Lindner arbeitet täglich kürzer mit Zuckerberg und Thunberg – Vermischtes 13.10.2019

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Feierabend um 15 Uhr? Der Abschied vom Acht-Stunden-Tag

Seit Henry Ford hat sich an unserer Arbeitszeit wenig geändert. Der Autopionier führte 1914 die 40-Stunden-Woche in seinem Unternehmen ein. Auch wenn er den Acht-Stunden-Tag nicht erfand, so verkörperte er einen der einflussreichsten Fabrikanten, die die neue Arbeitszeitrechnung damals implementierten. Hundert Jahre später gehört das Modell in vielen Ländern zum Alltag: Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Leben, acht Stunden Schlaf. Aber warum arbeiten wir überhaupt acht Stunden? Und nicht neun oder vier oder sechs? Dass Bücher wie „Die Vier-Stunden-Woche“ heute die Bestseller-Listen stürmen, weist darauf hin, dass das Thema die Arbeitswelt beschäftigt. Viele Arbeitnehmer sind unzufrieden mit ihrer Stundenzahl, je nach Untersuchung zehn bis 50 Prozent. Besonders lange Arbeitszeiten stellen sich als problematisch dar: Je länger jemand an seinem Schreibtisch sitzt oder am Fließband steht, desto stärker steigen der Stress und die Müdigkeit. Das reduziere die Produktivität und erhöhe das Risiko für Fehler, Unfälle und Krankheit, heißt es in einer Studie der Stanford University und des Instituts zur Zukunft der Arbeit. Für Beschäftigte ab 40 Jahren stellt sich gar die Frage, ob der Acht-Stunden-Tag überhaupt altersgerecht ist. Denn wer in diesem Alter mehr als 25 Stunden in der Woche arbeitet, dessen kognitive Fähigkeiten nehmen ab. Aber Teilzeit bedeutet bisher: weniger Arbeit, weniger Geld. (Lisa Hegemann, t3n)

Eine Gemeinsamkeit aller Wirtschaftsordnungen, egal ob planwirtschaftlich oder kapitalistisch, ist die Vergötterung der Anwesenheit. Je länger jemand im Betrieb ist, desto produktiver muss er wohl sein. Dieser Kult trieb ja vor allem bei den Investmentbankern und Unternehmensberater merkwürdige Blüten, die bis hin zum Tod von völlig überarbeiteten Leuten führten. Aber selbst bei den niedersten Jobs findet sich die Idee, dass man durch acht Stunden am Tag – oder wie viel es auch immer ist – die zentrale Messung stattfindet.

Dabei ist das völliger Blödsinn. Ich habe in diversen Betrieben gearbeitet, in denen die Schicht bei gleicher Arbeitsleistung hätte um eine Stunde verringert werden können. Aber da allen eintrainiert ist, dass Anwesenheit gleich Arbeitszeit, Anwesenheit gleich Produktivität ist, wird stattdessen oft genug Zeit abgesessen. Das wird ja von Anfang an eintrainiert. Schon in der Schule takten wir alles in 45-Minuten-Einheiten.

Aber eine Reform dieser Struktur ist schwer möglich. Es ist uns seit Generationen eingeimpft, die ganze Gesellschaft ist danach organisiert. Das kann ja nicht einfach an einer Stelle durch Individualhandlung aufgebrochen werden. Wir organisieren ja auch unsere Freizeit, unsere sozialen Beziehungen nach diesen Mustern. Man sieht ja an der sozialen Isolation bei Arbeitslosen, wie sehr das ein Problem ist, da rauszufallen. Ich bin da ehrlich gesagt unsicher, wie das aufzudröseln ist.

2) Die Dramatik wird wegmoderiert

Was neuerdings als vermeintlich antiliberaler „Verzicht“ abgewertet wird, ist das, was früher einmal „Wahl“ hieß und Grundelement jeder liberalen Erzählung war. Wir können wählen, wie wir leben wollen, wir können mitbestimmen, welche Art der Landwirtschaft, welche Form der Mobilität wir als Gesellschaft wollen, wir können mitbestimmen, ob und wie wir teilen und umverteilen wollen, wir können mitverhandeln, was für uns ein freies, solidarisches und gerechtes Leben bedeutet, im lokalen und im globalen Kontext. Und ja, es lässt sich auch autonom entscheiden, etwas nicht zu wollen. Bewusster Dissens kann so Ausdruck von Freiheit sein wie unbewusste Affirmation von Entfremdung. Vielleicht erklärt das die Paralyse der Liberalen der Gegenwart: dass ihnen in Fridays for Future vorgeführt wird, was ein anspruchsvoller Begriff von Freiheit, von dem man sich selbst schon längst verabschiedet hat, bedeuten könnte. Die Freiheit ist bei den Liberalen zum leeren Signifikanten geworden, der zwar noch zitiert wird, aber nicht mehr gefüllt mit Substanz. Wer keinen Begriff des Politischen mehr hat, der nicht vom Ökonomischen durchzogen ist, wer keinen kollektiven Gestaltungswillen mehr hat, weil das schon zu viel der Regulierung bedeutet und nur noch „Technikoffenheit“ vor sich herträgt, der macht sich trostlos überflüssig. (Carolin Emcke, Süddeutsche Zeitung) 

Ich sage schon seit Längerem, dass die Grünen effektiv eine liberale Partei sind. Und sie füllen diese Rolle wesentlich produktiver aus als die FDP. Ich sehe zwar die Erneuerung Christian Lindners durchaus, aber in der Praxis bleibt von deren Theorie bisher nur recht wenig übrig. Es ist mehr Face-Lifting als ernsthafte Erneuerung. Wir haben ja hier im Blog mittlerweile mehrfach durchdekliniert, wie eingeschränkt auch der Freiheitsbegriff der klassischen Liberalen ist. Daher ist gerade die Spannung, Reibung und Zusammenarbeit zwischen FDP und Grünen eigentlich die interessanteste Schnittstelle im aktuellen parteipolitischen System. Da verwundern die Ausflüge Lindners an den rechten Rand um so mehr, dieses Kokettieren mit dem Außenstehen und der Fundamentalopposition.

3) Will Democrats Come to Their Census?

But while we all have a chance to make a difference in 2020 and the decade to follow, there remain some structural barriers to the census that will continue to hold some individuals back from participation.  For one, completing a census questionnaire engenders as much excitement as doing one’s taxes. It simply won’t make it onto the to-do list of people with busy lives. Even more problematic, some populations face a language hurdle in completing the census. Undocumented immigrants bear legitimate concerns about making themselves vulnerable to deportation, given the aggressive ICE tactics embraced under the Trump administration. Others harbor fears about what the government will do with their highly personal information. Some of these barriers, however, can be mitigated in 2020, when the census can be completed online for the first time ever. Now that the census will be more convenient to complete, the main objective for advocates will be to assuage concerns about confidentiality and educate the public about the potential and direct benefits their participation could have on their own communities. But after a tumultuous three years—and a widespread sense for ordinary people that they are impotent in the face of Trump’s rule—the 2020 census might be just what Americans need: a shot at controlling their own destinies by counting themselves in. That may not be as exciting as getting rid of Trump, but it still is pretty darn sexy. (Julie Robin Zedrak, Washington Monthly)

Die Republicans benutzten die Volkszählung schon 2010 als politische Waffe und schicken sich an, das für 2020 ebenso zu tun, indem sie die ihnen im Schnitt weniger gewogene Bevölkerung von der politischen Repräsentanz auszuschließen versuchen. Das ist nur ein Teil der großen republikanischen Offensive, so viele Stimmen wie möglich aus dem politischen Prozess auszugrenzen. Die unter dem Stichwort „voter suppression“ zusammengefassten Maßnahmen beinhalten auch das Aufheben von Wahlberechtigungen (die das zeit- und geldintensive Neu-Registrieren erforderlich machen) und das massive Erschweren des Wählvorgangs selbst, sei es durch das Errichten bürokratischer Hürden, sei es durch die Schließung von Wahllkokalen in Bezirken des Gegners oder durch das Verweigern des Ausstattens derselben. Wenn in den USA jede Stimme gleich gewichtet werden würde, wären die Republicans genau jene Minderheitenpartei, die sie de facto auch sind. Einzig Wählerunterdrückung erlaubt ihnen, an der Macht zu bleiben – was sie ja auch mehr oder minder offen zugeben.

4) Breaking Up Facebook? This is Getting Real

Long before Facebook bought Instagram or WhatsApp, Zuckerberg spied on startups that he viewed as emerging threats. He bought them when he could and copied their features when he couldn’t. And if any gained traction, he generally cut off their access to Facebook’s platform. […] The combination of deals gave Google complete control over most aspects of the ad market. The company has leveraged that control of the ad ecosystem to push other businesses to use its advertising technology at every step. […] The internet giants are fighting back, and they have all retained former DOJ and FTC lawyers and economists. In the past, Google and other tech giants have been successful at hiring those who had been through the revolving doors, and almost all the top people representing Facebook, Google, and Amazon today are negotiating with their former colleagues. […] The tech giants have long relied on the Consumer Welfare standard that has become the basis of modern antitrust. They have argued that antitrust enforcement is unnecessary because their services are free and they don’t raise prices. Congress, though, is having second thoughts. “When there is no longer a free market or competition, this increases prices, even when something is marketed as free, and harms consumers,” said Florida Attorney General Ashley Moody, a Republican. “Is something really free if we are increasingly giving over our privacy information? Is something really free if online ad prices go up based on one company’s control?” (Jonathan Tepper, The American Conservative) 

Es ist spannend dass diese Aufrufe zum Aufbrechen von Megakonzernen nicht aus der Linken kommen, sondern von der Rechten. Auch hier dürfte Trump mit seinen Tabubrüchen dafür gesorgt haben, dass plötzlich Dinge diskutiert werden, die vor 2016 völlig undenkbar gewesen wären. Es hilft natürlich, dass die GOP ohnehin kein gutes Verhältnis zu den Silicon-Valley-Riesen hat, aber Facebooks aktuelle Zuwendung an Trump im Speziellen und die GOP im Allgemeinen macht diese Beziehung umso interessanter. Wenn es eine ernstzunehmende konservative Strömung gäbe, die die Zerschlagung von Monopolen fordert, und dazu die Sanders-/Warren-Fraktion den inner-demokratischen Machtkampf gewinnt, könnte sich in der Wirtschaftspolitik etwas Fundamentales ändern. Und zwar etwas, das jedem Fan der freien Marktwirtschaft gefallen sollte.

