In neuen Gewässern

Und da ist es passiert. Noch nie zuvor scheiterte die Regierungsbildung nach einer Bundestagswahl in Deutschland. Als die FDP letzte Nacht einseitig das Ende der Verhandlungen verkündete, bewegte sie gleichzeitig das Staatsschiff in neue, unkartographierte Gewässer. Das Aus der Sondierungen kam überraschend. Grüne und CSU, die eigentlich als die Antipoden der Verhandlungen gewirkt hatten, standen kurz vor der Einigung. Nur noch unbedeutende Unterschiede trennten die Schwarzen von den Grünen. Es war die FDP, die in allen Belangen weitreichendere Positionen vertrat: weniger Klimaschutz, größere Steuerkürzungen, weniger Flüchtlinge. Es war ein Sprung ins Dunkle.

Denn keiner kann ernsthaft glauben prognostizieren zu können, wohin die Reise geht. Neuwahlen sind wahrscheinlich, aber nicht sicher. Merkel könnte eine Minderheitenregierung bilden. Sie könnte zurücktreten und ein anderer CDU-Kanzler könnte eine Minderheitenregierung bilden. Es könnte doch zu einer Großen Koalition kommen. Der Möglichkeiten sind viele.

Und selbst wenn es zu Neuwahlen kommen sollte, ist ihr Ergebnis alles, aber nicht vorhersehbar. Wird die FDP mit dem Onus belastet sein, die Koalitionsgespräche zum Platzen gebracht zu haben, oder einen Bonus für Prinzipientreue erhalten? Wird die SPD ihr Ergebnis verbessern oder angesichts ihrer politischen Impotenz noch einmal unterbieten? Wird die CDU nächstes Mal stärker abschneiden, weil die Wähler in ihrer Stärke einen Stabilitätsgaranten sehen, oder noch schlechter, weil sie versagt hat? Werden die Grünen für ihre Kompromissbereitschaft belohnt oder bestraft? Wird die LINKE gewinnen oder verlieren? Und, natürlich, was ist mit der AfD?

Ein beliebter Kommentar ist gerade, dass Neuwahlen nur der AfD nützen. Das ist natürlich möglich. Aber da besteht kein Automatismus, beileibe nicht. Sollte es Neuwahlen geben, so würden neue Themen die Debatte bestimmen (zumindest Variationen). Die AfD mag davon profitieren, aber sie kann auch Schaden davon tragen. Man muss sich aber klar machen, dass die Partei eine Minderheitenposition in Deutschland vertritt, was über die letzten Wochen einmal mehr klar geworden ist. Es ist nicht völlig unvorstellbar, dass dies auch Wählern klar wurde, die ihr Missfallen im September mit einem Kreuz bei der AfD zum Ausdruck brachten und nun zurückschrecken. Genau so ist es möglich, dass nun um so mehr Menschen angewidert eine „Alternative“ zu den Etablierten wollen. Es ist völlig unklar.

Noch ein Wort zur Themensetzung: Der Familiennachzug, der für die FDP zur conditia sine qua non avancierte etwa, wird von einer deutlichen Mehrheit der Wähler begrüßt (übrigens auch innerhalb der FDP). Auch in Fragen des Klimaschutzes bewegt sich die FDP eher gegen den Strom der deutschen Gesellschaft. Natürlich ist das für eine Kleinpartei wie die FDP (oder auch Grüne und AfD) nicht übermäßig relevant; die 28% im Balken links wären für die AfD durchaus ein Gewinn. Aber es ist nicht völlig unvorstellbar, dass ein neuer Wahlkampf mit einer knappen Mehrheit für Schwarz-Grün endet – ein geradezu absurdes Ergebnis angesichts der Vorstellung.

