Grundsätzlich halte ich es für eine begrüßenswerte Entwicklung, dass auch solche eher hervorgehobenen Einrichtungen beginnen, beim Essen neue Wege zu beschreiten. Die vegetarischen Ersatzprodukte werden ja auch immer besser. In meinen Augen besonders hervorzuheben ist Beyond Meat, die im Gegensatz zu diversen anderen Herstellern tatsächlich ein vergleichbares Geschmacksergebnis liefern; ihre Ökobilanz ist ohnehin um Längen besser.
Das wird auch wichtig sein, denn wie wir gerade in den USA beobachten kann, wird „Fleisch essen“ gerade auf der Rechten aus irgendeinem Grund zu einem identitätspolitischen Kulturkampfmarker. Vermutlich gab es wieder irgendein absurdes FOX-News-Segment, aber die völlig abwegige „Joe Biden will Fleisch verbieten“-Linie trendet gerade heftig durch die rechte Blase und sorgt dafür, dass allerlei Leute gigantische Steaks fotografieren und ihren Widerstand gegen die liberale Terrorherrschaft…ach, ihr wisst schon. Es ist im Endeffekt die Veggie-Day-Debatte auf Drogen.
Einen progressiven Propagandasender wird es wohl nicht geben, solange nicht irgendwelche Milliardäre das entsprechende Geld reinpacken und das progressive Publikum plötzlich völlig seinen Geschmack ändert (beides sehr unwahrscheinlich), und genauso wenig sehe ich die demokratische Partei plötzlich ihre rhetorische Strategie ändern und jedem Republican vorwerfen, Kindesmissbrauch zu unterstützen. Klar würden die Republicans das den ganzen Tag machen, wenn es umgekehrt wäre. Und vermutlich wäre es auch erfolgreich.
Aber: Will ich das? Ich finde eine Welt, in der solche negative, vitriolgeladene Dauerbeschallung läuft? Diese Frage ist rhetorisch, ich will das nicht. Wir sehen ja auch bei den Republicans, wohin das führt.
Es sieht ganz so, als sei »Führung« ein entscheidendes Element des grünen Wahlkampfs. Vielleicht liegt darin sogar ein oft übersehenes fünftes Versprechen der Grünen, neben Klimaschutz, Bejahung gesellschaftlicher Vielfalt, mehr Kooperation und der Chance auf Veränderung nach 16 Jahren Merkel. […] In einem repräsentativen System wählen Menschen andere Menschen, von denen sie glauben, dass sie ihre Interessen vertreten. Die können, dürfen und müssen frei entscheiden und sich dann zur Rechenschaft ziehen lassen. Ein repräsentatives System setzt Führung voraus. Parlamente sind Institutionen, die so entworfen wurden. Parteien sind Organisationen, die in einem solchen System entstanden sind. […] Repräsentation ist selbst in der politischen Mitte in Verruf geraten, während paradoxerweise der Wunsch nach Führung nicht nachgelassen zu haben scheint, zugleich hat sich mehr Basisbeteiligung für Parteien als riskant erwiesen. Die beiden, Merz und Söder, sägen an dem Ast, auf dem sie selbst dereinst sitzen wollen. Sie befeuern einen Konflikt zwischen Basis und Funktionären, der in einer Partei niemals aufgelöst werden kann. Die Grünen bieten etwas von dem an, was Merz und Söder bei vielen Menschen attraktiv macht und was die Laschet-Union nicht bietet: ausgestellte Führungslust, wenn auch weniger breitbeinig. Ohne dabei wie Merz und Söder gegen die Logik einer Partei anzuarbeiten, was Reibungen erzeugen muss. Man kann vermuten, dass die Coronapandemie dieses Angebot eher attraktiver als unattraktiver gemacht hat. Sie zeigte nämlich, wie es aussieht, wenn politische Führung systematisch verweigert wird. (Jonas Schaible, SpiegelOnline)
Es ist gut möglich, dass die Grünen da in eine Lücke stoßen. Wir haben ja effektiv drei Kanzlerkandidat*innen, und einer davon ist nicht wirklich ernstzuehmen. Und gegenüber Laschet ist Baerbock schon eher diejenige, die dafür steht, in welcher Weise auch immer „Führung“ zu betreiben. Ich sehe das weniger in dem Sinne, als dass sie eine Regierung führt – das tut auch Merkel sehr effektiv – sondern dass sie und ihre Partei eine Vision haben, in welche Richtung das Ganze eigentlich gehen und zu welchem Zweck diese Macht ausgeübt werden soll (und das tut Merkel ganz und gar nicht, und Laschet auch nicht). Wenn der entsprechende Bedarf im September besteht, die Wechselstimmung groß genug ist, dann mag das zum Pfund für die Grünen werden.
4) Tweet
Italien hat auch seine Defizitziele besser erfüllt aus Deutschland, ohne dass ihm das in irgendeiner Weise bei seinem unverdienten Ruf als Schlendrian geholfen hätte. Solche Fehlwahrnehmungen beruhen alleine auf nationalistischen Klischees und gehören einfach in die Mottenkiste, in beide Richtungen. Hier hat die Merkelregierung eine wahrhaft titanische Leistung erbracht und dem Klischee von den gut organisierten Deutschen, die mit großer Präzision und nüchterner Sachkenntnis Probleme angehen, ein Ende gemacht. *mic drop*
5) Eine Klasse empört sich
Ihre Positionen sind die von Querdenken; wenn sie sich distanzieren, dann rhetorisch. So, wie man sich in der »Mitte« von Nazis distanziert, weil sie »dumm« sind, distanziert man sich hier von Querdenken, weil sie »Spinner« sind. Tatsächlich dürften weite Teile der Oberschicht mindestens Sympathien zu »Querdenken« haben; die Industrie sowieso. Solange die Querdenker auf den Straßen sind, hat die Politik ihre »besorgten Bürger«, deretwegen sie über »Öffnungen« nachdenken kann, und solange rollen die Fließbänder unbehelligt. Auch die Schauspieler wollen wieder zum Italiener und Geld verdienen wie früher; von der Politik fordern sie lediglich, in ihrem Lebensstil nicht länger eingeschränkt zu werden. Während die Krankheit Familien zerstört und Millionen ins Elend taucht, will die deutsche Oberschicht vor allem wieder in die Oper gehen. […] Sie tragen das empörte Antlitz des Zahnarztes, der nicht versteht, dass nach 23 Uhr die Cappuccino-Maschine nicht mehr für ihn eingeschaltet wird. Es ist die Empörung einer ganzen Klasse, die nicht einsieht, dass für sie noch Regeln gelten. Maßnahmen können ihretwegen getroffen werden, aber nicht für sie – sie wollen weitermachen wie bisher. Überhaupt von Gesetzen betroffen zu sein, sich nicht rauskaufen können, behandelt zu werden wie Hartz-IVler, bei denen sie aber keinen Gedanken an Freiheiten und Grundrechte verschwenden, ist schon der ganze Grund der Empörung. Die Allianzen, die das Bürgertum in seiner Wehleidigkeit schmiedet, machen mir persönlich mehr Sorgen als jede Maskenpflicht. (Leo Fischer, Neues Deutschland)
Es ist das erste Mal, dass ich hier einen Artikel aus dem Neuen Deutschland zitiere, glaube ich. Was kommt als Nächstes, Tichys Einblick? Aber Scherz beiseite. Ich kann mit diesen altlinken Klassenbegriffen wenig anfangen und finde sie furchtbar verstaubt, aber egal wie man die entsprechende Gruppe bezeichnet (mir ist sowohl „Oberschicht“ als auch „Bürgertum“ wesentlich zu breit, das ist ja nur ein Subset), es ist wenig daran zu rütteln, dass die grundsätzliche Beschreibung richtig ist. Es gibt eine gewaltige Schlagseite in den Covid-Maßnahmen, und der hässliche Egoismus zeigt sich in vielerlei Gestalt. Im aktuellen Vermischten hat etwa die Altersschichtung keinen Platz mehr gefunden (im nächsten dann), aber dass es auch eine nach Vermögen gibt, sollte unbestritten sein. Die Prioritäten der Politik sind völlig verschoben, unverantwortlich und einfach nur noch abstoßend.
6) Tweet
Das war der große Irrtum der Piraten, den ich schon 2012 kritisiert habe. Mehr Transparenz ist nicht automatisch besser, die zerstört im Extremfall die Vertrauensverhältnisse, die für verbindliche Absprachen und eine vernünftige Arbeit notwendig sind. Es ist derselbe Trugschluss, der auch die Forderung nach mehr Basisdemokratie unterfüttert – die wenig zufällig auch vehement von den Piraten vertreten worden war. Mehr führt nicht zwingend zu mehr. Denn so wie bei der Transparentmachung dieser Sitzungen die Absprachen dann eben in andere Foren gedrängt werden, so führen permanente Abstimmungen letztlich zur Herrschaft derjenigen mit der meisten Zeit und Beharrungskraft. Das ist nicht zwingend das, was man will, um es milde auszudrücken.
7) Mathematik – eine Crux für Verwöhnte?
Aktiver Konstruktionsprozess: Das hört sich gut an, ist aber genau die Crux. Schon vor 100 Jahren beobachtete Alfred Adler, Begründer der Individualpsychologie: „Rechnen ist für verzärtelte Kinder immer ein gefährliches Fach.“ Unter Verzärtelung verstand Adler das, was wir mittlerweile seelische Verwöhnung nennen – also nicht ein Übermaß an Bonbons, Klamotten oder Taschengeld, sondern die verbreitete elterliche Haltung, ihrem Schatz das Leben so erfreulich wie möglich zu machen, ihm Schwierigkeiten möglichst aus dem Weg zu räumen. […] Wenn Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten mit Mathe haben, dann kann das zwar an der Lehrkraft liegen. Häufige Ursache ist aber auch das Kind selbst: seine Motivation und seine Arbeitshaltung, bisweilen auch entmutigende Vorerfahrungen in diesem Fach – oder auch nur Stofflücken oder, präziser gesagt, „nicht bewältigte fachliche Hürden“ (Wolfram Meyerhöfer). Dazu gehören die Ablösung vom zählenden Rechnen, das Verständnis des Stellenwertsystems oder die Logik der Rechenoperationen. Etwaige Intelligenzunterschiede sind demgegenüber für pädagogisches Handeln nachrangig. Zwar kann nicht jedes Kind ein Mathegenie werden, aber jedes kann jederzeit dazulernen. (Michael Felten, Das Deutsche Schulportal)
Dieser Artikel ist so unglaublich typisch für die Krankheit des Matheunterrichts in Deutschland, symptomatisch für eine ganze Profession. Ich kenne das aus unzähligen Lehrerzimmergesprächen. Die einzigen Lehrkräfte, die Schüler*innen als dumm bezeichnen, die sich permanent darüber ärgern, dass sie nichts könnten und sich darüber beschweren, dass sie nicht gebannt ihrem Unterricht lauschen, sind Mathelehrkräfte. Nicht alle, natürlich. Aber diese Einstellung ist so unglaublich weit verbreitet, und es ist Anzeichen einer kaputten Fachkultur.
