Mai 2022, 17:06

    Frauen haben es echt schwer. Und dann muessen die auch noch im Schnitt 4 Jahre laenger leben. Das liegt vielleicht daran, dass Maenner mehr als dopplet so haeufig Suizid begehen.

    Aber Spass beiseite.

    Einiges stimmt sicher, anderes widerspricht meiner Erfahrung stark. Frauen haben emotionale Verantwortung in der Gesellschaft und stellen zu oft ihre emotionalen Befindlichkeiten zurueck? Wurde sonst nicht bei der Kindererziehung kritisiert, dass Maedchen weinen duerfen und Jungs nicht. In meinem Arbeitsleben habe ich auch eher das Gegenteil erlebt. Das Mobbing kam hauptsaechlich von Frauen gegen Frauen. Praeziser, ich habe nur 2 solcher mobbender Frauen als Kollegen gehabt. Es waere also furchtbar unfaehr von deren Verhalten auf alle anderen Frauen zu schliessen. Genauso unfaehr ist es, von sehr wenigen Maennern, die Frauen ungefragt auf den Po schlagen, auf alle Maenner zu generalisieren. Ich schaetze die Zahl der Maenner die sowas macht im einstelligen Promille-Bereich. Klar kann die Zahl der Frauen, denen auf den Po geschlagen wird wesentlich groesser sein.

    Frauen sind in der Regel koerperlich schwaecher als Maenner und daher bei koerperlichen Auseinandersetzungen eher Opfer als Taeter. Davon abgesehen glaube ich nicht, dass das Leben als Frau wesentlich stressiger ist, als das von Maennern. Selbst dort nicht, wo das traditionelle Rollenbild gelebt wird. Dass frueher die Frauen schwere Hausarbeit verrichtet haben, waehrend die Maenner Karriere gemacht und sich selbstverwirklicht haben, war ja nicht die Regel. Die meisten Maenner sind wiederwillig zur eintoenigen oder koerperlich anstrengenden Arbeit gegangen, unter der Last der Verantwortung fuer die Familie sorgen zu muessen. Die wenigsten haben sich im Stahlwerk verwirklicht.

    Kinder und Jugendliche haben so viel Geld und Freizeit zur Verfügung wie noch nie zuvor, während gleichzeitig praktisch keine Pflichten auf ihnen lasten (Kinderarbeit ist praktisch abgeschafft, und in der Hausarbeit sind sie immer weniger eingebunden).

    Klar sind die Kinder weniger in die Hausarbeit eingebunden. Es gibt ja auch fast nichts zu tun. Waschmaschine und der Geschirrspueler sparen irre Zeit. Man muss auch nicht mehr alle 2 Tage zur Bank um Geld zu ueberweisen, Kohlen aus dem Keller hohlen oder die Ziege fuettern. Haben Kinder heute wirklich mehr Zeit, als vor 20 oder 30 Jahren? Heisst es nicht, dass Kinder heutzutage breits gestresst sind, weil sie Klavier lernen muessen, in der Schule unter Druck stehen, im Sportverein sind und nebenbei bereits im Teenager-Alter ihren Lebenslauf optimieren? Ich kenne 7 Jaehrige, die unter der Woche vor lauter Aktivitaeten keinen freien Nachmittag haben.

    • Stefan Sasse 5. Mai 2022, 18:14

      Das Patriarchat schadet allen, wir können es nur wieder und wieder sagen.

      Es wird nicht auf alle Männer generalisiert. Ich weiß nicht, woher dieses instinktive Sich-angegriffen-fühlen und Bedürfnis des in-Schutz-nehmen der Täter immer kommt. Aber es ist WESENTLICH verbreiteter als Promillebereich, sonst würden nicht so unglaublich viele Frauen permanent davon berichten. Es gibt ja praktisch keine Frau, die es nicht schon mal erlebt hat, und die meisten erleben es semi-regulär. Ansonsten hast du halt anekdotische Evidenz aus dem ungeheuer eingeschränkten Blickwinkel des Mann-Seins. Ich bin da sehr viel vorsichtiger, so generalisierende Aussagen zu machen; ich wöllte ja umgekehrt auch nicht von Frauen so was über mich hören.

      „Mal abgesehen davon“ macht eine ganze Menge Arbeit in dem Satz, denn das alleine wäre wesentlich stressiger. Aber pack mal deine Klischees ein; körperlich anstrengende Jobs sind schon lange eine absolute Minderheit und werden in der überwältigenden Mehrheit ohnehin von migrantischen Männern ausgeübt. Als Männer als Regel noch körperlich schwer schufteten, taten dies auch Frauen (vgl. etwa die Rezension zu Bryson jüngst). Das ist nichts als maskulistische Klischeekiste.

      Was die Kinder betrifft: manche ja, manche nein. Aber da reden wir über ein völlig anderes Phänomen als Arbeit.

      • Martin 5. Mai 2022, 19:32

        „Das Matriarchat schadet allen, wir können es nur wieder und wieder sagen.“ Ist ein genauso sinnvoller – oder eben sinnloser – Satz.

        Genau das soll mit dem Begriff „Patriarchat“ eigentlich gesagt werden: Ganz alleine die Männer sind schuld.

        Solange man aber nicht erkennt, dass die Ordnung in der wir leben das Ergebnis von Handlungen sowohl von Männern als auch von Frauen ist, wird sich da auch nur sehr langsam etwas ändern.

        Gott sei Dank sind die meisten Frauen nicht so infantil (also Feministinnen) und hoffen nicht darauf, dass irgendein ominösen Patriarchat sich doch Mal bitte ihrer erbarme und die Welt für sie so ändert, dass sie sich selbst nicht bewegen brauchen; sondern gestalten ihr Leben aktiv selbst.

