Aufschrei der Normalitären: Zeigen die Österreichischen Präsidentschaftswahlen, wie eine neue Konfliktlinie entsteht?

Vorab eine Warnung: Was folgt, ist der erste Versuche, diesen Gedanken durchzuspielen und zu sortieren. Ich weiß selbst nicht genau, ob ich davon überzeugt bin. Argumentative Sackgassen sind nicht angemessen ausgeschildert – Betreten auf eigene Gefahr!.

1 Cleavages: Konfliktlinien ordnen die Gesellschaft
2 Was einer Erklärung bedarf: Europas Rechte werden massentauglicher
3 Was als Erklärung noch nicht zufriedenstellt: Populismus
4 Eine mögliche Erklärung: Die alte Ordnung gerät ins Wanken, denn zum ersten Mal machen Gesellschaften Ernst mit Gleichberechtigung und Pluralität
5 Eine neue Konfliktlinie entsteht: Plural vs. Normalitär
6 Exkurs: Trump vs. Sanders – ebenfalls eine Manifestation dieses Cleavages?

Österreich hat, am Sonntag Abend, da ich diesen Text überarbeite, immer noch keinen neuen Bundespräsidenten. Beide Kandidaten der Stichwahl, Alexander van der Bellen von den Grünen und Norbert Hofer von der extrem rechten FPÖ, haben nach Auszählung fast aller Stimmen 50,0 Prozent bekommen. Entscheiden werden die Briefwahlstimmen. Nach der ersten Runde hatte ich bereits getwittert: “Österreich hat also die Wahl zwischen einem der extremen der Rechten und einem der Grünen. Klare Wahl, könnte man sagen.”

Ich meinte so etwas wie: Soll keiner sagen, es gebe keine echte Wahl – und wählt bitte nicht den Falschen! Aber vielleicht steckt in diesem dahingeschriebenen Tweet noch mehr. Der Beitrag von Maximilian Steinbeis zum Thema hat mich da noch einmal zum Nachdenken gebracht.

Er schreibt:

“Aber mir scheint, die Bedeutung dieser Entscheidung geht aber noch weit über diese Folgen für Österreich hinaus. Hier stellen sich in nie dagewesener Schärfe zwei Vorstellungen wohl geordneter Gesellschaft zur Wahl, deren Gegensatz so oder ähnlich in ganz Europa zunehmend die Politik dominiert. In Österreich – und das ist das Neue, das gab es noch nie, selbst in Polen nicht in dieser Schärfe – wird dieser Gegensatz jetzt tatsächlich majoritär entschieden, mit Geltungsanspruch für das ganze Land: So. Oder so.”

Steinbeis beschreibt Martin Sellner als ein Mitglied der Österreichischen Génération Identitaire, der diesen Gegensatz sehr anschaulich mache – und zwar so:

“Das Bild, das ich von der Weltsicht von Martin Sellner gewonnen habe, ist grob gezeichnet dieses: Er ist gegen Einwanderung, „Gender-“ und „Multikulti-Wahn“, Kapitalismus, Liberalismus und Amerika und glaubt an die Theorie des „großen Austauschs„, die hinter der Migration nach Europa eine liberalistische Verschwörung vermutet, das „Volk“ im Interesse des Großkapitals im eigenen Land zur Minderheit zu machen und durch gefügige Immigranten zu substituieren.“

Man mache es sich zu einfach und liege auch daneben, wenn man Menschen wie Sellner als Nazi bezeichne.

„Sie nehmen ihre als „ethnisch-kulturelle Identität“ verbrämte Hegemonialposition und setzen sie absolut, als etwas gleichsam Natürliches, Schicksalhaftes und Vorgegebenes, und machen sich dabei blind für das, was jenseits dieser Heimat-Österreich-Normalität in ihrer eigenen Gesellschaft vor sich geht. Sie fühlen sich supergut dabei: Extrem? Aber keine Spur! Wir sind doch die Normalen!”

Ich glaube, Steinbeis ist da etwas Wesentlichem auf der Spur. Ich will versuchen, diesen Gedanken noch ein wenig auszuarbeiten – ich möchte ihn gleichzeitig als Erklärung vorschlagen für die Erfolge der extremen Rechten und eine Prognose wagen: Gut möglich, dass das erst der Anfang ist.

Könnte es sein, dass Blau vs. Grün kein Zeichen eines österreichischen Sonderwegs ist, sondern ein Vorgeschmack auf das, was den Kontinent in den kommenden Jahren erwartet? Dass es die parteipolitische Kondensation eines neuen zentralen gesellschaftlichen Konfliktes ist? Oder, in der Sprache der Politikwissenschaft, eines neuen zentralen Cleavages?

1 Cleavages: Konfliktlinien ordnen die Gesellschaft

Die Cleavage-Theorie ist ein Klassiker der Disziplin. Sie postuliert im Wesentlichen, dass sich gesellschaftliche Gruppen entlang zentraler Konfliktlinien (Cleavages) formieren und dass entlang dieser Linien auch Wahlen entschieden werden.

Ursprünglich identifizieren Seymour Lipset und Stein Rokkan vier solcher Konfliktlinien:

  • Kapital vs.Arbeit
  • Kirche vs. Staat
  • Stadt vs.Land
  • Zentrum vs. Peripherie

Denn das waren über Jahrhunderte die großen Kampflinien der europäischen Gesellschaften. An ihnen entlang organisierte sich die Gesellschaft und damit auch die Parteienlandschaft.

In Portugal und Skandinavien dominierte die Sozialdemokratie stärker, ansonsten finden sich etwa SPD und CDU in Deutschland, SPÖ und ÖVP in Österreich, PS und UMP in Frankreich, Labour und Tories in Großbritannien, PSOE und Alianza/Partido Popular, Pasok und ND in Griechenland; in Italien wechselten die Parteien, aber sie übernahmen einfach den Platz ihrer ähnlich orientierten Vorgängerparteien.

So ließ sich die Entstehung der Parteiensysteme im Westeuropa seit Beginn der Moderne erklären, die in den meisten Ländern nach dem Zweiten Weltkrieg aus einer großen konservativen und einer sozialdemokratischen Partei bestanden, ergänzt durch eine kleine liberale Partei. Alle hatten ihre Stammwählerschaft und es war für sehr viele Leute anhand der Position auf dieser oder jener Seite der zentralen Konfliktlinien klar, wen sie wählen würden. Arbeiter etwa wählten in der Regel sozialdemokratisch, Katholiken christdemokratisch.

Über Jahrzehnte war das alles einigermaßen stabil und berechenbar.

In den vergangenen Jahrzehnten aber hat sich etwas geändert. Neue soziale Bewegungen kamen auf, mit ihnen neue Parteien, die alten Volksparteien verloren in den meisten Staaten massiv Stimmen und Einfluss. Feste, über Jahrzehnte anhaltende Parteiidentifikationen lassen langsam nach. Die Parteiensysteme, wie wir sie kannten, erodieren.

Damit hatte auch der Cleavage-Ansatz ein wenig ausgedient – er war zu wenig flexibel, um glaubhaft diese Umstürze und Verwerfungen erklären oder durch Anpassung integrieren zu können.

Aber vielleicht kann er immer noch helfen, die Dinge zu ordnen. Nach der leisen Revolution (Ronald Inglehart) durch post-materialistische Grüne Parteien und einer leisen Konter-Revolution (Piere Iganzi) der extremen Rechten – extreme Rechte und Grüne gelten schon lange als Gegenentwürfe – sehen wir vielleicht womöglich gerade, wie aus diesen Randbewegungen ein größeres gesellschaftliches Phänomen wird. Wie sich eine neue gesellschaftliche Konfliktlinie herausbildet und das Parteiensystem dabei weiter umformt.

Aus dieser Perspektive wäre Van der Bellen vs. Hofer kein Sonderfall, keine Singularität, kein österreichisches Spezifikum und kein Ergebnis des GroKo-Überdrusses, sondern die erste große Manifestation einer tektonischen Verschiebung in der Gesellschaft.

Ich glaube, diese Perspektive kann a) Wahlerfolge der extremen Rechten zu deuten helfen, b) eine Alternative zur untauglichen Populismus-Kategorie bieten, c) merkwürdige politische Allianzen der vergangenen Jahre erklären und sie lässt sich d) auch historisch herleiten.

Das möchte ich in nächsten Teilen Schritt für Schritt versuchen.

2 Was einer Erklärung bedarf: Europas Rechte werden massentauglicher

In den vergangenen Jahren haben in vielen europäischen Ländern extrem rechte Parteien teils beachtliche Wahlerfolge erzielt. Diagnosen dieses Phänomens kreisen um einen Trend zur Re-Nationalisierung (ich habe selbst hier schon einmal eine solche These vertreten), um die Wirtschaftskrise, um Überdruss dem gewohnten System gegenüber und aktuell natürlich um die Flüchtlinge. All diese Erklärungen haben fraglos ihre Berechtigung, manche mehr, manche weniger. Ich bin zum Beispiel überzeugt, dass die Wahlerfolge der vergangenen Monate (Polen, Deutschland, Slowakei, Österreich) in hohem Maße darauf zurückzuführen sind, dass die Flüchtlingssituation so dermaßen präsent war – salient, heißt das in der Wissenschaft. Dass also sehr viele Wähler_innen ihre Wahlentscheidung in erster Linie an ihr festgemacht haben. Wenn etwas dringender erscheint als alles andere, dann wird es prioritär.