Es ist die Betrachtung von Mathe als Königsdisziplin, als anspruchsvollstes und bestes der Fächer, eine Vision wie die der katholischen Kirche unter Papst Pius XIII, wo die Erlösung und Erkenntnis nur durch totale Hingabe und möglichst viele Steine im Weg kommen kann. Jedes Jahr ist das Mathe-Abitur unter den Fächern mit dem schlechtesten Durchschnitt. Nirgendwo wird so viel private Nachhilfe genommen, ist eine 4 Grund für solche Erleichterung. Nur in Mathe sind solche elterlichen Reaktionen möglich.
Ich teile ja den Appell des Autors am Ende des oben zitierten Ausschnitts. Jedes Kind kann dazulernen. Dass nicht jedeR auf eine sehr gute Note kommen wird – geschenkt, das ist für jedes Fach wahr. Nur, die Vorstellung, dass es eben nur an mangelnder Härte und Biss liege, dass Eltern und andere Fachlehrkräfte die Kids einfach nur verhätschelten, ist an den Haaren herbeigezogener Unsinn. Das gewünschte Ergebnis wird sich nicht erreichen lassen, wenn die zugrundeliegende Ursachenanalyse falsch ist. Und viel falscher als hier kann sie kaum sein. Bedauerlicherweise wird diese Ansicht weithin geteilt.
8) Mitt Romney, Republican sphinx
So again, that question: Who is Mitt Romney? Is he Trumpism without Trump? An opportunist trying to make amends after his impeachment votes? The heir to the Rockefeller Republicans? A protocol droid who keeps getting hacked from different directions? Perhaps a little of each. But there’s another strand in there too that’s worth mentioning. It dates back to Romney’s term as governor of Massachusetts when he decided to work with Democrats on statewide universal health care. „Romney was intrigued with it because of the personal responsibility aspects,“ Jonathan Gruber, a professor at MIT who assisted with the effort, told the Boston Globe. To Romney, requiring people to purchase health insurance wasn’t an onerous government mandate so much as a way for individuals to take charge of themselves and stop free-riding off of the state. The resulting law, RomneyCare, a government program ostensibly in the service of conservative ends, does more to explain Mitt Romney than anything else. The man is neither a libertarian nor a nationalist; he’s a compassionate conservative in the mold of George W. Bush. He believes ardently in personal responsibility, competitive markets, family values. But he also believes that government, so long as it’s manned by virtuous statesmen, can be a partner in these efforts rather than a zero-sum adversary. The state can help do good within certain fiscal and constitutional limits, whether on behalf of single mothers struggling to pay hospital bills or Afghanis trembling before the Taliban. This strain has a long history on the right. Now it’s surfaced again among the Trumpists, though grounded in notions of class and nation rather than self-reliance and noblesse oblige. Romney is where the old guard and the new thinking meet. The question now is whether voters are onboard for another round of big-government idealism. (Matt Purple, The Week)
Die Idee, dass der Aufstieg des Rechtspopulismus – ob nun in der GOP, bei den Tories, der AfD, Fidesz oder anderswo – zu einer Art Synthese linker Wirtschaftsideen mit rechten Gesellschaftsideen und zu einer Neuorientierung des politischen Systems führe, die die Libertären in ihrer stets unsicheren Allianz mit diesen Kräften (Wirtschaftspolitik für die 0,1%, Rassismus für die Masse) quasi strandet, habe ich in den letzten Jahren häufig gehört. Gerade für Trump wurde diese Entwicklung oft prognostiziert, manchmal geradezu herbeigesehnt. Und es gibt ein gewaltiges Potenzial für diese Art von…nun…Nationalsozialismus, in dem Versuch, die historische Konnotation des Wortes einmal beiseite zu lassen.
Die Rechten haben besonders in den USA jahrzehntelang Mehrheiten auf sich vereinigen können, indem sie progressive wirtschaftliche Ideen mit reaktionären oder konservativen gesellschaftlichen Ideen verknüpfte (exemplarisch mögen hier die Dixiecrats stehen). Aber diese Zeiten sind vorbei. Einerseits macht die Herrenmenschen-Ideologie der GOP das extrem schwierig, denn die andere Seite schläft ja nicht: im Gegensatz zur Mitte des 20. Jahrhunderts ist es nicht mehr möglich, an eine monolithische weiße, männliche Arbeiterklasse zu appellieren und damit Mehrheiten zu gewinnen, das ist eine Illusion. Zugleich sind die Hassprediger der GOP aber finanziell immer noch von den Superreichen abhängig, was ihren Populismus auf den gesellschaftlichen Teil beschränkt, weswegen sie ja auch permanenten identitätspolitischen Kulturkampf betreiben und das Potenzial der Wählerschaft nicht annähernd ausschöpfen können.
Die Linken haben übrigens, wie Sahra Wagenknechts ineffektive Mobilisierungsversuche zeigen, das genau gegenteilige Problem. Sie sind abhängig von einer kosmopolitischen, liberalen Schicht, die die Versuche, den wirtschaftlichen Populismus mit gesellschaftlichem Konservatismus zu verbinden – ein Erfolgsrezept der Sozialdemokratie über viele Jahrzehnte – ablehnt. Keine der beiden Seiten war bisher in der Lage, diese Widersprüche aufzulösen. Wem das gelingt stehen Supermehrheiten und ein Bruch der aktuellen politischen Gesäßgeografie offen.
9) Why kids bully — and what to do about it
Unfortunately, many kids who display bullying behavior need more help than schools can provide. „Schools are probably limited in their ability to change the systemic family issues that contribute to bullying, such as neglect, poor parental management of anger, or parental enabling of siblings that are bullies,“ says licensed marriage and family therapist Carrie Krawiec. In other words, bullying is an extremely complicated phenomenon. It’s context-specific and often tied to the existing culture and climate of the school and the community. However, there needs to be a plan in place — one everybody knows about and understands how to implement. „We need more comprehensive prevention,“ says Anjali Forber-Pratt, assistant professor in the Department of Human and Organizational Development at Vanderbilt University. „In many cases, we need to address the issues beyond the bullying behavior to include more comprehensive school-wide prevention strategies. For example, what are the attitudes and behaviors of the adults in the school building? What are the policies? What is the climate like in the school, and how can that climate be adjusted to promote a healthy, inclusive, and supportive environment where then bullying is less likely to occur?“ (Claire Gillespie, The Week)
Es ist ein trauriges, persistentes Problem, bei dem Lehrkräfte leider praktisch hilflos sind. Zwar gibt es inzwischen Mobbingbeauftragte und entsprechende Fortbildungen, ist Mobbing geächtet und wird bestraft. Aber obwohl das Phänomen dadurch deutlich zurückgegangen ist – Vorleben ist eben immer noch die beste Pädagogik – sind wir an den Grenzen dessen, was Lehrkräfte im Unterrichtsraum leisten können. Sie sind keine Sozialarbeitenden, aber gerade die sind in dieser Situation gefragt. Lehrkräfte sind dafür einfach nicht ausgebildet und, entscheidender, haben nicht die Zeit, das Problem konsistent anzugehen. Dafür müssen vollberufliche Sozialarbeitende her, die in Vollzeitstellen die Kapazitäten haben, sich dem anzunehmen. Wo das gegeben ist, sind deutliche Fortschritte auf diesem Feld wahrnehmbar, wo nicht, nicht.
10) Die Maaßen-Kandidatur offenbart eine programmatische Leere der CDU
Es ist reichlich naiv zu glauben, Maaßen sei nur einfach so etwas wie ein neuer Alfred Dregger, jemand, den die CDU unter Kohl wie die damalige »Stahlhelm«-Fraktion integrieren könne, um bloß dem Strauß’schen Mantra gerecht werden zu können: »Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.« Indes: »Things have changed«. So lautet ein dieser Tage erneut sehr passender Songtitel von Bob Dylan. Es gibt sie längst, die demokratisch-legitimierte, also gewählte Partei rechts der CDU, was allerdings nichts über ihre Demokratietreue aussagt. Genau deshalb sieht nun auch der Verfassungsschutz so genau bei ihr hin. […] Die Maaßen-Kandidatur offenbart schlichtweg das ganze Ausmaß der programmatischen Leere der CDU, was die Grenzziehung zwischen konservativ und rechts(populistisch) angeht. Seit Jahren heißt es, man habe mit der AfD nichts zu tun. Mit spitzen Fingern grenzen sich Unions-Granden verbal von ihr ab oder tragen, wie zuletzt der CDU-Vorsitzende Armin Laschet, »Kampferklärungen« gegenüber der Partei vor. Dabei werden dann – wie aktuell von Laschet – gerne entsetzt AfD-Positionen wie die »Leugnung der Pandemie« oder der angestrebte Austritt aus der EU hervorgehoben. Doch ein solcher Ansatz greift viel zu kurz. Bis heute hat die CDU versäumt zu erklären, wie sich der westlich geprägte Unionskonservatismus diametral von der rechten Gedankentrias aus Antipluralismus, Antiliberalismus und Ethnopluralismus unterscheidet. Das ist deshalb besonders gefährlich, weil sich Neurechte und Rechtspopulisten selbstverharmlosend als »konservativ« etikettieren. Genau das macht es ihnen leicht, in jene verführbaren bürgerlichen Kreise vorzudringen, denen die CDU unter Angela Merkel zu liberal oder gen links gerückt ist. (Liane Bednarz, SpiegelOnline)
Genau das ist das Thema: diese Werte stehen einander fundamental gegenüber. Die CDU kann dieses Dilemma nicht auflösen. Die Zeit der großen Stammwählerschaften ist vorbei, auch für die CDU. Möglicherweise ist es die Zeit der Volksparteien generell. Es ist gut möglich, dass Merkel mit ihrem Modernisierungskurs und ihrem opportunistisch-pragmatischen Besetzen eines so breiten politischen Orts wie möglich diese Entwicklung für eine Weile aufgehalten hat, aber in meinen Augen steht die CDU im selben Zerfallsprozess, den die SPD die letzten zwei Jahrzehnte durchgemacht hat. Die Fliehkräfte zwischen den verschiedenen Zentren sind einfach zu stark, als dass sich diese noch in ein und derselben Partei integrieren ließen. Ich halte jedenfalls die Vorstellung, dass man die Pegida-Leute und die Mitglieder der Klima-Union in derselben Partei versammeln könnte, in einem Verhältniswahlrechtssystem für absurd.
