Japanische Flüchtlinge lesen Keynes in Moria und demonstrieren gegen Klimawandel – Vermischtes 17.09.2020


Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Das Unfassbare wird immer normaler

2) Tweet

Es ist wirklich Realsatire. Diese im rechtsdemokratischen Spektrum weit verbreitete Haltung gegenüber dem Klimawandel ist im Jahr 2020 eigentlich kaum zu glauben. Aber die pro-Forma-Anerkennung des Faktums Klimawandel hat eben keinerlei daraus erwachsende Konsequenzen. Nirgendwo wird das so deutlich wie in Merkel-Adlatus Altmaier, der gerade wieder verkündet hat, dass seine Strategie zur Begegnung des Klimawandels in „Vertrauen in die Genialität der Ingenieure (alle männlich, natürlich)“ bestehe, was auch nur eine leichte thematische Abwandlung des Lindner-Mantras ist, dass irgendwelche coolen Start-ups ohne jegliche staatlichen Anreize es lösen werden. Es ist das Äquivalent von „es wird schon wieder kühler“. Das ist keine Klimawandelleugnung per se, aber es läuft auf etwas sehr Ähnliches hinaus: Augen zu und durch. Wird schon gut gehen. Wird es aber nicht. Und je länger Lösungsversuche aufgeschoben und auf solche Luftschlösser gebaut wird, desto schmerzhafter und heftiger wird der Anpassungsprozess am Ende werden. Das ist übrigens eine Argumentation, die Konservativen wie Liberalen vertraut sein sollte, schließlich haben sie sie jahrzehntelang bezüglich dem Sozialstaat verwendet.

3) Wie die Idee der Untertanen aus der Schule vertrieben wurde

Bleibe die Erziehung so „preußisch“, könne man nicht darauf hoffen, dass die Deutschen sich vom „Führerprinzip“ abwenden würden. Demokratie werde dann nur eine „leere Schale“ bleiben. In die Familien einzugreifen, erschien den Autoren des Berichts problematisch. Von einer demokratischen Reform der Schulen hingegen erhofften sie sich viel. […] Neue Formen des Dialogs zu wagen und Schüler zu kritischem Denken zu erziehen, waren Leitmotive des anglo-amerikanischen Demokratisierungsgedankens. Nur so ist zu verstehen, welch erstaunliches Spektrum von Maßnahmen US-Amerikaner und Briten initiierten – Maßnahmen, deren Folgen das deutsche Schulsystem bis heute prägen.  […] Die westdeutsche Entwicklung war demnach keine Annäherung an den „Westen“, sondern wies eine ganze eigene Dynamik auf. Nicht weniger wichtig als der alliierte Input war die wachsende Überzeugung vieler deutscher Schulpolitiker und Lehrerinnen, dass Diskussionen, kritische Meinungsbildung und politische Debatten notwendige Aspekte einer Erziehung zur Demokratie seien. Sie galten auch ihnen als Instrumente, um sich von der nationalsozialistischen Vergangenheit zu lösen. Das enge Zusammendenken von Erziehung und Demokratie lässt sich vielleicht sogar als bundesrepublikanischer Sonderweg bezeichnen. Zwar war es Produkt eines transatlantischen Ideentransfers, zugleich aber entfaltete es in Westdeutschland eine ganz eigene Wirkung. […] War der Wandel der deutschen Schulen demnach eine demokratische Erfolgsgeschichte – und eine vorbildliche Aufarbeitung der Vergangenheit? Das zu konstatieren, wäre zu einfach. […] Manches allerdings geriet in der Fixierung der deutschen Debatten auf den Abbau „autoritärer Strukturen“ aus dem Blick. Wenn Pädagogen und Politiker (noch selten waren es Pädagoginnen und Politikerinnen) in den Sechzigerjahren über politische Bildung sprachen, hatten sie meist einen jungen Mann bildungsbürgerlichen Hintergrunds im Kopf. Mädchen zu fördern, machten sie sich kaum zum Anliegen. So dauerte es, bis auch Schülerinnen in den Redaktionen der Schülerzeitungen zu Wort kamen. Erst spät begann eine Debatte über Bildungschancen, noch viel später eine Diskussion über Migration und Bildung. Abitur machten in den Sechzigerjahren noch wenige: 1968 waren es knapp zehn Prozent eines Jahrgangs. (Sonja Levsen, ZEIT)