Doch dreierlei darf man dabei nicht übersehen: Wir beobachten erstens Erfolge dieser Parteien in allen Regionen Europas, in armen wie in reichen Staaten, in parlamentarischen und semi-präsidentiellen Systemen, in Staaten mit großzügiger und solchen mit restriktiver Einwanderungspolitik, in Staaten mit vielen Flüchtlingen und mit wenigen, in Wirtschaftskrisenstaaten (und nach wie vor gerade nicht in den immer schon widerständigen Krisenstaaten Spanien, Portugal und Irland) ebenso wie in den eher weniger betroffenen Staaten.

Auch die Parteien selbst unterscheiden sich zweitens beachtlich, so sehr sie sich im Europaparlament auch mühen, gemeinsame Fraktionen auf die Beine zu stellen und auch sonst immer wieder zu Solidaritätstreffen zusammenkommen.

Einige vertreten klaren Wohlfahrtschauvinismus (FN, PiS, Fidesz) (manchmal nahe an dem, was man präzise Nationalsozialismus nennen könnte) und sind zu den neuen Arbeiterparteien geworden (FN, FPÖ), andere verfechten klar neoliberale Wirtschaftspolitik (SVP, AfD), die im Kern elitenfreundlich ist. Die klassische Wählerschaft ist eher die weniger gut ausgebildete Mittel- und Unterschicht, Jobbik dagegen hat (mit Ausnahme der jetzt gespaltenen grünen LMP) die am besten ausgebildete Wählerschaft in Ungarn. Einige sind im Kern separatistisch (Lega Nord, Vlaams Belang), manche extrem christlich (PiS, zuvor Liga polnischer Familien; Fidesz teilweise), einige sind klassisch antisemitisch (Chrysi Avgi, Jobbik), andere explizit philosemitisch (PVV), eine (Jobbik) bringt gar das Kunststück fertig, religiös-völkisch zu reden und aber aufgrund gesellschaftspolitischer Sympathie und kruder Herkunftsmystik den Islam ganz gut zu finden, den alle anderen als Hauptfeind ausgemacht haben. Manche sind offen rassistisch (Chrysi Avgi, Jobbik), andere eher ethnopluralistisch (FN, PVV).

Drittens ist es zwar gar nicht so offensichtlich, dass es einen Rechtsruck gibt, der bedeuten würde, dass extrem rechte Parteien überall gleichermaßen immer erfolgreicher werden. In Portugal, Spanien und Irland fassen sie nach wie vor nicht recht Fuß. In Slowenien hat die Slowenische Nationalpartei deutlich verloren. In Rumänien und Tschechien sind einst sehr erfolgreiche extrem rechte Parteien abgestürzt, ähnlich in Estland. Der flämische VB war ebenso wie die slowakische und noch mehr die italienische extreme Rechte schon einmal viel erfolgreicher und in Österreich, Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden, Lettland, Norwegen und Dänemark ist die extreme Rechte schon lange an gute Wahlergebnisse gewöhnt. Echte Durchbrüche hatte sie im vergangenen Jahrzehnt im Wesentlichen in Schweden, Finnland, Ungarn und Bulgarien – wie dauerhaft die Erfolge in Griechenland und Deutschland sind, wird sich noch weisen müssen (Die New York Times hat jetzt passenderweise die Entwicklung seit 1999 visualisiert; noch erhellender wäre freilich 1990 oder 1980 als Startpunkt).

Unbestritten ist allerdings, dass die extreme Rechte zuletzt häufiger mehr als 20, gar 30, 40 oder 50 Prozent der Stimmeb bekam. In Österreich als Vorreiter ist das seit 1994 so – aber lange galt ein Bundespräsident der FPÖ als undenkbar. In der Schweiz ist die extreme Rechte seit 1999 funktional Volkspartei, in Ungarn seit 2010 (2002 war Fidesz noch gemäßigter; seitdem wird aber auch Jobbik zu einer 20%+-Partei), in Polen seit 1998 mit größerem Anstieg in den letzten Jahren. Der Front National liegt national kaum auf einem höheren Niveau als Ende der 1990er, hat zuletzt aber gezeigt, dass er lokal gewinnen kann und mehr und mehr zu einer echten dritten Kraft neben PS und Republicains wird. Die Schwedendemokraten, die Dänische Volkspartei und die AfD mit regionalen Rekordergebnissen für die deutsche extreme Rechte näheren sich diesen Vorbildern an.

Freilich hat die extreme Rechte in allen europäischen Gesellschaft einen sehr systematisch menschenfeindlich denkenden Wählerpool, der sie überall problemlos über die Sperrhürden spülen kann. Und in allen Ländern lassen sich spezifische historische, kulturelle, diskursive und politisch-systemische Erklärungen für größere Erfolge finden. Aber dass gleichzeitig in so vielen Gesellschaften so verschiedene Parteien teilweise in Sphären vordringen, in die zuvor nur klassische Volksparteien vorstoßen konnten, das ist doch erklärungsbedürftig.

Es sind, wie das Beispiel Hofer belegt, immer noch fremden- und einwanderungsfeindliche vorwiegend weiße, eher junge oder alte Männer mit geringer Bildung aus der unteren Mittelschicht sowie Arbeitslose, die solche Parteien wählen – aber eben längst nicht mehr nur sie.

3 Was als Erklärung noch nicht zufriedenstellt: Populismus

Eine der Kategorien, die zur Beschreibung und Erklärung solcher Entwicklungen in den vergangenen Jahren zum Standard wurde ist der Populismus, vor allem als Rechtspopulismus. Ich bin allerdings nicht überzeugt, dass man damit analytisch viel gewinnt.

Drei gleichermaßen übliche Bedeutungen lassen sich unterscheiden:
1. Populistisch ist es, an niedere Instinkte zu appellieren und dem Volk nach dem Mund zu reden.
2. Rechtspopulistisch sind Parteien, die rechter sind als die gewohnten konservativen Kräfte, aber gemäßigter als klassische Nazis und vielleicht ideologisch weniger festgelegt.
3. Populistisch ist es, ein “Wir da unten gegen die da oben”-Gefühl zu betonen, einen anti-elitären Impetus gegen eine angeblich verdorbene Politiker-Kaste; populistisch ist es, den Gegensatz von Volk und Elite groß zu machen.

Die erste Bedeutung definiert ihren Kernbegriff gar nicht und ist deshalb wenig mehr als ein politisches Gefälligkeitsurteil. In der zweiten hat der Populismus kaum eine analytische Funktion; er ist Platzhalter für das, was zwischen Rechtskonservativ und Rechtsextrem steht. Nur warum sollten neonazistische Parteien, die inhaltlich ähnliche Ansichten vertreten und ebenfalls das System verabscheuen, irgendwie weniger populistisch als diejenigen, die sich inhaltlich etwas wendiger und opportunistischer geben? Wäre dann nicht Opportunismus das logische Unterscheidungs-Kriterium? Oder geht es um die Systemfeindlichkeit (das, was in Deutschland spezifisch „Extremismus“ meint) – wenn ja: welche Rolle spielt dann der Populismus?

Am klarsten ist daher die dritte Bedeutung. Sie beschreibt nämlich ein Phänomen, das sich mit anderen gängigen Begriffen nicht gut fassen lässt. Und tatsächlich gerieren sich eigentlich alle modernen extrem rechten Parteien als Fundamentalopposition. Sie stellen sich gegen das Altparteienkartell, die Eliten, Washington, Brüssel, fordern Volksentscheide und überhaupt mehr Gehörs fürs Volk. Ohne Frage spielt das für den Erfolg dieser Parteien eine Rolle.

Allerdings bleibt auch dann noch offen, warum und wie man unterscheiden sollte zwischen Parteien wie AfD, Fidesz und den Wahren Finnen und Parteien wie Jobbik, Chrysi Avgi oder der NPD – und ob es überhaupt denkmöglich ist, eine extreme Rechte zu haben, die nicht populistisch ist. Irgendwie für das Volk, gegen die da oben und gegen das, was etabliert ist, sind sie ja alle.

In einem noch engeren Verständnis handelt man sich dann schnell neue analytische Schwierigkeiten ein. Orbans Fidesz ist zum Beispiel alles, aber nicht populistisch in diesem Sinne – er behauptet immer noch den Volkswillen zu verkörpern, aber ist faktisch seit Jahren so sehr selbst die Elite wie kein anderer Regierungschef in Europa. Noch mehr gilt das für die CSU in Bayern: Sie verkörpert (auch im Selbstverständnis) den bayerischen Staat wie keine andere Partei. Wenn selbst sie nun populistisch sein kann, verliert das Konzept vollends an Schärfe. Auch die AfD, diese neoliberale und in ihrem Wirtschaftsprogramm unterschichtenfeindliche Professorenpartei ist nicht strikt populistisch in diesem Sinne, auch wenn sie mit dem Altparteienkartell eine solche Stoßrichtung hat (Pegidas „Wir sind das Volk“ ist sehr beispielhaft populistisch).