        So und jetzt muss ich aber los zu unserer regelmäßigen Patriarchatssitzung, damit wir uns überlegen können, mit welcher neuen Methode wir die Frauen weiter unterdrücken können. Stefan wird wahrscheinlich auch diesmal wieder fehlen. So kann das ja nichts mehr werden mit der Weltherrschaft.

      • Detlef Schulze 5. Mai 2022, 22:25

        Das sich Männer angegriffen fühlen, liegt an Sätzen wie:
        Denn leider reagieren Männer immer wieder gewalttätig, wenn sie die Aufmerksamkeit nicht bekommen …
        oder:
        Es besteht eine leider besonders unter Männern weit verbreitete Erwartung weiblicher sexueller Verfügbarkeit
        Da kann man jetzt beliebig reininterpretieren ob jeweils besonders viele oder wenige Männer gemeint waren.

        Mir ist schon klar, dass Männer nicht mehr in Stahlwerken schuften. Der Punkt war, dass die meisten Menschen nur des Geldes wegen zur Arbeit gehen und die tägliche Arbeit in der Regel keine Freude ist.

        Aber wenn wir schon bei Klischees sind; ganz unten in der Kiste sind die überwiegend älteren weißen Männer, die glauben ihre previligierte Stellung durch eigene Anstrengung erhalten zu haben. Die Studie möchte ich gerne sehen, die zeigt, dass dies bei jungen Frauen oder mittelalten Sudanesen irgendwie anders ist. Es ist doch schon hinreichend untersucht, dass Menschen Erfolg eher ihrer harten Arbeit zuschreiben auch wenn Glück eine entscheidende Rolle spielt. Das dieser kognitive Bias vom Geschlecht oder dem Alter abhängt kann ich mir ja noch vorstellen, aber von der Hautfarbe?

        • Stefan Sasse 6. Mai 2022, 10:32

          Ja, fair point, aber der Text wird auf der anderen Seite unlesbar, wenn ich ständig Qualifikationen einbaue. Ich verlass mich da schon ein bisschen drauf, dass nicht die beknacktmöglichste Interpretation angenommen wird.

          Natürlich arbeiten die meisten Leute nur für Geld. Hölle, ich liebe meinen Job, und ich mach ihn auch erst mal vor allem für den Lebensunterhalt. Aber mir ist unklar, was aus der Erkenntnis folgt…

          Völlig richtig, der kognitive Bias ist bei allen da, ganz klar! Nur, gesellschaftlich relevant ist er halt nur bei denen mit Macht/Einfluss.

          • Thorsten Haupts 6. Mai 2022, 11:48

            Nur, gesellschaftlich relevant ist er halt nur bei denen mit Macht/Einfluss.

            Wann genau kommen (gemässigte) Linke eigentlich damit klar, dass sie in vielen westlichen Gesellschaften jetzt schon länger in der Funktion mit „Macht/Einfluss“ sind – insbesondere in Medien, Erziehung und Bildung – und es selbst in der Hand haben, die ideale Gesellschaft (brrrrr) zu schaffen?

            Die grosse Mehrheit von Erzieherinnen, Lehrerinnen, Journalistinnen und Professoren ist links. Jemand wie Carlo Masala, der Panzer-Drosten, ist in der Politikwissenschaft bereits ein rechter Ausreisser.

            Gruss,
            Thorsten Haupts

            • Stefan Sasse 6. Mai 2022, 12:48

              Ich komme damit problemlos klar und habe an dieser Stelle schon in ermüdender Regelmäßigkeit beschrieben, dass bei Kultur und Bildung die Linke klar dominant ist – während etwa in Wirtschaft und Juristerei es die Rechte ist (nicht rechtsradikal, sei betont erwähnt).

              • ERwin Gabriel 7. Mai 2022, 22:28

                @ Stefan Sasse 6. Mai 2022, 12:48

                Ich komme damit problemlos klar und habe an dieser Stelle schon in ermüdender Regelmäßigkeit beschrieben, dass bei Kultur und Bildung die Linke klar dominant ist – während etwa in Wirtschaft und Juristerei es die Rechte ist (nicht rechtsradikal, sei betont erwähnt).

                Was gibt es daraus zu lernen?

                • Stefan Sasse 8. Mai 2022, 10:47

                  Dass manche Bereiche sich wesentlich leichter damit tun, strukturelle Nachteile und Vorurteile abzubauen als andere. Und dass Menschen mit bestimmten konservativen Vorstellungen vermehrt in diesen Bereichen zu finden sind, während Menschen mit progressiven Vorstellungen eher in den anderen sind. Wahnsinns-Erkenntnis 😀

                  • Thorsten Haupts 8. Mai 2022, 21:22

                    … dass bei Kultur und Bildung die Linke klar dominant ist …
                    Diese angebliche Linksprägung ist halt Blödsinn.

                    Nur eine der beiden Aussagen kann wahr sein :-).

                    • Stefan Sasse 9. Mai 2022, 11:10

                      Nein, tatsächlich nicht. Es wird einfach völlig überschätzt, welchen Einfluss die Schule und Medien haben. Ja, die Mehrheit der Lehrkräfte und Journalist*innen ist eher links, aber das hat halt wenig Effekt auf die Ansichten der Schüler*innen und Konsument*innen.

              • Thorsten Haupts 8. Mai 2022, 11:00

                Aha. Wie lösen Sie eigentlich die kognitive Dissonanz auf, dass über Erzieherinnen, Lehrerinnen und Professoren auch nach Ihrer Einschätzung seit Jahrzehnten Kinder und Jugendliche links geprägt werden, Deutschland aber immer noch eine Hölle rigider Rollenzuschreibungen, toxischer Männlichkeit und Frauenfeindlichkeit sein soll?

