#Gamergater studieren in Eton den Green New Deal und die DHL-Verwaltung – Vermischtes 04.05.2019

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Will the Purity Police Ruin Our Chance to Deny Trump a Second Term?

I chose reparations as an example because it’s been in the news lately, but there are plenty of others. Liberal social views, it turns out, are generally popular and there’s no reason for Democratic candidates to avoid them. But the extreme versions of those social views aren’t especially popular, and Trump could make a lot of hay out of them. The answer, of course, is for Dems to stay kind of vague on the tricky wedge issues, but this will work only if they’re allowed to stay vague. If the purity police start to demand support on unpopular issues rather than popular ones, it’s entirely possible that white backlash will increase again and we’ll see a rerun of 2016. Everyone has to decide for themselves where they stand on issues like this. Reparations are an easy one for me since I don’t support them in the first place. It’s a lot harder if you do support reparations but understand that it’s a huge electoral negative. I’d suggest letting it lie. Conversely, you might believe that this is what you’re told every year, and it’s time to finally make a stand. But if you do, be sure to do it with your eyes wide open. (Kevin Drum, Mother Jones)

Kevin Drum spricht ein Dilemma jeder politischen Richtung an. In der Theorie ist die Geschichte ziemlich klar: Man kann der Öffentlichkeit bei strittigen Themen ein wenig voraus ein – Politiker und Parteien formen schließlich zu nicht unerheblichen Teilen den Diskurs, ob das nun konservative Steuersenkungen in den 1960er Jahren oder die Gleichberechtigung aller Frauen und Schwarzen bei den Progressiven ist. Jedes Mal war man der Öffentlichkeit einen Streit voraus und zog sie mit. Soweit, so gut. Die Schwierigkeit besteht darin, vorher zu erkennen, wo man einen kleinen Schritt voraus ist, und das von den Bereichen zu unterscheiden, die keinerlei Mehrheitsfähigkeit in der Gesellschaft haben (fragt mal die Kommunarden).

Verwechselt man die beiden Themen, kann man durchaus große Pluralitäten gewinnen. Es ist problemlos möglich, mit einem Thema 40% der Wählerstimmen zu gewinnen. 40% ist aber eine Niederlage, auch wenn es total gut aussieht. So kann es sein, dass eine Partei eine konsensfähigere Position gegen eine eintauscht, die nicht mehrheitsfähig ist, und trotzdem zulegt (was ja etwa oft Jeremy Corbyn und Bernie Sanders unterstellt wird). Nur stößt selbige Partei dann an eine Obergrenze („ceiling“) die sie nicht mehr durchbrechen kann – und bleibt eine ständige starke, aber machtlose Opposition. Es sei denn, sie nutzt wie die Republicans das tun Methoden der Wählerunterdrückung und ähnliche undemokratische Methoden, um dieses Problem zu umgehen.

2) The total irrelevance of campaign fundraising

How did Donald Trump manage to capture the Republican presidential nomination in 2016? Was it because he raked in more money than his opponents combined? No. Trump spent less than any of the other competitive candidates in the early months of the GOP primary cycle. By the time Ben Carson dropped out of the race in March, he had spent twice as much money as Trump. The only Republican who used less cash than our current president and actually managed to win a primary was John Kasich, and he survived far longer than, say, Jeb Bush, who blew through $130 million despite never finishing better than fourth in any nominating contest. Trump won not because he had spent around $35 million of his own money by the time his opponents dropped out, but because the media gave him at least $5 billion of free advertising. […] This is why I roll my eyes when I read news stories about how Pete Buttigieg’s ability to convince people to give him $7 million means that he is a „contender“ in 2020. The mayor of South Bend, Indiana, (population 101,168) is not going to be the next president or the nominee of the Democratic party. He’s probably not even going to place better than Jeb did in the New Hampshire primary, assuming he stays in the race that long. Bernie Sanders, by contrast, has a halfway decent chance at winning the nomination. This is not because he is currently raising more money than anyone else in this crowded Democratic field, but because he is now a universally recognizable politician, a compelling speaker, and someone with a unique and engaging platform that differs in significant ways from those of nearly all of his opponents. He is already winning what I like to think of as the attention primary. It’s still his to lose. (Matthew Walter, The Week)

Ich bin etwas vorsichtiger, diese als click-bait überzeichnete Überschrift als Prämisse zu akzeptieren. Aber der aktuelle Fokus in den Nachrichten, sich auf die Menge des eingebrachten Geldes zu konzentrieren und daraus irgendetwas abzuleiten ist eher nervig. Der Vorteil der Konzentration auf Geldsummen, genauso wie das Stürzen auf einzelne Umfrageeergebnisse, hat natürlich für Journalisten den Vorteil, dass es sich um Zahlen handelt, die man einfach greifen und vergleichen kann.

In dieser frühen Phase der primaries haben Kandidaten, die bereits bekannt sind („name recognition„) massive Vorteile. Deswegen ist es so wichtig für sie, dass sie größere Bekanntheit erreichen, da ihnen dann wertvolle Aufmerksamkeit und Ressourcen (vor allem aber Aufmerksamkeit, die, wie der Artikel oben richtig anmerkt, wesentlich mehr wert ist als Geld) zukommen. Kandidaten wie Joe Biden kommen deswegen auch direkt als Favoriten („front runner„) in den Wahlkampf. Wenn Leute befragt werden, wen sie eventuell in einem Jahr wählen würden, werden sie im Zweifel auf diejenigen verfallen, die sie kennen. Jemand wie Pete Buttigieg, der vielleicht eine name recognition von 30% hat,hat dann gegen jemanden wie Joe Biden mit seinen nahe 100% einen gewaltigen Nachteil. Das muss immer mit einbezogen werden, wenn man realistisch Chancen abschätzen will.

3) Obstruction But No Collusion? Sure, It’s Possible.

In other words, when Trump says that obstruction of justice is impossible because there was no underlying crime, he’s wrong on two counts. First, Mueller made it clear that, in fact, you can obstruct justice even if there’s no underlying crime. Second, Mueller found only that Trump wasn’t guilty of colluding with the Russians. He didn’t investigate anything else, and therefore drew no conclusions about other possible crimes Trump may have been guilty of. Most likely, there were underlying crimes that Trump was worried about, and that’s why he tried to obstruct the investigation. He knew that Whitewater, for example, had morphed from an investigation of a small-time real-estate deal into a carefully crafted perjury trap involving illicit sex with a White House employee. If that could happen, surely an investigation of collusion with Russia could morph into questions about hush money payments to a porn star. In the end, it turned out that Robert Mueller was far more honest and fairminded than Ken Starr ever was, and no such thing happened. Trump, however, who assumes that everyone is as corrupt as he is, never realized that. (Kevin Drum, Mother Jones)

Letzten Endes sind die legalistischen Details völlig irrelevant. Die Schuld oder Unschuld Trumps ist nichts, was irgendwie als Fakt bestätigt werden kann. Es ist etwas, das politisch entschieden wird. Die Democrats werden versuchen, den Mueller-Bericht als permanente Quelle immer neuer Skandale und Enthüllungen zu nutzen. Dasselbe haben die Republicans im Wahlkampf 2016 sehr erfolgreich gegen Hillary Clinton angewandt. Ob dabei genuin neue Erkenntnisse herauskommen, ist völlig irrelevant. Kein relevanter Teil der Wählerschaft ist informiert genug, um das überhaupt unterscheiden zu können. Sobald über neue Anwürfe berichtet wird, addieren sich diese nur auf den bestehenden Stapel auf und verstärken den Gesamteindruck. Zumindest dann, wenn die Strategie aufgeht.

4) Der Zwerg der Nation

Das macht was mit der Energiepolitik. »Ich bezweifle, dass es diesen rasanten Anstieg der Erneuerbaren gegeben hätte, wenn Trittin damals nicht die Zuständigkeit für die Erneuerbaren durchgesetzt hätte. Sicherlich nicht unter Wolfgang Clement«, sagt Michael Schroeren am Telefon. Er war Sprecher des Umweltministeriums unter Trittin, Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks – nur den CDU-Minister Norbert Röttgen lässt er 2009 bis 2013 aus, weil Schwarz-Gelb den Atomausstieg zunächst rückgängig macht. Oft sind es winzige, kreative Details, die einem Gesetz Durchschlagskraft verleihen, zum Beispiel dem Erneuerbare-Energien-Gesetz: Wer hierzulande eine Solaranlage oder Windmühle errichtet, muss sich um eines keine Sorgen machen: ob das Stromnetz die Energie auch aufnehmen kann. Die Betreiber der Stromnetze sind verpflichtet, die Anlagen anzuschließen. Dieser kleine Kniff hat den Boom des Ökostroms mit beflügelt. […] Es ist also nicht egal, welches Ministerium wofür zuständig ist. Derzeit ist das Umweltministerium unter der SPD-Frau Svenja Schulze auf die Größe von 1998 geschrumpft. Bau ging 2018 an Horst Seehofer ins Innenministerium, Manövriermasse für die Machtansprüche des damaligen CSU-Chefs. Das Umweltministerium ist mittlerweile verzwergt. »Für mich ist das ein klarer Abstieg des Themas Umwelt«, sagt Schroeren. […] Aber vor allem eben der Verkehr. Null Emissionssenkungen seit 1990, ein Desaster, das Kanzlerin Merkel zu verantworten hat: 2013 verwässert sie in Brüssel die EU-weiten Ziele für den CO2-Ausstoß von Neuwagen. »Das bedeutete natürlich, dass in der Verkehrspolitik keine Fortschritte gemacht worden sind«, sagt Hendricks. Anschließend lässt Merkel ihrem Verkehrsminister jahrelang durchgehen, dass Autobauer den Spritverbrauch ihrer Neuwagen bis zu 40 Prozent niedriger angeben, als sie beim echten Fahren auf der Straße wirklich brauchen. (Ingo Arzt, taz)

Ich finde den obigen langen und empfehlenswerten Artikel insofern spannend, als dass er gut herausarbeitet, welche Bedeutung die Ressortzuschnitte und Personalbesetzungen in Ministerien haben. Dafür ist die eigene Position zu den diskutierten policies (ratet mal wie die taz das sieht…) erst einmal auch egal. Deswegen ist es auch nicht irrelevant, wenn im Namen des Regionalproporzes ein Ministeramt an völlig unbegabte Volltröten geht, oder umgekehrt hat es einen wahnsinnigen Einfluss, welchen Hintergrund die Leute haben – was etwa bei Diskussionen um Frauen- und Migrantenanteile relevant ist.

Zum eigentlichen Thema: Es ist beachtlich, wie kurz die Phase aktiver Umwelt- und Klimapolitik in Deutschland tatsächlich war. Die geschickte PR (Stichwort „Klimakanzlerin“) und allgemeine Selbstgefälligkeit hat über ein Jahrzehnt zu dem verbreiteten Eindruck beigetragen, Deutschland sei international ein Top-Player. Gerade der systematische Schutz einer stagnierenden Autoindustrie etwa fielen da immer unter den Tisch. Mein Gefühl ist, dass die #FridaysForFuture das Overton-Fenster ganz schön verschoben haben. Ohne Thunberg sehe ich nicht, dass Klimaschuz eines der Topthemen der Europawahl wird…

5) Obama Had a Green New Deal, and It Worked. Let’s Do That Again.

More recently, acknowledging the poll (which he brought to my attention) showing that the enthusiasm is heavily weighted against the Green New Deal, Roberts is presenting the grassroots wave as a future aspiration rather than a countable asset. “Intensity is what matters in politics,” he argues. “Democrats and climate hawks need to figure out how to generate some.” Roberts is a brilliant policy analyst from whom I have learned enormously. But I believe the theory of political change upon which he has hung his support for the Green New Deal strategy is showing its fatal flaws. […] Baker’s notion that Obama’s agenda has been “quashed” contains some grains of truth. The Trump administration has launched a vigorous effort to roll back Obama’s regulations, and announced its refusal to abide the Paris agreement while throwing itself behind a campaign to revive coal and other dirty energy sources. But even if this rollback were completely effective, it could only reverse the regulatory aspects. Trump can’t un-spend stimulus funding that was spent before he took office. […] All of this suggests Obama’s presidency offers a model, after all, for how the next Democratic president can address climate change. The three tools used by the 44th president — green energy investment as part of a stimulus bill, tighter regulation, and aggressive international diplomacy — may lack the transformative ambition of the Green New Deal. But the Green New Deal is nowhere close to overcoming either the technocratic challenge of designing workable policies to fulfill its grand designs, or the political challenge of enacting them. (Jonathan Chait)

Es ist absolut faszinierend, welche krasse Langzeitwirkung der Stimulus hat. Obwohl er aus progressiver Sicht so unterwältigend war, sowohl in Zielsetzung als auch in Umfang, ist er zusammen mit Obamacare die wohl bedeutendste Regierungshandlung der ganzen acht Jahre gewesen. Und er hat funktioniert. Ohne den Stimulus, den die Republicans in krasser Verantwortungslosigkeit erbittert bekämpften und zu sabotieren versuchten, wäre die amerikanische Wirtschaft in ein Tal gefallen, das die düsteren Vergleiche mit 1929 Realität gemacht hätte.

Aber Obama tat mehr, als nur die Wirtschaft zu retten. Wo er Spielräume hatte (und sie waren nicht sonderlich groß), implementierte er zusammen mit dem Stimulus wegweisende policy-Initiativen – unter anderem eine Förderung der erneuerbaren Energien, von denen die USA noch heute zehren. Es ist wie in Fundstück 4) bereits beschrieben für Deutschland auch: eine kurze Phase energiegeladener, wegweisender Maßnahmen, gefolgt von einer etwas längeren Maße institutioneller Absicherung und Rückzugsgefechte, von der das Land auch in Abwesenheit weiterer Maßnahmen oder sogar aktiven Gegenarbeitens (Trump, die FDP 2009-2013) zehren kann. Aber irgendwann braucht es neue Impulse. Siehe auch Fundstück 8).

6) So will Hubertus Heil Paketboten besser stellen

Die Arbeitsbedingungen bei Paketdienstleistern gelten als schlecht. Über Subunternehmer werden offenbar Löhne gedrückt, auch wenn die Paketkonzerne dies verneinen. Gegen die Ausbeutung von Zustellern will Arbeitsminister Hubertus Heil nun vorgehen – und einen Gesetzentwurf präsentieren, der die großen Paketdienste verpflichten soll, Sozialabgaben für ihre Subunternehmer nachzuzahlen, wenn diese nicht den Mindestlohn einhalten. […] Heil riskiert so einen Streit mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der die sogenannte Nachunternehmerhaftung ablehnt. „Den Auftraggeber haftbar zu machen, der selbst keine Möglichkeit hat, diese Dinge bei Subunternehmern zu kontrollieren, halte ich für einen bürokratischen und falschen Weg“, sagte der CDU-Politiker der „Rheinischen Post“. Durch regelmäßige Zollkontrollen müsse sichergestellt werden, dass die Vorschriften eingehalten werden. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er: „Es ist jetzt nicht die Zeit für neue Belastungen der Wirtschaft.“ […] Rückhalt für seine Neuregelung in der Paketbranche bekommt Heil von den Gewerkschaften. Ver.di-Chef Frank Bsirske sprach vor Kurzem von teils „mafiösen Strukturen“. Er kritisierte, dass Paketdienste Firmen engagierten, die wiederum andere Firmen beauftragen, die dann Menschen aus der Ukraine, aus Moldawien oder aus Weißrussland in die Lieferfahrzeuge setzten. Es würden Stundenlöhne von 4,50 Euro oder 6 Euro gezahlt bei Arbeitszeiten von 12 oder sogar 16 Stunden pro Tag. Zuletzt hatte eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei ergeben, dass trotz des Booms durch Versanddienste wie Amazon Paketzusteller deutlich weniger verdienen als noch vor zehn Jahren. Das mittlere Bruttomonatsentgelt eines Zustellers nahm zwischen 2007 und 2017 um 13 Prozent auf 2478 Euro ab. Zum Vergleich: In der Gesamtwirtschaft sind im gleichen Zeitraum die Löhne um knapp 24 Prozent gestiegen. (SpiegelOnline)

Altmaier ist so verräterisch mit den „nicht die Zeit für neue Belastungen für die Wirtschaft“. Denn die vorgeschobene Sorge um Bürokratieaufwand fliegt sofort zum Fenster raus, wenn es um den Kern der Sache geht: Müssten die Paketdienstleister die Arbeitsgesetze einhalten, würde ihr Gewinn kleiner. Dass ein Regierungspolitiker einfach offen sagt (natürlich von der Law&Order-Fraktion, die einmal mehr zeigt, dass man nur zu bereit ist auf das Gesetz zu scheißen wenn es nicht gegen Ausländer oder protestierende Studenten geht), dass man bereit ist Gestzesverstöße auf breiter Front hinzunehmen damit die eigene Klientel mehr Geld verdient ist einfach widerwärtig.