Das deutsche Schulsystem ist, trotz aller seiner offensichtlichen Schwächen, wesentlich besser als sein Ruf. Die durch die PISA-Studie seinerzeit aufgedeckten und bis heute nicht überwundenen Schwächen im MINT-Bereich und bei der sozialen Selektivität mal beiseite gelassen ist nicht nur die historisch-politische Bildung klasse (nebenbei bemerkt auch der Religionsunterricht), sondern auch der Sprachenunterricht (das vergleichsweise hohe Fremdsprachenniveau des deutschen Schulsystems kommt von einem qualitativ hohen Unterricht). Das darf man ruhig mal anerkennen. Deutsche Schulabschlüsse gehören außerdem zu den härtesten weltweit, im Sinne einer Währung.

Ein anderer im obigen Artikel auftauchender Punkt ist die Funktion der Schule als Wandelstätte. Ich habe im Rahmen des seinerzeit kontrovers diskutierten GEW-Unterrichtsmodells zur Homosexualität über das Thema geschrieben (da konnte man schon Pegida und AfD wetterleuchten sehen, rückwirkend betrachtet). Schule und Bildungspläne, Methodik und Pädagogik haben großen Einfluss auf die Jugendlichen. Die Rechtsextremen wissen schon, warum sie das Schulsystem so hart angreifen, es ist nach wie vor eine Schmiede und Verteidigerin der Demokratie, wesentlich mehr als etwa die Presse.

Zuletzt zum im Artikel hauptsächlich besprochenen Politikunterricht beziehungsweise der Offenheit: ganz zentral ist die Generation jener Lehrkräfte, die in den 1970er und 1980er Jahren in den Schuldienst gekommen sind, zumindest hier in BaWü. Die brachten einen unglaublichen Aufbruchsgeist und tausende von neuen Ideen mit, gründeten (im Rahmen der Bildungsexpansion) ganze Schulen neu und etablierten damals neue Konzepte, vom Gruppenarbeiten zum Projektarbeiten zum Sprachlabor. Ich hatte als Schüler diese Generation, als sie gerade in die letzte Dekade ihres Schuldiensts ging; als ich mein Referendariat gemacht habe, standen die alle kurz vor der Pension oder waren schon weg. Die 1990er und 2000er Jahre haben keinen vergleichbaren Umschwung erlebt, weil im Rahmen des Schweinezyklus‘ nur wenig Leute eingestellt wurden. Deswegen werden gerade sehr viele Leute meiner Generation eingestellt. Das ist typisch für deutsche Lehrerzimmer; eine Generation wird praktisch ausgelassen.

4) Das Fanal für Europa

Moria auf der griechischen Insel Lesbos war nicht irgendein Camp. Hier wollte die Europäische Union ihre Flüchtlingspolitik neu erfinden. […] Statt die Gesuche von Asylbewerbern schnell zu bearbeiten, hielten die griechischen und europäischen Behörden die Schutzsuchenden über Monate, zum Teil über Jahre auf der Insel fest. Kaum ein Flüchtling wurde in die Türkei zurückgebracht, aber auch kaum jemand durfte weiterreisen nach Nordeuropa. Das Ergebnis ist, dass sich Lesbos und andere griechische Inseln in Freiluftgefängnisse verwandelt haben. Im Camp Moria, das für 3000 Menschen ausgelegt ist, hausten zuletzt fast 13.000 Schutzsuchende. […]  Es liegt der Verdacht nahe, dass Athen Moria nicht nur aus Ignoranz vernachlässigt hat. Sondern dass man das Elend bewusst in Kauf genommen hat, um mögliche Neuankömmlinge abzuschrecken. Und auch die EU hat nichts getan, um die Situation zu verbessern – dabei war Moria ihr Projekt. […] Es ist eigentlich klar, was die EU nun zu tun hat: Sie muss die Inseln evakuieren. Die Flüchtlinge müssen in Europa umgesiedelt werden, so, wie es Expertinnen und Experten seit Monaten fordern. Und dann müssen sich die Europäer, endlich, endlich, auf ein gemeinsames Asylsystem einigen, dass die Schutzsuchenden fair über den gesamten Kontinent verteilt. Trotzdem ist fraglich, ob es dazu kommen wird. […] Die EU nimmt für sich in Anspruch, nicht nur eine wirtschaftliche und politische, sondern auch eine moralische Macht zu sein. Auf Lesbos hat sie jede moralische Autorität eingebüßt. (Maximilian Popp, SpiegelOnline)