Ähnlich große Schwierigkeiten bekommt man jenseits des rechten Randes. Podemos, die die Zivilgesellschaft in die Pflicht nehmen, und auch Syriza sind nicht eigentlich populistisch in diesem Sinne, sofern man nicht jede scharfe Kritik an den politischen Gegnern und Forderung nach direkter Demokratie als populistisch bezeichnen will (was das Konzept völlig stumpf machte). Bernie Sanders, der seit mehr als zwanzig Jahren im Senat sitzt und dabei zwar Außenseiterpositionen vertritt, aber nicht gegen das System agiert, ist nicht populistisch in diesem Sinne, nur weil er links ist und vor allem Kleinspenden einsammelt. Überhaupt nicht überzeugt haben mich daher die vielen Vergleiche zwischen Trump und Sanders, die deren Erfolg als zwei Seiten einer Medaille begreifen. Da ist durchaus etwas dran (siehe Abschnitt 6) – aber Populismus ist die falsche Kategorie, um die Medaille adäquat zu beschreiben.

Populismus, verstanden als wir-gegen-die-Anti-Elitismus, ist ein erhellendes Konzept und hilft uns teilweise, den Erfolg von extrem rechten Parteien zu erklären; so weit die nämlich das weit verbreitete Misstrauen gegen Politiker_innen nutzen, um den Volk-Elite-Gegensatz aufzubauen. Irgendwie weist er in die richtige Richtung. In der Tat geht es um eine Neuordnung der politischen Gemeinschaft und die geht einher mit einer Abwendung von der alten Ordnungsstruktur (was man aber eben nicht mit einer Abwendung von „dem System“ verwechseln sollte). Aber nur mit Wir-da-Unten-gegen-Die-da-Oben lassen sich so viele unterschiedliche Gruppen, die sich selbst untereinander nicht als einheitlich empfinden, nicht zusammenbringen.

4 Eine mögliche Erklärung: Die alte Ordnung gerät ins Wanken, denn zum ersten Mal machen Gesellschaften Ernst mit Gleichberechtigung und Pluralität

Die Zeit, in der das bundesrepublikanische Parteiensystem im Wesentlichen aus drei Parteien bestand, dauerte im Wesentlichen von 1949 bis 1983, als die Grünen zum ersten Mal in den Bundestag einzogen.

Was vor allem jüngere Menschen (wie ich) womöglich gerne vergessen, weil sie mit der Selbsterzählung des freien, gleichen, brüderlichen, pluralen, liberalen Westens aufgewachsen sind: Die westlichen Gesellschaften haben sich in den vergangenen 40, aber vor allem den vergangenen 25 Jahren extrem verändert.

Ein paar Beispiele.

Kolonialismus und Rassentrennung

Bis 1962 führte Frankreich in Algerien noch einen Kolonialkrieg – und fünfzehn Jahre zuvor taten das neben Frankreich auch noch andere demokratische europäische Staaten, etwa die Niederlande. Portugal, das freilich eine Diktatur war, zog seine Kolonialkriege bis zum Ende des Estado Novo 1974 in die Länge. Kritische Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus setzt sich erst langsam durch (wenn überhaupt). Eben erst gesehen: Im Wedding wirbt die CDU mit Wahlplakaten gegen die Umbenennung von Straßen, die nach Kolonialherren benannt sind.

In den USA wurde erst unter Lyndon B. Johnson (nach JFK) im Jahr 1964 der Civil Rights Act verabschiedet, der die Rassentrennung illegalisierte. Bis dahin war die Ungleichheit zwischen den Weißen und den Schwarzen noch gesetzlich festgeschrieben.

Die kulturelle Abnabelung von der Rassenidee dauert naturgemäß viel länger. Ich habe noch – das muss zwischen 2007 und 2009 gewesen sein – im Biologieunterricht erzählt bekommen, dass es drei Menschenrassen gebe, Europide, Negride und Mongoloide. Und in meinem Diercke Weltatlas, 1996 zuletzt aktualisiert, aber erst 2000 gedruckt, ist das sogar auf Karten dargestellt, ergänzt durch “Altschichtrassen”, “Zwergwuchsrassen” und “Kontaktrassen”. Ich nehme einfach einmal hoffend an, dass das in der aktuellen Ausgabe nicht mehr so steht.

In Deutschland stellte die rot-grüne Bundesregierung mit der Staatsbürgerschaftsreform 2002 teilweise vom ius sanguinis, dem Blut- oder Abstammungsprinzip, auf das ius soli, das Geburtsprinzip um. Seitdem ist (auch nicht vorbehaltlos, aber im Prinzip) Deutscher, wer in Deutschland geboren ist.

Erst in den vergangenen Jahren kommt eine Sensibilität für symbolischen Rassismus auf – dafür, dass Z-Schnitzel, N-Könige, Konföderiertenflaggen auf Staatsgebäuden, M-Köpfe und vieles mehr diskriminierende symbolische Ordnungen aufrechterhalten.

Frauenrechte

Der Kampf um Frauenrechte ist kein neues Phänomen. Aber die Abwehrschlachten dauerten und dauern an. Das Frauenwahlrecht setzt sich in den europäischen Gesellschaften weitgehend zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch. Die letzten zogen aber später nach: In der Wiege der Menschenrechte, in Frankreich, dürfen Frauen erst seit 1945 wählen. In der Schweiz votierten die Männer noch 1959 dagegen; erst 1971 wurde das Frauenwahlrecht auf Bundesebene eingeführt, der letzte Kanton, Appenzell Innerrhoden, gab erst 1990 nach. Liechtenstein als letzter europäischer Staat gestand Frauen 1984 das aktive Wahlrecht zu.

Die weltweit überhaupt erste Frau als Staatsoberhaupt war 1960 Sirimavo Bandaranaike im heutigen Sri Lanka. Bis Frauen wirklich regelmäßig politische Ämter übernahmen, dauerte es viel länger. Erst seit 1975 werden regelmäßig (wenige) Frauen Ministerinnen in den USA. Senatorinnen sind seit den frühen 1990er-Jahren üblich. Die erste Außenministerin war Madeleine Albright 1997. Erst seit den frühen Neunzigern gibt es regelmäßig mehr als ein oder zwei Bundesministerinnen. Heide Simonis wurde 1993 als erste Frau Ministerpräsidentin in einem deutschen Bundesland. Angela Merkel wurde 2005 als erste Frau Bundeskanzlerin. Eine Bundespräsidentin gab es noch nie. Nancy Pelosi übernahm 2007 als erste Frau das Amt der Parlamentspräsidentin (Speaker of the House of Representatives).Hillary Clinton könnte jetzt als erste US-Präsidentin auf den ersten schwarzen US-Präsidenten Barack Obama folgen (2008 gewählt).

Erst seit 1977 dürfen in Deutschland Frauen arbeiten, ohne auf häusliche Pflichten Rücksicht nehmen zu müssen. Nach langen Kämpfen verabschiedete der Bundestag 1997 gegen die Stimmen der Union ein Gesetz, dass endlich auch in Deutschland Vergewaltigung in der Ehe zum Straftatbestand machte. Deutschland war mit seiner expliziten Ausnahme (Vergewaltigung war nur außerhalb der Ehe definiert) ohnehin ein Nachzügler. Andere europäische Länder haben solche Reformen in den Achtzigern und Neunzigern durchgeführt.

Zuletzt weitete sich die öffentliche Debatte hin zu Diskriminierung und Sexismus in allen Lebensbereichen. In Deutschland war #aufschrei 2013 der Anlass für die erste große Alltagssexismusdebatte, in Frankreich ein Jahr zuvor der Film “Femme de la Rue” der belgischen Filmemacherin Sofie Peeters. Es folgten Debatten um Verbote sexistischer Werbung, es folgte #ausnahmslos als Folge von Köln – und so verheerend die Diskussion um die Silvesternacht in weiten Teilen auch war, immerhin wurde das Problem des Alltagssexismus auch oft zur Sprache gebracht.

Rechte sexueller Minderheiten

Erst seit 1978 ist Homosexualität zwischen Erwachsenen legal. Ganz aufgehoben wurde Paragraph 175 StGB, der Homosexualität kriminalisierte, erst 1994. Die Polizei führte Homosexuellenlisten, zum Wohle der Staatssicherheit. Jetzt treibt Justizminister Heiko Maas eine Initiative voran, die Justizopfer zu entschädigen. In Österreich wurde ein entsprechender Paragraph 2002 vom Verfassungsgericht endgültig gekippt. In den meisten mittel- und osteuropäischen Ländern ist Homosexualität erst seit den Neunzigern legal.

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind in Deutschland seit 2001 möglich, in der Schweiz seit 2007, in Österreich seit 2010, in Italien ab jetzt, 2016. Die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren führten die Niederlande 2001 ein, Belgien 2003, Schweden 2009, Frankreich 2013 und Großbritannien 2014. In den USA hat der Supreme Court erst im Sommer 2015 mit einer Stimme Mehrheit entschieden, die gleichgeschlechtliche Ehe müsse in allen Bundesstaaten zulässig sein. Die Gleichstellung von Homosexuellen gilt Anhängern Obamas als eine der größten Errungenschaften seiner Amtszeit.

Kinderrechte, religiöse Vielfalt, Behindertenrechte

Kinder haben in Deutschland seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2000 (gegen die Stimmen der Union) das offizielle Recht auf gewaltfreie Erziehung. In Österreich wurde die Prügelstrafe 1989 verboten, in der Schweiz ist sie bis heute nicht explizit untersagt, ebenso wenig in Frankreich (in Schulen verboten seit 1991), Belgien, Großbritannien oder Italien.

Der Anteil der muslimischen Bevölkerung hat sich zwischen 1990 und 2010 in Deutschland von etwa 2 auf etwa 5 Prozent vergrößert, in Österreich, der Schweiz, Belgien und den Niederlanden sieht es sehr ähnlich aus, in Frankreich wurden aus einem Prozent gut 7 Prozent.

