Warum Bernie Sanders scheitern wird – und scheitern muss

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Wenn die Kandidatur Bernie Sanders‘ eine Schwäche hat, dann die, dass er seine großangelegten Reformen von einer Krankenversicherung für alle bis zur Zerschlagung der Investmentbanken nicht wird durchführen können, solange der Kongress so strukturiert bleibt wie er ist: in der Hand der Republicans, eingebunden in ein Netz hervorragend organisierter Lobby-Interessen. Spricht man Bernie Sanders auf diesen Schwachpunkt an, so gibt er immer dieselbe Antwort: dass eine Mobilisierung der amerikanischen Bevölkerung (sprich: seiner Wähler) auch über den Wahltag hinaus notwendig ist, um eine „Revolution“ (seine Worte) zu schaffen, in der quasi die Macht der Straße die Blockaden des Kongresses durch den schieren Druck der öffentlichen Meinung hinwegspült. Occupy Wallstreet, tausendfach potenziert, vier Jahre lang, 24/7. Das aber ist eine Schimäre.

Die Vorstellung einer solchen populistischen Revolution, die Bernie Sanders zum Regierungsprogramm erheben will, ist völlig unrealistisch. Und nicht nur das, sie ist auch gefährlich.

Mir ist unbegreiflich, wie so viele Menschen an die Umsetzbarkeit dieser „Revolution“ glauben können. Sanders hat selbst mehrfach zugegeben, dass er es nicht für wahrscheinlich hält, die Menge der Wahlstimmen, die Obama 2008 mobilisieren konnte, zu übertreffen. Dieser hatte die Wahlbeteiligung in Iowa gegenüber 2004 fast verdoppelt – von rund 120.000 auf 240.000 Menschen. Wahlberechtigt waren ungefähr 600.000 Menschen (weil sie offiziell als Democrats registriert sind), bei der eigentlichen Präsidentschaftswahl gewann Obama rund 820.000 Stimmen. Das entsprach einer Wahlbeteiligung von rund 61%. Das bedeutet, dass Bernie Sanders nicht damit rechnet, mehr als vielleicht 200.000 Menschen in Iowa mobilisieren zu können – nicht ganz 10% der Wahlberechtigten in einem Staat, dessen Demographie und kulturelle Prägung verglichen mit vielen anderen Bundesstaaten sehr Sanders-freundlich ist.

Es ist auch nicht so, dass Sanders‘ Plan einer permanenten Mobilisierung übermäßig innovativ wäre: Obama hatte genau dieselbe Idee, und erneut: nach Sanders‘ eigenen Worten war seine Organisation größer! Trotz der Ressourcen des Weißen Hauses und dem technologischen Vorteil, den Obama genoss, gelang es ihm nicht, die Begeisterung, die ihn 2008 ins Amt getragen hatte, auch nur dazu zu nutzen, drei Monate später – im Frühjahr 2009 – den Stimulus durch den Kongress zu bringen. Und das war eine ziemlich sandersige (ja, das ist ein Adjektiv) Unternehmung. Warum Sanders glaubt, dass er in der Lage wäre, hier größere Erfolge zu feiern, ist mir schleierhaft.

Aber Sanders muss gar nicht zu sehr auf Obama schauen, den er als Verräter an den progressiven Idealen darstellen kann, solange er will. Ein viel besseres Beispiel lädt seit 2010 ebenfalls zum ausgiebigen Studium ein: die Tea Party. Genauso wie viele überzeugte Progressive fühlten sich die radikalen Conservatives nicht vom Kongress repräsentiert und bauten eine hervorragend organisierte Graswurzelbewegung in den konservativen Teilen des Landes auf, die sie gegen das eigene Partei-Establishment in Stellung brachten. Und im Gegensatz zu Obama hielten diese Begeisterung und Organisation viele Jahre lang, feierten 2010 und 2014 elektorale Erfolge und legten Washington komplett lahm.

Aus Sicht reaktionärer Konservativer aber bleibt die Tea Party mit ihrem „Freedom Caucus“ im Kongress ein Misserfolg. Ihr Mobilisierungserfolg, ihre Präsenz, all das half ihnen nicht, die Hürden des Systems in Washington zu überwinden. Stattdessen nannten sie jeden einen Verräter, der versuchte, irgendetwas zu erreichen, und igelten sich in der Totalopposition ein.