5) Der Sturm, vor dem wir euch gewarnt haben

In einem Statement kurz nach dem Angriff sprach die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer von einem „Alarmzeichen“. Aber das ist kein Alarm, das ist die Katastrophe. Alarmzeichen waren es, als halbe Schweinehälften vor die Synagogen geschmissen wurden, Menschen auf der Straße angepöbelt oder ein Politiker von einem Vogelschiss sprach. Das hier ist der Sturm, vor dem wir euch gewarnt haben. Und wir, das sind die, die seit Jahren die Gefahr rechter Angriffe unterstreichen, die den NSU, die Ermordung von Walter Lübcke, den Aufstieg der AfD, die Hetzjagd von Chemnitz und die brennenden Asylunterkünfte als Zeichen deuteten. An dieser Stelle zeigt sich einmal mehr diese deutscheste aller Weigerungen, anzuerkennen, dass es sich bei rechten Morden wie denen in Halle zwar um den Angriff eines einzelnen Mannes handeln mag, aber nicht um einen Einzeltäter. Allein, weil der Terrorist eine Helmkamera trug, den Anschlag also für ein reales Publikum ins Internet übermittelte. Nazismus und Hass auf Andere, der mühelos den Schritt vom Wahlkreuz zur Vernichtung geht, gehört zu diesem Land. Anderes lässt sich aus der Geschichte bis heute – bis Halle – schwerlich lernen. […] Die Reaktion auf Halle muss selbstverständlich mehr sein als Betroffenheit. Sie braucht konkrete Vorstellungen davon, was sich verändern muss, damit sich so etwas nicht wiederholt. Das manifestiert sich auch in einer Einsicht, die unter ostdeutschen Juden und Jüdinnen vielleicht verbreiteter gewesen ist als unter westdeutschen: Dass es nach der Shoah nicht genügt, ein paar Sicherheitskameras und dicke Türen bereitzustellen, damit die Dinge sich nicht wiederholen. Sondern, dass es einer anderen Gesellschaft bedarf. Die Einsicht, dass Antifaschismus und Antirassismus Teil sein muss der Staatsräson nach 1945, dass also links und rechts keineswegs gleich weit entfernt sind von der bürgerlichen, post-nationalsozialistischen Mitte, ist heute nicht die herrschende politischen Einstellung. Sie sollte es aber sein. Denn wenn dieses Land 2019 nicht auf einem antifaschistischen Konsens basiert – dann weiß ich auch nicht, worauf. (Max Czollek, SpiegelOnline)

Ich habe das hier schon zigmal thematisiert. Vielleicht reicht ja dieser Terroranschlag endlich, um die Relativierer der rechten Gefahr aufzurütteln. Die Rede AKKs von einem „Alarmzeichen“ ist blanker Hohn. Unsereins gibt bereits seit Jahren Alarmzeichen. Alarmzeichen geschehen überall um uns herum, die ganze Zeit. Stattdessen wird einem Hetzer wie Hans-Georg Maaßen auf der Titelseite der ZEIT Raum gegeben, seinen Unrat zu verbreiten und quasi eine Pro-Contra-Debatte rechter Gewalt aufzumachen. Es wäre wirklich, wirklich an der Zeit, dass das demokratisch-rechte Spektrum endlich mal seinen eigenen Saustall aufräumt. Stattdessen kriegen wir Statements wie die von Matthias Döpfner, der lieber dumpf darüber orakelt, ob Merkel nicht doch heimlich irgendwie Flüchtlingsgewalt ermöglicht. Statt ihren Sauhaufen aufzuräumen, sulen sich die selbstradikalisierenden Bürgerlichen lieber darin. Und dann werfen sie entsetzt die Hände in die Luft, wenn Terroristen Synagogen zusammenschießen, und überlegen fieberhaft, wie sie dafür Ausländer und Linke verantwortlich machen können. Echt ekelhaft.

6) Leugnen ist zwecklos

Wenn der Weltklimarat übrigens mitteilt, dass etwas schneller passiert als erwartet, dann ist das wirklich ein Grund zur Sorge: Es zeigt nämlich, dass die Wissenschaftler bislang genau das Gegenteil von dem tun, was ihnen die Abwiegler gerne vorwerfen: Panik schüren oder einen „Hype“ befeuern. Die IPCC-Prognosen und -Projektionen sind in der Regel sehr vorsichtig und konservativ. Das hat zur Folge, dass immer wieder Dinge schneller passieren als erwartet. Erinnern Sie sich noch, dass jetzt auch der Permafrostboden in der Arktis auftaut, 70 Jahre früher, als der IPCC das erwartet hatte? […] Viele Kommentatoren in Deutschland und anderswo aber finden ein anderes Thema viel dringlicher: Das eigentliche Problem ist demnach Greta Thunberg. […] Das deutsche Magazin „Cicero“ fragte in einem bemerkenswert herablassenden Text, ob Thunberg das Klima nicht „vergifte“. Die „Welt“ nannte sie – auf der Titelseite – eine „Populistin“, warf ihr „emotionale Eskalation“ vor und brachte all das geschmackssicher mit dem „Ende der Pubertät“ in Zusammenhang. Der weiterhin ohne Parteiamt für die CDU schwadronierende Friedrich Merz, dessen Vorstellung von „Leitkultur“ offenbar elementare Höflichkeitsregeln ausspart, nannte Thunberg „krank“. Er beklagte, kein Witz, die Regierungskoalition sei „durch Greta Thunberg und den Uno-Weltklimagipfel unter einen enormen Zeitdruck geraten“. Durch das „kranke Mädchen“, wohlgemerkt, nicht durch die drohende Klimakatastrophe. […] Nikolaus Blome, stellvertretender Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, fragte auf Twitter, wo denn die „Stimme der Vernunft“ sei, die mit „ähnlicher Wucht“ wie Thunberg eine „Gegenrede“ halte. Die Frage ist: Was würde diese „Stimme der Vernunft“ wohl sagen? Würde sie in männlich-rationalem Tonfall raten, Immobilien in Küstennähe lieber schnell zu verkaufen? Würde sie empfehlen, entlang der europäischen Außengrenzen einen vier Meter hohen Elektrozaun zu errichten, damit der fertig ist, wenn die Klimaflüchtlinge kommen? Würde sie vorschlagen, sicherheitshalber in Gold zu investieren? Eine Klimaanlage einbauen zu lassen, um die kommenden Hitzesommer besser zu überstehen? Würde sie sagen: „Seid vernünftig, solange ich noch am Leben bin, wird das noch nicht so schlimm, also lassen wir doch erst mal alles so, wie es ist?“ (Christian Stöcker, SpiegelOnline)

Ich sage es immer wieder: Der Kern, mit dem die bürgerlichen Leitmedien nicht klarkommen und weswegen sie so um das Phänomen Thunberg herumeiern, ist die Gretchenfrage unserer Zeit: Sag, wie hälts du’s mit der Klimakrise? Konkret: Ist die Klimakrise eine existenzielle Bedrohung oder ist sie es nicht? Diese Leute wollen den Kuchen gleichzeitig essen und behalten: Unbedingt auf der richtigen Seite stehen, aber bitte gleichzeitig auch alles behalten, wie es jetzt ist und weiter Recht haben. Deswegen verfallen sie in ihre alten Muster und reden permanent von „Vernunft“, wo die einzig vernünftige Reaktion in Panik besteht.

Das Problem ist nur, dass sobald diese kognitive Dissonanz in den Redaktionsräumen von ZEIT, FAZ, Welt und Co aufgelöst wird, nur zwei Möglichkeiten bestehen. Entweder man tritt ebenfalls für die Vermeidung der Klimakrise ein, mit allen Konsequenzen, die das hat, oder man wechselt ins Lager Klimawandelleugner. In den USA ist diese Sortierung längst passiert, mit der Konsequenz, dass 40% des Landes willentlich in den Abgrund rennen, nur um ihre Meinung nicht ändern zu müssen. Die genannten Blätter und die ihnen verbundenen Schichten stehen vor einer ähnlichen Entscheidung. Ich bin sehr pessimistisch, wie sie sich entscheiden werden.