Seit Beginn des Jahrtausends ist Barrierefreiheit in Deutschland ein Thema, seit 2002 ist sie gesetzlich vorgeschriebenes Ziel. Zurzeit werden in allen Groß- und Kleinstädten Bahnhöfe umgebaut. Vorher gab es das nicht.

Wenn das Unnormale normal wird was geschieht dann mit dem Normalen?

All diese vielen Beispiele (und es gäbe noch viel mehr) haben eines gemeinsam: Es sind Veränderungen einer Jahrhunderte alten Ordnung, die Gruppen sichtbar machen, die nicht weiß, gesund, heterosexuell, christlich und männlich sind. Und die diese Gruppen in den meisten Fällen deutlich näher an so etwas wie Gleichberechtigung oder gleiche Teilhabe bringen (oder schlicht: Abwesenheit blanker Diskriminierung).

Ich zähle das hier alles so detailliert auf, damit man einen Eindruck davon bekommt, was sich alles in einem sehr kurzen Zeitraum verändert hat (übrigens geht vieles davon in Deutschland auf die erste rot-grüne Bundesregierung zurück).

Seit Beginn der 1990er-Jahre wandeln sich die europäischen Gesellschaften ungemein. Sie werden pluraler, vielfältiger, der Anteil der Muslime wächst, die Rechte von Frauen werden ebenso ausgebaut wie die von sexuellen Minderheiten – und zwar in beiden Fällen nicht, wie zuvor jahrzehntelang, von viel Repression zu ein bisschen weniger Repression; langsam geht auf völlige Gleichberechtigung zu, langsam werden nun auch faktische Hürden abgebaut, langsam werden politische Forderungen nach Frauenquoten ebenso wie nach Adoptionsrechten für homosexuelle Paare nicht nur formuliert (das ist nicht neu), sondern ernsthaft umgesetzt oder jedenfalls politisch absolut denkbar.

Viel umfassender und viel schneller als in der Zeit zwischen 1945 und 1990 nähern sich die westlichen Gesellschaften dem Bild einer offenen, pluralen, liberalen Gesellschaft an, das sie schon seit Jahrzehnten gerne von sich haben. Ich würde sogar sagen: Klammert man die rechtsautoritären bis totalitären Diktaturen der Zwischenkriegszeit aus, nach deren Zusammenbruch sich eine ähnliche Ordnung wie zuvor etablierte, dann hat sich in Sachen gesellschaftlicher Öffnung zwischen 1960 und heute mehr getan als zwischen 1776 und 1960 – und seit 1990 hat sich das nur beschleunigt.

Die althergebrachte Ordnung der Dinge gerät damit zum ersten Mal ernsthaft ins Wanken – eine Ordnung, die bisher hieß: der gesunde weiße Mann schafft an, hat das Sagen, gestaltet die Welt; die gesunde weiße Frau ist zu Diensten, wichtig, aber untergeordnet und vor allem verschieden; sexuelle Minderheiten gibt es nicht oder sie bleiben unsichtbar oder sie dienen dem Normalen; religiöse Minderheiten jenseits des Christentums gibt es seit dem Holocaust in West- und Mitteleuropa nicht mehr in nennenswerter Zahl; Kinder sind zu züchtigen und zur Ordnung zu erziehen; die Nicht-Weißen führen eine Randexistenz; auch um Behinderte kümmert man sich nicht.

All das ändert sich – für viele viel zu langsam, im historischen Vergleich aber sehr schnell. In dieser neuen Welt muss sich mit einem Mal zurechtfinden, wer eine ganz andere Welt gewohnt war und dazu eine symbolische Ordnung, die seit jeher die alte Normalität stabilisiert.

5 Eine neue Konfliktlinie entsteht: Plural vs. Normalitär

An all diesen Entwicklungen reiben sich sehr viele Menschen. Längst, und das ist das eigentlich Bemerkenswerte, geht es nicht nur um Nazis, wie Maximilian Steinbeis treffend schreibt. Auch nicht um Ostdeutsche oder Ungebildete oder Modernisierungsverlierer, auch wenn die alle eher auf der normalitären Seite der Konfliktlinie stehen. Was sie eint, ist auch nicht in erster Linie ein populistisches Wir-gegen-die-da-Oben-Gefühl. Nein, es gibt sehr viele verschiedene Gründe dafür, diese neue Welt abzulehnen und diese Konfliktlinie liegt quer zu den meisten, die bisher wichtig waren, was ganz neue Allianzen ermöglicht. Auf der einen Seite dieser Linie stehen all jenen, die unbedingt das bewahren wollen, was normal ist und in den letzten Jahren in womöglich nie dagewesenem Maße in Frage gestellt wurde.

Die Vielfalt der Anti-Vielfalt:Formen des Normalitären

  • Die Pick-Up-Artists wie Julian Blanc, Maskulisten (und Donald Trump) sind dabei vor allem misogyn, sexistisch oder antifeministisch, andere verstehen wirklich nicht, warum Catcalling kein Kompliment ist und wie man bei all diesen Regeln überhaupt noch flirten kann.
  • Klassische Rechtsextreme wie einige Teile der AfD, aber auch vieler anderer extrem rechter Parteien, alle, die Flüchtlingsunterkünfte anzünden sind vor allem völkisch und rassistisch.
  • Empörte Rentner_innen im Pegida-Block sind hauptsächlich ökonomisch egoistisch (“Ich krieg keine Rente und die kriegen alles hinterhergeworfen”) – und sie sind es aus einer Position der relativen Not heraus.
  • Die AfD-Gründer und klassischen Wutbürger sind vorwiegend besitzstandswahrerisch, denn sie haben viel Macht und Einfluss zu verlieren.
  • Die Groß-Ungarn/Kroatien/Deutschland-Bewegungen sind in erster Linie nationalistisch.
  • Die vielen Polizist_innen, die in Frankreich, Ungarn, Griechenland, Deutschland (und sicher auch anderswo) die extreme Rechte wählen, wollen womöglich in erster Linie in einem sehr direkten Sinne die als richtig erfahrene Ordnung aufrechterhalten.
  • Viele Bildungsbürger verteidigen die rassistischen Ausdrücke in Kinderbüchern wie Pippi Langstrumpf als Erhalt der originären Werke oder als Widerstand gegen Zensur.
  • Manche Altlinke sind womöglich in ihrer Eitelkeit gekränkt (wenn sie die Probleme damals nicht angeprangert haben, können sie so groß nicht sein; alternativ: es gibt immer noch dringendere Probleme als Gendermimimi, etwa die Klassenfrage!).

Viele waren nie gezwungen, sich mit einer Umwälzung ordnender Strukturen auseinanderzusetzen oder sie hängen einfach an Traditionen.

Manche von ihnen sind linke Antikapitalisten, andere Antirassisten, Nazis, bürgerliche Intellektuelle, enttäuschte Modernisierungsverlierer.

Man wird doch wohl noch sagen dürfen – der Kampfruf der Normalitären

Was immer sie antreibt und wo immer sie ökonomisch, sozial oder politisch stehen, so wenig sie sich womöglich vorstellen können, miteinander am Tisch zu sitzen und so sehr sie womöglich politisch verfeindet sind – am Ende teilen sie irgendwie das Gefühl des jungen Identitären Martin Sellner, der seine Normalität in Gefahr sieht, der glaubt, dass das Volk im eigenen Land zur Minderheit werden soll und vermutlich auch, dass die Medien mindestens willenlose Marionetten wenn nicht gar willfährige Handlanger sind und der deshalb gegen Einwanderung ist, gegen Gender- und Multikulti-Wahn und Liberalismus (Kapitalismuskritik und Anti-Amerikanismus sind mögliche, aber nicht nötige und auch nicht in allen Spielarten zu findende Komponenten).

Was all diese verschiedenen Gruppen eint, ist nicht das Rassistische, nicht das Xenophobe, nicht das Misogyne, nicht das Wohlfahrtschauvinistische, nicht das Antisemitische, nicht einmal das Antimuslimische – es ist das, was ich hier das Normalitäre nennen möchte. Sie sind sicher überwiegend männlich, älter und weniger gebildet. Vor allem aber sind sie normalitär – nahe am Identitären, aber weniger völkisch und offener gegenüber Gruppen (Einwanderern etwa), die ins Bild der Identitären nicht recht passen wollen.

Sie alle rufen aus ganz unterschiedlichen Richtungen bang aus: „Das wird man wohl noch sagen dürfen?“ – und in diesem so sinnbildlichen Ausruf unserer Zeit steckt kondensiert die ganze Kernidee: Man, der Normale, der Jedermann, wird doch noch (aber bald, bald ist es vorbei mit der Normalität! Und dann?) sagen dürfen (man hat das Recht!), was man immer schon gesagt hat, was immer schon richtig und wahr und gut war.

All das heißt nun nicht, dass sich die oben aufgezählten Gruppen oder ausnahmslos alle, die normalitär denken, in ihrem Unbehagen samt und sonders der extremen Rechten an den Hals werfen – viele Altlinke wählen trotzdem links oder grün oder SPD, Konservative wählen nach wie vor FDP oder CDU. Aber geht man davon aus, dass sich diese Konfliktlinien in den vergangenen Jahren bedingt durch reale gesellschaftliche Veränderungen in kurzer Zeit herausgebildet hat und dass sie zunehmend strukturierend wirkt, dann wäre das eine Erklärung für den gleichzeitigen, teils enormen Erfolg sehr unterschiedlicher normalitärer Parteien in so vielen Ländern. Und dann wären weitere Erfolge zu erwarten.