Und klar würde diese Regelung, wie Heil sie vorschlägt, mehr Bürokratie für die Paketdienste bedeuten. Aber es gibt noch etwas, das viel Bürokratie für die Paketdienste erzeugt: die ganze Scheiße an Subunternehmen auszulagern. Das passiert ja auch nicht von alleine. Das Argument mit dem zusätzlichen Verwaltungsaufwand stimmt immer, aber es ist halt nicht immer relevant. Früher(tm) gab es auch einen Aufschrei, als der Staat die Arbeitgeber verpflichtete, Steuern und Sozialabgaben direkt vom Lohn abzuziehen. Klar war das mehr Bürokratie. Das Ergebnis aber rechtfertigt den Aufwand tausendfach.

So ist es auch hier: Wer auslagern will, muss auch die Verantwortung übernehmen. Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass die Paketdienstleister einfach auslagern und danach ihre Hände in Unschuld waschen können. Ich kann ja auch nicht die Kehrwoche an meinen Sohn auslagern und dann, wenn der Siebenjährige sie nicht macht und jemand auf dem Gehsteig über die nassen Blätter stürzt, alle Verantwortung von mir weisen und auf den Bürokratieaufwand verweisen, den eine Kontrolle meines Subunternehmers mit sich gebracht hätte. SInd FDP und CDU nicht immer die Parteien der Eigenverantwortung? Stattdessen übertragen sie sämtliche Verantwortung weg von den ach so verantwortlichen Unternehmen hin zum Staat. Wenn es ihnen reinpasst, ist Sozialisieren immer überhaupt kein Problem.

7) We Need to Get Ready for GamerGate Politicans

One of the most prominent anti-feminist voices during GamerGate has turned towards politics, having been named a candidate for the European Parliament representing UKIP, a political party with a bent towards xenophobia, racism, and anti-immigration. It helped push the UK towards its infamous Brexit vote in 2016, which the country continues to wrestle with, and has yet to find a real path forward on. Anyone paying attention during GamerGate probably remembers Carl “Sargon of Akkad” Benjamin. He was one of many far right grifters who rose to prominence in that era, when the online hate group went around claiming it was for ethics in games journalism, but largely spent its time harassing women online. In the years since, Benjamin has turned his moment in the sun into a profitable endeavour, with nearly a million subscribers on YouTube, and more than 3,000 people sending him nearly $12,000 per month on Patreon before he was banned. His grifting is now poised to become something darker and more influential. “I’m part of a class of people who have emerged from their living rooms to get involved in the way that the world is run because we’re not very happy with the job that’s been done so far,” he said, riffing on his usual topics: opposing political correctness, decrying immigration, and pushing for the UK to leave the European Union. “My online presence has always been a place for levity, in addition to serious commentary, and that won’t change and neither will I apologise for it. Political correctness is for other people. I’m here to tell the truth.” It’s weird how “the truth” often involves bashing women and minorities? Strange. […] This is our new, unhinged reality, and the question is whether we’re prepared to push back. The social networks are not going to do it for us, and our political parties are happy to cynically ride on their backs. We have to bear the burden. That’s on us. (Patrick Klepet, The Waypoint)

Geschmeiß wie „Sargon von Akkad“ im Europaparlament zu sehen ist wahrlich keine sonderlich beruhigende Aussicht. Die Subgruppe der radikalisierten jungen Männer ist zum Glück relativ klein – im Schnitt sind Millenials zu 70% und mehr progressiv – aber laut und gut organisiert und, vor allem, super aggressiv und bereit zu kriminellem Verhalten. Im Umfeld der #Gamergate-Affäre haben die Fußtruppen Benjamins und seiner Spießgesellen schon mehrfach bewiesen, dass sie die Kräfte des Online-Mobs zu nutzen verstehen. Sie doxxten missliebe Gegner, trieben öffentliche Personen durch massive Hass- und Drohungswellen aus den sozialen Netzwerken (etwa Kelly Mary Tran) und versuchten, ihnen ungenehme öffentliche Personen gefeuert zu bekommen (etwa James Gunn).

Einige Jahre waren sie auch sehr erfolgreich; mittlerweile gibt es glücklicherweise auch etwas mehr Pushback. Was mich beunruhigt ist, dass die Fähigkeit dieser Leute wie geschaffen dafür ist, die Lücke bei Akteuren wie der AfD zu füllen. Die haben offensichtlich – man denke an das Lehrermeldeportal – den Willen, auf breiter Front Einschüchterungstaktiken gegen politische Gegner zu verwenden, aber bisher fehlt ihnen die Fähigkeit, das entsprechend umzusetzen. Wenn ich mir vorstelle, dass eine Meldung von Leuten aus dem #Twitterlehrerzimmer einen Mob von hunderttausend #Gamergatern auslöst, wird mir schon ein wenig anders.

8) Tweet von Mark Schieritz

Ich finde es absolut faszinierend, dass mir bisher gar nicht bewusst war, in welchem Ausmaß die jüngste Große Koalition in unbeabsichtiger Konjunkturpolitik unterwegs ist. Das Ausmaß an kommunikativem Versagen innerhalb der SPD ist echt mehr als bemerkenswert. Da investieren sie mehr Kohle als gefühlt alle Regierungen seit Helmut Schmidt, und es ist ihnen peinlich. Das ist aber auch etwas, das die deutsche Politik auszeichnet und etwa von Großbritannien und vor allem den USA abhebt. Es reden zwar alle immer von Haushaltsdisziplin und Einschnitten und Sparen und ähnlichem Fiskalextremismus, aber in der Realität wird ziemlich vernünftig agiert.

Das läuft zwar alles auf einem Status-Quo-Niveau – also in einem Rahmen, in dem es nicht auffällt und vor allem die bestehende, anemisch wachsende Wirtschaft stützt – und setzt keine echten Impulse, aber es ist um Längen dem Radikalismus der Ordoliberalen vorzuziehen, die im Namen der ideologischen Reinheit und mit dem hypermoralisierend erhobenen Zeigefinger die Wirtschaft zu ruinieren bereit sind.

Dieser „heimliche Stimulus“ wirkt dabei ähnlich wie der in Fundstück 5) beschrieben Obama-Stimulus: er stützt die Wirtschaft und setzt Akzente. Letztere bleiben wegen der politischen Umgebung leider eher beschränkt – es darf ja effektiv keiner offen drüber reden -, aber für die Wirtschaft ist er unablässig. Für die CDU (und auch die FDP) ist das ein großer Vorteil: sie können sich ideologisch sauber gerieren und gleichzeitig die Früchte einer halbwegs stabilen Wirtschaft ernten. Warum die SPD ihnen dabei hilft, ist mir schleierhaft, erklärt sich aber glaube ich aus dem allgemein Unvermögen ihrer Strategen.

9) So führt Tübingen eine Liste mit „auffälligen“ Geflüchteten

Die Europastraße ist die einzige der Unterkünfte in Tübingen, in der ein privater Sicherheitsdienst die Geflüchteten bewacht. Etwa 50 Asylsuchende leben dort, jeweils zu zweit auf etwa zwölf Quadratmetern. In die Europastraße werden vor allem Menschen verlegt, die „auffällig“ geworden sind. Was das heißt, weiß niemand so genau. Trotzdem geht Tübingens grüner Bürgermeister Boris Palmer nun noch einen Schritt weiter: Er hat eine Liste anlegen lassen. […] Die Betroffenen hätten keine rechtliche Handhabe, sich gegen diese Erfassung und die daraus resultierenden Maßnahmen zu wehren. „Bekannt ist mittlerweile nur, dass auch ‚Auffällige‘ in die Europastraße verlegt werden sollen, die zuvor nicht straffällig geworden sind, die aber etwa in Konfliktsituationen in ihren vorherigen Unterkünften involviert waren.“ Ursprünglich hatte Palmer gefordert, problematische Geflüchtete in die Landeserstaufnahmeeinrichtungen zurückzuschicken. „Raus aus dem Sozialraum Stadt“, wie er in einem Facebook-Eintrag schrieb. Der baden-württembergische CDU-Innenminister Thomas Strobl lehnte Palmers Forderung ab. Es gebe kein rechtliches Instrument, das die Umsetzung dieses Vorschlages zulasse, sagte er den Stuttgarter Nachrichten. (Anna Biselli, Netzpolitik)

Palmer ist so ein unmöglicher Stück Mensch. Auf die Art kann man eine Situation natürlich auch bewusst eskalieren lassen. Pferchst alle Leute, von denen du weißt dass sie irgendwie schon mal in Streit verwickelt waren, auf engstem Raum an der Peripherie zusammen, entziehst sie jeder öffentlichen Kontrolle und wartest auf die Explosion. Und dann kannst dich in Szene setzen als der Typ, der immer schon gewusst hat, dass seine rassistischen Ansichten richtig waren. Könnten die Tübinger Grünen vielleicht einen anderen Kandidaten für die Bürgermeisterwahl finden? Das kann doch nicht so schwer sein. Da braucht es keinen selbstverliebten Zündler wie ihn.

10) Rote und Blaue

Ich wünschte, ErzieherInnen, Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen wüssten Bescheid über die Ergebnisse der Minimalgruppenforschung: Wenn eine Gruppe in 2 geteilt wird, entsteht Wettstreit, es entsteht eine „Wir-Gruppe“ und eine „Fremdgruppe“ (= Die Anderen). […] Sogar, wenn man eine Münze wirft und die Gruppe willkürlich in Kopf und Zahl trennt: Die Fremdgruppe wird herabgesetzt, „die Andern“ scheinen alle irgendwie ähnlich, die Wir-Gruppe fühlt sich „besser“, „richtiger“ an, und die eigene Meinung, die eigene Haltung, so manche Entscheidung wird gerne an den Konsens der Wir-Gruppe angepasst (sog. „Ingroup-Bias“). Das ist bei Erwachsenen so, aber mehr noch bei Kindern in einem Alter, in dem es wichtig ist, sich als Teil der Gruppe zu fühlen, mit dem sich eines identifiziert. In Bezug auf die Rosa-Hellblau-Falle geschieht die Trennung aufgrund des Geschlechts: „Wir Mädchen – Ihr Jungs“ und andersherum. Das Gendermarketing trennt in Prinzessinnen und Helden, und die Trennung wird für Kinder offensichtlich durch die Farbregeln der Erwachsenen, die wir ihnen an allen Ecken vermitteln: Rot-Rosa-Pink-Töne werden Mädchen zugeordnet, Blau-Schwarz-Orange dominiert in der Jungsabteilung. Es geht ja nicht darum, Mädchen-gegen-Jungs-Spiele zu verbieten, und natürlich (?) distanzieren sich Kinder auch selbst durch Sprüche voneinander: „Jungs sind Piraten – Mädchen sind Tomaten“. Aber welches Interesse haben Erwachsene daran, die Trennung nach Geschlecht im Kindergartenalter zu unterstützen? (Almut Schnerring, Rosahellblaufalle)

Um die rhetorische Frage aus dem Artikel zu beantworten: Wünsche der Reproduktion eigenen Erlebens, Bequemlichkeit, Ideologie wären so die Hauptgründe. Es gibt, wie im Artikel auch weiter ausgeführt, eine breite Forschung zu dem Thema, die die Dynamiken dieser Gruppenbildung entsprechend bestätigt und von den „Gender-Kritikern“ natürlich ignoriert wird. Diese Dynamiken sind auch nicht exklusiv für Geschlechterfragen; es gibt ja Studien und Experimente, in denen dieses In-Group-Out-Group auch für Rassismus oder Klassenunterschiede nachgewiesen wird. Wir Menschen bauen uns unsere Gruppen und Zugehörigkeiten selbst, und selbstverständlich ist es möglich, diese anders zu konstruieren.

11) Nicht nur Theresa Mays Ungeschick: Die Probleme des Brexit sind strukturelle Folgen europäischer Desintegration

All diese Analysen haben ohne Zweifel ihre Berechtigung. Wenn ein Land sich so nah an einen politischen Abgrund gesteuert hat wie das Vereinigte Königreich in den letzten zwei Jahren, so ist die Frage angebracht, warum die nationalen demokratischen Sicherungsmechanismen nicht (schon früher) einen Kurswechsel bewirkten. Die mit Sicherheit vorhandenen Defizite des britischen politischen Systems sollten dabei allerdings nicht über einen noch grundlegenderen Zusammenhang hinwegtäuschen: Dass das britische Parlament so lange nicht in der Lage war, sich auf eine positive Vision des Brexit zu verständigen, liegt auch daran, dass der Austritt aus der Europäischen Union in jeder Version mit mehr Nachteilen als Vorteilen verbunden ist. Die (auch von Theresa May oft bemühte) Rede von einem Brexit, der das gespaltene Land zusammenführen, dem britischen Parlament verlorengegangene Kompetenzen zurückgeben und Großbritannien zugleich zu einer weltoffenen globalen Handelsmacht werden lassen könnte, hat keine Grundlage in der Realität. In vieler Hinsicht hatte die britische Regierung deshalb von Anfang an keine Chance, ihre Versprechen zu erfüllen. Ihr Scheitern beim Brexit zeigte sich gerade im Zusammenhang mit jenen typischen politischen Problemen, für die die Europäische Union überhaupt erst geschaffen wurde. […] Wie ich auf diesem Blog bereits 2016 geschrieben habe, steht hinter diesem Konflikt letztlich nichts anderes als das bekannte Rodrik-Trilemma, dem zufolge man nicht gleichzeitig demokratische Selbstbestimmung, eine grenzüberschreitende Wirtschaft und nationale Souveränität haben kann: Je zwei davon sind vereinbar, aber nicht alle drei. Mit ihren überstaatlichen Institutionen ermöglicht es die EU, die Regeln eines überstaatlichen Binnenmarkts demokratisch zu gestalten. Durch den Brexit verliert Großbritannien diese Option und muss sich deshalb entscheiden, entweder die wirtschaftlichen Verbindungen zu seinem wichtigsten Handelspartner zu beschädigen oder demokratische Mitspracherechte zu opfern. Dass über diese Entscheidung zwischen Pest und Cholera nicht so leicht Einigkeit zu erzeugen ist, liegt nicht nur an der Inkompetenz der britischen Regierung, sondern einfach daran, dass keine der beiden Lösungen besonders attraktiv ist. (Manuel Müller, Der Europäische Föderalist)
Müllers ausführliche Analyse ist sehr empfehlenswert und beschäftigt sich auch mit den innenpolitischen Faktoren in Großbritannien. Ich finde aber die strukturellen Ideen am interessantesten. Die Brexit-Leute haben im Wahlkampf natürlich Ponys versprochen – nur Vorteile, keine Nachteile, alles wird super, man muss nur dran glauben – und jetzt stehen sie vor der Realität, dass sie wenig überraschend nicht in der Lage sind, zu liefern. Der Ausweg sind dann parlamentarische Scheindebatten und ein Rückgriff auf identity politics, aber das löst das Problem ja nicht. Entscheidend finde ich Müllers Satz, dass hier die Probleme sichtbar werden, die zu lösen die EU erst geschaffen wurde. Die Brexiteers bejammern den Verlust nationalstaatlicher Souveränität und Gestaltungsmacht, der gerade erst die Briten in den 1960er Jahren zum Eintritt in den Binnenmarkt bewogen hatte! Zu glauben, dass nach sechs weiteren Jahrzehnten Globalisierung die Uhr einfach zurückzudrehen wäre, ist eine Vorstellung, die man eigentlich eher bei den Sozialisten der alten Schule als den Eton-Absolventen bei den Tories erwarten würde.

