Der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in den letzten Tagen zu einer tektonischen Verschiebung der deutschen Innen- und Außenpolitik geführt, die – in meinen Augen korrekt – als „Zeitenwende“ charakterisiert wurde. Der Schock des größten konventionellen Krieges seit 1945 in Europa hat bisherige politische Blockaden und ideologische Hausstände in einem Ausmaß weggewischt, für das es kaum Vergleiche gibt. Der einzige sich aufdrängende Referenzpunkt wäre der Atomausstieg nach Fukushima 2011, aber der betraf „nur“ die CDU. Der Wandel dieser Tage erstreckt sich über mindestens drei Parteien. Auch wenn sicherlich einiges sich in den nächsten Monaten als heißer gekocht denn gegessen herausstellen wird, so sind bereits jetzt die greifbaren Effekte allein erschütternd. Noch vor zwei Wochen hätte niemand damit gerechnet. Woher kommt das?
Die russische Invasion in der Ukraine kam nun mit wesentlich größerem Umfang, als erwartet worden war, und das russische Verhalten war wesentlich aggressiver, als man es bisher gewohnt war (bis hin zur Erklärung höchster Alarmbereitschaft für die nuklearen Streitkräfte, ein deutliches Abschreckungssignal an den Westen und gleichzeitig ein Eingeständnis der eigenen Schwäche). Gleichzeitig erwies sich die Ukraine als wesentlich resilienter als erwartet, sowohl vom Westen als auch von Putin selbst. Anstatt wie 2014 angesichts der russischen Invasion klein beizugeben und einzunicken, wehrte sich die ukrainische Armee mit großem Elan, zeigte die Bevölkerung über soziale Netzwerke einen sprühenden Widerstandsgeist und stieß die russische Armee auf unerwartete Probleme. Diese Verzögerung des russischen Vormarsches einerseits und die Weigerung der Ukraine, sich zerstören zu lassen andererseits führten zu einem bemerkenswerten Umschwung der öffentlichen Meinung. Sehen wir uns einmal an, was passiert ist.
Das 2%-Ziel
Die Hälfte des deutschen Parteienspektrums hat sich bisher offiziell, die andere Hälfte de facto geweigert, das seit 2014 bestehende 2%-Ziel der NATO zu erfüllen. Die Ampel-Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag ein 3%-Ziel festgeschrieben, das Entwicklungshilfe einschließt, mit einer ziemlich klaren Perspektive auf 50:50-Finanzierung (und damit ein Unterschreiten der 2%-Grenze um 25%). Das Kabinett Merkel IV hatte zwar versprochen, irgendwann in ferner Zukunft die Grenze einzuhalten, aber konkrete politische Schritte unternommen, die perspektivisch zu einem leichten Rückgang der Verteidigungsausgaben von einem kurzzeitigen Hoch 2019/2020 (in der Ära Krampp-Karrenbauer) führten. Die Ähnlichkeit zur Herangehensweise an die Bekämpfung der Klimakrise und, wenn man ehrlich ist, jedes andere Problem in der Merkel-Ägide kommt nicht von ungefähr.
Das 2%-Ziel war in Deutschland, um es milde auszudrücken, politisch umstritten. Die LINKE lehnte es kategorisch ab. SPD und Grüne wollten nie soweit gehen, offen zu sagen, dass sie sich gegen einen NATO-Beschluss stellten, ließen aber ebenfalls wenig Zweifel daran, es nicht erfüllen zu wollen. CDU und FDP bekannten sich zwar rhetorisch dazu, stellten aber stets andere Prioritäten – vor allem den Schuldenabbau – stets höher. Und die AfD ist ohnehin unseriös, aber dazu später mehr. Es war daher kaum zu erwarten, dass ausgerechnet eine SPD-geführte Regierung es plötzlich einhalten würde. Gleichwohl haben die letzten Jahre bereits deutliche Verschiebungstendenzen in der Sicherheitspolitik gezeigt, die im typisch deutschen Gletschertempo demokratischer Veränderungen einen langsam, aber stetig steigenden Anteil der Verteidigungsausgaben bedingt hätten. Vermutlich hätte Deutschland das 2%-Ziel dann irgendwann 2045 erreicht. Mit solch entfernten Wegmarken haben wir ja unsere Erfahrungen.
Nun hat Bundeskanzler Scholz in einer bemerkenswerten Regierungserklärung angekündigt, einen Sofort-Haushalt mit 100 Milliarden Euro aufzulegen, um die Bundeswehr mit zusätzlicher Finanzierung auszustatten – zum Vergleich, der ganze Verteidigungshaushalt 2021 betrug gerade einmal 46 Milliarden Euro! Diese Geldmittel bedeuten effektiv eine sofortige Erfüllung des 2%-Ziels, vorausgesetzt, sie werden auch abgerufen.
Und da liegt der Hase im Pfeffer, denn die Bundeswehr hat ja keine schlüsselfertigen Ausgabenpläne für 100 Milliarden zusätzliche Euro in der Tasche liegen. Ob die Truppe überhaupt in der Lage ist, dieses Geld kurzfristig sinnvoll zu nutzen, ist unklar. Eine Ausweitung des ziemlich dünnen Personalbestands etwa, eine Priorität seit mehreren Jahren (die ja auch zu einer merklichen Ausweitung der Außenwerbung geführt hat), wird dadurch kaum berührt und bleibt eine Achillesferse. Ob die Unternehmen, die kleine Auftragsvolumen von der Bundeswehr gewohnt sind, überhaupt plötzliche größere Lieferungen leisten könnten, und was das dann für Lieferungen wären, ist ebenfalls unklar. Man möchte auch jeden Fall gerade nicht im BAAINBw (Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) arbeiten, da dürfte jetzt ganz schön hektische Betriebsamkeit ausbrechen.
Aber ich kenne das Problem aus erster Hand: als der Bund zu Beginn von Corona Gelder für die Digitalisierung der Schulen bereitstellte, wurden diese häufig ebenfalls nicht abgerufen; nicht, weil der Bedarf nicht dagewesen wäre, sondern weil es a) keine Pläne, b) kein Personal und c) keine Kapazitäten der Dienstleister gab. Zudem waren die Gelder auf reine Beschaffung beschränkt, was die Frage im Raum stehen ließ, wer denn beispielsweise neu angeschaffte Laptops warten würde, oder mit welchem WLAN sie liefen. Je nachdem, wie die Ampel ihre 100 Milliarden strukturiert, könnten ähnliche Fallstricke auch für die Bundeswehr lauern. Ach, streichen wir den Konjunktiv: solche Fallstricke WERDEN lauern.
Man sollte über diesem Kleinklein aber nicht aus den Augen verlieren, dass gerade die gesamte deutsche Politik mit Ausnahme der LINKEn, die irgendetwas von den Gefahren eines Rüstungswettlaufs schwadroniert, einen Kurswechsel hingelegt hat, der den deutschen zum mit Abstand größten Verteidigungshaushalt der EU machen wird. Das ist eine radikale Abkehr von 30 Jahren Politik nach der Wende 1989/90. Die „Friedensdividende“ ist endgültig Geschichte.
Der Nexus von Sicherheits- und Wirtschaftspolitik
Ebenfalls Geschichte ist die lange deutsche Sonderstellung bei der Rüstungsindustrie. Nachdem noch über große Teile des Jahresbeginns 2022 Deutschland international für Konsternierung sorgte, weil es sogar Lieferungen alter DDR-Restbestände in die Ukraine blockierte und seine Verbündeten schon gar nicht erst Überflugrechte beantragten, sondern lieber den Umweg über Dänemark und die Ostsee nahmen, wurden nun nicht nur Lieferungen modernster Panzer- und Flugabwehrsysteme für die Ukraine genehmigt; die EU kündigte sogar an, Kampfjets an die Ukraine zu liefern.
Damit ist das lang bestehende deutsche Dogma vom Tisch, wonach keine Waffen in Kriegsgebiete geliefert werden sollten. Dieses Dogma war ohnehin bereits zur Peinlichkeit verkommen, weil die deutsche Politik zwar Waffen an alle möglichen brutalen Diktatoren lieferte, aber sich weigerte, der Ukraine gegen Russland zu helfen. Das ist jetzt vom Tisch. Mittelfristig dürfte dies sowohl für die nationale als auch die europäische Rüstungsindustrie hilfreich sein, weil diese ohne solche Beschränkungen wesentlich größere Auftragsvolumina annehmen können; auch die Zukunft europäischer Rüstungsprojekte wie FCAS dürfte sich wesentlich unkomplizierter gestalten (gerade FCAS hat bereits jahrelange Verzögerungen hinter sich, weil Deutschland und Frankreich sich nicht über den Export einigen konnten).
Auch beim Thema Sanktionen hat Deutschland eine 180°-Wende hingelegt. Vor dem Wochenende des 26./27. Februar war die Bundesrepublik noch einer der Hauptbremsklötze für schmerzhafte Sanktionen gegen Russland; nun ging Deutschland voran und verkündete die Einstellung des Zertifizierungsverfahrens für Nordstream 2. Das Pipelineprojekt war ein überparteilicher Faktor der deutschen Politik, in dem von AfD bis LINKE (mit Ausnahme der Grünen) Konsens herrschte. Nun ist dieser Konsens dahin – viele Jahre zu spät, aber immerhin. Deutschland blockt zwar immer noch bei Sanktionen gegen das russische Energie- und Finanzsystem, aber angesichts der Abhängigkeit des deutschen Gas- und Ölmarkts von Russland ist das politisch nachvollziehbar, wenngleich trotz allem ärgerlich.
Das Hufeisen von Putins Klepper
Die Krise hat auch innerhalb der Parteien selbst zu einem massiven Wandel geführt, und es ist ein glücklicher Zufall der Geschichte, dass wir gerade die Ampel-Koalition an der Macht haben. Wäre die SPD in der Opposition, würde die Lage vermutlich wesentlich schwammiger sein. Gleichzeitig beweist die Krise, warum eine rot-rot-grüne Koalition völlig aussichtslos war. Unvorstellbar, dass mit so einer LINKEn Staat zu machen wäre. Entweder hätte es zu einer Paralyse Deutschlands geführt oder zu einem Koalitionsbruch. Und genau vor diesem Hintergrund habe ich auch im letzten Jahr auch stets betont, wie unrealistisch diese Koalition wäre, denn genau dieses Szenario musste allen Beteiligten stets vor Augen gestanden haben. Die Hysterie des bürgerlichen Lagers entlarvt sich da rückblickend selbst. –
Bleiben wir einen Moment bei der LINKEn. Die offensichtlichste Peinlichkeit war Sahra Wagenknecht, die sich in Talkshows noch einen Tag vor der Invasion als Putins Wasserträgerin gerierte und die ihre Verschwörungstheorien verkündete, wonach – irgendwie, ganz bestimmt – die USA Schuld sind, indem sie Putin quasi dazu zwängen, die Ukraine anzugreifen. Der Rest der Partei plapperte diesen Blödsinn in unterschiedlichen Schattierungen nach. Wagenknecht ist seither auf Tauchstation; man hörte, sie habe in der Fraktionssitzung hinter verschlossenen Türen erklärt, sich geirrt zu haben. Der Rest der Partei mäandert weiter umher. Stellvertretend sei nur diese Presseerklärung des Grauens zitiert, die sich wie ein Statement der CDU zu rechter Gewalt liest: ja, schon schlimm das mit Putin, aber der Westen! Mit dieser Partei ist kein Staat zu machen, und man kann nur hoffen, dass sie vollends in die Bedeutungslosigkeit abrutscht.
Es ist ja nicht so, als hätte Putin dann keine parlamentarische Vertretung mehr. Das pro-russische Hufeisen schließt sich mit der AfD, die genauso argumentative Verrenkungen hinlegt, dabei aber sogar noch ein paar Schritte weitergeht. Selbst die konservative NZZ erkennt an, dass die Rechtsradikalen noch schlimmer sind als die LINKE, und wer das Verhältnis der LINKEn zu Putin kennt, weiß, dass das etwas heißen muss. Es verwundert auch nicht. Keine Partei profitierte in den letzten Jahren so stark von russischer Einflussnahme wie die AfD. Ob Schützenhilfe im Wahlkampf 2017 oder seither, wo russische Desinformation läuft, ist die AfD nicht weit. RT ist quasi die Hauspostille. Anders als die LINKE, wo abseits Wagenknechts wenigstens bei einigen Abgeordneten Schamgefühle zu bestehen scheinen, wendet sich die AfD auch offen gegen die Ukraine selbst und nutzt den Bundestag als Arena für widerliche Zurschaustellungen. So blieben die AfD-Abgeordneten etwa als Einzige sitzen, als sich das Plenum demonstrativ zur Solidaritätsbekundung erhob, und fordern weiterhin, keinerlei Waffen zu liefern, Nordstream 2 fortzuführen und die Marionetten-„Volksrepubliken“ anzuerkennen.
Die beste Opposition, die Deutschland je hatte und Schröders langer Schatten
Die CDU indessen findet sich in einer merkwürdigen Position. Sie hat sich jahrzehntelang als Partei der Bundeswehr im Speziellen und der wehrhaften Außenpolitik im Allgemeinen inszeniert und findet sich nun in der blöden Situation, in der Opposition gegen die schärfste Anti-Russland-Politik seit Adenauer zu stehen. Sachlich kann die Partei wenig kritisieren, denn zum 2%-Ziel hat sie sich rhetorisch immer bekannt, die Bundeswehr hat viele Verbindungen und die NATO war eigentlich stets Fixstern.
Dummerweise hat auch die CDU Nordstream 2 unterstützt. Bereits im Bundestagswahlkampf führte dies zu einigen Peinlichkeiten mit Armin Laschet, der hier wesentlich putinfreundlicher agierte als etwa sein innerparteilicher Konkurrent Friedrich Merz (der freilich auch nicht gerade als Nordstream-Falke aufgefallen wäre). Die Partei steht deswegen aktuell etwas blank da, weil sachliche Kritik praktisch nicht ansteht, aber man als Opposition ja schlecht einfach die Regierung unterstützen kann (solch verantwortungsbewusstes Handeln kommt nur bei SPD und Grünen vor).
In dieser Situation fällt die CDU auf ihre zwei Evergreens zurück: Kulturkampf und Schwarze Null. Friedrich Merz etwa versuchte im Bundestag den Sonderhaushalt für die Bundeswehr mit dem Argument des „Aber Schulden!“ zu kritisieren, während einige andere in der CDU sich ein Beispiel an den Republicans und FOX News nehmen und die Schuld für das Drama bei den Progressiven suchen. Wo die LINKE und AfD also die USA Putin die Ukraine anzugreifen zwingen sehen, ist für diese Leute (natürlich) der Genderstern schuld, weil sie es schon gar nicht mehr gewohnt sind, irgendwelche anderen Themen in die Manege zu werfen:
Das einzig Gute in dem Drama um die #Ukraine: Selbst diejenigen in der deutschen Politik, die bislang #gendersternchen für den Mittelpunkt des Universums hielten, wachen nun unsanft auf. Leider nur, weil sich ihr eigener rosaroter Himmel zu verdunkeln droht.
— Babette Lichtenstein van Lengerich (@BabetteLvL) February 27, 2022
Glücklicherweise ist das nicht repräsentativ für die ganze Partei, und es scheint, als ob der Großteil zufrieden damit ist, zu schweigen und die Koalition machen zu lassen. Viel bessere Optionen hat die CDU gerade auch nicht, wenn sie nicht auf den Scherbenhaufen der Merkel’schen Außenpolitik zurückkommen will – und man darf glaube ich mit Fug und Recht sagen, dass die CDU gerade auf nicht Vieles so wenig Lust hat wie eine weitere Runde Merkel-Vermächtnis debattieren.
Und damit wir uns recht verstehen: die Kanzlerin der letzten 16 Jahre ist für die Außen- und Verteidigungspolitik der letzten 16 Jahre verantwortlich, und ihre Partei mit ihr. Es ist nicht eben so, als hätten sich ihre jeweiligen Koalitionspartner in dieser Zeit mit Ruhm bekleckert, aber die Konzentration der außenpolitischen Kompetenzen im Kanzleramt (die Baerbock gerade mit gemischtem Erfolg rückgängig zu machen versucht) bedeutet eben auch, dass das direkt bei der Partei liegt, die die Schlüssel zu selbigem Kanzleramt in der Hand hielt. You break it, you own it.
Auch für die SPD bedeutet die Krise einen Rückgriff auf ein schmerzhaftes Trauma: die Schröder-Ära. Doch anders als in der endlosen, über ein Jahrzehnt dauernden Selbstbeschäftigung mit der Bedeutung der Agenda2010 einerseits und der (verständlichen) Zögerlichkeit der CDU, genau dasselbe mit der Merkel-Ära zu durchleben (nicht, dass es sich verhindern ließe…), scheint die aktuelle Krise für die SPD eher die Gelegenheit zum endgültigen Bruch. Die lange gemütliche Nähe der Partei zu Russland, vor allem Gazprom, hatte sich in Gerhard Schröder manifestiert. Der Altkanzler, schon immer ohne jede Scham, hatte sich in den letzten Jahren stets als oberster Lobbyist des Kreml inszeniert und machte darin auch in der Krise keine Ausnahme. Neben Wagenknecht steht wohl niemand so schlecht da wie er.
Für seine Partei ist das die Chance, die eigene Nähe zur Gaswirtschaft auf seine radikal unbeliebte Person zu projizieren und gleichsam für die ganze Partei zu exorzieren. Wer redet noch von Manuela Schwesig und der unangenehmen Nähe der mecklenburg-vorpommer’schen SPD zu all diesen Geschäften? Inzwischen kapriziert sich die Diskussion auf ein Parteiausschlussverfahren für Schröder. Scholz indessen, der sich im Wahlkampf bereits von jeder Verwicklung in CumEx, Panama Papers und Konsorten reinzuwaschen wusste, kann sich auch in dieser Angelegenheit als neuer Mann präsentieren, als wäre er nie vorher in Regierungsverantwortung gewesen. Und es scheint, als würde er damit durchkommen.
Dabei hat keine Partei die 2%-Maßgabe und Aufrüstung der Bundeswehr so effektiv blockiert wie die SPD. Über ein Jahrzehnt lang verhinderte die Partei stoisch die Einführung von Drohnen in die Bundewehr, dann die Einführung bewaffneter Drohnen. All diese Positionen sind mit einem Schlag vom Tisch. Die mantrahaft eingeforderte „Diskussion“ über bewaffnete Drohnen wurde durch Putins Handlungen obsolet. Mit einem Schlag ist die SPD die Partei des 100-Milliarden-Haushalts für die Bundewehr, der größten einzelnen Aufrüstung seit dem NATO-Doppelbeschluss, wenn nicht der Gründung der Armee 1955 selbst. Rolf Mützenich, der neben Schröder und Wagenknecht eine der irrlichterndsten Figuren der letzten Wochen war, ist quasi völlig marginalisiert. Es bleibt abzuwarten, wie durchschlagend die Niederlage des alten Pazifistenflügels bleiben wird, aber die im Wahlkampf gezeigte Disziplin der Partei bleibt bemerkenswert intakt.
Die Fensterbauer
Die wenigsten Probleme brachte der Wandel ironischerweise für Grüne und FDP mit sich. Die Grünen finden sich bereits seit einigen Jahren in der merkwürdigen Lage, die Transatlantiker-Partei zu sein. Sie waren auch die Partei in Deutschland, die am entschiedensten gegen Russland war. Im Wahlkampf hatte Robert Habeck noch Kritik von SPD, CDU und LINKEn (sowie dem eigenen linken Flügel) erhalten, weil er Waffenlieferung für die Ukraine gefordert hatte. All das sieht nun ziemlich weitsichtig aus.
Auch die konstante Opposition gegen Nordstream 2 – als einzige der sechs Bundestagsparteien – zahlt sich für die Grünen aus. Wie viel davon strategische Überlegungen zur Abhängigkeit von Russland waren und wie viel die Weigerung, fossile Energien nach Deutschland zu holen, sei einmal dahingestellt – außenpolitische Vernunft und klimapolitische Haltung überlappen sich hier zu einer Position, die sich schlicht als die richtige herausgestellt hat.
Die Grünen finden sich damit zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten nach Eintritt in eine Bundesregierung in der Situation, einen radikalen Kurswechsel der deutschen Außenpolitik mitzutragen und mitzugestalten, der Deutschlands Verhältnis zum Einsatz von Militär grundlegend verändert. Dieses Mal allerdings sind wohl keine Farbbeutelwürfe auf Baerbock zu erwarten, wie sie Fischer noch erdulden musste. Zwar protestiert die Grüne Jugend wenig überraschend gegen den Politikwechsel, doch der Rest der Partei hält, ähnlich wie bei der SPD, die Füße still. Die Grünen haben sich bereits im Wahlkampf auf eine neue, wertebasierte Außenpolitik festgelegt, und die Ukraine-Krise ist die Probe aufs Exempel. Bislang haben sie hier eine sehr gute Figur gemacht.
Deutlich weniger gut sieht es für die Grünen auf dem Feld der Energiepolitik aus. Der mit ihnen verbundene Atomausstieg liegt in seiner desaströsen Form zwar durchaus vor Angela Merkels Tür, und die Partei hat das zweifelhafte Glück, seit 2005 nicht mehr in Regierungsverantwortung gewesen zu sein und deswegen nicht in der Schusslinie zu stehen. Aber die Situation dürfte für die Grünen noch problematisch sein. Annalena Baerbock hat bereits angekündigt, dass „der spätere Ausstieg auf der Kohlekraft der Preis für die Freiheit der Ukraine sein könnte“.
Die Regierung hat den Bau zweier neuer Flüssiggasterminals angekündigt, die Deutschland genauso wie Nordstream 2 noch auf Jahrzehnte an Gas als Energieträger festlegen; die CDU fordert bereits längere Laufzeiten für Kohlekraftwerke (natürlich) und wenn die Debatte über längere Laufzeiten für die Atommeiler noch seriös wird (aktuell ist sie eher auf Sommerlochniveau, weil die Energiekonzerne selbst sie ablehnen, aber das mag sich ändern) stehen der Partei noch einige unangenehme Diskussionen ins Haus. All diese Fragen liegen bei Robert Habeck, der keinen sonderlich beneidenswerten Posten innehat. Wie diese Quadratur des Kreises gelingen soll, dürfte auch ihm unklar sein, vor allem, weil kurzfristige Bedürnisse so sehr mit langfristigen Zielen kollidieren.
Ein unerwarterer Verbündeter ist da Christian Lindner. Ebenso wie die Grünen hat die FDP das Glück, für die desaströse deutsche Außenpolitik seit 2014 nicht mitverantwortlich zu sein; den Atomausstiegsausstiegausstieg von 2011 hält man ebenfalls nur Merkel und nicht ihr vor. Es ist das Glück Deutschlands, das die Partei gerade nicht nur in Regierungsverantwortung eingebunden ist und von Christian Lindner 2022 statt Westerwelle 2009 geführt wird, sondern der kontinuierliche Paradigmenwechsel auch neue Handlungsoptionen jenseits ideologischer Dogmen eröffnet hat – ganz ähnlich wie bei den Grünen. Es ist schwer vorstellbar, dass die Grünen von 1998 so souverän agieren würden wie die Grünen 2022, und es ist schwer vorstellbar, dass die FDP von 2009 so souverän agieren würde wie die von 2022.