                Gruss,
                Thorsten Haupts

        • Erwin Gabriel 7. Mai 2022, 15:55

          @ Detlef Schulze 5. Mai 2022, 22:25

          Mir ist schon klar, dass Männer nicht mehr in Stahlwerken schuften.

          Männer leisten immer noch in überwältigender Mehrheit die physisch anspruchsvollen Jobs.

          • Stefan Sasse 7. Mai 2022, 19:44

            Nur dass es von denen halt nicht mehr viele gibt. Genauso wie Frauen in der Hausarbeit üblicherweise nicht mehr schuften müssen, dem technischen Fortschritt sei dank. Früher haben beide Geschlechter körperlich geschuftet, heute tun sie es beide nicht mehr – im Schnitt.

  • Thorsten Haupts 5. Mai 2022, 19:43

    Da auch meine Frau wesentlichen Kernthesen desBuches zustimmt, werde ich den Teufel tun und den unter Männern leider häufigen, gedankenlosen, Generalverriss abliefern.

    Ich habe nur Schwierigkeiten mit den Thesen 4, 5 und 6 (Körperscham, Kinder, emotionale Ausbeutung).

    Was Kinder angeht, ist nach meiner wie nach Beobachtung meiner Frau (die aus einer sehr kinderreichen Familie kommt) der eigentliche Druckfaktor die Anzahl der Kinder – zusammengefasst in dem alten Sprichwort: Mit dem dritten Kind werden Mütter ruhiger. Und nicht in einer gesellschaftlichen Erwartungshaltung nach „Perfektion“. Der müsste als medialer Druck leicht nachweisbar sein – hat die Autorin da was geliefert?

    Körperscham ist nichts frauenspezifisches, wie jeder eher geistig denn körperlich orientierte junge Mann mindestens für seine Phase zwischen 15 und 35 sehr genau weiss, aus eigenem Erleben.

    Und bei emotionaler Ausbeutung steige ich aus. Selbstausbeutung mag sein, erwartet wurde sie in meinen beruflichen Umgebungen der letzten 30 Jahre niemals, weder direkt noch über subtilen Druck. Dagegen habe ich häufig genug beobachtet, wie sich Frauen ungefragt und sogar zum Schaden der Gesamtsituation einmischen, um von ihnen als „aggressiv“ wahrgenommene Auseinandersetzungen zwischen Männern zu befrieden. Oder wahrgenommene „Feindschaften“ aufzulösen. Und dabei auch noch falsch machten, was man falsch machen kann. Ich halte die emotionale Ausbeutung für ein Ammenmärchen. Die höhere emotionale Intelligenz von Frauen übrigens ebenso – Männer sind emotional nur viel fauler bzw. gleichgültiger als Frauen (im Durchschnitt).

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 6. Mai 2022, 10:30

      Danke 🙂

      Ich versteh nicht ganz, worauf du beim Thema Kinder raus willst – dass der Erwartungsdruck ab dem dritten Kind abnimmt? Die Kinderzahl thematisiert die Autorin nicht; das halte ich angesichts der relativen Seltenheit von Familien mit mehr als zwei Kindern aber auch nicht für ein einschneidendes Manko. Ich kann zu dem Thema nichts sagen, ich hab „nur“ zwei. Wir wollten früher immer drei, aber nach zwei sehr anstrengenden Kleinkindphasen einerseits und Infrastrukturproblemen andererseits (drei Kinder machen die meisten Wohnungen und Häuser sowie Autos praktisch unmöglich) hab ich bei zwei den Cut gemacht.

      Korrekt, ist nicht frauenspezifisch, aber wirkt sich auf Frauen WESENTLICH stärker aus.

      Diese emotionale Faulheit und Gleichgültigkeit thematisiert sie hier ja gerade. Du magst – vermutlich in einigen Fällen durchaus zu Recht – das Ganze auch als übergriffig empfinden; problematisch ist aber, dass diese Ungleichverteilung emotionaler Arbeit besteht, wie du ja selbst bestätigst.

      • Thorsten Haupts 6. Mai 2022, 11:43

        Ich versteh nicht ganz, worauf du beim Thema Kinder raus willst …

        Relativ einfach – das Betüdeln, Ganztagsbeaufsichtigen und Rundumüberwachen von Kindern ist nach allgemeiner Lebenserfahrung ab dem 3. einfach unmöglich, also werden Eltern ab dem dritten auch nach meiner Beobachtung viel gelassener.

        … problematisch ist aber, dass diese Ungleichverteilung emotionaler Arbeit besteht …

        Nicht jede Ungleichverteilung ist „problematisch“. Soweit ich das erkennen kann, übt absolut niemand Druck auf Frauen aus, „emotionale Arbeit“ zu leisten. Also ist es sogar wahrscheinlicher, dass sie das aus eigenem Antrieb und Interesse tun – und damit ist es automatisch nicht mehr „problematisch“.

        Es ist nämlich genauswenig „problematisch“, dass es auch in den entwickelsten und freiesten und gleichberechtigsten Gesellschaften ein enormes Übergewicht von Männern in den bewaffneten Sicherheitsorganen gibt – das spiegelt nur die im Durchschnitt unterschiedlichen und wahrscheinlich biologisch angelegten Interessenlagen von Frauen und Männern.