Die neue Konfliktlinie rückt nach vorne

Aus der Perspektive einer neuen normalitären Konfliktlinie machen die vielen, oft bizarren Allianzen und krude anmutenden Argumentationen plötzlich Sinn: all das ungefähre Reden von links-grün versifften Gutmenschen, von Genderwahn und umgekehrter Diskriminierung von Männern, von Multikulti und der Aufdringlichkeit der Homosexuellen, von Political Correctness und Meinungsdiktaturen, von Lügenpresse, die als das propagiere, die so oft als Versatzstücke zusammengehen und die doch scheinbar nicht zueinander passen. Vergleiche mit George Orwells Dystopie 1984, wenn von Sprech- und Denkverboten die Rede ist, erschließen sich so mehr – denn für jemanden auf dieser Seite der Konfliktlinie wird gerade die Welt wirklich umgebaut.

Und mehr noch: Die Infragestellung des Normalen bedeutet auch eine Politisierung des Alltags – sie ist die konsequente Fortsetzung des Diktums vom Privaten, das politisch ist (wie sich überhaupt die Achtundsechziger-Revolten als erstes Aufbrechen dieser Konfliktlinie lesen lassen). Weil das so ist, lässt sich nicht mehr so leicht trennen zwischen der institutionalisierten Politik, von der man sich enttäuscht abwenden kann, und dem normalen Leben. Aus Indifferent wird so Wut. Womöglich liegt hier der Kern des irgendwie populistischen Angriffs auf das politisch-mediale Establishment: Es geht gar nicht so sehr um die da oben und die da unten; die da oben sind schon in Ordnung, so lange sie nicht die sind, die uns hier unten in unsere Normalität hineinreden wollen.

(Den Impuls, das Establishment zu beargwöhnen teilen die Normalitären mit den Un-Normalitären, die ihm vorwerfen, Produkt eines normalisierten Systems zu sein und sich darin eingerichtet zu haben.)

Die oben beschriebenen Unterschiede der europäischen extremen Rechten (in Bezug auf Wirtschaftsfragen, Anti-Elitismus, Antisemitismus, Nähe zum Nationalsozialismus) verwundern nicht mehr sehr, wenn man annimmt, dass all diese Themen eben nicht von der neuen Konfliktlinie betroffen sind. Man kann neoliberale oder etatistische Wirtschaftspolitik vertreten – solange man die neue un-normale Gesellschaftsordnung ablehnt, ist man als Partei anschlussfähig an neue Wählerschichten, die nicht aus dem alten ideologisch-menschenfeindlichen Kern bestehen, der hier und dort der extremen Rechte immer wieder kleinere Erfolge beschert.

Vor allem erschließen sich so all die sich selbst irgendwie links, aufgeklärt, liberal, tolerant oder bürgerlich verstehenden Menschen, die sich nicht dazu durchringen können, Pegida rundheraus zu verdammen (aber manche Ängste sind berechtigt!), Lügenpresse-Rufern widersprechen (aber die Medien haben schon eine klare Linie – sind ja alles Grüne!), sich für die Ehe für alle einzusetzen (aber Adoption geht zu weit!) oder Alltagssexismus zu verurteilen (darf man denn nicht mehr flirten? Hätte das ein gutaussehender Mann gerufen, hätte sie sich gefreut!). Selbst die Klimawandelleugnung (keine Änderung an unserem Lebensstandard!) und merkwürdige Zuneigung europäischer Linker (mal ab von Sowjetnostalgie) wie Rechter zu Vladimir Putin, der genau diese Konfliktlinie bedient, indem er von Gayropa spricht, lässt sich so deuten.

Sie alle sind jetzt ständig mit den Folgen der Pluralisierung konfrontiert, viel häufiger, schneller und sichtbarer als früher – und manchmal, vielleicht sogar oft, stellen diese Folgen die eigenen Gewohnheiten in Frage.

Die extreme Rechte hat sich dem angepasst, indem sie ihre Argumentationen und Denkmuster verschoben hat, weg von einem rassentheoretischen „Wir sind mehr wert als Die“ zu einem „Die sollen uns hier nicht behelligen und das kaputt machen, was Uns ausmacht“. Schwule sollen nicht in Federboa auf der Straße tanzen, sie sollen keine homosexuelle Propaganda betreiben, die Muslime sollen keine Kopftücher tragen und erst Recht keine Moscheen oder gar Minarette bauen und uns Weihnachten wegnehmen, indem sie es in Frohe Feiertage verwandeln, mitsamt der Weihnachtsmärkte, die jedes Jahr aufs Neue angeblich zu Wintermärkten werden. Mit dem Ethnopluralismus der neuen Rechten hat sich hier ein Denkkonstrukt etabliert, dass die extreme Rechte ungemein anschlussfähig macht an diese Alltags-Konzepte. Statt Rassen werden nun Kulturen essentialisiert und für schlechterdings unvereinbar erklärt. Die einen sollen dort leben, die anderen hier, dann ist doch alles wunderbar.

Die andere Seite – die wenigen Kämpfer des Pluralismus

Wäre noch über die andere Seite der Konfliktlinie zu sprechen. Auf ihr stehen diejenigen, die diese Pluralität wollen, fordern oder für nötig halten und das Un-Normale nicht verachten, sondern begrüßen. Auch sie bilden keinen einheitlichen Block: Refugees-Welcome-Aktivist_innen sind darunter, radikale und sich ganz und gar nicht als radikal verstehende Feminst_innen, Anti-Rassist_innen, alle, die sich explizit für Minderheitenrechte einsetzen, Minderheiten, die ein weniger steiniges Leben wünschen, strickende Schmerzensmänner und Kolonialismuskritiker_innen. Für sie ist Un-Normalität bzw. Pluralität im gesellschaftlichen Alltag der höchste Wert, was sie immer wieder mal in Konflikt mit ursprünglichen linken Alliierten bringt, vor allem solchen, die auf dem Primat der Ökonomie beharren, egal ob in Bezug auf Gleichstellung von Frauen oder als prinzipieller Hauptwiderspruch.

Die alten Konfliktlinien verschwinden nicht – sie verlieren nur an Bedeutung

Die alten Konfliktlinien sind nicht verschwunden, sie sind nur nicht mehr so präsent. Das hat freilich Folgen. Weil sich die alten Volksparteien über Jahrhunderte in einem System entwickelt haben, das entlang anderer Konfliktlinien funktionierte, sind sie weitgehend indifferent gegenüber den neuen. In diesen Zeiten, in denen die alten Cleavages an ordnender Kraft verloren haben, haben sie keine selbstverständliche Antwort auf die neue Kernfrage: Sag wie hältst du’s mit der Normalität? Freilich stehen die SPD und klassische Linke eher auf der pluralen und die CDU eher auf der normalitären Seite, aber für jeden, der anhand der neuen Konfliktlinie entscheidet, sind sie nicht die logische Wahl. Die naheliegendere Wahl sind dann Grün (dabei spielen Ökologiefragen oder linke Wirtschaftspolitik eine vergleichsweise geringere Rolle)/Bewegungslinks (Podemos, Occupy)/Piraten für alle Nicht-Normalitären oder Blau/Braun/extrem rechts für alle Normalitären.

Noch einmal: Die These lautet nicht, dass alle Menschen sich ganz klar und in allen Punkten auf der einen oder anderen Seite der Konfliktlinie einordnen können und dass sie alleine danach entscheiden. Das ist nicht der Fall. Die These lautet vielmehr, dass diese Konfliktlinie diejenige ist, die sich zunehmend aus dem Hintergrund nach vorne schiebt, dorthin wo jahrzehntelang die klassischen Konfliktlinien waren.

Das würde erklären, wieso, wie oben erwähnt, in Ungarn die jungen Hochgebildeten weder Fidesz noch MSZP oder eine der anderen sozialdemokratischen Splitterparteien wählten, sondern Jobbik oder Grün. Das würde erklären, wie FN und FPÖ zu den neuen Arbeiterparteien werden konnten. Das würde erklären, wieso (der normalitäre Flügel) der Union immer wieder das Feindbild der Verbotspartei Grünen mit der Hassfigur Claudia Roth ausschlachtet, während die Partei doch eigentlich mit der neuen milieubürgerlichen Machtoption Schwarz-Grün liebäugelt. Und das würde erklären, wie in Österreich ein Grüner und ein FPÖ-Mann in die Stichwahl ums Präsidentenamt kommen konnten.

Es lässt außerdem vermuten, dass das unabhängig vom Ausgang auch langfristig nicht das letzte Mal gewesen sein wird. Anti-Normalitär gegen Normalitär könnte bald das neue, nun ja: normal sein.

6 Exkurs: Trump vs. Sanders – ebenfalls eine Manifestation dieses Cleavages?

Mir scheint, dass sich auch die Phänomene Trump und Sanders auf diese Weise beschreiben lässt – und zwar besser, als mit den Konzepten Populismus oder Systemfeindlichkeit.

