Go, Get The Cup!

In wenigen Stunden rollt der Ball wieder und das größte Sportevent auf dem Globus beginnt. 32 Nationen treten in 64 Spielen an und gegen die Lederkugel, um den Weltmeister der besten Lederkicker zu küren. Der Nationenkampf als Fight der Titanen, so sehen es zumindest Milliarden an den Bildschirmen und Millionen in den Arenen. Hier dürfen Nationalgefühle und darauf gründende Ressentiments ausgelebt werden, hier gibt es die Nation, das Wir gegen Die. Hier geht es um Schlachten und Sieg bis zum Umfallen. Das schöne Spiel fasziniert, der Kampf reißt mit.

Tagelang wird die mögliche Aufstellung gegen den nächsten Gegner diskutiert als ginge es um eine Schlachtanordnung, nur um in der Niederlage darin die Ursache für das Ausscheiden zu sehen. Wir alle sind für vier Wochen Trainer, wir alle sind Spieler. Bis zum Ende, bis zum K.O. oder vollständigen Triumpf. Im weißen DFB-Dress sitzen wir vorm Fernsehen, schauen gebannt, schreien laut. Unvorstellbar, sollte dies nach 24 Jahren wieder mal im Titelrausch enden. Wir sind Weltmeister, wie schön wäre das!

Nach den letzten Bulletins aus dem DFB-Hauptquartier werden die eben noch verletzten Manuel Neuer, Philipp Lahm und Sami Khedira fit sein und spielen können. Alle drei gelten als „echte Kerle“ von denen unsere Elf, manchmal als „Boygroup“ geschmäht, angeblich wenig hätte. Dabei fällt wenig auf, wie sehr der Verfechter des schönen und offensiven Spiels, nämlich der Bundestrainer Joachim Löw, Traditionalist ist. Wenn die erwartbare Stammelf mit Neuer, Boateng, Mertesacker, Hummels, Durm, Khedira, Lahm, Müller, Özil, Podolski und Klose (Götze) aufläuft, werden damit 8 bzw. 9 Spieler auf dem Feld stehen, die schon vor vier Jahren das Gerüst bildeten. Mehr noch: auch das Spielsystem des 4-2-3-1 hat der gelernte Freiburger bestenfalls modifiziert.

In diesem Korsett spielt die deutsche Nationalmannschaft seit 2008 und auch damals wurde die Veränderung während des EM-Turniers dem Bundestrainer eher aufgedrängt als dass er selbst der Initiator war. Gleiches gilt für die Innovationen, die heute in Bruchstücken zu besichtigen sind. Dominiert gerade Borussia Dortmund die Liga, so ist das schnelle Umschaltspiel des Jürgen Klopp das Modell, ansonsten die Ballbesitzkonzeption des Pep Guardiola / Jupp Heynckes. Spielt Lahm bei Bayern auf links, tut er das auch in Weiß-Schwarz. Derzeit ist er auf der Sechs angekommen, was er zu früheren Zeiten mal bei Löw war (in Wembley gegen England). Spielt Spanien mit der falschen Neun, tut das auch die DFB-Mannschaft.

Die meisten dieser Experimente funktionierten nicht so recht, vor allem fehlt Löw noch eine erkennbare Spielidee für Brasilien. Dafür hatte er nun vier Wochen Zeit, diese mit seinen Mannen einzustudieren, auf dass es mit dem ersten Titel seit der Wiedervereinigung klappt. Es ist angerichtet, lasst die Spiele beginnen!

{ 15 comments… add one }
  • Stefan Sasse 12. Juni 2014, 23:38

    Wow, lässt mich das alles kalt 😀

  • Ariane 12. Juni 2014, 23:51

    Phh, da hab ich heute mittag noch kurz überlegt, mich mit nem Fußball-Artikel hier vorzustellen und die Idee als zu platt ad acta gelegt und dann kommst du mit so ’nem Karnevalsartikel um die Ecke 😉
    Ich freu mich auf die WM, wenn auch mehr aus fußballenthusiastischen Gründen denn aus patriotischem Hurra-Gebrüll. Außerdem ist meine Herzensmannschaft Italien, was bei patriotischen Schlandfans eher nicht so gut ankommt. Dafür sind Pirlo und de Rossi schon die totale Vereinigung von schönem Spiel und hartem Kampf^^

    • In Dubio 13. Juni 2014, 06:07

      Karnevalsartikel?!

      Pirlo bietet in seinem gesetzten Alter nur noch Sitzfußball. Und muss man einem alten Herrn wirklich die Hitze Brasiliens zumuten? Ist das arbeitsrechtlich erlaubt? An Italien sind die Trikots schön und der Gentleman-Stil eines Prandelli angenehm. Buffon mit seiner Tolle wirkt eher wie aus einer Zeit, als es Italien noch gut ging und Frauen auf das „Bella Signora“ reinfielen.