        Um das hier klarzustellen – wer mir erzählt, Frauen und Männer seien trotz ihrer klar unterschiedlichen Biologie in jedem Aspekt (immer im Massen-Durchschnitt) gleich und eine Gesellschaft müsse eine absolute Gleichverteilung in jedem Lebensbereich anstreben, den lache ich schlicht aus und beende die Debatte.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Stefan Sasse 6. Mai 2022, 12:47

          Verstanden. Kann durchaus sein, hab ich keine Erfahrungswerte 🙂

          Nicht jede Ungleichverteilung ist „problematisch“. Soweit ich das erkennen kann, übt absolut niemand Druck auf Frauen aus, „emotionale Arbeit“ zu leisten. Also ist es sogar wahrscheinlicher, dass sie das aus eigenem Antrieb und Interesse tun – und damit ist es automatisch nicht mehr „problematisch“.

          Genau das bestreitet Schutzbach.

          • Thorsten Haupts 6. Mai 2022, 16:33

            Dann hat sie für ihr Bestreiten mindestens plausible Evidenz?

            • Stefan Sasse 7. Mai 2022, 09:43

              Ich hab das Hörbuch gehört, über das Ausmaß der Fußnoten kann ich daher nichts sagen. Aber grundsätzlich: ja, klar.

              • Thorsten Haupts 7. Mai 2022, 15:42

                Schön. Wäre erfreut und überrascht, sollte das über Befragungs“studien“ hinausgehen.

                • Stefan Sasse 7. Mai 2022, 19:39

                  Ich bin mir nicht ganz sicher, was es sonst sein soll.

                  • Thorsten Haupts 8. Mai 2022, 11:02

                    Eben …

    • pannaKraweel 9. Mai 2022, 21:02

      Hm, diese ‚emotionale Faulheit/Gleichgültigkeit‘ sollte ich gerne mal ausprobieren – mal sehen, wie es sich damit so lebt, was sich – ggf. positiv – verändern würde. Mein Umfeld würde vielleicht denken, ich wäre von Aliens entführt und nur ein Hologramm zurückgelassen worden, aber naja, das würde mich dann ja ebenfalls nicht mehr tangieren :-).
      Aus Studien und Diskussionen kenne ich die These, dass solche Frauen, die auch durchsetzungsstark/willig seien, eher als bitchy und bossy denn als durchsetzungswillig/kompetent wahrgenommen würden als ihre male counterparts, dass Männern ein entsprecende Eigenschaften eher positiv ausgelegt würden, dass man von Nicht-Kümmer-Frauen tendentiell enttäuscht und dann entsprechend ungehalten sei – ich habe aber noch nie in einem Konzern gearbeitet und kaum entsprechenden eigenen Beobachtungen.

      Emotionale Intelligenz nicht unbedingt, aber doch deutlich unterscheidbare soziale Codes (s. die unterschiedliche Interpretation dessen, was als aggressiv wahrgenommen wird), die dem/der einen oder anderen nicht bewusst sind. Natürlich individuell unterschiedlich, aber aggregiert vermutlich vorhanden. Aus meinem Umfed kenne ich das nicht so stark, aber unter Lehrämtlern vielleicht auch weniger ausgeprägt.

  • cimourdain 6. Mai 2022, 09:18

    Leider wird nicht angesprochen (keine Ahnung, ob Schutzbach oder Sasse das unterschlägt), was ein klarer roter Faden hinter diesen sieben Symptomen ist: Der Druck, Rollenerwartungen gerecht zu werden.
    Und da möchte ich die Frage stellen, woher diese Erwartungen kommen. Da es sich nicht um hart vorgegebene ‚Muss‘-Normen handelt, stellt sich die Frage, inwieweit es wirklich erwartete ‚Soll‘-Normen oder selbst auferlegt ‚Kann‘-Normen sind. Da sehe ich nämlich einen problematischen Bestätigungskreislauf am Werk, bei dem die Frauen selbst Täter-Opfer sind, die diese Rollenerwartungen aufstellen und perpetuieren. Am Beispiel ‚Kinder‘ zeigt sich vielleicht, was ich meine: Da werden junge Mütter von den anderen so mit Erwartungen zugeschüttet, dass sie am Ende komplett verunsichert sind.
    Leider ist auch der Feminismus selbst mit den Ansprüchen, die er an Frauen stellt, mit Schuld an dem Druck. Seine Angebote kann frau auch als Anforderungen lesen: Mach dich beruflich und emotional unabhängig. Wehre dich gegen Ungerechtigkeit (siehe die zweite Belastung). Und aktuell in Mode und imho. Besonders perfide: Sei resilient.
    Und natürlich gehört zum Gesamtbild auch die unangenehme Wahrheit, dass es sich bei einem Gutteil der Belastungen um externalisierte Kosten unserer Gesellschaftsordnung handelt. [Damit das nicht ins ‚Der Kapitalismus ist schuld‘ Diskussionsritual gerät: Natürlich haben andere Systeme auch solche und schlimmere Ausbeutungsmodelle gehabt: Den Kommunisten konnte es gar nicht schnell genug gehen, Mütter vom Wochenbett wieder in die Produktion zu bekommen. Und die organisierten Religionen sind bis heute die größten Abnehmer un- und unterbezahlter Care-Arbeit.] Als typisches Beispiel möchte ich das Corona-Homeschooling anführen. Die ‚offiziellen‘ Institutionen waren überfordert, irgendwer(!) musste es machen, und die Rollenerwartung (s.o.) an die Frauen ist, sich um die häusliche Sphäre zu kümmern.
    Eine kleine persönliche Anmerkung noch: Es ist ziemlich egal, wer bei euch die Waschmaschine bedienen kann, aber „So liegt die Verantwortung für den Kontakt mit der Verwandtschaft, auch mit meiner eigenen, hauptsächlich bei meiner Frau.“ ist erlernte Hilflosigkeit in einem wichtigen Bereich.