Doch die Bundestagswahl ist auch für den Rest der Welt von Bedeutung. Vorbei die Zeiten, in denen Merkel als „Leader of the Free World“ gehypt wurde. Die Zerstörung außenp0litischer Handlungsoptionen dürfte Lindners nachhaltigstes Erbe aus den vergangenen Wochen sein. Man liest bereits öfter den Vergleich mit 2014, als Merkel in der Ukraine-Krise wegen Hollandes innenpolitischer Schwäche effektiv im Alleingang Europas Außenpolitik bestimmen musste. Nun hat sich die Situation gedreht. Kommt es jetzt zu einer Krise, steht Macron alleine im europäischen Haus, während Deutschland Nabelschau betreibt. Es ist in Momenten wie diesen, wo man die still-pragmatische Verantwortungsfähigkeit der SPD-Großkoalitionäre schätzt.

Es dürfte für regelmäßige Leser keine Überraschung sein, dass ich kein Fan der FDP bin. Lindners Neuaufstellung brachte die Partei wieder in den Bundestag, aber wenn man meinem Kollegen Pietsch Glauben schenken darf war 2013 ohnehin ein Betriebsunfall, und die FDP hätte es so oder so wieder hinein geschafft. Die Liberalen sind eine andere Partei als früher, so viel dürfte deutlich geworden sein, und gehören in dieses neue Fahrwasser, in dem wir uns befinden. Wer hätte vor einem halben Jahr gedacht, dass die Regierungsfähigkeit der FDP in Frage steht, während Grüne und Union Hände und Köpfe schütteln? Es scheint, als ob die FDP auch selbst nicht wirklich wüsste, was sie eigentlich genau sein möchte.

Prognosen sind schwer, besonders wenn sie die Zukunft betreffen, wie es ein Bonmot hält. Ich will daher auch keine abgeben. Mich beunruhigt die Lage zutiefst, aber vielleicht haben wir ja Glück, und am Ende kommt eine stabile, neue Regierung heraus – mit oder ohne Merkel, mit oder ohne FDP, mit stärkerer oder schwächerer Opposition. Die Zeiten sind interessant, und das geht selten mit einem gesteigerten Gefühl von Sicherheit daher. Mangels Alternativen erhalte ich mir einfach optimistisch die Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden wird.

{ 29 comments… add one }
  • R.A. 20. November 2017, 08:35

    Auch wenn das ZDF mal wieder Fake News verbreitet, um den Grünen zu helfen: Die abgebildeten Umfragedaten haben nichts mit den Jamaika-Verhandlungen zu tun.
    Der Familiennachzug für ANERKANNTE Bewerber ist unstrittig, auch bei Union und FDP.

    Was die Grünen versucht haben durchzudrücken ist der Familiennachzug auch für Subsidiäre, also für Leute ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Ob es dafür eine gesellschaftliche Mehrheit gibt ist mehr als fraglich.

    Geplatzt ist Jamaika aber wohl nicht nur am Gegensatz Grüne-CSU, sondern auch daran, daß Merkel und CDU ziemlich jede Änderung am bisherigen Regierungskurs verweigert hat.
    Deswegen kann man wohl nicht von fehlender „Regierungsfähigkeit“ der FDP sprechen, es gibt schlicht für die FDP überhaupt keinen Grund mehr in eine Regierung zu gehen, um einfach nur den GroKo-Kurs fortzusetzen und ihr Wahlprogramm ziemlich komplett wegzuschmeißen.

    • Logos 20. November 2017, 09:52

      Auch wenn das ZDF mal wieder Fake News verbreitet, um den Grünen zu helfen:
      Sie werfen dem ZDF die Verbreitung von fakenews vor (was ja mitunter durchaus gerechtfertigt ist), nur um unmittelbar selbst eine zu verbreiten:
      „um“ zielt auf eine Absicht ab.
      Die aber können sie gar nicht wissen, sondern nur unterstellen. Dass das ZDF die Absicht verfolgt, ausgerechnet den Grünen zu helfen, ist abwegig bis absurd.

      Fakt ist und bleibt: die FDP hat den Abbruch der Sondierungsgespräche verkündet.
      Sehr gern Neuwahlen!
      Hoffentlich wird das böse auf die FDP zurück schlagen

      • bevanite 20. November 2017, 12:04

        Warum glauben Sie, dass Neuwahlen für die FDP von Nachteil wären? Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die FDP die einzige Partei ist, die bei jetzigen Neuwahlen leicht zulegt. Ihre bisherigen Wähler würden sie für ihre Prinzipienfestigkeit belohnen, zusätzlich gewinnen sie dann noch enttäuschte AfD-Wähler, die diese nun für einen zerstrittenen Hühnerhaufen halten und sich von Lindners harter Haltung in Flüchtlings- und Klimafragen angezogen fühlen. Vielleicht ist das sogar Lindners Kalkül.