11) Und dann wirft die AfD-Jugend ihrer Partei „linke Cancel Culture“ vor
„Der Bundesvorstand der AfD hat Druck auf uns ausgeübt, damit wir uns von Neumann distanzieren. Eine solche Distanzierung kommt für uns nicht infrage.“ Weiter: „Neumann und damit stellvertretend tausende junge Menschen hierzulande für Äußerungen, wie die von ihm getätigten, mundtot machen zu wollen, schafft eine Atmosphäre der Angst und besorgt das Geschäft des politischen Gegners.“ Es könne nicht sein, „dass selbst innerhalb der AfD die linke Cancel Culture Einzug hält“. Schließen lässt sich daraus, dass sich die JA-Spitze nicht von Neumann-Äußerungen wie denen distanzieren will, dass Schwarzafrikaner anders als weiße Europäer keine Deutschen werden könnten, dass es „Schwarze Deutsche und Europäer“ nicht gäbe und „Liberalismus volksfeindlicher Müll“ wäre. […] Auffällig an dieser Offenheit gegenüber den Verhältnissen in der chinesischen Diktatur ist neben der ideologischen Positionierung der intellektuelle Anspruch, den solche JA-Kreise vor sich hertragen. Gerade Neumann, der sich auch schon mal als Dandy im karierten Dreiteiler mit Einstecktuch fotografieren ließ, gibt sich gern geistvoll. […] Dies wird bei der Betrachtung der oft aktivistischen JA leicht übersehen: Vielen Mitgliedern der AfD-Nachwuchsorganisation geht es auch um das Gefühl, an rechtsradikaler Theoriebildung und Intellektualisierung teilzuhaben. Und dafür wird schon in wenigen Monaten sehr viel Geld zur Verfügung stehen: Wenn die AfD zum zweiten Mal in den Bundestag einzieht, dürfte es kein Hindernis mehr geben, dass die parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung pro Jahr einen hohen zweistelligen Millionenbetrag vom Staat erhält. Ein großer Teil davon dürfte in Stipendienprogramme fließen, um die sich nach Stand der Dinge wohl vor allem Studierende aus dem Umkreis der JA bewerben werden. (Matthias Kamann, Welt)
Die Revolution frisst ihre Kinder, Rechtsextremismus-Edition. Viel mehr ist zu diesem internen Konflikt kaum zu sagen, außer vielleicht, dass es einmal mehr zeigt, wie leer und inhaltsfrei diese politischen Kampfbegriffe wie „Cancel Culture“ sind. Auch „links“ wird in dem Zusammenhang einfach nur als Schimpfwort verwendet. Diese interne Kannibalisierung kann mir als Demokrat natürlich nur Recht sein. Zerstreitet euch fröhlich, liebe AfD-Gliederungen.
Ganz anders schaut es mit der im Artikel angesprochenen Intellektualisierung der Rechten aus. Die Welt ist hier übrigens eine großartige Ressource, nebenbei bemerkt, einige der scharfsinnigsten Beobachtenden der AfD schreiben hier ihre Artikel, wenngleich häufig leider hinter der Bezahlschranke. Aber zurück zum Thema. Bislang ist die radikale Rechte in Deutschland eher mit Proletentum, Springerstiefeln und Glatzen verbunden, mit wütenden, brüllenden Leuten, die Reichsfahnen schwenken.
Aber der Anspruch der AfD ist durchaus, das zu ändern, und ich denke, sie haben da auch gute Aussichten. Da wird man aufpassen müssen, schon allein wegen der in Fundstück 10 angesprochenen Ideenlosigkeit der CDU, die keinerlei rechtsdemokratische Alternative zu bieten weiß (erneut, eine Spiegelung der SPD, deren Ideenlosigkeit nur deswegen keine riesige Lücke auf der Linken reißt, weil dort die Grünen noch Alternativen anbieten können).
4) Ein realistisches Italien-Bild ist wichtig für die Zukunft der EU. Deshalb auch noch diese Details: Die eingestürzte Brücke in Genua wurde in Redordzeit wiederaufgebaut.
Noch ein Beispiel aus der Vergangenheit: In Italien fahren seit Jahrzehnten Züge mit Neigungstechnik für kurvenreiche Nebenstrecken. Die deutsche Bahn(technik) hat das nach peinlichen Pannen vor 20 Jahren aufgegeben.
Ja, diese nationalistischen Klischees sind echt super-schädlich.
Welches „realistische“ Bild? Wer Italien kennt, weiß, dass es zwei- bis dreigeteilt ist. Die Italiener im Norden stehen einkommens- und mentalitätsmäßig ihren Nachbarn in der Schweiz, Österreich, Bayern und Baden-Württemberg nahe. In Südtirol spricht man besser Deutsch als Italienisch.
Zum Süden Italiens, der spätestens unterhalb Roms beginnt, verläuft ein sehr tiefer Graben. Die Brücke von Genua ist auch nicht zufällig im Norden wieder aufgebaut worden, die Züge mit Neigungstechnik wurden von Fiat Ferroviaria entwickelt mit Sitz in Turin.
Es gibt nicht das Italien. Das sollte man zumindest wissen, wenn man von dem realististischen Bild spricht.
Ja, das gehört dazu, zum ganzen Bild. Zu oft aber wird ganz Italien mit Ineffizenz und Mafia assoziiert.
Auch Sie vermuten ja, dass der Corona-Hilfsfonds der EU auf die Konten der Mafia einzahlt und daher falsch ist. Das Problem ist real, aber es wird dort auch viel für die Lösung getan. Das Geldwäsche-Paradies ist Deutschland, nicht Italien. Wer die EU erhalten will, darf Italien nicht fallen lassen.
Italien steht sehr stark im Griff der Mafia, vor allem jedoch der mittlere und südliche Teil des Landes. Dort sollen maßgeblich Infrastrukturprojekte gefördert werden. Die bisherige Regierung war jedoch in diesem Punkt zurückhaltend, eher sollten die Hilfsgelder in eine Gießkanne gepackt werden.
Italien ist seit Jahrzehnten politisch blockiert, Reformen nicht umsetzbar. Mario Draghi versucht es jetzt mit einem gigantischen Paket, das alle beglücken soll, damit eine Mehrheit zu stimmen kann.
Auf der anderen Seite gibt es keinen ernsthaften Ökonomen und Politiker in Rom wie Brüssel, der nicht weiß, dass Italien entschuldet werden muss. Die Frage ist nur, wer die Rechnung bezahlt. Die wohlhabenden Italiener haben bereits abgewunken. Es werden die oft ärmeren europäischen Partner sein, die in den nächsten 10, 15 Jahren durch Transfers, Entschuldung über die EZB und Vergemeinschaftung der Schulden den Kreditberg abtragen werden.
Das ist dann der Preis für den Erhalt der EU. Nur sollte man dazu vielleicht mal die Bürger fragen und nicht einfach machen.
Wenn ich den Bürger Stefan Pietsch frage: Wie lautet seine Antwort?
Ich kann den Vorteil einer Transferunion nicht erkennen. Wir haben in der Welt einen neuen Wettlauf der Systeme: zeigt sich der Staatskapitalismus chinesischer Prägung als überlegen oder der westliche Liberalismus mit der vermeintlichen Behäbigkeit der Demokratie und der Aufgeschlossenheit, die Leistungsfähigkeit der Menschen nicht bis zum Exzess auszubeuten?
So sehr ich mir ein geeintes Europa wünsche, ja erträume, es scheint völlig unrealistisch. Denn in vielen Regionen und Milieus gerade in Westeuropa kämpfen wir nicht mehr um Fortschritt und Prosperität, sondern verwalten den über Jahrzehnte aufgebauten Wohlstand. So findet Europa auf den wichtigen Wirtschaftsfeldern wie der Weltpolitik und Handelsbeziehungen nicht oder kaum noch statt.
Das liegt nicht nur an den Südländern, don’t get me wrong. Deutschland überaltert, Frankreich war ohnehin nie sonderlich an Wirtschaftsliberalismus orientiert. Der BREXIT kann sich am Ende vielleicht als größerer Verlust für die EU als umgekehrt herausstellen. Die Geschichte ist noch nicht auserzählt.
Also, nein ich wäre nicht bereit, diesen Preis für die EU zu bezahlen. So kann es nicht funktionieren.
Vereinigte Staaten von Europa ftw.
Die Norditaliener würden sich seit mindestens 30 Jahren furchtbar gerne vom Süden abspalten. In Spanien möchten die wohlhabenden Katalanier nichts mit den restlichen Regionen zu tun haben, die häufig auch ihre Eigenarten bis hin zu eigenen Sprachen pflegen. Aktuell will sich Schottland wieder vom Vereinigten Königreich abspalten, weil sie in ihrer Prosperität gehindert werden von den bornierten Engländern.
Also, das sind die traditionellen Spannungen zwischen jenen, die sich entwickeln und wachsen wollen und solchen Mentalitäten, die andere Vorzüge des Lebens präferieren. Wenn das schon bei Nationen der Fall ist, was gibt Dir das moralische Recht, Dich dort zu erheben, wo nicht einmal Geschichte und Staat ein Minimum an Zusammengehörigkeit geben?
Die Schotten (und soviel ich weiß auch die Katalanen) wollen zwar raus ihrer Mini-Union, aber in der EU bleiben.
Gedankenexperiment: Keine „Transferunion“. Salvini gewinnt und aktiviert Art. 50. EU bricht auseinander. Jahrelange Verhandlungen wie mit GB, nur jetzt mit x Staaten. EU-Abkommen sind nichtig. Standards gelten nicht mehr. 27 Euro-Staaten verhandeln mit China, USA, Südamerika, Canada – und jeweils miteinander. Keine Planungssicherheit für die Unternehmen. Ende des freien Kapitalverkehrs und der Arbeitnehmer-Freizügigkeit.
Ist es das wert?
„EU bricht auseinander. Jahrelange Verhandlungen wie mit GB, nur jetzt mit x Staaten. “
Das ganze Szenario wäre natürlich völliger Mist. Und zwar für alle Beteiligten.
Nur: WENN z. B. die Italiener das wollen und die Nachteile in Kauf nehmen – kann es dann sinnvoll sein sie durch beständige deutsche Bestechungszahlungen davon abzubringen?
Wir profitieren – wie alle EU-Staaten – erheblich von der EU und dem Wirtschaftsraum. Aber das relativiert sich sehr stark je mehr Wohlstandstransfer wir leisten müssen, um diesen Raum zu erhalten.
Kosten-Nutzen-Abwägung:
Dass Putin und Xi Ping die EU gern zerbröselt sehen wollen, könnte einen schon in Grübeln bringen.
Nein, wieso?
Schotten und Katalanen sind in ihren Ländern große Nettozahler. Sie wären es auch in der EU. Bei Schottland kommt hinzu, dass die ländliche englische Bevölkerung mit dem BREXIT den Schotten einen wirtschaftlichen Schaden zugefügt haben.
Großbritannien ist nun in keinem größeren Handelsabkommen. Für eine Region, die doch exportabhängig ist, ist das höchst problematisch.
Ich wundere mich allerdings über Ihre Vorstellungen von Gemeinschaft. Sie scheinen darin vor allem Transfergesellschaften zu sehen, dazu bestimmt, den Ärmeren ein besseres Einkommen zu gewährleisten. Wo funktionieren Gemeinschaften als dauerhafte Transferunion?
Ehen funktionieren am besten, wenn die Ehepartner sich gegenseitig pushen und Lebensziele besser erreicht werden können durch gemeinsame Ausrichtung. Dabei kann es auch zu finanziellen Transfers kommen, aber gerade Linke haben eine solche Form der Ehe immer als schlecht angesehen. In jedem Fall sind solche Ausgleich weitgehend freiwillig.
Auch Arbeitsverhältnisse funktionieren nicht nach dem Transferprinzip, Freundschaften schon gar nicht. Zwar kann es zu zeitweiligen Ausgleichen kommen, dies ist aber eben wirklich solidarisch und eben nicht auf Dauer angelegt.
Spanien und Italien sind in Summe (Staat + Unternehmen + Haushalte) keine armen Länder, die Italiener gehören zu den Vermögensten in der EU. Die Spanier rechnen sich arm, weil es für sie lukrativ ist. Nach dem selben Prinzip funktioniert der Länderfinanzausgleich in Deutschland. Waren bei Gründung der Bundesrepublik 6 Zahler und 5 Empfänger, so hat sich das völlig gewandelt, die „armen“ Bundesländer sind mit 12 in der großen Überzahl. Nein, solche Systeme führen immer nur zu dauernden Abhängigkeiten und Ausbeutungen der Soliden.
