Aufbruch ins Ungewisse

Mit offenem Mund standen die Politiker fast aller Parteien gestern Abend da, als das Ergebnis der Landtagswahl in Thüringen verkündet wurde. Ein beispielloses Patt, das eine historisch in Deutschland noch nie dagewesene Situation nach sich zog. Nein, gemeint ist nicht, dass Nationalsozialisten schon wieder fast ein Viertel der Sitze in einem ostdeutschen Parlament gewonnen haben. Daran hat man sich gewöhnt. Und auch der Kollaps von CDU und SPD kommt für niemanden mehr überraschend. Der Vorteil ist, dass die Führungen der Bundesparteien in Berlin einfach ihre Statements von den vergangenen Wahlen wiederholen konnten. Es musste nichts Neues geschrieben werden. Betroffen sei man. Enttäuscht. Es sei nicht ausreichend gelungen dem Wähler zu vermitteln, wie erfolgreich die Große Koalition arbeite.

Diese Probleme werden ja gottseidank bald der Vergangenheit angehören. Bei der SPD soll ja bald ein frisches neues Gesicht den Laden übernehmen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das Olaf Scholz. Die CDU hingegen hat mit ihrer neuen Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer bereits ein tolles Kommunikationstalent am Ruder, dem es immer wieder gelingt die Aufmerksamkeit auf die eigene Partei zu lenken. Man muss sich also keine Sorgen machen.

Nur heute Abend, da gibt es noch Sorgen. Da gibt es in Thüringen ein Parlament, wie es noch niemals zuvor in Deutschland existiert hat. Zugegeben, ich war geschockt, als die Große Koalition in Sachsen-Anhalt 2016 zum ersten Mal in unserer Geschichte keine Mehrheit mehr fand. Eine Kenia-Koalition (CDU, SPD, Grüne) wurde damals notwendig. Drei Jahre später zeichnet sich dasselbe Spiel in Sachsen ab. Aber Thüringen legte dann noch einen oben drauf. Die „bevorzugte“ (!) Koalition des CDU-Kandidaten Mike Mohring war ursprünglich ja noch eine Schwarz-Rot-Grün-Gelbe Koalition gewesen. Leider hat sich für diesen Koalitionstyp noch kein Name etabliert. Mit Stolz stelle ich deshalb fest, bisher der einzige zu sein, der auf den Namen Mosambik-Koalition gekommen ist. Die auf der Flagge des afrikanischen Landes abgebildete Kalaschnikow mit Bajonett würde auch gleich die enormen Konflikte symbolisieren, die in einem solchen Viererbündnis zwangsläufig zu Tage treten würden. Bedauerlicherweise wird mein Ruhm für die Wortschöpfung der Mosambik-Koalition© aber noch warten müssen*. Denn für eine Schwarz-Rot-Grün-Gelbe Koalition reichte es gestern Abend leider nicht mehr. Um die Ungeheuerlichkeit dieser Tatsache wirklich voll zu realisieren, möchte ich es noch einmal wiederholen: Eine hypothetische Koalition aus Schwarz, Rot, Grün und Gelb hat keine Mehrheit im thüringischen Parlament.

Wenn man mal ausschließt, dass die CDU ein Bündnis eingehen wird, in dem sie selbst Kellner und die Nazi-Partei Koch ist (, was gegenwärtig bedauerlicherweise dennoch nicht ganz auszuschließen ist), bleiben nur noch zwei mögliche Koalitionen übrig, die beide so absurd sind, dass man in Lachen ausbrechen könnte, wenn die Situation nicht so zum Weinen wäre. Das erste Modell würde eine Rot-Rot-Grün-Gelbe Koalition voraussetzen. Bedauerlicherweise konnte keine entsprechende Landesflagge gefunden werden, weshalb Journalisten dieses Bündnis gestern spontan R2G2-Koalition getauft haben. Ein Name der weder Chemiker noch Star Wars-Fans glücklich machen kann. Das zweite Modell wäre eine Koalition aus der LINKEn und der CDU. Ja, Sie haben richtig gelesen. Bitte einsacken lassen. Ich pausiere für Effekt.

Was nun also? Eine Möglichkeit wären natürlich Neuwahlen. Aber würde das Wahlergebnis, das im übrigen entgegen der gespielten Verwunderung der Politiker bereits seit Wochen nicht unwahrscheinlich war und in den Medien offen im Vorfeld des Urnengangs diskutiert wurde, das nächste Mal ein anderes sein? Würde der Frust über das Versagen bei der Regierungsbildung die AfD nicht nur noch weiter stärken? Und überhaupt, ist es legitim, wenn Politiker so lange wählen lassen, bis sie ein Ergebnis bekommen, das ihnen passt? Haben die Parteien nicht eine Verantwortung das Wählervotum so zu akzeptieren, wie es nun einmal ist?

Als weitere Alternative hörte ich gestern, man könne Ramelow als geschäftsführenden Ministerpräsidenten einfach die komplette folgende Legislaturperiode durchregieren lassen und sich weigern einen neuen Ministerpräsidenten mit einer frischen demokratischen Mehrheit zu wählen. Wer so etwas vorschlägt, muss einen Dachschaden haben. Oder es fehlt das Grundverständnis dafür, was eine Demokratie ist.

Bleiben nur noch von der FDP oder CDU tolerierte Minderheitsregierungen unter Führung der LINKEn. Oder eben die von mir oben skizzierten politisch sehr ambitionierten „echten“ Koalitionen, die aus heutiger Sicht leider zunächst wie Karikaturen einer Koalition klingen. Denjenigen, die mit einer Minderheitsregierung liebäugeln, möchte ich aber folgendes Szenario vor Augen führen: Im Parlament ist ein Viertel der Sitze mit Nazis besetzt, deren Hauptziel es ist, die Dysfunktionalität und Niederwertigkeit der Demokratie zu beweisen und unser parlamentarisches System zu zersetzen. Denen würde man das Geschenk einer instabilen, politisch paralysierten Regierung machen, die permanent von einer opportunistischen Opposition auflaufen gelassen wird; eine Opposition, die selbst ständig nur nach Neuwahlen und nach dem eigenen Vorteil schielt. Anders als etwa die PDS-tolerierte rot-grüne Regierung unter Reinhard Höppner in 1994 („Magdeburger Modell“) würde eine CDU- oder FDP-tolerierte Regierung unter Führung der LINKEn sicher kein angestrebtes Modell für die Zukunft sein. Es gäbe also keinerlei Grund dem politischen Gegner bei der Ausführung der Regierungsarbeit irgendwie behilflich zu sein. Im Gegenteil. Wer auf eine Minderheitsregierung setzt, setzt also auf (vermutlich nicht mehr als 1-2 Jahre) Chaos mit anschließenden Neuwahlen und sehr wahrscheinlich weiteren umfangreichen Zugewinnen für die Rechtsextremen. Ich beginne den nächsten Paragraphen folglich wieder mit der Phrase:

Was nun also? Eine echte Koalition ist die einzig mögliche Garantie für Stabilität und dafür, dass das Land zur Ruhe kommen kann. Das würde für keinen der Beteiligten angenehm werden. Das würde für keinen der Beteiligten eine Liebesheirat werden. Aber das sind die Politiker den Wählern schuldig. Politik zu machen, ist eben kein Wunschkonzert, sondern die Umsetzung des Möglichen unter den vorliegenden Bedingungen. Unnötig zu erwähnen, dass die FDP, die ja schon im Bund vor der Jamaika-Koalition davongelaufen war, sich auch hier wieder aus der Verantwortung gestohlen hat. Opposition ist halt einfacher, wenn die Bedingungen für das Regieren schwierig sind. Bleibt nur noch die CDU. Zu meiner Überraschung scheint Mike Mohring tatsächlich auf die LINKE zugehen zu wollen. Das nötigt mir Respekt ab. Ich habe keine Ahnung, welche Projekte eine tiefrot-schwarze Koalition angehen könnte. Beide Partner würden sich viel Spielraum lassen müssen. Beide Partner würden sich wechselseitig eine faire Bühne zur Profilierung zugestehen müssen. Möglicherweise könnte die CDU mit Bildungs- und die LINKE mit Sozialpolitik glänzen. Niemand hat die Illusion, dass das einfach würde.

Aber Demokraten müssen in einem parlamentarischen System gesprächs- und kompromissbereit sein. Und wenn CDU und LINKE dem Land zuliebe einen Nichtangriffspakt schließen und vielleicht sogar Gemeinsamkeiten finden könnten, wäre das sehr ermutigend für eine Welt, die in den vergangenen Jahren eigentlich immer nur Entfremdung und immer schärfere Polarisierung zwischen politischen Gegnern gesehen hat.

Aber kann eine solche Koalition überhaupt funktionieren? Würden die Wähler, würden die Mitglieder von CDU und LINKE nicht Amok laufen? Ich kann wenig über die Mitglieder sagen, da mir das Wissen fehlt die Stimmung in den thüringischen Parteien einzuschätzen. Aber oft gibt es selbst bei extrem unpopulären Bündnissen viel Verständnis unter Parteimitgliedern, wenn es zu diesen extrem unpopulären Bündnissen keine wirklich akzeptablen Alternativen gibt. So schluckten die Sozialdemokraten 2017 etwa die Kröte einer erneuten Großen Koalition im Bund, eine Entscheidung, die von den Mitgliedern sehr kontrovers diskutiert, dann aber doch mehrheitlich mitgetragen wurde. In Österreich befinden sich die Grünen gerade in Koalitionsverhandlungen mit Sebastian Kurz, dem ungeliebten Chef der ungeliebten ÖVP. Schwarz-Grün galt vor garnicht so langer Zeit in Deutschland noch als lächerliche Phantasie. In Lächerlichkeit nur noch geschlagen von einer Jamaika-Koalition. Heutzutage sind diese Bündnisse an der Tagesordnung. Vor 10 Jahren hätte der Hinweis auf eine Kenia-Koalition Belustigung hervorgerufen. Heutzutage lacht man noch nicht einmal mehr über eine Mosambik-Koalition©.