Es war Christian Lindner, der Friedrich Merz‘ lahmer Kritik an der Schuldensituation entgegenhielt, dass Krisensituation eben besonderes Handeln erfordern und damit seine eigene Glaubwürdigkeit beim Thema „solider Haushalt“ in die Wagschale warf. Schwer vorstellbar, dass ein grüner Finanzminister bei einer schwarz-gelben Opposition ähnlich große Glaubwürdigkeit und Spielraum besessen hätte.
Noch relevanter aber ist Lindners Rede von erneuerbaren Energien als „Freiheitsenergien“. Mit dem beinahe schon gewohnten Pathos verknüpfte er damit den stets dehnbaren Freiheitsbegriff mit einem radikalen Politikwechsel. Wie substanziell dieser tatsächlich sein wird ist aktuell noch unklar, aber dass ein FDP-Chef sich in einer solchen Situation explizit zu erneuerbaren Energien als Zukunftsmittel bekennt, während die CDU noch Kohle- und Atomkraft als Ausweg anpreist, ist mehr als bemerkenswert. Und auch hier: die Partei selbst ist ruhig. Kein Vergleich zu den internen Aufständen gegen die Eurorettungspolitik, die die Partei nach 2010 zerrissen. Verantwortung für das Staatswesen allerorten.
Ausblick
Auch wenn es natürlich bedauerlich ist, dass es wieder einmal eine Krise brauchte, um überfällige Entwicklungen anzustoßen, so ist es doch gleichzeitig sehr erfreulich zu sehen, dass die deutsche Politik trotz aller Langsamkeit, trotz aller Blockaden in höchstem Maße handlungsfähig ist, wenn es zu einer Krise kommt. Dasselbe gilt auch für die EU. So ärgerlich die Selbstblockade und das Zögern innerhalb der Union über die letzten Monate auch war – die Zurschaustellung von geeintem Handeln ist unerwartet und höchst erfreulich. Es sei denn, man ist Putin; der Mann hatte offensichtlich eine wesentlich pessimistischere Sicht auf die innere Einigkeit der liberalen Welt. Es ist großartig, dass er sich darin so getäuscht hat.
Umso bedauerlicher ist natürlich, dass sich einmal mehr gezeigt hat, dass es die akute Krise braucht, um Handeln zu erzwingen. Noch vor zwei Wochen war es unvorstellbar, 60 Milliarden Euro in die Bekämpfung der Klimakrise und den Umbau der deutschen Energiewirtschaft zu stecken (und ist es, fürchte ich, immer noch). Der Haushalt, die Schwarze Null, Sie wissen schon. Wir werden wohl erst dann energische Maßnahmen gegen die Klimakrise unternehmen, wenn eine echte Krise ins Haus steht, oder, anders gesagt: wenn es zu spät ist.
Denn dasselbe trifft ja auch auf Russland und die Ukraine zu. Nordstream 2 hätte vor Jahren beendet werden müssen. Die Ukraine hätte bereits viel früher viel massivere Unterstützung erhalten müssen. Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern hätte bereits viel früher, viel entschiedener angegangen werden müssen. Hätte all das Putins Angriff verhindert? Wer weiß. Aber es hätte Leid ersparen können. Und dass wir erst handeln, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, ist entmutigend – ganz egal, wie geeint und entschlossen wir dann handeln, wenn es schreiend im Wasser zappelt.
Je nachdem, wie die Ampel ihre 100 Milliarden strukturiert, könnten ähnliche Fallstricke auch für die Bundeswehr lauern.
Schon die jetzigen jährlich 52 Mrd. für die Bundeswehr sind wegen der kaputtbürokratisierten Abläufe ja weitgehend verschwendetes Geld. 100 Mrd. mehr sind eine einzige Katastrophe und wahrscheinlich dem angenommenen populistischen Effekt geschuldet.
Praktisch überall glauben praktisch alle deutschen Politiker, dass mehr Geld die Probleme löst. Dabei kann die Lösung nur „weniger Bürokratie“ lauten.
Wenn es eine staatliche Kernaufgabe gibt, dann ja wohl Verteidigung. Ich hoffe, dass es dem Bürokratiestaat gelingt, hier endlich mal Leistung zu bringen, statt nur Geld zu verschwenden. Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht daran. Es ist fast unmöglich, in Deutschland Bürokratie abzubauen.
Wahrscheinlich fehlt einfach ein Bundesministerium für Bürokratieabbau (Mannschaftsstärke: 7.000 Personen, Etat: 3,8 Mrd. Euro).
Stark 50% der Ausgaben sind Personal. Die sind fix. Ausrüstung sind rund 15%, Infrastruktur 5%. Bleiben etwa 25%, die den ganzen Rest finanzieren, von der Verpflegung der Truppe über Außenwerbung zu allem anderen. Klingt jetzt nicht nach einem riesigen Wasserkopf.
Eben diese 50 % Personal enthalten jede Menge überflüssiger Bürokratie, etwa Schulungen (die man für dieselbe Tätigkeit im zivilen Bereich nicht braucht), Formvorschriften (die Zeit und damit Personal brauchen) und ganz allgemein ineffiziente Arbeitsabläufe (Transport fährt ohne richtigen Grund von A nach B und wieder zurück).
Fix ist da nix. So schlimm wie in der allgemeinen Verwaltung wird es aber (hoffentlich) auch nicht sein. Ich denke, dass man da locker 10 Prozentpunkte wegsparen kann und es dann viel besser läuft.
Keine Ahnung, aber mangels Sachkenntnis bin ich da mit so weitreichenden Behauptungen etwas vorsichtig.
So weitreichend ist das gar nicht. Bürokratie äußert sich immer in Personalkosten. Oder – wenn man darauf keine Lust hat und es sich leisten kann – in Beratungskosten. 🙂
Selbst Bürokratieabbau (vernünftiger) kostet Zeit und Personal!
Ich wette, Du denkst an den sensationell erfolgreichen EU-Bürokratieabbauer Edmund R. Stoiber. 🙂
Muss ich gar nicht, ich hab nur ein Faible für Arbeitsabläufe. Und Bürokratieabbau ist eben nicht, irgendein HiWi (oder Chef, Politiker whatever) setzt sich hin und streicht lustig Vorschriften und Personal und dann ist alles easy. Dann hat man nur großes Chaos und mit Glück genausoviel Bürokratie, Personal und Geld wie vorher und macht nicht alles noch schlimmer. Das ist schon alles mehr als nur ein Schlagwort.
Und: es ist sowohl der öffentliche Dienst (die können sich nicht über Vorschriften zur Sicherheit oder Datenschutz etc. hinwegsetzen und das betrifft ganz andere Gesetze und liegt nicht in deren Hand) und dazu noch die Bundeswehr, das heißt, es sind absichtlich Redundanzen eingebaut, die ja durchaus auch ihren Nutzen haben, damit keine Helme fehlen, weil jemand im Urlaub ist. Dieses „auf Kante nähen“ ist ja auch so ein System, das bei jedem Windhauch dann zusammenbricht. Ich glaube, bei der Flut im Ahrtal gab es die Story, dass der zuständige Hochwasserexperte dummerweise gerade im Urlaub war oder seine Stelle nicht neu besetzt und keine Vertretung.
Exakt.
Ich bin da eher bei Tim
@ Stefan Sasse 28. Februar 2022, 18:43
Exakt.
Nein, nicht „exakt“. Keinesfalls!!
@ Ariane 28. Februar 2022, 16:47
… ich hab nur ein Faible für Arbeitsabläufe.
Dann werden wir uns einig 🙂
Und Bürokratieabbau ist eben nicht, irgendein HiWi (oder Chef, Politiker whatever) setzt sich hin und streicht lustig Vorschriften und Personal und dann ist alles easy.
Natürlich nicht! Es mag ja sein, dass es irgendwelche Idiot:innen gibt, die das glauben, hab ich aber noch nicht getroffen. Das entscheidende Thema sind die von Dir weiter oben angesprochenen Arbeitsabläufe. Da muss man ran, dann kommt der Rest von selbst.
… es ist sowohl der öffentliche Dienst (die können sich nicht über Vorschriften zur Sicherheit oder Datenschutz etc. hinwegsetzen und das betrifft ganz andere Gesetze und liegt nicht in deren Hand) und dazu noch die Bundeswehr, das heißt, es sind absichtlich Redundanzen eingebaut, die ja durchaus auch ihren Nutzen haben, damit keine Helme fehlen, weil jemand im Urlaub ist.
Das ist überhaupt nicht der Punkt. Nur als Beispiel: Warum verschicken die Gesundheitsämter ihren Corona-Stand per Fax? Weil sie eine Struktur aus dem letzten Jahrhundert haben, weil die Abläufe gleich geblieben sind, und für jeden Scheiß mehr Leute gefordert werden, statt Arbeitsabläufe anzupassen. Hilft genauso wenig wie immer mehr Geld in ein marodes System zu stecken.
Die Alternative ist nicht „Überbordende Bürokratie = halbwegs Funktion“ vs. „Personalabbau = Katastrophe“, sondern: Was läuft falsch, was kann ich besser machen. Welche Arbeitsabläufe sind aufwendig und langsam, welche funktionieren effizienter? Was ist besser: Fax oder Email? Wenn Email besser ist, her mit dem Notebook. Wenn der Notebook effizienter ist, kann man die gleiche Arbeit mit weniger Leuten besser erledigen, da eine hohe Anzahl der Beschäftigten immer schlechter zu organisieren ist. Ob dann aus 10.000 Beamten 150 pder 9.500 werden, ist zweitrangig. Der Arbeitsablauf muss passen, der Rest richtet sich danach aus.
Ein weiterer Nachteil des „Redundanz“-Denkens ist: Wenn ich 100 Leute brauche und aus genannten Redundanz-Gründen 120 Leute einstelle, kann ich die 20 überschüssigen Mitarbeiter nicht zu Hause lassen. Die müssen mitarbeiten, damit sie in Übung sind. Also wird die Arbeit auf 120 Mitarbeiter verteilt, und im Notfall habe ich 120 ineffiziente Mitarbeiter herangezogen, aber keine Redundanz.
Das entscheidende Thema sind die von Dir weiter oben angesprochenen Arbeitsabläufe. Da muss man ran, dann kommt der Rest von selbst.
Jep, da haben wir keinen Dissens und am besten quasi dauerhaft und nicht mal alle 16 Jahre mal durchfegen.
Also wird die Arbeit auf 120 Mitarbeiter verteilt, und im Notfall habe ich 120 ineffiziente Mitarbeiter herangezogen, aber keine Redundanz.
Ja, das haben wir ja auch schon bei Corona gesehen. Effektivität und Redundanz (oder Sicherheitspuffer) vertragen sich nicht. Ist bestimmt auch effektiver, wenn die Bundeswehr Munitionsnachschub für paar Tage hat, nur gerät man dann schnell ins Schwimmen. Und hier kommen jetzt zwei Sachen zusammen: denn es werden eher mehr Ineffektivitäten nötig sein, wenn man jetzt ständig in Bereitschaft sein will für schnelle Einsatzgruppen oder Zeugs, das man fix durch die Gegend karrt. Das heißt nämlich, dass das irgendwo rumsteht und darauf wartet, gebraucht zu werden.
Obwohl das ja gar nicht so ins Gewicht fällt, wichtig ist, dass die Beschaffung straffer und schneller wird, gerade für kleinere Sachen und nicht unbedingt ein ganzes Kriegsschiff.
Ariane 1. März 2022, 15:14
Ist bestimmt auch effektiver, wenn die Bundeswehr Munitionsnachschub für paar Tage hat, nur gerät man dann schnell ins Schwimmen.
Das ist kein Problem von Personal bzw. Effizienz; das Bestellen – falls tatsächlich eine Lieferung erfolgt – das Lagern sind locker lösbar. Aber wer liefert in (inzwischen unerwartbar) großen Stückzahlen? Welche Waffen will ich überhaupt bestücken, wenn etwa nur ein Bruchteil der Panzer einsatzbereit ist?
Das heißt nämlich, dass das irgendwo rumsteht und darauf wartet, gebraucht zu werden.
Damit wird geübt.
Obwohl das ja gar nicht so ins Gewicht fällt, wichtig ist, dass die Beschaffung straffer und schneller wird, gerade für kleinere Sachen und nicht unbedingt ein ganzes Kriegsschiff.
So etwas wie ein komplexes Kriegsschiff lässt sich leicht außer Gefecht setzen, wenn es keine Ersatzteile für die Radaranlage oder den Antrieb gibt. Hier hapert’s, und das waren politische Entscheidungen der letzten Jahrzehnte. Zu Zeiten der Kanzlerschaft Schröders hatte Deutschland über 30 einsatzbereite Brigaden, jetzt nur noch eine.
Aber ja, ich stimme Dir zu: Muss alles straffer und schneller werden.
Wobei die Einsatzfähigkeit auch etwas übertrieben wird; es ist ein wesentlich größerer Teil gefechtsbereit als die Zahlen vermitteln. Die beziehen sich ja auf „in Topp Zustand“, das würde mein eigenes Auto vermutlich auch nicht erfüllen. Und trotzdem fährt’s.
@ Stefan Sasse 2. März 2022, 11:38
Wobei die Einsatzfähigkeit auch etwas übertrieben wird; es ist ein wesentlich größerer Teil gefechtsbereit als die Zahlen vermitteln. Die beziehen sich ja auf „in Topp Zustand“, das würde mein eigenes Auto vermutlich auch nicht erfüllen. Und trotzdem fährt’s.
Ächz – spricht hier der erfahrene Soldat in Dir? Dein Beispiel hinkt nicht nur, sondern ist ein an den Rollstuhl gefesselter Krüppel.
Natürlich kann man mit abgefahrenen Reifen, Löchern in der Karosserie und heruntergerittenen Bremsen noch zum Supermarkt fahren, um eine Tüte Milch zu holen.
Aber würdest DU irgendeinen Menschen in einem Hubschrauber mit gleichem Zustand in einen Einsatz fliegen lassen, wenn außerdem feindlicher Beschuss droht?
Würdest Du einen Außenminister nach Afghanistan zum Truppenbesuch schicken, wenn das Flugzeug in einem solchen Zustand ist? Steinmeier brauchte damals neben der „Hilfe fremder Mächte“ drei Flieger (die erste Maschine und da erste Ersatzflugzeug hielten nicht durch), um hin und wieder zurück zukommen. Das war damals die Blamage des Jahres.
Nein, ich berufe mich auf die entsprechenden Erläuterungen von sicherheitspolitischen Expert*innen.
@ Stefan Sasse
Den Link würde ich gerne sehen …
Beispielsweise hier:
https://sicherheitspod.de/2022/02/27/54-putins-angriffskrieg-gegen-die-ukraine-zeitenwende-in-der-deutschen-sicherheitspolitik/
Die haben das schon öfter thematisiert.
@ Stefan Sasse
Den höre ich auch. Da sagt keiner, dass der zustand der Bundeswehr in Ordnung ist.
Auf mein Argument bist Du nicht eingegangen.
ICh sag doch auch nicht dass der Zustand der Bundeswehr in Ordnung ist…? Ich sag nur, dass nicht so viel Gerät völlig kaputt ist wie die Zahlen gelegentlich suggerieren, das ist alles.
Welches meinst du?
Natürlich ist das nicht schwarz weiß zu betrachten, und ja, natürlich gibt es noch Platz zwischen „brandneu“ und „Schrottplatz“. Aber daraus eine größere Teil-Einsatzfähigkeit der Bundeswehr abzuleiten, funktioniert natürlich nicht.
Größer als in den Zahlen – ja.
Groß – nein.
„sensationell erfolgreichen EU-Bürokratieabbauer Edmund R. Stoiber. “
Ich vermute ja auch, daß das Smiley berechtigt ist.
Aber real weiß halt niemand von uns ob Stoiber da eine sehr gute oder eine sehr schlechte Arbeit abgeliefert hat und ob die EU-Bürokratie gut oder schlecht organisiert ist.
Und weil das fast allen Leuten außerhalb dieser Bürokratie so geht, ist das ein politisch extrem schwieriges Feld.
Richtig, deswegen wäre ich auch vorsichtig damit, von außen mit irgendwelchen großartigen Radikallösungen à la „Bürokratieabbaudikator“ zu kommen.
… etwa Schulungen (die man für dieselbe Tätigkeit im zivilen Bereich nicht braucht) …
Pruuuuust. Die man nicht zahlen will, einverstanden. Aber ich war schon als Leutnant und Zugführer mit 23 deutlich besser auf meine Aufgabe vorbereitet, als jeder verdammte Abteilungsleiter in deutschen Grossunternehmen mit 45.
Was die ineffizienten Abläufe angeht – sagen wir mal höflich, dass mich bisher etwa 19 Jahre interne und externe Konzernerfahrung nicht gelehrt haben, wie man es effizienter als die Armee macht. Und das war wirklich sehr höflich …
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts 28. Februar 2022, 18:02
Was die ineffizienten Abläufe angeht – sagen wir mal höflich, dass mich bisher etwa 19 Jahre interne und externe Konzernerfahrung nicht gelehrt haben, wie man es effizienter als die Armee macht.
Ich glaube, es ging nicht um die Armee, sondern um den (politisch gesteuerten) Beamtenapparat des Beschaffungswesens
@ Tim 28. Februar 2022, 13:57
Schon die jetzigen jährlich 52 Mrd. für die Bundeswehr sind wegen der kaputtbürokratisierten Abläufe ja weitgehend verschwendetes Geld. 100 Mrd. mehr sind eine einzige Katastrophe und wahrscheinlich dem angenommenen populistischen Effekt geschuldet.
Da wirst Du vermutlich Recht haben. Ich denke, dass es mehr als ein Jahrzehnt dauern wird, bis die Bundeswehr größere Summen sinnvoll verarbeiten kann.
Praktisch überall glauben praktisch alle deutschen Politiker, dass mehr Geld die Probleme löst. Dabei kann die Lösung nur „weniger Bürokratie“ lauten.
Ja. Manchmal haben sie ja auch Recht damit, aber meist nicht.
Zum Bürokratieabbau: Ist genauso wichtig wie ein neuer Abwasserkanal, und lässt sich genauso schlecht verkaufen. Die Bürgermeister nehmen die Schere fürs rote Band lieber vor dem neuen Schwimmbad, dem neuen Fahrradweg oder vor dem neu gebauten Kindergarten.
Wenn alles klappt, funktioniert die hohe Summe zumindest als Weckruf (wenn auch nicht für den Bürokratieabbau).
Ich denke, dass es mehr als ein Jahrzehnt dauern wird, bis die Bundeswehr größere Summen sinnvoll verarbeiten kann.
Würde ich auch so ungefähr schätzen. Die populistische Klage der Verteidigungsministerin, dass die Bundeswehr „ausgeblutet“ worden sein, ist jedenfalls Quatsch. Dieses Gejammer hört man sehr oft von Einrichtungen, die vom Geld des Steuerzahlers leben, das immer reichlich und verlässlich kommt. Eine beliebte Wendung ist auch „kaputtsparen“. Man bekommt den Eindruck, je mehr Steuerzahlergeld Leute bekommen, desto stärker werden sie kaputtgespart.
@ Tim 28. Februar 2022, 18:37
Ich denke, dass es mehr als ein Jahrzehnt dauern wird, bis die Bundeswehr größere Summen sinnvoll verarbeiten kann.
Die populistische Klage der Verteidigungsministerin, dass die Bundeswehr „ausgeblutet“ worden sein, ist jedenfalls Quatsch.
Es passt – nur meine Einschätzung – durchaus. Eingefrorene Etats und eine auf Einsparungen ausgerichtete Beschaffungspolitik machen die Bundeswehr wirklich handlungsunfähig. Hatte ich auch schon mal ein paar Takte zu geschrieben, wobei ich glaube, das Thorsten da wirklich besser im Thema ist.
Und im Gegensatz zur Infrastruktur, wo man Löcher flicken kann und mit Provisorien eine Weile über die Runden kommt, kann man die gebrochene Kurbelwelle Eines Leo 2 nicht flicken.
Dazu kommt die technische Entwicklung: Beim Straßenbau wird wie vor 30 Jahren immer noch Asphalt auf die Straßen gepackt. Mit einem alten Flugzeug kriegst Du aber keinen Stich, der Investitionsbedarf ist also viel höher.
Aber wie Du richtig beschrieben hast, spielt der Beamtenapparat eine große Rolle. Und der ist inzwischen ehr auf Status quo statt auf Fortschritt programmiert.
Das Ganze ist ziemlich kompliziert. Sicherheitshalber hat sich in mehreren Folgen mit der Beschaffungssituation beschäftigt.
Wir müssen außerdem immer in Rechnung stellen, dass die Bundeswehr dreißig Jahre lang nicht nur unterfinanziert war, sondern auch ein widersprüchliches Mandat hatte; wir haben effektiv aus der Portokasse eine multinationale Eingreiftruppe geschaffen. Und die soll jetzt plötzlich Bündnisverteidigung betreiben. Das kann selbst mit der besten Verwaltung der Welt nicht hinhauen und ist die Folge einer unterlassenen Strategiedebatte, von fehlendem strategischen Denken, in Deutschland.
Die gesamte Bundeswehr (Heer/Marine/Luftwaffe) wurde auf 200.000 Mann und seit Abschaffung der Wehrpflicht völlig ohne Reserven geschrumpft.
Das ist für einen Staat von der Grösse Deutschlands schlicht albern – und mehr muss man dann auch gar nicht mehr wissen. Selbst voll ausgerüstet wäre die Bundeswehr eine quantite negliable, in ihrem unterausgestatteten Hybrid-Zustand zwischen „irgendwo im Ausland“ und „Yay, wir können auch Polen nicht verteidigen“ umso mehr. Nehmen wir die unterirdische strategische Kompetenz der politischen Führung hinzu, fällt mir nur noch Moltke der Jüngere ein, sinngemäss: Übergeben wir unsere Verteidiung den Japanern, treiben Handel und vertrotteln langsam.
Gruss,
Thorsten Haupts
Naja, dass 200.000 Mann für die Größe Deutschlands wenig ist, einverstanden.
Aber ein Personalaufbau bei der Truppe (also nicht in der Verwaltung) dürfte wohl mit Abstand die größte Hürde sein. Wenn ich das richtig mitbekomme, kämpft die Bundeswehr momentan damit, überhaupt die angedachte Mannstärke zu erreichen, gar nicht davon zu sprechen, dass man ja auch neue Kompetenzen (z.B. in der IT) aufbauen will. Ich sehe da nicht, wie sie dieses Problem lösen wird können, egal wie viele Milliarden sie kriegt.
Ohne Wehrpflicht? Gar nicht!