        • Stefan Sasse 20. November 2017, 13:45

          Ich denke aktuell kann man noch nicht wirklich sagen, wer profitieren würde und wer nicht.

        • Logos 20. November 2017, 20:08

          Ich „glaube“ das nicht – ich hoffe das!
          Viva la difference!

  • Marc 20. November 2017, 09:03

    Wenn Merkel stürzt, hat Lindner einen gut bei mir.

    Ansonsten stimme ich dem Postillion zu, eine so gute Zeit wie während der Sondierungen hatten wir schon lange nicht
    http://www.der-postillon.com/2017/11/sondierung.html
    – das trifft ebenso für die EU zu.

  • Logos 20. November 2017, 09:43

    Die „Coup“ könnte für die FDP nach hinten losgehen – ich hoffe es!
    http://www.focus.de/politik/deutschland/abgang-geplant-egal-welches-spiel-die-fdp-spielt-es-droht-nach-hinten-loszugehen_id_7867627.html

    Off-topic: Herr Sasse, wäre es für Sie als „USA-Experte“ nicht interessant, mal diesen in den USA immer mehr grassierenden Missstand der „working poor“ http://www.kritisches-netzwerk.de/forum/donald-trumps-steuerreform-druck-auf-oeffentliche-sozialen-leistungen-waechst
    aufzugreifen? Oder fürchten Sie, damit zu sehr auf Konfrontation mit Pietsch zu gehen?

    • Stefan Sasse 20. November 2017, 13:46

      Ja, ich lebe in konstantem Terror vor einem herablassenden Kommentar von Stefan. Mein ganzes Universum dreht sich nur um die Frage, wie er zu meinen Ideen und Handlungen steht. *Augen verdreh*

      • Wolf-Dieter Busch 20. November 2017, 15:36

        Darauf einen Kräuterbitter!

  • CitizenK 20. November 2017, 10:05

    # Stefan Sasse

    Stimme Dir zu. Was Neuwahlen bringen würden, kann niemand seriös sagen. Jetzt wäre der Zeitpunkt für eine Minderheitsregierung Grün-Schwarz.

    Der Riesen-Staatsmann Lindner könnte dann ja staatspolitische Verantwortung beweisen, indem die FDP vernünftigen Gesetzen zustimmt.

    Noch eine allgemeine Frage an die Runde hier: Sind die Jamaika-Gespräch ein Indiz dafür, dass die Parteien doch nicht nur nach Macht und Pfründen streben, sondern ihre Ziele verwirklicht sehen wollen?

    Wenn das so ist, ist Lindner ein Total-Versager: Jetzt kriegt er gar nichts von dem, was ihm angeblich so wichtig ist. Er will „seine Wähler nicht im Stich lassen“? Genau das tut er jetzt. Die FDP – unehrlich wie eh und je.

    • Ariane 20. November 2017, 12:23

      Sind die Jamaika-Gespräch ein Indiz dafür, dass die Parteien doch nicht nur nach Macht und Pfründen streben, sondern ihre Ziele verwirklicht sehen wollen?
      Meiner Meinung nach nicht unbedingt. Erstmal geht es beim Regieren ja nicht nur um Macht und Pfründe, sondern um zumindest irgendetwas durchzusetzen. Und bisher kann ich weder bei der FDP noch bei sonst jemanden Bruchlinien erkennen, die nun wirklich eine Partei nicht mitmachen kann. Die FDP ist ja nicht abgehauen, weil die anderen drei für alle die Steuern drastisch erhöhen wollten oder sowas.