Einige Umfragen zum Thema, die die ARD gestern publizierte, haben mich im übrigen gewundert. Und gefreut. So sehen etwa 48% der thüringischen Wähler die LINKE dort als eine Partei der Mitte. Das darf man alleine schon aufgrund des Parteinamens als erstaunlich verbuchen. Mehr als ein Drittel der CDU-Wähler stimmen dieser These übrigens zu. 70% der Thüringer sagen, dass Bodo Ramelow ein guter Ministerpräsident ist. Eine These, die wenig überraschend von 99% der Unterstützer der LINKEn, aber eben auch von 60% der CDU-Unterstützer geteilt wird. Und auf die Frage, ob die CDU eine Koalition mit der LINKEn nach dem paralysierenden Wahlergebnis weiter ausschließen sollte oder ob sie neu entscheiden sollte sagen 69% der Wähler „neu entscheiden“. Bei den CDU-Wählern sind es 68%. Wenn diese Zahlen repräsentativ sind, haben die Konservativen möglicherweise durchaus ein Mandat für eine Annährung.

Es wäre ein Zeichen für den Parlamentarismus und ein Sieg für unsere Demokratie. Selbst wenn es nach zwei Jahren konstruktiver Arbeit Neuwahlen gibt und man freundschaftlich auseinandergeht. Und man stelle sich erst einmal vor, was es bedeuten würde, wenn die Koalition nach anfänglichen Schwierigkeiten tatsächlich funktionieren würde. So wie in Hessen kein Mensch geglaubt hatte, der rechtslastige Verband der CDU dort unter Volker Bouffier könne langfristig erfolgreich mit den linkslastigen Grünen von Tarek Al-Wazir zusammenarbeiten. Bemerkenswerterweise ist die Notlösung zum Erfolgsmodell geworden und hat Optionen eröffnet. Sollte in Thüringen eine tiefrot-schwarze Koalition in der Tat ausreichend stabil funktionieren, wäre diese im Osten für die CDU dann nicht möglicherweise attraktiver als diese neuartigen Multikoalitionen, in denen man die Bedürfnisse, Eitelkeiten und Belange von drei oder gar vier Partnern gegeneinander jonglieren muss? Auch im Hinblick auf die Tatsache, dass die CDU in den meisten Bundesländern ja stärker ist als die LINKE, also den Ministerpräsidenten stellen würde? Fragen über Fragen. Und nicht alle müssen heute beantwortet werden.

Sicher ist nur, dass es spannend bleibt in Thüringen. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob die Politik den Mut hat neue Wege zu gehen, die in unseren zunehmend zersplitterten Parlamenten durchaus zukunftsweisend sein könnten. Wünschen wir den Parteien Kraft und Kreativität. Und Humor.

 

 

*EDIT: Es ist eine Tragödie. Nicht nur hat mir Michael Spreng den Begriff der Mosambik-Koalition bereits im Jahre 2010 gestohlen. Er hat auch exakt denselben Witz über die Kalaschnikow gemacht. Beim Leser möchte ich mich für meine Hybris entschuldigen.

 

{ 73 comments… add one }
  • Hanni Hartmann 29. Oktober 2019, 00:18

    Eigentlich überhaupt nicht ueberaschend. Die Wähler habe die Schnauz voll. Daher die Erfolg der Extreme aus beiden lagern. Das auf Kosten der Etablierten. Erfreulich das die Grünen eben doch kein „Volks Partei“ sind. Die Thueringer haben halt nicht nur dolle Würste; sie sind eben klüger als angenommen..

    • Stefan Sasse 29. Oktober 2019, 08:14

      24% haben Nazis gewählt, so weit kann es mit der Klugheit nicht her sein.

      • Hanni Hartmann 29. Oktober 2019, 12:49

        Sicherlich gibt es Durchgeknallte bei den AfDlern. Aber die Masse deren Waehler kommen von CDU, SPD, ja sogar von den Linken !!!s Sind das alles nun Nazis??? Bitte nicht immer dem „veröffentlichtem “ Hammel Trott hinterherlaufen ..

        • derwaechter 29. Oktober 2019, 13:11

          „24% haben Nazis gewählt“ ≠ „24% sind Nazis“

          Mit dem Leseverständnis ganzer Sätze klappt es ja offenbar nicht so. Daher mein Versuch einer mathematischen Herangehensweise 🙂

        • Stefan Sasse 29. Oktober 2019, 21:43

          Ich rede nicht von den Wählern. Die haben Nazis gewählt.

          • CitizenK 30. Oktober 2019, 08:01

            Unbehagen über den Begriff „Nazis“ in dem Zusammenhang. Die historischen Nazis haben ihre Ziele ganz offen ausposaunt. Wenn die AfDler das mit den gleichen Zielen täten (so sie sie haben) würden sie nicht nur „beobachtet“.

            Kurz, ich fürchte auch, dass damit die wirklichen Nazis verharmlost werden. Die drohen, morden, Waffenlager anlegen und den Umsturz planen. Die Verbindungen (siehe Hessen) müssen ausgeleuchtet und ausgeschaltet werden.

            Wir sehen (sahen?) das Grundgesetz immer als Bollwerk gegen die rechte Gefahr. Die Institutionen müssen intakt bleiben. Leider gibt es da erste Risse, wie Gerichtsurteile (Künast u. a.) zeigen, aber auch die Vorgänge bei der Polizei und der Bundeswehr.

            • Ralf 30. Oktober 2019, 08:40

              Konfrontiert mit mehreren konkreten Zitaten aus Höckes Buch waren, wie letztens berichtet wurde, führende AfD-Politiker nicht in der Lage zu sagen, ob die Sätze von Höcke oder von Hitler stammen.

              Und Höcke kündigt in seinem Buch für die Zeit nach der Machtergreifung offen Grausamkeiten an (neben vielem anderen, das er konkret ankündigt) …

              https://www.zeit.de/amp/politik/deutschland/2019-10/rechtsextremismus-bjoern-hoecke-afd-fluegel-rechte-gewalt-faschismus

              Was also fehlt Dir da noch? Ich denke Höcke ist absolut unmissverständlich.

              • CitizenK 30. Oktober 2019, 09:59

                Danke Dir. Hab ich so nicht gewusst. Wohl auch verdrängt.

                Eindeutig verfassungswidrig. Warum ist der noch Beamter? Für Gauland „Mitte der Partei“, das müsste eigentlich schon für ein Verbotsverfahren reichen.

                • Stefan Sasse 30. Oktober 2019, 12:20

                  Weil das deutsche Recht (zurecht) extrem zögerlich bei politischer Strafverfolgung ist.

                  • CitizenK 30. Oktober 2019, 15:15

                    Schon, aber ein Linker wäre mit der Hälfte längst raus.

                  • cimourdain 30. Oktober 2019, 18:08

                    Beide Themen haben nichts mit Strafverfolgung zu tun:
                    Ein Parteiverbot ist ein rein verfassungsrechtliches Verfahren, das vom zuständigen Gericht (BVG) durchgeführt wird. (Das aber dann in seiner Vorgehensweise Anleihen an das Strafverfahren nimmt.)
                    Was die beamtenrechtlichen Konsequenzen politischer Gesinnung betrifft, war die Bundesrepublik nicht immer so Zurückhaltend:
                    http://berufsverbote.de/index.php/Radikalenerlass.html
                    und dieses Vorgehen möchte ich zumindest nicht wieder zurück.

                    • CitizenK 31. Oktober 2019, 11:23

                      Ich auch nicht. Aber heißt das: Ein Oberstudienrat für Geschichte (wenn auch beurlaubt) darf folgenlos die „freiheitlich demokratische Grundordnung“ verächtlich machen und ein Führersystem propagieren?

                      „Wehrhafte Demokratie“ sieht für ich anders aus. Ich teile Stefan Sasses Warnung, dass die Rechtskonservativen die Rechtsextremisten an die Macht bringen könnten – durch Verharmlosung und Unterlassung.

            • Stefan Sasse 30. Oktober 2019, 12:20

              Ich sehe deine Besorgnis, aber ich finde es schlimmer, wie die Thüringer AfD verharmlost wird. Und die sind letztlich der politische Arm genau der Leute, die du ansprichst. Das ist Arbeitsteilung, keine Trennung. Mir wird schlecht, wenn ich Beiträge wie die von R.A. lese.

      • cimourdain 29. Oktober 2019, 20:05

        Bei solchen Wahlergebnissen hilft die Sichtweise, dass 76 % nicht Nazis gewählt haben…

    • CitizenK 29. Oktober 2019, 22:42

      „Schnauze voll“ – wovon genau?

      • Hanni Hartmann 30. Oktober 2019, 02:18

        Schnauze voll. Da fragen Sie noch??? Lesen Sie keine Zeitungen? Sehen Sie kein TV? Leben Sie in einem Loch?

        • Hias 30. Oktober 2019, 06:48

          Schnauze voll. Da fragen Sie noch??? Lesen Sie keine Zeitungen? Sehen Sie kein TV? Leben Sie in einem Loch?

          Doch. Aber wovon genau?

          • CitizenK 30. Oktober 2019, 13:29

            Und was von dem, was ich lese, höre und sehe, bringt einen Menschen mit normalem Verstand, durchschnittlichem geschichtlichem Wissen und ausreichendem Urteilsvermögen dazu, eine Partei mit einem Höcke an der Spitze zu wählen?

  • Ariane 29. Oktober 2019, 03:43

    Pech mit der Flagge. Aber wenn schon Flaggen herhalten müssen, dann doch die mit vielen bekannten Sportlern, sonst kennt die doch eh keiner 😀

    Tjoa, schwierig mit der Regierungsbildung. Das Traurige war ja eigentlich, wie unüberraschend die Ergebnisse waren, da hat sich im Vergleich zu den Umfragen wenig getan. Deswegen glaube ich auch nicht, dass Neuwahlen wirklich zu ganz anderen Ergebnissen führen würden und die Sitzverteilung war ja nicht sooo eng.

    Mehr als das Land die nächsten Jahre vor sich hin zu regieren wird auch schwer zu erreichen sein. Selbst wenn morgen CDU und LINKE eine Koalition eingehen, sind die Unterschiede wahrscheinlich so groß, dass keine großartigen neuen Initiativen zu erwarten wären. Obwohl vorsichhinregieren und sich nebenbei kennenlernen vermutlich durchaus nicht ganz schlecht wäre.