{ 66 comments… add one }
  • Ralf 4. Mai 2019, 10:53

    zu 1)

    Demokratie kann aus meiner Sicht nur so funktionieren, dass die Parteien klare, inhaltliche Angebote machen und die Wähler sich dann aus diesen Angeboten das heraussuchen, was sie als das beste erachten. Die Aufgabe der Parteien ist es dabei nicht regierungsfähig zu werden oder Mehrheiten zu gewinnen, sondern … nochmal (!): ANGEBOTE ZU MACHEN.

    Eine Partei, die 100 Jahre lang für eine bestimmte Politik wirbt und nie eine Mehrheit bekommt, ist nach dieser Definition erfolgreich und erfüllt ihre Funktion in vollem Umfang. Sie tut das, wofür sie da ist: Dem Elektorat echte Optionen zu geben.

    Wer hingegen seine Funktion nicht erfüllt nach dieser Definition, ist eine Partei, die sich stets vage, wischiwaschi äussert, sich vor inhaltlichen Aussagen drückt, klare Ansagen umgeht und umschifft, wo immer möglich und versucht mit einer Taktik aus Phrasendreschen, Wortblasen, heißer Luft und Fokus auf Personen statt Inhalten so hohe Wahlergebnisse wie möglich zu erzielen.

    Eine solche Taktik mag in der Praxis zwar erfolgreich sein und sie ist wahrscheinlich auch erfolgreich. Aber sie ist eben das Ende der Idee von der Demokratie. Das Ende der inhaltlichen Mitbestimmung der Wähler über die Geschicke des Landes.

    Und deshalb ist es aus meiner Sicht grundsätzlich vorzuziehen, dass Parteien mit klaren inhaltlichen Positionen werben. Wenn das Wähler vergrätzt, ist das eben so. Um im amerikanischen Wahlkampf zu bleiben: Mir ist eine kämpferische Elizabeth Warren mit einem kristallklaren Programm, mit zahlreichen konkreten Policy-Ideen, für die sie offen mit Argumenten ringt, hundert Mal lieber als ein Joe Biden, der ohne Programm mit wolkigen Worthülsen auf der „Electability“-Welle schwimmt und dem Wähler de facto sagt „ich werde euch nach der Wahl darüber informieren, was ich politisch vorhabe“.

    Und weil die Frage ja bestimmt kommt: „Bin ich bereit den Preis zu zahlen, eine zweite Legislaturperiode mit Trump in Kauf zu nehmen, wenn das die Konsequenz eines programmatisch ehrlichen Gegenkandidaten der Demokraten ist?“. Ich beantworte diese Frage mit einem klaren „JA“. Die Demokratie überlebt wahrscheinlich einen acht Jahre lang regierenden Tölpel. Was die Demokratie hingegen nicht überlebt, ist das Wegbrechen ihrer inhärenten Grundidee, dass die Bürger die Politik im Lande inhaltlich mitbestimmen.

    • Stefan Sasse 4. Mai 2019, 20:17

      Ich halte das für einen Schwarz-Weiß-Trugschluss. Die Democrats sind eine krasse Alternative zu Trump; alles, was du wählst, ist eine bestimmte Sorte und Heftigkeit der Alternative. Wenn Trump Schokoladeneis ist, ist Biden Straciatella. Warren ist Vanille. Sanders ist Himbeer und besteht lautstark darauf, dass Himbeer schon immer besser war. Alternativen sind das alles. Und du kannst sie ja auch wählen.

      Du hast natürlich völlig Recht, wenn du sagst, dass zu wenig Auswahl problematisch ist. Das ist aber in den USA wahrlich nicht das Problem. Das ist hierzulande das Problem. Deswegen finde ich Kevin Kühnert gerade auch wichtig, und Greta Thunberg, und alle anderen die Rot-Grün aus der selbstgefälligen Bequemlichkeit reißen.

      • Ralf 4. Mai 2019, 22:34

        Wenn Trump Schokoladeneis ist, ist Biden Straciatella. Warren ist Vanille. Sanders ist Himbeer

        Wenn Biden Stracciatella, Warren Vanille und Sanders Himbeer ist, dann ist Trump nicht Schokoladeneis sondern ein dampfender Haufen Hundescheiße.

        Ansonsten gehe ich nicht ganz d’accord mit Deiner Aussage …

        dass zu wenig Auswahl problematisch ist. Das ist aber in den USA wahrlich nicht das Problem.

        … Ich denke mangelnde Auswahl ist sehr wohl ein Problem in Amerika. Politische Systeme mit Mehrheitswahlrecht etablieren in der Regel nur zwei relevante Parteien und in den USA ist eine davon in den Rechtsextremismus und Antidemokratismus abgerutscht. Das heißt, dass es für einen Wähler, der anständig ist, nur noch eine einzige wählbare Partei gibt (, falls man seine Stimme nicht wegwerfen will). Eine solche Situation hat mit Demokratie nichts mehr zu tun. Das ist eher wie in der DDR, wo es ja auch (praktisch) nur eine Partei gab.

        In Deutschland hat der Anständige zumindest die Wahl zwischen fünf Parteien. Wer die Gesellschaft verändern will, hat mit den Grünen, der LINKEN und der FDP drei wesentlich unterschiedliche Pole. Wer weiter vor sich hin wurschteln will und Veränderung scheut, hat die CDU. Der Wähler hat sogar die Möglichkeit taktisch zu wählen und so Koalitionsbildungen zu beeinflussen. Von solcher Mitwirkung kann der Amerikaner nur träumen.

        • Stefan Sasse 5. Mai 2019, 08:36

          Ok, aber das ist ein Problem des Mehrheitswahlrechts, weniger des parteilichen Angebots. Sonst stimme ich dir zu.

          • Floor Acita 5. Mai 2019, 20:00

            Antwort @Ralf und @StefanSasse

            Umso wichtiger ist/wird die Frage der innerparteilichen Demokratie. Eine „Partei“ in USA entspricht ja eher einer europäischen Parteienkoalition.

            Die Ausschläge des Pendels sind hier eigentlich heftiger als in Deutschland, auch über Jahrzehnte halte ich die BRD für „mittiger“.

            Gerade unter Angebotsgesichtspunkten und Durchsetzbarkeit bevorzuge ich daher das Mehrheitswahlrecht. Aber wie gesagt, umso wichtiger ist der Kampf um innerparteiliche Demokratie…

            • Ralf 5. Mai 2019, 20:35

              Umso wichtiger ist/wird die Frage der innerparteilichen Demokratie. Eine „Partei“ in USA entspricht ja eher einer europäischen Parteienkoalition.

              Innerparteiliche Demokratie ist in unserer realen Welt unwahrscheinlich. Niemand teilt freiwillig die Macht, wenn die Mehrheitsverhältnisse einen nicht dazu zwingen. Wenn in den USA beispielsweise die Zentristen an den Schalthebeln der Macht in der Demokratischen Partei sitzen, dann können die völlig ohne Rücksicht auf den progressiven Flügel regieren. Was sollen die Progressiven denn machen? Trump wählen?

              In der Realität boxen die Mächtigen in den Parteien ihr Programm durch. Gerhard Schröder setzte gegen seine Partei die Agenda 2010 um. Jeremy Corbyn setzt gerade gegen seine Partei den Brexit durch. Angela Merkel konnte gegen ihre Partei den Atomausstieg durchsetzen. Einziges mögliches Korrektiv in einer Regierung ist der Koalitionspartner. Weil der eben nicht unter der Fuchtel der Entscheidungsträger beim Partner steht und für die Regierungsmehrheit gebraucht wird. Gerade wenn dieser Koalitionspartner auch noch andere Optionen hat, gibt es dort keinen Grund seine Kerninhalte aufzugeben. Im Gegenteil.

              In der Praxis konnte man das etwa bei Theresa Mays „Deal“ mit der EU beobachten. Hätte sich die DUP nicht quergestellt, wäre der Vertrag mit hoher Wahrscheinlichkeit verabschiedet worden. Dem Wähler gibt das die Möglichkeit strategisch die Politik mitzubestimmen, indem man so abstimmt, dass nur bestimmte Koalitionen mehrheitsfähig werden.

              Wenn mir etwa die Bekämpfung des Klimawandels besonders wichtig ist, kann ich die Grünen wählen. Wenn mir die soziale Gerechtigkeit besonders am Herzen liegt, kann ich die LINKE wählen. Wenn mein größter Wunsch ist, dass Multimilliardäre eine Steuererleichterung bekommen, kann ich die FDP wählen. Mit wem auch immer diese Parteien nach der Wahl eine Koalition eingehen werden, ihre Core-Ziele werden sie wahrscheinlich keinem Kompromiss opfern. Ganz sicher kann man da natürlich nie sein, aber es ist eben sehr unwahrscheinlich.

              Im Gegensatz dazu, was würden Sie einem Amerikaner empfehlen, der sich einen Green New Deal, Medicare For All und kostenlose Universitäten wünscht? Das sind unter den Demokraten jede Menge. Aber solange Nancy Pelosi Sprecherin im House ist, wird keines dieser Vorhaben zur Abstimmung kommen. Auch dann nicht, wenn die Demokraten dort eine Mehrheit haben. Und wenn am Ende Joe Biden die Kandidatur für die Präsidentschaft gewinnt (oder Amy Klobuchar oder ein anderer Zentrist), wen soll der progressive Demokrat dann wählen?

              Am aussichtsreichsten wäre dann tatsächlich wirklich noch für Trump zu stimmen, um wenigstens die Hoffnung aufrechtzuerhalten, dass vier Jahre später vielleicht ein geeigneter Kandidat zur Wahl stünde. Biden zu wählen hingegen würde voraussichtlich 16 Jahre Stillstand auf den Feldern Klimawandel, Krankenversicherung und College-Schulden bedeuten …

              Und das zeigt die ganze Absurdheit des Mehrheitswahlrechts. Ein schlechteres politisches System gibt es nicht.

              • Stefan Sasse 6. Mai 2019, 08:59

                In der Situation Trump zu wählen ist völlig beknackt. Heightening the contradictions hat noch nie funktioniert. Du siehst das IMHO falsch herum. Die Präsidentschaftswahl steht nicht am Anfang, sondern am Ende eines Change-Prozesses.

              • Floor Acita 6. Mai 2019, 10:35

                Zeigt nicht gerade das Beispiel Jeremy Corbyn, dass heute nicht aller Tage Abend ist? Noch vor 2 vielleicht 1 1/2 Jahren hat niemand seinen Flügel als natürlich am Schalthebel der Labour Partei gesehen? Das meine ich, es ist ein zweistufiger Prozess. Das Fenster AOC – Trump ist wesentlich breiter als in Deutschland und wie auch Trump zeigt, „extrem“ ist dann relativ, wenn man eine der Parteien übernehmen kann… was bedeutet in dem z
                Zusammenhang „gegen seine Partei“…?

            • Stefan Sasse 6. Mai 2019, 08:58

              Das ist nicht falsch. In den USA wählst du halt doppelt: einmal innerparteilich, und einmal generell. Demokratietheoretisch ist die geringe Wahlbeteiligung in Schritt 1 das Problem, die dann zur geringeren Auswahl in Schritt 2 führt. Das Problem hast du im Verhältniswahlrecht nicht so.

              • Floor Acita 6. Mai 2019, 10:40

                Dort hat man aber dann „nur“ die Auswahl zwischen den Parteien, nicht auf diese selbst. Das bestimmen nur Mitglieder, also ein noch kleinerer Schnitt der Bevölkerung – deshalb auch das schmalere Fenster… (tatsächlich [zumindest minimal] potentiell policy bestimmender Optionen)

                • Stefan Sasse 6. Mai 2019, 11:25

                  Ich sag es immer wieder: kein System ohne Nachteile. 🙂

                  • CitizenK 7. Mai 2019, 16:57

                    Das deutsche „Personalisierte Verhältniswahlrecht“ versucht die Vorteile beider Wahlsysteme zu kombinieren und die Nachteile zu vermeiden. Find ich ziemlich gut gelungen. Wenn da nix Gutes dabei rauskommt, liegt’s weniger am System als am Wähler. Hätten die Briten (per Referendum!) nicht ihr System bestätigt, hätten sie heute nicht das Brexit-Chaos.

                    In den Brexit-Debatten sprachen die MPs dauernd über ihr „constituency“, seltener über das ganze Land.

            • Rauschi 6. Mai 2019, 11:43

              @Floor Acita
              Gerade unter Angebotsgesichtspunkten und Durchsetzbarkeit bevorzuge ich daher das Mehrheitswahlrecht. Aber wie gesagt, umso wichtiger ist der Kampf um innerparteiliche Demokratie…
              Das finde ich einen sehr seltsamen Ansatz. Wenn die innerparteiliche Demokratie nicht mehr gegeben ist, wird das Wahlsystem geändert? Mir fällt aktuell nichts ein, das für ein Mehrheitssystem spricht, denn schon den Ansatz: „dann kann ich alles ungehindert durchsetzen“ ist ja widersinnig. Eine Regierung sollte immer Politik im Sinne aller Menschen machen und nicht nur im Interesse derer, die sie gerade gewählt haben. Deswegen wüsste ich nicht, wozu das sinnvoll sein sollte.

              • Erwin Gabriel 7. Mai 2019, 07:29

                @ Rauschi 6. Mai 2019, 11:43

                Eine Regierung sollte immer Politik im Sinne aller Menschen machen und nicht nur im Interesse derer, die sie gerade gewählt haben.

                Politik im Sinne aller Menschen zu machen, halte ich für unmöglich. Dazu sind einerseits die Interessen viel zu unterschiedlich, auch steht das egoistische Naturell des Menschen dem entgegen.

                Wenn man den Begriff „alle Menschen“ durch „Gemeinschaft“ bzw. „Gemeinwohl“ ersetzt, wäre es sicherlich klarer. Wiederum müsste definiert werden, was das ist.

                es grüßt
                E.G.

                • Rauschi 7. Mai 2019, 13:03

                  Politik im Sinne aller Menschen zu machen, halte ich für unmöglich. Dazu sind einerseits die Interessen viel zu unterschiedlich, auch steht das egoistische Naturell des Menschen dem entgegen.
                  Von mir aus auch im Sinne der überwältigenden Mehrheit, das mit dem Gemeinwohl steht doch im GG, das muss ja wohl nicht separat betont werden.
                  Wobei Herr Pietsch meinte, was genau das Gemeinwohl ist, wäre auch eine demokratische Entscheidung. Ich teile diese Auffassung nicht.
                  Eine gesunde Umwelt, ein gutes Bildungsystem eine Justiz, die nicht korrupt ist, kurzum, eine lebenswerte Umgebung mit Chancengleichheit für die Bevölkerung. Streben nicht die meisten Menschen danach? Ich habe gerade erst wieder etwas faszinierendes über das Gerechtigkeitsempfinden des Menschen gelesen, das ist ganz tief im Menschen verwurzelt.
                  https://www.heise.de/tp/features/Haben-Menschen-von-Natur-aus-ein-Gefuehl-fuer-Fairness-4412853.html
                  Frage: Haben Menschen von Natur aus ein Gefühl für Fairness? Antwort: ja, die übergrosse Mehrheit schon.
                  Was hat das jetzt mit dem Wahlsystem zu tun? Diejenigen, die das Mehrheitssystem gut finden, weil man dann ohne Rücksicht auf Verluste einfach Klientelpolitik machen kann, sollten diese Widerspruch mal erklären. Wenn das nur einer Seite hilft, aber niemandem schadet, ist keine grosser Widerstand zu erwarten, oder sehen Sie das anders?

                • Stefan Sasse 7. Mai 2019, 15:21

                  Menschen in Demokratien wählen Repräsentanten. Damit sollte schon klar sein, dass „alle“ niemals gleichzeitig repräsentiert werden. Jede Maßnahme, egal welche, produziert Gewinner und Verlierer. Die Politik muss darauf achten, die Zahl der Verlierer so klein wie möglich zu halten und diese für ihre Verluste so gut als möglich zu kompensieren. Alles andere ist IMHO Wunschdenken. Da bin ich voll bei Erwin.