Natürlich können Bernie-Fans behaupten, dass das bei Sanders alles anders werden wird. Dass er tatsächlich eine progressive Revolution entfachen wird, deren Druck dann so groß ist, dass die gegnerische Partei im Kongress keine andere Möglichkeit haben wird, als mit dem Präsident zusammenzuarbeiten. Aber das ist ein Ausflug ins Wolkenkuckucksheim. Die Tea Party hatte größere Beteiligungszahlen als alles, was Sanders bisher auf die Beine gestellt hat, und Obama sah sich in acht Jahren trotz eines durchschlagenden Erfolgs der Bewegung in Kongress und öffentlicher Meinung nicht dazu genötigt, mit ihr zusammenzuarbeiten. Es gibt keinen Grund, warum der Druck von maximal 20% der amerikanischen Bevölkerung plötzlich die demokratisch legitimierten Republicans im Kongress zur Totalkapitulation vor dem radikalsten progressiven Programm seit dem New Deal zwingen sollte. Das ist nichts als progressive Fan Fiction, wishful thinking.

Und es ist auch gefährlich. Denn wenn Bernie Sanders Erfolg hätte, wenn er den Stein der Weisen fände, der es ihm erlaubt, sämtliche institutionellen Hürden in Washington durch den Druck einer ihm ergebenen populistischen Bewegung aus dem Weg zu räumen, dann hebelte er effektiv die Verfassung aus. Er würde vier, vielleicht acht Jahre lang progressive Träume Wirklichkeit werden lassen. Nur sollte sich jeder Sanders-Fan diese Frage stellen: was hält einen Trump, einen Cruz, einen George Wallace später davon ab, das Gleiche mit einem rechtsextrimistischen Programm zu machen? Die Aufhebung der Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative, die Sanders in ultimativer Konsequenz verfolgt, ist ein Geist, der, einmal aus der Flasche gelassen, nicht mehr zurückgestopft werden kann.

{ 17 comments… add one }
  • Stefan O. W. Weiß 31. Januar 2016, 12:40

    Nun, Obama hat ja vorgemacht, wie man mit executive orders die Gewaltenteilung teilweise aushebeln kann. Das ist Sanders natürlich nicht verborgen geblieben.
    Ich glaube nun zwar nicht, daß er der Wunschtraum der demokratischen Wähler ist, aber er dürfte doch davon profitieren, daß er nicht Hillary Clinton ist.

    • Stefan Sasse 31. Januar 2016, 15:35

      Executive Actions schaffen kein Recht. Obamacare ließ sich nicht mit Executive Actions schaffen, sondern nur mit einer Mehrheit im Kongress, genauso wie der Stimulus. Auch Sanders muss sich an die Verfassung halten, jede andere Schlussfolgerung führt auf die gefährliche Straße, vor der ich bereits warnte.

      • Stephan Riepshoff 5. Mai 2016, 01:15

        Ich kann der Argumentation gut folgen und Ihre Begründung gut verstehen. Dennoch bin ich im Zweifel, ob es genau so auch kommen muss, Ihre Vision ist fundiert und dennoch sehr schwarz weiss gemalt.

        Es gibt genügend andere Beispiele, wo grosse Veränderungen nicht das komplette System-Kartenhaus in sich zusammenbrechen liessen bei grossen Staaten. Der Umbau der Sowjetunion hat zumindest ein noch verwaltbares Konstrukt hervorgebracht, dass in sich zur Zeit stabil zu sein scheint. Sanders‘ Ideen werden niemals 1 zu 1 umgesetzt werden, auch nicht unter einem Druckszenario. Die USA sind nicht Nordkorea und die Zweiteilung des Machtprozesses in den USA ist Erdbebensicher! Politik ist eine Schlange, aber auch ein schwerfälliger Prozess. Das Kapital sein grösster Beschleuniger und auch gleichzeitig seine größte Bremse.
        Aber eine Reform täte den „Unterschichten“ der USA zweifellos gut! Man kann es auch anders betrachten, wenn Trump mit seinen bekannten und noch verdeckten Ideen mit grösstmöglichem politischen Schub ins Weisse Haus kommt, dann kann das Gegenteil auch schon bald Raum greifen, welches Sie umschrieben haben.

        Eine Verfassung wie die der USA wird auch nicht fortgesprengt. Das ist nur eine oberflächliche Vermutung und auch eine Fiktion. Ich glaube eher, dass Amerika durchaus so erfinderisch ist, dass die Eliten sich auch in Sanders‘ Variante der Vereinigten Staaten später ihre Vorteile erkennen könnten. Also: Don’t panic! Sanders ist wirklich fantastisch, wenn auch ein wenig alt. Ich bete für seinen Sieg!