    Ich hatte heute gedanklich durchaus mit einer Tolerierung geliebäugelt, es hätte halt den Charme, dass jeder irgendwie sein Gesicht wahren könnte, die bürgerlich-konservative Presse nicht total in Ohnmacht fällt (nya vllt doch, aber in Grenzen) und man sich erstmal kennenlernen könnte, sozusagen als Probe. Ich bin auch nicht der Meinung, dass eine Tolerierung grundsätzlich Chaos bedeuten muss.

    Meine Befürchtung wäre eher eine andere, sogar noch mehr bei dieser Geschäftsführer-Sache: CDU und FDP müssen wirklich fünf Jahre lang (meinetwegen auch drei) diszipliniert genug sein, die Reihen gegen die Faschisten geschlossen zu halten und mein Vertrauen ist da nicht allzu riesig. Die könnten auch unter Ramelow heimlich (oder quasi versehentlich) anfangen, stattdessen ein Rechtsbündnis zu proben, ist ja nicht so, dass die keine Gemeinsamkeiten haben.
    So mal als Gedankenexperiment: die FDP stellt den Antrag, eine Liebeserklärung an Autobahnen ohne Tempolimit ins Gesetz zu schreiben. Finden CDU und AfD auch. Und nirgends Fraktionszwänge oder Koalitionsdisziplin, die ein gemeinsames Abstimmen verhindern. Und schwupps hätten wir die erste Zusammenarbeit. (Ob die LINKE das dann wirklich ins Gesetz schreiben müsste, weiß ich nicht, da frage man bitte einen versierten Staatsrechtler).
    Aber das ist schon meine Angst. Sowas fängt ja nicht an, indem man gleich mal an irgendwelchen Grundrechten murkst, sondern eben mit so einem Tüddelkram. Anti-Tempolimit wäre einfach nur ein Statement, alle sind sich einig und die Mehrheit der Bevölkerung haben sie auch auf ihrer Seite. Dann feiern sie sich ab, dass sie einzig und allein Volkes Wille umgesetzt haben und die Freiheit gegen die linksgrünversiffen Gutmenschenmoralisten glorreich verteidigt haben, die nur wieder irgendwas verbieten wollen und ihnen den Freiheitskampf verderben, wenn sie auf den Umstand hinweisen, dass die anständige, bürgerliche Mitte gerade mit den Faschisten abgestimmt hat. Und beim ersten Mal heißt es vielleicht, dass sie ja nicht wissen konnten, dass die AfD da mitstimmt und dann stellt die AfD einen weiteren Tüddelantrag (zb Linksextremismus stärker beobachten, das kommt immer gut) und das finden CDU und FDP ja auch und beim dritten Mal ist es normal und wir haben da plötzlich ein Geheim-Rechtsbündnis mit nem LINKE-Ministerpräsidenten, das so irgendwie zufällig passiert ist.

    Muss nicht sein, aber kann man auch nicht mehr als paranoide Wahnvorstellung abtun und es ließe sich eben auch nicht verhindern, bzw es hinge alles daran, rechts vier Abweichler zur Verhinderung einer Mehrheit zu finden und wer weiß schon, wie die Lage in zwei Jahren aussieht.

    • Stefan Sasse 29. Oktober 2019, 08:16

      Ich vertraue der CDU auch nur soweit, wie ich Altmaier werfen kann. Und ich vertraue noch viel weniger darauf, dass die Presse – analog zur SPD in den 2000er Jahren – konzertierte Kampagnen fährt, wenn einer auszuscheren versucht.

      • Ariane 29. Oktober 2019, 12:37

        Jep, das kommt noch dazu. Gerade weil es in dieser Konstellation so harmlos zugehen könnte und nicht gleich darum, ob CDU und FDP den Höcke zum Ministerpräsidenten wählen.

      • CitizenK 30. Oktober 2019, 14:27

        Ah, du warst das…

    • Stefan Pietsch 29. Oktober 2019, 10:04

      Meine Befürchtung wäre eher eine andere, sogar noch mehr bei dieser Geschäftsführer-Sache: CDU und FDP müssen wirklich fünf Jahre lang (meinetwegen auch drei) diszipliniert genug sein, die Reihen gegen die Faschisten geschlossen zu halten und mein Vertrauen ist da nicht allzu riesig.

      Ja, ja, stimmt schon diese unsicheren Kantonisten. Bei Linken kann man sich ja wesentlich sicherer sein, da braucht man keinen Altmaier zu werfen. Und wenn diese linksgrünversiffte Gutmenschenmoralisten aus Grünen und Sozialdemokraten mit den Rechtspopulisten – sorry, Faschisten – gegen einen ordentlich gewählten Regierungschef stimmen um ihn abzusetzen, passiert das nur im Sinne der guten Sache. Linke laufen ja nicht Gefahr, infiziert zu werden. So geschehen in unserem schönen Nachbarland Österreich. Aber, hey, Grüne und Sozialdemokraten sind ja die Guten!

      Irgendwie hat der Wähler das anders gesehen und korrigiert, was die Gutmenschen da verbrochen haben. Aber, hey, dann muss der Wähler halt bekehrt werden.

      • cimourdain 29. Oktober 2019, 19:58

        Wow, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Da scheitert eine Regierung aus Konservativen und „freiheitlichen“ Rechtspopulisten krachend, weil sich letztere als maximal korrupt herausstellen… und Sie geben den Oppositionsparteien die Schuld, weil Sie bei dem Misstrauensvotum gegen den Regierungschef gestimmt haben. Daraus spricht entweder kognitive Dissonanz oder klammheimliche Sympathie mit den hochanständigen FPÖ-Herren.

        • Stefan Pietsch 29. Oktober 2019, 20:41

          Die Wahl vor wenigen Wochen hat gezeigt, dass die Österreicher allein Sebastian Kurz für kanzlertauglich halten. Seine Abwahl erfolgte auf Antrag der rechtspopulistischen FPÖ, der dann von der SPÖ unterstützt wurde. Wie Sie daraus eine klammheimliche Sympathie für die FPÖ-Herren stricken können, erschließt sich mir nicht. Eher zeigten doch die Sozialdemokraten Sympathien mit den Freiheitlichen.

          Wer davor warnt, mit Rechtspopulisten zu paktieren, sollte eins zu Beginn unterlassen: mit Rechtspopulisten zu paktieren. Eigentlich logisch, oder?

          • cimourdain 30. Oktober 2019, 07:07

            Bestechende Logik. Lassen Sie es mich auch mal versuchen: Weil die ÖVP von dem Rechtspopulistenzusammenarbeiter Kurz angeführt wird, haben 62,5 % der Österreicher gegen diese Partei gestimmt. Besonders muss man dabei die 16 % FPÖ-Wähler erwähnen, die eine Partei gewählt haben, die Regierung dieses Rechtspopulistenzusammenarbeiters beendet haben. Weil der Präsident aber diesen mehrheitlichen „Jemand anderes als Kurz“ Willen der Wähler ignoriert hat und diesen dennoch mit der Regierungsbildung beauftragt hat, wäre es das beste für die ÖVP, wieder mit der FPÖ eine Koalition zu bilden. So wäre sichergestellt, dass die Regierung des inzwischen mehrfachen Rechtspopulistenzusammenarbeiters Kurz nicht lange anhält.

        • Ralf 29. Oktober 2019, 21:20

          Wow, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Da scheitert eine Regierung aus Konservativen und „freiheitlichen“ Rechtspopulisten krachend, weil sich letztere als maximal korrupt herausstellen… und Sie geben den Oppositionsparteien die Schuld, weil Sie bei dem Misstrauensvotum gegen den Regierungschef gestimmt haben.

          Da bleibt mir ebenfalls die Spucke weg.

    • Ralf 29. Oktober 2019, 21:19

      Meine Befürchtung wäre eher eine andere, sogar noch mehr bei dieser Geschäftsführer-Sache: CDU und FDP müssen wirklich fünf Jahre lang (meinetwegen auch drei) diszipliniert genug sein, die Reihen gegen die Faschisten geschlossen zu halten und mein Vertrauen ist da nicht allzu riesig.

      Ja. Stimme zu, dass das eine große Gefahr ist.

  • CitizenK 29. Oktober 2019, 07:14

    Über die Farben- und Flaggenspiele nicht übersehen: Es waren die Jungen, die überproportional die Höcke-Partei gewählt haben. Ob trotz oder wegen ihm, ist wohl noch nicht ganz klar. Nur die 60plus-Wähler haben verhindert, dass die AfD stärkste Partei wurde.

    Auch hier ist die alte politische Welt auf den Kopf gestellt. Und das in einem Bundesland, dem es vergleichsweise gut geht?

    • Stefan Sasse 29. Oktober 2019, 08:15

      Die Stammwähler der LINKEn. Würde mir als deren Stratege zu denken geben; wenn die weg sind, ist Schicht im Schacht. Frag mal CDU und SPD.

    • cimourdain 29. Oktober 2019, 20:14

      Kleine Korrektur : Der Anteil der AfD Wähler bei den 18 bis 24 jährigen ist ziemlich durchschnittlich (23%). Am höchste ist er bei den 35 bis 44 jährigen (30%).

  • R.A. 29. Oktober 2019, 10:15

    Die AfD ist eine wirre Populistentruppe, die wie diverse andere Parteien in erster Linie Ängste schürt und Vorurteile bedient. Und sie hat eine Reihe Rechtsextremer in ihren Reihen. Aber weder die Partei insgesamt noch die Wähler sind „Nazis“, das ist nicht nur politisch falsch, sondern auch eine Verniedlichung der echten Nazis. Äquivalente Parteien gibt es ja in den meisten Ländern Europas, oft auch in Regierungsverantwortung. Letztlich eine häßliche, aber normale Abrundung des politischen Spektrums.

    Der Unterschied zur umbenannten SED ist letztlich nicht sehr groß. Auch dort mischen sich Demokraten und Extremisten in absonderlicher Weise.
    Nur daß in Thüringen ein eher gemäßigter Ramelow gegen einen besondes widerlichen Höcke steht – der wesentliche Unterschied liegt also an den Führungsfiguren, nicht an den Parteien selber.

    Die Ausgrenzungsstrategie ist auf jeden Fall gescheitert und hat der AfD Wahlerfolg nach Wahlerfolg ermöglicht .
    Es wäre absurd, wenn jetzt eine nominell konservative Partei wie die CDU nach allgemeiner Medienempfehlung lieber mit dem linken Rand koalieren soll als mit dem politisch viel näherstehendem rechten Rand. Das wird nur dazu führen, daß die CDU noch weiter verliert und ihre Rolle als Sammelbecken rechts von der Mitte komplett an die AfD verliert.