7) Why the right’s usual smears don’t work on Greta Thunberg

That almost always involves attacking the messengers (“Al Gore has a big house”) and their proposed solutions (“the Green New Deal will take away your hamburgers”). The scientists are after grant money; the activists are undercover socialists; the leaders are hypocrites; the marchers litter. Casting doubt on the motives and authenticity of people fighting for progressive causes is the right’s primary political tool, with efforts now led out of the White House. […] Thunberg has sidestepped attacks on her motives by almost entirely refraining from endorsing specific political reforms or policies. “I can’t really speak up about things like [politics],” she told Wallace-Wells, “no one would take me seriously.” […] In ignoring social cues, Thunberg has become one: A signal to other young people around the world that, yes, this really is an emergency, and yes, they really can and should speak up. […] So far, Thunberg has played her game expertly — mostly by being almost entirely oblivious to the other games being played around her — and I hope she does this as long as possible. I hope she continues to refrain from policy recommendations, live a low-carbon life, and drag the spotlight back to science. She has pulled off something like a political miracle, and I don’t want it to end any more than anybody else. (David Roberts, vox.com)

Ich habe darauf in meinem eigenen Artikel zum Thema schon hingewiesen, aber Thunberg ist sicherlich klug in ihrer Entscheidung, keinerlei spezifischen Vorschläge zu machen, sondern einfach nur die volle Kraft des wissenschaftlichen Konsens‘ wirken zu lassen, um ein Gefühl der Notwendigkeit des Handelns zu schaffen. Auch der Punkt mit dem „ignoring of social cues“ funktioniert wegen ihrer Identität. Wie ich beschrieben habe, verkörpert sie kindliche Unschuld. Sie kann es sich leisten, die rechten Hetzer einfach abblitzen zu lassen, ohne dass das die üblichen Rückkopplungseffekte von Erwachsenen hat.

8) Forschen für den Plas­tik­würfel. In illi­be­ralen Staaten entsteht gegen­wärtig eine wissen­schaft­liche Schein­welt

In den letzten zehn Jahren haben Politikwissenschaftler*innen ausführ­lich darüber disku­tiert, mit welcher Termi­no­logie die jüngsten Entwick­lungen in verschie­denen Ländern wie Ungarn, Polen, Serbien, Brasi­lien, den USA und der Türkei am besten zu verstehen sind. Mit Wero­nika Grze­balska nennen wir diese Staaten mit Blick auf den dort überall sehr ähnli­chen modus operandi der poli­ti­schen Macht (und gemäß dem biolo­gi­schen Begriff für para­si­täre Baum­pilze) illi­be­rale „Polypor-Staaten“. Im Gegen­satz zu anderen Politikwissenschaftler*innen, die diese Staaten wegen ihrer Effek­ti­vität bewun­dern, argu­men­tieren wir, dass die Polypor-Staaten keine origi­nellen Ideen haben, sondern nur Ideen von anderen über­nehmen, die sie für ihre eigenen Zwecke verwenden, das heißt für den bloßen Erhalt ihrer Macht. Dazu arbeitet der Polypor-Staat mit drei Konzepten. Das erste ist „Sicher­heit“. In seinem öffent­li­chen Diskurs erklärt er alle mögli­chen Aspekte des Lebens und der Politik zu einer Frage der „Sicher­heit“, bis hin zur Geschlech­ter­for­schung und zu kriti­schen Intel­lek­tu­ellen, die er als eine Bedro­hung für diese „Sicher­heit“ darstellt. Dazu gehört zwei­tens eine spezi­fi­sche Fami­li­en­ideo­logie, die beinhaltet, dass der Staat beson­ders die Familie unter­stützt, damit aber über­wie­gend Mittel­stands­fa­mi­lien meint und oben­drein den Wert der Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit bewusst igno­riert. Das dritte Konzept schließ­lich ist für die akade­mi­sche Wissens­pro­duk­tion das rele­van­teste. Es geht um die Grün­dung und Förde­rung neuer Forschungs- und Lehr­in­sti­tu­tionen, die das gleiche Profil haben wie die bereits bestehenden, womit ein neues Phänomen geschaffen wird: die poly­pore Wissen­schaft. […] Zur popu­lis­ti­schen Wende gehört außerdem, dass der Mangel an Quali­täts­kon­trolle in den poly­poren Insti­tu­tionen dazu führte, die Systeme und Insti­tu­tionen der akade­mi­schen Quali­täts­kon­trolle im Allge­meinen anzu­greifen. […] Welche Folgen hat der Aufbau dieses neuen poly­poren akade­mi­schen Netz­werks für die Sozial- und Geis­tes­wis­sen­schaften? Dazu gehört erstens die Vermänn­li­chung des Berufs­standes, denn alle, die in letzter Zeit ernannt wurden, sind sehr ehrgei­zige junge Männer, bestens vernetzt mit jenen älteren Herren, die diese Entwick­lung voran­treiben. Letz­tere suchen junge Männer, die einen sehr ähnli­chen Habitus haben wie sie selbst, aber 25 Jahre jünger sind. Zwei­tens ergeben sich deut­liche Unter­schiede in der Bezah­lung: Profes­soren dieser poly­poren Insti­tu­tionen verdienen mindes­tens doppelt so viel und haben dort Zugang zu Forschungs- und Reisesti­pen­dien. (Andrea Petö, Salonkolumnisten)

Es ist wie bei den Rechtspopulisten eigentlich immer: Welchen Vorwurf sie auch machen, man kann sich sicher sein, dass sie selbst voll dabei sind. Korruption? Jeder von denen ist korrupter als die letzten zwanzig Jahre demokratischer Politiker. Und so weiter. So ist es auch hier: Mit riesigen Krokodilstränen beweint man die angebliche Unwissenschaftlichkeit der Gender Studies und ärgert sich aufgeplustert über die „Politisierung“ der Wissenschaften, nur um das exakt dazu zu nutzen, den kompletten Wissenschaftsbereich (durch die Bank) zu politisieren und sich zu unterwerfen. Und so ist es bei allem, was Rechtspopulisten tun.

Gerade deswegen verweise ich immer darauf, dass rechtsdemokratische Zeitgenossen nicht den Fehler machen sollten, diesen Leuten zuzustimmen oder gar mit ihnen zusammenzuarbeiten, nur weil man sich beim Thema einig ist. Die Ablehnung der Gender Studies als Disziplin durch einige Kommentatoren hier im Blog hier etwa ist ja ein legitimes Diskussionsthema in einer pluralistischen Gesellschaft, aber in dem Moment, wo du dich mit Rechtspopulisten zusammentust und ihnen Boden gibst, weil sie die gleiche Meinung zum Thema haben wie du, schaffst du ein Einfallstor. Und dann schreibst du irgendwann Gedichte, die mit „Als sie für die Gender Studies kamen, habe ich nichts gesagt, denn ich lehrte ja nicht Gender Studies…“

9) Democrats Should Be as Fearless as FDR

And many of Roosevelt’s ideas failed. The Agricultural Adjustment Administration attempted to raise farmers‘ incomes by paying them to destroy surplus crops and livestock. But it did little to help poor farmers, and it led to higher food prices for the poor and unemployed. In 1937, thinking that the worst of the Depression was over, FDR cut government spending, which led to a second downturn. The National Recovery Administration created private cartels to regulate prices and wages, but these ended up doing little to help. Many New Deal programs were struck down by the Supreme Court, including the NRA and the AAA; only when Roosevelt threatened to pack the court with extra justices did it relent. But despite these and other setbacks, Roosevelt and his administration pressed on, often replacing failed or blocked policies with new approaches. When industrial cartels failed to boost employment, Roosevelt provided jobs directly via the Works Progress Administration and other agencies. The austerity of 1937 was reversed. Roosevelt kept up his “bold persistent experimentation,” introducing new policies like higher income taxes, Social Security, freer trade and stronger collective bargaining. […] Today’s Democrats can learn as much from the New Deal’s failures as from its successes. When plans don’t work — or when they don’t go far enough — rapid changes of course are necessary. A pragmatic attitude is the key, because sticking to a rigid ideology is a recipe for doubling down on mistakes. Political flexibility is crucial. A president isn’t a dictator, and she or he will need creative workarounds and alternatives when opponents inevitably block parts of the agenda. The goal – a stronger, more equal economy – must take precedence over any plan. (Noah Smith, Bloomberg)

Der hier beschriebene Ansatz ist exakt meine Vorstellung von vernünftiger Reformpolitik, wie ich sie auch in meinem Grundsatzartikel zur Lösung der Klimakrise beschrieben habe. Am Grünen Tisch kann man noch so viele großartige Reformprojekte (oder wirtschaftliche Transformationen, mit einem Blick auf die Neoliberalen unter uns) planen; die Realität hat die Angewohnheit, Fallstricke auszulegen, die man vorher nicht gesehen hat. Die Qualität von Regierenden zeigt sich darin, wie flexibel sie auf solche Probleme reagieren, nicht darin, wie wasserdicht und kohärent die Pläne vorher waren.

Der Ansatz von „Scheiße an die Wand werfen und schauen was kleben bleibt“ ist daher zwar nicht so intuitiv attraktiv wie ein durchgeplantes und intellektuell kohärentes Programm, aber deutlich aussichtsreicher, sinnvolle Lösungen zu produzieren. Voraussetzung ist natürlich, dass man bereit zur Evaluierung und zur Reform ist. Ich denke übrigens, das ist auch eine der großen Stärken der ganzen Agenda2010-Reformen gegenüber eher starren Reformversuchen wie den in immer dasselbe ideologische Korsett gesperrten IWF-Strukturreformen: Die Willigkeit, Reformbestandteile auch wieder zu ändern, wenn sich zeigt, dass entweder die Prämisse falsch war oder sich geändert hat.

Ich würde behaupten wollen, dass die Agenda2010 wesentlich weniger in der Bevölkerung akzeptiert wäre, hätte man alles auf dem Stand von 2004 eingefroren und seither als sakrosankt nicht mehr angefasst. Die Schwierigkeit, und das zeigt die SPD deutlich, ist diese Reformen der Reform politisch zu verkaufen. Darin war die deutsche Sozialdemokratie singulär schlecht. Aber das ist kein unlösbares Problem.

10) Left-Wing Policies Aren’t Risky for Democrats. Unpopular Ones Are.