                  • Rauschi 8. Mai 2019, 06:07

                    Menschen in Demokratien wählen Repräsentanten. Damit sollte schon klar sein, dass „alle“ niemals gleichzeitig repräsentiert werden. Jede Maßnahme, egal welche, produziert Gewinner und Verlierer.
                    Nein, Menschen in repräsentativen Demokratien wählen auch Repräsentanten, die Möglichkeit der Volksabstimmung gibt es auch noch. Ausserdem setzt dieser Spruch voraus, das die Gewählten Repräsentanten die Massnahmen kennen, welche die Menschen, die sie gewählt haben, favorisieren. Ist das so?
                    Es ist wohl schwierig, den Kern meiner Kritik zu erfassen.
                    Welche Massnahme begründet denn die Favorisierung eines Mehrheitswahlrechts? Wo nicht mal Rücksicht auf einen eventuellen Koalitionspartner gelegt werden muss?
                    Doch nur eine, bei der die Gewählten davon ausgehen müssen, das es massiven Widerstand geben würde, weil eben mehr als nur ein kleiner Rest benachteiligt wäre.
                    Ich habe immer noch kein einziges Argument dafür gelesen, was sich mit dem Anspruch, ein Fan der Demokratie zu sein, vereinbaren lässt.

  • Ralf 4. Mai 2019, 11:09

    zu 2)

    Jemand wie Pete Buttigieg, der vielleicht eine name recognition von 30% hat, hat dann gegen jemanden wie Joe Biden mit seinen nahe 100% einen gewaltigen Nachteil.

    Richtig. Das Argument funktioniert allerdings auch andersrum. Wer eine nahezu 100% Name-Recognition hat, wie etwa Bernie Sanders, über den haben sich auch nahezu 100% der Wähler bereits ein Urteil gebildet. Ein solcher Kandidat hat nicht mehr viel Potential nach oben noch Stimmen hinzuzugewinnen.

    Wer nur 30% Name-Recognition hat, kann hingegen noch 70% der Wähler von sich überzeugen. Pete Buttigieg ist bereits jetzt in den Umfragen im oberen Segment, gemeinsam mit Sanders, Warren und Harris, aber deutlich unterhalb von Biden. Sollten Bidens Werte langfristig nachgeben, wird wahrscheinlich einer der Kandidaten aus dem Segment darunter nach oben rücken. Und da hat jemand wie Buttigieg, der was die Name-Recognition angeht noch viel Potential hat, aus meiner Sicht plausiblere Chancen als ein Sanders mit 100% Name-Recognition oder auch eine Elizabeth Warren, über die sich auch schon viele Wähler eine Meinung gebildet haben und die neben deutlichen Positiv-Werten auch erhebliche Negativ-Werte in den Umfragen hat …

    Ich würde Pete Buttigieg also nicht so pauschal als chancenlos abschreiben, wie der Artikel das tut …

    • Stefan Sasse 4. Mai 2019, 20:18

      Ich denke das macht der Artikel gar nicht. Ich stimme deinem Argument voll zu. Der Artikel erklärt nur, dass Fundraising eine doofe Metrik ist, um das Potenzial festzustellen. Ich denke durchaus dass Buttigieg zu den besser mit Chance ausgestatteten Kandidaten gehört, keine Frage.

  • Ralf 4. Mai 2019, 11:22

    zu 6)

    So ist es auch hier: Wer auslagern will, muss auch die Verantwortung übernehmen. […] Sind FDP und CDU nicht immer die Parteien der Eigenverantwortung? Stattdessen übertragen sie sämtliche Verantwortung weg von den ach so verantwortlichen Unternehmen hin zum Staat. Wenn es ihnen reinpasst, ist Sozialisieren immer überhaupt kein Problem.

    Volle Zustimmung!

  • Ralf 4. Mai 2019, 11:37

    zu 9)

    Auf die Art kann man eine Situation natürlich auch bewusst eskalieren lassen.

    Diese Themen lassen mich immer etwas ratlos zurück. Ja, ich stimme Dir zu, dass der Ansatz in Tübingen gefährlich ist. Aber was ist die Alternative? Wo sollen die Behörden hin mit gewaltbereiten Straftätern oder anderen konfliktaffinen Personen, die man weder abschieben noch ins Gefängnis stecken kann? In einer „normalen“ Unterkunft vergiften diese Individuen das Klima und behindern die Integration der anderen Bewohner.

    Es gibt einfach keine gute Lösung für das Problem. Und egal, wie die Politiker mit der Situation umgehen, es wird immer kinderleicht sein jeden Ansatz als den „Schlimmsten“ zu brandmarken.

    • Stefan Sasse 4. Mai 2019, 20:21

      Ist schon richtig. Aber wenn du mehrere Problemfaktoren stapelst ist das Ergebnis vorhersehbar.
      Mangelnde Kontrolle und Überwachung: Geht gut in einer Unterkunft mit Familien und harmlosen Leuten, wo es wenig Konflikt gibt, aber doch nicht hier!
      Leute zu zweit auf engen Raum: Kein guter Plan bei Leuten, die erwiesenermaßen konfliktträchtig sind.
      Leute sozial isolieren: nie eine gute Idee.
      Und so weiter.
      Was müsste Palmer machen? Sozialarbeiter, die konfliktträchtigen Leute verteilen, ihnen Mentoren etc. an die Hand stellen, etc. Aber dann wöllte man das Problem lösen, und daran hat Palmer offensichtlich null Interesse.

  • R.A. 6. Mai 2019, 11:40

    4.) „Es ist beachtlich, wie kurz die Phase aktiver Umwelt- und Klimapolitik in Deutschland tatsächlich war.“
    Es ist vor allem beachtlicht, wie großen Schaden Volltröte Trittin in dieser kurzen Phase anrichten konnte. Durch seine „winzigen, kreativen Details“, die er seinen Lobbies geschenkt hat, ist die deutsche Klimapolitik gründlich versaut worden: Maximaler Finanzschaden für minimalen Erfolg.
    Weil das EEG als deutscher Alleingang den europäisch vereinbarten CO2-Handel konterkariert.
    Es ist jedenfalls kein Zufall, daß Deutschland im Vergleich so schlecht dasteht.
    Insofern hast Du recht – die Besetzung von Ministerien ist wichtig.

    8.) “ in welchem Ausmaß die jüngste Große Koalition in unbeabsichtiger Konjunkturpolitik unterwegs ist.“
    Und siehe – die übliche Folge tritt auch schon ein: Das Wachstum geht zurück.
    Wie ja auch die Wachstumswerte nach Obamas „Stimulus“ für US-Verhältnisse eher mäßig waren. Es hat halt keinen echten und nachhaltigen Konjunktureffekt, wenn man Strohfeuer abbrennt und seine politischen Freunde mit Geld versorgt.

    9.) Man kann Palmers Methode natürlich kritisieren. Müßte dann aber etwas Besseres vorschlagen.
    Die ansonsten übliche Methode, die Problemfälle unbehelligt unter den friedlichen Flüchtlingen wohnen zu lassen, damit sie diese unbehindert schikanieren können, ist jedenfalls schlechter als Palmers Vorgehen.

    11.) Zustimmung!

    • Stefan Sasse 6. Mai 2019, 13:46

      Ich hab ja einige Punkte gebracht, die Palmer hätte machen können in einem der Kommentare.

      • R.A. 6. Mai 2019, 13:56

        Nun ja, der Ruf nach noch mehr Sozialarbeitern etc. ist wohlfeil.
        Aber auch da geht es eben um Prioriätensetzung.
        Und ich würde – falls die Mittel für zusätzliche Sozialarbeiter da sind – eher die Betreuung der friedlichen Flüchtlinge ausbauen, damit die auch die mögliche Integration schaffen, anstatt noch mehr Geld in die Rabauken zu investieren.

        • Stefan Sasse 6. Mai 2019, 15:54

          Auch ok. Aber wir haben beide in ungefähr zehn Sekunden eine bessere Lösung gehabt. Da unterstelle ich Palmer schon Absicht.

  • R.A. 6. Mai 2019, 14:13

    6.) „Die Arbeitsbedingungen bei Paketdienstleistern gelten als schlecht.“
    Das ist erst einmal nur Blubber (ist halt nur Spiegel, kein echter Journalismus). „Gelten als“ sagt überhaupt nichts, was die Kriterien für „schlecht“ sind bleibt auch offen.
    Wohlgemerkt: Ich behaupte nicht, daß die Arbeitsbedingungen dort gut wären. Aber offenbar gibt es da keine belastbaren Angaben und es wird einmal wieder gefühlte Politik gemacht.

    „die Ausbeutung von Zustellern“
    „Ausbeutung“ ist noch einmal eine deutliche Steigerung – und auch das bleibt völlig unbelegt.

    „Den Auftraggeber haftbar zu machen, der selbst keine Möglichkeit hat, diese Dinge bei Subunternehmern zu kontrollieren, halte ich für einen bürokratischen und falschen Weg“,
    Daß ich mal einem Altmaier zustimmen muß …
    Aber hier hat er eben völlig recht. Wir leben in einem Rechtsstaat und jeder Bürger und jede Firma muß sich darauf verlassen können, daß seine Geschäftspartner rechtstreu agieren. Alleine der Staat ist für die Überwachung und Einhaltung seiner Vorschriften zuständig, das an Dritte delegieren zu wollen ist ziemlich absurd.

    „Paketzusteller deutlich weniger verdienen als noch vor zehn Jahren.“
    Fake News. Denn einen Satz weiter kommen die Zahlen und die Zusteller verdienen mehr, nicht weniger.
    Daß in anderen Branchen der Zuwachs noch größer war bedeutet nicht, daß die Zusteller das Gehalt gekürzt bekamen.

    „dass man bereit ist Gestzesverstöße auf breiter Front hinzunehmen“
    Noch einmal, diese angeblichen Gesetzesverstöße sind bisher nur unbelegte Gerüchte. Und wo es sie gibt (irgendwo wird es immer Verstöße geben – nur nicht umbedingt „auf breiter Front“), dann muß genau das gelten, was überall sonst gilt: Die Gesetzesbrecher müssen bestraft werden, nicht die übrige Branche.

    „Aber es gibt noch etwas, das viel Bürokratie für die Paketdienste erzeugt“
    Und auch das ist durch Überregulierung verursacht. Im Prinzip versucht die Politik hier die eigenen Fehler durch neue Fehler auszugleichen.

    „Früher(tm) gab es auch einen Aufschrei, als der Staat die Arbeitgeber verpflichtete, Steuern und Sozialabgaben direkt vom Lohn abzuziehen.“
    Was auch deutlich falsch und ungerecht ist – auch wenn das ein altgewohnter Fehler ist.

    „Wer auslagern will, muss auch die Verantwortung übernehmen.“
    Dann müßte auch der Restaurantkunde dafür haften, daß der Spüler in der Küche die Vorschriften einhält. Oder der Kunde im Geschäft, daß der Laden eine Steuern korrekt bezahlt. Eine Auslagerung ist letztlich eine ganz normale Geschäftsbeziehung zwischen zwei Unternehmen, die ansonsten rechtlich völlig eigenverantwortlich arbeiten.

    „Ich kann ja auch nicht die Kehrwoche an meinen Sohn auslagern …“
    Wenn der Sohn voll geschäftsfähig wäre und die Auslagerung vertraglich fixiert und bezahlt wird – dann bist Du in der Tat nicht mehr für die Blätter verantwortlich.

    „SInd FDP und CDU nicht immer die Parteien der Eigenverantwortung?“
    Eben. Jede Firma arbeitet eigenverantwortlich, bei Fehlern muß das jeweilige Management geradestehen. Kunden der Firmen sind dagegen nicht verantwortlich. Ist überall sonst auch so.

    • Dennis 8. Mai 2019, 08:08

      Doppelstöckiges Zitat Sasse/ R.A. :
      „Ich kann ja auch nicht die Kehrwoche an meinen Sohn auslagern …“
      Wenn der Sohn voll geschäftsfähig wäre und die Auslagerung vertraglich fixiert und bezahlt wird – dann bist Du in der Tat nicht mehr für die Blätter verantwortlich.“

      Die Blätter mal beiseite die sind evtl. nicht Bestandteil der Kehrwoche, weil Aussenbereich.

      Bezüglich des üblichen Regelungsgegenstandes der Kehrwoche würd ich jedoch sagen: Datt stimmet nich, IMHO, obwohl meine Zeit im Ländle schon lange her ist und damit – wahrscheinlich anders als bei Stefan Sasse – in dieser Angelegenheit nur eingeschränkte Expertisefähigkeit besteht.

      Angeblich ist das Ländle ja das Stammland der Liberalen, bei der Kehrwoche indes hört der Spaß auf. Diese kann auf das späte Mittelalter zurückgeführt werden, als es nach meiner Kenntnis noch keine FDP gab, und sie wird wohl weiterhin neben Spätzle und den Daimler als Kulturgut gepflegt UND ist von der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt, also mietvertraglich möglich. Evtl. kann sich das sogar lediglich von der „Ortssitte“ ableiten.

      Gegen das nur beschränkt schlaue Argument, der Mieter könne je jeden Vertrag ablehnen – seine Freiheit – sei hier gleich vorsorglich angemerkt:

      Wenn der eine oder andere Ideologe unterschiedliche Vertragsmächtigkeiten, die diese Freiheit a priori einschränken, in seiner Studierstubenweisheit ausschließt, heißt das nicht, dass es die nicht gibt.

      Ist der Mieter jetzt also haftungsmäßig, also insbesondere im Fall von Schlamperei und Schlendrian, dem schwäbischen Kapitalverbrechen, aus dem Schneider, wenn er die Kehrwoche im Innenverhältnis auf eine andere Person überträgt? Nein, isser nicht. Egal wie dieser Vertag aussieht. Falls sich der Mieter in einem solchen Vertag von der Haftung sozusagen freikauft ist das insoweit UNGÜLTIG und im Aussenverhältnis, also in Bezug auf Hausgemeinschaft/Vermieter unbeachtlich.

      Auch komische private Auffassungen von Ausländern (Norddeutsche könnten im Rahmen eines Kampfes gegen die Spießigkeit auf die Idee kommen, die Putzfrequenz zu lockern und auch mal fünfe grade sein lassen, z.B. sich nicht der Ecken wegen bücken) sind im Zweifelsfalle unbeachtlich. Es gelten allemal die üblichen örtlichen Auffassungen.

      So ist das Leben. Die berühmte Vertragsfreiheit soll ja der Regelfall sein. Lach. Natürlich sind die 23.187.987.789.877.788.055 möglichen Einschränkungen (ich hab’s nachgezählt) die Regel.

      Liebe FDP (falls die hier mitliest), wenn’s darum geht, gewissen Klienten (Handwerker, Apotheker) monopolartige Spezialitäten zuzuschanzen, habt ihr’s doch auch nich so mit der Vertragsfreiheit, gell.

      • R.A. 8. Mai 2019, 09:09

        „Ist der Mieter jetzt also haftungsmäßig, also insbesondere im Fall von Schlamperei und Schlendrian, dem schwäbischen Kapitalverbrechen, aus dem Schneider, wenn er die Kehrwoche im Innenverhältnis auf eine andere Person überträgt?“
        Jetzt wird es kompliziert, und dann müssen wir auch die Pflichten differenzieren.
        Die Erfüllung seiner Kehrpflicht gegenüber dem Vermieter schuldet grundsätzlich der Mieter. Wenn er ungeeignete Erfüllungsgehilfen einsetzt, muß er selber gegebenenfalls nachbessern. Aber es ging ja darum, daß jemand auf nichtgeräumten Blättern zu Schaden kommt. Und den Schadenersatz kann er beim Erfüllungsgehilfen einfordern. Weswegen ich darauf verwies, daß dieser Gehilfe volljährig und entsprechend haftungsfähig sein sollte.

        Bei den Paketzustellern muß man auch unterscheiden. Sie schulden dem Kunden die Leistung der Zustellung. Wenn ihre Subunternehmer da versagen, hält sich der Kunde an den eigentlichen Zusteller.