    • Ralf 29. Oktober 2019, 21:23

      Es wäre absurd, wenn jetzt eine nominell konservative Partei wie die CDU nach allgemeiner Medienempfehlung lieber mit dem linken Rand koalieren soll als mit dem politisch viel näherstehendem rechten Rand.

      Ich glaube, die meisten Konservativen würden sich politisch nicht näher an einer Nazi-Partei als einer linken demokratischen Partei sehen.

      • Stefan Sasse 29. Oktober 2019, 21:45

        Für R.A. macht das längst keinen Unterschied mehr.

        • Ralf 29. Oktober 2019, 22:34

          Mag sein. Dann spricht das aber nicht gegen den Unterschied sondern gegen R.A..

    • Stefan Sasse 29. Oktober 2019, 21:42

      Die AfD Thüringen sind Nazis. Und die Ausgrenzungsstrategie hat n Scheiß.

    • Hias 30. Oktober 2019, 07:26

      Die AfD ist eine wirre Populistentruppe, die wie diverse andere Parteien in erster Linie Ängste schürt und Vorurteile bedient. Und sie hat eine Reihe Rechtsextremer in ihren Reihen. Aber weder die Partei insgesamt noch die Wähler sind „Nazis“, das ist nicht nur politisch falsch, sondern auch eine Verniedlichung der echten Nazis. Äquivalente Parteien gibt es ja in den meisten Ländern Europas, oft auch in Regierungsverantwortung. Letztlich eine häßliche, aber normale Abrundung des politischen Spektrums.

      Sie war mal eine wirre Populistentruppe. Jetzt ist sie im Kern eine Truppe aus Rechtsextremen, mit nicht wenigen Konservativen, die man voranstellt. Das Problem ist, dass diese modernen von Papens für viele als Ausrede dafür dienen, dass die AfD nicht so schlimm ist. Ich werde aber nie verstehen, wie man ernsthaft die AfD so abtun kann, insbesondere, nachdem in den letzten Wahlen die rechtsextremen Frontleute ganz vorne standen. Nicht die von Papens, nein, die echten Faschisten standen ganz vorne und haben nicht verheimlicht wofür sie stehen. Und wurden dafür gewählt! Obwohl es den ostdeutschen Bundesländern besser geht als bei der letzten Wahl. Obwohl die Aussichten besser sind als zur letzten Wahl. Und sie wurden auch nicht besonders von den Ewig gestrigen gewählt, sondern von den Jungen!

      Der Unterschied zur umbenannten SED ist letztlich nicht sehr groß. Auch dort mischen sich Demokraten und Extremisten in absonderlicher Weise.
      Nur daß in Thüringen ein eher gemäßigter Ramelow gegen einen besondes widerlichen Höcke steht – der wesentliche Unterschied liegt also an den Führungsfiguren, nicht an den Parteien selber.

      Nein, der Unterschied ist auch, dass die Linke nicht mal ansatzweise so stark ist und dass ihre Extremisten auch innerhalb der Partei nicht mal ansatzweise so zahlreich und so mächtig sind.

      Die Ausgrenzungsstrategie ist auf jeden Fall gescheitert und hat der AfD Wahlerfolg nach Wahlerfolg ermöglicht .
      Es wäre absurd, wenn jetzt eine nominell konservative Partei wie die CDU nach allgemeiner Medienempfehlung lieber mit dem linken Rand koalieren soll als mit dem politisch viel näherstehendem rechten Rand. Das wird nur dazu führen, daß die CDU noch weiter verliert und ihre Rolle als Sammelbecken rechts von der Mitte komplett an die AfD verliert.

      Und was genau ist jetzt die Empfehlung? Zusammenarbeit mit der AfD, ausgerechnet dort, wo die Posterboys der Rechtsextremen vornedran stehen? Erstens ist es in Thüringen rechnerisch nicht möglich. zweitens hat der Flügel (wenn ich mich richtig erinnere) schon deutlich gemacht, dass sie nur dann an die Regierung gehen, wenn sie der Koch sind und nicht der Kellner.
      Erscheint mir eine sehr gefährliche Strategie. Den wirklich rechten Extremen den Zugriff auf die Exekutivorgane zu geben oder zumindest den Zugang zu deren Information, in der vagen Hoffnung, dass sie, wenn sie an der Regierung sind, dann auch absaufen und das auch dann noch, wenn man keinerlei Gegenstrategie gegen deren Öffentlichkeitsarbeit hat? Klingt für mich nach dem Rezept fürs endgültige Desaster.
      Das interessante ist ja: Wir können uns ja jetzt in Großbritannien anschauen, ob die Entzauberung durch die Wirklichkeit dem Populisten das Wasser abgräbt. Ich habe da meine Zweifel.

      • R.A. 30. Oktober 2019, 11:20

        „Und was genau ist jetzt die Empfehlung?“
        Sich an die Aussagen vor der Wahl zu halten: Keine Koalition mit Links- oder Rechtsextremen.
        Und mittelfristig sollte sich die CDU überlegen, daß sie es strategisch wie seinerzeit die SPD machen sollte. Die hat ja auch erst einmal punktuell mit der SED zusammengearbeitet, um dann – nachdem sich bei der SED auch intern etwas geändert hatte – zu koalieren.

        „Zusammenarbeit mit der AfD, ausgerechnet dort, wo die Posterboys der Rechtsextremen vornedran stehen?“
        Jein. Eine Zusammenarbeit wurde ausgeschlossen und das muß genauso gelten wie gegenüber der Linken.
        Aber Gespräche sollte die CDU führen. Und dabei klarmachen, daß mittelfristig sehr wohl eine Zusammenarbeit möglich ist, wenn eben NICHT Höcke und die Posterboys vorne stehen.

        Die Strategie der kompletten Ausgrenzung ist gescheitert, hat die verschiedenen Flügel der AfD zusammengeschweißt und den rechten Flügel stärker gemacht. Und vor allem die AfD stärker gemacht.
        Die Option einer Regierungsbeteiligung mit der Union wäre ein Signal für den gemäßigten Flügel, die Partei „regierungsfähig“ zu machen und würde ihm intern ein Zurückdrängen der Rechtsextremen ermöglichen.

        Ist natürlich nicht gesagt, daß das klappt. Aber es hat doch keinen Sinn, einerseits den zunehmenden Rechtsdrall der AfD zu beklagen und andererseits alles zu tun, um genau diese Kräfte zu stärken.

        • Stefan Sasse 30. Oktober 2019, 12:22

          Es gab nie eine Strategie der kompletten Ausgrenzung. Die CDU hat von Anfang an Koalitionen debattiert und tut das auch weiterhin.

          • R.A. 31. Oktober 2019, 10:12

            „Es gab nie eine Strategie der kompletten Ausgrenzung.“
            Selbstverständlich gibt es die, seit Gründung der AfD.
            Wenn vereinzelte Stimmen aus der Union mal über eine Änderung nachdachten, gab es sofort Kontra von oben. Koalitionen mit der AfD sind strikt verboten, selbst die Wahl eines völlig unbedeutenden Ortsvorstehers in Hessen hat zu sofortiger Korrektur geführt.
            M. W. hat es bisher nicht einmal irgendwo offizielle Gespräche zwischen Union und AfD gegeben.

            Das hat die SPD ja anfangs mit der SED auch probiert. Hat es aber nur einige Jahre durchgehalten.

            • Hanni Hartmann 31. Oktober 2019, 15:02

              Gleichfalls wie die SPD- und ebenso die Gesellschaft- jegliche Anaeherung mit der SED ahem– Linken strikt ablehtnen; hat sich das aufgeweicht und ist den Realitaeten gewichen. Ebenso sollten man nun genauso bei der CDU die Realtitaten zur Kenntnis nehmen und Gespräche und moegliche Koalitionen mit den verteufelten AfDlern nich mehr ausgrenzen und ausschliessen. Vielleicht heute noch zu frueh; aber das wird demnächst kommen. Ansonsten laufen der CDU noch mehr Wähler weg und rüber zur AfD. Was dann??

        • Hias 30. Oktober 2019, 23:23

          Sich an die Aussagen vor der Wahl zu halten: Keine Koalition mit Links- oder Rechtsextremen.
          Und mittelfristig sollte sich die CDU überlegen, daß sie es strategisch wie seinerzeit die SPD machen sollte. Die hat ja auch erst einmal punktuell mit der SED zusammengearbeitet, um dann – nachdem sich bei der SED auch intern etwas geändert hatte – zu koalieren.

          Das ändert nichts am Dilemma in Mitteldeutschland. Gerade dort sind die Landesverbände der AfD fest in der Hand der Rechtsextreme, während die LINKE dort eher pragmatisch ist. Und auch mittelfristig wird diese Strategie wohl nicht funktionieren. Die Basis der LINKEN insbesondere in Ostdeutschland war und ist alt. Dort muss man schauen, dass man sich etabliert, neue Zielgruppen anspricht und in den konservativen ostdeutschen Bundesländern reichen die linksextremen Ränder dazu bei weitem nicht aus um auch zukünftig eine Rolle zu spielen.
          Im Vergleich dazu gewinnt die AfD die Jugend und die Nichtwähler. Das ist ja die extrem erschreckende Erkenntnis: die AfD gewinnt besonders in den Bundesländern bei den Jungen an Zustimmung, wo sie am deutlichsten rechtsextreme Signale aussendet. Die braucht keine Zusammenarbeit mit der CDU. Das interessiert die nicht. Sie kann ganz ruhig abwarten und ihren Status bei den eher jüngeren Wähler ausbauen und zuschauen wie sich die anderen Parteien zerfleischen.

          Jein. Eine Zusammenarbeit wurde ausgeschlossen und das muß genauso gelten wie gegenüber der Linken.
          Aber Gespräche sollte die CDU führen. Und dabei klarmachen, daß mittelfristig sehr wohl eine Zusammenarbeit möglich ist, wenn eben NICHT Höcke und die Posterboys vorne stehen.

