Bin das nur ich?

Die FAZ, seit Frank Schirrmachers Zeiten stets an vorderster Front um uns die neuesten Meldungen über das drohende Rentendesaster zu überbringen, hat eine genaue Analyse der künftigen „Versorgungslücke“, also der Zahl zwischen dem letzten Nettogehalt und der späteren Netto-Rente. Der geneigte Leser ahnt es schon: diese Lücke ist gewaltig, und die Deutschen sparen zu wenig für das Alter. Praktischerweise bietet die FAZ dazu einige Rechenbeispiele:

Die Beispiele sind vor allem aus einem Grund interessant: der Durchschnittsverdiener, darin dürften wir uns einig sein, wird Mühe haben, die 744 Euro zur Schließung der Rentenlücke aufzubringen. Auch der Gutverdiener hat mit seinen 1372 Euro monatlichen Hamsterns wenig Aussicht auf durchschlagenden Erfolg; am besten sieht es noch für den Topverdiener aus. Das Rezept der FAZ ist dabei relativ simpel: Geld zur Seite legen und anlegen, bei etwa 6% Zinsen p.a., also in einem Aktienfonds.

Nun ist so ein Fond sicherlich nicht die schlechteste Art, sein Geld anzulegen, wenn man denn welches haben sollte. Ich sehe zwar einige konkrete Probleme mit dem Plan – vor allem in der Masse an Kapital, die bei der flächendeckenden Umsetzung dieser Idee auf den Markt schwemmen und durch das gewaltige Angebot die Preise, sprich: Zinsen, senken würde – aber das ist gar nicht das, worüber ich heute reden will. Mir geht es auch nicht um die von der FAZ hier ausgelassenen Geringverdiener, denn die betrifft diese Debatte nicht. Deswegen will ich das auch gleich aus dem Weg räumen, schon allein, weil ich letztens im Spiegel (leider noch nicht digital verfügbar) über eine traurige Geschichte zur Altersarmut gestoßen bin, bei der ein Rentner mit seinen 800 Euro nicht über die Runden kommt.

Diese Geschichte ist tatsächlich traurig, weil diese völlige Armut so unnötig ist. Wenn man nämlich einmal nachschaut, wie viel Anspruch auf Sozialhilfe ein Rentner mit einer solchen Rente hat, kommt man auf wundersame Weise auf Gesamtbezüge von 1100 Euro. Immer noch nicht üppig, aber deutlich besser. Wie viele Rentner mit Minirenten aus falsch verstandenem Stolz diesen Schritt nicht gehen, will man sich gar nicht ausmalen. Es sollte aber einsichtig sein, dass niemand von ihnen in der Lage war, die nötigen Summen zum Erreichen entsprechender Renten beiseite zu sparen. Niedrigverdiener sind daher auf Gedeih und Verderb der Rechenweise der Rentenversicherungsanstalt ausgeliefert.

Etwas anders verhält sich die Sache beim Durchschnitts- und Topverdiener aus der Grafik oben. Und hier entgleitet mir jetzt das Verständnis, denn ich sehe die Rentenlücke durchaus als Problem. Nur die oben aufgezeigte Lösung überzeugt mich nur eingeschränkt. Aufgezeigt wird das Problem immer wie folgt:

Die Renten werden in Zukunft sinken. Ergo müssen die Menschen privat vorsorgen, um die Lücke zu schließen.

Aber das ist zu einseitig gedacht. Etwas genereller lässt sich das Problem so formulieren:

Die Renten werden in Zukunft sinken. Soll das derzeitige Niveau gehalten werden, müssen die Menschen mehr bezahlen.

Wenn ich also so oder so monatlich Geld verlieren soll, um das Rentenniveau zu erhalten – warum in Dreiteufelsnamen wickeln wir das dann nicht über die Rentenversicherungsanstalt ab? Die Gewerkschaften haben bereits vor geraumer Zeit vorgeschlagen, den Rentenversicherungsbeitrag zu erhöhen, um das Rentenniveau zu halten. Mir ist völlig unklar, warum wir als Gesellschaft kollektiv den Sprung ins Dunkle wagen und alle zu Privatanlegern werden sollten – besonders wenn man die miese Performance der amerikanischen Rentenfonds und Betriebsrenten bedenkt – wenn wir stattdessen auch einfach höhere Rentenbeiträge bezahlen könnten. Der Unterschied in meinem Portmonee ist null. Das Geld ist so oder so weg. Nur wird im einen Fall von mir erwartet, dass ich sowohl meine künftigen Lebenshaltungskosten, meine Lebenserwartung und die Entwicklung des Finanzmarkts bis zu meinem Tod vorhersehe, während im anderen Fall immer das Geld für die aktuelle Rentnergeneration hereingeholt werden muss.

Und bevor jetzt wieder jemand kommt und von den hohen Belastungen für den Standort Deutschland wegen der Lohnnebenkosten jammert – diese Erhöhung könnten sogar einseitig die Arbeitnehmer tragen. Erneut: wenn das FAZ-Szenario stimmt, dann muss ich das Geld so oder so bezahlen. Das einzige Problem wären hier die oben angesprochenen Geringverdiener, weil die gar nichts gewinnen – ihre höheren Renten würden nur gegen etwaige Ansprüche bei der Grundsicherung verrechnet. Also, bin das nur ich? Übersehe ich irgendetwas wichtiges?

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  • CitizenK 10. Mai 2016, 15:40

    Einen Unterschied gibt es schon: Das privat Angesparte, wenn es denn wenigstens in der Substanz erhalten bleibt und nicht bei irgendwelchen Finanzkrisen vernichtet wird, bleibt erhalten. Dir selbst oder Deinen Erben.
    Das sind mMn die einzigen Argumente für die „Private Vorsorge“.

    Der Beitrag für die GRV ist „weg“, wenn Dir die Rente nicht durch eine lange Rentenbezugszeit zu Gute kommt. Vererbt wird da nichts, und einen vorzeitigen Zugriff in einer Notsituation gibt es auch nicht.

    • Stefan Sasse 10. Mai 2016, 20:14

      Wenn mich nicht alles täuscht ist zumindest bei Riester die Übertragbarkeit und frühere Abruferei auch extrem problembehaftet. Aber: dieses Argument stimmt natürlich, läuft aber wieder nur in die Richtung, dass wir davon ausgehen die Rente ohnehin nicht zu verbrauchen.

  • Ralf 10. Mai 2016, 19:09

    Wenn ich also so oder so monatlich Geld verlieren soll, um das Rentenniveau zu erhalten – warum in Dreiteufelsnamen wickeln wir das dann nicht über die Rentenversicherungsanstalt ab?