        Aber die Subunternehmer sind eigenständige Firmen, die dem Staat die Erfüllung gewisser Sachen schuldig sind. Und da muß sich der Staat selber drum kümmern, er kann nicht Steuerfahndung etc. an die Auftraggeber der Subunternehmer auslagern. Insbesondere dann nicht, wenn die Auftraggeber zwar für eventuelle Fehler des Subunternehmers haften sollen, aber gar nicht die Kompetenzen bekommen, analog der Steuerfahndung die Büros der Subfirmen zu durchsuchen und die Akten zu überprüfen.

  • Cimourdain 7. Mai 2019, 17:31

    1) Der Faktor,der bei dieser Kalkulation nicht berücksichtigt ist, ist der Mobilisierungsgrad. Du musst nicht nur die Wähler gewinnen, sondern auch überzeugen, für dein Programm zur Wahl zu gehen (Was Progressiven oft schwerer fällt als Konservativen). So gesehen kann 40% Zustimmung mit hoher Mobilisierung zusammen besser sein als 60 % Zustimmung mit niedriger Mobilisierung.
    3) Genau auf die „legalistischen Details“ kommt es an. Muller sollte nach Rechtsverstößen suchen. Er war weitgehend ( was Anklagen gegen Trumps Team betrifft) erfolgreich, konnte aber Trump selbst keine hinreichende Schuld nachweisen. Der Rest ist Unschuldvermutung.
    Und ein „muckracking“ Wahlkampf auf Basis des Berichts würde den Demokraten m.E. nach eher schaden als nützen, weil dadurch das republikanische „Opfer einer Verschwörung“ Narrativ gestützt würde.
    4) Ein Gutteil der klimapolitischen Lorbeeren auf denen sich die Regierung Merkel ausgeruht hatte stammt von dem Abbau der DDR-Industrie in den 90ern. Das Kyoto-Protokoll hatte den CO2-Ausstoß 1990 als Referenzwert.
    6) Dass die Öffentlichkeit immer wieder auf die Bürokratie-Geschichte reinfällt, wenn es um die Durchsetzung von Gesetzen geht. Beim Mindestlohn z.B. war der Bürokratieaufwand (in den betroffenen Branchen) für den Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer Arbeitsbeginn, Ende und Pause täglich in eine Liste einträgt. Ein seriöser Arbeitgeber erfasst Arbeitszeiten sowieso in eigenem Interesse. Was – um zum Paketzusteller zurückzukommen – die Auftraggeberhaftung für den Generalunternehmer für die Entrichtung des Mindestlohns betrifft, ist diese bereits im Arbeitnehmerentsendegesetz ( § 14 ) geregelt. Auch das Mindestlohngesetz bezieht sich dararuf (§13).
    8) Das geschieht doch schon hierzulande. Reconquista Germania und Orbit-Doxing waren zwei Fälle, in denen exakt diese Einschüchterungsmethoden und Rudeltaktiken zum tragen kamen.
    Randanmerkung: Ich schätze diesen Blog auch wegen seiner zivilisierten Diskussionskultur. Der Ausdruck ‚Geschmeiß‘ ist dieser unwürdig.

    • R.A. 7. Mai 2019, 19:22

      „Beim Mindestlohn z.B. war der Bürokratieaufwand (in den betroffenen Branchen) für den Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer Arbeitsbeginn, Ende und Pause täglich in eine Liste einträgt.“
      Das stimmt leider nicht.
      Es reicht nicht, daß diese Angaben irgendwo eingetragen werden (das wäre in der Tat nicht weiter aufregend). Sondern es gibt eine Menge weiterer Auflagen, wo diese Liste geführt werden muß (nicht dort, wo sonst die Personalverwaltung stattfindet), welche Angaben drinstehen müssen (einige mehr als nur die Zeiten) und wann das eingetragen sein muß (wohl direkt anschließend, nicht zum Wochenschluß etc. wie sonst üblich).

      Ich habe leider die Details nicht mehr alle präsent. Aber mir hat einmal ein befreundeter Gastronom gezeigt, was er da alles machen muß – und das ist durchaus erheblich und paßt vor allem überhaupt nicht in die normalen Arbeitsabläufe, verursacht also sehr häßlichen Mehraufwand.

      Und dazu kommen noch sehr viele andere Bürokratie-Auflagen, die in den letzten Jahren gerade die Dienstleistungsbranchen getroffen haben. Der Aufwand dafür ist erheblich gewachsen – und insgesamt ist kaum ein echter Nutzen erkennbar.

      Das ist schon so ein Effekt, der zur allgemeinen Unzufriedenheit beiträgt: Eigentlich wächst die Wirtschaft, eigentlich wäre über die letzten 10 Jahre ein erheblicher Wohlstandszuwachs verteilbar gewesen – aber der ist zu einem sehr großen Teil durch unproduktive Sachen aufgefressen worden und bei den Leuten kommt letztlich nicht viel davon ab.

      • Cimourdain 8. Mai 2019, 05:08

        Das ist die Liste:
        https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Thema-Arbeitsrecht/ml-musterbogen.pdf?__blob=publicationFile&v=1
        Einträge müssen zeitnah ( innerhalb von 7 Tagen) erfolgen und sie muss bei einer unangemeldeten Kontrolle zugänglich gemacht werden können.
        Weitere Dokumentationspflichten aus anderen Gesetzen (Arbeitnehmerentsendegesetz oder Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) können insbesondere bei geförderten Arbeitsverhältnissen oder Beschäftigung von EU-Ausländern dazukommen. Diese sind in der Gastronomie tatsächlich relevant.

        • R.A. 8. Mai 2019, 09:18

          „und sie muss bei einer unangemeldeten Kontrolle zugänglich gemacht werden können.“
          Und zwar am Einsatzort der Arbeitskraft – und nicht dort, wo alle diese Listen üblicherweise von der Firmenverwaltung geführt werden.
          D.h. am Einsatzort (z. B. einer Bäckereifiliale) muß ein gesicherter Schrank o.ä. aufgestellt werden, es muß genau geklärt werden, daß immer jemand mit entsprechender Berechtigung Zugriff hat und zeitnah die Listen führt, um dann Kopien an die Zentrale zu schicken für die eigentliche Abrechnung.
          Das ist eben deutlich mehr als „die Arbeitszeit mußte schon bisher vom Arbeitgeber erfaßt werden“.

          „Weitere Dokumentationspflichten aus anderen Gesetzen (Arbeitnehmerentsendegesetz oder Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) können insbesondere bei geförderten Arbeitsverhältnissen oder Beschäftigung von EU-Ausländern dazukommen.“
          Eben. Und für die Betroffenen ist die Gesamtbürokratie ausschlaggebend, und die ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen.
          Weil auch jede Behörde ihrer eigenen Agenda nachgeht, irgendwelche Auflagen macht und sich nicht darum kümmert, welcher Aufwand dadurch entsteht und ob das zu den Auflagen anderer Behörden paßt.

          • Cimourdain 8. Mai 2019, 22:38

            a) Dass nicht jede Arbeitsstätte ein Büro ist, habe ich tatsächlich nicht berücksichtigt. Wenn Sie mit den physischen Listen so schlechte Erfahrungen gemacht haben, können Sie mir dann auch etwas über die vom Arbeitsministerium angebotene Zeiterfassungs-App sagen? Würde die funktionieren oder ist das nur ‚auch digitaler Mist bleibt Mist‘ ?
            b) Volle Zustimmung. Die Anzahl unterschiedlicher Behörden bei der Personalwirtschaft mit jeweils eigenen Anforderungen (Zoll, Rentenversicherung, Berufsgenossenschaft, Arbeitsagentur, Lohnsteuer-FA) ist überflüssige und hemmende Bürokratie.

            • Rauschi 9. Mai 2019, 14:00

              b) Volle Zustimmung. Die Anzahl unterschiedlicher Behörden bei der Personalwirtschaft mit jeweils eigenen Anforderungen (Zoll, Rentenversicherung, Berufsgenossenschaft, Arbeitsagentur, Lohnsteuer-FA) ist überflüssige und hemmende Bürokratie.
              Also sollten wir diese Behörden abschaffen, oder was will der Künstler sagen?
              Natürlich hat jede Behörde eigene Anforderungen, sonst wären es nicht verschiedene: it’s not a bug, it’s a feature!

              • Cimourdain 9. Mai 2019, 17:16

                Auch wenn ich mich bei den Gegnern eines starken Staates unbeliebt mache: Die Möglichkeit, dass dem lohnabrechnenden Betrieb nur eine einzige Stelle gegenüber ist, die den Lohn und die Lohndaten zusammenfassend erhebt und dann Sozialabgaben, Lohnsteuer etc.. an die erhebungsberechtigten Stellen weitergibt, würde ohne Kontrolleinbußen ein mehr an Rechtssicherheit schaffen und die Lohnabrechnung einfacher und transparenter gestalten. Um eine Idee zu geben: In etwa so, wie die Bundesknappschaft bei den geringfügigen Beschäftigungen.
                „Avoid the ‚feature‘ by better code“

                • Rauschi 10. Mai 2019, 07:42

                  an die erhebungsberechtigten Stellen weitergibt, würde ohne Kontrolleinbußen ein mehr an Rechtssicherheit schaffen und die Lohnabrechnung einfacher und transparenter gestalten.
                  Einfacher, für wen, Transparenter, für wen? Ist das nicht schon seit langem automatisiert, so das sich niemand merh darüber Gedanken machen muss?
                  Bei den Minijobber ist ja Fakt, das die Zahlungen pauschal getätigt werden, das wird bei der Sozialversicherung für die anderen Arbeitnehmer schon schwierig, weil z.B. die Rente von den Einzahlungen abhängt.
                  Dann gibt es auch noch das Datenschutzproblem, die dürfen Daten eingentlich nicht ohne Einwilligung weiter geben. Könnte man zwar durch Einwilligung zur Weitergabe ändern, aber momentan ist es so.
                  Ich bin kein Fan eines „starken“ Staates, sondern Fan eines leistungsfähigen Staates. Eines Staates, der der Wirtschaft die Regeln vorgibt damit die Menschen gut leben können. Nicht einer, der die Wirtschaft fragt, was Sie gerne möchte, damit die Gewinne sprudeln, von denen Otto Normal nichts hat.

                  • Cimourdain 10. Mai 2019, 16:02

                    Einfacher für Arbeitnehmer ( den Fragebogen bei Neuanstellung und die erforderlichen Dokumente wie LoST-BEscheinigung und Sozialversicherungsnummer könnte man damit auf die Hälfte kürzen ), einfacher für Arbeitgeber/Lohnbüros ( eine einzige Stelle, die Anforderungen stellt ) und einfacher für die Sozialversicherungen/Berufsgenossenschaften ( ZWischenbehöerdlicher Datenaustausch ist i.d.R. reibungsfreier als Anfragen beim Arbeitgeber ).
                    Ob die weitergegebenen Steuer/ Sozialversicherung dann pauschal oder progressiv berechnet werden, ändert am Verfahren nichts.
                    Der Datenschutz ist auch jetzt schon bei SV Daten durchbrochen. Wenn Sie Ihre vorausgefüllte Steuererklärung machen, wissen Sie, wieviel das Finanzamt jetzt schon über Sie weiss.
                    Dieses Verfahren nützt weit weniger der ‚Wirtschaft‘ im Sinne von Konzernen ( die kommen dank gut bestückter Personal- und Rechtsabteilungen im gegenwärtigen Verfahren sehr gut zurecht) als vielmehr der Wirtschaft im Sinne von R.A.’s Backshop mit drei Angestellten und der Verwaltung am Küchentisch der Chefin. Wenn diese Betriebe rein technisch ihre Lohnabrechnung quasi im Haushaltsscheckverfahren machen können, dann wäre einigen geholfen.

      • Rauschi 8. Mai 2019, 06:14

        ber der ist zu einem sehr großen Teil durch unproduktive Sachen aufgefressen worden und bei den Leuten kommt letztlich nicht viel davon ab.
        Durch so unproduktive Massnahmen wie dem Mindestlohn ist also der Zuwachs nicht verteilt worden? Die wären sonst in den Genuss von ?? gekommen?
        Die nichtverteilung hängt natürlcih in keinem denkbaren Fall damit zusammen, das die Vermögenden immer weiter geschont werden und die Normalos immer mehr des Staatswesens finanzieren müssen? Nein, das kann und darf ja nciht sein, oder?
        Obwohl die Evidenz diese Überlegung nahe legt, denn die Reichen haben überproportional vom Wachstum profitiert.
        Das Geflenne über die böse Bürokratie kann ich auch nicht mehr hören. Ich meine: Selbst schuld, wenn es nicht so massiven Missbrauch geben würde, wäre die Kontrollen nicht nötig. Also, erst weniger Unterlaufung der Zahlung des Mindestlohnes, danach kann man über weniger Dokupflichten nachdenken. Aber nicht umgekehrt.

        • R.A. 8. Mai 2019, 09:25

          „Durch so unproduktive Massnahmen wie dem Mindestlohn ist also der Zuwachs nicht verteilt worden?“
          Nicht der Mindestlohn selber ist die unproduktive Maßnahme (der hat andere Nachteile), sondern die Deutschland-typische Bürokratie. Der ganze dadurch verursachte Aufwand ist volkswirtschaftlich Vergeudung und geht vom realen Wohlstand der Bürger ab.

          Man sollte dabei beachten, daß es überhaupt nicht zwingend ist, den Mindestlohn so bürokratisch zu gestalten wie es in Deutschland geschehen ist. In fast allen Ländern mit Mindestlohn gibt es solche Vorschriften nicht!

          „das die Vermögenden immer weiter geschont werden und die Normalos immer mehr des Staatswesens finanzieren müssen?“
          Das ist falsch, aber eine ganz andere Diskussion.

          „Das Geflenne über die böse Bürokratie kann ich auch nicht mehr hören.“
          Schon klar. Wenn man nicht selber direkt betroffen ist, stört einen das nicht. Und wenn einen die indirekten Folgen treffen (eben deutlich weniger Wohlstand als ohne diese staatlichen Maßnahmen), dann macht man den pösen Kapitalismus verantwortlich …

          „wenn es nicht so massiven Missbrauch geben würde, wäre die Kontrollen nicht nötig.“
          Zum Zeitpunkt der Einführung des Mindestlohns gab es keinen Mißbrauch. Schon gar keinen massiven. Und die Erfahrungen aus anderen Ländern belegen nicht, daß der deutsche Sonderweg nötig gewesen wäre.