          Die Strategie der kompletten Ausgrenzung ist gescheitert, hat die verschiedenen Flügel der AfD zusammengeschweißt und den rechten Flügel stärker gemacht. Und vor allem die AfD stärker gemacht.
          Die Option einer Regierungsbeteiligung mit der Union wäre ein Signal für den gemäßigten Flügel, die Partei „regierungsfähig“ zu machen und würde ihm intern ein Zurückdrängen der Rechtsextremen ermöglichen.

          Das wäre vielleicht zu Zeiten eines Lucke gegangen, aber meiner Einschätzung ist der Flügel inzwischen zu stark. Nicht stark genug um die Partei komplett zu übernehmen (was sie mE auch gar nicht wollen), aber stark genug um die Partei und ihre Spitzenleute zu behindern, wenn sie vom rechten Weg weg wollen. Hat man doch im Juli gesehen, als einige Funktionäre den Aufstand geplant haben und kurz darauf prompt der eigene Ortsverband den Parteivorsitzenden nicht als Delegierten für den Bundesparteitag aufgestellt hat.

          Ist natürlich nicht gesagt, daß das klappt. Aber es hat doch keinen Sinn, einerseits den zunehmenden Rechtsdrall der AfD zu beklagen und andererseits alles zu tun, um genau diese Kräfte zu stärken.

          Mir macht weniger der Rechtsdrall der AfD Sorgen als der allgemeine Drall nach rechts. Die AfD agiert nicht im luftleerem Raum und nicht als reine Protestpartei. Mich erinnert das alles ziemlich ungut an die konservative Revolution der 1920er Jahre inklusive einer gewissen Faszination die das Ganze für die Jüngeren ausübt.
          Ob die Ausgrenzungsstrategie gescheitert ist? Ich weiß es nicht. Einerseits ist das Ergebnis bisher nicht sehr ermutigend, andererseits war es insbesondere im rechten Lager (siehe REPs) bisher ziemlich erfolgreich. Außerdem könnte ja ein Wechsel an der Spitze der CDU schon massive Änderungen bewirken. Und so richtig ermutigend sind andere Strategien auch nicht. Die britischen Tories haben ja wohl nen GAU mit ihrerer Anbiederei an die UKIP und deren EU-Feindschaft verursacht. In Österreich wurde die FPÖ nach diesem Abgrund an Landesverrat immer noch drittstärkste Partei und Kurz bleibt wohl nichts anderes als eine Koalition mit den Grünen übrig.

          • R.A. 31. Oktober 2019, 10:33

            „Das ändert nichts am Dilemma in Mitteldeutschland.“
            Das ist richtig. Die CDU ist (selbstverschuldet) in einer saublöden Situation und es ist gut möglich, daß keiner der diskutierten Auswege funktionieren wird.
            Aber irgendetwas muß sie halt probieren. Und ein „weiter so“ ist bestimmt die schlechteste Option.

            „Gerade dort sind die Landesverbände der AfD fest in der Hand der Rechtsextreme, während die LINKE dort eher pragmatisch ist.“
            Das ist aber kein Naturgesetz. Im übrigen: Es ist nicht gesagt, daß die Union im Osten mit einer Kursänderung anfangen muß.
            Als Wahlverliererin an die Wand gedrängt und mit den echt fiesen Typen à la Höcke auf der anderen Seite hat sie bei einer Zusammenarbeit ganz schlechte Karten.
            Im Westen dagegen wären Koalitionen mit gemäßigten AfDlern möglich, die auch klar Juniorpartner sind. Solche Erfolge für die gemäßigte AfD können dann auch die Bundespartei verändern.

            Die SPD hat das ja umgekehrt auch so gemacht. Sie hat zuerst die Zusammenarbeit mit den eher gemäßigten Ost-Landesverbänden der SED gewagt, und dann erst mit den radikaleren Landesverbänden im Westen.

            „Im Vergleich dazu gewinnt die AfD die Jugend und die Nichtwähler.“
            Und das ist ein Alarmzeichen für alle Parteien. Und es ist erschreckend daß da allgemein nicht mehr kommt als die Nazi-Keule und die Diskussionsverweigerung zu allen Themen, die irgendwie mit der AfD in Verbindung gebracht werden können.

            „Das wäre vielleicht zu Zeiten eines Lucke gegangen, aber meiner Einschätzung ist der Flügel inzwischen zu stark.“
            Er ist m. E. zahlenmäßig gar nicht so stark, aber lautstark und aktiv. Und die Gemäßigten können nicht dagegen halten, weil sie keine echte Zieloption haben. Da „normale“ Politik mit Kompromissen und Erreichung von Teilzielen der AfD durch die Ausgrenzungspolitik der anderen Parteien unmöglich gemacht wird, bleibt ja nur die totale Konfrontation der Scharfmacher.

            „Mir macht weniger der Rechtsdrall der AfD Sorgen als der allgemeine Drall nach rechts.“
            Den kann ich nicht erkennen. Die praktische Politik der Bundesregierung (und der Landesregierungen) ist weiter „links“ denn je. Und die „Klima“-Kampagne der letzten Monate hat das noch weiter nach links verschoben.
            Während ich umgekehrt jetzt keinen Politikbereich wüßte, in dem es Richtung rechts gegangen wäre.

            „Ob die Ausgrenzungsstrategie gescheitert ist? Ich weiß es nicht.“
            Sind die Wahlergebnisse der letzten zwei Jahre nicht deutlich genug?

            „Außerdem könnte ja ein Wechsel an der Spitze der CDU schon massive Änderungen bewirken.“
            Hätte bewirken können. Ist aber ausgeblieben (was der AfD natürlich weiteren Auftrieb beschert hat) und ich sehe nicht, daß Merkel/AKK bis zur nächsten Bundestagswahl ausgewechselt wird.

            „Und so richtig ermutigend sind andere Strategien auch nicht.“
            Die Erfahrungen sind sehr unterschiedlich. In GB wurde halt das Brexit-Thema von den Tories taktisch grottenschlecht gefahren, das hatte nur indirekt mit der UKIP zu tun.
            In Österreich ist es Kurz gelungen, die FPÖ einzudämmen. Auch die Schweizer SVP ist inzwischen ziemlich gezähmt.

            Es ist unrealistisch zu erwarten, daß AfD und Kollegen sich plötzlich alle in Luft auflösen. Es wird in jedem Land immer Parteien und Wähler geben, die national/konservativ eingestellt sind. Die sind in Deutschland lange von der Union, vor allem der CSU bedient worden.
            Bis vor relativ kurzer Zeit war die AfD inhaltlich weitgehend auf einem Stand, der der Union vor 10 Jahren entsprach. So eine Partei kann und muß man aushalten – hat ja in der Bundesrepublik auch 50 Jahre funktioniert.

  • Stefan Pietsch 29. Oktober 2019, 10:31

    Der Wähler als Souverän verteilt den Regierungsauftrag. Aber kein Politiker ist gezwungen, unter allen Umständen einen Regierungsauftrag anzunehmen. Eine Koalition zwischen der LINKEN und der CDU macht für die Konservativen so wenig Sinn wie eine Beteiligung der Liberalen.

    Die Wähler der CDU haben sich mit Sicherheit etwas gedacht bei ihrer Stimmabgabe, genauso wie die FDP-Wähler. Es ist nur eine Vermutung, aber eine der Topprioritäten war für diese Leute möglicherweise nicht eine Verlängerung der Regierungszeit von Rot-Rot-Grün.

    Als in Hessen vor über einem Jahrzehnt eine vergleichbare Situation gegeben war und sich der Ministerpräsident nicht abwählen ließ, haben die Fraktionen einfach munter ihre Gesetzesanträge eingebracht, die von der geschäftsführenden Regierung umgesetzt werden mussten. Darunter war z.B. die Abschaffung der Studiengebühren. Der Furor von SPD, Grünen und Linkspartei hielt sich damals in Grenzen, ohne Regierungsmacht die eigenen Lieblingsprojekte umsetzen zu können. Gelobt wurde die offene Debatte.

    Für Thüringen sind nun mehrere Alternativen im Gespräch. So könnte Bodo Ramelow gezwungen werden, mit einem Expertenkabinett zu regieren im Gegenzug für eine Tolerierung. Und nach zwei Jahren wird das Gedankenexperiment beendet. Der Bürger, darauf dringen ja nicht zuletzt Anhänger auf der linken Seite, wählt keine Koalition. Und die, die zur Wahl stand, erhielt keine Mehrheit mehr. Da ist es denkbar schlecht, irgendetwas zusammenzuwürfeln, das nicht dem Zweck dient, gute Regierungsarbeit zu machen, sondern ein Viertel des Elektorats von der politischen Willensbildung fernzuhalten.

    Damit ist nicht gemeint, dass es falsch ist, die AfD nicht an der Regierung zu beteiligen. Das große Aber lautet: wenn eine Regierung nur unter Beteiligung der politischen Ränder regiert werden kann, wird das Ganze eben instabil. Das scheint den Thüringern aber weitgehend egal gewesen zu sein.

    Die Grünen sind mit ihren Allmachtsphantasien auch hart gelandet. In keinem ostdeutschen Bundesland konnten sie relevante Größe erreichen, am Sonntag mussten sie wie die liberale Konkurrenz bis zum Ende zittern. Peinlich für eine Partei, die Volkspartei sein will. Ihr versagten gerade jene die Stimme, die freitags für das Klima streiken gehen. Stattdessen wählten die jungen Menschen in dem Flächenland lieber AfD, also das genaue Gegenteil. Nichts zeigt mehr, dass die Grünen eine reine Großstadt- und Ein-Themen-Partei sind. So erreicht man in Umfragen zeitweise 25%, aber an der Wahlurne sind die Bürger nüchterner. Die Grünen sind eben ein Scheinriese. Nicht zu vergessen, Demoskopen und Journalisten haben dieses Spiel noch mitgemacht. Bei keiner anderen Partei war die Abweichung zwischen Ergebnis der „Prognose“ um 18 Uhr (8%) und vorläufigem Endergebnis (5,2%) so groß. Eine solche Diskrepanz ist eigentlich völlig ungewöhnlich, denn meist bildet die Vorhersage der TV-Sender ziemlich genau das Endergebnis ab, gefeilscht wird höchstens noch bei den Nachkommastellen.