Nochmal, die Italiener wollen nicht für ihre hohen Staatsschulden zahlen, sie wollen dafür nicht eigenes Vermögen opfern. Das wollten die Norditaliener schon nicht für die Menschen auf Sizilien. Sie wollen auch nicht geringere Renten und längere Lebensarbeitszeiten. Warum eigentlich sollten sich die Nordländer dann für Ausgleiche zur Verfügung stellen?
Die BREXIT-Verhandlungen waren so zäh, weil Großbritannien Sonderrechte wollte und erhebliche Druckmittel besaß. Aber vergessen Sie nicht: auch ein solcher Austritt ist nach 2-4 Jahren erledigt.
Würde ich Sie fragen, ob Sie zum Ausgleich der großen Verbindlichkeiten und Einkommensunterschiede in der EU wie mit den Südländern auf 10% ihrer Altersbezüge verzichten würden, würden Sie dies ablehnen. Dabei ist das maßvoll. Aber damit würden Sie erstmals spüren, dass auch solche Transfers nicht kostenlos sind. Sie gehen zulasten von irgendjemand. Also ist sorgsam abzuwägen.
Italiens öffentliche Schulden liegen bei fast 3 Billionen Euro. Um auf ein erträgliches Maß zu kommen, müsste die Hälfte davon weg, also 1,5 Billionen Euro. Der deutsche Anteil läge dabei bei so 0,4 Billionen Euro, was in der Höhe dem entspricht, was die Grünen demnächst investieren wollen. Mit Schulden. Oder mehr als einem Jahr aller Renten und Pensionen in Deutschland. Oder den Einkommens- und Ertragsteuern eines Jahres.
Das ist also verdammt viel Geld. Was haben die Italiener davon? Im Grunde nicht viel außer dem Erhalt ihres privaten Vermögens. Aber: Sie leben immer mehr von Transfers, von Renten. Neben Deutschland sind sie das älteste Volk der EU. Obwohl Italien „nur“ 16 Millionen Rentner hat, belaufen sich die Ausgaben hierfür auf über 400 Milliarden Euro. Deutschland mit seinen 20 Millionen Rentnern zahlt 366 Millionen. Euro. Bei einer Kürzung der Renten um ein Viertel könnte Italien also binnen 15 Jahren die Hälfte seiner Staatsschuld abtragen.
Das ist natürlich Theorie. Dazu wird es nicht kommen, denn mehr als jede siebte Familie ist von den staatlichen Renten abhängig. Da ist es schon besser, wenn die Partner die Rechnung begleichen. Und es gibt in Deutschland genügende, die das genauso sehen.
Zitat : „Nur sollte man dazu vielleicht mal die Bürger fragen und nicht einfach machen.“ Das waere ja mal was ganz Neues…
@ Hanni Hartmann 10. Mai 2021, 17:42
[Zitat : „Nur sollte man dazu vielleicht mal die Bürger fragen und nicht einfach machen.“ ]
Das waere ja mal was ganz Neues …
In der Tat. 🙂
Es werden, so mein Eindruck, die meisten Fragen bewusst nicht gestellt, weil man die Antwort ahnt.
Das ist sicherlich korrekt, aber diese Feinheiten finden in der BILD und ihrer nationalistischen Hetze nicht statt, wie du sicher auch weißt.
1.) „wird „Fleisch essen“ gerade auf der Rechten aus irgendeinem Grund zu einem identitätspolitischen Kulturkampfmarker.“
Wie so oft: Die Linken haben diesen identitätspolitischen Kulturkampfmarker erfunden und die Rechten reagieren darauf.
Denn der „irgendeine Grund“ ist doch deutlich: Zunehmend wird versucht vegetarische oder gar vegane Ernährung zum Trend zu erklären. Und inzwischen reicht eben der Trend nicht, sondern es folgen die Versuche das mit Zwang durchzudrücken. Und da gibt es natürlich Gegenwehr.
2.) „Einen progressiven Propagandasender wird es wohl nicht geben“
In den USA vielleicht. In Deutschland haben wir bereits ARD und ZDF.
3.) Die Grünen werden immer reaktionärer. Statt Basisdemokratie und Transparenz gibt es jetzt Hinterzimmergemauschel bei der Kandidatenauswahl und „Führung“.
Und die Medien finden das plötzlich toll. Siehe 2.)
5.) Es gibt m. W. überhaupt keine Belege für die Behauptung, daß die „Oberklasse“ stärker gegen die Corona-Maßnahmen eingestellt wäre als die „unten“. Mir scheint eher das Gegenteil richtig.
Der eigentliche Split verläuft m. E. nicht an der Einkommenshöhe, sondern (naheliegenderweise) an der Einkommenssicherheit.
Wer trotz Corona und Regierungsmaßnahmen jeden 1. sicher sein Geld auf dem Konto hat, der findet Lockdown im Zweifelsfall berechtigt und ist eher für strengere Maßnahmen.
Während die wesentliche Ablehnung nicht von Leuten kommt, die nach 23 Uhr noch die Cappuccino-Maschine haben wollen, sondern die ihr Einkommen ganz oder teilweise verloren haben oder denen ihre Existenzgrundlage kaputt gemacht wird.
6.) Grundsätzlich volle Zustimmung.
Nur: Bei den „anderen Sitzungen“ gibt es ja die vom Kanzleramt inszenierten Corona-MP-Runden und weil es da Indiskretionen gab, wurde diese Debatte ja aktuell akut.
Und diese Sitzungen sollten m. E. komplett öffentlich sein, weil es dort nicht um politische Kompromisse gehen sollte, sondern um fachlich begründete Beschlüsse.
1) Wird nicht richtiger dadurch, dass man es wiederholt.
2) Sorry, damit disuqalifizierst du dich echt für jeden seriösen Diskurs.
3) rofl
5) Ja, das halte ich auch für wesentlich tragfähiger als dieses verstaubte Klassendenken.
6) Ich hab da keine Meinung dazu, kenne ich mich zu wenig aus. Danke!
Der Hype, den die Öffentlich-Rechtlichen in diesen Wochen um Annalena Baerbock veranstalten, ist peinlich für ein gebührenfinanziertes Fernsehen und erfüllt schon Kriterien der tendenziösen Berichterstattung.
Neustes Beispiel: Gestern war Armin Laschet zu Gast bei Anne Will, wie zwei Wochen zuvor schon seine Kontrahentin von den Grünen. Doch während Baerbock 22 Minuten Einzelaudienz und ein nettes Umfeld bekam, wurden Laschet nur 14 Minuten zugebilligt und schon dort musste er sich Angriffen von Will erwehren (ja, durchaus richtig und Sinn von Journalismus, nur gilt das generell). Anschließend hatte er ein gegnerisches Umfeld, bei denen Louise Neubauer von Fridays for Future mit haltlosen und ehrherabsetzenden Angriffen auf den CDU-Chef sowie den Thüringer Bundestagskandidaten Maaßen herausstach. Zu ihren Behauptungen, der ehemalige Präsident des Verfassungsschutzes würde sich antisemitisch äußern, hatte die Grüne keine Belege, sondern nur anklagende Vorwürfe. Die „Journalistin“ und „Moderatorin“ Will sortierte jedoch nicht, sondern schlug sich zweimal auf die Seite der jungen Aktivistin: Belege würden nachgereicht – so als wären die antisemitischen Ausfälle Fakt und nicht nur ein Hirngespinst und politischer Zirkus der Klimaaktivistin.
Dieser „Hype“ ist modus operandi der Medien. Die wollen ein Duell, weil das die Klickzahlen und Auflagen steigert, also schreiben sie eines. Daher der Hype um Schulz 2017, daher jetzt der um Baerbock. Es ist eine unerträgliche Aussicht, bis September schreiben zu müssen, dass die CDU wahrscheinlich das Kanzleramt behält, auch wenn es sehr wahrscheinlich ist. Das ist schlichte Betriebswirtschaft. Dass ich dir das erklären muss.
Und seriously, ich kann dir zig Beispiele nennen, wo Linke oder Grüne in Talkshows in total unfaire Settings gepackt und angegangen wurden. Erneut, das ist Betriebswirtschaft. Die machen maximalen Krawall bei maximaler Zustimmung des Publikums. Aber das liegt am Format.
Nana, so einfach ist es nicht. Die Grünen, nicht die Union ist der zentrale Player. Baerbock kann auch in zwei Konstellationen Kanzlerin werden, obwohl ihre Partei deutlich hinter der Union landen könnte. Für Laschet gilt das nicht. Er wird nur in einer, notfalls einer zweiten Konstellation Kanzler.
Als 2018 Baerbock zusammen mit Habeck bei Markus Lanz zu Gast waren, musste der ihnen im Laufe des Interviews versichern, dass er ihnen eigentlich nichts Böses will und sie mag. Als letzte Woche Alice Weidel und FDP-Generalsekretär Volker Wissing eingeladen waren, wurden sie ungewöhnlich unter Feuer genommen. Nicht nur wurden sie schön nebeneinander gesetzt und vor allem zum Thema ihrer Opposition zu den Corona-Maßnahmen befragt, womit dem Zuschauer eine ideologische Nähe der beiden suggeriert wurde (Baerbock/Habeck hatten einen ungestörten Auftritt). Sondern Markus Lanz griff beide verbal sehr stark an, ließ sie kaum zu Wort kommen und unterbrach dauernd – eine aggressive Form, die er sonst in dieser Heftigkeit nicht zeigt.
Wo die medialen Lieblinge Habeck und Baerbock mal in unfaire Settings gepackt worden wären, das wüsste ich schon gern.
„1) Wird nicht richtiger dadurch, dass man es wiederholt.“
Was genau willst Du eigentlich bestreiten?
Daß es von linker Seite Forderungen gibt, mit Verboten und anderen Maßnahmen den Fleischkonsum zurückzudrängen?
Oder behauptest Du die Rechten würden gar nicht darauf reagieren, sondern hätten „Fleisch essen“ schon als Motto ausgegeben, als es politisch noch gar keine vegetarischen Positionen gab?
„2) Sorry, damit disuqalifizierst du dich echt für jeden seriösen Diskurs.“
Man disqualifiziert sich eher durch solche pauschalen und unbelegten Behauptungen.
ARD/ZDF mögen weniger krass agieren als Fox (das ich nicht kenne), aber das ist ja nicht der Punkt.
Sondern der Punkt ist daß die „Journalisten“ von ARD/ZDF inzwischen als grüne Parteisprecher fungieren – was soll denn da noch fehlen zu dem von Dir gewünschten „progressiven Propagandasender“?
1) Nein, dass es ein zentrales identitätspolitisches Merkmal wäre.
2) Nein, das tun sie nicht. Diese Lüge war in den 1950er Jahren falsch, als Adenauer vom „Rotfunk“ schwafelte, und sie ist es heute, wenn Leute sie 1:1 auf die Grünen wiederholen.
„1) Nein, dass es ein zentrales identitätspolitisches Merkmal wäre.“
Habe ich nicht behauptet. Und das ist es auch jetzt bei den Rechten nicht.
Wenn die jetzt Steak-Bilder posten, ist das erst einmal nur Reaktion auf die gängigen Vegetarier-Parolen und keine Positionierung als zentrales Thema.