Donald Trump ist normalitär mehr als alles andere. Er bediente von Anfang an alle Topoi, die hier schon genannt wurden. Er mokiert sich über Political Correctness, ist misogyn, bedient Fremdenfeindlichkeit, lobt Putin als starken Führer (alter Schule), verspricht gute Deals, die Amerika reich machen, erinnert an die gute alte Zeit, als man Störer noch verdreschen durfte (wie ein Mann!), ergeht sich in Exkursen über die Größe seiner Körperteile, weil das Männlichkeit ausmacht, er attackiert Clinton, sie spiele die Woman’s Card – und selbst sein an Isolationismus grenzendes Außenpolitik-Konzept (großzügig so bezeichnet) passt ins Bild: Mit dieser Welt der anderen will man nichts zu tun haben.

Man muss sich bei Trump vor Augen halten, dass er eben, auch wenn uns das manche neue Analysen glauben machen wollen, keinen brillanten Wahlkampf macht. Es ist keineswegs so, als habe er keine Fehler gemacht. Es ist im Gegenteil so, dass er fast nur Fehler macht. Schon als er Mexikaner pauschal als Mörder und Vergewaltiger bezeichnet hat, hätte seine Kampagne vorbei sein müssen. Seine Ex-Frau hat ihm vorgeworfen, sie gewaltsam penetriert zu haben – später aber ausgesagt, das habe natürlich nichts mit Vergewaltigung zu tun gehabt. Er lügt mehr als andere Kandidat_innen und wenn man sich einmal durch zwei Stunden Gesprächstranskripte mit JournalistInnen der New York Times und der Washington Post gequält hat, bleibt kein Zweifel mehr, dass er von Politik und der Welt für einen Präsidentschaftskandidaten erschreckend wenig Ahnung hat.

Dass er damit Erfolg hat, ist einerseits seiner starken Marke geschuldet, andererseits aber der Tatsache, dass es viele Wähler_innen nicht interessiert, welche Politiken er vielleicht vertreten könnte oder ob er die Wahrheit sagt (oder ob er ein Milliardär ist, der jahrelang selbst relevanter Parteispender und also alles andere als ein Außenseiter ist). Kurzer Einwurf: Das ist ja eh eine der übersehenen Grotesken: Dass ein Milliardär und Parteigönner wie Trump anderen Kandidat_innen vorwerfen kann, sie seien wegen der Spenden in der Hand von sinisteren Milliardären – also Leuten wie ihm.
Solange er auf der richtigen Seite der Konfliktlinie steht, ist alles andere vergessen. Sarah Palin und die Tea Party haben von dieser Entwicklung schon profitiert (und sie befeuert), Trump macht jetzt nach dem Schwarzen Barack Obama und gegen die Frau Hillary Clinton dort weiter, wo sie aufgehört haben.

Bei den Demokraten wirkt dieser Konflikt noch weniger stark. Sanders etwa ist nicht gegen das System. Er ist nicht gegen die Demokratie oder die Republik, die die USA sind, oder auch nur in einem revolutionären Sinne gegen den Kapitalismus oder die Marktwirtschaft. Aber er verkörpert für seine Wähler_innen auch nicht die klassische demokratische Position (das tut Clinton); er zieht Menschen an, die sich anhand der alten Konfliktlinien nicht mehr adäquat beschrieben finden. Er steht für einen ökonomischen Wandel, der so in Europa für die liberale Seite des Cleavages eine geringe Rolle spielt; er steht aber auch für gesellschaftliche Öffnung und Liberalismus – und das seit Jahrzehnten, wie sein gerne präsentiertes Foto an der Seite von Martin Luther King zeigt.

Ich würde Sanders ganz erstaunlichen Erfolge einerseits mit einer fast altmodischen Sehnsucht nach staatlicher Wirtschaftssteuerung und dem Klassenkampf gegen die Ungleichheit erklären, andererseits aber durchaus auch mit einer un-normalitären Abwehr des für den Status-Quo stehenden Establishments (lies: Hillary Clinton). Aus dieser Perspektive macht es nämlich Sinn, dass Sanders Selbstbeschreibung als Sozialist, die selbst im nicht marktradikalen Teil der USA jahrzehntelang politisch suizidal gewesen war, plötzlich eher nützt als schadet. Der selbst ernannte Sozialist ist ein Querkopf, ist nicht das Normale, ist einer, der wieder von der Vision der Gleichheit aller (!) spricht.

Meine Vermutung ist, dass dieser Aspekt trotz allem weniger relevant ist und eine nennenswerte Zahl von Sanders-Anhängern am Ende doch Clinton unterstützen wird – wobei diejenigen, die es nicht tun werden, vermutlich von den beschriebenen neuen und nicht von klassisch wirtschafts- oder sozialpolitischen Erwägungen im Sinne der alten Konfliktlinien geleitet sind.

Gleichzeitig kann ich mir keinen echten Trump-Anhänger vorstellen, für den andere Erwägungen als normalitäre am Ende überwiegen. Da Trump ansonsten politisch bisher überhaupt kein ernsthaftes Programm vorweisen kann, sollte das für die Demokraten reichen.

(Crosspost)

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  • Jonas Schaible 25. Mai 2016, 18:35

    Ich kopiere mal auch meinen Kommentar von drüben hierher. Die Frage, die ein Kommentator gestellt hat, war: Wie unterscheiden sich die Normalitären eigentlich von handelsüblichen Konservativen?

    Antwort:

    Die Kernidee ist, dass sich gerade eine neue Konfliktlinie bildet, die eben alte Lager durchschneidet – auch wenn es sicher oft ideologische und persönliche Kontinuitäten gibt (Konservative sind tendenziell anschlussfähiger an den Normalitarismus als Sozialdemokrat_innen). Ich würde spontan folgende Unterschiede hervorheben:

    1) Der Konservatismus ist grundsätzlich einmal staatstragend und zufrieden mit einer Repräsentation innerhalb einer guten Ordnung. Normalitäre sind das nicht. Sie sind anschlussfähig an Ideen vom direkten Volkswillen, an die Forderung nach mehr direkter Demokratie etc. Sie kümmern sich nicht um das, was aus einer Staatslogik richtig ist, nur noch um das, was ihre Normalität stützt.

    Weitergehend könnte man vielleicht sagen: Der alte Konservatismus war eher auf die Ordnung als aus seiner Sicht gute Ordung bedacht. Den Normalitären geht es eher um ihr eigenes Selbstverständnis als normal (in diesem Sinne sind sie paradoxerweise trotz der „Wir sind das Volk“-Attitüde post-modernder als der klassische Konservativismus, weil individuen-zentrierter).

    2) Der westeuropäische Konservatismus ist eine geschlossenere Ideologie/Philosophie. Klassische Konservative halten den Staats als Garant der Rahmenordnung, die freie Entfaltung und Selbstverantwortung des (ökonimischen) Individuums und die Kirche hoch. Sowohl Gesellschaftspolitik, als auch und vielleicht noch mehr Wirtschaftspolitik gehören zur Kernidee.

    Offensichtlich spielt es für die extreme Rechte in den vergangenen Jahren aber keine allzu große Rolle, welche Wirtschaftspolitik sie vertritt – sie kann auf beide Weisen große Wähler_innenschaften mobilisieren. Eine konservative/rechte Partei unter den Bedingungen der alten Konfliktlinien wäre nie die wichtigste Arbeiterpartei geworden (noch hätte sie es versucht). Sie hätte auch nie erfolgreich eine Art national-chauvinistischer Wohlfahrtsstaatlichkeit fordern können.

    3) Der klassische Konservatismus war zwar der extremen Rechten in vielen Fragen durchaus nahe, hat sich aber a priori als verschieden von ihr verstanden (siehe auch: staatstragend). Erst in einem normalitären Diskurs wird die extreme Rechte plötzlich gesellschaftsfähig.

    4) Der klassische Konservativismus war viel homogener. Der Witz an den neuen Allianzen, die ich beschrieben habe, ist ja, dass sie sich in einem Punkt einig sind (der Abwehr eines Angriffs auf die Normalität) – aber dass sie in vielen anderen Lebensbereichen (auch der sonstigen Politik) durchaus unterschiedlich ticken.

    Um in Österreich zu bleiben und die Idee zu veranschaulichen: Von den ÖVP-Wähler_innen aus Runde 1 (die üblicherweise klassisch Konservativen) sind fast exakt 50% zu Hofer und 50% zu van der Bellen gewechselt; von den SPÖ- und den Griss-Wähler_innen immer noch 20-25% zu Hofer.

    Mit einem klassischen Rechts-Links-Konzept, einem wachsenden Konservatismus im alten Sinne oder Populismus scheint mir das nicht fassbar zu sein.

  • David 26. Mai 2016, 05:39

    Interessante Analyse. Im grossen und ganzen könnte an diesem Erklärungsversuch durchaus etwas dran sein. Allerdings, und das wird aus der Attitūde, mit der Sie schreiben, einmal mehr deutlich, verläuft die Trennlinie vielmehr zwischen arrogant-autoritären Träumern vs genervten Realisten, oft auch ganz banal zwischen Unvernunft und Vernunft.

    • Jonas Schaible 26. Mai 2016, 10:51

      Ich fürchte, das habe ich nicht verstanden. Welche Attitüde? Wer sind die genervten Realisten und wer die arrogant-autoritären Träumer? Und was erklärt das?

      • David 27. Mai 2016, 07:28

        Es erklärt die Anti-Haltung und warum sich grosse Teile der Bev grade auch nicht mehr bei der Linken wiederfinden, sondern einerseits bei Blau und andererseits bei Grūn. Die einen finden mehr Islam, mehr Multikulti, mehr Migranten, mehr Genderwasauchimmer, mehr Spezialtoiletten, mehr Quotenfuer, mehr Feminismus, mehr komische Schreibweisen, mehr einfache Sprache, mehr EU, usw aus zum grossen Teil guten Grūnden doof, während die anderen aus weniger guten Grūnden all diese aufoktruierten Veränderungen super finden und gar nicht genug davon bekommen können.

