Die Öffentlich-Rechtlichen stehen einem innovativen Fernsehen im Weg

Die ZEIT findet es merkwürdig, dass die Öffentlich-Rechtlichen Fernsehsender nicht innovativer sind. Und jetzt macht sich auch noch die New York Times über das schlechte Fernsehprogramm im Land der Dichter und Denker lustig. Aber mit den Öffentlich-Rechtlichen Sendern wird es kein besseres Fernsehen geben.

Vor kurzem schrieb Uwe-Jan Heuser in einem Artikel auf der Titelseite der ZEIT:

„Gedichte im Fernsehen vorlesen, das funktioniert heute nicht mehr. Umso merkwürdiger, dass die Öffentlich-Rechtlichen nicht innovativer sind. Von Bezahlkanälen und Privatsendern in Amerika lassen sie sich vormachen, wie Fernsehen mit Qualitätsserien die Massen erreicht.“

Amerikanische Fernsehserien wie die Sopranos, The Wire, Treme, Breaking Bad, Six Feet Under oder aktuell Girls, Homeland und House of Cards haben gezeigt, was das Fernsehen kann. Sittengemälde zeichnen und unsere Gesellschaft in einer Länge und Tiefe porträtieren, die nur eine Fernsehserie erlaubt. Das ist innovativ. Das begeistert die Kritiker. Aber es erreicht nicht die Massen. In Deutschland wie in den USA selbst sind diese Serien ein Nischenprogramm. Von 120 Millionen amerikanischen Haushalten (Deutschland: 40 Mio) schauten am Höhepunkt der Serie nur zehn Prozent die Sopranos. 66 Millionen Amerikaner hatten 2001 einen Kabelanschluss. Unter denen erreichten die Sopranos immerhin eine Einschaltquote von 20%, weniger als erfolgreiche Tatortkommissare.

Wie man an der Grafik sieht, waren die Sopranos ein einmaliger Erfolg. Inzwischen konkurrieren viele hervorragende Serien um die Zeit der Zuschauer aber die einzelnen Serien erreichen nur Quoten im einstelligen Prozentbereich. Die großen Quotenstars sind auch in Amerika 16-jährige mit Popstarambitionen.

Der amerikanische Fernsehmarkt ist aber so groß, dass selbst Nischenprogramme noch ein Millionenpublikum erreichen können. Den Export des Programms und den Verkauf von DVDs nicht berücksichtigt. Schon Adam Smith hat erkannt, dass die Größe des Markts den Grad der Spezialisierung beschränkt. Je größer der gesamte Markt, desto größer ist jede Nische und je größer eine einzelne Nische, desto profitabler ist die Spezialisierung darauf. Der deutsche Fernsehmarkt ist einfach kleiner als der amerikanische und das ist ein struktureller Nachteil. Einen europäischen Fernsehmarkt gibt es nicht.

Der amerikanische Fernsehmarkt ist so groß, dass sich ein ganzer Sender wie HBO auf dieses Nischenprogramm qualitativ hochwertiger Serien konzentrieren kann. 30 Millionen Amerikaner haben den Bezahlsender HBO abonniert, der die Sopranos, Six Feet Under, The Wire, Girls und Treme produzierte. Aber jede dieser Serien wird nur von einem kleinen Teil der 30 Millionen Abonnenten gesehen. Jeder dieser Abonnenten akzeptiert offensichtlich, dass ihn nur Bruchteil des Programms interessiert.

„Bei uns ist es so: Nicht jeder Kunde muss jede HBO-Show lieben, aber wir brauchen eine Gruppe von Leuten, die bei uns ihre Lieblingsserie finden und damit eine Leidenschaft verbinden.“ HBO Programmchef Lombardo im Focus-Interview

Jeder HBO Kunde ist frei, sein Abonnement zu kündigen. Jeder Kunde, der von dieser Freiheit keinen Gebrauch macht, teilt dem Sender mit, dass er die Qualität des Senders wertschätzt und dass er diese Qualität einer höheren Quote vorzieht.

Diese Form der Kommunikation zwischen Konsument und Sender existiert im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Deutschlands nicht, weil sie ohne die Freiwilligkeit, ohne Wettbewerb, nicht existieren kann. Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk von jedem Haushalt finanziert wird und man sich dem nicht entziehen kann, weil einem das Programm missfällt, muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf eine maximale Einschaltquote schielen. Nur die Einschaltquote ist ein Maß für die Akzeptanz des Programms.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann deshalb kein innovatives — und nennen wir es ruhig elitäres – Programm bieten. Seine reine Existenz verhindert gleichzeitig das Entstehen besserer Konkurrenzprogramme. Wie viele deutsche Haushalte würden freiwillig 15 € pro Monat für ihr Fernsehprogramm bezahlen? Wie viele von diesen Haushalten würden freiwillig 15 € pro Monat für die öffentlich-rechtlichen ausgeben und wie viele würden sky, das die meisten HBO Serien ausstrahlt, den Vorzug geben? Diese Wahl gibt es nicht. Wer lieber sky statt den öffentlich-rechtlichen schauen möchte, muss beides bezahlen. Die Rundfunkgebühr erschöpft einen Großteil der Zahlungsbereitschaft deutscher Haushalte für besseres Fernsehen.

Mit dem System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird es also kein besseres Fernsehen geben. Vielleicht sind ARD und ZDF mit der Einführung der Demokratieabgabe Rundfunkgebühr in eine Phase imperialer Überdehnung eingetreten. Das wäre zu hoffen.

Quellen:
http://www.nytimes.com/2013/02/03/arts/television/stupid-german-tricks-wearing-thin-on-tv.html?pagewanted=all&r=0
http://en.wikipedia.org/wiki/The_Sopranos#Reception_and_impact

http://usatoday30.usatoday.com/life/television/news/2008-03-05-the-wire_N.htm
http://www.hollywoodreporter.com/live-feed/ratings-girls-finale-client-list-true-blood-nurse-jackie-339232
http://insidetv.ew.com/2012/09/04/breaking-bad-finale-ratings-2/
http://articles.latimes.com/2012/dec/17/entertainment/la-et-st-homeland-season-finale-hunts-down-ratings-record-for-showtime-20121217
http://www.nola.com/treme-hbo/index.ssf/2012/09/today_in_treme_premiere_rating.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Tatort
(Fernsehreihe)#Einschaltquoten
http://articles.baltimoresun.com/2000-01-19/features/0001190248_1_hbo-sopranos-new-subscriptions

_[Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Oeffinger Freidenker.](http://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2013/02/die-offentlich-rechtlichen-stehen-einem.html) Bitte hinterlasst Kommentare dort.