„2) Nein, das tun sie nicht. Diese Lüge war in den 1950er Jahren falsch, als Adenauer vom „Rotfunk“ schwafelte, und sie ist es heute, wenn Leute sie 1:1 auf die Grünen wiederholen.“
Die 50er kann ich nicht beurteilen. In den 70ern waren diverse Sender durchaus „Rotfunk“ (besonders HR und WDR), daneben gab es auch „Schwarzfunk“ (BR).
Heute gibt es nur noch die Varianten starker Grünfunk und schwacher Grünfunk.
Die Grünen bekommen nicht nur überproportional viel Medienauftritte, sie werden bei diesen auch kritiklos hofiert und können beliebigen Unsinn erzählen, ohne daß journalistisch nachgehakt wird.
Insbesondere die „Hauptstadtstudios“ agieren ganz offen pro-grün, auch durch beständiges Propagieren von inhaltlich grünen Themen und Positionen.
Offenbar fällt Dir das gar nicht mehr auf, weil Du diese Darstellungen für normal und damit neutral hältst.
Stefan Sasse 10. Mai 2021, 10:46
1) Wird nicht richtiger dadurch, dass man es wiederholt.
Wird nicht falscher dadurch, dass man es bestreitet.
Du hältst vermutlich reduzierten Fleischkonsum für eine gute Geschichte, und nimmst daher nicht die Bestrebungen, Deine Vorstellungen in die Politik zu drücken, für Propaganda, sondern für gute Politik.
Fakt ist aber, dass es seit Jahren eine wie auch immer geartete „Stimmungsmache“ (mir fällt gerade kein passenderes Wort ein) von grüner und damit auch
linkerprogressiver Seite gegen den Konsum von Fleisch gibt. Die Bewegung weg vom Fleisch ist ganz klar ein grün-linker Kulturkampfmarker.Fleischkonsum quasi aus „Trotz“ zum rechten Kulturkampfmarker zu machen, ist natürlich albern. Warten wir also, bis alle Rechtsextremen überzeugt Vielfleischesser geworden sind, und packen dann nochmal die „Hitler war Vegetarier“-Doku aus 🙂
lol
10) Die Maaßen-Kandidatur offenbart eine programmatische Leere der CDU
Die CDU war in ihren besten Zeiten ein Kanzlerwahlverein, keine Programmpartei. Angela Merkel hat nicht vor allem die programmatische Entkernung der Konservativen auf die Spitze getrieben, sie hat die treuen Wähler abspenstig gemacht und ihre Partei beliebig gemacht. Doch aus der Produktforschung wissen wir, dass Beliebigkeit und Profillosigkeit zu Erfolglosigkeit führen.
Ich halte diesen Abgesang auf Stammwählerschaften und „alte Volksparteien“ nicht nur für langweilig, sondern vor allem auch nicht zielführend. Menschen sehnen sich nach Bindung und Identität. Und sie bleiben ein ganzes Stück der Partei treu, die sie zuvor gewählt haben. Die Wählerwanderungen zeigen nicht nur, wie die Strömungen zwischen den Parteien sind, sondern auch, wie viele doch bei ihrer bisherigen Entscheidung geblieben sind. Nur eine Partei sticht hier negativ hervor, die SPD, die kontinuierlich zu praktisch gleichen Teilen an die anderen Parteien abgibt. Das ist ein starkes Zeichen, dass die Sozialdemokraten es nicht verstehen, ihre eigentlichen Anhänger zu bedienen.
Den gleichen Fehler hat die CDU unter Merkel begangen. Denn die CDU hat ein Profil, wie die Forscher vom DIW 2017 herausarbeiteten. Die Union wird weiterhin von großen und kleinen Unternehmern und Selbständigen wie Handwerkern bevorzugt. Ihre Wählergruppen leben im ländlichen Raum, Männer und Frauen neigen ihr eigentlich zu gleichen Teilen zu. Der typische Unionswähler hat Lehre und Meister gemacht, weniger studiert als bei der LINKEN und der FDP.
Unter Angela Merkel wurden diese Wählergruppen bevorzugt ignoriert. Der Markenkern des Konservativen war immer finanzwirtschaftliche Solidität, doch die Schuldenbremse wurde auf Betreibens der SPD eingeführt. An den Atomausstieg glaubte die Kanzlerin selbst nicht, wie der Focus-Kolumnist Jan Fleischhauer gestern im Presseclub berichten konnte. Nur hat Merkel halt immer nach Umfragen regiert. Merkels Regierungen waren auch die einzigen CDU-geführten, in denen nicht einmal der Ansatz unternommen wurde, die Steuer- und Abgabenbelastung der arbeitenden Bevölkerung unter Kontrolle zu halten. Nur unter der Hasardeurin der Macht konnte Deutschland an die Spitze der Einkommensbelastung in der OECD aufsteigen. Ein trauriger Titel.
Die SPD versteht nicht, wer ihre Wähler sind. Denn die gibt es. Die Sozialdemokratie hat in der Bevölkerung ein positives Bild, aber sie ist unfähig, ihre Klientel zu bedienen. Mehr noch, sie weiß nicht, wer die sind. Es sind diejenigen, die sie mit überzogenen Steuererhöhungsphantasien verprellt, die sie mit ihrer Hinwendung zu queeren Milieus verschreckt und die sie sozial mit liberaler Migrationspolitik unter Druck setzt.
Die Deutschen sind ein seltsames Volk. Bürgerlich bis hin zu piefig im Habitus und im Ordnungsbewusstsein wie an die Stärke des Staates, aber im Denken gutmütig und solidarisch orientiert bis hin zu Neidkomplexen gegenüber jenen, die aus der Solidargemeinschaft ausbüxen. Das muss man verstehen, wenn man mehrheitsfähig sein will. Es erscheint als Treppenwitz, dass eine Partei, die Politik für die Reichsten im Land macht, sich anschickt, stärkste Kraft zu werden.
Du magst es langweilig finden, aber die Politikwissenschaft konstatiert das mittlerweile seit zwei Jahrzehnten.
Wir haben ja bezüglich der Wunschvorstellung gar keinen großen Dissens, aber Fakt ist, dass die Parteibindung in Deutschland deutlich zurückgeht, durch die Bank. Die SPD hat das wesentlich härter erwischt als andere, aber verschont bleiben die davon nicht.
7) Offenbar ist das noch immer so, dass viele Mathe-Lehrer ihr Fach als eine Art Schwarzer Magie betrachten und ihr Ego dadurch stärken, dass die Schüler nicht besser sind?
Mathe-Fähigkeiten werden immer wichtiger. . Nach meiner Erfahrung und Beobachtung ist Mathe das Fach, in dem der Lehrer für durchschnittlich begabte Schüler besonders wichtig ist. Überheblich-einschüchterndes Verhalten verdirbt ganze Schülergenerationen für dieses an sich so faszinierende Wissen.
Anekdote: Durch einen Lehrerwechsel kam ich in einem Jahr von einer soliden Fünf auf eine Zwei (nicht ganz so solide). Und ein Problem, mit dem ich mich lange gequält hatte , wurde mir von einem Lehrer in einer einzigen Stunde erklärt.
Frage: Die vielen tollen Tools, die es heute gibt – machen die den Mathe-Unterricht in der Schule weniger wichtig?
Keine Ahnung. Es ist da auch nicht hilfreich, dass die universitäre Mathematik eine sehr egalitäre Abneigung gegen das Lehramtsstudium hat.
Antwort: Nein, keinesfalls. Die Tools ersetzen nicht Unterricht, sie können ihn bereichern. Am Lehrer hängts, zum Lehrer drängt doch alles.
zu 2) Carville hat natürlich einen Punkt, wenn er sagt, dass die Demokraten auch mit härteren Bandagen kämpfen müssen – aber landen sie dann am Ende nicht auch wieder in einer gefühlt radikaleren Ecke und liefern damit den Republikanern Steilvorlagen? Da halte ich den Ansatz der Biden-Administration für besser: mit den nun vorhandenen Mehrheiten in allen Häusern Fakten schaffen.
Das Gerede über „wokeness“ halte ich weiterhin für einen Papiertiger. In den USA wird das Wort, das eigentlich mal ein afroamerikanischer popkultureller Slang mit einer antirassistischen Message war,
mittlerweile synonym für links (sozialistisch/sozialdemokratisch, antirassistisch, feministisch, Pro Tierschutz/Umweltschutz) verwendet, ähnlich wie sich das in Deutschland mit der Bezeichung „politisch korrekt“ entwickelt hat. Und jetzt wird es nochmal durch ein transatlantisches Missverständnis in die deutsche Debatte hereingetragen und nimmt bizarre Auswüchse. Es ist schon bezeichnend, dass mittlerweile in Medien wie FAZ, Welt und NZZ mehr über „wokeness“ gesprochen wird als in mir bekannten linken Hausprojekten… Allein die Tatsache, dass man da immer noch keine deutsche Übersetzung gefunden hat (und das von Leuten, die sich sonst tagein, tagaus über Anglizismen beklagen!), zeigt, dass hier vor allem Leute am Werk sind, die mehr Zeit im Internet verbringen als ihnen gut tut.
zu 8) Romny ist insofern ein interessanter Fall, da er als Präsidentschaftskandidat 2012 wesentlich radikaler Positionen vertreten musste als davor und danach. Das zeigt, wie sehr die Tea Party damals schon ein wichtiger Machtfaktor innerhalb der Partei war. Sein Programm von damals war gar nicht mal so unähnlich wie von Trump, nur dass er eben den Grenzzaun zu Mexiko nicht so in den Vordergrund schob wie Trump mit seiner „big beautiful wall“ (ich glaube, sogar Newt Gingrich hat Romney in einer Debatte mal vorgeworfen, er wäre von allen Kandidaten derjenige, der Einwanderung am meisten ablehnt).
Über die wirtschaftspolitische Neuausrichtung der Rechten wird ja gerade viel spekuliert, ich habe aber auch das Gefühl, dass dies größtenteils in Blogs stattfindet. Die Beispiele, die als Vorbild genannt werden, sind auch nur begrenzt aussagefähig: in Polen und Ungarn hatte das sehr länderspezifische Hintergründe, weil dort die Postsozialisten sehr neoliberale Wirtschaftspolitik durchsetzten. Die PiS ist auch nur nach polnischem Standard wirtschaftlich „links“, denn in keinem anderen Land in Europa wurde die freie Marktwirtschaft so radikal und schnell durchgesetzt wie in Polen in den Neunzigern. Fidesz setzte nach 2010 einen radikalen Sparkurs durch und betreibt Klientelpolitik für die eigenen Parteibonzen: Wer „Ja“ sagt, bekommt sämtliche staatliche Vergünstigen, aber wer sich widersetzt, dem wird das Geld entzogen.
Der Trugschluss ist wahrscheinlich die Vorstellung, dass alle, die sich nicht in die Achsen sozialdemokratisch/kulturell liberal vs. neoliberal/kulturell konserativ einordnen, irgendwo in der Mitte wären. Aber ist es eher so, dass viele Leute auch Extrempositionen vertreten und sie sich im Zweifelsfall für einen ausschlaggebenden Faktor entscheiden. Die „Lafoknecht“-Taktik würde vielleicht neue Wählerschichten erschließen, aber auf der anderen Seite genau so viele verlieren (Leute wie mich hätten sie z.B. mit einem linksnationalistischen Ansatz abgestoßen).
2) Völlig bei dir, genau das ist auch meine Befürchtung.