    GENAU! So sehe ich das auch.

    Das Rezept der FAZ ist dabei relativ simpel: Geld zur Seite legen und anlegen

    Da stellst Du Dir argumentativ selbst ein Bein. „Geld zur Seite legen“ ist das Gegenteil von „Geld anlegen“. Geld zur Seite zu legen bedeutet es auf’s Sparbuch zu bringen bzw. unter’s Kopfkissen zu legen. Wer Geld zur Seite legt spart. Das Risiko seine Ersparnisse zu verlieren, ist so praktisch null (ein Verbrechen mal ausgeschlossen). Die Rendite leider auch. „Geld anlegen“ hingegen heisst die Kohle ins Kasino zu tragen. Wer in Aktien investiert hat die Chance auf Gewinn, aber eben auch die Chance auf Totalverlust. Je hoeher das Risiko desto hoeher die Rendite ist das Gesetz des Marktes. Wer sein Geld anlegt, wettet am Markt. Fuer den der Glueck hat, ist das grossartig. Wer Pech hat, wird trotz lebenslanger Arbeitsleistung zum Sozialfall. Darueber hoert man in der FAZ leider nichts.

    • Stefan Sasse 10. Mai 2016, 20:13

      Ich dachte ich hätte das Problem anfangs kurz gestreift aber du hast natürlich Recht, ich ändere die Formulierung.

      • Ralf 10. Mai 2016, 22:53

        Der Grund weshalb ich den Punkt auf’s Tapet bringe ist der, dass Formulierungen, wie die von Dir gebrauchte in unserem neoliberalen Zeitgeist so oft verwendet werden, dass man sie irgendwann wie Dogmen behandelt und wie selbstverstaendlich uebernimmt. Da heisst es dann, wir sollen uns nicht mehr auf die umlagefinanzierte Rente verlassen, sondern uns stattdessen unsere Rente ANSPAREN. „Sparen“ klingt natuerlich immer erstmal toll. „Sparen“ hat eine unheimlich positive Konnotation in Deutschland. Wer spart, handelt vernuenftig, vorausschauend, erwachsen – kurz, er tut das richtige. Dabei meinen die, die von SPAREN reden aber in der Regel garnicht SPAREN, sondern naemlich das exakte Gegenteil: GELD AUSGEBEN, denn nichts anderes ist INVESTIEREN. Und investieren bedeutet halt ins Kasino zu gehen und mit seinem Geld zu wetten. Letzteres Bild erzeugt natuerlich erheblich negativere Konnotationen. Und wer moechte sich schon nach einer Lebensleistung von 40 Arbeitsjahren auf sein Spielglueck verlassen muessen, wenn es um die Rente geht? Auf diese Problematik wollte ich nur hinweisen. Ging nicht um Kritik an Dir, sondern darum wie schnell einem heutzutage solche Werbeslogans der Banken aus der Feder fliessen …

        • Stefan Sasse 11. Mai 2016, 05:26

          Ich hab da auch ein Riesenproblem mit und versuche den Begriff deswegen weitgehend zu umgehen – ich hab deswegen ja auch im Original „zur Seite legen und anlegen“ geschrieben, was wahrlich nicht dasselbe wie sparen ist. Inhaltlich stimme ich dir voll zu.
          Davon abgesehen ist „investieren“ auch positiv konnotiert, so wie „Unternehmen investieren in neue Maschinen“ oder „Staat investiert in Infrastruktur“, da kriegen wir das gleiche Problem in grün.

  • Nicolai 11. Mai 2016, 00:17

    Du beantwortest die Frage ja fast selbst: die privaten Rentenfonds haben unter anderem deswegen eine schlechte Performance, weil sie einen größeren Teil des Geldes für eigene Zwecke abfließen lassen – Werbung, Gehalt, Boni in guten Zeiten, und so weiter.

    Es gibt also Menschen, die einen sehr direkten und greifbaren finanziellen Anreiz haben, um zu versuchen, anderen Menschen in die private Rentenvorsorge zu treiben. Es gibt niemanden, der einen vergleichbar direkten Anreiz hätte, das Gegenteil zu erwirken.

    Denn natürlich profitieren (im Erwartungswert) alle Menschen, die _nicht_ im Finanzsektor arbeiten, von einer soliden nicht-privaten Rentenvorsorge. Dieser Anreiz liegt aber für die meisten Menschen weit in der Zukunft und ist eher diffus – und dementsprechend treibt er weniger Menschen in die Politik(beeinflussung), um genau dieses Ziel zu erreichen.

    • Stefan Sasse 11. Mai 2016, 05:28

      Meine Frage ist auch weniger, warum das passiert – die Anreize sind mir ja klar – sondern ob meine Überlegung dazu valide ist oder ob ich einen wichtigen Faktor übersehe.

  • Blechmann 11. Mai 2016, 01:10

    Warum soll man die Rentenlücke schließen? Wofür ist die Rente überhaupt gut, außer der Regierung die Gefolgschaft der Rentner zu sichern? Das Konzept der Lebensstandard-Sicherungsrente passt nicht in die neoliberale Zeit. Jemand er 30 Jahre arbeitet und wird dann arbeitslos oder arbeitsunfähig fällt mit 31 auf den HartzIV-Satz zurück. Keine Sau fragt nach seiner/ihrer „Lebensleistung“. Warum soll es einem Rentner besser gehen? Der Steueranteil der Rente ist jetzt schon höher als die Kosten für Arbeitslose. Also.

    Nach HartzIV kommt RiesterIV, die Rentenreform. Jeder der arbeitsunfähig ist und kein Einkommen/Vermögen hat bekommt Grundsicherung. Das wars. Ein einfaches und leistungsgerechtes Verfahren. Die bereits gezahlten Renten-Beiträge, wofür es später keine Rente mehr gibt, sind als Entschädigung in zukünftigen Jahren von der Steuer abziehbar – damit die ganzen Topverdiener nicht jammern, weil ihr Geld weg ist.

    Problem gelöst, Rentenlücke geschlossen. Die Sicherung des sozialen Existenzminimums ist Aufgabe des Staates, Konsumwünsche zu erfüllen ist Aufgabe der Wirtschaft. SPD übernehmen sie!