Warum nicht? USA, Frankreich, GB etc. haben auch keine Wehrpflicht und mehr Personal.
Frankreich kann ich nicht beurteilen. Aber für GB und die USA gilt sicher, dass die öeffentliche Anerkennung und Wertschätzung der Streitkräfte um eine Zehnerpotenz höher ist, als bei uns – und das wird sich weder kurz- noch mittelfristig änern lassen. Deutschlands höhere Bildungsinstitutionen sind ausnahmslos Pazifistenzuchtanstalten.
Gruss,
Thorsten Haupts
Jepp, wobei sich das ja auch wandelt. Also das Image.
„Trendwende Personal“ ist ein Projekt seit mehreren Jahren. Aber es gibt Silberstreifen am Horizont.
@ Hias 2. März 2022, 01:13
Wenn ich das richtig mitbekomme, kämpft die Bundeswehr momentan damit, überhaupt die angedachte Mannstärke zu erreichen, …
Aktuell kämpft sie verzweifelt darum (und verliert), die aktuelle Stärke zu halten. Schon die angedachte Mann-/Frau-Stärke liegt in weiter Ferne.
Die Abschaffung der Wehrpflicht und der überaus respektlose Umgang, die Verunglimpfung der Bundeswehr als Hort der Rechtsextremisten durch die unsägliche (Selbst-)Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sowie die Missachtung durch Politik, Medien und Bevölkerung machen jegliche sinnvolle Erweiterung praktisch unmöglich.
Die Truppe hatte ein Rechtsextremismusproblem, und sie hat es lange geleugnet. Don’t shoot the messenger.
Entschuldigung, Sir, sie hatte ganz sicher ein paar Rechtsextremisten – und zwar maximal im Verhältnis der Rechtsextremisten zur Gesamtbevölkerung in Deutschland (was für Streitkräfte ein ausserordentlich niedriger Satz ist). Ein „Rechtsextremistenproblem“ wurde medial herbeigedichtet.
Gruss,
Thorsten Haupts
Es war richtig, dagegen vorzugehen. Die reine Zahl ist nicht entscheidend. Gerade in einer extremen Krisensituation.
Das Image der Soldaten wird sich bessern. Ich hoffe sehr, dass dies auch für die Politiker zutrifft. Die können jetzt nicht abschalten, wenn es ihnen zu viel wird. Das Politiker-Bashing muss ebenfalls aufhören.
Davon abgesehen war das Problem so groß, dass man beinahe das KSK aufgelöst hat (jetzt war es „nur“ die Hälfte davon). Das ist schon mehr als nur „Querschnitt der Bevölkerung“.
Es war richtig, dagegen vorzugehen. Die reine Zahl ist nicht entscheidend.
Natürlich.
Die reine Zahl ist nicht entscheidend.
Um zu diagnostizieren, ob die Armee ein „Rechtsextremistenproblem“ hat? Sicher was sonst? Zahl und involvierte Dienstgrade – und abgesehen von einem vorsätzlich falsch beschuldigten Oberstleutnant steht bisher nicht eine einzige echte Führungskraft unter Verdacht.
Das Image der Soldaten wird sich bessern.
Bestimmt. So in einer Generation. Mit den ganzen linken A*löchern, die Rechtsextremisten frei erfinden, eher nie.
Gruss,
Thorsten Haupts
@Thorsten Haupts
sic!
@ Stefan Sasse 2. März 2022, 13:14
Die Truppe hatte ein Rechtsextremismusproblem, und sie hat es lange geleugnet.
Nein. Bzw., wenn Du so willst, haben Maurer, Lastwagenfahrer, Briefträger, Geschäftsführer, Hausfrauen, die ländliche Bevölkerung, Lehrer (Bernd Höcke!) etc. – hat ganz Deutschland – das gleiche Rechtsextremisten-Problem.
Würdest Du deswegen akzeptieren, dass in jeder Wohnung ohne Ankündigung Hausdurchsuchungen durchgeführt würden, wo man neben allem möglichen Scheiß auch alle Familienbilder, auf denen jemand in Uniform zu sehen ist, einziehen würde? (Oder alle Meister-Propper-Flaschen, nur weil die einen Glatzkopf zeigen? Auf dem Niveau lief die von der Laien-Aktion ab.)
Don’t shoot the messenger.
Das tust Du doch gerade …
… dass man beinahe das KSK aufgelöst hat ,,,“
Lieber Stefan Sasse, dass es unter den Bedingungen der strategischen Inkompetenz der politischen Führung, des öffentlichen Bequemlichkeitspazifismus und der bräsigen Ignoranz deutscher Medien in der KSK nicht noch mehr Radikale gab , ist das eigentlich erstaunliche. Die Einheit tötete und starb im Ausland kontinuierlich, durfte nicht einmal mit ihren Partnern darüber reden und in Deutschland interessierte sich kein Schwein dafür. Der Mensch, der dabei konstant demokratisch, liberal, empathisch und weltoffen bleibt, wurde schlicht noch nicht geboren.
Gruss,
Thorsten Haupts
Was jetzt? Waren sie nicht radikaler als der Schnitt oder waren sie das als kaltblütige Killer naturgemäß? Make up your mind.
Weder das eine noch das andere. Sie haben sich angesichts ihrer Einsätze unter den von mir (unzureichend) beschriebenen Bedingungen vorhersehbar dahin entwickelt.
Gruss,
Thorsten Haupts
Wohin?
Zu Rechtsradikalen. Linksradikale sind in der (deutschen) Armee eher unwahrscheinlich.
Das heißt also, dass die KSK-Leute quasi gezwungen waren, rechtsradikal zu werden, weil die deutsche Gesellschaft sie nicht respektierte?
Gezwungen? Nein. Es war „nur“ naheliegend. Aber Sie haben natürlich indirekt Recht – ich rate deshalb jedem jungen Menschen, der mich ausnahmsweise fragt, niemals in ein deutsches Militär einzutreten.
Gruss,
Thorsten Haupts
Oh großartig, Wagenknecht macht wieder den Mund auf…
https://pbs.twimg.com/media/FMrwSXcXoAEmSyP?format=png&name=large
Wenn Du eins definitiv nicht kannst, dann Pathos. Einige Zeit in den USA könnten Dir da abhelfen.
Gestern war ein Tag, wo man als Deutscher stolz auf sein Land, auf seine Demokratie, auf seine Regierung sein konnte. Die politische Mitte in diesem Land steht, von Union bis Grünen sind wir in der beneidenswerten Situation, einen breiten Konsens mit absolut seriösen, verantwortungsbewussten Parteien und Politikern zu haben.
Wir erlebten die Kanzlerwerdung von Olaf Scholz. In dieser Krise zeigte der Kanzler, dass er der Inhaber der Richtlinienkompetenz in diesem Land ist. Im politischen Berlin heißt es, bis zum Schluss seien nur wenige in seinen Plan eingeweiht gewesen, die Verteidigungsausgaben drastisch nach oben zu fahren. Seine Rede, rhetorisch seinen Möglichkeiten angepasst, war die beste seines politischen Lebens. Handstreichartig veränderte Scholz die Determinanten der deutschen Politik.
Es war ein Tag, an dem man nicht mit seinem Kanzler hadern musste. Der Wähler hat wieder einmal äußerst klug entschieden. Wir haben eine Außenministerin, die den richtigen Ton trifft und eine klare Sprache spricht statt Wortgirlanden zu produzieren. Wir haben eine Regierung, die angemessen auf große Herausforderungen zu reagieren vermag. Die Abgeordneten der Union waren übrigens die ersten, die bei Scholz Ankündigung, die Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen, von ihren Sitzen aufgestanden sind und applaudierten. Friedrich Merz mag nicht an jeder Stelle den richtigen Schlag getroffen haben – Timing ist einfach nicht seine Sache -, aber er reichte dem Kanzler sofort weitreichend die Hand.
Da fällt dieser peinliche Haufen von Links- und Rechtsextremisten nicht ins Gewicht. Die Abgeordneten der LINKEN feixten zeitweise bei der Regierungserklärung, die AfD-Leute lümmelten in ihren Sitzen selbst als der Botschafter der Ukraine mit minutenlangem Applaus des Plenums geehrt wurde. Man kann nicht auf alles stolz sein.
@ Stefan Sasse
Grundsätzliche, (für mich überraschend weitreichende 🙂 ) Zustimmung.
Ich bin allerdings bei Tim, was Geld und Bürokratie angeht. Ein Großteil der Einsatzprobleme geht etwa darauf zurück, dass man für neues Gerät keine Ersatzteile mitgekauft hat. Da militärische Ausrüstung wie Hubschrauber, Flugzeuge, U-Boote etc. im Großen und Ganzen Sonderanfertigungen sind, kann man im Bedarfsfall nicht einfach hinter sich ins Regal greifen – man bestellt das Teil, dass zu exorbitanten Kosten dann nachgefertigt wird, wenn der Hersteller zwischen zwei richtigen Aufträgen mal wieder Zeit hat. Bis dahin weidet man andere Maschinen aus, die ebenfalls nicht einsatzfähig sind. irgendwann hast Du einen Prozess, und wenn der in der Bürokratie erst mal sitzt, wird es hart.
Mehr Geld hilft also nicht kurzfristig, solange die Beschaffungsmechanik nicht geändert wird. Dass darüber hinaus solch eine 100-Milliarden-Ankündigung die Preise treibt, dürfte auch klar sein. Ich nehme trotzdem an, dass es so besser ist, wenn man nur dauerhaft durchzieht.
Aber grundsätzlich gefällt mir, was ich in der Politik sehe. Und obwohl ich Cum-Ex- und anderen Verstrickungen des Olaf Scholz nicht vergessen habe, muss ich doch sagen, dass sein Handeln klar ist und im richtigen Rahmen erfolgt.
Und, wie hier schon öfter gesagt, bin ich von Habeck, Baerbock und Lindner begeistert. Schade, dass es solch eines Impulses bedurfte, um uns aufzuwecken, aber gut, dass der Impuls offenbar gut umgesetzt wird.
Teile deine Einschätzung der Regierungsarbeit völlig. Ich häng das Scholz auch nicht groß nach, ich sehe nur den Kontrast zu dem Bullshit mit Baerbocks Zitaten.
Was die Bundeswehr angeht: Klar, deswegen ja auch meine Analyse im Artikel dass das kurzfristig nicht gehen wird.
@Erwin Gabriel und Tim
Prinzipiell bin ich bei euch (weswegen ich mit den 100 Mrd. auch nicht so glücklich bin), dass bei der Bundeswehr nicht Geld sondern die Beschaffungsprozesse das Problem sind.
Allerdings spielt bei der Bundeswehr auch oft Wirtschaftspolitik eine Rolle bzw. Symbolpolitik. Mir fällt da z.B. die Diskussion um die Tornado-Nachfolge ein, oder die Diskussion um bewaffnete Drohnen. Wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe, hat Scholz auch diese beiden Themen auch mit abgeräumt (jetzt F-35 und Airbus später FCAS sowie KAuf von Drohnen). Und beide Systeme müssten ja vergleichsweise schnell einkaufbar sein (wenn auch nicht gleich einsatzbereit).
Und ansonsten denke ich mal, dürfte dieser Geldsegen endlich helfen beim „Kleinkram“ wieder auf ordentliche Bestände zu kommen: Funkgeräte, Winterausrüstung, Schutzausrüstung, Stiefel etc.
Von daher vielleicht nicht verkehrt, auch wenn ich nicht glaube, dass mana uc nur die Hälfte zeitnah ausgeben wird können.
Übrigens, die F-35 dürfte noch für ziemlich Streit mir Frankreich sorgen.
Denke ich eher nicht. Es geht um das Nachfolge-Flugzeug des Tornados für die nukleare Teilhabe und das kann aktuell mW weder die aktuelle Mirage noch der Eurofighter. Letzteren könnte man zwar dazu ertüchtigen, der müsste dann aber noch von den USA dafür zertifiziert werden. Darauf haben die wenig Lust, die wollen ihren F-35 verkaufen.
Der (sehr teure) Kompromiss ist jetzt für die nächste Generation den F-35 zu bestellen und dann bei der übernächsten Generation auf das FCAS zu setzen. Da gibt es dann auch bessere Exportchancen als aktuell mitm Eurofighter und der Mirage.
Der bisherige Plan war, dafür die veralteten F18 zu kaufen, schon allein, damit ab den 2040er Jahren FCAS das übernehmen kann. Aber wenn wir F35 kaufen, brauchen wir kein FCAS mehr.
Stimmt, die Tornados sollten durch modernisierte F-18 abgelöst werden.
Naja, aber trotzdem macht das nicht viel Unterschied. Die F-35 dürften relativ schnell ankommen, was als Ersatz für den Tornado auch dringend notwendig ist. Trotzdem stellt sich dann ja ab den 2040er die Frage, welches System den Eurofighter ersetzt. Und dafür wird man sich dann wohl schon aus politischen Gründen für ein europäisches System entscheiden.
Möglich, aber in der aktuellen Lage halte ich langsam alles für denkbar.
@ Stefan Pietsch 28. Februar 2022, 15:09
Ich kann mich in den vergangenen 12, 13 Jahren nicht an einen Moment erinnern, wo ich mit der deutschen Politik derart einverstanden war. Die Regierung – Grüne, Liberale, selbst die SPD – schwebt nicht mehr im luftleeren Raum, hat eine klare Position auf der richtigen Seite gefunden, und versteht inzwischen (etwa beim Thema Waffenlieferungen), dass Vorstellungen ihren Preis haben; „wasch‘ mich, aber mach mich nicht nass dabei“ war gestern.
Da fällt dieser peinliche Haufen von Links- und Rechtsextremisten nicht ins Gewicht.
So wahr. Zu meiner großen Freude machen sich gerade die Richtigen überflüssig. Wobei ich für die LINKE eher Mitleid habe; die sind seit so langen Jahren in ihrer Opferrolle sozialisiert, dass die da nur sehr mühsam herauskommen. Da tut sich selbst die kluge Sahra Wagenknecht schwer.
Dagegen hat sich meine Verachtung für die AfD, was ich kaum für möglich hielt, weiter gesteigert. Gauland war ein CDU-Mann, nicht der einzige in der Partei, und NICHTS ist davon geblieben. Er hat mit seinen Äußerungen jedes noch so kleine Recht verspielt, für die bürgerliche Mitte zu sprechen, er ist nach meiner Wahrnehmung einfach nur ein weiterer charakterschwacher ideologische AfD-Extremist ohne Anstand. Sein Verstand gab früher mal mehr her.
Danke für den Respekt und vor allem auch Respekt für die Schnelligkeit, fühle mich selbst noch ganz von den Ereignissen überrollt.
Freitag/Samstag dachte ich, ok man räumt so die größten Peinlichkeiten wie Nordstream und die 15 DDR-Haubitzen aus dem Weg. Und dann kamen die Stinger, das hat mich schon (positiv) überrascht, weil das ja nun keine Defensivwaffen mehr sind – oh und das mit dem Swift-Ban hatte sich dann auch schon erledigt und wurde sogar auf die Notenbank ausgeweitet.
Und da war ich schon bei „wow, das ging aber fix und ist ein ziemlicher Turnaround“ Und dann kamen die 100 Milliarden mit GG-Änderung (hast du glaub ich gar nicht erwähnt^^) UND dann noch die EU, einstimmig!, mit Flugverbot, Sperrung von RT & Sputnik & Co., Waffenlieferungen, ganze Jets.
Dass heute dann noch die Schweiz mit Sanktionen, Schweden/Norwegen/Finnland (oder einige davon) mit Waffenlieferungen zum ersten Mal in ihrer Geschichte, Schalke und FIFA dazukamen, oh und vdL die Ukraine in die EU aufnehmen will rauscht auch schon irgendwie vorbei.
Also es ist nicht nur eine deutsche Zeitenwende, sondern zumindest auch eine europäische. (wobei es natürlich hilft, dass Osteuropa in dem Falle krasser drauf ist als der Rest der EU)
Also schon alles recht verrückt.
Zu den 100 Mrd. Hab zwar fleißig den Sicherheitspod gehört, trotzdem nicht so ganz verstanden, wie das mit Sondervermögen und GG-Änderung etc. laufen soll, weiß vermutlich auch noch keiner. Aber das ist ja auch wohl nicht dafür gedacht, alles auf die Schnelle auszugeben.
Das ist sicherlich erstmal wichtig, um gar nicht aufzurüsten, sondern auszurüsten, also die langen Unterhosen zb. Die shoppen sich ja schneller als neue Panzer etc. Die müssen ja nicht nur durchs träge Beschaffungswesen, sondern auch durchs Parlament. (was übrigens auch Bürokratie ist, aber auch sinnig). Und diese „mehr als 2%“ werden vermutlich auch dringend nötig sein, um überhaupt erstmal gravierendste Mängel abzustellen, gerade wenn man jetzt logischerweise noch mehr Bereitschaft, schnelle Eingreiftruppen etc. braucht.
Masala sprach im Sicherheitspod ja von Dingen, die schon haushaltsreif sind, also schon irgendwo in der Pipeline hängen, das werden keine bewaffneten Drohnen sein.
Wie gesagt, mal gucken, das war halt auch erstmal eine symbolische Bazooka denke ich und auf die Details muss man dann mal warten. (auch sehr deutsch irgendwie, erst lange den Bremsklotz spielen und dann plötzlich Hals über Kopf mit Volldampf in die andere Richtung – das ist dann allerdings schon wieder irgendwie merkelesk, hoffentlich nur mit mehr Substanz^^)
Insgesamt bin ich erstmal froh, dass wir eine Regierung haben, die nicht auf ihren Prinzipien beharrt, sondern die auch bereit ist, ihre Politik veränderten Realitäten anzupassen und es ist dafür glaube ich insofern auch die richtige Regierung (vielleicht auch der Grund dafür, dass es bisher (kann sich auch alles noch ändern) so diszipliniert vonstatten geht, weil jeder etwas opfert). Für die SPD ist sicherlich ihre alte pazifistische Grundhaltung und die ambivalente Russlandfrage da am schmerzhaftesten siehe Mützenich, der mich mehr aufregt als LINKE, Schröder und AfD zusammen. Aber die FDP mit Freiheitsenergien und dem Haushalt und die Grünen mit Kohle und evtl sogar AKWs (an die glaub ich nicht wirklich).
Aber sicherlich hilfreich, dass man abends zusammen ein paar Tränchen über die alten Gewissheiten vergießen kann.
Was man übrigens kann und sich trotzdem davon verabschieden, weil man dann doch mehr Inhalte hat. Da ist – glaube ich – die CDU in einer ambivalenten Stellung. Klar können sie einige Sachen leichter räumen, aber so wie jetzt, können sie auf wenig Substanzielles zurückgreifen und landen dann irgendwie bei Gendersternchen und Kohle oder Geld, wollen aber auch mehr Geld in Verteidigung stecken.
Das wird auch interessant sein, wie es weitergeht und wie tragbar diese völlige Einigkeit plötzlich ist. Das ensteht ja alles unter diesem Schockerlebnis (wie auch bei Corona, wo eine kurze Weile alle ungefähr auf einer Linie waren). Das stumpft sich ja ab, natürlich wirds erst haarig, wenns an Details geht, man muss sehen, ob das grundsätzliche Ziel aber dableibt.
Völlig bei dir.
Zitat Ariane:
„….wie das mit Sondervermögen und GG-Änderung etc. laufen soll,…..“
Nun ja, Merz hat ja – sachlich natürlich durchaus richtig – im Bundestag darauf hingewiesen, wie dieses Vermögen zustande kommt: Durch Schulden natürlich, es handelt sich also bei Lichte besehen um kein „Sondervermögen“, vielmehr um Sonderschulden. Diese „Sonderung“ wiederum ist erforderlich um die Schuldenbremse auszutricksen. Eigentlich ein mutmasslicher Verfassungsbruch, nach Karlsruhe rennen, mindestens das feierlich anzukündigen, wäre die klassische und verständliche Vorgehensweise der Opposition, indes die Union es vermeidet, an dieser Stelle entsprechend laut zu zetern; würde in der aktuellen Lage nicht so sonderlich gut aussehen.
Die ins Auge gefasste GG-Ergänzung bedeutet, mal was zu zu probieren, wie sich der Schuldenbremse faktisch wieder rückgängig machen lässt und wie manfrau das Karlsruhe-Risiko dabei absichert indem manfrau das Bremspedal offiziell auf dem Papier stehen lässt, die Bremsscheiben aber „vorübergehend“ ausbaut, wobei „vorübergehend“ sich in politics ja gerne verstetigt^. Wie gut, dass das wegen der „Lage“ z.Zt. keiner laut anmeckern kann, aber es wird wohl noch gewisse Diskussionen geben^. Lindner hat die Wahl, entweder bei Steuererhöhungen einzuknicken oder bei der Schuldenbremse. Am Ende des Tages womöglich bei beidem; er kommt dem seinerzeitigen Westerwelle-Merkel-Syndrom jedenfalls schon bedenklich nahe.
Beleg 5723852 dafür, dass die Schuldenbremse einfach von Anfang an eine dumme Idee war.
Ja, so wie ich das gestern gelesen hab, sollen die 100Mrd auch nicht on top dazukommen, sondern sind dafür gedacht, dieses „mehr als 2%-Ziel“ die nächsten Jahre zu finanzieren, damit das eben nicht im Haushalt auftaucht und die Schuldenbremse eingehalten werden kann.
Ich meine, einerseits ist das ja sehr fuchsig gedacht, aber glaub das ist jetzt schon der zweite Trick (von Lindner wohlgemerkt), da könnte man zum Bürokratieabbau tatsächlich das ganze Ding abschaffen, anstatt da ständig neue Hintertürchen aufzumachen.
Gerade weil das ja auch verhindert, dass man präventiv tätig wird und nicht erst die Bazooka rausholt, wenn die Hütte brennt (auch wenn da natürlich das Mindset noch dazugehört)
Ich hab’s von Anfang an prophezeit, die Schuldengrenze ist de facto tot. Die existiert nur noch, wenn die Regierung will, dass sie existiert – und das ist gleichbedeutend damit, dass es sie nicht gibt. Siehe auch Filibuster in den USA.
Inwieweit sich ein Land überhaupt verschuldet, ist eine sehr langfristige und damit strategische Frage. Die Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz sorgt dafür, dass solche Fragen nicht ins Belieben irgendeiner Regierung gestellt werden. Das Ergebnis eines solchen laissez faires ist weder historisch noch international überzeugend. Daher Beleg 5723853, dass die Schuldenbremse eine sehr kluge Idee war.
solche Fragen nicht ins Belieben irgendeiner Regierung gestellt werden
Aber ein Haushalt ist nun mal die politische Frage überhaupt und deswegen gehört es m.E. ohne wenn und aber ins Parlament.
Das ist ja keine Haushaltsfrage. Ein Haushalt kann auch ohne Drittmittel am Kapitalmarkt aufgestellt werden.
Überall, in Unternehmen, in Ehen und Familien, ist die Frage der Verschuldung eine höchst strategische. Kein Vorstand kann einfach so zur Bank gehen und das Unternehmen verschulden. Das steht heute in den meisten Gesellschafterverträgen.