8) Gute Ergänzungen, danke! Fidesz wird im nächsten Teil der Verdrängten Dekade noch eine Rolle spielen. Und ebenfalls wichtig die Betonung des Mitte-Trugschlusses, da hatte vox was gutes dazu: https://www.vox.com/2014/7/8/5878293/lets-stop-using-the-word-moderate
@ Stefan Sasse vom 10. MAI 2021
3) Plötzlich reden sie dauernd über »Führung«
Kein Wunder; will man doch, was man nicht hat.
Und gegenüber Laschet ist Baerbock schon eher diejenige, die dafür steht, in welcher Weise auch immer „Führung“ zu betreiben.
Nicht, dass sie mir sympathisch wäre. Ich halte sie dennoch für die bessere Wahl. Abgesehen vom (aus meiner Warte) „jugendlichem“ Alter – Annalena Baerbock wird sicherlich andere Hauptanliegen haben als die weitere Versorgung von Rentnern – wird sie einen Impuls setzen können, was Armin Laschet sichtbar schwer fällt. Zu viele, auch Laschet, sind zu lange mit Angela Merkel gegangen, als dass er hier einen richtigen Neuanfang wagen kann.
4) Tweet
Italien hat auch seine Defizitziele besser erfüllt aus Deutschland, ohne dass ihm das in irgendeiner Weise bei seinem unverdienten Ruf als Schlendrian geholfen hätte.
Nur aus Neugier: Sind Italiens Ziele in ihrer Herausforderung mit den deutschen vergleichbar?
(davon ab glaube ich eh nicht, dass Deutschland derzeit irgendetwas gut hinkriegt).
5) Eine Klasse empört sich
Die Prioritäten der Politik sind völlig verschoben, unverantwortlich und einfach nur noch abstoßend.
Mit dem Beitrag und Deinen Äußerungen kann ich wenig anfangen. Mein größtes Problem ist mein aktuelles 100-%-Problem, und wenn das der fehlende Theaterbesuch ist, dann ist das eben so. Auch die Politiker sind nur Menschen, die wie alle anderen auch ihr erstes Urteil durch einen Blick auf sich selbst und auf ihre Situation fällen.
Als ich so argumentierte wie Du, wo es um die Verkehrspolitik ging – die grünen Entscheider wohnen in der Stadt und favorisieren Verkehrsmittel und -strukturen, die auf dem platten Land nicht funktionieren – gab es von Deiner Seite Widerworte.
Vielleicht hätte man die Impf-Priorisierung nach Einkommen festlegen sollen; die Armen zuerst, damit diejenigen, die keinen Garten haben, wieder in die Parks dürfen.
10) Die Maaßen-Kandidatur offenbart eine programmatische Leere der CDU
Es ist gut möglich, dass Merkel mit ihrem Modernisierungskurs und ihrem opportunistisch-pragmatischen Besetzen eines so breiten politischen Orts wie möglich diese Entwicklung für eine Weile aufgehalten hat.
Wie kommst Du darauf? So breit ist es in der CDU nicht, sie hat die Flügel gekappt. Und wo bitte schön hat die Kanzlerin „modernisiert“? Da, wo sie „Politik“ betrieb, etwa zur Finanzkrise, hat sie anders als Obama beispielsweise nicht die Bedingungen für die Banken geändert; trotz der Flüchtlingskrise von 2015 haben wir immer noch kein Einwanderungsgesetz; die erneuerbaren Energien hat Merkel erst um Jahre zurückgeworfen und dann in die Hände von Spekulanten und Gewinnlern gelegt; allen modernen Aufklärungsbekundungen zum Trotz gibt es immer noch keine Transparenz bei Lobbyisten oder Spendern. Das Beste, was man über sie zu Themen wie Digitalisierung oder Bildung sagen kann, ist, dass sie nicht aktiv dagegen anging. Und statt zukunftsorientierte, moderne Politik nach außen zu tragen, sind wir außenpolitisch inzwischen der Clown der Welt (Corona gehört nicht hierher, aber …)
11) Und dann wirft die AfD-Jugend ihrer Partei „linke Cancel Culture“ vor
Die gibt es tatsächlich, gerade von links. Aber von einer Partei, die „Ausländer“ in Deutschland verbieten will, klingt das schon recht komisch. Bedauerlich daran, dass dieser feine, englische Humor eher zufällig und äußerst unfreiwillig zum Besten gegeben wurde. Wie auch immer: Lange her, dass mich diese „Partei“ zum Schmunzeln brachte.
Die Revolution frisst ihre Kinder, Rechtsextremismus-Edition.
Auch das zeigt Humor (vermutlich nicht ganz so unfreiwillig entstanden wie bei der AfD).
3) Ich glaube wir sind uns im Blog ziemlich einig, dass wir die CDU in der Opposition sehen wollen, oder?
4) Sehr gute Frage.
11) 🙂
@ Stefan Sasse 10. Mai 2021, 15:25
3) Ich glaube wir sind uns im Blog ziemlich einig, dass wir die CDU in der Opposition sehen wollen, oder?
🙂 Mit Söder als Spitzenkandidat hättest Du von mir eine andere Antwort gekriegt, aber so … JA!
Ich mag da falsch liegen, aber ich traue Laschet keine Erneuerung zu.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass, sollten es die Grünen werden, sich einige (Einschränkung: nach MEINER Wahrnehmung) negative Trends in unserem Land beschleunigen werden, aber es MUSS etwas in Bewegung geraten. Dann lieber einen Schritt zurück und das nächste Mal zwei vor. Hauptsache, es geht ein Ruck durch Deutschland 🙂
Ich hätte auch Söder keine Erneuerung zugetraut. Nicht, weil ich Söder für inkompetent halte, sondern weil die Aufgabe nicht wirklich lösbar ist. Siehe Sozialdemokratische Partei Deutschlands.
@ Stefan Sasse 10. Mai 2021, 22:27
Ich hätte auch Söder keine Erneuerung zugetraut. Nicht, weil ich Söder für inkompetent halte, sondern weil die Aufgabe nicht wirklich lösbar ist.
Der Unterschied von Baerbock oder Söder zu Laschet ist die Erwartungshaltung, dass jetzt etwas anderes kommt. Diesen impuls brauchen wir sooo dringend (egal, wie das dann in der Praxis aussieht).
Korrekt. Vor allem die Erwartung. Die generiert dann ihr ganz eigenes Momentum.
Ich moechte ebenso die CDU in der Opposition sehen. Allerdings ebenso die SPD und die Gruenen, die AfD sowieso. Mein Traum waere eben ein Liberaler Kanzler mit dem Anliegen und Programm; Deutschand wieder auf den Weg zur sozialen Marktwirtschaft zu fuehren. Seufz; eben ein Traum..
Albtraum 😀
Meinst Du nicht, dass das Pendel in den Jahrzehnten zu sehr nach links ausgeschlagen hat?
Christian Lindner for Chancellor!
Noch ein Sprech-Automat als Kandidat?
Wieso Sprech-Automat? Wenn Sie schon einen der begabtesten Redner in Deutschland so titulieren, wie können Sie dann mit den anderen eingeschränkt rhetorisch Begabten leben?
Die Schönheit (auch der Rede) liegt offenbar im Auge des Betrachters. Aber ich gebe zu: Die Konkurrenz ist nicht groß.
Ich hatte nie Probleme, die rhetorischen Fähigkeiten von Lafontaine, Gysi, Schäuble und Westerwelle anzuerkennen. Das sind einfach Talente, die ein Mensch hat. Oder nicht. Aus einem Steinmeier oder Angela Merkel werden eben nie große Redner.
Völlig korrekt.
einen der begabtesten Redner in Deutschland
*lol*
Dazu fällt mir spontan ein Dialog zwischen zwei Amerikanern in der Bahn ein, den ich kurz vor der Bundestagswahl 2017 hörte:
„This is Christian Lindner, he’s supposed to be quite charismatic.“
„What? Germans think this guy is charismatic???“
Lindner hat definitiv Ausstrahlung. Dieses Sunnyboy, Jungunternehmer, Startup-Ding verkörpert er super.
Keine ernsthafte Frage, oder?
Aber ich würde auch Kanzler Lindner in einer Ampel nehmen. Hauptsache die CDU geht in die Opposition.
Doch! In welchem OECD-Land wird so auf Ordnungsrecht, hohe Steuern und Verordnungen gesetzt? Blätter, blätter, blätter … wie weit bist Du gekommen?
@ Hanni Hartmann 10. Mai 2021, 17:50
Ich moechte ebenso die CDU in der Opposition sehen. Allerdings ebenso die SPD und die Gruenen, die AfD sowieso. Mein Traum waere eben ein Liberaler Kanzler mit dem Anliegen und Programm.
Da bin ich sofort dabei !!!
Putin will den russischen Einflussbereich wieder an den der SU annähern, China strebt ganz offen eine Art Welt-Vormachtstellung an. Beide versprechen sich vom Zerbrechen der EU wirtschaftliche und politische Vorteile.
Es gäbe dann wieder keine Telefonnummer von Europa, auch wenn Kissinger nicht mehr anrufen kann.
Welche gibt es denn heute? Die Jammer-Uschi, der nach drei Wochen einfällt, dass vielleicht ein böser alter Mann sie gedisst hat?
Es wäre mir neu, dass Europa militärisch oder diplomatisch handlungsfähig wäre. Bisher haben das in Anbetracht der Brüsseler Impotenz die Regierungschefs von Großbritannien, Frankreich und Deutschland übernommen, in dieser Reihenfolge. Wenn China wieder mal die Straßburger Klagen an angeblichen Menschenrechtsverletzungen einordnet, gibt’s einen Anruf im Kanzleramt und die dortige Hausbesetzerin kuscht. Der Ton wird milde. Also, dafür haben wir bisher die EU wahrlich nicht benötigt.
Dass die EU so zerstritten, so ohne diplomatisches Gewicht auftritt, hat auch viel mit den Ländern zu tun, die mitreden, aber nichts einzubringen haben. Und damit, dass das stärkste Land der EU lieber davon träumt eine größere Schweiz zu sein, allerdings mit hoher Steuerbelastung.
Nein, dass China und Russland hohes Interesse an einem Zerfall der EU hätten, hat weniger mit Deutschland und Frankreich zu tun, sondern damit, dass es leichter möglich wäre, ihren Einflussbereich auf schwache und / oder kleine Länder auszuweiten und sie zu drücken. Die EU schützt hier vor allem die mediterranen Länder, aber auch die baltischen und osteuropäischen Staaten. Putin würde es auch nicht wagen, sich mit Deutschland anzulegen. Aber die EU ist ein Block, dass er auch an Polen, Lettland und Griechenland nicht rankommt.
@ Stefan P
Ich teile Deine Einschätzung, selbst wenn ich Uschi etwas höher einschätze als Heiko.
Mal ehrlich, besser als Heiko Maas, da kannst die Latte ja kaum niedriger hängen. Obwohl, Westerwelle.
Ist Ursula v.d. Leyen Außenministerin?
Nö, aber Erwin brachte Maas auf, und ich fand den Vergleich nicht fehlgeleitet, weil es in beiden Themen um die Repräsentation des Staatswesens nach außen ging.
@ Stefan Sasse 10. Mai 2021, 22:28
Mal ehrlich, besser als Heiko Maas, da kannst die Latte ja kaum niedriger hängen. Obwohl, Westerwelle.
Maas ist „die Latte auf dem Boden“.