    Es ist Zeichen einer gesunden Demokratie, dass die Bürger in ihren Ansichten ein ganzes Stück gemäßigter sind als die Parteien, die sie wählen. Nur sollte man nicht den Fehler machen, daraus zu schließen, dass alle das Gleiche wollen. Das rächt sich immer bei der folgenden Wahl. Zwar meinen heute zwei von drei CDU-Wählern, ihre Partei sollte das Diktum „nicht mit Ramelow“ nochmals überdenken. Ob diese Wähler jedoch so weise sind und sich in 5 Jahren noch an ihre Meinung im Jahr 2019 erinnern können und dann nicht vor Enttäuschung zur AfD rennen, ist zumindest fraglich.

    • derwaechter 29. Oktober 2019, 13:22

      „ihr versagten gerade jene die Stimme, die freitags für das Klima streiken gehen. Stattdessen wählten die jungen Menschen in dem Flächenland lieber AfD, also das genaue Gegenteil.“

      Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass es viele Wähler gibt, die für das Klima streiken gehen und AfD wählen.

      • Rauschi 29. Oktober 2019, 14:55

        Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass es viele Wähler gibt, die für das Klima streiken gehen und AfD wählen.
        Ich würde sogar sagen, das es gar keine Menschen gibt, die AfD wählen und fürs Klima streiken. Schon weil die AfD den menschengmachten Klimawandel bestreitet. Warum sollte man für etwas auf die Strasse gehen, an das man nicht glaubt?

        Ich würde meinen, ein klassischer Strohmann zum verprügeln, weil die Realtität das sonst nicht hergibt.

    • Ralf 29. Oktober 2019, 22:23

      Die Wähler der CDU haben sich mit Sicherheit etwas gedacht bei ihrer Stimmabgabe, genauso wie die FDP-Wähler. Es ist nur eine Vermutung, aber eine der Topprioritäten war für diese Leute möglicherweise nicht eine Verlängerung der Regierungszeit von Rot-Rot-Grün.

      Das Argument würde möglicherweise für die FDP gelten, die in diesem Szenario als kleinster Partner zu einem bereits bestehenden rot-rot-grünen Projekt hinzukäme. Wenngleich auch hier zu bedenken wäre, dass die FDP aufgrund der Mehrheitsverhältnisse und der Not der bestehenden Regierung Forderungen durchbringen könnte, die weit jenseits dessen stünden, was ein 5,0% + 5 Stimmen-Ergebnis normalerweise rechtfertigen würde. Von einer „Verlängerung “ von Rot-Rot-Grün könnte man also eigentlich nicht wirklich reden.

      Eine tiefrot-schwarze Koalition hingegen hätte mit Rot-Rot-Grün soviel gemeinsam wie eine Jamaika-Koalition mit Rot-Gelb: Also genau einen konstanten Partner. Von „Verlängerung“ zu reden, wäre hier also völlig absurd. Tiefrot-schwarz wäre etwas völlig Neues. Politisch im übrigen nichts, was ich persönlich besonders toll fände. Es wären zwei Parteien, die beide eher nach hinten als nach vorne schauen und eher berühmt sind für ihre Beharrungskräfte als für progressiven Wandel. Das Land fit machen für den Klimawandel? Das Land fit machen für die Digitalisierung? Investitionen in die Zukunft? Würde ich einem solchen Bündnis alles nicht zutrauen. Stattdessen wäre Tiefrot-Schwarz im tatsächlichen Sinne konservativ. Aber genau darin könnte ein möglicher Überlappungspunkt der beiden Parteien liegen.

      Zu dem Punkt, was sich die Wähler der CDU bei der Stimmabgabe gedacht haben, haben Sie sicher Recht. Nur gilt das eben auch für alle anderen Wähler. Auch die Wähler der LINKEn haben nicht von Tiefrot-Schwarz geträumt, sondern wollten vermutlich Rot-Rot-Grün fortsetzen. Das Problem ist, dass Politik nunmal kein Wunschkonzert ist. In einer repräsentativen Demokratie wählt man Vertreter, die für die Zeit einer Legislaturperiode … lassen Sie mich das nochmal wiederholen: für die Zeit einer Legislaturperiode (!) … das Beste herausholen, unter den gegebenen Möglichkeiten, die vorliegen. Es ist für die parlamentarische Demokratie brandgefährlich ohne Not auf Neuwahlen geradezu hinzuarbeiten, nur um dem politischen Gegner zu schaden. Insbesondere dann, wenn Neuwahlen vermutlich kein entscheidend anderes Ergebnis liefern würden. Schneller als man denkt, könnte Deutschland zu Italien werden, wo keiner mehr damit rechnet, dass eine Regierung mal länger als zwei Jahre halten könnte. Ganz besonders gilt das, wenn bereits 25% Nazis im Parlament sitzen, die nur auf eine Gelegenheit warten, Demokratie und Parlamentarismus weiter zu diskreditieren und zu beschädigen. Möglicherweise werden wir dann nämlich in nicht allzu ferner Zukunft nicht Rom sondern Weimar.

      Aber zurück zur repräsentativen Demokratie. Da versuchen die Abgeordneten im Idealfall wie gesagt für die Zeit einer Legislaturperiode das bestmögliche Ergebnis für ihre Wähler rauszuholen. Bedauerlicherweise gibt es aber manchmal nichts rauszuholen. Manchmal gibt es Zeiten, da muss man das Land einfach fünf weitere Jahre verwalten, weil es keine produktiven Mehrheit für die eine oder andere Richtung gibt. Die GroKo im Bund ist ein Beispiel dafür. Das ist nicht schön, aber auch kein Weltuntergang. Und allemal besser, als die Normen des Parlamentarismus und damit unser demokratisches System zu beschädigen, indem man ohne Not Neuwahlen anstrebt und dann solange wählt, bis es eine Mehrheit gibt, die den Politikern passt.

      Sie mögen ja Fußball. Also lade ich Sie zu einer Analogie ein. Sagen wir, Sie sind ein arbeitsloser Fußballtrainer. Sie benötigen dringend ein neues Engagement, um wieder etwas Geld zu verdienen. Sie träumen natürlich von der englischen Liga. Oder Bayern München. Von der Champions League. Oder zumindest dem UEFA-Pokal. Stattdessen bekommen Sie in den letzten Wochen der laufenden Saison ein Angebot vom VfL Bochum. Der Verein ist auf einem Abstiegsplatz der zweiten Liga. Hat kaum noch eine Chance für den Klassenerhalt. Und im Grunde will man Sie in erster Linie dafür, dass sie den Verein im Prozess des praktisch nicht mehr abwendbaren Abstiegs stabilisieren, in der Dritten Liga wieder aufbauen und zurück in die Zweitklassigkeit führen.

      Sie sind enttäuscht. Es ist nicht das Angebot, von dem Sie geträumt haben. Kein Glamour. Kein Pokal winkt. Wahrscheinlich wird Ihr Name noch nicht einmal in einer Zeitung stehen. Aber Sie haben eben keine anderen Offerten. Unter diesen Bedingungen ist die Annahme des Angebots vom VfL Bochum das Beste, was erreichbar ist. Sollte Ihre Arbeit erfolgreich sein, eröffnen sich eine Saison später vielleicht tolle neue Möglichkeiten. Vielleicht werden andere Vereine auf Sie aufmerksam. Und auch wenn Sie Ihrer neuen Mannschaft jetzt im Augenblick nicht viel zutrauen, ist es nicht auszuschließen, dass Sie bei der Arbeit doch konkretes, noch ungehobenes Potential entdecken und dieses mobilisieren können. Vielleicht gelingt Ihnen in der Folgesaison völlig unerwartet sogar der Durchmarsch in die Erste Liga und jeder wird erstaunt sein und bewundernd fragen, wie der Pietsch das nur geschafft hat.

      Klar, möglich ist auch, dass Bochum in der Dritten Liga versackt und einfach ein hoffnungsloser Fall ist. Dann werden Sie eben nach einem neuen Angebot suchen. Trotzdem werden Sie mit der Übernahme von Verantwortung erstmal das richtige gemacht haben. Sie haben ein Einkommen. Und Sie sind im Geschäft geblieben.

      Genauso stellt sich die Situation auch für die LINKE und die CDU dar. Sieht derzeit wirklich nicht so aus, als gäbe es da ein heißes Projekt. Das hat aber auch seine guten Seiten. Denn wenn die Erwartungen minimal sind, ist es wahrscheinlich, dass man sie übertreffen kann. Und sehr wahrscheinlich würde Tiefrot-Schwarz wirklich nur das Land ein paar Jahre verwalten. Vielleicht ein kleiner Erfolg hier. Vielleicht ein bisschen Profilierung da. Aber vermutlich kein großer Wurf. Thüringen wird das überleben. Und sollte das Projekt wider Erwarten weit erfolgreicher sein als geplant, würde es sogar neue Optionen für die Zukunft eröffnen.

      Meiner Meinung nach ist das einen Versuch wert. Zumindest Koalitionsverhandlungen sollte man ergebnisoffen und kompromissbereit führen.

      So könnte Bodo Ramelow gezwungen werden, mit einem Expertenkabinett zu regieren im Gegenzug für eine Tolerierung. Und nach zwei Jahren wird das Gedankenexperiment beendet.

      Wie das für Stabilität sorgen soll, ist mir nicht erklärlich.

      Da ist es denkbar schlecht, irgendetwas zusammenzuwürfeln, das nicht dem Zweck dient, gute Regierungsarbeit zu machen,

      Das ist genau mein Punkt. Wenn die LINKE und die CDU sich zusammenfinden würden, sollten sie eben versuchen eine vernünftige Regierungsarbeit zu machen. Zumindest eine, die das Land fünf weitere Jahre solide verwaltet, bis es vielleicht wieder neue Mehrheiten gibt.

      Oder was glauben Sie wird in zwei Jahren passieren, wenn Sie auf Ihre Neuwahlen hoffen? Kleinere Oppositionsparteien profitieren normalerweise, wenn die Großen straucheln. SPD, Grüne und FDP werden also vermutlich leicht zulegen. Im Parlament haben wir bereits jetzt ein Viertel Nazis. Es deutet sich nicht an, dass die weniger werden. Und politische Instabilität im Land wird eher Wasser auf deren Mühlen sein. Gerade deshalb auch, weil es sehr unwahrscheinlich ist, dass der Bürger CDU und LINKE dann belohnen wird, wenn deren einzige Leistung ist sich gegenseitig blockiert zu haben. Am Ende wäre nicht unwahrscheinlich, dass Sie in zwei Jahren vor einem Parlament mit noch mehr Nazis und noch weniger Koalitionsoptionen stehen. Und was dann?