  • Gekis 11. Mai 2016, 01:13

    Hier werden Sie geholfen:
    „Nun gilt der einfache und klare Satz, daß aller Sozialaufwand immer aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden muß. Es gibt gar keine andere Quelle und hat nie eine andere Quelle gegeben, aus der Sozialaufwand fließen könnte, es gibt keine Ansammlung von Periode zu Periode, kein ‚Sparen‘ im privatwirtschaftlichen Sinne, es gibt einfach gar nichts anderes als das laufende Volkseinkommen als Quelle für den Sozialaufwand … Kapitalansammlungsverfahren und Umlageverfahren sind also der Sache nach gar nicht wesentlich verschieden. Volkswirtschaftlich gibt es immer nur ein Umlageverfahren.“
    Gerhard Mackenroth https://de.wikipedia.org/wiki/Mackenroth-These

    Die instrumentalisierte Zukunftsangst – Gesetzliche oder private Rentenversicherung von Prof. Dr. Gerd Bosbach

    https://www.youtube.com/watch?v=vfWXWRkoJbc

    • Stefan Sasse 11. Mai 2016, 05:29

      Ich kann mich erinnern das Mackenroth nicht unumstritten ist. Aber ich gehe davon aus, dass dem exakt so ist. Woher auch meine Verwirrung stammt.

      • CitizenK 11. Mai 2016, 07:33

        In der Rentendebatte müsste Mackenroth eigentlich eine zentrale Rolle spielen. Es hat seinen Grund, warum dies nicht der Fall ist. (Ich selbst bin trotz VWL-Nebenfach-Studium sehr spät darauf gestoßen, übrigens durch den damals noch diskutablen Spiegelfechter.)

    • Blechmann 12. Mai 2016, 00:55

      Wenn man das Ausland außer Betracht lässt, also private Geldanlage im Ausland, ist das doch ziemlich offensichtlich so.

  • Kirkd 11. Mai 2016, 08:28

    Ich stimme Deinen Überlegungen im Wesentlichen zu. Nimmt man als Ziel Lebensstandardsicherung mit einfachen Mitteln, dann ist die gesetzliche Versicherung das Mittel der Wahl. Ihre Verwaltungskosten liegen weit unter den Vertriebs- und Verwaltungskosten von Fonds- und Versicherungsprodukten und sie schafft ein einfaches System, in dem sich der normale Arbeitnehmer sehr gut einrichten kann und sich vor allem wenig Gedanken machen kann.

    Ich bin seit einigen Jahren im Sozialsystem der Schweiz: Die erste Säule ist eine Bürgerversicherung mit Grundsicherung. Hier wird nur eine Grundrente abgedeckt, die ein wenig über dem Existenzminimum liegt. Alle Zahlen ein (Auch Selbständige) mit einem Prozentanteil ihres Gehaltes ohne Beitragsbemessungsgrenze, also streng solidarisch. Die zweite Säule ist für Arbeitnehmer verbindlich, AG und AN müssen einzahlen, aber die Rente ist beitragsabhängig. Wer über die Jahre mehr verdient hat, bekommt mehr raus. Es wird der Lebensstandard abgesichert. In der Schweiz über Rentenversicherung oder Pensionskasse (aber das könnte auch eine gesetzliche Kasse sein). Die Schweizer Kapitallösung hat zwei interessante Aspekte: 1. der Wert der Rente ist auch als angespartes Kapital beziffert (und das ist ein hoher Betrag), was der gefühlten Armut vieler gesetzlich Versicherter in DE entgegenwirkt 2. das angesparte Kapital kann teilweise für die Immobilienfinanzierung verwendet werden. Nachteil eines hohen gesetzlichen Beitrages ist nämlich, dass viele Menschen nicht oder zu spät über das notwendige Kapital für die Immobilienfinanzierung verfügen.
    Die 3. Säule ist dann ähnlich wie Rürup in DE, aber alle Säulen sind flexibel, dh Wechel AN zu Selbständig und umgekehrt wird nicht bestraft und Immobilienfinanzierung möglich.

    Die Schweiz zeigt allerdings auch, dass kapitalgedeckte Renten nicht in den Himmel wachsen. In beiden Systemem muss eine Rente mühsam erwirtschaftet werden.

  • R.A. 11. Mai 2016, 08:38

    Eine interessante Fragestellung. Und gar nicht so leicht, den Logikfehler zu finden.

    Und der liegt in erster Linie darin, daß die staatliche Rentenversicherung eben keine Reserven anspart. Sonder alle Einnahmen sofort wieder ausschüttet.
    Das bedeutet: Wenn jetzt viele Gutverdiener zusätzliche Rentenbeiträge bezahlen, tun sie überhaupt nichts für ihre eigene Altersversorgung. Sondern entweder bekommen die aktuellen Rentner mehr Geld oder aber die Beiträge werden gesenkt. Auf jeden Fall sind die zusätzlichen Einzahlungen weg und haben nur zusätzlich Ansprüche generiert – aber keine Möglichkeit, diese später zu bedienen.

    Und das vor dem Hintergrund, daß die staatliche Rentenversicherung ohnehin längst marode ist – wegen der demographischen Probleme. Durch die zurückgehende Geburtenrate müssen immer mehr Rentner von immer weniger Beitragszahlern getragen werden. Im Kern liegt das daran, daß die Jüngeren nicht nur die eigenen Eltern finanzieren, sondern auch noch kinderlose Rentner, denen eigentlich gar nichts zusteht.
    Die demographische Schieflage des Rentensystems wird zur Zeit dadurch ausgeglichen, daß der Staat massiv zuschießt. Die Rentensubvention ist der größte Posten im Bundeshaushalt und wächst ständig.
    Es ist da kaum möglich, auch noch eine massive Zusatzversorgung der Gutverdiener mit Zuschüssen zu versorgen.

    Und auch aus Sicht der Betroffenen gibt es gute Gründe, nicht noch mehr Geld in die staatliche Rentenversicherung zu versenken. Schon jetzt ist es so, daß die Beiträge eigentlich eine negative Rendite bringen. D.h. für jeden Euro, den man heute einzahlt, wird man später als Rentner weniger als einen Euro rausbekommen. Weil die staatlichen Zuschüsse das demographische Problem nicht komplett ausgleichen können.

    Und es ist auch klüger, die Risiken zu streuen. Die staatliche Rente als eine Komponente der Altersversorgung ist ok – die wird irgendwie immer etwas bringen, egal wie sich die Lage entwickelt. Aber ansonsten setzt man besser auf Immobilien oder Aktien, deren Ertragschancen nicht vom Staatshaushalt abhängig sind.

    Insbesondere deswegen, weil die künftigen Erträge aus der Rentenversicherung massiv durch politische Entscheidungen gefährdet sind.
    Wenn irgendwann einmal bei Rentenauszahlungen gekürzt werden wird, dann natürlich zuerst bei den hohen Renten. Wenn ich als Gutverdiener meinen Rentenanspruch durch mehr Beiträge erhöhe, dann laufe ich eine hohes Risiko, daß ich irgendwann keine Gegenleistung mehr dafür bekomme.