Du unterschätzt Westerwelle. Der war zwar mit der Position als Außenminister nicht auf seine stärksten Kompetenzen besetzt, dennoch hat er uns mit viel Verstand und guter Haltung aus dem unsinnigen Libyen-Krieg herausgehalten.
Eine derart eigenständige Positionierung gegen die USA, gegen Frankreich, England, oder gegen ein beliebiges anderes Land habe ich bei Maas noch nicht gesehen – außer gegen Israel.
Ja, ich halte Westerwelles Positionierung im Libyenkrieg für wenig gelungen, das kam ja in meiner Serie zur verdrängten Dekade glaube ich auch zum Ausdruck. Aber im Gegensatz zu Maas können wir darüber wenigstens streiten, von daher: jawohl, Westerwelle war besser als Maas.
@ Stefan Sasse 12. Mai 2021, 15:30
Ja, ich halte Westerwelles Positionierung im Libyenkrieg für wenig gelungen, …
Wieso das? Hätten wir da etwa mitmachen sollen?
Ich bin nun kein Fan von Gadaffi, Assad oder Hussein (gewesen), aber das richtige Elend in diesen Ländern ging erst los, als sich der Westen einmischte. Alle drei Diktatoren waren säkulär, Kirche war ihnen egal (bzw. wollte keiner von denen Imame, die ihnen auf den Kopf spucken).
Dass Westerwelle nicht der Verlockung erlegen ist, in einen Krieg einzusteigen, um in einen Krieg einzusteigen, rechne ich ihm hoch an – zumal einer der Kriegsgründe seitens „Frankreich“ (= Sarkozy) war, dass dieser von Gadaffi wohl recht hohe Wahlkampfspenden erhalten hatte, was nicht bekannt werden sollte.
Um Gottes Willen, nein. Aber die Enthaltung im Sicherheitsrat war bescheuert. Deutschland hätte wie die meisten anderen Länder darin zustimmen und nicht mitmachen können; wir haben damals die Verbündeten brüskiert und uns auf die Seite Russlands und Chinas gestellt, ohne jede Not und ohne jede strategische Absicht dahinter.
@ Stefan Sasse 14. Mai 2021, 15:32
Aber die Enthaltung im Sicherheitsrat war bescheuert. Deutschland hätte wie die meisten anderen Länder darin zustimmen und nicht mitmachen können …
Wir wären, hätten wir zugestimmt, um Einsätze nicht herumgekommen.
Und, wie gesagt: Überall dort, wo „der Westen“ sich in arabische/islamische Angelegenheiten eingemischt hat, waren nachher Extremisten an der Regierung. Also wäre bereits das Zustimmen ein Fehler gewesen.
Unser damaliges Abstimmverhalten hat uns zumindest in der arabischen Welt für einige Zeit viel Renommee eingebracht, auf das Engländer, Franzosen und Amerikaner bei Verhandlungen und indirekten Kontakten gerne zurückgriffen.
Nun ja, spätestens nach Heiko Maas ist nichts mehr davon übrig.
Genau, deswegen haben sich ja auch *checks notes* der Libanon, Portugal, Bosnien/Herzegowina, Gabun, Nigeria Südafrika und Kolumbien am Libyen-Einsatz beteiligt. Sorry, aber das stimmt einfach nicht. Die meisten nicht-ständigen Mitglieder stimmten zu und hielten sich trotzdem raus, das hätte auch Deutschland tun können.
Aber ich sehe dein Argument mit dem Renommee. Sehr guter Punkt.
Haben wir natürlich aktuell auch nicht wirklich, aber sonst bin ich völlig bei dir.
2)
Im Wesentlichen sagt der Typ dasselbe wie Wagenknecht 🙂
3)
Die Kanzlerkandidateritis mit Sehnsucht nach der starken Frau im „aufgeklärten“ Milieu bei einer Wahl, bei der kein*e Kanzler*in gewählt wird, ist schon ziemlich schräg. Nach der Wahl dann womöglich ein großes Kuddelmuddel der mächtig in Mode gekommenen Klientelparteien, die vergessen, dass 20 sowieso Prozent noch keine Mehrheit sind. Angesichtes dieser Weimarisierung bleibt dann Merkel bis in alle Ewigkeit geschäftsführend am Drücker 😎 . Das GG sieht dafür ja keine Höchstdauer vor. Nach der letzten Wahl waren das ja schon 5 Monate. Da ist noch Luft nach oben.
4)
Na ja, das Image ist alles, darauf kommt’s halt an.
In diesem Sinne gibt’s ja auch Leute, die bei der FDP „Wirtschaftskompetenz“ vermuten.
6)
Nichtrentner bitte nicht weiterlesen:
à propos „Altersschichtung“. Bei uns Rentners isses so, dass das aktuelle
pandemische^ Minus bei den Löhnen durch die „Niveauschutzklausel“ nur bis 0 beim „aktuellen Rentenwert“ berücksichtigt wird. Unter-Wasser-gehen ist blockiert. Wenn’s post-pandemisch wieder bergauf geht, partizipiert man indessen voll vom dann stattfindenden Plus. Netto also über mehrere Perioden gerechnet ein relativer Gewinn, dank Pandemie.
Geil, gell.
10)
Muss es im letzten Satz nich t“Verhältniswahlsystem“ heißen ?
8)
Zitat Stefan Sasse:
„Aber diese Zeiten sind vorbei“
Na ja, schaun mer mal. Der Boris in GB kriegt das ja hin, was früher die Sozen hingekriegt haben:
https://en.wikipedia.org/wiki/2021_Hartlepool_by-election
Es handelt sich um einen klassisch knall-roten Wahlkreis, wie es klassischer nicht mehr geht, der mindestens seit der Steinzeit in Labour-Hand war. Thatcher hatte da keine Chance. Dieser Wahlkreis hat beim großen Zusammenschießen des red walls in den Midlands sowie dem roten Yorkshire bei der letzten allgemeinen Wahl noch gehalten. Dass die Regierungspartei der Opposition bei einer Nachwahl ein Mandat abnimmt, kommt alle 20 Jahre mal vor.
Während man bei Labour noch über da Für und Wider von „New Labour“ rumräsoniert, hat der Boris den Thatcherismus ohne großes Trara in den Müll befördert, auch wenn die Ikone 3 x täglich geküsst wird. Schulden machen und mächtig Staatsknete verteilen? Na klar, mehr davon. There is no such thing as Hayek.
@ Dennis 10. Mai 2021, 20:31
4) Na ja, das Image ist alles, darauf kommt’s halt an.
In diesem Sinne gibt’s ja auch Leute, die bei der FDP „Wirtschaftskompetenz“ vermuten…
ja …
… oder bei den Grünen ökologische und bei den Linken soziale Kompetenz.
Befassen wir uns da für einen Moment ernsthaft damit: ich halte das tatsächlich für ein Problem. Diese Parteien stehen jeweils für das Problem, haben es erkannt und zu ihrem Markenkern gemacht, sie kommunizieren seine Wichtigkeit. Aber damit geht kein Automatismus der Kompetenz einher. Das ist ein fundamentaler Irrtum. Ich kann auch sehr viele Sachen sehr klarsichtig kritisieren und analysieren, ohne sie lösen zu können.
2) Nein. Carville sagt nicht, dass zugrundeliegende Politik falsch oder illegitim ist, er sagt, dass sie falsch kommuniziert wird. Das ist ein ziemlicher Unterschied.
3) Quatsch.
4) Davon lebt die Partei seit 1949 😀
6) Wird das danach nicht durch weniger stark ansteigendes Plus ausgeglichen?
8) Kommt im nächsten Vermischten was dazu.
10) Good catch, korrigiert.
6) Rechenbeispiel (siehe Fundstück 7):
Anfangsstand: 100 € AN , 100 € Rentner
Jahr1 Rückgang um 10 % : AN 90 € Rentner 100 € (Dennis Niveauschutzklausel )
Jahr 2 (Anstieg um 11,1% zum ‚Aufholen‘ ) : AN 100 € , Rentner 111 €
6)
Im Prinzip ja, der „Nachholfaktor“ im Kleingedruckten ist aber durch das noch kleiner Gedruckte momentan ausgesetzt…
https://dejure.org/gesetze/SGB_VI/255e.html
…. Zusätzliche Erklärung zum Paragrafen: Wir sind z.Zt. bei 48 %, so dass – indem die magische 48 politisch als „absolute Haltelinie“ definiert ist – keine Luft nach unten ist, Pandemie hin oder her.
Gut, nicht alle politischen Parteien sind damit einverstanden^, aber momentan ist das die Lage.
Angesichts der kleinen Renten gönn ich es den Leuten ja. Aber grundsätzlich ist es echt kein schönes Signal.
2) „Einen progressiven Propagandasender wird es wohl nicht geben, solange nicht irgendwelche Milliardäre das entsprechende Geld reinpacken“ (Achtung schwarze Galle) Eigentlich ist doch die woke Linke Traum jedes Milliardärs. Eine ‚Linke‘ die sich nicht um Arbeitnehmerrechte und Gewerkschaften schert, für die „Klasse“ oder gar „-nkampf“ keine Begriffe sind, die Umverteilung bestenfalls zwischen Mann, Frau und divers sowie zwischen Einheimischen und Migranten stattfinden lässt und die man jederzeit mit Geraune und Fremden-, Fauen-, Trans- oder anderer -feindlichkeit gegen Linke, die wirklich etwas verändern wollen, in Stellung bringen kann. Kein Wunder, dass diese Linke am beliebtesten unter den staartsfreundlichen (siehe R.A.’s Kommentar) und liberalen Medien [die natürlich genau wissen auf welcher Seite der ‚Brass check‘ gebuttert ist] ist.
5) (Noch mehr Galle) Wahrend sich zwei Denkschulen der Oberschicht (die älteren hier haben kein Problem mit dem Begriff) mit dem Begriff unsoziel belegen., bleibt nur zu konstatieren, dass – egal aus welchem Blickwinkel – die ärmere Hälfte der Bevölkerung bei Corona die geprellten sind. Sie stecken sich (notgedrungen) leichter an, sie haben häufiger schwere und tödliche Krankheitsverläufe, sie können wirtschaftliche Einbrüche schwerer verkraften, sie haben weniger Privatraum bei Ausgangssperren, sie haben weniger digitale Hilfsmittel oder homeofficetaugliche Jobs, die Kinder werden noch weiter in der Bildung zurückgeworfen, sie sind schlechter für das Rattenrennen um Impfungen positioniert, haben ein größeres Risiko auf psychische Erkrankungen, und in Zukunft kann man damit rechnen (Erfahrung aus der Vergangenheit), dass der wirtschaftliche Einbruch und die desolaten Staatsfinanzen stark auf ihrem Buckel abgeladen wird.
2) Der Kommentar zeigt die ganze Tragödie der Linken und ihrer ständigen Spaltung schön auf. „die wirklich etwas verändern wollen“, soso.
5) Das ist keine durchgehende Erfahrung. Wenn du bei Aldi oder Lidl arbeitest, hat sich dein Arbeitsalltag abgesehen von ner Plexiglasscheibe und der Maske nicht verändert, und damit auch sonst nichts in deinem Leben. Wenn du bisher ein erfolgreicher Theaterkünstler warst, bist du Toast. Die Pandemie schneidet nicht (nur) an Klassenschranken entlang, die sind keine wirksame Analysekategorie.
1) Kleine lokale Anekdote mit Ironie: Im Münchner Zerwirkgewölbe (eine traditionelle Großschlachterei für Wild) war über viele Jahre hinweg ( bis 2019) ein veganes Restaurant.