      • Ariane 13. Juni 2014, 15:52

        Hier dürfen Nationalgefühle und darauf gründende Ressentiments ausgelebt werden, hier gibt es die Nation, das Wir gegen Die. Hier geht es um Schlachten und Sieg bis zum Umfallen. Das schöne Spiel fasziniert, der Kampf reißt mit.
        Naja, das ist schon etwas übertrieben. 😉 Obwohl ich vermutlich auch hibbelig auf dem Sofa sitzen werde und den Spielern kluge Kommentare zuwerfen werde, aber ich freu mich auch für andere Nationen. Naja außer Spanien^^

        Pirlo ist übrigens etwas jünger als Klose und der muss ja nicht soviel laufen, reicht ja, wenn er die Bälle und Standards durch die Gegend chippt. Ich mag die Italienmischung mit den alten Haudegen Gigi Buffon, Pirlo und de Rossi und dazu die jungen Freaks wie Balotelli und Immobile. Das ist einfach eine Mannschaft für mein dramatikliebendes Herz 🙂

        • Ralf 14. Juni 2014, 00:58

          und dazu die jungen Freaks wie Balotelli und Immobile

          Immobile. Was fuer ein grossartiger Name fuer einen Fussballer … 😉

        • In Dubio 14. Juni 2014, 09:22

          Balotelli steht eher als Synonym dafür, wie ein Mensch wegen fehlender Disziplin sein Talent verschleudert. Buffon kommt kaum mehr an flache Bälle ran, weil sich eine Bahnschranke schneller bewegt und de Rossi war ja nicht wirklich je ein Ästhet.

          Bleibt Immobile, der Goalgetter des AC Turin, äh, Juventus Turin, der jedem Club per Handschlag etwas gehört(e) aber keinem richtig. Halt so typisch italienisch. Oder chaotisch.

  • In Dubio 13. Juni 2014, 06:02

    Fußball-Verächter sind nicht modern in diesen Tagen … 😉

  • Frank Benedikt 13. Juni 2014, 17:35

    schade, daß es nicht zu einem (weiteren) artikel zu dem lebensumständen der Brasilianer und der indigenen reichte. stattdessem emotion à la BILD …

    • In Dubio 14. Juni 2014, 09:18

      Stimmt, Emotionen sind schlecht. Gut dagegen die kritische / negative / pessimistische Beschreibung von Lebensumständen, die man nicht kennt. Ich bin ganz gut mit einem Ex-Kollegen befreundet, der mit einer Brasilianerin verheiratet ist und selbst lange Zeit in Südamerika gelebt hat. Nur hätte das den Status von vor 2 Jahren abgebildet.

      Den Menschen am Zuckerhut geht es heute weit besser als vor 15 Jahren. Schade, schon wieder eine positive Aussage. Die Weltwirtschaftskrise hat Brasilien härter getroffen als arrivierte Industrieländer, was nicht ungewöhnlich ist (immerhin, eine etwas kapitalismuskritische Aussage!). Dass die Menschen sich nicht einfach mehr mit einem sportlichen Großereignis begeistern lassen, wenn sie für eine ordentliche Bildung ihre Kinder auf eine Privatschule schicken müssen, ist eigentlich eine positive Nachricht (endlich so etwas wie Gesellschaftskritik!).

      Nichtsdestotrotz: wir wälzen 11 Monate im Jahr Probleme, was uns nicht ernsthaft voranbringt. Vier Wochen dürfen wir uns dem Schönen des Sports hingeben, uns begeistern lassen, wenn uns sonst nichts begeistert. Denn das ist das Dilemma unserer Tage: Das Streben nach „kritischem Denken“ hat uns längst den Blick für Realitäten und die Schönheit des Lebens vernebelt. Beruflich und privat finde ich genügend Menschen, die die Umstände beschreiben, so wie sie sie sehen. Selten sind jedoch jene geworden, die willens (sic!), fähig und in der Lage sind, Probleme nicht nur zu beschreiben, sondern Lösungen umzusetzen. Und das war hoffentlich genug Gesellschaftskritik für den Tag. 😉

  • Andy 16. Juni 2014, 10:01

    „Fußball-Verächter sind nicht modern in diesen Tagen … “
    Ob ich modern bin oder nicht ist mir ziemlich egal. Ich halte es so, wie seit vielen Jahren: Wenn Deutschland ins Finale kommt, werde ich mir dieses Spiel vermutlich anschauen. Und wenn Deutschland gewinnt, dann ist für mich die Deutsche Nationalmannschaft Weltmeister, aber nicht „wir“ oder „ich“. Freuen würds mich aber trotzdem!

    • In Dubio 16. Juni 2014, 11:59

      Nur noch mal zur Klarstellung: Wer kommt Ihrer Ansicht nach eventuell ins Finale? Wer gewinnt eventuell? Deutschland? Eigentlich müsste es doch, folge ich Ihrer Interpretation, heißen: wenn die Auswahl des Deutschen Fußballbundes (DFB), gewinnt, ist sie Weltmeister. Es macht wenig Sinn, dann von „Deutschland“ zu sprechen.

      Das ist Ihnen unbenommen, das so zu sehen. Und niemand muss modern sein. Aber amüsant sind solche Verrenkungen dennoch. 😉

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