Moria ist quasi der Kulminationspunkt eines unlösbaren Problems. Eine Umverteilung der Flüchtlinge auf ganz Europa ist politisch unmöglich. Nationale Alleingänge à la 2015 sind es aktuell auch. Ohne diese beiden Lösungen bleibt einzig und allein die menschenrechtswidrige Abwehr von Flüchtlingen und die rechtswidrige Massenabschiebung. Für Länder wie Griechenland ist das keine Option, die ihnen Bauchschmerzen bereiten würde. Ein Nicht-Handeln der EU und Deutschlands wird dazu führen, das das so entstandene Machtvakuum durch die Peripherieländer gefüllt wird – indem sie genau das tun. Sie werden die Menschenrechte verletzen, die Grenzen schließen, die Flüchtlinge so schlecht wie möglich behandeln und das Problem dadurch regionalisieren und auf kleiner Flamme brennen lassen. Bei uns kommt es allenfalls periodisch an, wir empören uns, holen ein paar Kinder, fühlen uns gut und vergessen es wieder. So wird das ewig weiter vertagt und auf illegale Weise gelöst, aber niemand hat ein Interesse an einer Lösung oder an einer Anklage der Menschenrechtsverletzungen. Das ist seit Jahren absehbar; Merkel hat das mit ihrem Türkei-Deal ja zur offiziellen Regierungspolitik gemacht. JedeR schwarz-rote PolitikerIn die jetzt über Moria entsetzt ist heuchelt, und die meisten anderen ebenfalls – es ist schließlich seit einer halben Dekade offenkundig, was da passiert und welche politische Dynamik am Werk ist. Man muss es nur wissen wollen.

5) What would Keynes do?

But the more fundamental reason for scepticism about future government policy is that public officials and their economic advisers still subscribe to models that assume economies normally do best without government help. Stimulus measures can be justified in an emergency, but they are not seen as part of the policy framework, any more than keeping people in intensive care is seen as a prescription for healthy living. As the Chicago economist Robert Lucas once observed, all governments are “Keynesians in the fox hole”. The fact the stimulus measures advocated by JM Keynes – such as higher public spending and tax cuts – are expected to be for emergencies only reflects the damage the neoclassical (or free-market) economics of the 1980s and 1990s inflicted on his theory: damage has never been repaired. […] One result of the discrediting of Keynesian theory has been the collapse of state investment: the UK government’s share of total investment fell from an average of 47.3 per cent in 1948-76 to 18.4 per cent in 1977-2007. This left the economy much more dependent on the variable expectations of the business community. More pertinently for today, it left the public health services denuded of capacity to cope with the pandemic, and unduly reliant on foreign supply chains for essential medical equipment. A sound principle in today’s world is that all the goods and services necessary to maintain the health and security of the nation should be produced within its own borders, or those of its close political allies. If that means curtailment of market-led globalisation, so be it. […] Keynes was convinced that if democracies failed to tackle mass unemployment, people would turn to dictatorships. He gave democracies a programme of action. We must build on it today. The economics profession has a special responsibility to show the way, which it has shamefully shirked. (Robert Skidelsky, The New Statesman)

Wenig überraschend stimme ich der Grundthese des Artikels, dass die Austerität zu Instabilität, Ineffizienz, Abhängigkeit und schlechten Leistungen geführt hat, zu. Gleiches gilt für die These von den „Keynesians in the fox hole„. Bisher hat noch jede Regierung, ob sozialdemokratisch, linkspopulistisch, rechtspopulistisch, liberal oder konservativ, in der Krise zu massiven Ausgabeausweitungen gegriffen. Es ist einfach alternativlos, wenn man den demokratischen Staat erhalten will. In fast allen Fällen braucht es nicht mal Krise oder foxhole dazu; Konservative wie Liberale finden immer gute Gründe für massive Transferleistungen wenn sie selbst an der Regierung sind. Das ist normal; Linke werfen ja auch immer genügend eigene unantastbare Grundsätze über Bord sobald sie selbst an der Verantwortung sind. Dieses Phänomen wird zwar gerne kritisiert, ist aber das Schmiermittel der Demokratie. Regierungen, die ihre Prinzipien behalten wollen, sind fundamental instabil und halten nicht lange, wenn sie überhaupt je an die Regierung kommen. Es ist kein Zufall, dass die Sanders‘ und Corbyns dieser Welt als Protestfiguren viel erfolgreicher sind als als tatsächliche Anführer.