        Nun werden Sie freilich einwenden, dass all diese Veränderungen total vernūnftig sind und gute Grūnde haben. Aber damit kommen wir nicht weiter. Nehmen wir einfach mal an, die Grūnde wären nicht gut. Und jetzt versetzen Sie sich einmal in denjenigen, der sich damit tagtäglich konfrontiert sieht. Das Ohnmachtgefūhl kann man bis hierher spūren.

        Gesellschafliche Veränderungen sind wichtig. Aber wie bei fast jedem Sachverhalt ist das Maß der Dinge entscheidend. Die politischen Veränderungsbestrebungen der letzten Zeit haben inzwischen ein vernūnftiges Maß ūberschritten und das spūren die Menschen. Die Migrantenkrise ist so zu sagen die Krönung. Sie empfinden nicht nur diesen Sachverhalt erneut als krankhaften Veränderungswahn, mit einer Ideologiekomponente, die in der Tat kaum zu verkennen ist und den Schritt von maßvoll zu maßlos und vernūnftig zu unvernūnftig längst vollzogen hat.

        Deshalb mein, zugegeben etwas platter, Gegensatzvorschlag Träumer vs Realisten.

        • Jonas Schaible 27. Mai 2016, 09:26

          Wenn ich Sie richtig verstehe, teilen Sie im Grunde meine Situationsbeschreibung – nur dass Sie explizit Verständnis für das haben, was ich normalitäre Haltungen nenne?
          Aus der Perspektive ist es natürlich nachvollziehbar und womöglich politisch nützlich, dass Sie Träumer/Realisten vorschlagen – aber Sie verstehen hoffentlich auch, dass ich diese Kategorien a) nicht teile und b) vor allem (und ganz unabhängig von a)) analytisch nicht für sehr sinnvoll halte.

          • David 27. Mai 2016, 10:42

            Ja, ich finde, Sie haben hier interessante Gedanken formuliert, denen man im grossen und ganzen durchaus folgen kann.

            Zu meinem Einwand: Es geht mir damit nicht um mich sondern um das Verstehen von Perspektiven. Dass Sie die geschilderte Perspektive nicht teilen, ist mir klar. Das hatte ich ja bereits angedeutet. Sie sollten sie aber zumindest zur Kenntnis nehmen, wenn die von Ihnen gewūnschte analytische Betrachtung das Ziel sein soll.

            Cleavages haben zwei Seiten. Mit der Analyse nur einer Seite kommt man an die tatsächliche Konfliktline nicht wirklich heran.

            • Jonas Schaible 29. Mai 2016, 15:12

              Da stimme ich zu. Dachte aber eigentlich, dass ich das im Text getan habe.

              • David 29. Mai 2016, 16:50

                nun, das würde ich in Abrede stellen. Ich bin grade nochmal den Text durchgegangen und soweit ich das sehe, behandelt der Text zu ca. 99 % die Untersuchung der einen Seite des neuen Cleavages, das, was Sie das Normalitäre nennen. Ohne Frage arbeiten Sie hier interessante Gedanken heraus, die mMn durchaus in die richtige Richtung zeigen.

                Aber wo bleibt die Analyse der anderen Seite des Cleavages? Wäre hier nicht ebenfalls eine ausgiebige Analyse notwendig? Sie werfen zwar den bekannten Begriff „Pluralismus“ in den Raum, hinterfragen ihn aber nicht wirklich und widmen dieser Perspektive grade mal 3 Sätze. Wäre hier eine Untersuchung nicht spannend, ja sogar zwingend notwendig, um die Trennlinie des neuen Cleavages richtig einzuordnen? Denn möglicherweise hat sich ja auch hier etwas verändert. Und möglicherweise führt uns das zu der Erkenntnis, dass das Normalitäre gar nicht Normalitär sondern etwas anders ist und die Trennlinie ganz woanders verläuft? Das finden wir aber nur heraus, wenn wir beide Seiten analysieren.

  • CitizenK 26. Mai 2016, 07:49

    Starke Analyse. Macht das diffuse Unbehagen im alten Links-Rechts-Schema klarer und fassbarer. Der Übergang und die Überlagerung durch den Wandel der Gesellschaft ist mMn gut beschrieben. Interessantes Konzept, Politikwissenschaft kann doch nützlich sein.

  • Maniac 26. Mai 2016, 15:00

    Toller Artikel und interessante Theorie. Danke für die Mühe!

    Die Begriffe „Normalität“ vs. „Un-Normalität“ bzw. „Pluralität“ gefallen mir nicht. Ihnen (zumindest dem Begriffspaar Normalität und Un-Normalität) liegt, anders als den anderen Cleavages, die sie oben erwähnen, bereits eine Wertung inne. Eine derartige Namensgebung empfinde ich als problematisch, da sie den Anhängern der einen Seite fälschlicherweise immer das Gefühl signalisiert „normal“, also „vorhandenen Normen entsprechend“ zu sein. Das ist aber gerade nicht der Fall, da ja eben Normen angepasst und geändert wurden bzw. es sich bei Normen überhaupt um veränderbare Werte handelt. Gerade das stellen die „Normalitätler“ aber in Frage, indem sie a priori bestimmte Werte überhaupt nur für akzeptabel und keiner Änderung für zugänglich halten. Zudem signalisiert die Vorsilbe „un-“ im Deutschen eine eher negative Bedeutung, was die Konnotation des richtigen einerseits und falschen andererseits noch verstärkt.

    „Pluralisten“ halte ich aber auch für ungeeignet, weil dieser Begriff durch Konzepte wie „Ethno-Pluralismus“ von der extremen Rechten verbrannt ist. Nämlich im Sinne von zwar nebeneinander – separiert – existenzberechtigten, aber keinesfalls zu vermischenden Ethnien. Ein derartiges Konzept lässt sich aber der hier als „Pluralisten“ bezeichneten Gruppe wohl eher nicht unterschieben.

    Einen guten Alternativvorschlag habe ich aber auch nicht. Vielleicht ließe sich etwas mit individuell-heterogen vs. kollektiv-homogen oder transformativ vs. dogmatisch (hier wäre natürlich konservativ eigentlich das passende Antonym) bilden.

    Gruß, M.

    • Jonas Schaible 26. Mai 2016, 16:36

      Sie legen da zielsicher eine Baustelle frei.

      In der Tat bin ich mit dem Begriffspaar Normalitär/X nicht völlig zufrieden – man kann das leicht daran erkennen, dass ich im Text nicht ganz konsistent bin, wenn ich dieses X beschreibe. Mal nenne ich es un-normal(itär), mal nicht-normal, mal plural.

      Beibehalten und verteidigen würde ich den Begriff der Normalitären, weil er a) neu und also semantisch unbelastet ist und b) glaube ich, die Sache auf ihren Kern bringt. Die Gefahr, dass den So-Beschriebenen damit signalisiert wird, sie seien ja normal, treibt mich nicht um – denn genau das denken sie ja schon, genau das ist ja, was ich auf den Begriff bringen will. Dass das, was einend wirkt, nicht der Nationalismus ist, nicht das Völkische (deshalb passt kollektiv-homogen nicht, um die ganze Bandbreite zu beschreiben), sondern dass es um die Rettung (oder Rückkehr zu) einer (teilweise imgainierten) Ordnung geht, die aber nicht rassentheoretisch, ethnopluralistisch, göttlich oder biologistisch begründet wird, sondern allein dadurch Legitimation hat, dass es sie (vermeintlich) gab, dass man sich darin wohlgefühlt hat, weil man darin die Norm war.

      Diese Ordnung wird in Un-Ordnung gebracht dadurch, dass das eigene Norm-Sein infrage gestellt wird durch die Ansprüche der bisher Un-Normalen. Insofern finde ich das schon sehr auf den Punkt. Und es heißt es auch deshalb normalitär, nicht nur normal.

      (Dogmatisch dagegen wäre mir zu wertend, außerdem zu alltäglich und damit unspezifisch. Und es suggeriert so etwas wie ideologische Stringenz, die hier nicht gegeben ist.)

      Un-Normal(itär) ist nur eine Negativ-Definition, das ist etwas unschön. Vielleicht ist es sowieso eher Anti-Normalitär (inhaltlich treffender, immer noch ex negativo). Interessant, dass Sie „plural“ wegen des Ethnopluralismus als verbrannt ansehen – ich hatte eher Bedenken, dass es zu positiv besetzt ist. Es scheint mir aber nach wie vor sehr in die richtige Richtung zu gehen. Oder pluralitär (aber ich wollte nicht noch einen Begriff erfinden), im Sinne von: Die Verschiedenheit von Menschen und Menschengruppen nicht nur anzuerkennen, sondern zu bejahen und explizit zu fördern.

      Von Begriffen wie Transformativ, gar modern, oder auch liberal (gesellschaftsliberal würde es schon auch irgendwie treffen) wollte ich weg, weil da so viel historischer Bedeutungsballast dranklebt, dass jede neue Beschreibung darunter erdürckt zu werden droht.

      Aber ich bin, wie gesagt, vor allem auf, nennen wir sie behelfsmäßig doch: pluralitären Seite der Konfliktlinie nicht sicher und offen für Anregungen.