    Fazit: Auch wenn die von der FAZ empfohlenen Fonds mit fast schon unseriösen 6% Gewinnversprechen schlecht sind – noch mehr auf die staatliche Rente zu setzen wäre noch schlechter.

    • Kirkd 11. Mai 2016, 08:56

      Das liegt daran, dass das deutsche System eine Kombination aus Solidar- und Ansparsystem ist. Die Solidarleistung wird dabei noch dazu nicht horizontal in der Gegenwart erbracht, sondern über eine Zeitachse. Letztlich handelt es sich um einen gestreckten Kredit für die Rente einer Generation, die ihr Vermögen durch Krieg verloren hat, und die Generation der Rentner der DDR. Dieses Problem lässt sich auch durch Kapitaldeckung nicht lösen, es sei denn, man legt einer Generation doppelte Kosten auf. Faktisch wird das Umgekehrte gemacht: man gibt den nächsten beiden Generationen weniger raus.

      Die Streuung ist in der Tat ein Argument für ein Mischsystem. Umlageverfahren und Kapitaldeckung haben in ihren Erträgen eine geringe Korrelation, was grundsätzlich ein Vorteil ist. Der Ertrag eines kapitalgedeckten Systems ist aber langfristig dem eines Umlageverfahrens identisch. Es ist ausgeschlossen, dass ein System, das die gesamte Bevölkerung abdeckt, den Markt schlägt. Der Ertrag ist daher in beiden Fallen von der Wirtschaftsleistung des Landes abhängig.

  • Kirkd 11. Mai 2016, 08:46

    Ein weiteres Argument gegen eine grosen Anteil an Kapitaldeckung in Deutschland ist, dass ein erheblicher Teil der deutschen Unternehmen und des deutschen Immobilienmarktes für einen Staatsfonds oder Privatanleger nicht zugänglich sind. Wie immer wieder dargelegt wird, ist eine Stärke der deutschen Wirtschaft, dass sie einen hohen Anteil familiengeführter, mittelständischer Unternehmen aufweist. Das bedeutet aber, dass man am Erfolg solcher Unternehmen nicht als Anleger teilhaben kann. Gleiches gilt für erhebliche Anteile des deutschen Immobilenbestandes. Im Vergleich zu den USA oder UK gibt es für kapitalgedeckte Système also wesentlich weniger Anlagemöglichkeiten, die aus Gründen der Leistungsbilanz bei den für ein Rentensystem nötigen Mengen zu einem erheblichen Anteil in Deutschland liegen müssen.

  • R.A. 11. Mai 2016, 10:05

    > Das liegt daran, dass das deutsche System eine Kombination
    > aus Solidar- und Ansparsystem ist.
    Eigentlich nicht. Das staatliche Rentensystem ist reines Umlagesystem ohne irgendeine Ansparkomponente (die schmalen Zuschüsse für Riester-Produkte mal außen vor gelassen).
    Eine Kapitalkomponente gibt es nur dort, wo Private das für sich entschieden haben.

    > Letztlich handelt es sich um einen gestreckten Kredit für
    > die Rente einer Generation, die ihr Vermögen durch
    > Krieg verloren hat …
    Schon richtig, der historische Ursprung des heutigen Verfahrens ist verständlich und war damals legitim.
    Weniger verständlich ist, daß man auch Jahrzehnte nach dem Krieg (bzw. dem DDR-Zusammenbruch) ausschließlich auf dieses Verfahren setzt und es sogar noch ausbaut.

    > Der Ertrag eines kapitalgedeckten Systems ist aber langfristig
    > dem eines Umlageverfahrens identisch. Es ist ausgeschlossen,
    > dass ein System, das die gesamte Bevölkerung abdeckt, den
    > Markt schlägt. Der Ertrag ist daher in beiden Fallen von der
    > Wirtschaftsleistung des Landes abhängig.
    Fast.
    Zum Einen umfaßt das Umlagesystem nicht die gesamte Bevölkerung – was übrigens die Steuersubventionen höchst problematisch und ungerecht macht.
    Zum Anderen kann bei Kapitaldeckung auch in ausländische Wirtschaft investiert werden.

    Vor allem aber: Das Umverteilungssystem ist reiner Konsum, das Kapitaldeckungssystem setzt auf Investitionen.
    D.h. die Chancen auf künftig höhere Erträge sind deutlich höher, je größer der Anteil des Kapitaldeckungssystems sind.

    • Kirkd 12. Mai 2016, 09:28

      „Weniger verständlich ist, daß man auch Jahrzehnte nach dem Krieg (bzw. dem DDR-Zusammenbruch) ausschließlich auf dieses Verfahren setzt und es sogar noch ausbaut.“

      Das ist eigentlich sehr gut verständlich. Denn keine Generation will doppelt zahlen, einmal für die vorhergegangene und einmal für sich.

      „Eigentlich nicht. Das staatliche Rentensystem ist reines Umlagesystem ohne irgendeine Ansparkomponente (die schmalen Zuschüsse für Riester-Produkte mal außen vor gelassen).“

      Mit ansparen meinte ich, dass die Hohe der Auszahlung von den gezahlten Beiträgen abhängt. Wegen der Solidarkomponente entspricht die Auszahlung aber nicht der Einzahlung.

      „Zum Anderen kann bei Kapitaldeckung auch in ausländische Wirtschaft investiert werden.“

      Kann schon, nur führt das langfristig nur dann zu Erträgen, wenn die Währung gegenüber dem Ausland nicht aufwertet. Frag mal die Pensionskassen der Schweiz, wie wahrscheinlich das für ein Land mit chronischem Aussenhandelsüberschuss ist. Langfristig (und Renten sind ausschliesslich langfristig) muss man seinen Wohlstand als Volkswirtschaft selbst erwirtschaften. Eine gesamte Volkswirtschaft kann nicht davon reich werden, dass sie ihr Geld in anderen Ländern anlegt.

      „Vor allem aber: Das Umverteilungssystem ist reiner Konsum, das Kapitaldeckungssystem setzt auf Investitionen.“

      Das Problem unserer Volkswirtschaft ist ja jetzt nicht gerade, dass es zu wenig Anlagekapital gibt, sondern dass das in Mengen vorhandene Kapital keiner mehr nachfragt, oder?

      „Zum Einen umfaßt das Umlagesystem nicht die gesamte Bevölkerung – was übrigens die Steuersubventionen höchst problematisch und ungerecht macht.“

      Deswegen befürworte ich auch eine Bürgerversicherung.