Agadjanian is admirably careful in contextualizing his findings. He notes that some progressive policies are popular, and that it is unclear which left-wing policies the Democratic nominee will choose to emphasize next year. Still, the framing of both his column and survey are misleading. The question he has examined is not “Do Democrats risk losing independents by moving left?” but rather, “If three of the Democratic Party’s least popular left-wing ideas are at the front of independent voters’ minds when they enter the ballot booth next year, will that be bad for the Democratic Party?” The second question is more worthwhile than it may sound. Previous polling has established that decriminalizing border crossing, extending health-care benefits to undocumented immigrants, and abolishing private insurance are not majoritarian propositions (although, the last one tends to have broader support when contextualized in specific ways). But policies can be unpopular without being salient. So there is some value in knowing that these stances could ostensibly inform the voting preferences of swing constituencies. There is no value, however, in casting these three policies as definitive of the Democratic Party’s ideological shift. A survey that had independent voters read about the Democratic field’s embrace of wealth taxes, worker codetermination, marijuana legalization, and a $15 minimum wage might very well yield the opposite conclusion about the electoral implications of the Democrats’ “left turn,” given the broad popularity of those ideas. By equating the political viability of an arbitrary (and unusually unpopular) batch of left-wing policies with that of Democrats “moving left” in general, the Times column provided progressives readers with an easy means of dismissing its findings outright. (Erik Leivitz, New York Magazine)

Ich stimme Leitvitz‘ Grundforderung grundsätzlich zu. Man sieht denselben Effekt bei den Rechten ja auch: Obwohl den Republicans nicht wichtiger war als die Steuergeschenke für Milliardäre, schadete ihnen die Verabschiedung massiv, weil das Thema in der Gesamtbevölkerung furchtbar unpopulär war. Dass sie es unbedingt wollten, tat da wenig. Es mag daher durchaus sinnvoll zu sein, stärker darauf zu achten, welche der eigenen Herzenswünsche auch in der breiten Bevölkerung geteilt werden.

Aber: Das Narrativ ist noch wichtiger. Die Umfragen, aus denen Leivitz zitiert, sind notorisch unzuverlässig. Bei all den Fragen nach der Popularität bestimmter Policies ist das so genannte wording, also die Fragestellung, der ausschlaggebende Faktor. Ein Umfrageinstitut kann die Popularität von Medicare For All auf eine Weise abfragen, dass 80% der Amerikaner zustimmen oder dass 40% zustimmen – der gleichen Policy. Hier müssen die Democrats unglaublich darauf achten, dass sie nicht den gleichen Fehler machen wie die Republicans und anfangen, ihre eigene Propaganda zu glauben.

11) Die Greta-Skeptiker hoffen auf die Zaubermaschine

Es ist die Hoffnung, dass eine Technologie der Zukunft die Probleme von heute auf beinahe magisch-mystische Weise lösen werde. Es grenzt an die „Dunkle Technikhörigkeit der Ahnungslosen“, nur dass hier die Akteure sogar Ahnung haben. […] Und es ist eine mächtige Denkschule, die sich schon häufiger durchgesetzt hat. Zum Beispiel beim Klimaabkommen von Paris im Jahr 2015. Es wird nicht besonders häufig gesagt – aber die ohnehin nicht gerade überambitionierten Ziele von Paris lassen sich nur noch erreichen, wenn irgendjemand eine bisher nicht existierende Technologie erfindet. […] Denn im Schnitt dauert es ab Erfindung 43 Jahre, bis eine neue Energieerzeugung im Markt angekommen ist. Und 27 Jahre, bis sich neue (eventuell sparsamere) Produktkategorien durchsetzen können. […] Die Technikgläubigkeit der Greta-Skeptiker ist natürlich kein euphorisch-positiver Technikglaube, wie er etwa Anfang des Jahrtausends bei Internetoptimisten (auch bei mir) zu finden war. Es handelt sich eher um eine Abwehrreaktion, die mit dem Joker Technologie operiert. Diese Klimatechnologiegläubigkeit hat auf verquere Weise letztlich nichts mit Technologie zu tun, das ist nur eine Chiffre, die auch lauten könnte: Wir warten auf ein Wunder Gottes, die Ankunft von Godot oder die Entdeckung von CO2-fressenden Einhörnern. Denn dahinter steht der schlichte wie technologieferne Wunsch, die anstrengende Veränderung noch ein wenig herauszuzögern. Es ist nichts anderes als die Essenz des konservativen Charakters, noch die kleinste Chance zu ergreifen, um dem Wandel so wenig Raum wie möglich zu geben. Bis es nicht mehr anders geht. Das ist, wie man selbst als progressiv orientierte Person zugeben wird müssen, in der Geschichte ärgerlich oft richtig gewesen. Aber eben nicht immer. (Sascha Lobo, SpiegelOnline)

Ich möchte diesen Artikel hauptsächlich noch als Ergänzung der Gedanken dalassen, die ich in meinem eigenen Artikel „Der Weg aus der Klimakrise“ beschrieben habe. Lobo geht deutlich ausführlicher als ich auf den verbreiteten Techno-Optimismus der Klimawandelrelativierer ein, und dazu schreibt er deutlich besser als ich.

{ 67 comments… add one }
  • Hanni Hartmann 13. Oktober 2019, 12:32

    Die „Verbots“ Partei der Grünen als liberaler als die liberale FDP zu bezeichnen grenzt schon an intellektuelle Onanie.

  • R.A. 13. Oktober 2019, 19:07

    1.) „Eine Gemeinsamkeit aller Wirtschaftsordnungen, egal ob planwirtschaftlich oder kapitalistisch, ist die Vergötterung der Anwesenheit.“
    Es gibt Firmen (vor allem Behörden) und Tätigkeiten, da ist das so. Das sind aber meistens Bereiche, in denen es auch eine gewisse Relation zwischen Anwesenheitszeit und Arbeitsergebnis gibt.
    Klar wird zwischendurch mal gegammelt oder geschwätzt – aber nur im Maß des jeweils Üblichen. Wenn also die Arbeit einer Acht-Stunden-Schicht de facto in sieben Stunden erledigt wird, dann heißt das nicht, daß man einfach auf sieben Stunden kürzen könnte. Denn dann wird schlicht ein ähnlicher Faktor an Nicht-Arbeit bleiben und in der Sieben-Stunden-Schicht wird dann nur noch für etwas über sechs Stunden Arbeit erledigt.
    Bei vielen Firmen und Tätigkeiten gilt die starre Kopplung an reine Anwesenheit sowieso nicht mehr, da zählen die Ergebnisse.

    Ansonsten haben sich die acht Stunden halt als für die meisten Menschen akzeptables Mittel herausgestellt, um in einem 24-Stunden-Tag noch genug Zeit für alles Übrige zu haben und gleichzeitig ein Maximum an Verdienst zu ermöglichen. Aber das ist eben nur das Mittel, viele Leute arbeiten weniger oder mehr. Wobei das Versprechen einer Vier-Stunden-Woche populistischer Dummenfang ist – klar verkaufen sich solche Schlaraffenland-Bücher gut.

    Insgesamt ist der Trend zur Verkürzung der Arbeitszeit schon seit längerer Zeit zum Stillstand gekommen – offenbar ist für die meisten Arbeitnehmer ein Optimum in der Abwägung Lebenszeit/Verdienst erreicht.
    Das wesentliche Thema dürfte in Zukunft die Reisezeit zur Arbeit sein. Beim Pendeln geht den Menschen viel Zeit verloren, das wird von vielen als unangenehmer empfunden als die eigentliche Arbeitszeit und da gibt es diverse Ideen zur Optimierung.

    2.) „Wir können wählen, wie wir leben wollen, wir können mitbestimmen, welche Art der Landwirtschaft, welche Form der Mobilität wir als Gesellschaft wollen, wir können mitbestimmen …“
    Blubber, Blubber, Blubber.
    Was die anti-liberale grüne SZ hier meint ist natürlich NICHT Selbstbestimmung, also echte liberale Wahlfreiheit. Sondern das „wir“ bedeutet kollektiven Zwang wie im SPD-Wahlkampf „das Wir entscheidet“.
    Und in der Regel bedeutet das „wir entscheiden“ im grünen Weltbild ja nicht einmal, daß der kollektive Zwang demokratisch abgestimmt wird. Sondern das entscheiden die Leute im Zentralkommitee, weil die ja viel besser wissen was wir „eigentlich“ wollen.

    5.) Nein, der Spiegel und Kollegen haben NICHT vor Fanatikern à la Halle gewarnt. Oder nur unter ferner liefen.
    Ihr „Kampf gegen rechts“ galt undifferenziert allem, was irgendwo an politischen Positionen rechts von Merkel existiert. Da ging es auch nie um die Verhinderung von Gewalttaten (höchstens darum, ob es Gewalt im Sinne der „gerechten Sache“ ist), sondern um politische Meinungshoheit und die Diffamierung andersdenkender Demokraten. Die mit echten Nazis in einen Topf zu schmeißen war und ist ihnen wichtig, um zu diskreditieren und der politischen Auseinandersetzung auszuweichen.
    Eine Solidarisierung der Demokraten gegen den (winzigen) rechtsextremen Rand war dabei nie gewollt.

    8.) „aber in dem Moment, wo du dich mit Rechtspopulisten zusammentust und ihnen Boden gibst, weil sie die gleiche Meinung zum Thema haben wie du, schaffst du ein Einfallstor.“
    QED
    Es ist eine legitime Position innerhalb des demokratischen Spektrums, Genderforschung abzulehnen. Und da ist es völlig irrelevant, ob irgendwelche Rechtsextremen die vielleicht auch ablehnen.
    In dem Moment wo Kritik an Genderforschung als illegitim disqualifiziert wird, um kein „Einfallstor“ zu bieten, wird der Kampf für die eigene Position pro Genderforschung wichtiger als die demokratische Gemeinsamkeit mit dem Genderforschungsablehner gegen rechtsaußen.

    • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 06:37

      1) Ein sehr guter Punkt, da hast du völlig Recht. Wie siehst du da das Verhältnis zu dem langdauernden Trend (und der Forderung!) zur Flexibilisierung, also der Notwendigkeit, auch lange Strecken in Kauf nehmen zu MÜSSEN?
      5) Soso.
      8) Du liest nicht, was ich schreibe. Ich lehne die Kritik nicht als illegitim ab, ich sage EXPLIZIT das Gegenteil. Ich warne davor, darüber Bündnisse mit dem Feind zu schließen.

  • sol1 13. Oktober 2019, 22:47

    5) „Die Rede AKKs von einem „Alarmzeichen“ ist blanker Hohn. “

    Sie hat sich zum Glück schnell korrigiert:

    /// Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat die AfD als den „politischen Arm des Rechtsradikalismus“ bezeichnet. Der antisemitische Anschlag von Halle sei „eine Schande“ und „ein Alarmzeichen, das niemanden von uns kalt lassen darf“, sagte Kramp-Karrenbauer beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Saarbrücken. Es habe zuvor andere Alarmzeichen gegeben. „Aber das Problem ist, dass keines dieser Alarmzeichen anscheinend so angekommen ist, dass man erkennt: Rechtsradikalismus und der politische Arm des Rechtsradikalismus, die AfD, sind ein wirkliches Problem in Deutschland.“ ///

    https://www.sueddeutsche.de/politik/kramp-karrenbauer-junge-union-cdu-1.4638278

    Überhaupt ist der unsägliche Mist von Döpfner die Ausnahme geblieben – er wird sogar im eigenen Blatt unterlaufen:

    https://i.redd.it/3q1nxkvioas31.jpg

  • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 00:18

    1) Feierabend um 15 Uhr? Der Abschied vom Acht-Stunden-Tag

    Während es seit Jahren Unternehmer und Unternehmen gibt, die an der 40-Stunden-Woche herumexperimentieren, sind es die Gewerkschaften, die auf die Bremse treten. Leistungslöhne sind ein Alptraum für ihre Klientel, Vertrauensarbeitszeit Symbol der Ausbeutung. Und kaum ein Land reguliert Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen so eng wie Deutschland.

    Worüber klagst Du nochmal?

    2) Die Dramatik wird wegmoderiert

    Ich sage schon seit Längerem, dass die Grünen effektiv eine liberale Partei sind.

    Da hast Du aber ziemlich viel gesoffen. Ausgerechnet die Partei, die in der öffentlichen Wahrnehmung wie keine andere für Verbote steht, wird von Dir als „liberal“ eingeordnet. Tipp: Mach‘ mal in Deiner Klasse ein Kurzseminar zum Begriff liberal. Vielleicht können Deine Schüler helfen?

    5) Der Sturm, vor dem wir euch gewarnt haben

    Es lohnt mal, darüber zu berichten, wie viele Ressourcen durch die Eindämmung des Islamismus gebunden werden, verursacht nicht zuletzt durch eine, ja, unkontrollierte Zuwanderung, die letztendlich nicht für die wichtige Bekämpfung des Rechtsextremismus und des stark zugenommenen Antisemitismus zur Verfügung stehen. Deine Kommentierung ist ja nichts weiter als das Eingeständnis, nicht besonders flexibel auf Entwicklungen reagieren zu können, sondern immer die gleichen Lehren herunterzubeten.

    6) Leugnen ist zwecklos

    Ich sage es immer wieder

    Schon wieder. Für einen jungen Menschen weißt Du schon sehr viel schon immer. Vielleicht hilft etwas Relativierung und wir Deutschen stellen uns mal dorthin, wo die meisten stehen: der Klimawandel ist ein Problem, aber ein Problem von vielen und nicht die Top-Priorität. Das bedeutet, nicht alles ist dem einen Ziel unterzuordnen, sondern relativ einzuordnen.

    Wäre mal echt was Neues.

    8) Forschen für den Plas­tik­würfel. In illi­be­ralen Staaten entsteht gegen­wärtig eine wissen­schaft­liche Schein­welt

    Gerade gibt es eine Studie, wie die Folgen der Alterung der Erwerbsbevölkerung durch Aktivierung von Arbeitsreserven auf gefangen werden können. Wesentlicher Faktor (wie bisher): Die Erwerbstätigkeit von Frauen sollte von derzeit 30 Stunden auf 35 Stunden erhöht werden. Einziges Problem: die Frauen haben keine Lust dazu und denken eher an Arbeitszeitreduzierung. Keine Ahnung, warum das weibliche Geschlecht weniger verdienen will. Vielleicht, um mehr Zeit vor dem Schminktisch verbringen zu können?

    Allein drei Fundstücke zum Klimawandel? Vielleicht fehlt es dann doch an den richtigen Prioritäten?

    • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 06:40

      1) Mein Punkt ist auch, dass viel Arbeit sich in gleichem Maße erledigen ließe, wenn man die Gesamtstundenzahl pro Woche herunterschraubt. Es gibt ja zwischen der Arbeitsproduktivität und der Gesamtstundenzahl nicht mal eine Korrelation!
      8) Manchmal bist du echt ein krass selbstgerechter Macho.

      Ja, dir offensichtlich schon.

      • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 10:44

        1) Nein, Stefan, Dein Punkt ist, dass Du gerne ein vermeintliches Problem isoliert raushaust, ohne Dich mit den Umständen zu befassen. Doch ob ein Problem tatsächlich eins ist, lässt sich erst unter Würdigung des Ganzen und der Alternativen bewerten.

        Es gibt zwei Formen der Entlohnung, jene nach Zeit und jene nach Leistung. Im Geschäftsleben, beim Kauf im Supermarkt wie bei der Beauftragung des Handwerkers dominiert die Leistungsentlohnung. In den wenigen Bereichen, wo nach Zeit bezahlt wird, freut sich meist der Auftragnehmer. Ineffizienzen, Mängel, Trial & Error gehen zu Lasten des Auftraggebers.

        Das ist der Grund, warum Gewerkschaften so vehement dafür gestritten haben, dass Arbeitnehmer nach Zeit und nicht nach Leistung vergütet werden. Der Unternehmer ist für das Ergebnis verantwortlich, nicht der abhängig Beschäftigte. Heute zahlt der Arbeitgeber die Bummeleien, das Surfen im Internet wie den Kaffee-Schnack. Dagegen hat die Rechtsprechung Regelungen gefunden, was zu dulden ist und was nicht.

        Wahrscheinlich könntest Du den Arbeitgeberverbänden keinen größeren Gefallen tun als mit der Forderung nach Aufhebung der Bezahlung nach Zeit. Ein Traum würde wahr, die Leute müssen (ohne Bezahlung) so lange arbeiten, bis der Job erfüllt ist. Was für jemanden wie mich immer Standard war und ist, würde auf die gesamten Belegschaften ausgewalzt.

        Du hast zwar mit Deinen Faktenbeschreibungen recht, aber Du hörst dabei auf. Das wesentliche Merkmal bei einem Arbeitsverhältnis ist die Entlohnung. Du musst Sie an Deine Erkenntnis anpassen, um die Sache konsequent zu machen. Wenn Du nicht dazu bereit bist – hast Du kein Problem.

        • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 16:04

          Ich will doch gar nicht die Aufhebung der Bezahlung nach Zeit. Ich will Arbeitszeitreduktion bei vollem Lohnausgleich.

          • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 16:28

            Ich hab’s befürchtet. Wieso? Was hat ein Arbeitgeber davon? Weniger Arbeit für das gleiche Geld? Das kann eigentlich nicht Dein Ernst sein, denn es läuft auf eine massive Lohnerhöhung hinaus, nichts mehr. Und damit verliert Dein Eingangsargument sein ganzes Gewicht.

            • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 17:19

              Der Arbeitgeber? Gleiche Arbeit in weniger Zeit.

              • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 17:57

                Dann bist Du wieder beim Leistungslohn. Eine Buchhalterin schafft an einem normalen Arbeitstag vielleicht 80 – 100 Buchungen. Am Ende des Monats müssen alle Buchungen erledigt sein. Ich habe nur bedingt etwas dagegen, wenn jemand nach 5 Stunden nach Hause geht – soweit den gesetzlichen Anforderungen (genau, zeitnah) Genüge getan ist.

                Ich selber halte es ja auch so. Ich habe mir immer das Recht herausgenommen, morgens etwas später zu kommen, in einem Job mal sogar regelmäßig erst um 10 Uhr. So lange ich meinen Bereich im Griff habe, solange ich überdurchschnittliche Ergebnisse abliefere, so lange ich dann ansprechbar bin, wenn es darauf ankommt, ist dagegen nicht das Geringste zu sagen.

                Die meisten Mitarbeiter wollen sich nicht diesen Anforderungen unterwerfen, siehe Beispiel von der Inventur, wo ausgerechnet ich als operative Leitung am Ende alleine dastand, am Wochenende geregelt habe, was der Job von Sachbearbeitern ist. Von solchen Leuten werde ich mir nie sagen lassen, wann ich im Büro zu sein habe. Doch wer diese Bedingungen nicht erfüllen will, soll nicht davon reden – und kann auch nicht verlangen – nur so viel zu arbeiten, wie er Lust hat.

            • popper 14. Oktober 2019, 20:11

              Ich bezweifle, dass sie Beide eine Ahnung davon haben, was Arbeitsverkürzung mit vollem Lohnausgleich faktisch heißt. Und widerstehen Sie bitte ihrem Reflex, von mir eine Erklärung zu fordern, bevor Sie inhaltlich das Prozedere im Einzelnen beschrieben haben.

              • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 20:52

                Erleuchte mich.

                • popper 14. Oktober 2019, 22:06

                  Arbeitszeitreduktion bei vollem Lohnausgleich.