6) Dass du deinen Irrtum auch nach 8 weiteren Jahren Hinterzimmerpolitik, blockierter Untersuchungsausschüsse, massiver Verschwendung von Mitteln durch Projekte, die von oben durchgedrückt werden, und Spaltung der Gesellschaft durch alternativlosen Entscheidungen nicht eingesehen hast….
Kleiner Medientip zur Transparenz der Regierungspartei: die „Anstalt“ vom 4.Mai war richtig gut: https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/die-anstalt-vom-4-mai-2021-100.html
7) Bei dem Alfred Adler Spruch von wegen ‚verzärtelt‘ musste ich an den Unterricht im Sport (oder in analger Diktion: Leiibesertüchtigung) denken. Auch da sind aufgrund der körperlichen Voraussetzungen deutliche Leistungsunterschiede gegeben, die sich auch nicht nur mit Mitarbeit und Fleiss ausgleichen lassen. Deshalb schaffen es manche Schüler (ich gehörte dazu) nie über ein schlechtes Mittelmaß hinaus.
Aber ist nicht der Ansatz des Mathematikunterrichts und der entsprechenden Prüfungen genau der in der Bildung erforderliche: In letzter Konsequenz wird nur eins abgefragt: Die Kompetenz, ein fachspezifisches Problem angehen zu können. Da zählt kein Wohlwollen des Lehrers, kein taktisches Blenden, ja nicht einmal reiner Lernfleiss, wenn du es nicht verstanden hast, dann hängst du wie ein nasser Sack am Reck (um im obiger Analogie zu bleiben). Wäre [wenn wir schon auf dem Leistungskontroll- und Notensystem bestehen] das nicht genau der richtige Ansatz, den auch die anderen Fächer verfolgen sollten?
1) Warum nicht mehr?
7) Sport und Mathe, die beiden abgefucktesten Fächer in der Schule.
Zu deiner eigentlichen Frage: nein, gerade das stimmt nicht. In Mathematik wird Problemlösungskompetenz ja gerade nicht wirklich gefragt, sondern stattdessen das Anwenden auswendig gelernter, aber nicht verstandener Formeln.
1) Pachtpreise Münchner Innenstadt. Corona(1.Welle) hat nur den letzten schubs gegeben. Jetzt wird das Gebäude restauriert ( Große Nummer – Denkmalschutz) und dann mal sehen was reinkommt.
7) Die Formeln ( ab Jahrgangsstufe 9 gibts eine zugelassene Formelsammlung für Prüfungen – anders als in z.B. Geschichte, soviel zum Auswendiglernen 😛 ) sind Werkzeuge, deren Anwendung eingeübt wird. So wie du in Geschichte auch die richtigen Begriffe und Ideen auf eine Quelle anwenden lässt. Aber anders als in den Gesellschaftswissenschaften, wo es nie ganz falsch ist , z.B. ‚Klassenfrage‘ aufs Blatt zu schreiben, sind halt mathematische Formeln Präzisionswerkzeuge, bei denen genau das richtigen am exekt richtigen Platz anwenden muss.
zu 7) Mathe.
Ich vermute, dass komplexe logische Systeme einfach auch von Natur aus hart sind. Find man sollte die Mathe-Lehrer nicht per se als primadonnenhafte, weltfremde Nörgler abtun. Dem Vorwurf sehe ich mich beruflich auch manchmal ausgesetzt und es ist nicht immer gut für das große Ganze.
In der Schule habe ich Mathe Hausaufgaben äußerst ungerne und sehr oft morgens Bus gemacht. Ich hatte allerdings dabei außerhalb der Mittelstufe nie eine schlechtere Note als 3 und in der Oberstufe dann im Mathe GK eine 2-.
Bei mir hätte da vermutlich mit weniger Faulheit ein besseres Ergebnis erzielt werden können.
Heute arbeite ich als Programmierer, d.h. in einem letztlich mathematik-nahen, komplexen, logischen System. Das Abarbeiten in diesem System
a) sehe ich als sinnvoll an
b) bereitet mir nicht selten Befriedigung
c) gewisse Standpunkte sind oft perspektivisch gegenüber Budgethütern, Kunden, Testern und Anforderungsmanagement leicht zu kommunizieren.
d) begegnet man oft harten Stellen, durch die man sich halt durchbeissen muss.
Für die Akzeptanz von d) benötigte ich längere Zeit als Leute, die früher ihre Mathe-Aufgaben nicht im Bus abgeschrieben und mint-Fächer studiert haben. Warum nicht einfach jemanden anders fragen, der die Aufgabenstellung schneller löst als man selber?
Bin dann aber auf die harte Tour zu dem Ergebnis gekommen, dass es bis zu einem gewissen Punkt Sinn macht, die mit der anderen Haltung verbundenen Anforderungen an Geduld und Frustrationstoleranz zu übernehmen. Nur so kommt man letztlich zu einer hollistischeren Einsicht in die Arbeit.
Nicht wenige Kollegen übertreiben aber auch ihre Autarkie-Bestrebungen in der Lösungskompetenz. Folge sind oft subkomplexe Projekt-Dokumentation und eine erstaunliche Menge an Lösungswegen für das gleiche Problem in ein und demselben Projekt.
Ich zweifele auch ein wenig, ob dieses Einzelkämpfertum für alle Schüler wirklich notwendig ist. Es scheint ja genug Jobs zu geben, in denen man mathematisches Denken jenseits von Excel überhaupt nicht großartig benötigt. Vielleicht erhöht sich aber auch die Anforderung an abstrakten Denken allgemein, weil die Automatisierung ja viele weniger abstrakte Arbeitsschritte abnimmt.
In der Schulzeit bemerkte ich auch, dass es bestimmte intelligente Leute mit einer echten Sperre für das Verständnis von Mathematik gibt. Das war bei mir nicht der Fall. Gab ich mir ein wenig Mühe, war die Note ok.
Ein mir bekannter chilenischer Austausschschüler in Italien schrieb mir dieses Jahr, dass die in der 12. Klasse in Italien ca 1,5 Jahre weiter sind als im chilenischen Lehrplan. Ich hab da nachgehakt und die 1,5 Jahre bestätigt genau mir bekannte Studien. Was bedeutet es für Gesellschaft und Ökonomie, dass man in der Vermittlung matematischer Systeme so weit zurückhängt?
Vielleicht kann man in der Didaktik etwas nachhelfen, um die Vermittlung der Mathematik für alle Seiten angenehmer zu machen. Hab mal gehört, dass es in Ostasien andere Wege der Vermittlung gibt. Hatte viele Kollegen, die in den späten 80ern bis mitte 90er im schulpflichtigen Alter von der (Ex-) Sowjetunion nach Deutschland eingewandert sind. Von denen berichteten viele, dass sie nach dem Wechsel in Mathe einen gewaltigen Vorsprung hatten. Gab es in der Sowjetunion mehr Akzeptanz gegenüber die Härten der Mathematik? Oder hatten die eine überlegene Didaktik?
Die Probleme des deutschen Matheunterrichts sind systemisch. Mein Problem ist, dass ich da als Mathe-Nichtschecker nur eingeschränkt Kompetenz habe zu erklären, woran das liegt.
Mir ging’s so ähnlich wie Dir (meine Mathe-Leistungen von Klasse 1-12 entsprechen in etwa der Kurve einer sehr flachen quadratischen Funktion: von 1 runter auf 3 und am Ende wieder auf 2 in der Abi-Prüfung). Es hängt ja auch an den persönlichen Vorlieben. Mathe fand ich im Gegensatz zu Englisch, Geschichte, Musik oder Geographie nicht so super spannend und da hört man im Unterricht eben gerne mal weg. Ausnahmen waren Sachen wie Stochastik, Trigonometrie oder Prozentrechnung und diese Themen kann man ja auch etwas lebensnaher vermitteln. Selber habe ich es heute beruflich eher mit Diskalkulie-Fällen zu tun, aber ich sehe es aufgrund meiner eigenen Schulerfahrungen ein bisschen als eine persönliche Mission, unspannende Themen spannender rüberzubringen. Gerade bei Mathe stelle ich aber fest, dass bestimmte Themen von Natur aus nicht sonderlich packend sind und man den Bezug zum realen Leben nur schwer überzeugend vermitteln kann (dem Totschlag-Argument „Ich kann doch einfach den Taschenrechner nehmen“ kann man zudem heute noch weniger entgegen setzen kann als zu meiner Schulzeit).
Wie es in der Sowjetunion war, kann ich nicht sagen, aber ich habe noch drei Jahre Grundschule in der DDR mitgemacht. Da bin ich etwas zwiegespalten. Grob gesagt war damals das Konzept „So viel wie möglich in so kurzer Zeit wie möglich, ohne Rücksicht auf Verluste“. Das hatte den Vorteil, dass man in der 3. Klasse schon Sachen hatte, die heute erst in der 4. drankommen, aber den Nachteil, dass man schnell den Anschluss verlieren konnte und dann auch nicht die Zeit da war, die Kinder „abzuholen“, die Schwierigkeiten hatten. Außerdem waren Sachen wie Mathe-Olympiaden sehr prestigereich, überhaupt war der Wettbewerbsfaktor an Schulen im Ostblock recht hoch (selbst bei Sachen wie Altstoffe sammeln). Heute merke ich, dass man die Kids tatsächlich mit dem allgegenwärtigen Gaming mehr ködern kann. So langweilig Matheunterricht für sie ist, hantieren viele trotzdem in ihrer Freizeit beim Zocken sehr oft mit Zahlen – ob nun bei Minecraft oder bei Fußball-Managerspielen, sei dahingestellt. Ich glaube, dass da noch mehr Potential für interessanten Unterrichtsstoff ist als man denkt.
In Russland hat Mathe generell einen ganz anderen Stellenwert als bei uns.
„mathematisches Denken jenseits von Excel überhaupt nicht großartig benötigt.“
Diese Frage stelle ich mir auch angesichts der immer weiter wachsenden Anforderungen an die Schulen: Umwelt, Gesundheit, Ernährung, Anti-Mobbing, Psychologie usw. Das Zeitbudget ist ja begrenzt.
Wenn ich eine Gleichung sofort durch Eingabe in ein Tool (bei einfachen sogar bei Google) lösen kann, muss ich das monatelang üben? Oder bringt gerade das Üben die Fähigkeit zum abstrakten Denken? Mit letzterem Argument wird die lateinische Grammatik verteidigt.
Anfangs wurde im Informatik-Unterricht an meiner (beruflichen) Schule vor allem einfaches Programmieren unterrichtet. Dann kam die Tools (Lotus, Excel usw.). Das reicht für diejenigen aus, die nicht direkt im IT-Bereich arbeiten werden. Gilt das auch für Mathe?
Oder bringt gerade das Üben die Fähigkeit zum abstrakten Denken? Mit letzterem Argument wird die lateinische Grammatik verteidigt.
Das Argument war indes schon immer Bullshit und diente seit jeher nur dazu, den bildungsbürgerlichen Schichten, die ihre altphilologische Bildung hauptsächlich als Werkzeug zum Distinktionsgewinn einsetzen, das Erlernen einer weitgehend nutzlosen Sprache mit einem vermeintlich rationalen Grund zu verbrämen.
Korrekt. Es gibt viele gute Gründe für Latein, aber das ist keiner davon.