  • R.A. 11. Mai 2016, 10:09

    > Ein weiteres Argument gegen eine grosen Anteil an
    > Kapitaldeckung in Deutschland ist, dass ein erheblicher
    > Teil der deutschen Unternehmen und des deutschen
    > Immobilienmarktes für einen Staatsfonds oder
    > Privatanleger nicht zugänglich sind.
    Das ist richtig, definiert aber nur ein Maximum an möglicher Kapitaldeckung. Man wird also nie komplett auf das Umlagesystem verzichten können (was ich auch aus anderen Gründen, wie die Risikostreuung, nicht empfehlen würde).
    Aber dieses Maximum ist natürlich noch lange nicht erreicht, die kapitalgedeckte Altersvorsorge könnte also noch deutlich ausgebaut werden.

    Im übrigen wäre der Anteil für Investitionen zugänglicher Anlagemöglichkeiten durchaus noch steigerungsfähig, z. B. durch Privatisierung.

  • Ariane 11. Mai 2016, 12:38

    Wie viele Rentner mit Minirenten aus falsch verstandenem Stolz diesen Schritt nicht gehen, will man sich gar nicht ausmalen.
    Das muss gar nicht der Grund sein. Bei meiner Oma war zb vor der Mütterrente der Fall, dass sie mit Grundsicherung zwar mehr Geld bekommen hätte, aber aus ihrer bescheidenen 1,5-Zimmer-Wohnung hätte ausziehen müssen, in der sie seit über 40 Jahren lebt und die dazu sehr praktisch mit Aufzug und Supermarkt vor der Tür ist. Gar nicht zu reden davon, wie einschüchternd dieser Bürokratiebatzen für jemanden über 80 ist. Es bräuchte da eigentlich eine Art extra-Seniorenregelung, die eben auf spezifische Bedürfnisse angelegt ist, imo.

    Zur Rentenfrage sehe ich es wie du, aber meiner Meinung nach ist das auch eine Glaubensfrage. Das kollektive Umlageverfahren basiert nun mal darauf, dass man heute für andere Leute zahlt und später andere Leute für einen selbst. Viele mögen das nicht, kurz gesagt.

    Vor allem aber: Das Umverteilungssystem ist reiner Konsum, das Kapitaldeckungssystem setzt auf Investitionen. D.h. die Chancen auf künftig höhere Erträge sind deutlich höher, je größer der Anteil des Kapitaldeckungssystems sind.
    2. der Unterschied zwischen Sicherheit und Profit. R.A. hat natürlich recht, aber wo höhere Erträge zu erwarten sind, steigt eben auch das Risiko. Klar könnten höhere Erträge dabei rausspringen, aber die letzten Jahre mit Immobilien, Börsen- und Schuldenkrisen sollten uns gelehrt haben, dass das ganze eben kein Selbstläufer ist und auch brutal in die Hose gehen kann, gerade wenn jeder individuell entscheiden soll, was er mit dem Geld macht. Heute klingen Rentenfonds vielleicht gut, aber vielleicht sind die in 10 Jahren auch pleite und man hätte lieber ein Haus kaufen sollen oder eben umgekehrt. Die Masse der Menschen hat weder die Kompetenz, das selbst einschätzen zu können noch Beratungen gut einschätzen zu können.

  • DDD 11. Mai 2016, 15:28

    „Übersehe ich irgendetwas wichtiges?“

    Ja, du erwähnst das fundamentale Problem nicht: Den demographischen Wandel. Um ihn nochmal mit einem Extrembeispiel zu veranschaulichen: Stell dir eine Volkswirtschaft vor mit 2 Personen. 1 Arbeiter erzielt Einkommen und unterstützt 1 Rentner. Es gibt aber 0 Kinder. Wenn der Arbeiter in Rente geht, kann er trotzdem eine Rente erzielen, wenn er im Laufe seines Arbeitslebens etwas angespart hat, bzw. etwas in andere Volkswirtschaften investiert hat.
    Das Mackenroth-Theorem gilt nur für eine geschlossene Volkswirtschaft, nicht für eine offene!

    Die Nachdenkseiten-Argumentation geht davon aus, dass die Produktivität stark genug steigt, um auch bei wenig neuen Kindern ein Umlagesystem zu fahren.

    Die Volker-Pisper-Argumentation geht davon aus, dass man keine Vorhersagen über 50 Jahre machen kann, was natürlich nicht hilft. Vielleicht bekommt er ja doch Recht mit der Flüchtlingskrise.

    • Nicolai 11. Mai 2016, 16:21

      Das Beispiel ist interessant – denn am Ende gibt es ja 1 Rentner und 0 Arbeiter. Wenn aber niemand etwas produziert, dann gibt es nichts für den Rentner, und all sein Erspartes ist vollkommen unnütz.

      Aber der Nebensatz ist interessant, nämlich das „Investieren“ in andere Volkswirtschaften.

      Vielleicht ist die Synthese des Ganzen, dass eine kapitalgedeckte Altersvorsorge nur sinnvoll ist, wenn _im Ausland_ investiert wird?

      • DDD 11. Mai 2016, 18:13

        Nicht ganz, kapitalgedeckte Altersvorsorge kann sogar Vorteile haben, wenn das Investieren nur im Inland stattfindet: Wenn die zusätzlichen Ersparnisse in die Vergrößerung des Kapitalstocks investiert werden, kann auch mit weniger Arbeitern in der nächsten Generation mehr erwirtschaftet werden. Das funktioniert aber nur, wenn die Sparneigung bei einem kapitalgedeckten System unterm Strich höher ist als bei einem Umlagesystem. Laut Wikipedia sagen Studien jedoch, dass dem nicht so sei. Ich habe jedoch auch einige gefunden, die das Gegenteil gemessen haben (Feldstein 1974; Hubbard 1986; Samwick 2000). Laut denen haben Länder mit kapitalgedeckter Altersvorsorge (bspw. Chile) tendenziell eine höhere Sparquote; ebenso sparen Leute im selben Land weniger, je höher ihr Rentenanspruch ist. Letzteres kann man z.B. versuchen zu messen, indem man das Verhalten von Leuten nach der Einführung einer Rentenreform versucht zu beobachten.

      • Marc 12. Mai 2016, 08:55

        @Nicolai

        Vielleicht ist die Synthese des Ganzen, dass eine kapitalgedeckte Altersvorsorge nur sinnvoll ist, wenn _im Ausland_ investiert wird?