    • Stefan Sasse 6. Mai 2022, 10:35

      Mir schien der Druck, Rollenerwartungen gerecht zu werden, so offensichtlich, dass ich ihn nicht mehr erwähnte. Und die kommen sowohl intrinsisch als auch extrinsisch. Da gibt es nicht den einen Schuldigen. Und ja, gerade das Beispiel mit den Kindern diskutiert Schutzbach ja auch ausführlich.

      Und ja, der Feminismus lädt da weitere, widersprüchliche Rollenerwartungen auf, völlig korrekt.

      Auch stimme ich dir zu, was externalisierte Kosten anbelangt; die Argumentation vertrete ich ja schon lange. Auch das Beispiel mit Corona ist passend. Und völlige Zustimmung zum Thema erlernte Hilflosigkeit. Genau davon spreche ich ja. Ich nehm mich da ja gar nicht aus. Wer ganz ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.

      • Thorsten Haupts 6. Mai 2022, 12:53

        Wer ganz ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.

        Als in bestimmtem Sinne A-Sozialer – jo, weitgehend. Darf ich jetzt schmeissen?

  • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 09:28

    Die „kollektive Erschöpfung“ der Frauen ist als real zur Kenntnis zu nehmen.

    Schutzbach drängt es zu Ausdruck von gesellschaftlichem Widerspruch. Fehlende Ausdrucksfähigkeit ersetzt sie durch das Mem „Wider die weibliche Verfügbarkeit“. Den Mangel der fehlenden analytischen Denkschärfe findet seinen Ausdruck in der „essayistischen Struktur“.

    (Bei der Frau ersetzt die Klage und der unspezifische Forderungskatalog, beim männlichen Gegenpart ein gewisser Zynismus die fehlende Denkschärfe. T. Haupts nennt das in seinem gedankenvollen Kommentar „Generalverriss“.)

    Zum Thema Catcalling schreibst du:

    „generell hält sie sich mit solchem biologistisch-deterministischem Blödsinn, der davon ausgeht, Männer seien eben genetisch auf solches Verhalten programmiert, wie er gerne von rechter Seite („locker-room talk“ etc.) propagiert wird, nicht auf.“

    Du gehst also von Gleichartigkeit der Geschlechter aus, und dieser These folgt die gegenwärtige Gesellschaftspolitik. Schutzbachs Buch lädt ein, die These mit der Realität abzugleichen.

    Gleich beim Catcalling – hinterher gepfiffen hab ich zwar noch nie, aber wenn ein Mädchen ein hübsches Gesicht hat, krieg ich es erst am Ende mit, weil mein Blick vom Gesäß aufwärts wandert. Dieses Verhalten ist unwillkürlich. (Bin männlich veranlagt.) Es begann im Alter von 11-13 Jahren und fiel mir in Selbstreflektion auf bei wunderschön geschnitzten Skulpturen im Schaufenster – ohne soziale Interaktion, ich war auf dem Schulweg.

    Wäre das Verhalten sozial statt biologisch determiniert, wäre dieses Verhaltensweise schon in meiner Kindheit aufgetreten. Was eindeutig nicht der Fall war. (Wir wissen beide, dass die soziale Prägung in der Kindheit stärker wirkt als beim Erwachsenen.)

    Aber Korrelation ≠ Kausalität, einen regulären Beweis habe ich also nicht geführt (und werde es auch nicht).

    • Stefan Sasse 6. Mai 2022, 10:35

      Ich weigere mich, schlechtes Verhalten als „männlich veranlagt“ hinzunehmen. Weder bei mir noch bei anderen.

      • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 11:34

        Eine Weigerung der Kenntnisnahme.

      • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 12:30

        Bei meiner Beschreibung habe ich ein Detail ausgelassen. Bei Betrachtung sekundärer Geschlechtsmerkmale (s. o.) erhöhte sich meine Blutzufuhr zwischen den Beinen. Bist du bereit, wenigstens diese meiner Veranlagung zuzuschreiben? Zur Erinnerung, ich war 11-13 Jahre alt und versichere dir, meinen Körper nicht verstanden zu haben!

        • Stefan Sasse 6. Mai 2022, 12:51

          Klar. Ich kann dir sogar noch ein Geheimnis verraten: sexuelle Erregung in der Pubertät empfinden auch Mädchen.

          • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 13:13

            Prima. Jetzt das nächste Detail. Meine körperliche Reaktion war vor-bewusst (reflexhaft).

          • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 15:54

            Die Modi „reflexhaft“ und „soziokulturell bedingt“ schließen einander aus.

  • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 10:10

    „Der dritte Erschöpfungsfaktor besteht aus den Widerständen gegen Aktivismus. Frauen, die versuchen ihre Situation zu verbessern und für eine gerechtere Gesellschaft einzutreten, müssen gegen starke Widerstände eintreten. Es entsteht eine Erschöpfung durch den Dauerkampf.“

    Nennt sich Burn-out und ist nicht frauenspezifisch.

    „Schutzbach streicht besonders die permanente Delegitimierung dieses Kampfes durch Inhaber von Privilegien heraus, was natürlich direkt mit Faktor zwei verbunden ist.“

    (Hervorhebung von mir). Die „Privilegien“ dürften sich auf den „Berufserfolg“ beziehen – weder hier noch sonst irgendwo fand ich eine Definition dieser Worthülse.

    „Diese (‚alte weiße Männer‘) sind der Überzeugung, ihre privilegierte Stellung komplett eigener Anstrengung zu verdanken (…)“

    Natürlich nicht. Ihre privilegierte Stellung hat auch eine anstrengende Dimension. In der Politik etwa eine 24/7-Verfügbarkeit, die ein stabiles Familienleben als Rückhalt braucht. Die Gattin ist dort Gold wert!