Unsere Satzung ist das Grundgesetz. Damit ist sichergestellt, dass nicht eine zufällig zustandegekommene Mehrheit einfach Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung treffen kann.
@ Stefan Sasse 1. März 2022, 13:47
Beleg 5723852 dafür, dass die Schuldenbremse einfach von Anfang an eine dumme Idee war.
Fake-Beleg 5723852. Was Du hier erzählst, ist – sorry – stumpf herausgerülpster linker Trash-Talk. Billigstes Niveau nach dem Motto „die Reichen sollen mehr Steuern zahlen“, ohne zu wissen, wieviel Steuern „die Reichen“ bereits zahlen, und wer „die Reichen“, die zur Kasse gebeten werden, eigentlich sind.
In den zehn Jahren von 2007 bis 2017 (da sind die Ausfälle durch die Finanzkrise drin) stiegen die Steuereinnahmen von 538,2 Mrd. auf 734,5 Mrd. Euro (also um knapp 40 Prozent). Die Inflation lag in diesem Zeitraum kumuliert bei knapp unter 17 Prozent. Wenn man also die regulären Aufgaben regulär bedient, bräuchte man 2017 etwa 17 Prozent höhere Steuereinnahmen als 2007 (in der Praxis etwas weniger, da der Staat durch die niedrigen Zinsen der einige Milliarden sparte – aber wir wollen nicht kleinlich sein).
Selbst wenn man an der schwarzen Null festhielt, standen für zusätzliche Auf- oder Ausgaben immer noch (inflationsbereinigt) 22 – 23 Prozent Mehreinnahmen zur Verfügung.
Für Linke ist das offenbar immer noch viel zu wenig.
Weiterhin wird erwartet, dass die Steuereinnahmen von 2021 bis 2026 von 812 Mrd. auf 987,5 Mrd. Euro ansteigen werden. Nur eine zurückhaltende Schätzung, denn die anhaltendende Inflation wird den Staat höher beschenken als erwartet.
Will die öffentliche Hand an der schwarzen Null festhalten, stehen für zusätzliche Auf- oder Ausgaben in fünf Jahren immerhin 175 Mrd. Euro mehr zur Verfügung als heute.
DAS SOLL NICHT REICHEN?
Nicht bös sein, ich verstehe das nicht. Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass der Staat in schlechten Zeiten Schulden macht, um mit der Finanzierung von Infrastruktur, der Modernisierung von Schulen und Behörden oder von Bildungsprojekten die Wirtschaft anzukurbeln. Aber das …?
Wir haben eine mittlerweile jahrzehntelange Unterfinanzierung des Bildungssystems, die direkt vergleichbar ist mit der der Bundeswehr. Das lässt sich nicht aus den laufenden Einnahmen stemmen, genauso wenig wie die Reparatur der Bundeswehr. Mit dem Klimawandel steht uns eine Herausforderung ins Haus, die ebenfalls niemals mit den laufenden Einnahmen machbar ist. Mit jedem Jahr, das wir verschwenden, wird der notwendige Kurswechsel teurer, werden die Folgekosten höher.
Das ist in jeder Hinsicht Unsinn. Deutschlands Bildungsausgaben liegen im internationalen Vergleich auf einem Top-Level. Wir liegen über der Schweiz und auf einem Niveau mit PISA-Vorreitern wie Dänemark, Neuseeland und Finnland. Das Problem ist offensichtlich nicht Geld, sondern Organisation. Und selbst wenn Geld ein Problem wäre, so reden wir über einen geringen zweistelligen Milliardenbetrag über 2-5 Jahre. Das muss sich aus dem laufenden Haushalt stemmen lassen.
https://data.oecd.org/eduresource/education-spending.htm
Der Klimawandel ist doch kein Finanzierungsproblem des Staates, sondern von Unternehmen und Haushalten! Das kann jeder gerade in diesen Tagen sehen. Allein 2021 haben Staat und Neue Energien-Betreiber über 20 Milliarden Euro bei den Kunden abgegraben, was reine Windfall-Renten waren. Über die Versteigerung der Zertifikate kamen über 10 Milliarden Euro zusätzlich in die Kasse und die Betreiber von Windkraft- und Solaranlagen erhielten trotz hoher Marktpreise Preissubventionen in ebenfalls dieser Höhe. Das bringt für die Energieerzeugung nichts, aber für die Bilanzen und den Staatshaushalt.
Nicht der Staat muss die Energiewende hauptsächlich finanzieren, sondern die Bürger. Die bräuchten dafür tatsächlich ein Sondervermögen, bei der verschwenderischen Klimaschutzpolitik.
„Bei den Bildungsausgaben schneidet Deutschland im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich ab: Nach dem OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick“ steckte der Staat 2017 nur neun Prozent seiner gesamten Ausgaben in die Bildung. Der Schnitt der gesamten OECD liegt bei elf Prozent.
In zahlreichen Industrieländern liegt der Anteil sogar zwischen zwölf und 14 Prozent, darunter sind unter anderem die Schweiz, Neuseeland, Israel, Dänemark, Australien, Norwegen und Großbritannien.“
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/industrielaender-oecd-fordert-von-politikern-trotz-rezession-nicht-an-bildung-zu-sparen/26165224.html?ticket=ST-8195885-vK7vm3SS2ozNH6nql4yV-ap6
Ein wesentlicher Teil der Bildungsausgaben sind Personalkosten. Gebäude werden über 20-40 Jahre abgeschrieben, die vergleichsweise hohen Investitionskosten verteilen sich unter betriebswirtschaftlicher Betrachtung auf lange Zeiträume und relativieren sich so. Nun haben Sie ja bekanntlich nichts dagegen, dass die Lehrer in Deutschland sehr hohe Löhne kassieren.
Wussten Sie eigentlich, dass Deutschland im Vergleich zu Finnen, Schweden, Franzosen, Amerikanern sowieso sehr viel weniger Kinder auf 100.000 Einwohner hat? Is‘ aber so. Die Bedingungen sind also sehr unterschiedlich, der Bezug auf das BIP also weniger nützlich als in anderen Bereichen. Im Extrem wäre es ja so, dass Sie nach dem Maßstab selbst dann Bildungsausgaben fordern, wenn es keine Kinder gäbe.
Die von mir verlinkten OECD-Zahlen zeigen die Ausgaben pro Kopf, das ergibt da schon mehr Sinn. Und dabei sieht man den Vergleich mit Ländern, die nicht geringere Lebenshaltungskosten als Deutschland und auch nicht niedrigere Löhne haben, aus denen ja die ganzen öffentlichen Ausgaben finanziert werden.
Japan übrigens gibt mit 3% noch viel weniger für Bildung aus als Deutschland. Können Sie sich denken warum?
Valide Argumente.
Allerdings frage ich mich, ob das die Leute bei der OECD nicht auch wissen – und von D trotzdem mehr Bildungsausgaben fordern?
Noch ein Punkt, den ich aktuell nicht mit einer Quelle unterlegen kann: Im Primarbereich sind die Ausgaben auch pro Kopf in den Vergleichs- Ländern deutlich höher.
Der große Vorteil von Organisationen wie der OECD ist, dass ihr Kerngeschäft Benchmarks sind. Sie vergleichen und operationalisieren staatliche Systeme ungeachtet zwangsläufig vorhandener Ungleichheiten. Denn es ist wichtig, dass sich politische Führungen nicht hinter solchen Individualitäten verstecken können. Ich kenne das auch aus meinem beruflichen Leben, denn bei M & A-Projekten (Mergers & Acquisitions) handelt es sich in der Folge um die Integration verschiedener Systeme in eins.
Die OECD ist sich dessen selbstverständlich bewusst. Wenn sie Analysen zu Deutschland und der Unternehmensbesteuerung veröffentlichen, findet sich dort im Kleingedruckten immer der Hinweis, dass abweichend zum internationalen State of the art der Großteil der unternehmerischen Tätigkeit nicht den gemessenen Unternehmenssteuern Körperschaftsteuer und Gewerbeertragsteuer, sondern der Einkommensteuer unterliegt.
Ich bin sicher, das findet sich auch in den von Ihnen zitierten Vergleichsstudien. Sicher auch deswegen messen die Forscher die Ausgaben pro Kopf und veröffentlichen das an zentraler Stelle. In meiner Quelle finden sich übrigens auch den Beleg, dass Deutschland im Primärbereich relativ wenig und im Tertiärbereich viel ausgibt. Grund ist die deutsche Haltung, die universitäre Ausbildung weitgehend aus Steuermitteln zu finanzieren.
Ich habe beides immer kritisiert, auch weil es sozial ungerecht ist.
@ Stefan Sasse
Wenn das Budget hoch und das Bildungssystem trotzdem nicht gut genug ist, liegt das Problem wohl nicht am mangelnden Geld.
Ich bezweifle nicht, dass Bundeswehr, Bildungssystem, Infrastruktur etc. in suboptimalem Zustand sind. Ich nehme nur als Ursache strukturelle Probleme an, nicht Unterfinanzierung.
Ich sehe beides als Problem. Denn das Budget ist so hoch halt leider nicht.
@ Stefan Sasse 5. März 2022, 12:13
Ich sehe beides als Problem. Denn das Budget ist so hoch halt leider nicht.
Zum einen: So, wie die Steuereinnahmen seit Jahrzehnten gestiegen sind, dürfte es kein Geldproblem geben. Wenn man aber jede bestehende Aufgabe (Achtung, Wortspiel) ‚links‘ liegen lässt, um die Einnahmen für neue Wahlkampf-Projekte auszugeben, wird das nichts. Aber dann zu sagen, dass das Geld für diese wichtigenProjekte nicht reicht, ist gelogen.
Dann frag einen dieser Wünsch-Dir was-Experten, wie sehr die Steuereinnahmen steigen müssten. Wenn der nicht der vollkommen tumbe Papagei ist („die Reichen müssen mehr Steuern zahlen“ oder „wir können doch problemlos Schulden machen“) und vor dem Sprechen nachdenkt, sagt der Dir: 10 Prozent mehr Steuereinnahmen würden helfen. Ein Jahr später sind es aufgrund der brummenden Wirtschaft 15 Prozent mehr, aber Du kriegst die gleiche Antwort auf die gleiche Frage. Da es nie genug ist, ist die Antwort keine sinnvolle Antwort, sondern Propaganda.
Der nächstePunkt ist, dass, wenn Struktur und Budget nicht stimmen, zuerst die Struktur gerichtet werden muss. Heute Geld in ein kaputtes System pumpen und sich die Neuausrichtung fürs nüächste Jahr vorzunehmen (wobei man im nächsten Jahr das Gleiche sagt), ist nur Geldverschwendung, aber keine Hilfe.
Solange mir keiner sagt, was „genug“ bedeutet, solange es nur nach oben geht, und nie nach unten, kann ich – sorry – solche Kommentare wie Deinen nicht ernst nehmen.
Wie soll ich deine Jeremiade gegen die Höhe der Steuern ernstnehmen, wenn du auf die konkrete Frage der Investitionsnotwendigkeit nicht eingehst? Kann ich genauso umdrehen.
@ Stefan Sasse
Ich bin nicht gegen Investitionen, noch nie gewesen. Aber das ist nicht die Diskussion.
Die Diskussion ist, ob man Investitionen nur über Schulden leisten kann, obwohl die Steuereinnahmen Jahr für Jahr deutlich über Inflationsniveau steigen.
Kommt halt drauf an von was wir reden. Investitionen im Sinne von „moderate Neuerungen und hier da“ ließen sicher aus dem bestehenden Pool lösen. Investitionen im Sinne von „wir müssen in einem Herkulesakt die Versäumnisse von 30 Jahren wegräumen“ halt leider nicht. Ob Bundeswehr, ob Klimakrise, ob Bildungsinfrastruktur.
Hier zeichnet sich der wesentliche Unterschied zwischen Linken und Liberal-Konservativen ab. Die Position von Linken seit Jahrzehnten ist, der Staat müsse sich alles in hoher Qualität leisten können, was die Politik, vermeintlich bestätigt durch Wahlen, als Aufgaben zuerkennt. Da der Staat seit den Siebzigerjahren seine Bereiche immer weiter ausgeweitet hat, führt dies zwangsläufig zu steigenden Abgaben. Da diese jedoch durch Wahlen eine natürliche Begrenzung erfahren, ist dann der goldene Ausweg die Verschuldung. Alle alten kontinentaleuropäischen Staaten der OECD sind diesen Weg sehr lange gegangen und alle, mit Ausnahme der Enklaven Luxemburg und Schweiz sind sehr hoch verschuldet.
Anders als Liberal-Konservativen ist es Linken unmöglich, Aufgaben zu priorisieren. Linke haben die Frage nicht in ihrem Katalog „Ist das eine staatliche Aufgabe?“ und „Haben wir die Mittel?“ Die Debatte über die erhöhten Bundeswehrausgaben läuft auf der linken Seite wieder total verquer.
Die äußere Sicherheit gehört noch vor den Zeiten der Antike zu den Kernaufgaben des Staates. Ein Gemeinwesen, der sein Gebiet nicht sichern und seine Bürger nicht vor Überfällen schützen kann, ist kein Staat. Der Ukraine-Krieg und die seit Jahren schwellenden territorialen Krisen zeigen, dass Deutschland, anders als andere Länder wie z.B. die USA, aber auch Großbritannien und Frankreich, sehr nachlässig war.
Das gilt nicht pauschal für den Bildungsbereich. Und die hier notwendigen Verbesserungen lassen sich leicht durch Akzentverschiebungen in den Haushalten erreichen. Nur: das will das linke Spektrum nicht. Sie halten nichts von Akzentverschiebungen, sondern nur von Steuererhöhungen und öffentlicher Verschuldung. Das ist die Standardantwort, die kaum variiert wird. Deutschlands Lehrer sind exzellent bezahlt und die Pro-Kopf-Ausgaben sind ebenfalls konkurrenzfähig. Woran es mangelt, sind Sachinvestitionen.
Doch warum ist das so? Nicht am Todsparen. Doch sobald in der öffentlichen Meinung Akzeptanz für einen Mangel entsteht, kommt als erstes die Forderung nach besserer Bezahlung. Mit dieser Strategie sind im letzten Jahrzehnt die Gehälter von Pflegekräften und Erziehern wesentlich schneller gestiegen als in der sonstigen Wirtschaft.
Das sei gegönnt. Nur, das eigentliche Problem waren doch angeblich schlechte Ausstattungen. Warum wandern dann fast sämtliche zusätzlichen Mittel in die Bezahlung des Personals? Die Pervertierung des Arguments haben wir wieder in der Pandemie erlebt: im öffentlichen Dienst wurde unter dem Beifall der publizierten Meinung Corona-Boni in deutlicher Höhe gezahlt. Doch anders als in der öffentlichen Wahrnehmung profitierten davon nicht maßgeblich besonders belastete Gruppen wie Pfleger, sondern die Verwaltungsleute, die die Beschwerden von Covid-19 im Home Office und freier Arbeitszeitwahl erlebten. Das ist pervers, nur laufen die Debatten über die öffentliche Finanzausstattung immer so.
@ Stefan Sasse 6. März 2022, 09:37
Kommt halt drauf an von was wir reden. Investitionen im Sinne von „moderate Neuerungen und hier da“ ließen sicher aus dem bestehenden Pool lösen. Investitionen im Sinne von „wir müssen in einem Herkulesakt die Versäumnisse von 30 Jahren wegräumen“ halt leider nicht. Ob Bundeswehr, ob Klimakrise, ob Bildungsinfrastruktur.
Was mich so stört, ist, dass es – unabhängig von den geleisteten Ausgaben, unabhängig von der Höhe der Steuerzuwächse – noch nie ‚genug‘ war. So wie man halbwegs ins Lot kommt, erfinden irgendwelche progressive Seelen neue Aufgaben, die unbedingt erledigt werden müssen, um „Gerechtigkeit“ herzustellen oder anderen ein „menschenwürdiges Leben“ zu ermöglichen. Dass es an irgendeiner Stelle so etwas wie Eigenverantwortung gibt, geben sollte, wird als Nachteil empfunden, den es zu beseitigen gilt.
Und als Lösungsansätze immer die zwei Narrative: Mehr Steuern für Reiche, mehr Schulden für staatliche Leistungen. Ich habe auch hier im Forum nie etwas anderes gehört – was für dumme Antworten auf nicht verstandene Probleme.
Ein Beispiel: Deutschland liegt mit 52,8 Mrd. Dollar auf Platz 7 der Länder mit den höchsten Militärausgaben. Israel liegt bei 27,5 Mrd. Dollar, also etwa der Hälfte. Glaubst Du, dass bei einem hypothetischen Kampf der beiden Armeen gegeneinander die Bundeswehr die Spur einer Chance hätte?
Ein weiteres Beispiel: Unser Bildungssystem benachteiligt diejenigen, die aus weniger finanzstarken Haushalten kommen. Was soll hier mehr Geld helfen, wenn das Konzept nicht stimmt?
Wenn ich ein Loch im Tank habe, ist ‚öfter Tanken‘ vielleicht eine bequeme Lösung, aber keinesfalls die beste.
Ne, darum geht’s mir grad gar nicht. Die Bildungsungerechtigkeit in Deutschland ist eine Frage von Struktur, nicht Finanzierung. Das hat einfach nur System.
Aber die krasse Unterausstattung der Schulen mit allem ist ein Problem, das mindestens drei Jahrzehnte alt ist. Das holst nicht mal eben mit ein paar Umschichtungen auf. Die Sonderfonds für Digitialisierungen („Digitalpakt“) sind ein Tropfen auf den heißen Stein, aber wir reden ja selbst von so simplen Sachen wie funktionierenden Toiletten, genügend Schreibmaterial im Lehrkräftezimmer, so Kram. Oder denk mal an Lüftung: https://tobias-schreiner.net/2021/08/01/lueftungsgeraete-statt-luftreiniger-ein-plaedoyer/
Erst einmal Zustimmung, auch zur Ergänzung von Stefan Pietsch.
Eine echte Zeitenwende.
Putin hätte es sich bestimmt nicht träumen lassen daß er als Nebenwirkung seiner Politik Deutschland so in die Realität zurückholt und zu einer riesigen Kurskorrektur bringt.
Ein paar Punkte:
– Die 100 Milliarden werden natürlich kurzfristig überhaupt nicht und mittelfristig nur zögerlich ausgegeben können. Ist aber nebensächlich – die waren ein politisches Signal und das ist auch im restlichen Europa gehört worden.
– Der aktuelle Schulterschluß zwischen Grünen und FDP ist bemerkenswert. Und hat wahrscheinlich hinter den Kulissen dazu beigetragen, daß Scholz eine so krasse Kehrtwende gemacht hat und parteiintern durchkriegen konnte.
Lindners Rede mit den „Freiheitsenergien“ ist parteiintern auf großes Befremden gestoßen, weil halt die praktischen Probleme bekannt sind. Aber er hat damit Habeck den Rücken gedeckt, wenn der demnächst der grünen Basis einige unangenehme Wahrheiten aufdrücken muß (z. B. die LNG-Terminals).
Innerhalb der FDP gab es diverse Mitgliederinitiativen (die in kurzer Zeit die nötigen Unterschriften für Mitgliederbegehren zusammenbekamen), um mehr Druck in der Koalition Richtung Sanktionen etc. zu machen. Breit diskutiert wurde auch, zusammen mit den Grünen der SPD mit einem Wechsel zu Jamika zu drohen. Mag gewirkt haben.
– Ich war in der letzten Woche bei verschiedenen Kundgebungen gegen den Krieg. Der jeweilige SPD-Vertreter hat vom Publikum erheblichen Gegenwind bekommen, wg. zu wenig Sanktionsbereitschaft und wg. Schröder. Diese Erfahrungen haben bestimmt viele SPD-MdBs bundesweit gemacht – wird auch gewirkt haben.
– Die „Friedensbewegung“ hat es zerlegt. Der harte Kern (der schon immer Moskau-orientiert war) hat Gegendemos gemacht, bei denen natürlich als erster Disclaimer der Krieg verurteilt wurde, aber ansonsten die üblichen Kreml-Lügen gebracht wurden, mit denen Putin diesen Krieg vorbereitet hat.
Aber die übrigen Gruppen (Jusos, Kirchen, Gewerkschaften …) die früher bei der „Friedensbewegung“ mitliefen und zu einem zahlenmäßigen Faktor machten – die sind umgeschwenkt und haben die demokratische Demo unterstützt (mit mehr als 1000 Teilnehmern). Bei der Gegendemo waren nur 40.
– Putin hat seinen Eroberungskrieg de facto schon verloren. Er hat nur wenig und unbedeutendes Territorium erobert, alle strategischen Ziele verfehlt und die Moral seiner Truppen zerkrümelt.
Und der Beleg dafür, daß er nicht mehr auf einen Sieg hoffen kann ist die Drohung mit der Atomwaffe. Nur mit dieser Option kann er sich noch im Spiel halten.
– Man kann jetzt nur hoffen daß die russische Elite ihn jetzt absägt. Das ist nicht unwahrscheinlich. Er hat zu viele Mißerfolge produziert und gefährdet die Zukunft des Landes (und das Vermögen der Mächtigen).
Und sie müssen nicht fürchten, daß Rußland nach Kriegsende größere Nachteile hätte (Riesenunterschied zum 20. Juli!). Ein Rückzug der Truppen (aus allen Gebieten außerhalb Rußlands!) wäre völlig ausreichend, damit eine neue Führung zu besten Konditionen wieder Außenpolitik betreiben kann.
Hoffen kann man. Sehr viel Begeisterung und Siegesgewissheit hier, wenig bi keine Folgenabschätzung. Hoffentlich ist meine Skepsis unbegründet.
Zitat R.A. :
„Lindners Rede mit den „Freiheitsenergien“ ist parteiintern auf großes Befremden gestoßen,“
Jetzt muss nur noch geklärt werden, ob die Tatsache, dass Lindner sich zum Papiertiger entwickelt, ne Gute oder ne schlechte Nachricht ist^.
Zitat:
„Breit diskutiert wurde auch, zusammen mit den Grünen der SPD mit einem Wechsel zu Jamaika zu drohen. Mag gewirkt haben.“
Die Abkehr von guten alten ideologischen Steckenpferden fällt wahrscheinlich allen schwer. Am besten, manfrau redet sich ein unsinniges Framing ein wie dieses. Die Grünen drohen der SPD im Schulterschluss mit ihren geliebten Lindner mit Merz. Na toll, glaub ich sofort^.
Zitat:
„Man kann jetzt nur hoffen daß die russische Elite ihn jetzt absägt“
Zustimmung, einschließlich vorletzter Absatz.
Das Problem IMHO: Es ist ein Diktator geworden – als Einzelperson, was es seit Stalin nicht mehr gegeben hat. Nach Stalin wurde das institutionell vermieden, obschon das System insgesamt selbstverständlich eine Diktatur war, der Obermacker (Erster Sekretär/Generalsekretär) indessen musste sich aber mit dem Politbüro abstimmen (selbstverständlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit) und konnte da im Extremfall auch in Ungnade fallen, wie Chruschtschow ’64, der nicht erschossen wurde sondern hernach friedlich seine Rente geniessen konnte.