        Ein eindeutiges Ja. In einer geschlossenen Volkswirtschaft gilt ja das Mackenroth-Theorem und die Unterschiede zwischen Umlage und Kapitaldeckung erscheinen „kosmetischer“ Natur zu sein: bei der Umlage gibt es einen „Generationenvertrag“ bei der Kapitaldeckung machen die Rentner ihre Nachkommen zu Schuldnern. In beiden Fällen zahlen die Nachkommen – weil es eben nicht anders geht.
        Einen wesentlichen Unterschied gibt es aber: Das Risiko. Eine Umlage ist nahezu risikofrei. Das Finanzsystem ist weitaus weniger stabil. Gibt es im Zeitraum der Rentenansparung auch nur eine Finanzkrise, dann müssen die Rentengelder „gerettet“ werden. In diesem Fall zahlt man für einen Euro Rente drei Mal: Einmal bei der Anparung, einmal um die Schulden der Krise zu begleichen und ein drittes Mal um die Rente dann doch auszahlen zu können.
        Private Vorsorge in einer geschlossenen Volkswirtschaft sollte daher niemals eine tragende Rolle spielen.

        Was ändert sich, wenn man das Ausland mit einbezieht? Das Risiko spielt wiederum die entscheidende Rolle. Wenn ich das Rentensystem nur auf die eigene Volkswirtschaft aufbaue, dann ist es bei einem Umlageverfahren sehr stabil, bei einer privaten Kapitaldeckung eben so stabil wie der eigene Finanzmarkt und die „Rettungsbereitschaft“ des Staates.
        Soll das Ausland die Renten stemmen, wird das Risiko wesentlich vergrößert: Geht das Ausland Pleite, sind die zukünftigen Renten unwiederbringlich futsch.

        • DDD 12. Mai 2016, 09:45

          Ich stimme zu, dass eine kapitalgedeckte Altersvorsorge, egal wie investiert, risikoreich sein kann. Trotzdem sinkt das Risiko eher, wenn man im Ausland investiert. Eine Grundregel beim investieren lautet bekanntlich „nicht alle Eier in einen Korb“ zu legen. Wer risikoarm investieren will, investiert lieber in mehrere verschiedenen Länder, als auf die Wirtschaft eines einzigen zu wetten.

          • Marc 12. Mai 2016, 13:55

            @DDD
            Dass ein Land seine Auslandsschulden nicht mehr bedient, ist weitaus wahrscheinlicher, als dass es seine umlagenfinanzierte Renten nicht zahlt. Es sind daher zwei völlig verschiedene Risiken.
            Die Diversifikation nutzt nichts, denn wenn das eigene Finanzssystem kollabiert, sind die Rentengelder trotz Diversifikation futsch!

            Die kapitalgedeckte Rente ist nichts anderes als ein Lotteriespiel mit hoher Wahrscheinlichkeit für Altersarmut, aber keine seriöse Strategie!

    • CitizenK 11. Mai 2016, 17:58

      Wieso soll Mackenroth nur für geschlossene Volkswirtschaften gelten? Strittig ist, ob die Überlegung von Mackenroth überhaupt richtig liegt. Das wäre zu diskutieren, denn das ist zentral sowohl für die Renten- als auch für die Staatsschulden-Debatte: Unsere (Subtext: armen) Kinder und Kindeskinder müssen die von uns angehäuften Schulden abtragen. Wenn Mackenroth recht hat, geht auch dieses Argument ins Leere.

      Das Produktivitäts-Argument wird (u. a. von Butterwegge) dadurch unterlegt, dass der erwerbstätigen Bevölkerung die nicht-erwerbstätige gegenübergestellt wird. Dazu gehören auch Kinder und Jugendliche. Gruppe A muss die Güter und Dienstleistungen für Gruppe B bereitstellen. Auf dieses Verhältnis kommt es volkswirtschaftlich gesehen an, und das gibt die Grundlage für die Katastrophen-Szenarien der GRV nicht her.

      • DDD 11. Mai 2016, 18:17

        Mackenroth gilt nicht für offene Volkswirtschaften, weil offene Volkswirtschaften nicht zwangsläufig das konsumieren müssen, was sie produzieren.

        Das stimmt, allerdings: Kinder und Jugendliche sind sehr viel günstiger im „Unterhalt“ als Rentner. Die meisten Sozialausgaben fließen in die Rente und die Gesundheit. Beides kommt v.a. bei alten Leuten an. Weniger Kinder helfen dann nicht viel bei mehr Rentnern.

  • Stefan Sasse 11. Mai 2016, 15:53

    Mein Blickwinkel wäre eher folgender aktuell: meine Elterngeneration hatte als Sonderbelastung den Aufbau Ost. Meine Großelterngeneration den Wiederaufbau nach dem Krieg. Da kann meine Generation die Rettung des Rentensystems und die Untersützung der Flüchtlinge tragen.

    • rote_pille 11. Mai 2016, 21:42

      Tragen Sie die selbst. Warum sollten wir anderen gezwungen werden für Ihr Gutmenschentum zu bezahlen? Ich habe die Flüchtlinge nicht gerufen, also ist es mir scheißegal was aus ihnen wird.

  • QuestionMark 11. Mai 2016, 21:15

    >Da kann meine Generation die Rettung des Rentensystems
    >und die Untersützung der Flüchtlinge tragen.
    Warum so bescheiden? Wir sollten einfach die ganze Welt durchfüttern. Also: Grenzen aufmachen und jeden reinlassen der Sozialhilfe, Asylgeld, Rente oder sonst irgendeine Sozialleistung haben will. Wir haben es doch. Das Geld dafür holen wir uns einfach von den Armen. Die paar Kröten, die die noch haben brauchen die doch nicht. Die können ohnehin nicht so gut mit Geld umgehen. Sonst wären die doch nicht so arm. 🙂

  • Hans 65 12. Mai 2016, 00:35

    Die Unwissenheit, bzw. das Halbwissen, der meisten Kommentatoren ist nicht nur verblüffend, sondern frustrierend, Aber der Autor des Artikels glänzt ebenfalls nicht durch bestechende Kompetenz.

    Zum Auffüllen der Wissenslücke und zur Beseitigung so mancher abstruser Vorstellungen empfehle ich diese Links zur Durcharbeitung. Es wird zwar Zeit in Anspruchnehmen, aber es lohnt sich.
    http://www.gerechterente.net/

    • Stefan Sasse 12. Mai 2016, 14:06

      Nichts sorgt so zuverlässig dafür, dass Leute deinem Link folgen, wie sie vorher zu beleidigen.

      Nicht.

  • Hans 65 12. Mai 2016, 00:49

    Wo wären die kapitalgedeckten „Rentenbeträge“ ohne die Rettung der „System-Banken“ durch die Steuerzahler geblieben?