          • Rauschi 8. Mai 2019, 12:10

            Zum Zeitpunkt der Einführung des Mindestlohns gab es keinen Mißbrauch. Schon gar keinen massiven. Und die Erfahrungen aus anderen Ländern belegen nicht, daß der deutsche Sonderweg nötig gewesen wäre.
            Na, der ist gut, der Missbrauch ist also erst durch die Überprüfung entstanden? Das wäre mir wirklich neu.
            Andere Länder: hier in der Schweiz gehen die Behörden sogar noch weiter, da muss der AG die Überweisung belegen und der AN, das dieses Geld auch angekommen ist. Das halte ich für viel aufwendiger.
            [9,8 Prozent der deutschen Angestellten verdienen weniger als den Mindestlohn. Insgesamt werden 2,7 Millionen Menschen weniger als 8,84 Euro pro Stunde gezahlt, weil ihre Arbeitgeber den tatsächlich gezahlten Stundenlohn unter die gesetzliche Grenze drücken. Die meisten Verstöße gegen das Mindestlohngesetz treten bei Kleinbetrieben und in Minijobs auf. In der Hotel- und Gaststättenbranche, sowie in der Gastronomie, der Baubranche und bei im Haushalt Privatangestellten sind solche Verstöße besonders gängig.Wie eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) zeigt, werden Frauen öfters des Mindestlohns beraubt als Männer. Zudem kommen Verstöße öfter bei Teilzeitbeschäftigungen vor. ] https://www.focus.de/finanzen/karriere/arbeitsrecht/keine-arbeitszeit-angegeben-akkordlohn-wochenlang-unbezahlte-arbeit-die-dreistesten-tricks-mit-denen-chefs-den-mindestlohn-umgehen_id_8387560.html

            Schon klar. Wenn man nicht selber direkt betroffen ist, stört einen das nicht. Und wenn einen die indirekten Folgen treffen (eben deutlich weniger Wohlstand als ohne diese staatlichen Maßnahmen), dann macht man den pösen Kapitalismus verantwortlich …
            Klar, so sieht nachvollziehbare Argumentation aus. Wegen der Pflicht zur Doku der Arbeitszeit hat jetzt genau wer weniger Wohlstand, ich habe es immer noch nichtr erfasst? Sprich, der Lohn, den diese Pflicht kostet könnte ansonsten an wen verteilt werden?
            Der Neoliberalismus sorgt für das Ungleichgewicht, das können Sie drehen und wenden, wie sie wollen, das zeigen die neuesten Daten:
            [Seit der Finanzkrise steigt die Einkommensungleichheit wieder (…) Der wirtschaftliche Aufschwung nach der Finanzkrise hat sich in steigenden Realeinkommen weiter Teile der Bevölkerung niedergeschlagen. Dazu haben insbesondere der starke Beschäftigungsaufbau und die Lohnanstiege der letzten Jahre sowie die Rentenanpassungen beigetragen. Betrachtet man die Zuwächse nach Einkommensdezilen, zeigen sich deutliche Unterschiede: Während die höchsten Einkommen im zehnten Dezil zwischen 1991 und 2016 um 35 Prozent und die Einkommen im neunten bis dritten Dezil um acht bis 19 Prozent gestiegen sind, sind die Einkommen im zweiten Dezil nur um zwei Prozent gewachsen und im niedrigsten (ersten) Dezil seit 2010 sogar wieder gesunken – trotz der guten konjunkturellen Lage und der niedrigen Arbeitslosigkeit. Eine Erklärung dafür könnte allerdings die seit 2010 starke Zuwanderung sein, da Migrantinnen und Migranten in den ersten Jahren oftmals nur ein niedriges Einkommen erzielen.]
            https://www.diw.de/de/diw_01.c.620802.de/themen_nachrichten/deutlich_zunehmende_realeinkommen_bei_steigender_einkommensungleichheit.html
            Passt auch zeitlich nicht zur Mindestlohneinführung, was war jetzt die Erklärung? Alternativ schlage ich vor, die Augen weiterhin ganz fest zu zu machen, dann sieht man das Elend nicht.

            • Stefan Pietsch 8. Mai 2019, 12:50

              Die Schweiz hat keinen allgemeinen Mindestlohn.

              Die Dokumentationspflichten für den Mindestlohn sind weit geringer als in Deutschland. So sind die Bruttolöhne zu melden, nicht jedoch kurzfristig zeitliche Aufzeichnungen zu führen.

              Wer umfangreichen Dokumentationspflichten nachzugehen hat, kann in der gleichen Zeit nicht produktiv arbeiten. Das ist bei Klein- und Kleinstbetrieben eigentlich sehr einsichtig.

              • Rauschi 8. Mai 2019, 13:45

                Das ist dann sicher der Grund, warum in den Unternehmen besonders oft der Mindestlohn nicht gezahlt wird?
                Wofür sollte das jetzt sprechen?

                Die Schweiz hat einen Mindestlohn auf dem Bau, der exakt so kontrolliert wird. Beim ersten verstoss ist das Unternehmen für 5 Jahre weg von Ausschriebungen, an sowas kann ich mich hier nicht entsinnen.
                Also ist das heraussuchen der Kontoauszüge weniger aufwendig? Als die Dokumentation der Arbeitzeit, die sowieso an irgendeiner Stelle vor genommen werden muss, die Mitarbeiter werden nach Stunden bezahlt!
                Sie würden ja auch nicht die Sanktionen für Hartz IV abschaffen, solange es noch einen gibt, der seinen Pflichten nicht nachkommt. Was soll das Gezerre beim Mindestlohn? Solange noch so Viele den nicht erhalten, dürfen die Unternehmen eben mehr zahlen, wie bei ALG, Sippenhahftartig.

                • Stefan Pietsch 8. Mai 2019, 15:03

                  Die Schweiz hat einen Mindestlohn auf dem Bau, der exakt so kontrolliert wird.

                  Es ging um Dokumentationspflichten, nicht um Kontrollen.

                  Also ist das heraussuchen der Kontoauszüge weniger aufwendig?

                  Nochmal: Niemand hat gegen Kontrollen geschrieben, sondern um verwaltungstechnische Aktivitäten unabhängig von Kontrollen.

                  Sie würden ja auch nicht die Sanktionen für Hartz IV abschaffen, solange es noch einen gibt, der seinen Pflichten nicht nachkommt.

                  Sanktionen sind keine bürokratischen Auflagen, sondern Konsequenzen auf Fehlverhalten. Auch hier: niemand hat etwas dagegen, wenn Verstöße sanktioniert werden. Passiert ja auch überall, selbst wenn ein Mitarbeiter statt maximal 10:00 Stunden, 10:05 Stunden arbeitet.

                  Solange noch so Viele den nicht erhalten, dürfen die Unternehmen eben mehr zahlen, wie bei ALG, Sippenhaftartig.

                  Das wird Ihnen nun bei jedem Anlass um die Ohren fliegen.

                  • Rauschi 8. Mai 2019, 15:33

                    Sanktionen sind keine bürokratischen Auflagen, sondern Konsequenzen auf Fehlverhalten.
                    Wie Sie das Fehlverhalten beim Mindestlohn sonst fest stellen wollen, bleibt Ihr Geheimniss. So ganz ohne Doku.

                    Das wird Ihnen nun bei jedem Anlass um die Ohren fliegen.
                    Also ob Sie die Sippenhaft jemals abgeschafft hätten, die gilt bei allem, was links riecht, doch immer noch. Ist Ihnen auch schon oft genug um die Ohren gehauen worden, geändert hat das nichts!

                    • Stefan Pietsch 8. Mai 2019, 16:03

                      Tja, da zäumen Sie das Pferd von der falschen Seite her auf: Dokumentationen haben nicht den ersten Zweck, Fehlverhalten aufzudecken. Wir bilanzieren ja schließlich auch nicht deswegen, damit uns jemand nachweisen kann, dass das falsch ist. Sondern wir dokumentieren, nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Betrüger finden immer Wege, das weiß jeder, der beruflich mit Kontrollen zu tun hat.

                      Also ob Sie die Sippenhaft jemals abgeschafft hätten

                      Gut, dann haben Sie ja kein Problem, wenn ich das zukünftig bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit auspacke. 😉 Ich jedenfalls empfinde das als eine geradezu ideale Vorlage für ein Totschlagsargument. Und so billig bekommen.

                    • Rauschi 9. Mai 2019, 06:01

                      Dokumentationen haben nicht den ersten Zweck, Fehlverhalten aufzudecken.
                      Das habe ich auch nicht geschrieben, das war R.A.! Die Doku soll das richtige oder vermeintlich richtige Verhalten dokumentieren, ab und an auch das tatsächliche (Fahrtenschrieber). Wenn es aber aufgedeckt wird, wie denn nach Ihrer Meinung, durch eine Bezahlung, die nicht der Arbeitzeit entspricht vielleicht? Wie denn sonst, auf Zuruf?

                      Ich jedenfalls empfinde das als eine geradezu ideale Vorlage für ein Totschlagsargument. Und so billig bekommen.
                      Selbst die kommen ja bei Ihnen nicht an, oder warum kommen keine Antworten auf meine zahlreichen und fundierten Einwände bei Ihrem Artikel?
                      Sagt aber alles aus, wenn Sie meinen, so ein Argument zu brauchen. Und so tun, als würde Sie es nicht ohnehin schon benutzen. Nicht mal mehr witzig, trotz Smiley!

                    • Rauschi 9. Mai 2019, 06:54

                      Gut, dann haben Sie ja kein Problem, wenn ich das zukünftig bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit auspacke.
                      Ich bin doch kein Befürworter der Sippenhaft, das sind doch Sie! Oder habe ich jemals gelesen, das die Einhaltung der Pflichten der Arbeitslosen nicht mehr kontrolliert werden muss und damit auch die Sanktionsmöglichkeiten entfallen können? Weil es Missbrauch geben könnte, das war doch immer Ihre Sache. Also, warum sollte ich den Unternehmen gegenüber eine andere Haltung einnehmen und warum fordern Sie das? Kosistent in der Handlung ist das jedenfalls nicht. Es handelt sich bei beidem um ein Verstoss gegen gültige Vorschriften, sollte also gleich behandelt werden. Genau das ist immer mein Grundsatz und wie gezeigt, befürworten Sie die Sippenhaft ja für HartzIV. Konsequent müssen Sie dann auch die Dkoupflicht für Unternehmen fordern.
                      Zumal die armen Unternehmen der Pflicht ja ganz easy entkommen können:
                      [Die Dokumentationspflicht gilt nicht für Angestellte, die im Monat mehr als 2958 Euro verdienen. Diese Entgeltgrenze ergibt sich aus der laut Arbeitsgesetz maximal erlaubten monatlichen Arbeitszeit von 348 Stunden. Multipliziert man diese maximale Arbeitszeit mit dem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, so ergibt sich die Entgeltgrenze von 2958 Euro…
                      Bei Arbeitsverhältnissen mit längerem Bestand sollen Arbeitgeber künftig die Arbeitszeit nicht mehr aufzeichnen müssen, wenn der regelmäßige Lohn 2000 Euro brutto übersteigt und die letzten zwölf Monate auch tatsächlich bezahlt wurde. Nahles will diese Änderungen per Verordnung auf den Weg bringen.]
                      von 2016 https://www.impulse.de/unternehmen/mindestlohn-dokumentationspflicht-fur-arbeitgeber/2042138.html
                      Oder alternativ, statt vieler Minijobber einfach eine ganze Stelle mit einem Lohn, der oberhalb der genannten Schwelle liegt.
                      Sieht ganz easy aus, warum machen die das nicht und stöhnen statt dessen?

                    • Stefan Pietsch 9. Mai 2019, 12:59

                      Die Sippenhaft war Ihr zentrales Argument für umfangreiche Dokumentationspflichten:

                      Solange noch so Viele den nicht erhalten, dürfen die Unternehmen eben mehr zahlen, wie bei ALG, Sippenhaftartig.

                      (..) Wie Sie das Fehlverhalten beim Mindestlohn sonst fest stellen wollen, bleibt Ihr Geheimnis. So ganz ohne Doku.

                      Wie passen diese Begründungen in den Kontext für die Rechtfertigung von umfangreichen bürokratischen Hemmnissen, gegen die Sie ja in mehreren Kommentaren nichts hatten?

                      Wie gesagt, ich habe nichts gegen Kontrollen, hey, ich bin jährlich über einem Dutzend solcher Prüfungen ausgesetzt. Wissen Sie eigentlich, welchen Audits heute ein normaler Mittelständler unterzogen wird? Betriebsprüfung, Lohnsteuerprüfung, Sozialversicherungsprüfung, Umsatzsteuerprüfung, Jahresabschlussprüfung. Dazu kommen noch die internen (interne Revision), die monatlichen Reports und Grill-Dates von Holding, Vorstand, Eigentümern. Sowohl Wirtschaftsprüfungen und Betriebsprüfer werden wiederum internen Prüfungen, den sogenannten Peer Reviews, unterzogen. Wir prüfen uns zu Tode, weil ja in 200 Jahren Wirtschaftsgeschichte auch einige Betrügereien vorgekommen sind.

                      Und wenn Sie so wie ich in einer solchen Welt leben, da kommen Sie ernsthaft damit, Hartz-IV-Empfänger von Prüfungen auszunehmen?

                      Reisen bildet ja, so sagt man. Ich war ein paar Tage unter anderem in Israel, die haben seit Jahrzehnten ein ziemlich cleveres und vor allem wirksames System. Es nennt sich Racial Profiling. Als Fünfzigjähriger mit blauen Augen (meine sind braun), kurzen Haaren und dem Reiseführer in der Hand hat man kein Problem, ziemlich unbehelligt durch die umfangreichen Sicherheitskontrollen zu kommen. In Deutschland dagegen wird noch der 85jährige Greis vor der Sicherheitsschleuse aus seinem Rollstuhl gebeten, und bitte die Schuhe ausziehen. Man weiß ja nicht, irgendwann wird auch mal ein 90jähriger einen Terroranschlag begehen. Ganz sicher!

                      Jedenfalls, es sollte zum Wesen eines Arbeitslosen gehören, dass er am Tag relativ viel Freizeit hat. Diese Zeit wird übrigens bezahlt, nämlich vom Steuerzahler. Genauso wie ich dafür bezahlt werde, Wirtschaftsprüfern alle geforderten Unterlagen und Auskünfte zur Verfügung zu stellen. Tue ich das nicht oder unzureichend, drohen mir ebenfalls Sanktionen. Von Abmahnungen bis Bonuskürzungen und Kündigungen ist alles möglich. Wenn also jemand in meinem Auftrag, der von meinen Steuern seinen Lebensunterhalt bestreitet, gebeten wird, in periodischen Abständen an einem bestimmten Ort zu erscheinen und über sein Tun wahrheitsgemäß Auskunft zu geben, was ist dagegen einzuwenden?

                      Zurück zu den Israelis und der Analogie: doppelt so viele Hartz-IV-Empfänger wie der Durchschnitt der Bevölkerung lebt in Single-Haushalten. Darüber gleichen sich die Relationen wieder an. Ein Prüfer würde jetzt sagen, das ist eine Anomalie, zumal es für Paare des Öfteren günstiger ist, zwei Haushalte von Hartz-IV zu unterhalten statt einem. Ein Sozialprüfer wird im Außeneinsatz sich also sinnvollerweise auf die Single- und Alleinerziehendenhaushalte stürzen. Auch dagegen ist doch kaum etwas einzuwenden, oder? Aber wer würde von solchen Personen verlangen, dass sich jeden Tag darüber Buch führen, wer in der Wohnung ein- und ausgeht? Wahrscheinlich Sie, wenn es sich dabei um ein Unternehmen handeln würde.

                      Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie Sie darauf kommen, ich würde Sippenhaft hier das Wort reden. Vielleicht erklären Sie das.

                      Ich würde Ihnen vorschlagen, ein einwöchiges Praktikum in einer Kneipe oder einem Restaurant zu machen, das Schnitzel für 10€ anbietet. Sie werden möglicherweise zu völlig neuen Erkenntnissen kommen. Jedenfalls, in solchen Establishments verdient meist nicht einmal der Betreiber das, was Sie als Mindestlohn vorschlagen. Und vermutlich übt er dabei keinen freiwilligen Verzicht. Und genau diesen Personen werden die Bürokratiepflichten auferlegt, damit sie einen Teiljobber mehr einstellen um so die fehlende Arbeitszeit aufzufangen. Dann hat der Wirt noch weniger Einkommen und es gibt einen Minijobber mehr. So sieht es aus.

                      Die Idee, einfach die Löhne anzuheben, egal was die Produktivität sagt, ist nicht besonders originell. In einem Feldlandversuch haben das zuletzt die Griechen probiert. Gut ein Jahrzehnt haben sie die Löhne nach dem Würfelprinzip angehoben. Am Ende hatte das Land eine veritable Wirtschaftskrise, galt als pleite und von den Gehältern wurden ein paar Nullen weggestrichen – entweder, in dem die Leute gleich auf Lohnstufe 0 gesetzt wurden oder eben Verzicht üben mussten.

                      Das scheinen nicht wirklich gute Ratschläge zu sein.

                    • CitizenK 9. Mai 2019, 14:23

                      „….sinnvollerweise auf die Single- und Alleinerziehendenhaushalte stürzen….“

                      …. und dann im Badezimmer nach Zahnputzbechern fahnden und im Schlafzimmer den Kleiderschrank filzen? Halten Sie das für vereinbar mit der liberalen Auffasung von Menschenwürde und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ? Während gleichzeitig die Steuerzahler nach Schätzungen der EU-Kommission jedes Jahr um 50 Milliarden Euro mit so genannten Umsatzsteuer-Karussellen betrogen werden? Wären die Prüfer dort nicht effektiver eingesetzt?

                    • Stefan Pietsch 9. Mai 2019, 13:18

                      Wenn es aber aufgedeckt wird, wie denn nach Ihrer Meinung, durch eine Bezahlung, die nicht der Arbeitszeit entspricht vielleicht? Wie denn sonst, auf Zuruf?