                  Gab es nie und wird es nie geben. Im Gegenteil, das war die größte Verarsche, die Gewerkschaften ihrer Klientel haben angedeihen lassen.

                  • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 22:11

                    Ok, aber warum?

                    • popper 14. Oktober 2019, 22:30

                      Warum was?

                    • Stefan Sasse 15. Oktober 2019, 07:57

                      Warum das eine Mogelpackung ist.

                    • popper 14. Oktober 2019, 22:36

                      …weil eine AZV bei vollem LA verteilungslogich nicht möglich ist…

      • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 10:55

        8) Manchmal bist du echt ein krass selbstgerechter Macho.

        Absolut! Das Problem der Gender Studies ist häufig, dass sie die Erkenntnisse anderer Richtungen nicht anerkennen oder keine korrelierenden Schlüsse daraus ziehen. Binnen einer Generation ist in Deutschland die Frauenerwerbstätigkeit von einem der hinteren Plätze auf eine internationale Spitzenposition gestiegen. In kaum einem anderen Industrieland arbeiten Frauen so viel und so häufig wie in Deutschland.

        Damit müsste der feuchte Traum der Genderstream-Anhänger eigentlich erfüllt sein. Leider scheinen sich die Frauen nicht nach den Erkenntnissen der Gender Studies richten zu wollen, denn viele Frauen sind mit so viel Erwerbsarbeit unzufrieden – weit unzufriedener als Männer, die mehr arbeiten. 40% der erwerbstätigen Frauen wollen ihre Arbeitszeit reduzieren, nur 17% wollen sie erhöhen. Die ideale Arbeitszeit liegt für das Gros der Frauen bei 30 Wochenstunden, dem in Westdeutschland üblichen Niveau (Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)).

        Tja, Stefan, was machen wir jetzt damit? Frauen arbeiten auf Rekordhoch und sind mit steigender Erwerbsarbeit und -zeit unzufrieden.

        • Sebastian 14. Oktober 2019, 11:44

          Gewiss werden diese Befunde empirischer Sozialforschung in den Gender Studies diskutiert – wir bekommen es nur nicht mit, weil wir keine Fachpublikationen lesen. Stattdessen lesen wir in der Presse Versatzstücke im Kontekt von Gender Mainstreaming- und Feminismus-Debatten. Das gilt es fairerweise zu trennen. Gender Studies beschäftigen sich in erster Linie mit der sozialen und kulturellen Konstitution bzw. Überformung der Geschlechterkategorien. Da ist nicht zu erwarten, dass da Bewertungen der Frauenerwerbsquote bei rumkommen – dafür sorgen eher die Kommentatoren…
          https://de.wikipedia.org/wiki/Gender_Studies#Forschungsinhalte
          https://www.zeit.de/kultur/2017-09/gender-studies-vorwuerfe-feminismus-10nach8/komplettansicht

          • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 12:11

            Ich finde bereits die Rechtfertigung der Gender Studies einigermaßen abstrus. Wissenschaft bedeutet Erkenntnisgewinn und zweifeln. Warum ich mich wie verhalte, bringt mir durch Studien schon ziemlich wenig Erkenntnisgewinn, denn meist weiß ich, warum ich etwas tue oder unterlasse.

            Zumal wenn die Ergebnisse ihrer Forschung unserem Ego wenig schmeicheln. Da kommt etwa heraus, dass vieles von dem, was wir unserem eigenen freien Willen zuschreiben, in Wirklichkeit das Nachplappern uralter Stereotype ist.

            Und? Selbst wenn es so wäre, was ist daran schlimm und was ändert es? Das sind doch viel wesentlichere Fragen als die Bewertung dessen, was ich tue.

            Da mögen Myriaden von Studien mehr oder weniger zu dem Ergebnis kommen, dass es in der typischen Unternehmens- und Organisationskultur starke Verzerrungen in der Wahrnehmung von Frauen und Männern gibt und dass deshalb Männer strukturell bevorzugt werden und Frauen weniger Chancen haben.

            Die Beschreibung umreißt das Grundproblem mit der Akzeptanz der Gender Studies: der Fokus liegt mehr auf der Bewertung, der Beurteilung statt dem Beschreiben von Verhaltensweisen, wie es die klassischen Sozialwissenschaften (zu denen die Wirtschaftswissenschaften gehören) handhaben. Die Finanzwissenschaft kann beschreiben, um welchen Faktor die Staatseinnahmen sich erhöhen und wie die Verteilungswirkungen einer Steuererhöhung sind. Ob dies nun gut oder schlecht ist, entzieht sich dem Urteil der Wissenschaft.

            Wer urteilt, befindet sich im Bereich der Politik und muss sich dementsprechend dem Streit, aber auch der Ablehnung von Teilnehmern aussetzen. So ist das Geschäft.

          • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 16:05

            Exakt.

        • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 16:04

          Ich glaube du kennst meine Antworten auf dieses dich immer noch verblüffende Fakt bereits.

    • CitizenK 14. Oktober 2019, 09:49

      „Keine Ahnung, warum das weibliche Geschlecht weniger verdienen will.“

      Vielleicht, weil ihnen andere Dinge wichtiger sind als Geld? Zeitwohlstand statt Geldwohlstand. Eigentlich grund-liberal, sein Leben nach eigenen Wertentscheidungen zu führen. Für Sie offenbar ein völlig neuer Gedanke.

      Dass die Jagd nach Geld und materiellem Wohlstand oft ganz anderen Bedürfnissen und einem psychischen Defizit entspringt, ist auch nicht ganz neu.

      • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 10:58

        Manchmal liefern die eigenen Kritiker die beste Verteidigung von einem selbst. Genau so ist es Herr CitizenK!

        Frauen haben andere Bedürfnisse als Männer, während Gender Streamer sie in die männliche Förmchen pressen wollen. Empfehlung: Sie setzen die Debatte mit Stefan Sasse fort. 🙂

        • CitizenK 14. Oktober 2019, 13:27

          Der Sinn bzw. Umfang der Gender Studies hat sich mir auch nicht erschlossen. Als Bindestrich-Soziologie an dem eine oder anderen Institut, okay. Aber als Beruf?

          Verstehe auch nicht, warum man den Grad von Gleichberechtigung am Anteil von Frauen in DAX-Vorständen messen zu müssen glaubt.

          Gleicher Lohn für gleiche Arbeit müsste selbstverständlich sein. Weniger Arbeit, weniger Geld, auch.

          Falls ihre Frage ironisch gemeint war, bin ich darauf reingefallen ☺️

          • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 16:07

            Das eine hat ja mit dem anderen überhaupt nichts zu tun.

          • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 16:33

            Sie müssen sich mich vor dem Rechner häufig mit einem Augenzwinkern vorstellen. Ich will Spaß haben! Mein Ziel ist nicht, dass die Leute nach meinen Artikeln und Kommentaren unisono nicken: so is‘ es! Ich nehme hier die Dinge meistens sehr leicht.

            Ich finde es albern in der heutigen Zeit sich bemüßigt zu fühlen darauf hinzuweisen, dass Frauen nicht schlechter zu bezahlen sind wegen ihres Geschlechts. Deswegen mache ich das auch nicht. Ich rechtfertige mich nicht für Selbstverständlichkeiten. Wenn jemand ein Problem damit hat, soll er nachfragen.

            • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 17:23

              Du sollst ja auch nicht nur drauf hinweisen. Hinweisen, dass man was nicht machen soll, ist billig. Du bringst nicht mal dieses Minimum auf.

              • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 17:36

                Wenn Leute (auch hier) behaupten, ziviler Ungehorsam sei legitim, erwarte ich von Sympathisanten selbstverständlich eine Klarstellung.

                Die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (sowie anderer Kriterien) ist laut Artikel 3 Abs. 3 GG verboten. Zur Klarstellung im Rahmen des Europäischen Rechts erfolgte im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in § 1 i.V.m. § 2 nochmals die detaillierte Ausformulierung. Sorry, Stefan, ich muss nicht begründen, dass Gesetze für mich gelten. Jemand muss begründen, dass Gesetze für ihn nicht gelten – siehe oben.

        • Floor Acita 14. Oktober 2019, 17:22

          Das wollen sie eben nicht! Genau das ist ja ihre ständiges scape-goating. Genauso wenig wollen anti-rassistische Kampagnen weisse Männer stigmatisieren, das ist einzig ihrem Kopfkino zuzuschreiben…

      • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 16:03

        Vielleicht auch einfach, weil das weibliche Geschlecht strukturell diskriminiert und in wenig lukrative Bereiche gedrängt wird.

        • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 17:38

          Wäre mir neu, dass man Frauen in Erzieherberufe drängt, wo sie nach einigen Jahren freiwillig ausscheiden. Und den Markt kenne ich eigentlich ganz gut.

          • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 19:22

            Aus Anekdoten deiner Frau….

            • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 19:59

              Klar, aber 30 Jahre, verschiedene Einrichtungen, Rückgriff auf Freundinnen, Kenntnis der Entlohnungen ergeben doch einen Überblick, den die meisten in keinem Markt erreichen. Oder?

              • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 20:52

                Ne, so was täuscht brutal. Die einzigen Überblicke solcher Art lassen sich durch empirische Studien erzielen.

    • Floor Acita 14. Oktober 2019, 17:27

      6)
      Sind sie nun der Meinung, dass der Klimawandel eine ecistentielle Frage ist? Wenn nicht, dann klar, aber Stefan hatte ja von „sowohl als auch“ Urteile(r)n gesprochen. Wenn ja wüsste ich gerne welche Probleme weswegen eine höhere Priorität haben als die Existenz unsere Spezies?

      • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 17:45

        Ich weiß nicht, ob der Klimawandel eine existenzielle Frage ist. Sie selbst konnten das vor einigen Monaten ja selbst nicht erhärten, was radikale Klimaaktivisten freihändig behaupten. Die Erderwärmung ist ein sehr wichtiges Problem, dessen bin ich mir seit 1990 bewusst, also ziemlich früh in meinem politischen Leben, wo so mancher noch nicht das Wort „Klima“ schreiben konnte. Ich habe mich dem Problem sehr ausführlich sowohl wissenschaftlich als auch beruflich gewidmet. Also kann eigentlich jeder davon ausgehen, dass ich das nicht für eine Albernheit halte.

        Aber ich neigte und neige nicht zur Übersteigerung. Und wir dürfen hier alle auf der sonnigen Nordhalbkugel bei klimatisierten Räumen, Essen aus dem Supermarkt und Wärme aus der Steckdose konzedieren, dass die Menschen, die eigentlich bisher am stärksten von den Veränderungen betroffen sind, die Dinge anders einordnen. Wenn man angeblich für diese Menschen streitet, sollte man ihnen zumindest zuhören und nicht den Besserwisser mimen.

        Ich wiederhole: als vor einer Woche IR zu einem globalen Streik aufrief und insbesondere die Menschen in Buenos Aires und Kapstadt zum Mitmachen aufforderte, taten das diese Weltbürger nicht. Dann sollten sich Aktivisten durchaus mal mit der Frage befassen, warum nicht.

        • Sebastian 14. Oktober 2019, 23:00

          Die Frage ist doch ganz allgemein wichtig.

          Vermutung: Viele Leute in den ärmeren Gesellschaften des globalen Südens denken nicht über das nächste Jahr, vielleicht auch nur gerade mal so über die nächste Woche hinaus. Wer sich erstmal um seine Subsistenz kümmern muss, hat nicht viel für übergeordnete Themen übrig. Es könnte auch sein, dass die ganzen Katholiken in Lateinamerika und sub-saharisch Afrika da eher fatalistisch eingestellt sind.

          Entwertet das den Aktivismus? Ich denke nicht. Außerdem sind in manchen Ländern mit historischen Erfahrungen mit Hochwasser, wie diverse Inselstaaten, Bangladesh oder Vietnam, die Diskussionen durchaus auf der Höhe.

          • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 23:15

            Vermutungen helfen nicht weiter. Die Menschen bewerten Jobmöglichkeiten, Gesundheitssystem, gute Ausbildung, gute Ernährung, Schutz vor Gewaltverbrechen etc. höher. Klimaschutz ist eben dann Thema, wenn man alles schon hat – was vor allem Rückschlüsse auf die enorme Saturiertheit der Jugendlichen in Deutschland und einigen Ländern zulässt. Und das ist die nicht so schöne Wahrheit hinter dem Klimaaktivismus.

            • Sebastian 14. Oktober 2019, 23:52

              Tja, wenn die Bedrohung aber halt tatsächlich existentiell wäre, dann könnte man wohl ein Wahrnehmungs- bzw. Prioritätensetzungsdefizit konstatieren. Insofern können wir stolz darauf sein, dass wir ein Wohlstandsniveau erreicht haben, der es uns erlaubt, uns mit diesen Themen zu befassen. Ich finde Saturiertheit (in der neutralen, nicht in der abwertenden Bedeutung) charmant. Mit dem Konzept hat der olle Bismarck seinerzeit die Lage für eine kleine Weile enstpannt gekriegt.

              Anders herum ist das auch die nicht so schöne Wahrheit am Wohlstand. Erst im Wohlstand erkennt man scheinbar, dass man die ganze Zeit an dem Ast sägt, auf dem man sitzt.

              Und die Frage ist dann: Muss man das Wohlstands- und Bildungsniveau anderswo auch soweit heben, dass die Menschen auch ans übermorgen denken? Und wenn ja, wie soll das ökologisch verträglich gehen?

              • Stefan Pietsch 15. Oktober 2019, 10:44

                Sie widersprechen sich vom ersten Satz an. Wenn das Klimaproblem als existenziell empfunden würde, dann doch vor allem für unmittelbar Betroffene, nicht für jene im Elfenbeinturm.

                Die großen Denker Griechenlands hinterließen uns so großartige Erkenntnisse wie den Satz des Pythagoras. Sie konnten das, weil sie Sklaven hatten, die für sie schufteten, während sie sich selbst dem Müßiggang hingaben. Doch Platon, Sokrates und all die anderen wären nicht so arrogant gewesen zu behaupten, sie würden das ja nur für ihre Sklaven tun.

                Von daher beschreiben Sie die enorme Arroganz, die in der Klimabewegung steckt. Auch andernorts gibt es Wohlstand, auch in Deutschland und den USA sowieso gibt es existenzielle Armut. Jedenfalls solche Armut, dass Menschen nicht die beste Bildung und das beste Gesundheitsversorgung erhalten. Solche Armut, dass Millionen Menschen auch im Westen nicht so in Sicherheit leben, dass sie von körperlichen Angriffen verschont bleiben.

                Entsprechend haben die Klimaaktivisten und Grüne ja bereits die neue Arroganz formuliert. Selbstverständlich ist das Problem der Klimaerwärmung nur eines der Reichen, weshalb diese außerordentlich mit Abgaben belastet werden sollen, während alle anderen Entlastung erfahren. Eine andere Idee ist, all das wegzunehmen, was den Wohlstand und damit die Emissionen begründet.

                Wenn irgendwann der Vater oder die Mutter eines der „How dare you!“-Schreier mit dem Fahrrad notfallversorgt ins Krankenhaus geschafft wird, erkennen solche Schnösel vielleicht, worauf unser enormer Wohlstand gründet, der eine 18jährige Aktivistin erst in der Lage versetzt zu fragen: Wie könnt Ihr es wagen?!

                Wenn ich schon den Anspruch habe, die Interessen eines anderen wahrzunehmen, sollte ich zumindest mit ihm reden und seine Interessen kennen. Und nicht behaupten, meine Interessen seien seine.

                • Rauschi 15. Oktober 2019, 11:48

                  Eine andere Idee ist, all das wegzunehmen, was den Wohlstand und damit die Emissionen begründet.
                  Ach so, unser Wohlstand beruht auf der Verbrennugn von fossilen Energieträgern? Interessant zu wissen. Den würden wir verlieren, wenn wir statt dessen mit erneuerbaren Energien unser Technik antreiben? Echt jetzt?

                  Klar müssen die Reichen das bezahlen, denn die sind nciht betroffen, aber die Verursacher des Temperaturanstieges. (Verhältniss 20/80 Anteil an der Weltbevölkerung/ Anteil am Anstieg der Treibhausgase) Wie man das von sich weisen kann, ist mir ein Rätsel. Aber Sie wagen es ja auch, die Zukunft der Kinder darauf zu verwetten, das irgendeine neue Technologie von irgendwem erfunden wird, weil sie die jetzt als Alternative zu Verfügung stehende ablehnen.

                  Das lässt nur einen Schluss zu:
                  Sie sehen den Klimawandle nicht als existenziell und zwar genau aus dem Grund, das Sie meinen, für uns würde es schon nicht so schlimm werden.
                  Sonst müssten Sie für einen radikalen Wandel eintreten und da hilft dann auch der Einwand, das würde Arbeitsplätze kosten, nichts. Entweder ist eine Massnahme notwendig oder nicht, aber ganz sicher nicht nur unter Bedingung xyz notwendig.

                  • Stefan Sasse 15. Oktober 2019, 12:03

                    Das ist das was ich meinem Artikel auch angesprochen habe. Diese Entscheidung steht für uns gesamtgesellschaftlich an. Und ich bin sehr pessimistisch darin, wie sich Stefan et al entscheiden werden.

                • Sebastian 15. Oktober 2019, 12:02

                  Ich denke, man kann beide Probleme anerkennen und sich fragen, ob sich das unter einen Hut bekommen lässt.

                  • Stefan Pietsch 15. Oktober 2019, 12:09

                    Welche beiden Probleme? Es geht um eine Vielzahl von Problemen. Es ist jungen Menschen nicht vorzuwerfen, dass sie nicht Priorisieren können. Erwachsenen Linken schon.

                    Ich habe gerade gelesen, dass wir irgendwann Medikamente haben könnten, die Krebs verhindern oder heilen. Das würde Millionen Menschen das Leben retten. Jährlich. Ein Teenager sagt: machen wir natürlich beides! Doch wenn ich eine bestimmte Summe verfügbar habe, muss ich überlegen, ob ich diese vollständig oder zum Teil in das Eine oder das Andere investiere. Und dabei ist die Entscheidung danach zu treffen, was den größeren Erfolg verspricht.

                    Es ist eben kein erwachsenes Verhalten, nicht priorisieren zu können.

                    • Sebastian 15. Oktober 2019, 12:46

                      Ich sehe nicht die Notwendigkeit, sich hier an Haltungsfragen in Bezug auf „Linke“, ob nun jung oder erwachsen, abzuarbeiten. Konstruktive Kritik am Handeln (und Unterlassen) der Regierung und der sie stützenden gesellschaftlichen Kräfte finde ich interessanter.

                    • Stefan Sasse 15. Oktober 2019, 15:48

                      Es wäre keine Deliberation-Daily-Diskussion, wenn Stefan nicht zwischendurch willkürlich Linke beleidigen würde. Das gehört zum Traditionsbestand. Einfach drüber weglesen.

                    • Stefan Pietsch 15. Oktober 2019, 14:19

                      Es sind die Fragen, vor denen jeder verantwortungsbewusste Mensch steht. Es gehört zum Leben sich damit abzufinden, nicht alles und nicht alles gleichzeitig haben zu können.