Das ist jetzt womöglich anders. Putin ist – was bei Diktatoren als Einzelperson fast normal ist – völlig verrückt geworden – sag ich mal; das ist natürlich wie alles umstritten. Die dicken Backen sehen zwar verdächtig nach Cortison-Behandlung aus, aber außer im Kopf isser anscheinend noch ausreichend gesund. Stalin wurde knapp 75, da hätte er noch 5 Jahre.
Bei den A-Bomben war ja immer die berechtigte Bedenklichkeit: Was passiert eigentlich, wenn mal jemand, der nicht mehr Herr seiner Sinne ist, an den roten Knopf rankommt? Die Stiefellecker sitzen an langen Tischen oder auf schmalen Stühlchen zusammengekauert, Putin entfernt am Kopfende und das einschl. Zur-Sau-machen öffentlich vorgeführt. Das is schon was.
Ganz richtig m.E. die Überlegungen im letzen Absatz zum Absetzen von Putin. Es entsteht die Frage, ob außer verhaften – was allerdings eine Art Stauffenberg-Truppe voraussetzt – und am besten gleich erschiessen in dieser Sache überhaupt ein Verfahren vorstellbar ist.
– Guter Punkt zur Dynamik mit Lindner und Habeck.
– Ich halte die Nachrufe auf Putins Krieg für viel zu verfrüht.
– Hoffnung stirbt zuletzt, aber ich hab wenig davon.
Vielen Dank für die umfassende Einordnung. Auch ich war sehr überrascht über die Geschwindigkeit mit der Axiome deutscher Sicherheits- und Außenpolitik verschoben wurden.
Natürlich nicht ganz freiwillig. Berlin bedurfte am Ende eines deutlichen Fingerzeigs aus Polen um den Widerstand gegen Russlands SWIFT Ausschluss aufzugeben. Am Ende war die größte Volkswirtschaft der größte Zauderer und es wäre beinahe zur Voll-Blamage gekommen, nachdem auch Ungarn eingeknickt war. Scholz mag vieles sein, aber er ist kein Leader, da kann er noch so schöne Regierungserklärungen halten. Lindner und Baerbock gelang es mühelos ihm die Schau zu stehlen.
Ich bin sehr gespannt welche personellen Veränderungen diese Zeitenwende nach sich ziehen wird. Für die Herkulesaufgabe Bundeswehr Erneuerung ist in meinen Augen die aktuelle Verteidigungsministerin nicht geeignet. Zumal sie als Angehörige der SPD Linken eben zu jener Friedensfraktion gehört, die gestern ziemlich nonchalant abgeräumt wurden. Auch der Fraktionsvorsitzende Mützenich ist in dieser Situation der falsche Mann und ein Klotz am Bein der Regierungsfraktion. Seine Einschätzungen und Beschwichtigungen haben sich überholt, ob er wenn es ruppig wird die Fraktion auf Kurs halten kann ist sehr fraglich.
Spannend waren die Festlegungen die Scholz machte: Ein ja zu FCAS, dem neuen Flugkampfsystem (und potenzielles Milliardengrab). Ein Ja zu der Beschaffung der F35 und damit der nuklearen Teilhabe. 100 Mrd Sondervermögen, die aber verpuffen, wenn die Truppe a) nicht strukturell neu aufgestellt wird und b) die Chimären sicherheitspolitischer Luftschlösser (*hust* Flugzeugträger *hust*) erfüllt werden.
Es gilt jetzt erstmal zu hoffen, dass die Einigkeit des Westens erstmal ausreicht, den Krieg einzudämmen. Inzwischen graut mit ein Szenario, in dem aus dem Ukrainekrieg eine handfeste Destabilisierung Russlands wird. Im besten Fälle behält die Ukraine Ihre Unabhängigkeit, stimmt der Finnlandisierung zu und erkauft sich eine priviligierte Partnerschaft mit EU mit leichten Gebietsverzicht im Osten. Im schlimmsten Falle wird es ein zunehmend eskalierender Krieg, der sukzessive in einen russischen Bürgerkrieg führt. Bei aller Solidarität für die Ukraine, die Offenheit, mit der der Westen nun Kriegsgerät bereitstellt, z.B in Form von Flugzeugen, kann zu unkalkulierbaren Seiteneffekten führen. Der gefährlichste Gegner ist jener der sich verwundet in die Ecke gedrängt sieht.
Apropos Seiteneffekte: Es ist schön zu sehen, dass die Osteuropäischen Länder betreffend Flüchtlinge aufgeschlossen sind. Aber diese sind nur die Spitze des Eisbergs. Durch den Krieg fallen zwei extrem wichtige Getreidelieferanten weg. Die Zeche zahlen die Menschen in Afrika und damit steht die nächste Welle schon vor der europäischen Tür, wenn Europa nicht ganzheitlich handelt und auf sein Umfeld achtet. Die Leerstelle in Mali wird auch gefüllt werden müssen. Es gibt viel zu tun.
Scholz mag vieles sein, aber er ist kein Leader, da kann er noch so schöne Regierungserklärungen halten.
Nur weil Scholz kein brillianter Redner ist, heißt das nicht, er wäre kein Leader. Dass er über den notwendigen Killerinstinkt verfügt, hat der Hanseat oft bewiesen. Kurz vor Kriegsausbruch hat er Putin Kontra auf offener Bühne gegeben, sich nicht einlullen lassen. In den USA hat er sich zur Erklärung seiner Politik 20 Minuten auf Englisch von ausgebufften Journalisten grillen lassen.
Noch vor zwei Wochen wollte Finanzminister Lindner den Wehretat auf dem Niveau von 2021 einfrieren, was real eine Kürzung bedeutet hätte. Vor Tagen lehnte der SPD-Fraktionsvorsitzende Mützenich stellvertretend für seine Partei eine Erhöhung der Militärausgaben ab. Scholz hat in aller Härte seine Neupositionierung durchgezogen und seine Partei kann nur mittun.
Man sagt, daß jede Krise Ihren Helden gebärt.
Scholz hat lange gezögert- am Ende jetzt aber auch eine gravierende Regierungserklärung abgegeben. Jetzt gilt es aber auch diese Regierungserklärung umzusetzen.
Bis zu dieser Erklärung gab Scholz eher selten eine gute Figur ab. Verschwunden war der hintergründige, durchaus auch schlagfertige Kanzlerkandidat. Kaum im Amt schien der alte Scholz wieder da zu sein. Seine ersten Auftritte waren meist von monotoner Rhetorik. Seine Regierungserklärung als Kanzler wäre ein Bestseller als Hörbuch zum Einschlafen. Wenn die Krise ihn aufgeweckt hätte, das wäre ein Glücksfall.
Er wird nun zeigen müssen, ob er das Zeug zum Staatsmann hat. Ich gönne es uns vom Herzen, aber der Friedensflügel in der SPD mag zwar aktuell von der Entwicklung überrollt sein, aber sie wird sich wieder sammeln.
Helden? Geht’s auch eine Nummer kleiner?
@ Stefan Pietsch 28. Februar 2022, 22:47
Nur weil Scholz kein brillanter Redner ist, heißt das nicht, er wäre kein Leader.
Denke auch, dass er aufgrund seiner nach außen ruhigen Art kräftig unterschätzt wird. Immerhin hat er es trotz widrigster Ausgangsumstände bis zum Kanzler gebracht 🙂
Ja, aber da haben ihm Laschet und Baerbock schon echt dabei geholfen 😀
Muss man nicht so sehen. Ein Wahlkampf ist dafür vorgesehen, damit sich die Wähler ein Bild von den Kandidaten machen können, über ihre Stressrestistenz, über ihre Fähigkeit die richtigen Entscheidungen treffen zu können, über die Persönlichkeit.
Das sind Fähigkeiten und Eigenschaften, die man nicht über Nacht erlernen kann, manches gar nicht. Scholz hat sich in diesem Contest als kanzlertauglich gezeigt, seine Konkurrenten nicht. Der demokratische Wähler entscheidet oft klug.
@ Stefan Pietsch 1. März 2022, 17:20
Muss man nicht so sehen.
Da bin ich bei Dir. Welcher andere SPD-Kandidat hätte bei gleicher Unterstützung den Kanzler geschafft?
Auch ein Land wie Deutschland hat nicht kanzlertaugliche Kandidaten wie Sand am Meer rumliegen. Scholz hat sich als der einzige herausgestellt, dem man den Job zutrauen konnte. Selbst wenn man den Fokus weitet, muss man fragen, ob Söder wirklich Kanzler gekonnt hätte.
Und wie sähe es aus, wenn Scholz zurücktreten müsste oder er nicht mehr in der Lage wäre, das Amt auszuüben? Vielleicht hätten Habeck und Lindner Kanzlerfähigkeiten, aber die sind Mitglieder kleiner Parteien. Bei der SPD fällt mir auch nach einer Stunde Nachdenken niemand ein. Merz traut sich den Job zu, aber anders als Scholz hatte er es trotz seiner 66 Jahre nie bewiesen, eine Administration führen zu können.
@ Stefan Pietsch 3. März 2022, 17:15
Auch ein Land wie Deutschland hat nicht kanzlertaugliche Kandidaten wie Sand am Meer rumliegen. Scholz hat sich als der einzige herausgestellt, dem man den Job zutrauen konnte.
Selbst wenn man den Fokus weitet, muss man fragen, ob Söder wirklich Kanzler gekonnt hätte.
Ich hätte es Markus Söder oder Friedrich Merz eher zugetraut als Scholz oder Laschet, aber – „hätte, hätte, Fahrradkette – wer will das im Nachgang mit Sicherheit beurteilen können? Ich nicht, zumal ich Scholz‘ Kanzler-Tauglichkeit nur laienhaft, innerhalb des aktuellen Regierungsbündnisses und anhand der Umstände beurteilen kann.
Hätte Putin nicht angegriffen? Wäre der Westen weiterhin zerstritten? Könnte Scholz seine Stärken dann ähnlich ausspielen?
Was ich sehe, ist, dass die SPD der FDP und den Grünen vergleichsweise viel Luft gibt; ein Ansatz, der weitgehend von Robert Habeck im Vorfeld der Regierungsbildung geprägt wurde, an den sich alle halten. Und jede Regierungspartei schluckt ihre Kröten öffentlichkeitswirksam und macht klar, dass man damit dem Partner entgegenkommen will, entgegenkommen muss. Merkel hätte alles langsam abgewürgt …
Ich bin mir noch nicht sicher, ob es ein Zeichen von Schwäche oder von Stärke ist, dass diese Koalition je nach Thema unterschiedliche Führungskräfte hat. Vermutlich beides gleichzeitig; jedenfalls scheint es zu funktionieren.
Vielleicht hätten Habeck und Lindner Kanzlerfähigkeiten, aber die sind Mitglieder kleiner Parteien.
Robert Habeck: Sicherlich, der Mann hat Format, Ausstrahlung und Persönlichkeit, er kann mitnehmen und lässt anderen ihre Spielwiesen. Christian Lindner traue ich es auch (aber noch nicht in dem Maße) zu; hier würde ich ihm gerne noch etwas Erfahrung als Finanzminister gönnen. Aber ich kenne Robert Habeck nicht persönlich, und Christian Lindner nur sehr oberflächlich über zwei kurze Kontakte; meine persönlichen Vorstellungen und Hoffnungen spielen hier also eine große Rolle.
Bei der SPD fällt mir auch nach einer Stunde Nachdenken niemand ein. Merz traut sich den Job zu, aber anders als Scholz hatte er es trotz seiner 66 Jahre nie bewiesen, eine Administration führen zu können.
Ja, dürftig. Die SPD hat einen potentiellen Kandidaten, die Union mit Merz und Röttgen eventuell zwei; die CSU hat Söder, dessen lautere Art man schätzen oder ablehnen kann. Wirklich dürftig.
Die Grünen hatten Baerbock. Da zeigt sich gerade, dass die wesentlich mehr auf der Platte hat als angenommen wurde.
Schon klar, fällt eine Frau nicht mit Peinlichkeiten in Serie auf, ist sich gleich für alles geeignet. Super!!!
Erstens, der Satz muss korrekt lauten:
Da zeigt sich gerade, dass die wesentlich mehr auf der Platte hat als sie bisher gezeigt hat.
Baerbock hat einen desaströsen Wahlkampf geliefert für ein Amt, das sie unbedingt haben wollte. Sie hat nicht nur gezeigt, dass es in ihrem Lebenslauf doch noch an einigem an Lebenserfahrung fehlt, sondern dass sie auch große Schwierigkeiten hat, sich außerhalb ihrer Community zu bewegen.
Sie hat bisher im Amt gezeigt, dass sie bereit ist, aus ihren Fehlern zu lernen. Sie kommuniziert besser. Sie hat politisches Gespür entwickelt bzw. verbessert. Sie hat ihre Weinerlichkeit gestrichen. Das alles hebt sie sehr angenehm von ihren Vorgängern ab, es macht sie zu einer sehr positiven Erscheinung der neuen Bundesregierung. Zur kanzlertauglichen Politikerin machen ein paar Wochen gute Presse sie noch lange nicht.
Du und Ariane dreht einfach um, was Frauenaktivisten oft Männern zum Vorwurf gemacht haben: Nur ein paar gute Sätze und schon ist jemand ein Überflieger. Claudia Roth war schon nach wenigen Tagen völlig aus dem Häuschen anlässlich der Wahl der neuen Parteispitze, da jubelte sie in einem fort: Baerbock! Baerbock! Die Ansprüche an Frauen sind bei manchen wirklich extrem niedrig. Kein gutes Zeichen.
Scholz hat außerordentlichen innerparteilichen, koalitionären sowie gesellschaftlichen Mut bewiesen. Vor allem hat er schon zuvor bewiesen, dass er nicht nur ankündigen, sondern auch durchsetzen kann. Das ist nämlich das entscheidende Kriterium in der Exekutive und das ist um so höher zu bewerten, je größere Widerstände ein Politiker dafür überwinden muss.
So gut die Haltungsnoten für Baerbock sind – durchgesetzt hat sie noch gar nichts. Und als sie noch Kandidatin war, bremste sie ihren Co Habeck aus, als dieser in der Ukraine mit dem Mantra brach, Waffen ggf. auch in Krisengebiete zu liefern. Und so wie es von Hauptstadtjournalisten heißt, waren es nicht Habeck und Lindner, die für die massive Ausweitung des Wehretats ihr Veto einlegten, sondern Baerbock, die zögerte.
Wir hatten 16 Jahre eine Politikerin an der Spitze, die vor allem Haltungsfragen bediente, aber das Land in einem schlechten Zustand hinterlassen hat. Wir brauchen zur Abwechslung Politiker, die nicht als erstes auf Umfragewerte und den Applaus ihrer Community schauen.
Das alles hebt sie sehr angenehm von ihren Vorgängern ab …
Ich habe gerade grosse Schwierigkeiten, mir eine noch niedrigere Messlatte überhaupt vorzustellen :-).
Gruss,
Thorsten Haupts
True that. Aber ist halt auch hilfreich, wenn deine Vorgänger solche Pfeifen waren.
Scholz ist ein Mann der Exekutive. Wenig überraschend hat er den Großteil seiner politischen Karriere in Regierungsverantwortung zugebracht. Bei Merz und Röttgen ist es genau anders herum. Seine Schwäche in einem ziemlich ausgeglichenen Profil ist seine öffentliche Darstellung. Er ist ein sehr schlechter Redner und er kann Emotionalität nicht transportieren. Aber er ist ein entscheidungsfähiger und entscheidungswilliger Politiker – und das ist selten geworden wie in der Gesamtgesellschaft.
Habeck hat in seiner ersten Entscheidung als Bundeswirtschaftsminister einen brutalen Anfängerfehler begangen. Wäre der Krieg nicht passiert, hätte er daran noch länger zu knabbern gehabt. Lindner geht vorsichtig, aber systematisch an seine umfangreiche Aufgabe heran und fällt deswegen bisher öffentlich nicht so auf. Ich bin sicher, das ändert sich bald.
Ich wiederhole mein erstes Statement zur neuen Regierung: die Koalition ist maximal kompliziert. Da sitzen NoCovid-Anhänger neben unbedingten Freiheitsfreunden, Befürworter deutlicher Steuersenkungen neben Anhängern deutlich steigender Belastungen und jetzt Vorreiter der Aufrüstung neben eingefleischten Pazifisten. So ist die dominierende Geschichte im politischen Berlin, dass Olaf Scholz seine Kehrtwende hauptsächlich mit Christian Lindner, weniger mit Robert Habeck, kaum mit Baerbock und seiner Partei abgestimmt habe und den Oppositionsführer Friedrich Merz in seine Pläne eingeweiht habe, während seine eigene Koalition im Dunkeln blieb.
Allerdings gibt es keine Alternative zu dieser Koalition und keine Alternative zu Olaf Scholz.
Aus gutem Grund gibt es die Goldene Regel, einer neuen Regierung eine 100-Tage-Frist zu geben, bevor sie einer ersten Bewertung unterzogen wird. Gerade ein Regierungschef – also auch ein deutscher Bundeskanzler – muss in den ersten Wochen im Amt sehr viel aufnehmen und lernen. Er ist ja kein Ressortchef, sondern steht für das Ganze. Er wird in den umfangreichen Sicherheitsbereichen gebrieft (insbesondere von den Geheimdiensten), wird einem Schnellkurs in Diplomatie unterzogen und bekommt Ordner voll Fakten aus allen möglichen Politikbereichen, die er kennen muss.
Kein Bundeskanzler hat gleich in den ersten Tagen Bella Figura gemacht. Gerhard Schröder erschien in seinen ersten Wochen im Amt ebenfalls als schwach, Oskar Lafontaine beherrschte die Szenerie. Angela Merkel war ihre Unsicherheit bei den ersten Auftritten auf diplomatischem Parkett anzumerken.
Fakt ist, Scholz hat in einer komplizierten Lage die schwierigste Koalition der deutschen Nachkriegsgeschichte gezimmert, dazu strikt den Zeitplan und festgelegte Prinzipien (Verschwiegenheit, keine Wochenend- und Nachtarbeit) eingehalten. Auch wenn es uns Beobachtern nicht passt: seine indifferente Position zu Nord Stream 2 war damals ebenso angemessen wie seine Zurückhaltung beim Corona-Thema. Vom Schreibtisch aus, ohne jede Verantwortung, lässt sich immer leicht urteilen.
Nein, die letzten Tage haben sehr wohl gezeigt, dass Scholz fähig (und willens) ist, klar entscheiden und führen zu können.
Der größte Zauderer zu sein hat uns in der Vergangenheit, Fingerzeit aus Polen hin oder her, nie gestört. Genauso wenig wie sich Polen daran stört, auf anderen Gebieten der große Zauderer zu sein. Das war schon ein Wandel sui generis.
Ich würde die Personalien eher andersrum sehen: gerade die hervorgehobene Stellung von Lambrecht und Mützenich bindet die in die Kabinettsdisziplin ein und verhindert damit Querschüsse von links.
Ich sehe Putin diesen Krieg einfach nicht verlieren. Die Ukraine wehrt sich tapfer, und der Westen ist vereint wie lange nicht mehr, aber das hilft der Ukraine, fürchte ich, nicht viel.
Die osteuropäischen Länder sind Flüchtenden nicht aufgeschlossener als vorher. Polen hat etwa alle Flüchtenden aus der Ukraine, die keine weiße Haut hatten, an der Grenze aufgehalten. Das sind genauso rassistische Regime wie vorher.
Und gerade bei Lambrecht hilft das Dasein als Verteidigungsministerin auch, da nicht in irgendwelche Tagträumereien zu verfallen. Weiß jetzt auch nicht, warum sie besonders ungeeignet wäre, die ist nicht so geirrlichtert wie Mütze, der jeden Tag irgendwie ins andere Extrem fällt.
Ich sehe Putin diesen Krieg einfach nicht verlieren. Die Ukraine wehrt sich tapfer, und der Westen ist vereint wie lange nicht mehr, aber das hilft der Ukraine, fürchte ich, nicht viel.
Ich auch nicht, allerdings auch nicht schnell gewinnen. Meine Befürchtung ist auch, dass das jetzt auf beiden Seiten (also Russland und Ukraine/Westen) ein Zermürbungskampf wird und das kann durchaus auch sehr lange dauern :/ Die Sanktionen, Gegenwehr wird nicht aufhören – selbst wenn die Ukraine komplett kapituliert und Putin wird weder aufhören, noch in Kürze gestürzt werden oder ähnliches. So etwas dauert seine Zeit. 🙁
Für Dich können Frauen in Ämtern nichts falsch machen, gell?
Christine Lambrecht war Justizministerin und war als Innenministerin in der Verlosung. Beides lag ihr nach eigenem Bekunden, ihrem Studium und nach ihrem politischem Engagement. Aber, hey, dann kann sie auch Verteidigungsministerin oder Finanzministerin, eventuell EZB-Chefin oder Bundeskanzlerin. Warum nicht?
Für Dich können Frauen in Ämtern nichts falsch machen, gell?
Genau, das wirds sein! *augenroll*
Ich hätte am liebsten AKK behalten oder meinetwegen auch Strack-Zimmermann, aber ist nun mal nicht. Und ich sehe auch absolut kein Anzeichen, dass Lambrecht ungeeignet ist. Auch nicht, dass sie geeignet ist, ich habe schlicht noch keine Ahnung. Sie ist mir bisher weder positiv noch negativ in ihrem Job aufgefallen. (und ich hätte übrigens auch nicht gedacht, dass AKK so einen guten Job macht, die vermutlich auch nicht gedient hat und einem auch nicht spontan eingefallen wäre.) Ich glaub als der beste Verteidigungsminister davor galt Struck, (da hab ich keine Ahnung, ob der vorher so als logische Wahl erschien) Mein Punkt ist schlicht, dass man das vorher oder auch nach so kurzer Zeit schlicht nicht sagen kann.
Ich weiß nicht, wo Du je eine Politikerin kritisiert hättest, schon gar nicht so wie ihre männlichen Kollegen. Du hast da ein sehr schräges Verständnis von Gleichberechtigung.
Du stehst auf der Seite von AKK, weil sie ein paar Mal mea culpa gesagt hat. Sorry, Ariane, das zählt nicht zur Kernkompetenz von Ministerin. Ihr Job ist ein anderer. Das, was AKK im Amt gemacht hat, hat sich als falsch herausgestellt. Anders beschrieben: Inkompentenz höchster Ordnung, was sie sich ja im Grunde selbst bescheinigt hat.
Das ist ihr nur zum Teil vorzuwerfen. Sie wurde auf ein Amt geschoben, weil sie irgendwas in Exekutivfunktion tun sollte und gleichzeitig einen Parteikonkonkurrenten ausbremsen wollte. Für die Führung eines der schwierigsten Ministerien hatte sie, die nicht einmal die eigene Parteizentrale in den Griff bekommen hatte, keinerlei Befähigung.