      • Stefan Pietsch 29. Oktober 2019, 23:19

        Es ist auf Dauer immer ein Problem, wenn Regierungen nur gebildet werden, um eine andere Partei zu verhindern. Das ist keine Besonderheit Deutschlands, so etwas habe ich auch Anfang des Jahrzehnts in Lettland erlebt. Dort ging es darum, die Partei der russischen Minderheit zu verhindern, die sogar rund 30% erzielt hatte. Viele Parteien erwogen am Ende eine All-Parteien-Koalition, was ich für einen Wahnsinn hielt. Meine Skepsis hält weiter an.

        Nicht dass wir uns falsch verstehen: ich hielte es für fatal, derzeit der AfD nur ein Zipfelchen Regierungsverantwortung zuzugestehen. Aber dauerhaft lässt sich die Idee niemals durchhalten, ein Viertel des Elektorats und mehr von der Regierungsteilhabe abzuhalten. Bei 5 oder 10 Prozent – ja. Bei 25 oder gar 30 Prozent: nur mit großen Verwerfungen, welche dauerhaft die Demokratie erst recht beschädigen. Die Parteien werden also daran arbeiten müssen, die AfD wieder ein Stück zu marginalisieren.

        Ich halte auch nichts von der Missachtung des Wählervotums und damit unmittelbare Neuwahlen. Da haben wir keinen Dissens. Nur, ich finde des Öfteren wird vergessen, was eigentlich in Wahlen bestimmt wird, nämlich die Legislative. Auf die Regierungsbildung hat der Wähler keinen unmittelbaren Einfluss, weshalb er hier auf die zuvor gegebenen Zusagen vertrauen muss. Schließlich soll alle Macht vom Volke ausgehen und das ist insbesondere die Exekutive.

        Zusammenarbeit ist unter dem Regime des Verhältniswahlrechts also zwingend notwendig und damit auch Kompromisse, manchmal auch schmerzhafte. Nur, jetzt sind wir wieder am Anfang: wenn es das einzige Ziel aller Fraktionen außer einer ist, eine zahlenmäßig bedeutsame Gruppe zu verhindern, führt das zweite Kriterium leicht ins Absurde. So etwas sind die beiden, einzig möglichen Koalitionen. Vernünftige Menschen, die keine Verzweiflungstäter sind, ziehen die Wirkung einer Entscheidung auf weitere Entwicklungen ins Kalkül. In Panik und intellektueller Einfalt sind Menschen nicht in der Lage, mehr als einen Zug zu denken. Das wünsche ich mir nicht.

        Wir sollten eins nicht vergessen: Vier von fünf Wählern leben im Westen und sie schauen sehr genau hin, was die Parteien in Osten veranstalten. Und in zahlreichen Bundesländern, nicht zuletzt den Stammländern der Union im Süden, ist jede Zusammenarbeit der Christenpartei mit den Anti-Christen von der LINKEN ein No-Go. Ich weiß, die Pikanterie liegt darin, dass der Ministerpräsident Ramelow bekennender Christ ist. Das nur am Rande. Doch auch in den östlichen Bundesländern, die strukturell konservativer, ja auch ein Stück nationalistisch sind, wäre eine Zusammenarbeit mit der LINKEN der Sündenfall, welcher der AfD erst recht Wähler zutreiben würde. Das kann niemand wollen.

        Was wahrscheinlich gebraucht wird, ist eine Zusammenarbeit, die keine Zusammenarbeit sein darf. Die Idee ist eine Minderheitsregierung bestehend aus Experten (also Technokraten), welche von der CDU eine sichere Unterstützung erhält. Den Gedanken fand ich nicht uncharmant. Es ermöglicht beiden Seiten die Gesichtswahrung und dennoch unter den gegebenen Umständen eine stabile Regierung.

        Gut 30 Prozent haben der LINKEN ihre Stimme allein wegen Bodo Ramelow gegeben. Das sollten beide Seiten nicht vergessen, eben auch seine Partei nicht. Ohne den Amtsbonus hätte die LINKE gerade 20% erhalten und keinen Regierungsauftrag.

        Die Aufgabe der Regierungsbildung liegt in einer Demokratie darin, eine Mehrheit von Personen / Parteien zu finden, welche eine einigermaßen konsistente Leitung der Regierungspolitik gewährleisten können. Das ist undenkbar – und muss es auch sein! – wenn zwei Gruppierungen, die sonst diametral entgegen gesetzte Ziele, ja Werte, verfolgen, zusammenarbeiten sollen. Und deswegen geht es nicht. Salz und Zucker zusammen zu mischen, um nicht Pfeffer verwenden zu müssen, ist keine überzeugende Lösung. Sie ist ungenießbar.

      • R.A. 30. Oktober 2019, 11:28

        „Wenngleich auch hier zu bedenken wäre, dass die FDP aufgrund der Mehrheitsverhältnisse und der Not der bestehenden Regierung Forderungen durchbringen könnte, die weit jenseits dessen stünden, was ein 5,0% + 5 Stimmen-Ergebnis normalerweise rechtfertigen würde.“
        Das ist extrem unwahrscheinlich.
        SPD und Grüne würden wahrscheinlich manches schlucken, um in der Regierung bleiben zu können. Aber Ramelow hat überhaupt keine Not und wenig Anlaß, die seiner Politik diametral entgegen gesetzten Positionen der FDP zu akzeptieren.
        Er ist gewählt, kann geschäftsführend weitermachen und hat die Option einer Unterstützung durch die CDU. Er kann ohne Koalitionsmehrheit nur schwer neue Initiativen starten. Aber noch eine ganze Weile mit der bestehenden Beschlußlage komfortabel linke Politik machen.

        „Genauso stellt sich die Situation auch für die LINKE und die CDU dar.“
        Für die Linke paßt der Vergleich, für die CDU Thüringen alleine würde er halb passen.
        Aber für die CDU insgesamt ist Thüringen nur eine weitere Etappe in einer Katastrophenserie. Noch ist völlig unklar, ob und wie die CDU ihren Niedergang stoppen kann. Aber es ist ziemlich klar, daß ein Wortbruch und eine Koalition mit der SED in einem Bundesland für die strategischen Perspektiven eine Katastrophe wären.
        Auch wenn es für die Thüringer CDU noch das kleinere Übel wäre, die Bundes-CDU müßte eine dunkelrot-schwarze Regierung verhindern. Macht sie vielleicht nicht – aber das wäre halt grottendumm und ein weiterer strategischer Fehler Merkels.

  • Jens Happel 29. Oktober 2019, 11:28

    Sehr amüsanter Artikel, Mosambik R2G2, Star Wars. Musste wirklich lachen.

    Inhaltlich stimme ich zu, auch wenn es dir -oh Wunder – nicht gelingt eine Lösung zu skizzieren.

    Ich denke die Rechtssradikalen sind da, wo sie immer schon waren. Im Unterschied zu früher trauen sie sich jetzt aber aus ihren Löchern.

    Die Vorgänge bei der Sylversternacht in Köln dürften eine Art Cäsur sein und noch für Jahre Wasser auf die Mühlen der Faschisten sein. Leider haben die Linken aus Köln nicht gelernt, dass Integration nur mit Zuckerbrot nicht gelingt und die restlichen Demokraten haben nicht kapiert, dass ohne die Bereitstellung von wesentlich mehr Geld für Intergration, Bildung und Wohnungsbau, das ganze leider auch überhaupt nicht funktioniert. Der Markt schert sich leider einen Dreck um Integration. Der Markt kann es z.B. toll finden, dass Zugewanderte im Billiglohnbereich ausgebeutet werden, ob das langfristig für eine friedliches gedeihliches Miteinander der Konsumenten in diesem Markt aber so prall ist, ist für den Markt völlig wumpe. Ich höre schon auf, anderes Thema ich weiß!

    In Europa sind die Rechtsradikalen mittlerweile überall salonfähig. Spanien hat sein Franco Erbe nie abgestreift, Niederlande, Dänemark, Schweden, Österreich, Schweiz, Ungarn, Ukraine überall sitzen sie in den Parlamenten.

    Kriegen sie 20% der Stimmen, sind Koalitionen schon sehr schwierig. Demokratie funktioniert so richtig eben nur mit Demokraten.

    Die Schweiz hat wahrscheinlich den Königsweg gefunden, bzw. hatte ihn gleich in ihrer Verfassung eingebaut. Strittige Fragen, werden dort regelmäßig über Volksentscheide getroffen. Da braucht es keine Koalition im Parlament. Natürlich gewinnen dort auch mal rechte Ideen, z.B. Minarett Verbot (was im übrigen NICHT mit einem Moscheeverbot verwechselt werden darf), in der Summe treffen die Schweizer aber meist vernünftige Lösungen.

    Aber Volksentscheide in Deutschland sind wahrscheinlich noch unwahrscheinlicher als Mozambik und R2G2. Also auch keine realistische Lösung.

    Viele Grüße

    Jens

    • Ralf 29. Oktober 2019, 22:31

      Kriegen sie 20% der Stimmen, sind Koalitionen schon sehr schwierig.

      Ja, das ist das Kernproblem aus meiner Sicht. Ist ja kein Zufall, dass schon in Sachsen und Sachsen-Anhalt keine konventionellen Koalitionen mehr gebildet werden konnten und dass auch im Bund nur eine Notlösung funktionierte. Darauf müssen die Demokraten meiner Meinung nach mit mehr Öffnung zueinander und Kompromissbereitschaft reagieren. Andernfalls kriegen wir auf kurz oder lang italienische Verhältnisse mit extrem instabilen, völlig fragmentierten Multikoalitionen, die gewöhnlich keine zwei Jahre halten oder die Neuwahl nach der Neuwahl nach der Neuwahl wird zum Regelfall. Oder wir haben wie Belgien jahrelang keinen Regierungschef weil keine Partei eine Mehrheit hat, aber auch keine Partei einen Kompromiss eingehen will. Wir haben eine Verantwortung es nicht dazu kommen zu lassen.

      • R.A. 30. Oktober 2019, 11:38

        „dass auch im Bund nur eine Notlösung funktionierte.“
        Es ist wohl auch ein Problem, daß die Volksparteien (insbesondere die SPD) noch zu sehr in alten Schablonen denken und die GroKo für eine Notlösung halten.