    Befragungen unter Studenten (weiblich und männlich) zu Lebensplan erbrachten, dass den Frauen die „anstrengende“ Dimension sehr viel präsenter ist als den Männern, was sich in der Lebensplanung niederschlägt.

    Füllen wir das Beispiel mit Leben. Dass Ministerin Spiegel die Notwendigkeit zu 24/7-Verfügbarkeit nicht klar war – sie fuhr nach Ahr-Hochwasser in Urlaub und trat später zurück – weist auf einen Folgemangel des Feminismus: die Quote hebelt das Leistungsprinzip aus. Dem Volk wird eine minderwertige Regierung zugemutet.

    (Dieses bitte nicht mit Thema Minderwertigkeitsgefühl im Artikel verwechseln – dort wirken andere Mechanismen.)

  • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 10:22

    „Faktor fünf betrifft die Familien.“

    Hier trifft die Frauen ein Schmerz, denn die Familie ist ihre Domäne. Hier ist ihr natürliches Herrschaftsgebiet. Und die Segnungen des Feminismus mit der Berufstätigkeit – die ich nicht „erkämpft“, sondern „erzwungen“ nenne – ist eine Beraubung der Frau.

    Sorry hier werde ich persönlich.

    Schutzbach äußert einen Schmerz – und versperrt sich selbst den Denkweg. Schere im Kopf.

    Schutzbachs Schmerz ist real. Schutzbachs Analyse ĺäuft ins Leere.

    • Stefan Sasse 6. Mai 2022, 10:36

      Ich steig bei „natürliches Herrschaftsgebiet“ aus, sorry. Dieser biologistische Unfug konnte von mir aus 1974 verkündet werden, war aber schon da aus der Mottenkiste.

      • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 11:49

        „Ich steig bei ‚natürliches Herrschaftsgebiet‘ aus, sorry.“

        Aus deinem Verzicht auf Argument dagegen folgt nichts, insbesondere ist es keine Widerlegung.

        „Dieser biologistische Unfug konnte von mir aus 1974 verkündet werden, war aber schon da aus der Mottenkiste.“

        Biologistisch bedeutet: monokausale Herleitung gesellschaftlicher Vorgänge aus dem Biologiebuch. Als Argument für „natürliches Herrschaftsgebiet“ führe ich aber menschheitsweite Beobachtung an. Das ist anthropologisch, eine multikausale Angelenheit, nicht biolog(ist)isch.

      • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 12:16

        Stichwort anthropologisch – J. Fernau beschreibt in „Und sie schämeten sich nicht“ in einem der ersten Kapitel das Familienleben der Germanen. Nach Erinnerung hast sogar du mich auf das Buch hingewiesen.

        Fernau schreibt also: der Mann schlief bis morgens um zehn, ehe er aufstand und als erste heilige Handlung ausgiebig badete. In der Zwischenzeit hatte die Frau die Hühner versorgt und die Kühe gemolken. Bei Lektüre fiel mir die Lade fast runter.

        Allerdings bei Streitigkeit jeder Art stand der Mann zur Verfügung, und zwar sowas von! Und Streit unter germanischen Clans war der Normalzustand, nur der Friede bedurfte ausdrücklich des Vertrages.

        Deren Landwirtschaft ist etwas naturnäher als die heutige Industriegesellschaft. Aber es ist Element anthropologischer Daten.

        Um deinem nächsten Argument zuvor zu kommen, lieber Stefan – nein, ich will diese Verhältnisse nicht zurück. Aber ich sehe den Feminismus als Vergewaltigung der menschliche Natur an. Auch der weiblichen!

        • Stefan Sasse 6. Mai 2022, 12:49

          Ja, ich hab auf Fernau verwiesen, allerdings nicht unbedingt in einem „nimm das für bare Münze“-Empfehlungsstil. 😀 Fernau war schon in den 1960er Jahren, als er das Zeug geschrieben hat, nicht eben für seine historische Akkuratheit bekannt. Das ist in den letzten 60 Jahren (!) nicht besser gealtert.

          • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 13:16

            Seine historischen Angaben nehme ich als Fakten, also durchaus für bare Münze.

            • Stefan Sasse 7. Mai 2022, 09:36

              Auch da wäre ich vorsichtig. Davon abgesehen – was nützen Fakten wie „1868 hielt Jackson eine Rede“? Es geht immer um die Einordnung.

          • Wolf-Dieter Busch 6. Mai 2022, 13:49

            Natürlich könnte nach Fernau jemand präziser berichtet haben. Wenn du mir sagst, wer und was und wo, revidiere ich gerne meinen Kenntnisstand. Ich glaubs allerdings nicht so richtig.

            Deine genannten 60 Jahre Alterung sind jedoch für sich allein nicht Kriterium.

  • Ariane 6. Mai 2022, 13:56

    Wird vielleicht mal Zeit, dass eine Frau in den Kommentaren aufschlägt^^

    Punkt 5 (Körperscham) kam in unserem Podcast leider etwas zu kurz, das ist so ein Punkt, bei dem meiner Erfahrung nach die Männer einfach die Nachteile mittlerweile auch mitnehmen, vielleicht auf anderen Gebieten wie zb Muskelmasse oder Körpergröße. (hier langen Rant zum Thema Selbstoptimierung dazudenken)

    Und zwar ohne die Vorteile gleich mitzunehmen, die Frauen sich durchaus auf dem Gebiet mittlerweile erkämpft haben, wie zb freiere Kleidungswahl oder auch die Anti-Bodyshaming-Bewegung. Oder wie Stefan im Vorgespräch meinte, dass Männer sich gegenseitig keine Komplimente machen.