Leider ist das mit Christine Lambrecht ganz genauso. Sie hat keine Ahnung vom Fach und bei der ersten politischen Frage blamierte sie sich vor der Weltöffentlichkeit. Von einer erfahrenen Politikerin – ihrer Kernkompetenz – kann man erwarten, dass das Anpreisen von 5000 Helmen als wichtiger Verteidigungsbeitrag eine Lachnummer par excellence ist. Sie tat es dennoch. Damit hat sie nicht nur die Bundeswehr, sondern auch unser Land zum Gespött der Weltöffentlichkeit gemacht. Das ist unverzeihlich.
Sie selbst hat keine Ahnung vom Fach. Und was macht sie als Außenstehende? Sie holt sich einen Zirkel von Vertrauten aus dem Justizministerium, die ebenfalls keine Ahnung vom Militär haben. In ihrem ersten Interview als Verteidigungsministerin sah sie es als ihre wichtigsten Kernanliegen an, gegen rechtsextremistische Tendenzen in der Bundeswehr vorzugehen und einen weiblichen General im Amt zu erleben. Das ist ungefähr so, als würde sich der Vorstand von Philip Morris hauptsächlich darum sorgen, ob auch genügend Nichtraucher im Konzern beschäftigt seien.
Zahlreiche hochrangige Soldaten gehen derzeit an die Öffentlichkeit, das sichtbare Zeichen, dass Lambrecht weder den Respekt der ihr Untergebenen genießt noch ihr Haus im Griff hat. Und das ist bisher der miserabelste Zwischenzeugnis, das man einem Minister geben kann.
Ja. Dieses Amt als koalitionspoltische Verschiebungsmasse zu behandeln, ist ein schwerer Fehler. Auch von Scholz. Wenn er wirklich so gut ist, wird er das korrigieren.
Der letzte Verteidigungsminister vom Fach war Wörner, 1982.
Ich sehe Putin diesen Krieg einfach nicht verlieren.
Oh, ich schon, nur eben nicht kurzfristig, das kann Jahre dauern.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ja, aber da verliert er den Frieden, nicht den Krieg. Wie die USA in Irak und Afghanistan.
Jep, das halte ich auch für möglich.
Es ist mir ein Rätsel, wie er den Frieden überhaupt noch gewinnen will und auch beim Krieg bin ich mir nicht mehr so sicher. Selenskyj ist durch seine Weigerung Kiew zu verlassen und stattdessen die sozialen Medien dauerhaft damit zu beschallen, wie er vor Ort arbeitet und mit der Welt sich verbündet zu einer echten Integrationsfigur geworden, die den Russen wehtun wird, egal ob er lebt (als Regierungschef, Widerstandskämpfer oder Exilant) oder umgebracht wird (als Märtyrer).
Dazu ist scheinbar weder die russische Bevölkerung (Gerede von der speziellen Operation) noch die russische Armee auf einen Krieg gegen das verehrte Brudervolk vorbereitet. Und es gibt schon Hinweise, dass auch die Armeeführung die Logistik vernachlässigt hat.
Alles in allem bin ich mir nicht sicher, ob die Russen tatsächlich in der Lage sein werden, die beiden Großstädte Kiew und Charkiw einzunehmen und zu „befrieden“, bevor es zu größeren Probleme / Desertationen in der Armee oder Protesten in Russland kommt. Man kann die Städte schon niederbomben, aber das kann man dann vor der heimischen Bevölkerung dann nicht mehr verheimlichen, insbesondere dann nicht, wenn es mehr als 100.000 eigene Soldaten sehen.
Die Zeit geht über vieles hinweg. Und Social Media Phänomene sind legendär kurzlebig. Ich würde die russische Position nicht vorzeitig abschreiben.
Abschreiben will ich die Russen nicht, einen konventionellen Krieg gewinnen Sie irgendwann ziemlich sicher.
Die Frage ist, wie die russische Bevölkerung darauf reagieren wird, wenn die Städte des Brudervolks irgendwann aussehen wie Grozny Ende der 90er. Und diesmal gab es keine Terroranschläge und terr
Das schlimme ist: wir werden es wahrscheinlich bald erfahren.
Stefan Sasse: Die osteuropäischen Länder sind Flüchtenden nicht aufgeschlossener als vorher. Polen hat etwa alle Flüchtenden aus der Ukraine, die keine weiße Haut hatten, an der Grenze aufgehalten. Das sind genauso rassistische Regime wie vorher.
Lemmy Caution: Kann man hier nicht mal fünfe gerade sein lassen und uns erstmal über die osteuropäische Solidarität freuen?
Die Farbigen können wir dann übernehmen. Einmal durch Polen mit der Bahn fahren, dürften die ja erlauben.
Wir müssen jetzt Differenzen einfach mal hinnehmen.
Ich warne nur vor falschem Optimismus.
So war das nicht gemeint.
Weiss nicht, ob ihr das nachvollziehen könnt.
Aber angesichts des Wahnsinns lasse ich mir morgens als erstes immer die Artikel von fakt.pl von chrome übersetzen. Es scheint sowas wie die polnische Bildzeitung zu sein und es spricht mich emotional an. Intellektuell teile ich nicht unbedingt die dort vertretenen Meinung, wie etwa, dass Diebe an einen Pfahl binden als gute Idee verkauft wird. Die sind aber in jeder Hinsicht näher dran.
Und was die russische Regierung aktuell der Ukraine antut ist unbestritten psychopathischer Irrsinn. Es hat für mich eine tiefe emotionale Ebene.
N.B.: Wer sich für die russischen militärischen Kapazitäten, die ihr zugrundeliegende Strategie und die Integration des Militärs in Russlands Aussen- und Sicherheitspolitik interessiert, dem empfehle ich den nachfolgenden, englischsprachigen Artikel von 2017:
https://carnegieendowment.org/2017/05/03/assessing-russia-s-reorganized-and-rearmed-military-pub-69853
Er enthält interessanterweise bereits Hinweise darauf, wie und warum Russland die Ukraine jetzt angriff ebenso, wie wertvolle Hinweise auf die Grenzen russischer Macht, für die insbesondere westliche Entschlossenheit wichtiger sind, als westliche militärische Nischen-Kapazitäten.
Gruss,
Thorsten Haupts
Nun ja. Da sind viele interessante Details im Artikel – aber insgesamt haben die aktuellen Ereignisse vieles nicht bestätigt.
Insbesondere die hochgelobten Kampferfahrungen der russischen Truppen auf den diversen Schauplätzen Putin’scher Kriegsführung waren wohl unzureichend: Das ging halt im wesentlichen gegen Gegner, die weitgehend wehrlos waren.
Auch ignoriert der Artikel weitgehend die (traditionellen) logistischen Defizite der russischen Armee. Einige tausend Kämpfer 2014 in der Ostukraine zu versorgen ist recht wenig – aktuell zeigt sich daß den russischen Truppen schon bald nach der Grenze der Nachschub ausgeht.
Offenbar hat sich niemand in den letzten Jahren mit der Analyse der ukrainischen Armee beschäftigt. Die galt wohl allgemein als vernachlässigbar, weil sie 2014 in Unterzahl, überrascht und schlecht organisiert und bewaffnet gegen die Angreifer verloren hat.
Dabei konnte man schon damals sehen, daß die Ukrainer nach dem Anfangsschock eigentlich ziemlich zäh und erfolgreich gekämpft haben. Trotz der schlechten Rahmenbedingungen ist es Putin ja damals nicht gelungen, mehr als die Hälfte der beiden Oblasts zu erobern.
Und seitdem haben die Ukrainer jahrelang Zeit gehabt sich vorzubereiten. Und natürlich kennen sie die russische Armee und ihre Methoden sehr gut. Sie haben offenbar auch die Angriffsmethode gut einschätzen können und der als „shock and awe“ gedachte russische Erstangriff war wohl weitgehend ein Flop.
Ja. Eine gewisse Überschätzung des russischen Potentials ist bei westlichen Militärexperten normal – die extrapolieren immer, was eine professionelle, sagen wir britische, Armee mit der russischen Ausrüstung anstellen würde. DEN Fehler mache ich nicht – die Russen wie nach russischen (d.h. bisher sowjetischen) Masstäben ausgebildete Armeen können nur mit erheblicher materieller Überlegenheit überhaupt erfolgreich kämpfen (erheblich wie deutlich > 3:1). Der Artikel war nur interessant im Hinblick auf Kapazitäten und der Einschätzung, wie und wozu diese wohl eingesetzt würden.
Gruss,
Thorsten Haupts
2. NB:
An die von Stefan Sasse proklamierte Zeitenwende glaube ich ernsthaft erst dann, wenn sich der sicherheitspolitische Diskurs sichtbar und öffentlich fundamanteal ändert. Statt küchenpsychologischer Überlegungen über Putins Absichten, Bösartigkeit oder Bedrohungs“gefühle“ müsste eine nüchterne Diskussion über Kapazitäten und sich daraus ergebende Aktionsmöglichkeiten des Gegners sowie die (präventiven) Reaktionsmöglichkeiten Europas und der USA auf diesen Gegner treten. Die sehe ich nirgendwo in Deutschland. Wenn sich deutsche Aussen- und Sicherheitspolitiker öffentlich äussern, erinnert das eher an Selbsterfahrungsdiskussionen in links-esoterischen Wohngemeinschaften westdeutscher Studenten der achtziger. Nur, wenn sich auch das ändert, wird die „Zeitenwende“ wirklich zu einer solchen, andernfalls wird sie heisse Luft bleiben.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich habe bereits eingangs geschrieben, dass nichts so heiß gegessen wie gekocht wird. Aber der rhetorische Wandel allein ist bemerkenswert, ebenso die bisher ergriffenen Maßnahmen.
Hallo zusammen,
ich schmöker hier im dd seit einiger Zeit mal mehr und mal weniger oft und war auch sehr gespannt, was Stefan Sasse für eine Einschätzung abgibt. Leider bleibt der Artikel m.E. deutlich hinter deinem sonst erfreulich hohem Niveau zurück. Mit deinem ersten Eindruck von Donnerstag „Putin trägt die Alleinschuld, er ist der Aggressor, es ist der Bankrott deutscher und europäischer Außenpolitik“, hattest du die Sache so präzise wie prägnant auf den Punkt gebracht. Nach meiner ersten Betrachtung hatte ich das Gefühl, dass dir das heute nicht gelungen ist. Als ich dann auch noch Stefan Pietschs Kommentar spontan zustimmen wollte, wurde ich völlig skeptisch und habe mir mal die gestrige Debatte angesehen. Dabei ist mir mein Optimismus leider vergangen…
Ja, unsere Regierung hat mit hanseatischem Charisma – das mir als Westfale durchaus sympathisch ist – eine Kurskorrektur vorgenommen, die so bitter wie nötig ist.
Ja, die Vorzeige-Minister*innen fällen die akut notwendigen Entscheidungen und finden passende Worte.
Aber sonst?!? Hätte man von einem 700-Topverdiener*innen-Plenum nicht etwas mehr erwarten können?
Im Wesentlichen gab es folgende absolut richtige Feststellungen:
1. Putin ist Schuld
2. Die Ukraine ist das Opfer, wir müssen sie unterstützen
3. Wir sind nicht wehrhaft und von russischen Rohstoffen abhängig
4. Aufrüstungswettrennen haben noch nie zu Frieden geführt
Letzterer Punkt ist eine Außenseitermeinung der LINKEN gewesen und steht natürlich in völligem Widerspruch zu 3. Leider machen diese Einwände das Argument nicht falsch.
„Für meine Partei, die LINKE, räume ich in aller Deutlichkeit ein, dass wir die Absichten der russischen Regierung falsch eingeschätzt haben.“ Nur eine Partei hatte die Eier, ihre Bankrotterklärung offen auszusprechen. Alle hätten es bedurft! Ist es Zufall, dass die Reaktionen im Journalismus ähnlich sind? Gab es einen vergleichbaren Artikel in einem konservativen oder liberalem Blatt, wie diesen hier? (https://taz.de/Deutschlands-Fehleinschaetzung-von-Putin/!5834219&s=beschissener+donnerstag/)
Ich glaube nicht, dass der gestrige Tag Anlaß gibt, linkenbashing zu betreiben. Auch der von Stefan mitgereichte Link ist hier fehl am Platz. Es handelt sich um eine klare Verurteilung der Anerkennung der Separatisten-Gebiete durch Russland. Ja, da sind auch wieder klare Klugscheißerein drin, die man sich vermutlich gespart hätte, wenn man die Gemütlichkeit der Oppositionsbank nicht so gewohnt wäre. Aber letzte Woche Dienstag war das noch die Staatsräson: „Trotz der Fehlentscheidung Russlands muss es weiter um Konfliktentschärfung statt um weitere Eskalation gehen. Realpolitik verlangt, einen Umgang mit Russland zu finden, der gerade jetzt den Frieden in ganz Europa sichert. Endlich müssen alle Seiten zu Diplomatie und Völkerrecht zurückkehren.“ Oder etwa nicht?!?
Ganz Gegensätzlich dazu gab es von den Einheimischen nur Empathie mit Russland und bräsige Klugscheißerei. Ich war da schon fast überrascht, dass dort keine zweite Regierungserklärung aus Moskau vorgelesen wurde.
Diese beiden Enden unserer parlamentarischen Sitzordnung auf ein Niveau zu setzen ist doch grotesk! Und eine Unverschämtheit, dass dies dann doch wieder von der CDU gemacht wird. Selbst in so einer Situation sitzt die Parteiräson so tief, dass auf Inhalte überhaupt nicht mehr geachtet wird. Mehrere Redner griffen ihre Gewohnheitsgegner in einer Art an, die wohl höflicher war als sonst. Keine Namen, keine konkrete Schuldzuweisung, nur der dezente Hinweis, Hr Merz, dass man auf die Schuldzuweisung verzichtet. Was für eine bräsige Folklore!
Auch wenn eine informelle Koalition es hier in Deutschland noch hinbekommt etwas Schadensbegrenzung zu treiben, so glaube ich nicht, dass das zusätzliche Geld für die Rüstung unsere anderen Probleme nicht völlig eskalieren lassen: Klimakatastrophe (da gibt’s zum Glück ein paar Synergien), Bildungsmisere, Infrastrukturinfarkt, Pflegenotstand, soziale Ungerechtigkeit… Die Liste wird immer länger.
„Die Sanktionen, die wir beschlossen haben, diese Sanktionen sind auf Dauer angelegt. Wir brauchen einen langen Atem. Wir haben diesen langen Atem. Diese Sanktionen werden negative Auswirkungen auch auf uns haben, aber wir sind bereit diese negativen Auswirkungen zu tragen, denn sie sind der Preis der Freiheit.“ Schöne Worte von Lindner um auf die beschlossenen Maßnahmen einstimmen sollen. Aber leiser treffen sie nicht den Nagel auf den Kopf, sondern eher den Daumen auf den Nagel. Denn zum Einen wird der Preis der Freiheit gerade in Kiew bezahlt und zum anderen liefert er die Marschrichtung gleich nach: „Die Anforderungen, die vor uns liegen, sind enorm. Die Anforderungen, die vor uns liegen, erfordern wirtschaftliche Stärke. Und deshalb ist auch eine Konsequenz aus der veränderten geopolitischen Lage, das wir unsere eigene wirtschaftliche Substanz stärken und alles unterlassen, was diese wirtschaftliche Stärke reduziert.“ Somit sind sich ja jetzt gleich 4 Parteien auf der gleichen Schiene einig, die wir von unserer Groko ja schon so lieben gelernt haben. Der Ginii wird weiterhin immer schneller steigen und irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft muss sich das bürgerliche Lager in diese 4er Koalition flüchten, damit Weidel nicht doch noch Kanzlerin wird.
Zu einer ehrlichen Debatte gehört doch eine Analyse, wie es so weit kommen konnte und ein klares Statement der Rubrik lessons learnd. Fehlanzeige. Chance vertan. Stattdessen: Diskurs festgezurrt, wie es dem deutschen Michel gefällt. Nächstes Kind im Brunnen.
Ich habe das Gefühl, du überträgst deinen Unmut über die Performance der Regierung auf den Überbringer der Nachricht.
„Nur eine Partei hatte die Eier, ihre Bankrotterklärung offen auszusprechen.“
Weil diese Partei eben den komplettesten Bankrott hatte. SPD und Grüne haben in Teilbereichen falsch gelegen und das jetzt korrigiert.
Die „Linke“ hat sich dagegen komplett blamiert – aber will sich nicht korrigieren.
Im Gegensatz zur AfD ist die „Linke“ schlau genug unhaltbar gewordene Positionen zu räumen. Das hat sie getan und verurteilt pflichtschuldigst den Krieg.
Aber nur um hinter diesem Nebelschleier wieder die gewohnten Kreml-Argumente in Stellung zu bringen: Man müsse Rußlands Interessen ernst nehmen, die NATO wäre der wahre Kriegstreiber, die Ukraine solle „neutral“ werden …
„Diese beiden Enden unserer parlamentarischen Sitzordnung auf ein Niveau zu setzen ist doch grotesk!“
Nö, gerade jetzt hat sich gezeigt, daß die Hufeisenthese stimmt. Es gibt zwischen links- und rechtsaußen nur einen Unterschied beim taktischen IQ, aber nicht bei der Kreml-Treue.
Wobei man den IQ bei den „Linken“ eben nur bei den taktischen Winkelzügen konstatieren kann. Wagenknecht und Genossen scheinen aber unfähig sein zu erkennen, daß Putin inhaltlich ein Reaktionärer ist und inhaltlich in keinem politischen Punkt irgendwie links ist.
Weidel Kanzlerin? Nie im Leben. Die AfD hat sich weitgehend erledigt. Der harte Kern der US-Hasser und Querdenker ist für einige Prozent gut. Aber bei allen konservativen/patriotischen Wählern hat sie sich unmöglich gemacht.
Das Hufeisen stimmt bei der Putintreue, ja.
Einer muss es ja machen, auch wenn Deutschland jetzt keine Parteien mehr kennt…
Stellen wir doch mal die naive Frage, was anders gelaufen wäre, wenn die Bundeswehr mit dreifachen Mitteln top ausgestattet gewesen wäre. Hat die Tatsache, dass der Militäretat von Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Deutschland zusammen fast das Dreifache des russischen umfasst, etwas geändert? Waren die bis zum Stehkragen hochgerüsteten Vereinigten Staaten weniger hilflos?
Auch möchte ich schwer anzweifeln, ob Waffenlieferungen an die Ukraine wirklich dem Volk dort helfen. Eine Verlängerung der Gefechte kann sehr schnell zu einer brutalen Kriegsführung mit Kriegsverbrechen wie im (zweiten) Tschetschenienkrieg führen. Und die europäische Solidarität wird sehr schnell bröckeln, wenn bis zu 7 Millionen Kriegsflüchtlinge kommen werden.
Und natürlich ist die Frage, wo das Geld für die Aufrüstung herkommt. Außer der Verletzung der Schuldenbremse durch das ‚Sondervermögen‘ Bundeswehr soll alles aus dem normalen Etat kommen. Da der Haushalt wegen der Fixkosten sehr eng ist, fehlen die Mittel bei den Umbauprojekten Bildung, Infrastruktur und krisenfestes Gesundheitswesen.
Was sich auch hintanstellen muss, ist die Bekämpfung des Klimawandels. Nicht nur fehlt das Geld, das Militär ist mit Abstand das klimaunfreundlichste Resort. Und natürlich ist dem nicht geholfen, wenn das (relativ saubere) konventionelle Gas wegen westlicher Rohstoffautonomie gegen Kohle bzw Fracking-Gas ersetzt wird.
Und grundsätzlich sage ich den Freunden des 2% (bzw. jetzt 3%) Ziels: Mir ist der Frieden mehr wert als der Krieg. Bei wem das auch so ist, nehme die Gehaltsbescheinigung (oder bei anderen Einkünften den Steuerbescheid) und spendet 2% (3%) vom brutto (bzw der Summe der Einkünfte) an eine zivile internationale Hilfsorganisation. Die ganz peniblen dürfen 0,3% für die Entwicklungshilfe abziehen.
Auch möchte ich schwer anzweifeln, ob Waffenlieferungen an die Ukraine wirklich dem Volk dort helfen.
Hübsch. Lassen Sie mich mal ausbuchstabieren, was das heisst (Sie selbst wollten ja nicht): Je schneller die Ukraine bedingungslos kapituliert, desto besser.
Das ist etwas, das allem Anschein nach die Bevölkerung der Ukraine selbst nicht will. Was ich sonst davon halte, erspare ich aus Hygienegründen dem Forum hier.
Gruss,
Thorsten Haupts
Stimmt, die Ukrainer wollen das nicht. Dein politico-Text sagt eine spätere Kapitulation voraus. Wir sehen einen staunenswerten Widerstandswillen, der riesige Opfer kostet. Was ist gewonnen, wenn Kiew dann aussieht wie einst Grosny?
Alle Sympathie dem Freiheitswillen der Ukraine, jegliche wirtschaftliche und humanitäre Hilfe. Gut, dass auch die Schweiz und sogar Orban (erinnert sich wohl an 1956) jetzt mitmachen. Ich fürchte, mehr können wir nicht tun. Auch die Aktionen von Anonymus und Google werden das Blatt nicht wenden. Es ist so maßlos traurig.
Putin wird mit Sicherheit keinen Rückzieher machen. Das beste worauf die Ukraine hoffen kann ist jahrelanger Dauerkrieg.
Oder ich übersehe eine Option.
„Oder ich übersehe eine Option.“
Die Stauffenberg-Option.
Oder besser gesagt: Eine Verschwörung der russischen Führungsschicht – Stauffenberg war ja nur noch die letzte Verzweiflung.
Die Wehrmachtsspitze wollte ja schon 1939 gegen Hitler putschen. Aber nach den Blitzkrieg-Siegen war er politisch unangreifbar. Und später hatte sich der Krieg dann so entwickelt, daß Deutschland keine Option oberhalb von kompletter Niederlage hatte.
Das ist jetzt in Rußland völlig anders. Putin hat heftigst versagt. Das russische Volk weiß das noch nicht, die Elite weiß es. Wenn man ihn jetzt absetzt läßt sich das problemlos begründen.
Und Rußland müßte überhaupt keine Konsequenzen fürchten. Ein kompletter Truppenrückzug und Putin als allgemein akzeptierter Sündenbock reicht, und schon ist Friede, Partnerschaft und natürlich Ende aller Sanktionen.
Mit dem Ende der außenpolitisch völlig unsinnigen Engagements in Syrien, Moldawien und Georgien wären auch massiv Ressourcen frei für Wahlgeschenke ans Volk und die Bereicherung der Führungsschicht.
Bei der Putsch-Option bin ich schon sehr skeptisch. Putins Machtbasis sind die Geheimdienste und die Truppen des Innenministeriums, die für sich genommen wahrscheinlich stark genug sind um einen Putsch abzuwehren. Hinzu kommt, dass er sich stark abzuschotten scheint und nur enge Vertraute zu sich lässt.