      Meine Spontaneinschätzung ist, dass die FDP nicht soviel Lust auf Regieren hatte. Und das ist für mich etwas, wo man vielleicht doch mal auf die Merkel-CDU gucken müsste, denn der SPD geht es ja ähnlich. Und das sind die zwei Parteien, die Merkel mit der CDU quasi kaputtregiert hat und die keine Handhabe dagegen finden konnten. Für mich eher das Problem von SPD und FDP, aber da geht Merkel vielleicht jetzt an ihrem Erfolg etwas zugrunde.

    • Stefan Sasse 20. November 2017, 13:48

      Das eine bedingt das andere. Du kannst ohne politische Macht nichts durchsetzen. Frag mal die LINKE, die können da ein Lied von singen.

  • bevanite 20. November 2017, 11:23

    Ich würde es noch nicht so drastisch sehen. Möglicherweise ist das nur ein Verhandlungspoker von Lindner, damit Merkel die Grünen für eine CDU/CSU-FDP-Minderheitsregierung „opfert“. Und überhaupt: Die Niederlande hat im Frühjahr gewählt und immer noch keine Regierung. In Tschechien dürfte es sich ähnlich lange hinziehen, dort gab es einen Wahlsieger, mit dem niemand koalieren möchte… Da sind wir hier doch noch gut dabei. Und im Zweifelsfall gibt es ohnehin noch die GroKo-Option.

    Neuwahlen sind doch beim jetzigen Zeitpunkt ein absoluter Witz. Nach den aktuellen Umfragen wäre das Wahlergebnis derzeit fast identisch. Oder glaubt ernsthaft jemand, dass nach nochmaligen Neuwahlen eine solide CDU/FDP- oder SPD/Grüne/Linke-Mehrheit drin ist? Da denke ich spontan an die Türkei und Spanien, wo innerhalb einen halben Jahres zweimal gewählt wurde und die Ergebnisse sich nicht gerade stark unterschieden. Man muss halt jetzt erstmal aus diesem Wahlergebnis was machen, und Neuwahlen gäbe es nach einem Scheitern einer Jamaika- oder einer CDU/FDP-Minderheitsregierung ohnehin.

  • Ariane 20. November 2017, 12:11

    Tja hm. Hab mich gerade erstmal auf den neuen Stand gebracht. Bis gestern noch über das Narrativ diskutiert, dass die Linken lieber in der Opposition theorisieren anstatt zu regieren, da plättet die FDP das mal eben schnell, die heimlichen Linken die. So wirkliche Prinzipien, an denen sie nun hehr festhält, scheint sie ja auch gar nicht benennen zu können. Wirkt so, als wäre sie insgesamt regierungsunwillig – selbst wenn es zu Neuwahl und schwarz/gelb kommen würde. Vertrackt – und auch ein wenig verrückt, wenn man jetzt Statements liest, in denen CSU und Grüne auf best friends machen.
    Und damit hätten wir dann im jetzigen Parlament tatsächlich drei Parteien (FDP, AfD und LINKE), die überhaupt kein Interesse am Regieren und am eigenen Gestalten haben, egal in welcher (halbwegs realistischen) Konstellation. Das finde ich eigentlich bedenklicher als die jetzige Situation. Den Laden erstmal verantwortungsvoll schmeißen werden sie schon hinbekommen, ob nun als Geschäftsführung oder Minderheitenregierung.
    Schwer vorstellbar, dass Neuwahlen wirklich viel ändern würden. Spontan würde ich die Grünen da vorne sehen. Nur bei ihnen (und der FDP) gab es nach den Wahlen keine Knirschgeräusche und die FDP wird wohl das Blamegame verlieren.

    • Stefan Sasse 20. November 2017, 13:50

      Die FDP verliert das Blamegame gerade bei Journalisten, aber das muss nicht viel heißen.