    Klar ist das auf weiblicher Seite immer noch extrem, aber finds immer frustrierend, weil ich das Gefühl hab, dass es mehr in die Richtung geht „für beide Seiten scheiße“ als „für alle besser“. So war das nicht gedacht!

    Was das Thema emotionale Arbeit (Ausbeutung würde ich es auch nicht zwingend nennen) angeht, zitiere ich mal Thorsten:
    Männer sind emotional nur viel fauler bzw. gleichgültiger als Frauen (im Durchschnitt).

    Ähm ja, genau DAS ist damit gemeint. 😀
    Da der Mensch an sich ein emotionales und soziales Wesen ist, heißt das nämlich, dass Männer davon profitieren, dass jemand anderes sprich Frauen diese Aufgaben übernehmen. Sonst könnten sie sich diese Faulheit nämlich gar nicht leisten. Sowas gehört nämlich zu jedem Sozialgefüge, ob Familie, Arbeitsplatz oder sonst einer Gruppe.
    Und ja, es kann auch zu Übergriffigkeiten kommen, die dann wiederum eher von Männern anstrengend empfunden werden, nur ist es eben nicht so die Lösung, das Ganze komplett einzustellen, sondern mehr aufeinander zuzugehen.

    Frauen sind nicht durch Geburt besser darin, sondern bekommen es beigebracht, wie Schutzbach sehr schön herausarbeitet. Das passiert bei Männern einfach nicht, weswegen wir uns da oft sehr gut heraushalten können.

    Ja das ist so automatisiert und von kleinauf eingeimpft, dass es enorm schwer ist, da auszubrechen (für beide Seiten). Auch sowas wie Empathie lässt sich ja nicht an oder ausschalten, das sind gelernte Dinge, die man dann so unbewusst anwendet, wie im Auto auf die Bremse zu treten.

    Dazu kommt der Druck auf Frauen eben nicht wütend zu sein, sondern immer nett, was zb auch bei Punkt 1 oft zu einer Falle wird. Schon Wegignorieren von dummen Anmachen ist anstrengend und wenn dann doch eine deutlichere Abfuhr nötig ist, ist das gleich ein größerer Konflikt. (der dann nötig ist, weil nette Abfuhren oft zu niederschwellig für Männer sind). Ein Teufelskreis.

    Dazu kommt, dass das auch eher unsichtbare Anstrengungen sind. Ich weiß zb gar nicht, ob Männer den Ausdruck „emotionale Erschöpfung“ überhaupt kennen geschweige denn benutzen. Es ist aber ein sehr realer Zustand. Wirkt nur komischer, wenn ich sage, ein Familienbesuch hat mich ausgelaugt als wenn ich das sage, wenn ich von der Arbeit komme.

    • Thorsten Haupts 6. Mai 2022, 16:45

      … dass Männer davon profitieren …

      Wahrscheinlich. So wie Frauen von der Eisenbahn, dem Haartrockner und dem Smartphone profitieren (alles von Männern entwickelt). Entscheidend ist: Frauen könnten die „emotionale Arbeit“ auch lassen, wenn sie ihnen missfällt. Kollateralnutzen ist niemals ein überzeugendes Argument.

      Etwas allgemeiner: Nach allen mir vorliegenden Beobachtungen, Daten und einschlägigen Studienergebnissen interessieren sich Männer mehr für Technik, Frauen mehr für Menschen. Diese Kluft verstärkt sich (!) in besonders egalitären, freien und gleichberechtigten Gesellschaften massiv. Das beginnt so früh in der Kindheit und lässt sich sogar an Menschenaffen beobachten, dass kulturelle Prägung unwahrscheinlich ist. Von dem Ergebnis dieses Interesses profitiert automatisch auch das andere Geschlecht, weshalb ich das eben für unproblematisch halte.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Ariane 6. Mai 2022, 22:36

        Etwas allgemeiner: Nach allen mir vorliegenden Beobachtungen, Daten und einschlägigen Studienergebnissen interessieren sich Männer mehr für Technik, Frauen mehr für Menschen.

        Ja, aber wie Cimo oben erwähnte, hat das viel mit Rollenverständnis und erlerntem Verhalten zu tun und nicht mit Naturgesetzen. Was wenig Unterschied macht (imo) weil es aufs Gleiche hinausläuft und so früh einsetzt und dann eben automatisiert ist, dass ich als Frau zb nicht mal eben „entscheiden“ kann, keine emotionale Arbeit mehr zu machen, genausowenig wie Männer von jetzt auf gleich entscheiden können, die emotionale Arbeit zu übernehmen. Mal abgesehen davon, (Thema Erschöpfung), dass es unglaublich anstrengend ist, gegen unbewusste Mechanismen und Rollenerwartungen zu verstoßen. Kein Mensch kann und will das dauerhaft.

        Von dem Ergebnis dieses Interesses profitiert automatisch auch das andere Geschlecht

        Naja, mir persönlich geht es nicht darum. Es gibt für beide Geschlechter Vor- und Nachteile. Aber (zu) strikte Rollenerwartungen und der Druck, sich ihnen zu beugen – wovon sich IMO niemand ganz freimachen kann – schaden beiden Geschlechtern, weil sie eben einschränken und sie logischerweise nie ganz zutreffen können, weil Menschen individuell sind. Und diese Erwartungen ja auch immer von einer ganz idealisierten Form ausgehen, die eh wenig mit der Realität zusammenhängen. Siehe auch Cimos Ergänzung mit Religion zb. Ideologie, Werbung und Film und Fernsehen spielen da ja auch mit rein.