Und ich glaube, man hat bei den Sanktionen drei blinde Flecken:
1.)Seine engen Gefolgsleute mögen nicht mehr an die Cote d’Azur fliegen können, aber das sind alles eher Geheimdienst- und Sicherheitsleute, die ihren Schnitt wahrscheinlich längst gemacht haben und denen Macht im Zweifel wichtiger ist als Geld. Ich bezweifle stark, dass die Oligarchen, die man jetzt hauptsächlich trifft, überhaupt den notwendigen Einfluss haben.
2.) Wir verhängen seit Jahren Sanktionen, es hat kaum Auswirkungen, solange man nicht den kompletten Öl- und Gassektor knallhart adressiert. Damit finanziert sich Russland, das tut richtig weh. Alles andere kommt wohl eher gelegen, weil man der Bevölkerung einen Sündenbock für die schlechte wirtschaftliche Lage präsentieren kann.
3.) Wer sagt, dass selbst wenn Putin gestürzt wird, das Volk oder der neue starke Mann begeistert davon ist, dass sich jetzt wieder (wie in den 1990er Jahren) russische Truppen überall zurückziehen und russisch besetzte Gebiete aufgeben? Da kommen mir Teile der russischen Bevölkerung ein bisschen vor wie die Deutschen in der Zwischenkriegszeit. Es wäre besser, sich auf die Wirtschaft zu konzentrieren, aber man pflegt lieber die gekränkten Supermachtseele.
Ich hoffe, dass es klappt, es gibt nicht viele sonstige Optionen und ich hab tatsächlich die Befürchtung, dass es in der Ukraine sehr blutig wird. Aber ich hab so meine Zweifel.
„Putins Machtbasis sind die Geheimdienste und die Truppen des Innenministeriums …“
Richtig. Und wenn die geschlossen hinter ihm stehen wird es schwierig.
Aber da sind genug Führungskräfte, die die Situation realistisch sehen. Die haben alle nötigen Informationen, und die wissen auch wie der Afghanistan-Krieg zur Implosion der SU geführt hat. Obwohl die SU viel stärker war und es fast keinen Druck aus dem Westen gab.
Auch Rußland ist ja nicht ungefährdet. Aber die Gefahr ist nicht die NATO, sondern die Separatismus-Tendenzen in diversen Landesteilen und vor allem die chinesischen Begehrlichkeiten in Sibirien.
Gerade Militärs und Geheimdienstleute werden erkennen, daß Putin an der völlig falschen Front die russischen Ressourcen vergeudet.
„Wir verhängen seit Jahren Sanktionen …“
Das war bisher nur Kosmektik.
„Wer sagt, dass selbst wenn Putin gestürzt wird, das Volk oder der neue starke Mann begeistert davon ist, dass sich jetzt wieder (wie in den 1990er Jahren) russische Truppen überall zurückziehen und russisch besetzte Gebiete aufgeben?“
Den meisten wird das egal sein. Und der neue starke Mann wird wissen, daß Überdehnung nichts bringt – sichtbar schon am Versagen des konventionellen Militärs in der Ukraine.
Propagandistisch weh tun wird nur der Rückzug von der Krim. Aber die völlig sinnlosen Stützpunkte in Syrien, Moldawien oder Georgien sind nur Ballast und die liegen in Rußland auch fast niemand am Herzen.
Aber da sind genug Führungskräfte, die die Situation realistisch sehen. Die haben alle nötigen Informationen, und die wissen auch wie der Afghanistan-Krieg zur Implosion der SU geführt hat. Obwohl die SU viel stärker war und es fast keinen Druck aus dem Westen gab.
Naja, das war schon ein bisschen mehr, siehe auch nationalistische Tendenzen in den Unionsstaaten, Gorbatschows Krieg gegen den Alkoholismus, etc und Druck gab es sehr wohl, indem man Ernst machte mit dem Boykott zB. von Hochtechnologie. Die Frage ist, ob da in Russland auch der Wille da ist, diese Informationen zur Kenntnis zu nehmen, oder ob man (wie in einer russischen Version der Dolchstoßlegende) einfach nur Gorbatschow die Schuld gibt.
Auch Rußland ist ja nicht ungefährdet. Aber die Gefahr ist nicht die NATO, sondern die Separatismus-Tendenzen in diversen Landesteilen und vor allem die chinesischen Begehrlichkeiten in Sibirien.
Gerade Militärs und Geheimdienstleute werden erkennen, daß Putin an der völlig falschen Front die russischen Ressourcen vergeudet.
Naja, wenn man jährlich 0,2 Prozent der Bevölkerung verliert, dann sollte man eigentlich auch keine Kriege führen, dennoch macht man es in Moskau mit wachsender Begeisterung. Mir scheint da eh mangelnde Einsicht in den aktuellen Zustand des Landes vorzuherrschen oder es geht Putin einfach nur noch darum, mit möglichst viel Hurra-Patriotismus sich über die nächsten Wahlen zu retten.
Das war bisher nur Kosmektik.
Ja, aber solange wir weiter Gas kaufen, tut es dem Kreml auch nicht weh. Das schrittweise Zurückbleiben des Landes interessiert jetzt im Moment nicht.
Propagandistisch weh tun wird nur der Rückzug von der Krim. Aber die völlig sinnlosen Stützpunkte in Syrien, Moldawien oder Georgien sind nur Ballast und die liegen in Rußland auch fast niemand am Herzen.
Am Herzen liegen diese Stützpunkte keinem und militärisch sind sie völlig unwichtig, aber die russischen Truppen in Transnistrien, Südossetien und Abchasien sind der Garant, dass diese Ländern nicht der NATO beitreten können und somit extrem wichtig. Was aber auch zeigt, dass Putin einen NATO-Beitritt schon alleine durch die Stationierung russischer Truppen in den sog. Volksrepubliken dauerhaft und nachhaltig verhindern hätte können.
Ich frag mich ja, ob ein möglicher Kompromiss nicht eine Aufnahme der Ukraine in die EU ohne die Oblaste Luhansk und Donetsk sowie ohne die Krim sein könnte mit gleichzeitiger Neutralität der Ukraine, die jeweils Russland und der NATO das Recht auf einen Angriff gibt, wenn der andere die Ukraine angreift oder besetzt. Bittere Pillen für beide Parteien aber beide können auch einen Sieg präsentieren.
Du unterschätzt, was ein jahrelanger Dauerkrieg nicht nur mit dem Land sondern vor allem mit den Menschen macht. Wenn du wissen willst, was dabei verloren geht, sieh dir mal Bilder aus Kabul in den 70ern an. Die Stadt galt als ‚Paris Asiens‘.
Ich unterschätze das eben nicht. Die Sowjets waren fast zehn Jahre in Afghanistan, wir sogar 20.
Was die Bevölkerung wirklich will, ist schwer zu ermitteln. Wenn die Kriegsbereitschaft wirklich 100% wäre, gäbe es kein Ausreiseverbot für Männer im wehrfähigen Alter.
Unbestritten ist jedenfalls die ungeteilte Bereitschaft des Westens, seine Ukraine bis zum letzten ukrainischen Soldaten zu verteidigen.
Dann werden Sie doch mal deutlich:
Die Ukraine soll am besten sofort kapitulieren und der Westen Sanktionen wie auch Waffenhilfe einstellen? Ja oder nein?
Gruss,
Thorsten Haupts
Sollen sie bis zum letzten Volkssturm-Mann verteidigen und verbreannte und gesalzene Erde hinterlassen? Hätte der Irak 2003 bedingungslos kapitulieren sollen ? Mit Entweder-oder-Rabulistik kommen wir nicht weiter. Eine entschlossene Bevölkerung kann ihr Land gegen einen übermächtigen Aggressor verteidigen (Vietnam, Afghanistan), der Preis ist ein auf Jahrzehnte zerstörtes Land. Und diesen Preis müssen wir 1000 Kilometer von der Ukraine entfernt nicht zahlen, und noch weniger die Entscheider in Berlin, Brüssel, Washington, die das Land dazu drängen, einen Stellvertreterkrieg zu führen.
Sie drücken sich erneut vor einer Antwort. Schade.
Es hat gedauert, aber jetzt verstehe ich es: Das ist die Methode der Gesinnungsprüfung aus Wehrpflichttagen. „Stellen Sie sich vor Sie finden Ihre Familie von Einbrechern gefesselt vor. Zufällig haben Sie eine Pistole in der Tasche…“ Erwischt.
Ich kenne alle Ausweichmanöver vor einer einfachen, aber unangenehmen Frage. Sie haben noch ein paar weitere Möglichkeiten.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich find’s auch faszinierend, dass der Tenor in deutschen und angelsächsichen Medien auch immer „unsere“ Verhandlungen mit Russland sind, als ob es nicht an der Ukraine wäre zu entscheiden, mit was für einem „Frieden“ sie leben kann.
“ … die Entscheider in Berlin, Brüssel, Washington, die das Land dazu drängen, einen Stellvertreterkrieg zu führen.“
Das ist zynischer Unsinn.
Putins Überfall ist kein „Stellvertreterkrieg“.
Und es sind nicht irgendwelche Leute im Westen, die die Ukraine zum Kämpfen drängen.
Sondern die Ukraine ist entschlossen sich zu verteidigen und hat den Westen gedrängt, sie dabei zu unterstützen.
Exakt.
I know this question was not directed at me but I’ll answer regardless:
Yes.
For the following reasons:
1. Ukraine can’t win this war. Eventually the Russians will overwhelm the Ukrainian defences. But the death toll and destruction will be enormous. Weapons supplied by the West may end up in Russian hands.
2. Western economic sanctions will backfire. They affect ordinary Russians and not those oligarchs who have long left Russia on their private jets, using their passports from EU member states like Cyprus or Malta. At the same time the sanctions will have severe effects for the economies of the West and the global economy overall.
3. Further to point 2, the West currently has no alternatives to Russian exports. Not only to Russian oil and gas, but also to fertilizer, grain, ore, etc. LNG will never be able to replace Russian oil and gas in Western Europe and won’t arrive anyway until the next decade or so.
4. It is extremely dangerous to wage economic war on a nation like Russia, even if the West had the means and the will (this overheated rhetoric right now will dissipate in a few weeks or months like it always has). Is the West really prepared to go from economic war to all-out real war if Russia decides it won’t be strangled into submission?
5. Not so long ago Ukraine was considered a corrupt semi-democracy that was not a suitable candidate for NATO or EU. Now they are going to get the express check-in into the EU?
Thanks for a clear answer. I simply disagree. To some of your points:
1) Yes, the Ukraine can and will win the war. At an appaling cost if the Russians go in Chechnya style, but the result is clear if the Ukraine is determined to never capitulate. And so far it´s been the Ukraines decision to fight.
2) May be, may be not. Completely unpredictable.
4) Life is dangerous, it inevitably ends in death.
5) Whatever Ukraine was deemed to be by whomever (can´t remember any European government with a statement that remotely resembles your remark) is completely irrelevant now. Europe has a simple choice – support Ukraine now or have Russia on repeat for Finland, Sweden, the Baltics. Appeasement has an inevitable result.
The discussion is moot anyway (yes, I nevertheless participated) as the Ukraine has clearly expressed it won´t capitulate.
Regards,
Thorsten Haupts
1. Do you really think Ukraine can win? I am not being facetious, I am actually asking.
2. I don’t think that’s a maybe, the evidence is already mounting.
4. Kind of a silly statement, isn’t it?
5. That’s how the European NATO members described Ukraine in 2008 (and after, up to 2014/15) when George W Bush was suggesting NATO membership for Ukraine. Also, remember the statements on the government and political process in Ukraine by both Trump and Biden more recently?
Do you really think Ukraine can win? I am not being facetious, I am actually asking.
Win as in „Beat the Russians on the battlefield and drive their forces out of the country in a time frame of one year or less?“ No.
Win as in „Never concede defeat and fight a long war of attrition forcing the enemy to retreat somewhere in the future?“ Yes.
Regards,
Thorsten Haupts
Thanks. Interesting. I don’t think there’s much precedent for a successful war of attrition/guerilla war in an urban, developed environment.
I might – just might – even be wrong assuming the Ukraine can´t win the conventional war:
https://samf.substack.com/p/space-and-time?r=15i4j0&s=w&utm_campaign=post&utm_medium=email
To be taken with a pound of salt – impossible to verify or falsify the conclusions presented here. But might be true – when still in active military service I always was convinced the Warsaw Block forces couldn´t win a conventional war against NATO despite a numerical superiority of 3:1 in the relevant European theatre.
Regards,
Thorsten Haupts
@ Mr. Haupts
Read that article. Nothing really knew in there though – Ukrainians are fighting more efficiently and bravely than anticipated, Russians are hampered by poor logistics and tactics and are behind schedule. That’s been the tenor of many articles about that war so far.
I think the Ukrainians are still behind the eight ball though and falling further behind. They will likely run out of supplies soon and three of their major cities, including the capital, are poised to fall. One major indicator is that 45 mile Russian convoy on the access road to Kyiv. The fact that the Ukrainians apparently have not managed to destroy this obvious and juicy of a target tells me that they are missing many key assets.
I think the Ukrainians are still behind the eight ball though and falling further behind.
May be.
They will likely run out of supplies soon …
Unlikely as long as their complete west side is unaffected by war and adjacent to NATO members.
and three of their major cities, including the capital, are poised to fall.
Remains to be seen. The indiscriminate shellings are a sign the Russians beleive the opposite – everyone with half a military brain knows that destroyed major cities are harder to take since Stalingrad.
One major indicator is that 45 mile Russian convoy on the access road to Kyiv.
Or not. The linked article as well as other Ukrainian sources talk about vehicles either destroyed, out of fuel or otherwise not able to move. Which would make a major attack moot.
As I said – still more likely the Russians „win“ the conventional war up to a point. Simply several signs that it just might be different though. And not completely unplausible to me – the Russian/Soviet or Soviet trained forces battle record was abysmal so far since and including the Great War
Regards,
Thorsten Haupts
How many more anti-tank and anti-aircraft missile systems does the West, particular Europe, have in inventory to ship to Ukraine? At some point the West will have to realize that it may need some of this stuff for its own forces.
Vehicles currently out of fuel can be refueled. Broken down vehicles can be fixed. The only way to ensure the vehicles in this convoy do not take part in any future battles would be to attack and destroy them – I am somewhat amazed you don’t seem to agree with this. Remember the infamous „highway of death“ during the first Gulf war? And that was an army in headlong retreat – the Russians are still very much in attack mode.
Yeah, I also think that the enthusiasm over the Russian losses is wholly out of proportion.
@Sasse/Johnson:
As I repeatedly said I still think the odds are in favour of the Russians regarding a conventional „win“. I am simply at a point, where my formerly militarily trained brain does not entirely rule out a different result, that´s all.
In any case we will see ruined cities and completely innocent civilians lost lives by the tenthousands unfortunately. Which is entirely and without any excuse the decision of the aggressor.
Regards,
Thorsten Haupts
Yes, that’s my reading as well.
@ Mr. Haupts
I hear you, I am just confused by the examples or indicators you quote for your conclusion. Ukraine apparently not being able to destroy an immobilized convoy of Russian vehicles on its capital’s doorstep, major cities either besieged or under direct attack…all those things point to Ukraine having serious issues, for me anyway.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie national (-staatlich / -istisch) Linke heute denken.
Was sagt es Ihnen, wenn Militärexperten der Bundeswehr bescheinigen, das Gebiet der Bundesrepublik nur bedingt gegen eine Invasion verteidigen zu können? Die Konsequenz wäre doch längst: Ups, Berlin, wir haben ein Problem. Was wäre, wenn NATO-Gebiet in Litauen angegriffen würde? Würden Sie dann immer noch funken: Wo ist das Problem? Fakt ist: Weder die Balten noch die Tschechen, Polen, Bulgaren usw. könnten sich alleine gegen die russische Militärmaschinerie verteidigen.
Wie leben in einer Welt, in der die Autokratien und Diktaturen wachsen und sie sind außenpolitisch aggressiv. Und wir müssen uns vergegenwärtigen, dass auf absehbare Zeit die Amerikaner sich aus Europa zurückziehen werden und nur noch ein paar Atomraketen hier stehen lassen. Man kann sich gegen Diktaturen nicht mit den Mitteln der Diplomatie und der Verträge verteidigen, das zeigen diese Krise und dieser Krieg überdeutlich. In einer Welt mit Autokratien und Diktatoren wächst das diplomatische Durchsetzungsvermögen mit der militärischen Macht im Hintergrund. Und nur eine große militärische Überlegenheit hält Diktatoren von kriegerischen Abenteuern ab. Putin glaubte, die Ukraine handstreichartig erobern und binnen 48 Stunden Kiew einnehmen zu können. Nur deswegen hat er diesen Krieg vom Zaun gebrochen. Die Ukraine wirkte nicht stark genug, nicht abwehrbereit genug. Abwehrbereit: siehe oben.
Eine Verlängerung der Gefechte kann sehr schnell zu einer brutalen Kriegsführung mit Kriegsverbrechen wie im (zweiten) Tschetschenienkrieg führen.
Ich bin nur am Kopfschütteln. Das liegt doch allein in der Hand des Aggressors. Und ja, dazu wird es kommen, wenn man sich Putins Handschrift in Grosny und Aleppo betrachtet. Was ist die Alternative? Stillhalten und sich vergewaltigen lassen? Europas Freiheit wird derzeit in Kiew verteidigt. Je höher der Preis, den die Russen bezahlen müssen, desto eher nehmen sie zukünftig Abstand von solchen völkerrechtlichen Verbrechen.
Und die europäische Solidarität wird sehr schnell bröckeln, wenn bis zu 7 Millionen Kriegsflüchtlinge kommen werden.
Ungarn und Polen fühlen sich den Ukrainern eng verbunden. Das ist keine spontane Hilfsbereitschaft. Seit vielen Jahren wandern Ukrainer nach Polen aus. Es sind, verzeihen Sie das, eben keine Muslime und Schwarze.
Und natürlich ist die Frage, wo das Geld für die Aufrüstung herkommt.
Auch mal was Neues, dass Linke sich Sorgen ums Geld machen. Das ist wohl die einzige Stelle, wo das der Fall ist. Es sind notwendige Sonderkosten aufgrund einer akut veränderten Lage. Wir können ja nicht erst in 5 oder 10 Jahren entscheiden, ob wir militärisch mehr Mittel brauchen, wenn bis dahin Putin einen Weltkrieg angezettelt hat. Das ist der Unterschied zu den von Ihnen aufgezählten Feldern der Infrastruktur, der Bildung und des Gesundheitswesens. Dabei kommt niemand bisher auf die Idee, das deutsche System aus Ärzten, Pharma und Krankenhäusern als eines der vier teuersten der Welt als „unterfinanziert“ anzusehen.
Deutschland und die europäischen Länder erfüllen ihre Verpflichtungen aus den internationalen Vereinbarungen zum Klimaschutz oder sind auf dem Weg dahin. Die meisten Länder tun genau das nicht. An dieser Stelle besteht also nicht der Nachholbedarf. Aber Deutschland wie die europäischen NATO-Mitgliedsländer erfüllen nicht annähernd ihre Verpflichtungen aus den Verträgen der gemeinsamen Sicherheit. Und das ist ein dauerndes Problem. Wie gesagt, ab und zu international denken.
unabhängig vom Inhalt ist mir an Ihren Formulierungen etwas aufgefallen: Ich habe sie fast alle schon öfter gehört. ImZDF-Kommentar, in einem FAZ-Bericht, in dem Werbespot der Rüstungsindustrie, der seit Tagen in panmedialer Dauerschleife läuft. Auch wenn das schon seit langem Ihre Überzeugungen sind, hatten Sie bisher eigenständig (und oft überpolarisierend) formuliert. Jetzt heulen Sie wie halb Deutschland mit den Wölfen, die -wie so oft – auf eine Krise eine eindeutige Antwort haben.
Richtig. Diesen Effekt kennt frauman im Übrigen schon lange:
https://en.wikipedia.org/wiki/Rally_%27round_the_flag_effect
Die schlechte Nachricht: Das gilt für alle Flaggen. Bei den aktuellen „Maßnahmen“ westlicherseits geht es darum, mindestens den gehobenen Herrschaften in Putins Reich diesen Effekt zu verleiden in der Annahme, dass die dann „was machen“. Die Gegenrechnung ist, dass die hedonistischen Westler das karge Leben rund um die Flagge ihrerseits nicht lange ertragen. Mal sehen, wer die schöneren Flaggen hat.
Einem kritischen Oligarchen wurde ja schon öffentlich vorgeworfen, unpatriotisch zu sein, weil er „in Paris einkaufen“ wolle. Der Patriotismus (oder wie man das immer nennen mag), in Russland ist ausgeprägt. Erinnert sei an die immer noch verbreitete Stalin-Verehrung.
Exakt, ich halte das auch für deutlich unterbewertet.
Ja klar. Im Westen wiederum ist in den gehobenen Kreisen das Aufstellen und Anbieten von Geldwaschmaschinen, z.B. in Londonistan, beliebt – das System Putin sinnvoll ergänzend.
Auf patriotisch-liberal-konservativer Seite hatte man mit dieser speziellen Art von Caritas offenbar wenig Probleme, bedauerlicherweise muss das jetzt erst mal ruhen.
Wenn es in diesem Forum in den vergangenen Jahren einen Falken gab, dann war zweifellos ich das. Mit einem gewissen Pathos habe ich die Bombardierung Belgrads gutgeheißen. Ich war der Einzige, der für ein verlängertes Mandat der Alliierten in Afghanistan gestritten hat. Ich war der, der in einem Artikel die US-Luftschläge gegen Assads Truppen befürwortet hat.
Ich war immer für die 2%-Vorgabe der NATO. Und schon als junger Wehrdienstleistender 1986 habe ich die schlechte Ausstattung der Bundeswehr aus eigener Anschauung erlebt. Wir sind in jahrzehntealten MANs gefahren und mit Gasmasken durch die Gegend gelaufen, die nicht der modernste Chic waren.
Und wer nur ein bisschen die Augen offen hatte, konnte seit sehr, sehr langer Zeit sehen, dass nur mit militärischem Potential im Hintergrund diplomatische Erfolge erzielt werden können. Und schon vor Wochen kündigte ich im privaten Chat an, dass wir nun auf einen Krieg zusteuerten.
Was also kritisieren Sie bei mir? Dass ich immer da stand, wo ich heute stehe?
Ja :-). Ich kenne die Haltung aus meinen Diskussionen mit Friedensbewegten der achtziger und neunziger.
Ich werfe Ihnen nicht Ihre konsequente Haltung vor (außer dem cheap shot , warum Sie jetzt dann auf einmal gegen Angriffskriege sind). Aber Sie wissen auch, wie viele Gegenstimmen Sie hatten und welche Gegenargumente. Und wenn auf einmal alle wortgleich (Sprache bestimmt unser Denken) reden, dann merke ich dahinter eine gesteuerte Schock – Kampagne.