      • Ariane 20. November 2017, 14:35

        Richtig, außer beim neuen FDP-Hausblatt der FAZ vielleicht.
        Ich hatte ab mittags etwas Ruhe, um nebenbei Phönix laufenzulassen und fand es schon sehr verwunderlich, dass Lindner – neben allgemeinem Misstrauen – eher gegen die Union ausgeteilt hat und auf der anderen Seite klang mehrmals an, dass die FDP in Einigungen von Union & Grünen geplatzt ist.
        Also Blamegame hin oder her, aber aktuell (!) steht die FDP irgendwie ganz ohne Machtperspektive selbst mit Neuwahl da. Und dass deren Anhänger soviel von Fundamentalopposition halten wie bei AfD oder LINKE kann ich mir auch nicht vorstellen. Mal sehen, wie sich das entwickelt. Wenn die FDP am Spin der hehren Standfestigkeit und Prinzipien festhalten will, wäre es ja eigentlich geboten, irgendwelche Prinzipien klar zu benennen und nicht mit allgemein nicht so toller Stimmung um die Ecke zu kommen.

        • Stefan Sasse 20. November 2017, 18:17

          Konsequente Fortsetzung aus dem Wahlkampf, was das angeht. Auch da blieb alles schön im Ungefähren.

  • Erwin Gabriel 20. November 2017, 12:50

    Dass man jetzt mit der FDP jemanden hat, dem man den Schwarzen Peter zuschieben kann, ist sicherlich allen anderen Beteiligten Recht. Aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Gespräche wegen der FDP gescheitert sind, denn die größten Gegensätze gab es zwischen CSU und Grünen.

    • Ariane 20. November 2017, 13:05

      Äh. Und warum ist die FDP dann einseitig vom Verhandlungstisch aufgestanden? Um den beiden einen Gefallen zu tun oder weil sie die Diskussionen zwischen CSU und Grünen nicht mehr hören konnten?

    • Stefan Sasse 20. November 2017, 13:52

      Von dem was man vom letzten Sondierungsstand hört ja eben nicht.

  • Logos 20. November 2017, 20:02

    …denn die größten Gegensätze gab es zwischen CSU und Grünen.
    „Deswegen“ hat ja auch die FDP hingeschmissen!
    Logik?

  • Ralf 20. November 2017, 20:25

    Also meine Prognose, wenn es Neuwahlen gibt, ist dass es dann knapp fuer Schwarz-Gruen reichen wird.

    Ich nehme an, die CDU wuerde leicht hinzugewinnen. Einige von der FDP enttaeuschte Waehler wuerden wohl zu den Konservativen abfliessen. Auch einige AfD-Protestwaehler wuerden wohl zur CDU zurueckkommen, nachdem die AfD nach der Wahl nur mit weiterem Streit und Zerfall auf sich aufmerksam gemacht hat und sich gezeigt hat, dass die vielen Stimmen fuer die Rechtsextremen lediglich den Politikbetrieb gelaehmt haben und sonst garnichts bewirkt haben.

    Die SPD, vermute ich, wuerde leicht verlieren. Manche Waehler wuerden nach dem Versagen der CDU eine Regierung zu bilden zwar moeglicherweise bei der SPD ihr Kreuz machen. Aber dafuer wuerden sich auf der anderen Seite etliche veraergerte buergerliche Waehler, die vom Verweigerungskurs der Sozialdemokraten, der inhaltlich – wie das TV-Duell gezeigt hat – voellig absurd ist, enttaeuscht sind, von der Partei abwenden. Unter’m Strich gaebe es dann leichte Verluste oder im Best-Case-Szenario fuer die SPD Stillstand.

    Der FDP prognostiziere ich bei einer Neuwahl einen Absturz. Buergerliche Waehler koennen mit Verweigerern und Grossmaeulern wenig anfangen. Die Liberalen wuerden zurecht fuer das Scheitern von Jamaika verantwortlich gemacht werden und ein signifikanter Teil ihrer Waehler wird sich anderweitig orientieren.

    Die AfD-Fraktion, nehme ich an, wird nach einer Neuwahl deutlich kleiner sein, aus oben genannten Gruenden. Die LINKE wuerde wohl aehnlich abschneiden wie beim letzten Mal. Die Gruenen, glaube ich, wuerden leicht hinzugewinnen, belohnt vom Waehler fuer den Willen zum Kompromiss.

    Ich sehe Neuwahlen gelassen entgegen.

    • Stefan Sasse 20. November 2017, 20:49

      Kein unrealistisches Szenario. Aber who knows?