                      Das mit einem Arbeitsverhältnis ist eine prima Sache. Im Grunde stehen sich da zwei Parteien mit gegensätzlichen Interessen gegenüber. Der Unternehmer möchte möglichst wenig Lohn für die erforderliche Arbeit zahlen, der Arbeitnehmer dagegen möchte möglichst viel Geld bekommen. Bei gegensätzlichen Interessen ist es meist so, dass die Personen sich gegenseitig kontrollieren. Wer vertraglich einen Monatslohn von 2.000€ vereinbart hat, wird sich also meist melden, wenn er nur 1.500€ auf der Top Line des Gehaltszettels vorfindet.

                      Ich weiß was Sie jetzt sagen wollen. Ja, mancher ist nicht in der Lage, einen Lohnzettel zu lesen. Aber bisher habe ich es auch bei wirklich einfachen Arbeitern nicht erlebt, dass sie nicht zumindest ihre Stunden aufgeschrieben haben. Nicht selten behaupten solche jedoch mehr Stunden geleistet zu haben als es den Tatsachen entspricht. So können sich viele bis heute nicht merken, dass Pausen keine Arbeitszeit sind.

                      Dann gibt es die Möglichkeit des Betriebsrates mit seinen umfangreichen Klagemöglichkeiten und am Ende der Kette steht auch noch ein Anwalt und ein Arbeitsgerichtsprozess. Die meisten solcher Arbeitsverhältnisse haben nämlich keine Lebensdauer von 10 Jahren plus. Was ich sagen will: es gibt bereits eine Reihe automatischer und gesetzlich eingerichteter Kontrollen, die eigentlich dafür sorgen, dass das Problem des Stundenbetrugs nicht ein generelles Phänomen ist.

                    • Stefan Pietsch 9. Mai 2019, 13:30

                      Selbst die kommen ja bei Ihnen nicht an, oder warum kommen keine Antworten auf meine zahlreichen und fundierten Einwände bei Ihrem Artikel?

                      Dass es zahlreiche waren, ist eine Tatsache. Dass es sich dabei jedoch um fundierte Einwände gehandelt habe, ist eine Behauptung. Ich habe in den vielen Jahren unzählige Bewerbungen gelesen. Des Öfteren bescheinigten sich die Kandidaten, sozial kompetent und teamfähig zu sein. Und natürlich haben viele eine sehr schnelle Auffassungsgabe. Was ich nie bekommen habe, ist nur eine einzige Bewerbung, wo jemand geschrieben hätte, er sei sozial inkompetent, teamunfähig und schwer von Begriff. Die Erfahrung lehrt, auf solche Selbstbescheinigungen nichts zu geben.

                      Es gibt 3 typische Gründe, warum ich nicht reagiere:
                      a) Ein Kommentar ist trotz aller Argumente über die Maßen unhöflich und sei es, dass am Ende bescheinigt wird, die Ansichten des anderen zu verachten.

                      b) Ich habe mich ausgeklinkt oder habe in seltenen Fällen einen Kommentar überlesen. Auch Kommentare, die mich bestätigen, regen vielleicht zu einem „Danke“ an.

                      c) Es gibt seltene Fälle, da scheint keine Information anzukommen. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass zwischen Menschen Informationen nicht sofort ankommen. Ich habe kein Interesse, meine Debattenkontrahenten missverstehen. Ich will auch niemanden etwas in den Mund legen. Aber ich möchte schon verstehen, was jemand meint. Wenn am Ende einer Diskussion nur steht, was jemand alles nicht gesagt hat, aber auf Nachfragen nicht kommt, was jemand tatsächlich gemeint hat, dann halte ich das für ziemlich unergiebig. Kommt wie gesagt selten vor, aber manchmal schon. Auch dann ist der Punkt gekommen, die Debatte zu beenden.

                      Wenn ich also Ihnen nicht geantwortet habe, wird es einer der 3 Punkte oder ein Mix sein.

                    • Rauschi 9. Mai 2019, 13:56

                      Wenn ich also Ihnen nicht geantwortet habe, wird es einer der 3 Punkte oder ein Mix sein.
                      Sie wissen nicht mal, warum Sie nicht antworten? Woher soll ich das dann wissen?

                      Ist wie dem zu wenig gezahlten Lohn, wo kein Kläger, da kein Richter. Wenn der AG also nicht belegen kann, das er mehr gearbeitet hat, dann steht er blöde da. Wie ein Amt das nachvollziehen soll, ist auch ein Rästel, die fragen also einfach nach? Wie eine Kontrolle von statten gehen soll, die nichts kontrollieren kann, da keine Doku vor liegt, Rätsel über Rätsel.
                      Aber sicher weiss jeder noch genau, wo er in welchem Monat wie lange gearbeitet hat.
                      Warum wird denn dann überhaupt zu wenig gezahlt, frage ich mich, nach Ihren Ausführungen einDing der unmöglichkeit. Scheint eine Frage der Machtposition zu sein, wie es aussieht.

                      Bürokratische Hemmnisse, was bitte wird denn da gehemmt, das sich nicht wie geschrieben Ruck Zuck abstellen lässt?

                      Es gibt keine Ausrede, entweder ist man für Sippenhaft, wie Sie (jemand, der von Mob etc. schriebt, dem muss ich das doch nicht separat belegen, oder), oder dagegen, wie ich, aber nicht mal so, mal so, weil es sich irgendwie um einen anderen Menschenschlag handelt.

                      Ich bin in meinem Leben sicher mehr herum gekommen, als Sie vermuten, aber mein Menschenbild ist eben diametral Ihrem entgegen gesetzt, deswegen unterstelle ich niemandem einfach Dinge, wie Sie das ständig tun.
                      Mein Erfahrung sagt:
                      Man traut anderen nur das zu, was man sich selbst zu traut. Was sagt Ihr Menschenbild dann über Sie?

                      Die Klage ist doch, das kostet so viel, wieso nicht mehr gezahlt werden kann, wenn dadurch diese Kosten weg fallen, ist auch noch ein Ding aus dem Nirwana.
                      Scheint wohl doch nicht so weit her zu sein mit den Imensen Kosten durch diese Pflichten, Q.E.D

                    • Stefan Pietsch 9. Mai 2019, 14:26

                      Sicher weiß ich, warum ich Ihnen nicht geantwortet habe, aber die Gründe dafür sind inzwischen unerheblich. Es zählt allein der Fakt, schließlich sitzen wir nicht vor Gericht.

                      Natürlich gibt es Kläger, wenn jemand mit seinem Lohn nicht zufrieden ist! Das ist doch gerade die automatische Kontrolle.

                      Wenn der AG also nicht belegen kann, das er mehr gearbeitet hat, dann steht er blöde da.

                      Das ist so nicht sinnvoll. Ich gehe davon aus, Sie meinten, der AN (für Arbeitnehmer) könne ggf. nicht belegen. Aber auch das gibt wenig Sinn. Für eine Lohnabrechnung müssen Stundenbelege vorliegen. Bisher war es Sache der Parteien, wie dies erfolgt. Ich habe nie einen Lohnschreiber kennengelernt, der nicht eigene Aufzeichnungen besitzt. Juristisch wiegen diese Dokumentationen schwer, jedenfalls schwerer als pauschale Erfassungen von Unternehmen. Damit ist der AN in der besseren rechtlichen Position.

                      Nochmal: wer betrügen will, wird dies tun und dafür immer Möglichkeiten finden. Bisher war in der Geschichte der Bürokratie der Bürger immer findungsreicher.

                      Warum wird denn dann überhaupt zu wenig gezahlt, frage ich mich, nach Ihren Ausführungen ein Ding der Unmöglichkeit. Scheint eine Frage der Machtposition zu sein, wie es aussieht.

                      Mag sein, die ändern Sie jedoch nicht durch erhöhte Dokumentationspflichten.

                      Es gibt keine Ausrede, entweder ist man für Sippenhaft, wie Sie (jemand, der von Mob etc. schriebt, dem muss ich das doch nicht separat belegen, oder), oder dagegen, wie ich, aber nicht mal so, mal so, weil es sich irgendwie um einen anderen Menschenschlag handelt.

                      Auch hier muss ich mich wiederholen: Sie selbst haben den Begriff „Sippenhaft“ in Bezug auf Ihre Argumentation eingeführt, Sie haben Ihre Argumentation um diese Begründung aufgebaut. Folglich haben Sie zu begründen, warum Sie trotzdem gegen Sippenhaft sind – dann funktioniert ihre Position nicht mehr – und Sie haben darzulegen, warum ich für Sippenhaft sein sollte, obwohl ich darum herum keine Argumentation aufbaue.

                      Und auch beim letzten Punkt Wiederholung: eine Kneipe erbringt bei Weitem nicht den Ertrag, den Sie unterstellen, damit die Löhne gezahlt werden können, die Sie vorschlagen. Ihr Kiosk um die Ecke scheint vielleicht eine Goldgrube zu sein, aber das ist nicht die Norm.

                      Wenn Sie diese 3 Punkte, wo ich mich wiederholen musste, nicht weiterentwickeln können oder möchten, machen wir hier Schluss.

                    • Stefan Pietsch 9. Mai 2019, 14:34

                      @CitizenK

                      Der Staat schreibt in seine Gesetze mit Prüfungsrechten wie der Abgabenordnung, dass die Ordnungsmäßigkeit geprüft werden soll. Auf Umsatzsteuerbetrug zu prüfen, aber Sozialbetrug außen vor zu lassen, ist ein Widerspruch zur Gesetzeslage.

                      Wissen Sie, was ein kleiner Gaststättenbetreiber über sich ergehen lassen muss? Eine gute Freundin von mir, die mit ihrem Betrieb in einer deutschen Millionenstadt 130.000€ Jahresumsatz macht, wurde in der High Season letzten Sommer 6 Monate auseinandergenommen. 6 Monate! Bitte, da ist die kurze Durchsicht einer 2-Zimmer-Wohnung doch eine minimale Einschränkung, oder? Ich bin natürlich für Vorschläge offen.

                      Nur: Sie führen so oft an, wo ein Teil von Unternehmen systematisch betrügen würde, was bereits an bestimmten Indizien erkennbar sei. Und dann werfen Sie sich gegen Kontrollen in die Bresche bei Indizien, die einen systematischen Sozialbetrug aufzeigen könnten? Wie passt das?

                    • CitizenK 9. Mai 2019, 20:04

                      Ihnen ist gar nicht aufgefallen, dass ich den Staat/Beamte kritisiert habe? Weil die nicht entschlossen gegen Umsatzsteuer-Betrug vorgehen – sei es Unfähigkeit oder aus Indolenz. Dass kleinere Unternehmen häufiger geprüft werden als große, ist bekannt und zu kritisieren. Ist auch einfacher, als sich mit den Fachanwälten großer Sozietäten anzulegen (was nebenbei ein Plädoyer für bessere Bezahlung von Steuerprüfern ist).

                      Der Unterschied zur Schnüffelei bei Langzeit-Arbeitslosen hätte einem Liberalen allerdings auffallen müssen: Dort wird in die privateste Sphäre eingedrungen (Schlafzimmer, Badezimmer), weil der/die Partner/in vielleicht öfter übernachtet. Das ist schäbig und unwürdig und verstößt auch gegen elementare liberale Grundsätze.

                    • Stefan Pietsch 9. Mai 2019, 20:47

                      Die Ursache ist doch immer die Gleiche. Der Umsatzsteuerbetrug hat seine Ursache im grenzüberschreitenden Warenverkehr und dem damit einhergehenden Problem der Steuerzuordnung auf die berechtigten Staaten. Kompliziertes Recht führt zu Schwierigkeiten im Vollzug und in der Kontrolle.

                      Bürokratie ist notwendig, aber ab einem bestimmten Punkt verstärken bürokratische Auflagen das Problem stetig weiter. Deswegen war ich ein großer Anhänger der Arbeitsmarktreformen und vor allem dem Ansatz, den Transferempfängern mehr Verantwortung für ihre Finanzen wie ihr Leben zu überlassen. Leider wurde der Ansatz mit deutscher Gründlichkeit und der Skepsis gegenüber der Eigenverantwortung schön zerfleddert.

                      Ich bin durchaus sehr nahe bei Ihnen. Aber es ist eine Grundsatzfrage. Zu oft besteht die Neigung – und hier blicke ich wieder nach links – sich die Rosinen zu picken. In der Debatte hier hatten wir einerseits die Forderung, kleine Unternehmen mit häufig 2-10 Angestellten über alle Maßen zu knebeln, mit Auflagen und Kontrollen zu überziehen, weil es in dem Bereich auch kriminelles Verhalten gibt. Und dann die Forderung nachgeschoben, Sozialhilfeempfängern jede Kontrolle und jede Sanktion zu ersparen. Das passt nicht zusammen.

                      Ich bin für ein erleichtertes Sozialrecht, was aber dem Personenkreis erhebliche juristische Möglichkeiten nimmt, die heute genutzt werden. Und im Extent favorisiere ich eher Friedmans Negative Income Tax. Aber das ist mit meinen deutschen Mitbürgern nun wirklich nicht zu machen.

                    • Rauschi 10. Mai 2019, 08:13
            • R.A. 8. Mai 2019, 14:54

              „der Missbrauch ist also erst durch die Überprüfung entstanden?“
              Solange es keinen Mindestlohn gab, konnte es logischerweise auch keine Verstöße dagegen geben. Die Bürokratie ist zeitgleich mit dem Mindestlohn eingeführt worden, da wurde nie abgewartet, ob da Mißbrauch droht.
              Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen: Man kann Mindestlohn auch ohne Überwachungsbürokratie etablieren.

              „9,8 Prozent der deutschen Angestellten verdienen weniger als den Mindestlohn.“
              Da 15 Prozent der Angestellten überhaupt Mindestlohn bekommen, wären also zwei Drittel der betroffenen Arbeitgeber Betrüger …
              Ich halte das für eine ziemlich dreiste Lügenstudie. Wenn da auch nur annähernd etwas dran wäre, müßte es im großen Maßstab Verurteilungen hageln. Im Artikel wird aber angegeben, daß es lediglich 2500 Verfahren gab (was noch keine Verurteilungen bedeutet).

              Außerdem sollten Sie sich mal entscheiden – wenn die Bürokratie nötig ist, um Mißbrauch zu verhindern, dann wären diese Zahlen der Nachweis, daß die Bürokratie überhaupt nichts hilft und überflüssig ist.

              „Wegen der Pflicht zur Doku der Arbeitszeit hat jetzt genau wer weniger Wohlstand“
              JEDER unproduktive Bürokratieaufwand verursacht Kosten und die muß jemand tragen. In der Regel ist das erst einmal der Unternehmer, der das anschließend auf Mitarbeiter oder Kunden abwälzt – ansonsten könnte er langfristig nicht überleben. Der Wohlstandsverlust ist immer da, weil die Kosten ja anfallen. Und je mehr Bürokratie, desto mehr Wohlstandsverlust. Ob das dann mehr bei den Mitarbeitern oder mehr bei den Kunden landet ist im Einzelfall verschieden, aber letztlich unerheblich.

              „im niedrigsten (ersten) Dezil seit 2010 sogar wieder gesunken“
              Das ist Junk Statistic vom Feinsten.
              Denn die Leute in diesem Dezil sind zum größten Teil nicht mehr dieselben wie vorher. In diesem Dezil sind im wesentlichen Leute, die vorher arbeitslos waren oder im Ausland (sprich die als Zuwanderer speziell seit 2015 gekommen sind).
              Die hatten also vorher viel weniger Geld, aber das wurde halt nicht erfaßt, weil es kein Arbeitseinkommen in Deutschland war.

              • Rauschi 8. Mai 2019, 15:28

                Da 15 Prozent der Angestellten überhaupt Mindestlohn bekommen, wären also zwei Drittel der betroffenen Arbeitgeber Betrüger …
                Ich halte das für eine ziemlich dreiste Lügenstudie.

                Deutsche Sprache, schwere Sprache? Vielleicht ist es so, das der ML 25% zustehen würde, aber nur 15% den tatsächlich bekommen. Sie können immer alles bezweifeln, aber einen guten Grund dafür würde ich dann schon gerne lesen. Mehr als: das kann nicht sein, denn auch bei 5-8% wären es ja mehr Verfahren, newa?