Gleichzeitig halte ich es für super wichtig, was im Schluss des Artikels über die Erweiterung der Diskussion steht. Ich schrieb schon über die Öffnung des Overton-Fensters, und wenn Linke ihre Politik umsetzen wollen, müssen sie aus den Narrativen ihrer politischen Gegner raus. Da führt kein Weg dran vorbei. Solange SPD und Grüne überzeugt sind, den ausgeglichenen Staatshaushalt als Goldenes Kalb betrachten zu müssen, werden sie niemals eine wirklich eigenständige Politik treiben können. Dasselbe Phänomen erlebt die CDU ja auch seit Jahren, weswegen man da ja auch am rechten Rand so stinkig auf Merkel ist. Wenn man das Narrativ der Gegner übernimmt, von Menschen- und Bürgerrechten für alle etwa, kann man schlecht die radikaleren Positionen der Parteibasis umsetzen und muss ständig Kompromisse auf dem Feld machen. Schmiermittel der Demokratie und so.

6) Die Hoffnung stirbt zuerst

Den Bürgerinnen und Bürgern ist ihr Land unheimlich geworden. Die Französinnen und Franzosen möchten Macron vielleicht gern glauben, wenn er von der Einheit spricht. Aber je öfter er sich wiederholt, desto stärker werden die Zweifel, aus denen Frankreich nicht mehr herausfindet. […] Wer ist Opfer, wer ist Täter – darauf ist die Hebdo-Debatte in Frankreich im Moment reduziert, ein perfektes Setting, um sich jahrelang im Kreis zu drehen. Denn wirklich erforscht, aufgeklärt und gelehrt werden die Geschichte des Kolonialismus, des Algerienkriegs, der Beziehungen zu Afrika nicht. Eine große, populäre Ausstellung über Verstrickungen, Versprechen, Migration und Propaganda in den Beziehungen Frankreichs zum Maghreb und Schwarzafrika fehlt dringend. Wirklich zu Wort kommen auch die Bewohner der Vorstädte nicht. Das Attentat auf „Charlie Hebdo“ wurde als Anschlag von außen, als Tat fremder Mächte gewertet – das war aber nur ein Teil der Wahrheit. […] Die einen sehen überall eine unaufgearbeitete koloniale Vergangenheit, die anderen sind davon überzeugt, der große Bevölkerungsaustausch gehe vonstatten, in dem die alteingesessenen Gallier durch Menschen aus Afrika ersetzt werden. […] In Frankreich bricht sich etwas Grundlegendes Bahn, ein Ringen um Zivilisation und Identität. Wie stiftet man Vertrauen und überwindet das Beschweigen? Welche Extreme vergiften den Diskurs, statt ihn zu befördern? Wer ist Charlie? (Nils Minkmar, SpiegelOnline)

Für Frankreich und Großbritannien gilt in viel größerem Maße als für Deutschland: Ohne Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit wird es keine Integration geben. Diese Länder haben nie mit ihrer kolonialen Vergangenheit abgerechnet, und auch wenn sie integrierende nationale Erzählungen entworfen haben – Commonwealth hier, Francophonie dort – blieben diese hohl, weil sie außer der weißen Mehrheitsgesellschaft niemand anderen respektiert oder ernst genommen haben. Es ist wie die Integrationsdebatte in Deutschland auch unglaublich einseitig. Niemand interessiert sich für die Kultur von Türken, Syrern oder sonstwem, außer, wo sie als defizitär wahrgenommen wird. Bei uns ist die Kolonialvergangenheit kein so großes Thema, weil wir keine großen Minderheiten aus den ehemaligen Kolonien haben; ihre aktuelle Halb-Prominenz verdankt sie eher den BLM-Protesten und Jürgen Zimmerers Aktivismus. Heißt nicht dass die Diskussion nicht gut wäre, nur erklärt das die weniger hervorgehobene Stellung.