Ich habe nie Angriffskriege befürwortet. Allerdings definieren Linke alles an verbotenen Angriffskrieg, was ihnen nicht passt – also jede von den USA ausgeführte militärische Aktion. So war das in Ex-Jugoslawien und selbst in Afghanistan. Ich habe keine Lust, an dieser Stelle darüber zu streiten, es gibt gute Gründe (meinetwegen nicht alleinige, das ist aber nicht relevant zur Bewertung meiner Position), diese Interventionen nicht als Angriffskrieg zu sehen.
Es ist keine seltene Situation, dass ich eine Minderheitenposition vertrete. Umso mehr lassen Sie es mir doch die (traurige) Befriedigung, dass die Geschichte mir Recht gibt.
Vielleicht teilt er auch einfach nur die Meinung? Ich meine, man muss doch nicht reflexhaft gegen ÖRR und Regierung sein? Klar, das hat Stefan öfter insinuiert, aber es war schon immer Unfug.
Natürlich nicht, aber ein skeptischer Geist ist gerade in Krisenzeiten verpflichtet , beiden ganz genau auf die Finger zu schauen, gerade weil sich alle hinter den Anführern versammeln (siehe Dennis Kommentar weiter oben) und gerade weil die Kommunikation sich dadurch ins einseitige und maßlose verschiebt.
@ cimourdain 2. März 2022, 08:44
unabhängig vom Inhalt ist mir an Ihren Formulierungen etwas aufgefallen: Ich habe sie fast alle schon öfter gehört. ImZDF-Kommentar, in einem FAZ-Bericht, in dem Werbespot der Rüstungsindustrie, der seit Tagen in panmedialer Dauerschleife läuft.
Die kupfern ab … 🙂
Stefan Pietsch gehört zu den wenigen im Forum, die die Bundeswehr auch vor der Ukraine nicht für unwichtig gehalten haben, und die seit Jahren für einen anderen Umgang mit den Soldaten, für bessere organisatorische Strukturen, für mehr Effizienz im Beschaffungswesen argumentieren, und die seit Jahren erklären, dass für die eigene Freiheit ein Preis zu leisten ist.
Das höre ich in den genannten Medien erst seit zwei, drei Wochen.
Auch wenn das schon seit langem Ihre Überzeugungen sind, hatten Sie bisher eigenständig (und oft überpolarisierend) formuliert.
Ja. Das haben wir ihm oft vorgeworfen, und immer wieder mehr Zurückhaltung von ihm gefordert. Selten bietet sich etwas Zurückhaltung mehr an als in einem Fall wie diesen, wo es um krieg geht. Hätte Stefan hier seine üblichen verbalen Attacken geritten, würden ihm andere wahrscheinlich reaktionäre Kriegstreiberei vorwerfen.
Jetzt heulen Sie wie halb Deutschland mit den Wölfen, die -wie so oft – auf eine Krise eine eindeutige Antwort haben.
Diese Antwort hatten Stefan Pietsch und die anderen Konservativlinge hier im Forum schon lange vor der aktuellen „Krise“: Freiheit oder Frieden zu fordern wirken nur dann glaubhaft, wenn man in der Lage ist, einen Krieg zu führen. Kann man keinen Krieg führen, ist der Wunsch nach Freiheit oder Frieden eher eine jammernde Bitte, und man hat auf ein „nein“ keine Antwort oder Alternative.
Nicht nur die Konservativlinge. Ich glaube, ich bin neben Stefan schon vor dem Angriff der schärfste Russlandfalke hier gewesen.
Stefan Pietsch gehört zu den wenigen im Forum, die die Bundeswehr auch vor der Ukraine nicht für unwichtig gehalten haben, und die seit Jahren für einen anderen Umgang mit den Soldaten, für bessere organisatorische Strukturen, für mehr Effizienz im Beschaffungswesen argumentieren, und die seit Jahren erklären, dass für die eigene Freiheit ein Preis zu leisten ist.
Ganz so ist es nicht. Mit den Strukturen der Bundeswehr und ihrem Beschaffungswesen habe ich mich nie en detail beschäftigt. Beides gehört zu den latenten Problemen der Truppe. Es ist anders.
Für mich waren der Golfkrieg 1990/1991 (Erster Irakkrieg) und der jugoslawische Bürgerkrieg prägend. Während ich damals in meinen Zwanzigern war, hat die Generation der heute 20 bis 40jährigen solche Konflikte nie hautnah erlebt. Meine Generation erlebte in Jugoslawien acht Jahre das Versagen, ja die Wirkungslosigkeit von Diplomatie ohne Flankierung durch eine militärische Drohung. Die EU versuchte in den Neunzigerjahren mit Engelsgeduld einen Diktator und Massenmörder mit Versprechungen von seinem Schlachten abzubringen. Wie naiv, wie albern! Hunderttausende Menschen bezahlten diese unfassbare Naivität von europäischen Politikern mit ihrem Leben. Erwin, acht Jahre Völkermord im Hinterhof Europas und die demokratischen Politiker zeigten sich machtlos, weil sie über keine militärischen Fähigkeiten verfügten. Das war nicht erträglich.
Erst als der Flugzeugträger USS Theodore Roosevelt in der Adria in Stellung ging und Bill Clinton die Luftschläge gegen Belgrad befahl, war endlich Schluss mit dem Schlachten. Und das hat mich maßgeblich geprägt. Diplomatie ohne die Möglichkeit der militärischen Gewaltandrohung ist gegenüber Autokraten und Diktatoren ohne Wert. Deswegen brauchen die Demokratien völlige militärische Überlegenheit, um solchen Despoten gleich jeden Gedanken zu nehmen, sich mit uns anzulegen.
Yup. Ich wusste das ohne diese Erfahrung schon früher – aber ich komme auch aus einer Familie, die seit hunderten von Jahren in jeder Generation Berufssoldaten stellte.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ja, da hat man dann wohl ein anderes Verhältnis zu der Sache.
Ich komm aus einer Familie ohne Tradition zu irgendwas. ^^
Noch ein Punkt:
Was Deutschland jetzt dringend braucht ist ein fähiger Verteidigungsminister.
Die aktuelle Besetzung ist in jeder Hinsicht ungeeignet, hat keine Ahnung von der Materie und interessiert sich nicht dafür.
Wobei es wahrscheinlich besser wäre einen erfahrenen und organisationsstarken Manager einzusetzen. Die BW hat genügend Militär-Expertise, das Problem ist die Desorganisation vor allem bei der Beschaffung.
Endlich mal eine richtige innovative Idee, der Mann von außen, der über der Politik steht und zupackend alle Hindernisse überwindet.
Das ist normalerweise NICHT mein Ansatz. Politiker brauchen andere Qualitäten als Manager und gerade beim Thema Bundeswehr wäre ein Manager normalerweise überhaupt nicht geeignet, um diesen schwierigen Bereich kommunikativ zu vertreten.
Aber es sind ja nicht ohne Grund schon einige Politiker bei der Bundeswehr-Reform gescheitert. Weil es da in erster Linie ein ganz heftiges Organisationsproblem gibt.
Meinetwegen kann man auch Lambrecht als politischen Frühstücksdirektor oben drüber und die Außenkommunikation machen lassen.
Aber wenn es jetzt darum geht aus den 2% und dem Sonderprogramm echten Mehrwert zu schaffen – da sollte sie besser keine exekutive Entscheidungen treffen.
Ok, das nächste Unternehmen, das scheitert, kriegt als CEO einen Beamten vorgesetzt.
Der Unmterschied ist viel kleiner, als die meisten glauben. Grossorganisationen haben immer mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede.
@ R.A. 1. März 2022, 10:00
Was Deutschland jetzt dringend braucht ist ein fähiger Verteidigungsminister. Die aktuelle Besetzung ist in jeder Hinsicht ungeeignet, hat keine Ahnung von der Materie und interessiert sich nicht dafür.
d’accord
… das Problem ist die Desorganisation vor allem bei der Beschaffung.
Ich möchte ergänzen, dass durch die Politik noch extrem viel Mischmasch hineingekippt wird. Die „Einkäufe“ für die Bundeswehr orientieren sich m.M.n. zu sehr an politischen Kriterien als an dem, was für die Einsätze benötigt wird.
Ich meine, wo ist das nicht so? In großen Konzernen werden auch ständig „politische“ Entscheidungen getroffen. Man denke nur an das Daimler-Chrysler-Fiasko vom „Weltkonzern“…nichts Neues im BMVG.
Wie nannten nochmal die Römer einen „erfahrenen und organisationsstarken Manager “ mit militärischen Hintergrund, der mit Kommandogewalt über das Heer und weitreichenden Befugnissen eingesetzt wurde um eine Krise zu bewältigen?
Irgendwas mit „d“.
… erfahrenen und organisationsstarken Manager …
Bei allem schuldigen Respekt – aber das ist einfach eine Schnapsidee. Die Funktionsbedingungen von Politik unterscheiden sich in Teilen fundamental von denen in der Wirtschaft und ohne Hausmacht ist der erfahrene Manager nichts als eine vorübergehende Zielscheibe für öffentlichen Spott.
Ein durchsetzungsfähiger, gut vernetzter Politiker wäre bei weitem besser. AKK war unter diesem gesichtspunkt schon fast eine Idealbesetzung.
Gruss,
Thorsten Haupts
Exakt. Danke!
Wobei es wahrscheinlich besser wäre einen erfahrenen und organisationsstarken Manager einzusetzen. Die BW hat genügend Militär-Expertise, das Problem ist die Desorganisation vor allem bei der Beschaffung.
Hat das nicht AKK versucht mit der McKinsey Beraterin? Wenn mich nicht alles täuscht, ging das gewaltig schief.
Ich glaube, dass Problem ist nicht alleine der Beschaffungsprozess, sondern dass jegliche Beschaffung zugleich auch eine regional- und wirtschaftspolitische Komponente hat, die es erst so richtig schwierig macht.
Das geht nur mit einem Diktator, deswegen sag ich ja, das ist zutiefst undemokratisches Denken. Rüstungspolitik ist immer auch Standortpolitik ist Wirtschaftspolitik. Das kriegst aus dem System nicht raus.
Naja, dass man mehr Wumms für sein Geld kriegen kann, zeigen ja UK und Frankreich. Und die haben in ihrem Etat ja zusätzlich noch die Nuklearstreitkräfte.
Da braucht’s jetzt nicht unbedingt einen Diktator.
Haben die Nuklearstreitkräfte nicht einen eigenen Etat? Ich dachte mir wäre so.
Fließen die nicht mit in die internationalen Vergleiche? Würde doch keinen Sinn machen, die da auszuklammern, weil bestimmte Waffensysteme schafft man ohne Nuklearstreitkräfte doch gar nicht an (z.B. U-Boote mit Startvorrichtung für Interkontinentalraketen oder große strategische Bomber).
Keine Garantie, ich dachte nur das mal gelesen zu haben.
Uuuund noch ein interessantes Interview mit jemandem, der sich wirklich auskennt mit Russland:
https://www.politico.com/news/magazine/2022/02/28/world-war-iii-already-there-00012340
Gruss,
Thorsten Haupts
Ok, so here we go. Germany, like many other Western nations on a quest to correct the mistakes, miscalculations and procrastination of the past decade or two, announces 100 billion Euros as a special defence fund. In the word of D. Vader: “Impressive”. Well, until you really look at the numbers a bit more closely. 100 billion Euros is about two times Germany’s national annual defence budget. That annual defence budget financed armed forces that in the words of German political and military leadership are, in their current state, unable to provide national security due to having been allowed to atrophy in personnel and material for many years. So 100 billion Euros, while a huge number at first glance, will probably just get those armed forces back to a condition that is still miles away from where they need to be. In other words, this may stem the rot but not lead to any additional or incremental capabilities in the short or intermediate term. And that still says nothing about purchasing any military hardware at short notice which seems largely unfeasible, and, if we are talking fighter planes and tanks, not to mention frigates or submarines, will eat up those 100 billion Euros in a heartbeat.
Equally concerning is the ever-intensifying bullshit bingo from Western leaders regarding sanctions against Russia. Actual footage from a meeting of leaders A, B, C and D:
A: We’ll cut Russia off certain channels within SWIFT.
B: We’ll cut them off SWIFT altogether!
C: We’ll cut them off SWIFT and steal their gold reserves!
D: We’ll cut them off SWIFT, steal their gold and then nuke ‘em…oh wait
The Western world is one step or maybe even less away from declaring full on economic war on Russia. If you’re looking for a historic parallel, consider Japan in the late 30’s and early 40’s of the last century. Japan had launched a brutal invasion of China, and the US, unwilling (and probably unable at the time) to get directly involved, started economic sanctions against Japan, mainly aimed at its oil supply. Faced with economic hardship potentially leading to a military defeat in China Japan decided to strike out at the US.
Finally, replacing Russian natural gas with LNG from North America and the Middle East will never happen. It’s simply impossible. Germany in particular now has a choice – either continue to believe that a major industrial nation can be powered by wind and solar or conform to the realities of energy generation and supply.
Well, a political measure does not solve all problems at once, big surprise. But it’s a major step nonetheless.
Are you sure it even solves one single problem? Would Putin not have invaded Ukraine if the German military (of that of France, the UK, Spain, Italy or Canada – not trying to pin this on the Germans alone) were in better shape? And committing whatever amount to defence now doesn’t solve the problems you are facing currently or in the near future. I don’t believe (but am not an expert) that there is suitable military hardware available for purchase now or in the near future. I also don’t believe you can recruit and train additional soldiers in any significant numbers in less than at least two to three years. So this 100 billion Euro commitment sounds great but really doesn’t address anything in the near future. And even if it did – are you willing to sustain this for years and years to come? Financially and politically? Money (movie) quote: „If you piss in your pants you can only stay warm for so long“.
Well, stay pessimistic if you like.
I am not pessimistic, I am pointing out an example of the symbolic symbolism that is supposed to symbolize the West’s earnest commitment to symbolic solidarity with Ukraine. And the fact that this crescendo of sanctions, more sanctions, and even more sanctions, culminating, among other things, in pressure on Russian expats to publicly distance themselves from all things Russian, is getting way out of control.
We have no argument about the dangers of this approach.
Das Geschwurbel von Wagenknecht, Dagdelen & friends steht inzwischen auch von einigen selbstbewußten Leuten im Umfeld der Linkspartei unter Beschuß. Das können da viele Leute nicht mehr ertragen.
Gibt auch unter der extremeren Linken/Rechten Chiles einige Putin-aficionado/a/s.
Sind aber leicht zu provozieren 😉 .
Bei den Schwurblern ist mir aktuell keine Provokation zu fies.
Ja, aber ich glaube nicht dass die Kritik durchdringen wird. Die LINKE ist da viel zu verrannt.
Das hier geht dann nun echt 3 Tacken zu weit.
https://twitter.com/flueke/status/1498625656392933378
Das zeigt doch deutlich, dass die von einer Stelle beliefert werden.
In Abstand von 5 Minuten.
@ Lemmy Caution 2. März 2022, 13:08
Das hier geht dann nun echt 3 Tacken zu weit.
https://twitter.com/flueke/status/1498625656392933378
Das zeigt doch deutlich, dass die von einer Stelle beliefert werden.
Au weia.
Ich beobachte da gewisse Ränder seit Jahren.
Für etwa Nelli Tügel und einige aus dem Osten ist Wahra Zarenknecht ein rotes Tuch.
Kleine Widerspruch zum Thema LNG-Terminals:
Ist für mich absolut unverständlich, warum sich die Grünen hier so zieren, aber ohne LNG-Terminals (idealerweise auch bereit für Wasserstoff) wird die Energiewende nicht funktionieren. Denn die Karbonisierung der Zement- und Stahlindustrie ist ohne im Ausland zugekauften Wasserstoff nahezu unmöglich. Wir werden es wahrscheinlich nicht schaffen, sowohl den Wärmesektor (v.a. mit Wärempumpen) als auch den Stromsektor auf erneuerbare Energien umzustellen und zusätzlich auch noch den Wasserstoff für die Industrie zu produzieren.
Und wenn man nicht will, dass man einfach russisches Erdgas dafür hernimmt (sprich CH4 in H umwandelt) dann braucht man diese Terminals und zwar sehr, sehr schnell.
Kenn ich mich zu wenig aus um was sagen zu können.
Wasserstoff (auch blauer) ist natürlich der beste Energieträger für die Hochtemperaturanwendungen (neben Stahl und Zement noch Glas und Keramik). Allerdings weiß ich nichts von wirtschaftlichem Flüssigwasserstofftransport (Da lasse ich mich gerne eines besseren belehren, wenn sich jemand besser auskennt). Wechselseitig kompatible LNG+H2 Terminals sind m.E. wegen des unterschiedlichen Siedepunkts von H2 (20K) und LNG (~110 K) kaum vorstellbar.
Das erste Wasserstoff-Schiff für den Transport über eine größere Strecke haben meines Wissens die Japaner in Betrieb genommen.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Wasserstofftanker
Ich würde jetzt auch keinen abwechselnden Betrieb sehen, sondern eher einen schrittweisen Umbau von fracking-Gas aus USA über synthetisches LNG aus Chile hin zu reinem Wasserstoff oder was auch immer dann kommen wird.
Nur, ohne LNG-Terminals haste da überhaupt keine Chance da in naher Zukunft irgendwas in der Richtung zu importieren. Und schon aus strategischen Gründen sollten wir uns klarmachen, dass Wandel durch Handel gescheitert ist und unsere Energieversorgung auf möglichst viele verschiedene Beine zu stellen
Noch eine Ergänzung, wie man einen Teil der 100 Mrd Euro sinnvoll ausgeben kann:
Jedem desertierenden russischem Soldaten 20.000 Euro und ein Arbeitsvisum für die EU anbieten und fleißig Videos machen, wie Scholz oder Baerbock die an der polnischen Grenze verteilt.
Und die Videos dann fleißig im russischen Internet und über die Kontakte Gefangener russischer Soldaten teilen.
So was ähnliches macht die EU ja eventuell.
Und Putin schaut dabei zu? Wie naiv.
Auch die AKWs hatte bisher niemand (auch hier nicht) auf dem Schirm. Der heldenhafte Kampf der Ukrainer könnte zu einem Super-Chernobyl führen. Was dann?
Wo ist das Problem? Es strahlen dann alle!
„Der heldenhafte Kampf der Ukrainer könnte zu einem Super-Chernobyl führen.“
Das ist falsch.
Sollte es zu einem Super-Tschernobyl kommen, dann läge das nicht am heldenhaften Kampf der Ukrainer, sondern das wäre ein gewolltes Verbrechen Putins.
Exakt.
Sehr naiv. Russische Soldaten greifen doch nicht versehentlich das Atomkraftwerk an. Putin ist offensichtlich gewillt, mit der nuklearen Option zu spielen. Ob da ein paar Kernreaktoren herumstehen, ist da absolut sekundär. Wäre es nicht so, würde er eben ein paar Trägerraketen steigen lassen.
Es heißt, die NATO wolle in den Konflikt nicht hereingezogen werden. Es heißt auch, die atomare Abschreckung müsse funktionieren. Was aber, wenn Russland ein oder zwei „taktische“ Atomraketen auf Charkiw und Lemberg fallen lässt – ganz harmlos, die verseuchen nur das lokale Gebiet. Was dann? Die NATO ist damit nicht angegriffen, die atomare Karte muss nicht gezogen werden und trotzdem hätte ein Land Nuklearwaffen eingesetzt.
Schon allein, weil Putin mit der Option explizit droht.
Glaube ich nicht.
Es war offenbar weniger riskant als viele glaubten.
Hier technische Expertin: https://twitter.com/VeroWendland
Extrem problematisch ist natürlich, dass Putin auf die Perzeption seiner Operationen im sogenannten „Westen“ scheisst.
Viel mehr wurde mir schwindlig, als ich gestern las, dass es angeblich Pläne gäbe, Anti-Kriegs-Demonstranten für den Krieg zu zwangsrekrutieren.
Ja. Ich kenne mich – 10 Jahre Arbeit für die Nuklearindustrie – da ebenfalls a weng aus und halte die öffentlich geäusserten Befürchtungen für gewollte Panikmache, seitdem Nuklear als ernsthafte Option wg. Klimawandel international wieder auf dem Tisch liegt.
Gruss,
Thorsten Haupts
Die Verschwörungstheorien kannst in der Schublade lassen. Dass Leuten schummrig wird, wenn jemand ein Kernkraftwerk, noch dazu das symbolisch aufgeladene Chernobyl, mit Artillerie beschießt, ist glaube ich sofort einleuchtend.
Eine Vermutung bezüglich der Motive (!) von Berichterstattung ist immer dann eine Verschwörungstheorie, wenn mir die unterstellten Motive nicht gefallen :-).
Ansonsten ist es niemals eine – Vermutungen über Absichten und Motivation sind nicht falsifizierbar.
Gruss,
Thorsten Haupts
Protipp: Nicht nachts wachwerden und mal fix aufs Handy gucken. Hatte genau den Zeitpunkt erwischt, als die Russen auf die Feuerwehrleute geschossen haben.
Und ich sag mal dieses „ach Panzerbeschuss hält so ein Ding schon aus“ hilft da auch nur sehr mäßig. Und ja, sehe das ähnlich sie Pietschi, das ist schon ne andere Form von „Atomstreitkräfte in Bereitschaft versetzen“ Vielleicht auch gerade weil der Westen darauf absolut nicht reagiert hat.
Ziemlich unwahrscheinlich. Das äussere Containment – die sichtbare Kuppel – ist aus knapp einem Meter dicken Stahlbeton. Die hält auch Artilleriebeschuss aus, ohne zu zucken.
Gruss,
Thorsten Haupts
Die Kühlsysteme auch – und die Notstrom-Generatoren? Vabanque mit der Gesundheit und dem Leben von Millionen.
Wer „schuld“ ist, ist klar, aber im Fall der Fälle nicht mehr relevant.
Was will er denn machen?
Yegor Bugayenko ist ein russisch-ukrainischer Programmierer der Java Comunity. Ich folge ihm seit Jahren. Einige seiner Beiträge haben mich beeinflußt. Ich will da nicht zu tief ins technische Kaninchenloch steigen. In jedem Fall war er sehr outspoken, u.a. auch gegen Programmierer, die zu wenig zu einem Projekt beitragen. Ich habs nie so hart wie Yegor gesehen, aber er hat seine Position gut begründet. Auch in mehr technischen Themen neigte er zu contrarian-aber-sehr-gut-und-fachlich-tief-überlegt.
Nun verteidigt er auf twitter quasi seinen „russischen“ Standpunkt und zieht sich dafür den Haß auch einiger mit-Größen besagter community zu. Ich stimme mit ihm überhaupt nicht überein, aber ich finde es mutig und interessant, dass er seine Position darlegt.
https://twitter.com/yegor256/status/1499637360153276417
Unter russischen Programmierern in meiner Timeline ist Yegor Bugayenko übrigens der einzige, der NICHT völlig gegen Putin ist.