  • Ant_ 31. Januar 2016, 16:08

    So sympathisch Sanders mir auch ist, und so sehr ich mir wünsche, dass einige seiner Forderungen ein größeres Gewicht in amerikanischer Innen- und Außenpolitik bekommen würden, muss ich dem Artikel dann doch zustimmen.
    In den letzten Tagen hat es ja auch einigen Austausch über seine veröffentlichten HealthCare-Pläne gegeben, und da kann man dann wohl doch auch nur hoffen, dass er nicht drankommt, um das System wie Obama es geschaffen hat, nicht komplett zu zerschießen und zu diskreditieren.
    Ich bin wirklich sehr gespannt, wie sehr sich Sanders und Trump bemerkbar machen werden in der Zeit nach den Wahlen. In jedem Fall erscheinen mir beide eher als ein Symptom der schon sehr lange zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft Amerikas. Meine Hoffnung ist natürlich, dass Sanders auf jeden Fall einen Einfluß haben wird, zumindest wenn Hillary die Wahl gewinnt. Selbst wenn Trump nicht gewinnt und als Independent laufen wird, muss ich dann aber wegen meines Skeptizismus leider davon ausgehen, dass Trump vermutlich mindestens genauso viel Potential hat, die republikanische Seite auch im Falle einer Niederlage zu beeinflussen, wie Sanders sie bei den Demokraten hat.

  • CitizenK 31. Januar 2016, 19:28

    „…. völlig unrealistisch“.

    Könnte es sein, dass Sanders das auch weiß und er mit seiner Kandidatur ein Bewusstsein für die sozialen Defizite des Landes schaffen will?

    Spielt sein Alter keine Rolle in der öffentlichen Diskussion? Immerhin wäre er am Ende der Amtszeit fast 80 Jahre alt.

    (Fragen an die USA-Kenner von einem, der wenig darüber weiß)

    • Stefan Sasse 31. Januar 2016, 21:30

      Anfangs schien seine Kandidatur rein dazu da zu sein, ja. Das hat definitiv auch Clinton so gesehen (und auch Sanders selbst, man denke nur an die „damned emails“), aber seit Anfang Januar spielt er auf Sieg.

  • Ralf 31. Januar 2016, 22:26

    Naja, Dein Artikel ist mir etwas zu Sanders-lastig. Du argumentierst durchaus mit Recht, dass Sanders keine Chance hat, sein Programm durch den Kongress zu bringen, aber suggerierst durch die Nichterwaehnung von Clinton, dass Hillary bessere Aussichten haette genuin Demokratische Politik umzusetzen. Aber genau davon ist nicht auszugehen. Clinton duerfte die verhassteste Politikerin aller Zeiten sein, wenn man die Republikaner fragt. Niemand wird mit ihr zusammenarbeiten. Sie wuerde genau wie Sanders einer Totalblockade gegenueber stehen. Schon aus Prinzip wird keiner der Republikaner auch nur mit ihr sprechen. Dafuer wird eine Praesidentin Clinton gerade die junge Generation von Demokraten, die schon von Obama zutiefst enttaeuscht sind, noch weiter frustrieren und aus der Partei treiben. Der Trend, dass immer weniger Menschen ueberhaupt waehlen gehen, weil sie einfach den Glauben verloren haben, dass sich das System noch aendern laesst, wird weitergehen. Und nichts bedroht die Demokratie so massiv wie dieser Trend. Eine Demokratie kann einen Idioten wie Trump ueberleben. Aber keine Demokratie ueberlebt letzlich das langfristige Desinteresse der Waehler.

    Und dass die Tea-Party politisch nichts erreicht hat, ist ein Mythos. Das Land hat z.B. maechtig unter dem Sequester gelitten, der ohne die Radikalen so nie zustande gekommen waere. Und letztlich haette die Tea-Party noch viel erfolgreicher sein koennen, haette sie sich politisch etwas klueger verhalten. Obama hatte doch schon vor den Extremisten kapituliert und Boehner enorme Zugestaendnisse gemacht im Abbau der Sozialversicherungen. Es ist der Dummheit der Radikalen zu verdanken, dass sie statt einen grandiosen Sieg einzufahren, lieber ihrem Vorsitzenden in den Ruecken gefallen sind. Es ist wohl eher unwahrscheinlich, dass Sanders den selben Fehler machen wuerde.