      • Blechmann 2. Juni 2016, 21:40

        >“Oder pluralitär (aber ich wollte nicht noch einen Begriff erfinden), im Sinne von: Die Verschiedenheit von Menschen und Menschengruppen nicht nur anzuerkennen, sondern zu bejahen und explizit zu fördern. „<

        Ähm. Das wäre dann aber Multikulti vs Rest. Die Normalitären, denen ich mich zurechne, haben nichts gegen Verschiedenheit, sie wollen aber nur mit denen von "ihrer Art" in einer Gesellschaft leben, und nicht mit denen, die anders sind. Die Pluralisten dagegen wollen mit denen die anders sind zusammenleben, aber nicht unbedingt die Unterschiede erhalten, sondern viel eher sie verschmelzen. Nicht: Jeder hat ein Ghetto hier, sondern: Wir sind alle eins. Die Verschiedenheit "explizit zu fördern" ist schon ziemlich hardcore, wie sagte Merkel: Multikulti ist tot. Da sind selbst die Grünen von abgerückt, die Haupt-Trennlinie läuft woanders.

        • CitizenK 3. Juni 2016, 07:17

          „….nichts gegen Verschiedenheit, sie wollen aber nur mit denen von „ihrer Art“ in einer Gesellschaft leben“

          Klingt auf den ersten Blick vernünftig, aber was heißt das konkret? Zum Beispiel in der Schule: Extra-Essen für Moslems in der Mensa? Klassenfahrten/Schwimmunterricht – Verpflichtung oder Elternrecht?

          Sind die „anderen“ Teil der Gesellschaft oder nicht – da muss man sich schon entscheiden, meine ich. Das ist keine moralische, sondern eine praktische Frage.

        • bevanite 3. Juni 2016, 08:46

          „Die Normalitären, denen ich mich zurechne, haben nichts gegen Verschiedenheit, sie wollen aber nur mit denen von „ihrer Art“ in einer Gesellschaft leben, und nicht mit denen, die anders sind.“

          Aber bedeutet das nicht exakt das, was Sie später als „ziemlich hardcore“ bezeichnen, nämlich das Fördern von Verschiedenheit? Zwar nicht aktiv, aber doch indirekt. Wie CitizenK schon andeutet, bedeutet das ja z.B. getrennten Unterricht für Moslems. Und in dem Punkt glaube ich eben, dass sich dort die Interessen verschiedenster politischer Richtungen, die sich auf den ersten Blick spinnefeind sind, überscheiden: Kulturrelativisten sagen, jede Kultur sei erhaltenswert und müsse daher überall und immer, notfalls separat, geschützt werden. Identitäre Kulturalisten drehen den Spieß um und wollen ihre eigene Kultur vor fremden Einflüssen schützen. Aber beide wollen eben eine Art „getrennte Verschiedenheit“, während die andere Seite universalistisch („one law for all“) herangeht.

    • David 27. Mai 2016, 09:05

      „oder transformativ vs. dogmatisch (hier wäre natürlich konservativ eigentlich das passende Antonym) bilden. “

      Was lässt Sie glauben, dass transformativ nicht gleichzeitg dogmatisch sein kann?

  • Stefan Sasse 26. Mai 2016, 16:46

    Ich mag den Begriff der Normalitären sehr. Denke, Pluralisten oder so was passt ganz gut als Gegenstück.

    • Blechmann 30. Mai 2016, 22:08

      Ich finde den Begriff nicht so gut, auch nicht das Begriffspaar. Ein Pluralist wäre das Gegenteil von einem Monotären.

      • Jonas Schaible 1. Juni 2016, 11:06

        In einem strikt wörtlichen Sinne vielleicht. Ein Arbeiter ist wörtlich auch nicht das Gegenstück zum Kapitalisten, aber in seiner begrifflichen Konzeption und in der politischen Wirklichkeit macht die Unterscheidung dann doch Sinn.

        • Blechmann 2. Juni 2016, 21:20

          Nein, das Gegenstück zum Kapitalisten wäre der Sozialist. 🙂

          Normalitäre und Pluralisten sind ja nicht Gesellschaftsgruppen wie Arbeiter sondern Weltanschauungen.

  • Ariane 27. Mai 2016, 19:27

    Vielen Dank für die gute Analyse, viel zum Nachdenken dabei!
    Normalitär als Begriff finde ich eigentlich auch gut, vielleicht nicht ganz unbelastet, aber dafür lässt es sich gut verwenden. Status-Quo-tisten oder sowas ginge vielleicht auch noch, passt aber wie Stefan sagt dann nicht so gut als Gegenstück.

    • Jonas Schaible 29. Mai 2016, 15:13

      Wieso nicht unbelastet? Was hängt da womöglich an Konnotation dran?

  • Blechmann 30. Mai 2016, 22:38

    Die Frage ist, ob die Zweiteilung in guten Konservativismus und schlechten Normalitismus Sinn macht.

    >1) Der Konservatismus ist grundsätzlich einmal staatstragend und >zufrieden mit einer Repräsentation innerhalb einer guten Ordnung.

    Nun, der Konservativismus in der Weimarer Republik war nicht staatstragend, sondern hat den Staat, das Staatssystem der Demokratie, bewusst zerstört.

    > Normalitäre sind das nicht.
    Also die AfD ist aus meiner Sicht eine staatstragende Partei. Mehr als die LINKE vielleicht.

    >Sie sind anschlussfähig an Ideen vom direkten Volkswillen, an die >Forderung nach mehr direkter Demokratie etc. Sie kümmern sich nicht >um das, was aus einer Staatslogik richtig ist, nur noch um das, was ihre >Normalität stützt.
    Der selbstlose Konservative, der das Staatswohl im Sinne hat, und der egoistische Normalitäre, dem es nur um seine Ideologie geht. Das scheint mir eher Wertung als Analyse.

    >3) Erst in einem normalitären Diskurs wird die extreme Rechte plötzlich gesellschaftsfähig.
    Wer ist denn die „extreme Rechte“? Für gewöhnlich werden AfD und FPÖ ja nicht dazu gerechnet, sondern als rechts-populistisch gewertet.

    >4) Der klassische Konservativismus war viel homogener.
    Naja, der klassische Konservativismus war einer der Oberschicht, die ihre Privilegien erhalten wollte. Die Oberschicht ist aber jetzt neo-liberal.

  • bevanite 30. Mai 2016, 23:40

    Sehr treffende Analyse! Mir kam vor einer Weile ein ähnlicher Gedankengang in den Sinn und dabei hatte ich ein anderes, kulturbezogenes cleavage ausgemacht. Zu den x- und y-Achsen des klassischen politischen Kompass (links vs. rechts / autoritär vs. liberatär) würde ich eine z-Achse hinzufügen, deren Gegenpole man am ehesten als „statisch“ vs. „transformativ“ bezeichnen könnte. Die eine Seite geht davon aus, dass sich Gesellschaften/Kulturen ihrem Wesen nach nicht ändern und nicht verändern lassen, während die anderen sie als fluide und sich stets verändernd betrachten (wobei die Ansichten, wie genau sie sich verändern, extrem variieren). Am Ende der einen Seite haben wir völkische Ethnopluralisten, rechte Rassisten, linke Kulturrelativisten, altlinke historische Deterministen und Paläolibertäre. Am Ende der anderen Seite tummelt sich eine ebenso bunt gemischte Schar: Neocons, Anhänger von Entwicklungsdiktaturen, Trotzkisten, universalistische Feministen und LGBT-Aktivisten, neoliberale Thatcheristen. Das wären natürlich nur die extremsten Positionen, prinzipiell findet man aber in allen Ecken – von libertär-links bis autoritär-rechts – Leute, die entweder die Möglichkeit eines Wandels ablehnen oder bejahen.

    Als z.B. in den Medien das Phänomen Pegida erklärt wurde, hat mich die verkürzte Darstellung der „zu kurz gekommenen Ossis“ schon sehr gewundert. Tatsächlich gab es auf den Gegendemos wahrscheinlich viele Leute, die ein geringeres Jahreseinkommen haben als viele Pegiden aus dem Dresdener Umland (das für ostdeutsche Verhältnisse wirtschaftlich recht gut dasteht). Auch würde ich nicht sagen, dass AfD-Wähler prinzipiell hinterwäldlerische Rednecks sind – viele ihrer Anhänger im Netz prahlen geradezu förmlich damit, dass sie beruflich weit herum gekommen sind. Aber ebenso wie sie Veränderungsprozesse etwa in islamischen Ländern ausschließen (siehe die Verschwörungstheorien zum arabischen Frühling, den rechte und linke „Statiker“ natürlich als von den USA gesteuert sehen), möchten sie eben auch hier keine Veränderungen.

    • Jonas Schaible 1. Juni 2016, 11:10

      Auch sehr interessant. Eine Achse „statisch“ vs. „transformativ“ funktioniert sicher gut, um bestimmte Phänomene zu ordnen. Dass sie auch das Parteiensystem strukturiert, daran habe ich Zweifel.

    • Blechmann 1. Juni 2016, 21:58

      Klingt für mich so ähnlich wie konservativ vs progressiv. Wobei die Linke gewöhnlich eher progressiv ist.

  • Maniac 27. Juni 2016, 11:56

    Moin!

    Ich weiß nicht, ob es jemand liest, aber ich weise daraufhin, dass Dein Gedanke gerade hier

    https://krautreporter.de/1543-auch-wir-mussen-uns-entscheiden

    aufgegriffen wurde.

    Gruß, M.

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