        Real ist es aber schon längst keine „große Koalition“ mehr, sondern ein ganz normales Arbeitsbündnis von demokratischen Parteien, die sinnvollerweise eine Mehrheit ohne Extremisten bilden. Und für die SPD ist in den letzten Jahren mehr linke Politik möglich gewesen als noch zu Schröder-Zeiten.

        M. E. ist die völlig irrationale Anti-GroKo-Stimmung in der SPD (die sich gerade auch in den Vorstandswahlen manifestiert hat) ein wesentlicher Faktor dafür, daß die SPD beständig Wahlen verliert und die demokratische Mitte erodiert.

        • Stefan Sasse 30. Oktober 2019, 12:23

          Die GroKo, das habe ich schon zigmal geschrieben, ist nicht der Grund für die Probleme der SPD, da bin ich völlig bei dir. Ich habe die Partei mittlerweile einfach abgeschrieben, wie viele andere auch. Ich glaube das ist das zentrale Problem. Niemand erwartet mehr irgendwas von denen, und das ist ein Teufelskreis der selbsterfüllenden Prophezeiung.

    • R.A. 30. Oktober 2019, 11:35

      „Da braucht es keine Koalition im Parlament.“
      Doch. Es gibt in der Schweiz eine beständige große Koalition aus den wichtigsten Parteien, die sich die Regierung aufteilen. Und natürlich wird auch in der Schweiz der größte Teil der Politik nicht in Volksentscheiden bestimmt, sondern in Parlamentsabstimmungen (daß die Volksentscheide trotzdem sehr wichtig und nützlich sind ist klar).

      Und in der Schweiz gibt es mit der SVP ein Pendant zur AfD. Die haben keinen Höcke, aber so jemand wie Gauland und andere hierzulande als „Nazis“ geltende Politiker sind in der SVP völlig normal.

      Und die SVP wird eben nicht ausgegrenzt, sondern ist in der Regierung. Und wird auch regelmäßig zurecht gestutzt, wenn sie zu radikal agieren will.

      • popper 30. Oktober 2019, 13:08

        Und die SVP wird eben nicht ausgegrenzt, sondern ist in der Regierung. Und wird auch regelmäßig zurecht gestutzt, wenn sie zu radikal agieren will.

        das geht nach den aktuellen Mehrheitsverhältnissen gar nicht. Sie kennen wohl die Regierungsform in der Schweiz nicht, sonst würden Sie das nicht so herausstellen. Die Schweiz hat eine sogenannte Konkordanzdemokratie, die 1959 in die sogenannte ‚Zauberformel‘ überging d.h nach dieser Formel durften die drei wählerstärksten Parteien, SP, FDP und CVP, je zwei und die viertstärkste, SVP, einen Sitz im Bundesrat beanspruchen (2:2:2:1). Der schweizer Bundesrat ist auch anders als andere Regierungen Teil des kollektiven Staatsoberhauptes ist und dass es keinen Regierungschef mit Weisungsbefugnis oder Richtlinienkompetenz gibt.

        • R.A. 31. Oktober 2019, 10:37

          „das geht nach den aktuellen Mehrheitsverhältnissen gar nicht.“
          Selbstverständlich ginge das. Die „Zauberformel“ ist kein Gesetz und steht nicht in der Verfassung. Das ist eine reine Konvention der demokratischen Parteien.
          Und es wurde nach dem Rechtsruck der SVP unter Blocher durchaus diskutiert, ob man die SVP aus dieser Konvention und aus dem Bundesrat ausschließen sollte.

          Am Ende hat man sich anders entschieden, und das war richtig so.

          • popper 31. Oktober 2019, 11:56

            Was Sie zu der Zauberformel sagen, ist zutreffend. Aber auch dann, wenn die Zauberformel weg wäre, bestünde nach wie vor die Schweizer Konkordanzdemokratie, sie gewährleistet, dass alle beteiligt und einbezogen werden, was man als Grundkonstante der Schweizer Demokratie bezeichnen kann.

      • Ariane 30. Oktober 2019, 13:09

        Oh ja, Faschisten in die Regierung zu holen, um sie dann einzugehen und zurechtzustutzen hat ja schon einmal ganz hervorragend geklappt. Nicht.

        • popper 30. Oktober 2019, 15:25

          Also, was die Nazi um Adolf Hitler betrifft, wurde da gar nichts eingehegt oder zurechtgestutzt. Hitler war eher ein U-Boot der Alliierten, der genau das verhinderte , was schon vor über hundert Jahren, strategisches Ziel Großbritanniens war und heute mit Hilfe der Ukraine auf der Agenda der USA steht. Die Verhinderung der wirtschaftlichen und strategischen Kooperation Deutschlands mit Russland und in neuerer Zeit gemeinsam mit China und den BRICS-Staaten zur Vereinigung einer eurasischen Platte und damit den Weg zur Weltherrschaft.

          • Stefan Sasse 30. Oktober 2019, 23:24

            Alter, was rauchst du und wo kriegt man es her?

            • popper 31. Oktober 2019, 10:44

              Och Sasse, Sie lesen zuwenig, sonst würden Sie nicht solche despektierlichen Fragen stellen. Und unterstellen Sie mir jetzt bitte nicht gleich, dass ich eben das Falsche lese oder nur Verschwörungstheoretiker. Gottseidank werden ja immer mehr Archive geöffnet und Akten einsehbar, die es Politologen und Publizisten ermöglichen, den historischen Mainstream peu à peu zu revidieren. Lesen Sie das im November 2019 herauskommende Buch: Der Griff nach Eurasien, Hermann Ploppa vielleicht gewinnen Sie Einsichten.

              • Stefan Sasse 2. November 2019, 08:43

                Danke, ich halte mich an seriöse Historiker.

                • popper 2. November 2019, 18:00

                  Welche seriös sind entscheiden Sie? Ich denke, entscheidend sind Fakten, unabhängig davon, wer sie äußert. Unseriös ist ihre personalisierte Ausgrenzung sonst nichts.

                  • Stefan Sasse 2. November 2019, 19:10

                    Das entscheidet die komplette Geschichtswissenschaft. Obskure Manifeste sind nicht Wissenschaft.

                    • popper 2. November 2019, 23:05

                      Das ist, vornehm ausgedrückt, Unsinn. Was soll das denn sein, ‚komplette Geschichstswissenschaft‘. Das klingt ja wie bei den Zeugen Jehovas, die auch versuchen zwischen wahrer und falscher Wissenschaft zu unterscheiden.

                      Wissenschaftstheoretisch hat zu gelten, dass im Sinne K.R. Poppers wissenschaftliche Erkenntnisse immer falsifizierbar sein müssen, um als wissenschaftlich zu gelten. Und nicht ein individuelles pseudowissenschaftliches Abgrenzungskriterium, das nur
                      eine schöne Worthülse präsentiert, jedoch als valides wissenschaftliches Kriterium völlig willkürlich und insoweit irrelevant ist.

      • Hias 30. Oktober 2019, 23:40

        Und in der Schweiz gibt es mit der SVP ein Pendant zur AfD. Die haben keinen Höcke, aber so jemand wie Gauland und andere hierzulande als „Nazis“ geltende Politiker sind in der SVP völlig normal.

        Und die SVP wird eben nicht ausgegrenzt, sondern ist in der Regierung. Und wird auch regelmäßig zurecht gestutzt, wenn sie zu radikal agieren will.

        Das sind zwei gravierende Unterschiede: Die SVP ist rechtspopulistisch aber ihr fehlt ein mächtiger rechtsextremer Flügel, der innerhalb der Partei den Weg bestimmt. Und das politische System der schweizerischen Konkordanzdemokratie mit der Allparteien-Regierung nach der Zauberformel sorgt schon qua System für eine Einhegung der SVP. Hier passt der Vergleich definitiv nicht.

  • cimourdain 29. Oktober 2019, 20:03

    Mozambik… damit niemand in diese Falle gerät, hier noch ein Liste mit Koalitionsfarben (Wer weiss, wann man diese in unsicheren Zeiten noch verwenden kann):
    https://www.titanic-magazin.de/news/selten-ins-spiel-gebrachte-koalitionen-oder-minderheits-regierungen-von-denen-man-in-der-s-10872/
    Wo wir bei Farbspielen sind: Die taz verweigert der AfD das Blau in Ihren Graphiken und verwendet lieber braun:
    https://taz.de/Nach-der-Landtagswahl-in-Thueringen/!5636375/

    • Ralf 29. Oktober 2019, 22:33

      Mozambik… damit niemand in diese Falle gerät, hier noch ein Liste mit Koalitionsfarben

      😀

      Die taz verweigert der AfD das Blau in Ihren Graphiken und verwendet lieber braun

      Passende Farbwahl!

  • cimourdain 29. Oktober 2019, 21:02

    Eigentlich interessant, dass sich die gesamte Schlüsselrolle in dem Dilemma der CDU zufällt. Sie müsste ihre Haltung zu einer (im speziellen Fall Thüringen) Linken überdenken, die als Bürgerschreck ebenso wenig taugt wie Kretschmanns BW-Grüne. Sie muss auf die Machtoption AfD verzichten. Sie muss aus Gründen der politischen Raison eine Koalition eingehen, die ihr – was Wählergunst betrifft – schaden kann ( Eine klassische SPD-Rolle).
    Und das ist – fast in der Qualität eines Gedankenexperiments – eine gute Gelegenheit für die bekennenden Konservativen hier im Blog, die meines Wissens nach durch die Bank keine Sympathie für die AfD hegen, sich über ihre eigene Haltung zum Rechtspopulismus klarzuwerden…

  • Sebastian 1. November 2019, 17:27
    • Sebastian 1. November 2019, 17:29

      Daraus:

      Ein solches Arrangement zwischen Linkspartei und Union ist bislang undenkbar.

      Stimmt, es wäre ein Tabubruch. Wobei das auf kommunaler Ebene längst Gang und Gäbe ist. Und diese Wahlen sind eben auch ein Bruch der demokratischen Kultur. Es gibt keine Variante, bei der nicht eine Partei einen Teil ihrer Wähler enttäuschen muss. Die Wählerschaft hat einen schwierigen Auftrag formuliert, nun muss die Politik eben neue Wege gehen […]

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