                Außerdem sollten Sie sich mal entscheiden – wenn die Bürokratie nötig ist, um Mißbrauch zu verhindern, dann wären diese Zahlen der Nachweis, daß die Bürokratie überhaupt nichts hilft und überflüssig ist.
                Häh, der soll den verhindern, wie denn das? Verhindern Fahrtenschrieber eine Überschreitung der maximalen Lenkzeit? Der soll belegen, das der Lohn nicht gezahlt wurde, obwohl er zustand, was denn sonst?

                Der Wohlstandsverlust ist immer da, weil die Kosten ja anfallen. Und je mehr Bürokratie, desto mehr Wohlstandsverlust. Ob das dann mehr bei den Mitarbeitern oder mehr bei den Kunden landet ist im Einzelfall verschieden, aber letztlich unerheblich.
                Das kommt dann immer, wenn konkret nachgefragt wird. Dann würde das immer ominös irgendwie bei allen angekommen. Wie konkret, denn auch einen Preisnachlass würde der Kunde ja merken und das würde sich als Nettolohnerhöhung nieder schlagen? Ich halte es für ziemlichen Stuss, so pauschal zu meinen, die Bürokratie kostet immer Geld, dann aber nur die des Staates zu meinen. Wenn ich mir allen bei uns ansehen, was für neue Posten dazu kommen, dann kostet das auch erst mal Geld. Die Frage ist nur, wieviel bringt der Posten im Gesamten ein, weil die Fachleute von der administrativen Arbeit entlastet werden und dem Kunden mehr Stunden in Rechnung stellen können.

                Denn die Leute in diesem Dezil sind zum größten Teil nicht mehr dieselben wie vorher.
                Ach so, aber Sie haben doch gefaselt, das es allen besser gehen würde, wenn es die blöde Bürokratie nicht geben würde. So einfach, ganz ohne Einschränkung. Your fault, not mine!

    • Stefan Sasse 9. Mai 2019, 11:19

      1) Korrekt.
      3) Das ist ein durchaus realistisches Szenario, aber niemand weiß es genau. Das ist ja das Dilemma der Democrats.
      4) Jupp. Guter Punkt.
      6) Danke!

  • Rauschi 10. Mai 2019, 08:13

    Es gibt 3 typische Gründe, warum ich nicht reagiere:
    a) Ein Kommentar ist trotz aller Argumente über die Maßen unhöflich und sei es, dass am Ende bescheinigt wird, die Ansichten des anderen zu verachten.

    Als würden Sie nicht linke Ansichten verachten, wo ist der Unterschied? Wieder 2erlei Mass?
    Sie dürfen also die maximale Unhöflichkeit begehen und nicht antworten?

    b) Ich habe mich ausgeklinkt oder habe in seltenen Fällen einen Kommentar überlesen. Auch Kommentare, die mich bestätigen, regen vielleicht zu einem „Danke“ an.
    Damit fallen meine Kommentare ja schon mal aus, denn ich bestätige Ihre Ansicht eigentlich nie.

    c) Es gibt seltene Fälle, da scheint keine Information anzukommen. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass zwischen Menschen Informationen nicht sofort ankommen. Ich habe kein Interesse, meine Debattenkontrahenten missverstehen. Ich will auch niemanden etwas in den Mund legen. Aber ich möchte schon verstehen, was jemand meint. Wenn am Ende einer Diskussion nur steht, was jemand alles nicht gesagt hat, aber auf Nachfragen nicht kommt, was jemand tatsächlich gemeint hat, dann halte ich das für ziemlich unergiebig. Kommt wie gesagt selten vor, aber manchmal schon. Auch dann ist der Punkt gekommen, die Debatte zu beenden.
    Schliesse ich auch aus, denn wenn Ihnen nicht klar sein sollte, worauf ich hinaus will, würde ich eine entsprechende Nachfrage aufdrängen. So aber muss ich davon ausgehen, das Sie schlicht keine Antwort auf die zahlreichen Fragen haben.

    Wenn Sie diese 3 Punkte, wo ich mich wiederholen musste, nicht weiterentwickeln können oder möchten, machen wir hier Schluss.
    Was bitte sind das für seltsame Punkte, bei denen ich die von Ihnen auferlegte Pflicht habe, das irgendwie weiter (wohin und wozu?) entwicklen soll?
    Das ist natürlich der Inbegriff eines Liberalen, die Themen und Richtungen vorzugeben und ansonsten maximal unhöflich einfach nicht mehr zu antworten zu wollen.

    Auch hier muss ich mich wiederholen: Sie selbst haben den Begriff „Sippenhaft“ in Bezug auf Ihre Argumentation eingeführt,..
    Nein, nochmal, Sie wenden Sippenhaft an, deswegen verwende ich Ihren Massstab auch für das Verhalten von Unternehmen, das muss doch in Ihrem Sinne sein. Denn linke Massstäbe lassen sie ja eh nicht gelten, dann eben auf diese Tour!

    Und auch beim letzten Punkt Wiederholung:
    Wo ist denn der Teil versteckt, der das mit der Dokumentationspflicht beim Mindestlohn verbindet? Wie kann denn der Betreiber zum Verzicht (wovon?) gezwungen werden, denn das meint ja «nicht freiwillig»? Ich schlage keinen Mindestlohn vor, das macht eine Kommission, wie Sie wohl wissen dürften. Die 2000 Euro ergeben sich aus der Summe des Lohns mal Vollzeitstellenstunden, ist keine Hexerei.
    Haben Sie also vor kurzem (seit Einführung des Mindestlohns) ein Praktikum dort gemacht, oder woher stammen diese Einsichten, die ich ja nur so gewinnen könnte? Ich hatte bislang den Eindruck, Sie wäre Gehalts– und Qualifikationsmässig höher gestellt unterwegs. Habe ich mich wohl getäuscht, mein Fehler.
    Ich muss also ein Praktikum machen, um auf absurde Ideen zu kommen, dann lasse ich das lieber. Die stellen wegen der Bürokratiepflichten einen Teiljobber ein, um die fehlende (wodurch fehlende?) Arbeitszeit aufzufangen, ist das so? Ich würde doch meinen, die Dokus werden vom Mitarbeiter gemacht, aufbewahren muss die der Arbeitgeber. So jedenfalls wird das bei uns mit Stundenrapporten gemacht. Die füllt der Mitarbeiter aus und ich stelle die dem Kunden in Rechnung.
    Auch dazu habe ich schon geschrieben, nichts einfacher als eine Exceltabelle dafür zu erstellen. Oder wechseln sowohl die Mitarbeiter als auch die Arbeitszeiten so häufig, das es zu viele Auswahlmöglichkeiten geben kann? Dann ist aber der Aufwand der Arbeitseinteilung viel höher als der einer Dokumentation, denn eigentlich habe ich damit sogar schon eine Vorlage. Sehr seltsam, wie hier die Unternehmen funktionieren sollen.
    Da werden Mitarbeiter nach Stunden bezahlt, aber bislang mussten diese Stunden nirgendwo festgehalten werden? Weil die AG ja jedem Mitarbeiter immer vorbehaltlos vertrauen und deshalb keine Kontrolle nötig ist?
    Missbrauch kann es nach Ihrer Darstellung ja auch nicht geben, denn jeder wird sofort gemeldet und das schreckt dann alle anderen ab?

    Sicher weiß ich, warum ich Ihnen nicht geantwortet habe, aber die Gründe dafür sind inzwischen unerheblich. Es zählt allein der Fakt, schließlich sitzen wir nicht vor Gericht.
    Nein, in einer Diskussion, bei der es um Meinungsaustausch gehen sollte. Wenn Sie aber immer wieder nach dem Motto verfahren, ich weiss die Antworten auf fast alles, sage die aber aus irgendwelchen, für niemanden nachvollziehbaren Gründen nicht, ist das nicht förderlich und hinterlasst den Eindruck, das Sie es schlicht nicht wissen, aber nicht zugeben können oder wollen. Soviel zur von Ihnen geforderten Fehlerkultur. Machen Sie einfach mal den Anfang.

    Deswegen war ich ein großer Anhänger der Arbeitsmarktreformen und vor allem dem Ansatz, den Transferempfängern mehr Verantwortung für ihre Finanzen wie ihr Leben zu überlassen.
    Super Beispiel für Liberalneusprech!
    Die Verantwortung für Finanzen und Leben wurde also mit der Zahlung des alten Arbeitslosengeldes den Empfängern genommen? Wie denn das?

    • Stefan Pietsch 10. Mai 2019, 14:56

      Ich habe begründet, warum ich etwas (nicht) getan habe. Damit ist eigentlich alles gesagt.

      Nein, nochmal, Sie wenden Sippenhaft an, deswegen verwende ich Ihren Maßstab auch für das Verhalten von Unternehmen, das muss doch in Ihrem Sinne sein. Denn linke Maßstäbe lassen sie ja eh nicht gelten, dann eben auf diese Tour!

      Erstens habe ich Sie mehrmals gebeten zu begründen, wo ich für Sippenhaft plädiere. Scheinbar können Sie das nicht und nach dem dritten Mal bin ich nicht mehr interessiert. Zweitens ist es für jemanden, der in einem demokratischen und rechtsstaatlichen System lebt, ein seltsames Gebaren, in der res publica in quid pro quo zwischen zwei völlig unterschiedlichen gesellschaftlichen und rechtlichen Bereichen zu argumentieren. Auch da fällt mir nichts mehr ein und daher ebenfalls ein Punkt.

      Ich schlage keinen Mindestlohn vor, das macht eine Kommission, wie Sie wohl wissen dürften.

      Sie haben ja keine Bezahlung auf Mindestlohnniveau vorgeschlagen, sondern nahezu die Verdopplung dessen um den Dokumentationspflichten zu entgehen. Anscheinend sind Sie der Ansicht, mit dem Putzen von Räumen und dem Abräumen von Getränken und Speisen ließe sich ein Lohn auf Höhe des Durchschnittseinkommens erzielen. Dem ist nach Ansicht der Gastwirtenbranche nicht so, aber möglicherweise ist hier noch einer Beratermarkt für Sie.

      Ich bin, wie bereits erwähnt, mit jemanden befreundet, die eine solche Einrichtung betreibt. Es könnte also sein, dass ich etwas Einblick habe. Ich habe Ihnen ja nicht empfohlen, ein branchenspezifisches Jurastudium aufzunehmen, aber etwas praktische Kenntnis kann in solchen Debatten nicht schaden. Zumindest legen das Ihre weiteren Empfehlungen nahe:

      Ich würde doch meinen, die Dokus werden vom Mitarbeiter gemacht, aufbewahren muss die der Arbeitgeber. So jedenfalls wird das bei uns mit Stundenrapporten gemacht. Die füllt der Mitarbeiter aus und ich stelle die dem Kunden in Rechnung.
      Auch dazu habe ich schon geschrieben, nichts einfacher als eine Exceltabelle dafür zu erstellen.

      Ja, eine Excel-Tabelle zu erstellen ist einfach. Nur übersehen Sie ein paar hundert Sachen. Es geht bei den Dokumentationspflichten nicht um die Erfassung von ein paar Projektstunden, wie dies jeder produktiv Arbeitende tut und den Beleg dann einmal im Monat oder Woche digital an die Rechnungsstellung sendet.

      Zu den Pflichten gehört die Arbeitszeit genau zu erfassen. Tatsächlich stellt das viele Betriebe vor Probleme, schließlich haben sie meist kein automatisiertes Zeiterfassungssystem. Eine solche Auflage setzt also voraus, dass ein Vorgesetzter – meist der Inhaber – immer vor dem Schichtbeginn des Lohnempfängers anwesend ist und auch am Ende. Daneben gibt es Meldepflichten und Aufbewahrungspflichten. Selbst wenn ein Gastwirt jemanden nur 2 Tage beschäftigt hat, muss er die Lohnzettel 2 Jahre aufbewahren. In einer Kneipe mit wenig Raum können sich solche Aufbewahrungspflichten – zu denen ja eine Reihe anderer für Kassenbelege etc. kommen – schon als schwierig erweisen.

      Vertrauensarbeitszeit gibt es nach dem Mindestlohngesetz selbst für Arbeitnehmer nicht, die weit besser vergütet werden. Die Stundenzettel sind spätestens am Ende der Woche abzugeben, blöd, wenn jemand einfach abhaut, Zettel nicht unterschreibt etc. Ihre Beratungsleistung könnte also leicht zu einem saftigen Bußgeld führen – und zu einem vollgekritzelten Computerbildschirm, wenn wieder jemand versucht hat, den Excel-Beleg zu unterschreiben.

      Das alte Sozialrecht räumte dem Transferempfänger eine Vielzahl von Sonderbedarfen ein. Damit sollte mit der Hartz-IV-Regelung eigentlich aufgeräumt werden. Nach und nach schleichen sich solche Regelungen aber wieder in das Recht ein, was erfahrungsgemäß die Cleveren begünstigt, die für alles Anträge stellen. Eigentlich kann das kein sozial engagierter Mensch fair finden, oder?

      • Rauschi 11. Mai 2019, 07:55

        Ich habe begründet, warum ich etwas (nicht) getan habe. Damit ist eigentlich alles gesagt.</i<
        Nein, begründet haben Sie es nicht, nur behauptet, einen Grund zu haben, mehr nicht. Aber sie verlangen von mir, eine Antwort zu geben, die auch noch dazu nur in Ihre Richutng gehen darf? Obwohl wir hier nicht vor Gericht sind, wie passt das zusammen?

        Erstens habe ich Sie mehrmals gebeten zu begründen, wo ich für Sippenhaft plädiere.
        Was ich mindestens 2 Mal gemacht habe (Mob und Arbeitslose).

        Auch da fällt mir nichts mehr ein und daher ebenfalls ein Punkt.
        Ach so, je nach Bezug soll ich meine Masstäbe ändern, ist das Ihre Forderung? Ist eine Pflichtverletzung nicht immer gleich zu beurteilen, wenn die Umstände gleich sind? Macht es einen Unterschied, ob ich meine, jemandem das zumuten zu dürfen und anderen nicht? Ist der Gesetzgeber nicht gehalten, alle gleich zu behandel? Das auch in unterschiedlichen Bezügen, oder wurde das GG vor kurzem geändert?

        Sie haben ja keine Bezahlung auf Mindestlohnniveau vorgeschlagen, sondern nahezu die Verdopplung dessen um den Dokumentationspflichten zu entgehen.
        Auch das nicht, ich habe meine Rechnung klar gelegt und nur aus dem Artikel übernommen.

        Zu den Pflichten gehört die Arbeitszeit genau zu erfassen. Tatsächlich stellt das viele Betriebe vor Probleme, schließlich haben sie meist kein automatisiertes Zeiterfassungssystem. Eine solche Auflage setzt also voraus, dass ein Vorgesetzter – meist der Inhaber – immer vor dem Schichtbeginn des Lohnempfängers anwesend ist und auch am Ende.
        Ich darf davon ausgehen, das es eine Arbeitsplanung gibt? Oder kommt da jeder, wann er will?
        Ist doch eine super Vorlage zur Erfassung, ich sehe da keinen Mehraufwand, ausser der Unterschrift am Ende des Tages. Wenn Sie allerdings die Bedienungen für zu blöd halten, eine Exceltabelle auszufüllen, dann kennen Sie den Betrieb wirklich nicht. Die machen die Bestellungen nur noch elektronisch, da kann sogar durch den Einlogzeitpunkt die Arbeitszeit erfasst werden. Was war das Problem?
        Seit wann überhaupt haben Sie Ihr Herz entdeckt für Personen, die so unproduktiv sind, das sie nicht mal den Mindestlohn erwirtschaften können? Denen gestehen Sie sonst nicht mal ein anständiges Leben zu, aber jetzt wird angeblich für diesen Personenkreis gekämpft?

        Eigentlich kann das kein sozial engagierter Mensch fair finden, oder?
        Ich dachte bislang, das unfaires Verhalten von allen Menschen als solches empfunden wird und das habe ich auch belegt! In jedem System sind die Cleveren im Vorteil, was ist Ihre Kritik? Sie wollten denen doch maximale Freiheit und Eigenverantwortung gönnen?

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