  • Blechmann 12. Mai 2016, 01:15

    Das generelle Problem mit der Geldanlage im Ausland ist, dass die deutsche Regierung, den Deutschen zwingen kann, Geld für die Rentner herauszurücken, die Chinesen aber nicht. Wenn das Geld also alles in China angelegt wurde und die Chinesen die Zahlungen einstellen, dann hat Deutschland keine Rente mehr. Die ganze Kapital-Anlegerei beruht auf der Voraussetzung, dass die nächsten Jahrzehnte die Weltwirtschaft immer weiter wachsen wird. Das ganze Welt-Finanzsystem wirkt auf mich allerdings ziemlich unsolide, die USA mit ihrem Außenhandelsdefizit, die ständig steigenden Staatsschulden, die systemrelevanten Banken, der Euro. Es wäre mir lieber, man würde sich erstmal über ein solides Finanzsystem Gedanken machen, bevor man darüber nachdenkt mit welchen Tricks man aus der Rente noch mehr herauskitzeln kann.

    • Stefan Sasse 12. Mai 2016, 14:07

      Ich denke auch dass das Problem mit der Auslandsdiversifizierung ist, dass es als individuelle Anlagestrategie viel Sinn macht, aber nicht für die Gesellschaft als Ganzes.

  • Oliver 12. Mai 2016, 01:31

    Wenn ich also so oder so monatlich Geld verlieren soll, um das Rentenniveau zu erhalten – warum in Dreiteufelsnamen wickeln wir das dann nicht über die Rentenversicherungsanstalt ab?

    Weil daran die Banken und Versicherungen nichts verdienen. Die Rente wie wir sie jetzt haben, funktioniert nicht, weil die Topverdiener eben nicht in die gesetzliche Rente einzahlen, sondern sich nach Gusto aus dem System verabschieden können. Und selbst wenn sie das nicht tun, sorgt z. B. die Beitragsbemessungsgrenze dafür, dass die „starken Schultern“ eben nicht die Last tragen. Rentenbeitrag auf 10 % senken, aber für alle Einnahmen und als Zwangsversicherung (wie eine Steuer) und das „Rentenproblem“ ist die nächsten 50 Jahre gelöst. Das trifft aber natürlich nur die Besserverdiener und die werden den Teufel tun und das jemals zulassen. Arme haben nun mal keine Hausausweise für den Bundestag.

    Und der demografische Wandel ist eine neo-liberale Nebelkerze. Natürlich kommen immer mehr Rentner auf einen Arbeiter, allerdings ist das nicht das Problem. Das Problem ist viel mehr, dass die Produktivität in den letzten Jahrzehnten explodiert ist, aber die Löhne niemals angepasst wurden. Im Gegenteil, sie sind sogar noch gesunken.

    • DDD 12. Mai 2016, 07:19

      „explodiert“ ist sie sicherlich nicht. Siehe z.B. hier auf Seite 20:
      http://library.fes.de/pdf-files/wiso/08997.pdf. Allgemein ist es ein weltweites Phänomen, dass die Produktivität immer langsamer wächst.

    • Stefan Sasse 12. Mai 2016, 14:08

      Wäre es also sinnig, einfach die Beitragsbemessungsgrenze zu kippen? Das wäre gleichzeitig eine Steuererhöhung für die Reichen, effektiv.

      • DDD 12. Mai 2016, 23:46

        Dann würde aber auch der Rentenanspruch dieser Leute steigen, oder?

        • Ralf 13. Mai 2016, 01:32

          Nicht unbedingt. Den Rentenanspruch koennte man auch deckeln.

          • Stefan Sasse 13. Mai 2016, 13:13

            Ja. Ich kenne mich mit den Zahlen nicht genug aus um zu sagen, welche Variante besser wäre. Beides vorstellbar. Da krass hohe Einkommen meist eh aus Kapitalertrag kommen sollte das nicht endlos hohe Renten bringen.

  • Hans 65 12. Mai 2016, 02:11

    Das Mackenroth-Theorem ist weder umstritten, geschweige denn widerlegt, denn in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gilt:

    Volkseinkommen (Y)=Konsum (C)+volkswirtschaftliche Ersparnis (S)

    Kritiker argumentieren damit, dass in einem kapitalgedeckten Rentensystem die Sparquote steigt, was zu einem höheren Zuwachs des künftigen Volkseinkommens führen könnte. Alle empirischen Studien, als auch die Modellrechnungen von Samuelson widerlegen diese Annahme.

    • CitizenK 12. Mai 2016, 06:43

      @ Hans 65

      Danke für die Links.

      Die Liste mit Riesters „Neben-“ Tätigkeiten ist eindrucksvoll. Ein Neben-Aspekt: Das Riester-System ist ein solches bürokratisches Monstrum, dass es den angeblichen De-Regulierern die Schamröte ins Gesicht treiben müsste.

      Kann man die Diskussion in den 50ern um die Einführung des Umlageverfahrens irgendwo nachlesen?

      • Stefan Sasse 12. Mai 2016, 14:09

        Das Umlageverfahren kommt ja aus Bismarcks Zeit. Interessant wäre eher die Dynamisierung der Rente 1957, aber das war ein so offensichtlich politischer Schachzug, dass du da wenig taugliche volkswirtschaftliche Argumente rausziehen werden kannst.

        • CitizenK 12. Mai 2016, 17:04

          Nein, Bismarck war noch Kapitaldeckung. Die dynamische Rente im Umlageverfahren wurde in den 50ern von einem Professor Schneider (?) entwickelt auf der Grundlage der Überlegungen von Mackenroth.
          https://de.wikipedia.org/wiki/Rentenreform_1957

          Übrigens durch eine CDU-Regierung gegen den Widerstand der SPD, die Mackenroth wohl auch nicht verstanden hatte. Wie später der Volksschul-Absolvent aus dem Sauerland.

          Ich habe das selbst noch bei meinem Großvater miterlebt. Seine Rente aus dem Kaiserreicht war vorher winzig war statisch, nicht dynamisch. Das war für die Rentner wie ein Wunder, plötzlich waren sie zwar nicht reich, aber auch nicht mehr bettelarm wie vorher.