                      Es sind die Aktivisten, die in Anspruch nehmen, für andere zu sprechen. Das ist Anmaßung und übergriffig. Ich bin dabei, wenn es darum geht, unser Wirtschaften so zu gestalten, dass es auf die Vermeidung von umweltschädlichen Emissionen gerichtet ist. Aber in einer freien Gesellschaft bleibt das Tun und Unterlassen ein ganzes Stück weit dem Individuum überlassen.

                      Wir haben im Klimaschutz mit unserer Art der Herangehensweise sehr viel Mist gebaut. Wir haben Grenzwerte geschaffen und verschärft, die keinen Effekt hin auf das Ziel hatten. Wir haben einen dreistelligen Milliardenbetrag in den Umbau unserer Energieerzeugung investiert und sind nicht einmal auf halber Strecke. Wir haben die Atomkraft abgeschafft und beziehen Atomstrom aus den Anrainerländern. Dabei haben wir noch unsere Versorgungssicherheit aufgegeben.

                      Wir sind sicher die letzten, die der Welt sagen können, wie man richtigen Klimaschutz betreibt.

                    • Stefan Sasse 15. Oktober 2019, 15:50

                      ….weswegen ich ja dafür plädiere, dass wir das vielleicht endlich mal lernen und angehen sollten.

                    • Rauschi 15. Oktober 2019, 14:31

                      @Sebastian

                      Ich verstehe das Problem immer noch nicht.

                      Was muss womit unter einen Hut gebracht werden? Wohlstand der einen gegen überleben der anderen?

                      Gerade am Krebsbeispiel lässt sich zeigen, was systembedingt nic ht geht ;
                      Die einträglichste Krankheit (Krebs) heilen und die Pharmaindustrie am Leben erhalten.
                      eindrückliches Beispiel hier:
                      https://www.pharma-fakten.de/news/details/27-700-euro-pro-tablette-wucher-oder-schnaeppchen/

                      Lohnt sich also nur, wenn für die Heilung soviel verlangt werden kann, wie die lebenslange Behandlung gekostet hätte, das wären bei Krebs Unsummen für eine Dosis und kein Anschlussgeschäft mehr.

                      Wie geschrieben, eentweder sind die Massnahmen notwenig, dann müsen diese ergriffen werden oder sie sind es eben nicht. Aber Klimaschutz nach dem Motto: aber nur, wenn es uns nichts kostet ist es nötig, das funktioniert nicht.
                      Man kann die Auswirkungen abfedern, das ist aber eine Frage der Ausgestaltung und Umsetzung, nicht der Massnahme an sich.
                      Oder bringe ich da was durcheinander?

                    • Sebastian 16. Oktober 2019, 09:49

                      @S.P. & Rauschi: Welche beiden Probleme?
                      a) negative Folgen des Klimawandels abmildern bzw. ursächlich dagegen arbeiten
                      b) dass noch nicht überall Friede-Freude-Eierkuchen herrscht (gesammelte Aspekte)

                      Und natürlich können politische Systeme an beidem arbeiten, und unterstützenswert sind Versuche, beide Komplexe zusammen zu denken. Es ist ja auch nicht zwingend eine Entweder-oder-Frage. Es gibt oft noch ein Drittes, was man aufgeben könnte, um das Budget zu vergrößern (unsinnige Subventionen und Steuerprivilegien, das sich teilweise konterkarierende Nebeneinander sozialpolitischer Einzelmaßnahmen, etc.). Die Beschränktheit darüber erstreckt sich nun wirklich nicht nur auf „Linke“. Da bekleckert sich niemand wirklich mit Ruhm, ist mein (ebenfalls notwendigerweise beschränkter) Eindruck.

                      Außerdem finde ich es nachvollziehbar, dass es neben wirtschaftlicher Arbeitsteilung auch aktivistische Arbeitsteilung gibt. (Genauso wie gleichzeitig an Krebsheilung, an Robotik, an der Ästhetik des Film Noir, an ausgestorbenen Spezies, am Unterschied von Policy und Politics, und unzähligen anderen Dingen geforscht wird.)

  • Kirkd 14. Oktober 2019, 12:22

    Zu 1: Ich stimme Dir völlig zu, dass Arbeitszeit unzutreffend als Leistungsindikator angesehen wird. Du übersiehst aber einen Hauptgrund, warum dieses Kriterium sich so hartnäckig hält: auch für Beschäftigte ist dieses Kriterium sehr vorteilhaft. Solange Arbeitszeit als messbares Kriterium verfügbar ist, stellt sich nur nachrangig die Frage der erbrachten Leistung. Zeit kann jeder Arbeitnehmer bereitstellen! Es ist kein Zufall, dass die Forderungen zuAnpassungen im Arbeitsrecht an flexiblere Beschäftigungsmodelle hauptsächlich aus dem Arbeitgeberlager kommen. Letztlich geht es nämlich darum, Arbeitskraft nur dann zu bezahlen, wenn man sie braucht und alle Pausen/aus dem Fenster schauen/Lernzeit nicht zu bezahlen. Die denklogische Gegenposition des Arbeitnehmerlagers, „Gleicher Lohn für möglichst wenig Arbeitszeit“ ist ungleich schwerer zu verteidigen.

    • Stefan Sasse 14. Oktober 2019, 16:07

      Mir geht es auch gar nicht um die Abschaffung des Kriteriums, sondern eine Reduktion der Arbeitszeit, verbunden mit einer Flexibilisierung (für den AN) der Zeiten.

  • Kirkd 14. Oktober 2019, 12:50

    zu 4: Es wäre verfehlt, das Thema Kartellrecht für Internetkonzerne auf konservative politische Strömungen zu reduzieren. Es ist schlicht ein Thema, das seit einigen Jahren massiv in der rechtspolitischen Diskussion an Bedeutung gewonnen hat und von den Rpublikanern aufgenommen wurde.

    Die Gründe für diesen Richtungswechsel in der rechtspolitischen Diskussion sind folgende:
    1. Juristische Gründe: Riesige Internetkonzerne können quasi beliebig Unternehmen übernehmen, bei denen „normale“ riesige Unternehmen an Kartellhürden scheitern würden, weil sie zumindest als potenzielle Wettbewerber eingestuft würden. Darüber hinaus fallen sie oft unter Umsatzschwellen, da die Leistung kostenlos ist. Zahlreiche auffällig grosse Transaktionen mussten schlicht nicht einmal angemeldet/geprüft werden.
    2. Machtpolitischer Grund: Die Internetkonzerne sind der übrigen Industrie inzwischen schlicht zu mächtig, weshalb deren geballte kartellrechtliche Lobbymacht darauf aus ist, die kartellrechtlichen Anforderungen zu verschärfen.

    Man sieht hier sehr gut, dass sich rechtspolitisch sinnvolle Einwände mit Angst vor Stukturwandel und blankem konservativen Kulturkampf verbinden.

  • Stefan Pietsch 14. Oktober 2019, 19:00

    Zum Thema Frauenkarrieren ein Interview mit der Managerin des DAX-Unternehmens Merck in Darmstadt, die Spanierin Belén Garijo:

    WELT: Was ist der größte Fehler, den Frauen bei ihrer Karriereplanung machen?

    Garijo: Ich würde das nicht Fehler nennen. Aber wenn eine Frau ehrgeizig ist, dann sollte sie das ruhig zugeben. Viele Frauen sind zu zurückhaltend. Mein Rat ist daher: Schämt euch nicht, eure Ambitionen zu zeigen.

    WELT: Sind die Unterschiede wirklich so groß?

    Garijo: Ich spreche sehr viel mit Mitarbeitern. Wenn ich Männer danach frage, wo sie sich in fünf bis zehn Jahren sehen, antworten mir neun von zehn: auf genau Ihrem Platz. Frage ich Frauen, antworten die meisten: Ich will einen guten Job machen. Selbst wenn Frauen dabei sind, die insgeheim durchaus zum CEO aufsteigen wollen, trauen sie sich meistens nicht, das zu zeigen.

    WELT: Also sollten Frauen sich stärker selbst promoten?

    Garijo: Das klingt jetzt so negativ. Es geht nicht darum, durch die Gegend zu laufen und allen zu sagen: Schaut her, wie toll ich bin. Diese egozentrische Art der Karriereplanung finde ich höchst unsympathisch. Es geht darum, im eigenen Unternehmen sichtbar zu sein. Die eigenen Erfolge nicht unter den Scheffel zu stellen. Kluges Networking zu betreiben.

    WELT: Keine Karriere ohne Networking?

    Garijo: Es geht nicht darum, möglichst viele Visitenkarten einzusammeln. Sondern sich mit anderen zu vernetzen und im Unternehmen für die eigene Arbeit bekannt zu sein. Viele talentierte Frauen verlassen sich zu sehr darauf, dass man ihre Leistung schon sehen wird. Dabei muss jeder selbst dafür sorgen, dass die eigenen Erfolge nicht unbemerkt bleiben. Das ist die erste Hürde, an der viele Frauen scheitern.

    WELT: Und die zweite?

    Garijo: Ganz klar die soziale Komponente. Das ist vielleicht sogar die größte Hürde von allen. Ich respektiere es vollkommen, wenn eine Frau zugunsten ihrer Familie kürzertreten will. Aber diejenigen, die beruflich
    vorankommen wollen, müssen so ehrlich sein, das klar zu kommunizieren. Und zwar nicht nur im Beruf, sondern auch im privaten Umfeld. Denn egal wie gut und flexibel die Möglichkeiten heute sind, um Familie und Karriere vereinbar zu machen: Man muss trotzdem immer Opfer bringen. Ohne die Unterstützung meines Mannes und meiner Familie hätte ich meinen Weg so auch nicht gehen können.

    https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/plus201476288/Merck-Managerin-Belen-Garijo-So-schaffen-Frauen-den-Aufstieg.html

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