        • Stefan Sasse 7. Mai 2022, 09:50

          Genau das ist der Punkt! Der Aufwand ist Wahnsinn.

        • Thorsten Haupts 7. Mai 2022, 15:45

          Ja, aber wie Cimo oben erwähnte, hat das viel mit Rollenverständnis und erlerntem Verhalten zu tun und nicht mit Naturgesetzen.

          Genau das bestreite ich. Und die Evidenz, die unter anderem in Babystudien gewonnen wurde, ist da eher auf meiner Seite. Es existiert eine biologische Prägung, die VOR kulturell wirksamen Einflüssen einsetzt und für Männer und Frauen (im Median, nicht für jedes Individuum) unterschiedlich ist.

          Gruss,
          Thorsten Haupts

        • Thorsten Haupts 7. Mai 2022, 15:50

          Aber (zu) strikte Rollenerwartungen und der Druck, sich ihnen zu beugen …

          Genau den Punkt verstehe ich nicht? Schon in meiner Jugend in einer schwarzen westfälischen Kleinstadt begannen diese Rollenerwartungen, sich in hoher Geschwindigkeit aufzulösen. Und 50 Jahre später sollen sie in Deutschland noch immer lebensbestimmend sein? Schwer zu glauben (mir fehlt da logischerweise die praktische Lebenserfahrung als heute junger Mensch).

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • Ariane 8. Mai 2022, 11:09

            Es gibt schon biologische Unterschiede, aber nicht so spezifisch, dass es zu Handarbeit vs Technikbastelei führt. Und an der Biologie können wir eh nichts ändern, weswegen ich die Frage auch für ziemlich egal halte.

            Aber Rollenerwartungen gibt es natürlich, wir wachsen ja alle in Gesellschaften auf, die verändern sich mit der Zeit, verschwinden aber nicht. Siehe zb Körperscham mittlerweile mehr bei Männern, während es für Frauen mittlerweile egal ist, ob sie eine Hose/Jeans tragen. Weg sind sie aber sicher nicht, gerade Marketing/Werbung hat ja erst in jüngerer Zeit zb auch die Rosa/Hellblaufalle entdeckt und Frauen/Männer-Würstchen rausgebracht. Sowas hat auch mit Rollenerwartungen zu tun.

            Und natürlich sind sie nicht lebensbestimmend und meistens bemerken wir deren Einschränkung auch nur, wenn wir dagegen verstoßen. Und das kostet eben mehr Energie als ihnen zu entsprechen.

            • Thorsten Haupts 8. Mai 2022, 21:21

              Und an der Biologie können wir eh nichts ändern, weswegen ich die Frage auch für ziemlich egal halte.

              ??? In der Frage, inwieweit Verhalten oder Vorlieben biologisch angelegt oder sozial erlernt sind, ist das ungeheuer wichtig. Sozial erlernt kann man gesellschaftlich ändern, biologisch angelegt (noch) nicht. Im Kern streiten wir uns genau darum, weil davon die Frage abhängt, wo genau Geschlechterverhältnisse „problematisch“ sind und wo nicht.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

    • derwaechter 6. Mai 2022, 18:24

      „Oder wie Stefan im Vorgespräch meinte, dass Männer sich gegenseitig keine Komplimente machen“

      Ich hatte das unter dem Podcast auch schon geschrieben.
      Ich bin wirklich überrascht (entsetzt) im was für einer Welt Stefan lebt. Ist das in Süddeutschland wirklich so krass oder woran liegt das?

      Ganz bestimmt machen Männer das seltener aber gar nicht? Deckt sich überhaupt nicht mit meiner Erfahrung.

    • Stefan Sasse 7. Mai 2022, 09:38

      Danke!

  • Thorsten Haupts 6. Mai 2022, 16:52

    Wirkt nur komischer, wenn ich sage, ein Familienbesuch hat mich ausgelaugt …

    Also, auf mich nicht :-). Und nach anekdotischem Erleben im männlichen Bekanntenkreis geht das auch einer nicht insignifikanten Zahl von Männern so. Nur schliessen Männer das Thema nach dem Austausch von 2 bis 3 kurzen Kommentaren ab und reden über etwas Interessanteres. Schwer generalisiert treten „wir“ gerne unsere Gedanken und Errungenschaften breit, aber nicht unsere Gefühle. Mein persönlicher Grund dafür ist sehr einfach – es hilft mir keinen Schritt weiter, ist also für mich Zeitverschwendung. Mit sogar negativen Folgen – Verdrängen, Zurückstellen oder aktives Verändern der Situation half mir immer mehr.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • Wolf-Dieter Busch 8. Mai 2022, 09:28

    An manchen Punkten steht die Diskussion still.

    Der Autor weigert sich, männliche Veranlagung anzunehmen, statt sie zu mit bestreiten (mit Begründung); er steigt aus bei der gut beobachtbaren natürlichen Dominanz der Frau im Familiären Bereich; historische Fakten bestreitet er allen Ernstes schlicht mit dem Alter der Quelle – als sei das ein natürlicher Vorgang.

    Es klafft eine Lücke zur beobachtbaren Realität: der körperlichen und seelischen Unterschiede der Geschlechter.

    Der Sexualpsychologe J. W. Money (*1921 – ✝2006) führte 1967 ein Experiment durch, bei dem ein männliches Baby zur Frau umoperiert wurde – um die seelische Gleichartigkeit der Geschlechter zu beweisen. Das Experiment endete tragisch (Suizid).

    Die Gender-Mainstream beraubt Kinder ihrer sexuellen Identität. Wirkliche Diskussion – nüchtern geführt – würde Gender-Mainstream als verbrecherisches Menschen-Experiment ausweisen.

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