    • Blechmann 22. November 2017, 14:59

      „dass die vielen Stimmen fuer die Rechtsextremen lediglich den Politikbetrieb gelaehmt haben und sonst garnichts bewirkt haben.“

      Ich dachte, dass sei im wesentlichen der Zweck der Übung, beim Protestwählen. Außerdem ist Merkels Kanzlerschaft in Frage gestellt, und die wollen die AfD-Wähler doch ganz besonders gerne loswerden. Insofern zeigen die 12% doch erstaunliche Wirkung. Ohne AfD hätten wir jetzt schon 4 weitere Jahre Merkel.

  • Ant_ 21. November 2017, 08:52

    Okey, nachdem sich jetzt der Staub ein wenig gelegt hat:
    Können wir mal bitte darüber reden, dass von den 6 im Bundestag vertretenen Parteienfraktionen derzeit 4! mit zusammen 394! von 707 Sitzen (55%) explizit *nicht* an der Regierung sein wollen?! Mein aktueller Eindruck ist, dass alle von diesen vieren, plus die CSU, irgendwie auf den Dreh gekommen sind, dass eine stärkere Mobilisierung der eigenen Stammwählerschaft plus Protestwähler größeren elektoralen Erfolg versprechen, als der Versuch über Kompromisse in der Regierung und einer Inszernierung als kompetenter Ruhepol in der „Mitte“ nach neuen Wählern zu fischen. Das sieht gerade genau so aus, wie ich mir Hyperpartisanship in ihren Anfängen in einem Verhältnisparlament modellieren würden.
    Wenn man jetzt mal so rein aus der Vergangenheit extrapolieren würde – die Mitte-Strategie hat mit Blair/Schröder angefangen, und dieser Trend genauso lange dauern könnte, dann stehen uns potentiell mindestens eine Dekade in Aussicht, in der die Mehrheitsbildung jedes Mal ein absoluter Eiertanz wird. Und die CDU wird den gleichen Mist wahrscheinlich auch durchspielen, sobald Merkel weg ist. Was machen wir damit denn jetzt eigentlich? Später gerne mehr, habe Zeitdruck! 🙂

    • Stefan Sasse 21. November 2017, 11:06

      Sehr reale Gefahr, ja.

    • Ralf 21. November 2017, 18:33

      Zustimmung grundsaetzlich!

      Nur weil Sie von vier Parteien sprechen, moechte ich doch anmerken, dass ich es nicht ganz fair finde die LINKE da mit reinzurechnen. Ich denke grosse Teile der LINKEn haben durchaus Interesse an Rot-Rot-Gruen und die „starre Oppositionshaltung“ hier hat mehr damit zu tun, dass die SPD wie immer jegliche Zusammenarbeit von vornherein ausgeschlossen hat. Waeren die Sozialdemokraten zu einer Koalition bereit, glaube ich, wuerde sich auch bei der LINKEn etwas tun … (Ich spreche von „vor der Wahl“. Jetzt bei den gegenwaertigen Mehrheitsverhaeltnissen stellt sich die Frage ohnehin nicht).

      In diesem Kontext fiel mir auch ein Zeitungsartikel gestern auf, in dem geschrieben wurde, dass sich der Bundespraesident jetzt mit allen Parteien an einen Tisch setzen wird, um ueber moegliche Wege aus der Krise zu diskutieren. Und „mit allen Parteien“ hiess – laut Artikel ausdruecklich „nur nicht mit der LINKEn und der AfD“. Mir leuchtet hier nicht so recht ein, wieso hier die LINKE jetzt sogar durch den Bundespraesidenten diskriminert wird. Wenn wir ernsthaft ueber eine Schwarz-Gelbe Minderheitsregierung reden (was in der Presse vielerorts getan wird), die in der Realitaet wohl von der Rechtsextremen der AfD toleriert werden muesste, weshalb reden wir dann nicht gleichberechtigt ueber eine SPD-gefuehrte Rot-Rot-Gruene Minderheitsregierung, die Stimmen vom linken Fluegel der CDU braeuchte?

      • Stefan Sasse 21. November 2017, 21:18

        Ich denke in dem Fall nicht, weil die beiden in keiner arithmetisch möglichen Regierung mitmachen können.

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