    • Stefan Sasse 31. Januar 2016, 22:36

      Natürlich wird auch Hillary wenig erreichen. Aber die Reps werden mit KEINEM Dem zusammenarbeiten, egal wer es ist. Ob sie Hillary leiden können oder nicht ist total egal. Und ja, das ist schlecht für die Demokratie. Aber die Alternative kann nicht sein, sich in Hirngespinsten um irgendwelche Revolutionen zu verlieren, denn das ist entweder noch frustrierender oder klappt am Ende sogar, und dann wird es richtig gefährlich.

      Und du missverstehst mich: die Tea Party hat viel erreicht. Nur nicht das, was sie sich vorgenommen hat, nämlich eine konservative Rebellion zu entfachen und Obama und die Dems hinwegzufegen. Sanders wird das umgekehrte Kunststück genausowenig gelingen.

      • Ralf 1. Februar 2016, 00:26

        Ob ein „komplett geblockter Sanders“ als Praesident fuer die Basis frustrierender waere als eine „komplett geblockte Clinton“, lasse ich mal dahin gestellt. Sanders haette wenigstens authentische Werte, an denen sich eine Bewegung festhalten koennte. Durchhaltekraft werden die Demokraten ohnehin benoetigen. Die Tea-Party hat sich aber auch trotz Rueckschlaegen ueber Jahre gehalten. Oder die Gruenen z.B. bei uns zuhause. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, dass Sanders‘ Bewegung das auch schaffen koennte. Eine Praesidentin Clinton, der keiner vertraut, die die meisten fuer eine Opportunistin ohne Werte halten und die dann auch noch politisch nichts erreicht, waere moeglicherweise eine viel groessere Hypothek fuer die Zukunft.

        Wenn es ueberhaupt so weit kommt. Sanders‘ Erfolg auf der Linken und Trumps, Cruz‘ und Carsons Erfolg auf der Rechten zeigt dass das Elektoriat in anti-Establishment-Stimmung ist. Und die Independents sind nicht selten gerade deshalb Independents, weil sie sich vom Establishment distanzieren wollen. Clinton aber ist die Personifizierung des Establishments. Und nicht nur das. Es gibt eine massive anti-Clinton-Stimmung in den USA. Nicht nur auf der rechten Flanke, sondern unter Demokraten im progressiven Fluegel. Clinton fehlt darueber hinaus Zustimmung bei jungen Waehlern. Wunder Dich nicht, wenn am Ende ein Praesident Rubio oder ein Praesident Trump die Folge von Clintons Kandidatur ist. Gerade kocht uebrigens die Email-Affaire wieder hoch. Scheinbar hat das FBI bestaetigt, dass Hillary schon wieder gelogen hat und dass sie in der Tat Top-Secret- Material auf ihrem ungeschuetzten Server hatte. Sie wird wohl das komplette naechste Jahr juristische Schlagzeilen machen. Wann hast Du das letzte Mal jemanden eine Wahl gewinnen sehen, dem grosse Teile seiner eigenen Partei regelrecht feindselig gegenueber stehen, der keinen Enthusiasmus unter den Waehlern erzeugen kann und der unter Anklage steht ein schweres Verbrechen begangen zu haben, wo bei Verurteilung eine lange Haftstrafe droht? Am Ende der Geschichte koennte die Tea-Party moeglicherweise doch noch ihren grossen Triumph feiern, mit einem republikanischen House, einem republikanischen Senat und einem republikanischen Praesidenten. Und dann gute Nacht …

        • Stefan Sasse 1. Februar 2016, 16:13

          Ich bleibe auch dabei, dass Clinton alles andere als meine Wunschvorstellung ist. Aber eine dritte Amtszeit Obama steht leider nicht zur Verfügung. Das von dir beschriebene Horrorszenario ist natürlich möglich, aber ich halte es für unwahrscheinlich. November wissen wir, wer Recht hatte.

  • Kning 1. Februar 2016, 06:52

    Immerhin sollte sich Ben Carson’s Wahlkampf nach Iowa und New Hampshire erledigt haben. Zudem sich dieser Kandidat mit unsäglichen Äußerungen dermaßen ins Abseits katapultiert hat, dass er ohnehin keine Chance hätte.

    Generell muss ich sagen, dass ich von den Republikanern inzwischen Trump als die „beste“ Wahl sehe. Man wird nicht so ein erfolgreicher Geschäftsmann, wenn man nicht bestimmte Fertigkeiten mitbringt. Ich bin überhaupt nicht mit dem auf einer politischen Linie, aber Trump ist wahrscheinlich kein Tea Party Kreuzritter und weiß wie wichtig es ist für erfolgreiche Geschäfte auch Kompromisse machen zu müssen.