          • Stefan Sasse 13. Mai 2016, 05:57

            Ah ok, das wusste ich nicht. In dem Fall wäre die Debatte von damals wirklich interessant…

            • CitizenK 13. Mai 2016, 06:43

              „Die Demografie ist eine Zauberformel zur Durchsetzung von rücksichtslosen Einschnitten ins Sozialsystem, ein Deckmantel für die Politik.“

              Aus einem Gespräch mit dem Statistik-Professor Bosbach in der taz. Lesenswert.

              http://www.taz.de/!5049986/

            • CitizenK 14. Mai 2016, 20:02

              Korrektur: Der „Erfinder“ der Dynamischen Rente hieß Schreiber (nicht Schneider).
              Die SPD war bei der Abstimmung im Bundestag nicht mehr dagegen, sondern hatte lediglich in einem früheren Entwurf das Konzept noch nicht richtig durchdacht.
              Details hier:
              http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41120346.html

    • DDD 12. Mai 2016, 07:15

      „Alle empirischen Studien, als auch die Modellrechnungen von Samuelson widerlegen diese Annahme.“

      Diese Aussage stimmt so einfach nicht. Es gibt durchaus Studien, die zu einem anderen Ergebnis kommen. Siehe mein Beitrag oben.

  • Hans 65 12. Mai 2016, 02:14

    Den zweiten Link liefere ich hier nach:
    http://www.flegel-g.de/index-rente.html

  • Hans 65 12. Mai 2016, 10:29

    @ DDD 12. Mai 2016, 07:15
    Diese Aussage stimmt so einfach nicht. Es gibt durchaus Studien, die zu einem anderen Ergebnis kommen. Siehe mein Beitrag oben.

    Und in welchem Land haben sich abweichende (mir bis dto. unbekannte) Studien in der Realität bestätigt? Abgesehen davon ist auch die Erde eine geschlossene Volkswirtschaft, denn noch können wir unsere Produkte nicht an Außerirdische verkaufen.
    Sie führen die Rentendebatte ideologisch. Das bringt nichts.
    Vereinfacht ausgedrückt beruht die Rentenproblematik nicht auf dem Umlageverfahren – denn auch eine kapitalgedeckte Rente wäre letztlich ebenfalls nur ein solches – sondern auf drei falsch gestellten Stellschrauben:
    1. Nur 52 % aller Einkommensbezieher zahlen in die GRV ein.
    2. Die Beiträge sind durch die Bemessungsgrenze gedeckelt.
    3. GRV-Beiträge werden für versicherungsfremde Leistungen zweckentfremdet.

    • DDD 12. Mai 2016, 11:19

      „Social Security, Induced Retirement, and Aggregate Capital Accumulation
      “ von Feldstein (1974) benutzte amerikanische Daten. „Retirement expectations, pension reforms, and their impact on private wealth accumulation“ von Bottazzi et al (2004) benutzen italienische Daten. „Public pension and household saving: Evidence from urban China“ von Feng et al (2011) benutzen chinesische Daten.

      Natürlich ist die Erde eine geschlossene Volkswirtschaft, aber das Argument der Kapitalakkumulation gilt auch in einer solchen.

      Es kann durchaus sein, dass unser Rentensystem mit einfachen Mitteln verbessert werden kann, in den Punkten möchte ich Ihnen nicht widersprechen. Vielleicht haben Sie unterm Strich recht, da bin ich zu wenig in der Materie drin. Dass Sie aber gleichzeitig einfach falsche Tatsachenbehauptungen („alle Studien…“) in Ihre Argumentation einbeziehen, deutet darauf hin, dass auch Sie nicht ganz frei von Ideologie sind und sich unbequeme Dinge schönreden, die nicht zu Ihrer Argumentation passen.

  • Hans 65 12. Mai 2016, 18:25

    @DDD
    Studien kommen und Studien gehen. Die Starökonomen Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart wollten in einer Studie bewiesen haben, dass bei einer Verschuldungsquote über 90 % das Wachstum rapide schrumpft. Thomas Herndon, Michael Ash und Robert Pollin, drei Forscher der Universität Massachusetts, haben ihnen schlampigen Umgang mit Daten und Rechenfehler nachgewiesen.

    Ich habe nach „Kritik am Mackenroth-Theorem“ gegoogelt und in Wikipedia diese Passage dazu gefunden:

    „Allerdings haben empirische Studien ergeben, dass die Sparquote in Ländern mit einem Rentensystem im Kapitaldeckungsverfahren nicht höher ist als in Ländern mit einem Rentensystem im Umlageverfahren.[4] Ein Zusammenhang zwischen der Art der Organisation des Rentensystems und der Höhe der Sparquote konnte also nicht hergestellt werden. Der Zuwachs an Volkseinkommen kann also im kapitalgedeckten Rentensystem nicht höher sein als bei einem Rentensystem im Umlageverfahren.“

    Daraus habe ich gefolgert, dass es keine ernst zu nehmenden Studien gibt, die das Gegenteil belegen. Die empirischen Daten und die Realität sprechen zweifelsfrei für die Schlussfolgerungen von Mackenroth und das völlig entideologisiert.

    Zu „offener“ oder „geschlossener“ Volkswirtschaft gilt:

    Wenn alle Menschen auf unserem Planeten, die ein Einkommen aus Arbeit beziehen, einen Anspruch auf entsprechende Altersversorgung haben, dann gilt für die Volkswirtschaft der Erde insgesamt die gleiche Gesetzmäßigkeit wie für einen einzelnen Staat. Am Mackenroth-Theorem ändert sich nichts. Zudem sollte die Betrachtung in REAL TERMS und nicht in Geld vorgenommen werden, denn letzteres kann man nicht essen. Oder klarer ausgedrückt: Die Lösung unseres Rentenproblems kann nicht zu Lasten der Rentner anderer Staaten erfolgen.

    • DDD 12. Mai 2016, 23:22

      Als die scheinbare Studienlage Ihnen noch passte, haben Sie sich gerne darauf bezogen…

      Ja, das Mackenroth Theorem gilt für die ganze Welt, so what? Es kann trotzdem Sinn machen, dass alternde Volkswirtschaften in jüngere, wachsende Volkswirtschaften investieren. Dass das zwangsläufig zu Lasten anderer Rentner ginge, ist nicht plausibel.

  • Gekis 13. Mai 2016, 01:30

    „Jede Rentnergeneration muss von der jeweils aktiven Generation unterhalten werden, ganz unabhängig davon, wie die Altersversorgung organisiert ist.“ Heiner Flassbeck

    http://www.flassbeck-economics.de/journalistischer-renten-mischmasch-oder-wie-man-ein-wichtiges-thema-mit-vorurteilen-erledigt-obwohl-die-loesung-auf-der-hand-liegt/

  • Hans 65 13. Mai 2016, 01:58

    @DDD
    Ihre Antwort lässt mich befürchten, Sie erkennen den Kern der Problematik nicht. Eine umfassende Erläuterung dazu sprengt allerdings den Rahmen einer Kommentarfunktion.
    Sie dürfen jedoch gerne bei Ihrer Meinung bleiben.

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