    Bei den Demokraten bin ich Stefans Meinung – so sehr ich die Missstände die Sanders angeprangt beseitigt sehen würde, Clinton wäre für Amerika, aber insbesondere für die europäische Politik die beste Wahl. Mit den anderen Kantonisten kann ich mir gar nicht vorstellen, wie man die wichtigsten weltpolitischen Fragen angehen will.

  • Am_Rande 1. Februar 2016, 20:27

    Das ist eben die Wahl vor der Amerika steht:

    Wird jemand Präsident, der gegen den Apparat opponiert? Und dieser wird dann vom Apparat lahmgelegt.

    Oder wird ein/e Mann/Frau des Apparates Präsident? Dann geht es so weiter wie bisher.

  • Kning 2. Februar 2016, 08:54

    Iowa hat gewählt – Sanders hat ein sehr beachtliches Ergebnis erzielt, es sollte etwas Rückenwind geben für New Hampshire. Clinton wird sich also noch mehr anstrengen müssen gegen Sanders Punkten zu können.

    Nächste Woche auf ein neues in New Hampshire

  • silver 3. Februar 2016, 01:06

    Der Artikel ist offen gesagt fast schon widerwärtig, und äußerst manipulativ. Zuerst mal unterschlägt er, dass der Bulk der Argumentation auf überhaupt nicht spezifisch zu Sanders ist. Es ist ja nicht mal Kritik an seinen Motiven enthalten, sonders das Argument ist lediglich: „Änderung ist gefährlich, weil sie als nächstes auch in die falsche Richtung gehen könnte.“ Mit diesem Argument lässt sich absolut jede unkonventionelle Politik in jeder Situation angreifen. Es ist eigentlich nur ein Argument gegen radikale Änderung im allgemeinsten Sinn.

    Zweitens ist die Trennung zwischen Vorhersage und Urteil sehr schwammig. Erst einmal sind es zwei völlig unterschiedliche Sachen, einerseits eine probalistische Vorhersage zu der Erfolgswahrscheinlichkeit zu treffen, und andererseits ein moralisches Urteil, und sie sollten getrennt behandelt werden.

    Mehr als die erste Hälfte des Artikels verschreibt sich dem Ziel zu erklären, warum die Erfolgswahrscheinlichkeit gering ist. Was ist denn die Motivation dahinter? Wenn die Entwicklung positiv ist, dann ist die Demotivation in erster Linie erst einmal schädlich, völlig unabhängig davon, ob Erfolg nun wahrscheinlich ist, oder nicht. Selbst wenn er unwahrscheinlich ist, gibt es keinerlei Grund zu demotivieren, weil das die Chance nur noch weiter senkt.

    Es einfach nur zu sagen, weil es nunmal so ist, also Ziel Wahrheit wäre eventuell diskutabel, wäre der Artikel sachlich, was aber nicht der Fall ist.

    Ich muss also davon ausgehen, dass die Bewegung negativ bewertet wird. Ein sauberer Aufbau wäre hier nun, ZUERST zu begünden warum die Bewegung negativ ist, und dann darauf hinzuweisen, dass sie auch nicht viele Chancen hat, denn nur dann ist ja sinnvoll. Stattdessen wird sie erst als zum Scheitern verurteilt dargesellt, und danach mit einem Papierdünnen Argument (was ich oben schon angesprochen habe) der Inhalt selbst noch angegriffen.

    Ganz davon abgesehen ist natürlich auch bei Verlieren der Wahl die Bewegung nicht automatisch schlecht oder nutzulos gewesen, was hier implizit angenommen wird, aber das geht schon etwas zur inhaltlichen Kritik über, auf die ich mich hier gar nicht erst einlassen will.

    Ich will gar nicht irgendeine Motivation unterstellen, eher einen nicht durchdachten Artikel, was allerdings am Resultat nichts ändert.

    • Stefan Sasse 4. Februar 2016, 19:10

      Ja, danke, aber ich denke mir schon was dabei. Die Überschrift sagt es schon: warum er scheitern wird – und muss. In der Reihenfolge. Und mein Argument ist nicht, dass Änderungen schlecht sind. Mein Argument ist, dass die Verfassung auszuhebeln vielleicht nicht der beste Weg ist, um Änderungen zu erreichen. Der Weg über Änderungen führt über eine Politik der kleinen Schritte, nicht der riesigen Sprünge.

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