7) Klimawandel: Europa und USA fast allein für Klimakatastrophe verantwortlich

Schlimmster CO2-Sünder sind der Analyse zufolge erwartungsgemäß die USA. Eigentlich dürfte das Land insgesamt nur 41,5 Gigatonnen CO2 ausstoßen, 2015 seien es aber schon 420,4 Gigatonnen gewesen. Das sei nicht nur das Zehnfache des Budgets, sondern auch 40 Prozent der übermäßigen CO2-Emissionen insgesamt. Auf dem zweiten Platz folgt Russland (105 statt 27 Gigatonnen) vor Deutschland. Mit 91,3 statt 18,4 Gigatonnen CO2 haben die deutschen Staaten fast das fünffache ihres Budgets ausgestoßen und landen bezüglich der Gesamtmenge an zu viel ausgestoßenem CO2 sogar vor dem Mutterland der Industrialisierung Großbritannien. […] Insgesamt kommt Hickel zu dem Ergebnis, dass die EU-Staaten (inklusive Großbritannien) für 29 Prozent des zu viel ausgestoßenen CO2 verantwortlich sind, der Rest Europas für weitere 13 Prozent. Zusammen mit dem Anteil der USA sind das 82 Prozent des übermäßigen CO2. Die anderen Staaten des globalen Nordens – also laut Hickel noch Kanada, Israel, Australien, Neuseeland und Japan – kommt auf 10 Prozent. Der gesamte Rest der Welt steckt demnach lediglich hinter 8 Prozent des zu viel ausgestoßenen CO2 und den dadurch ausgelösten Klima-Zusammenbruchs. Hickel meint, man könne von atmosphärischer Kolonisierung sprechen, denn die reichsten Staaten hätten die Atmosphäre weit stärker verschmutzt als ihnen zusteht, während der globale Süden von den Folgen überproportional betroffen ist und sein wird. (Martin Holland, heise.de)

Deutschland war mal führend beim Thema Klimawandel. Nur ist das 20 Jahre her. Seither ist es vor allem ein bequemes Narrativ, während andere Länder und Regionen längst an uns vorbeigezogen sind, während wir von der Substanz gelebt und unter Merkels Regierung zahlreiche Programme abgebrochen haben (etwa die Energiewende). Letztlich ist Merkels Kanzlerschaft eine einzige Periode verlorener Zeit, was den Kampf gegen den Klimawandel angeht, und wir werden die Folgen und Kosten davon noch sehr lange zu tragen haben – vorausgesetzt, es passiert endlich was, was angesichts der extrem hohen Wahrscheinlichkeit einer fortgesetzten CDU-Kanzlerschaft eher unwahrscheinlich ist.

8) Mut zum Alleingang

Ich finde es absolut wertvoll darauf hinzuweisen, wie stark die ganze Flüchtlingsdebatte im Allgemeinen und die Krise 2015/16 im Speziellen von Mediennarrativen geprägt ist. Für ein halbes Jahr war der Tenor des #RefugeesWelcome unglaublich dominant, was zahlreiche eher konservativ oder rechts schlagende Herzen sehr befremdet hat. Dann kam ein radikaler Umschwung, und der Wahlkampf 2017 wurde im Zeichen einer unglaublich toxischen Debatte geführt (ich erinnere an das unsägliche Kanzlerduell und damit einhergehende Totalversagen der Leitmedien). Aber das ist ja kein Naturzustand. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen ist weiterhin für eine flüchtlingsfeindliche Politik nicht zu haben (nur, siehe Fundstück 4, auch nicht für eine Neuauflage von #RefugeesWelcome; aktuelle Meinungsumfragen sehen einen 40:40:10 Split in Deutschland für Aufnahme, Aufnahme nur EU-weit und keine Aufnahme).

Besonders spannend finde ich in dem Zusammenhang auch, dass das Vertrauen der Deutschen insgesamt sowohl in die Medien als auch in die Regierung seit 2015 konstant gestiegen ist. Obwohl permanent von Regierungsversagen und Misstrauen gegen die Medien gesprochen wird, ist der Glauben an beides gerade in dieser Zeit eklatant zurückgegangen. Total merkwürdig; möglicherweise eine Variante von el-Mafalaanis „Integrationsparadox„.

9) Democrats must bow to the Electoral College

But now Shadi Hamid at The Atlantic has written a column of his own in which he treats this latter scenario as the one most likely to push the country into full-on democratic breakdown and civil unrest. That’s because it’s the Democrats, Hamid claims, who may find it impossible to concede the election if Trump manages to win by carrying the Electoral College. […] I have no idea if Hamid is right about this, and very much hope we never get to test the prediction. But a glance at the political militancy of left-wing protesters on the streets of American cities this summer, not to mention the conspiracy-addled speculations and hyperbolic warnings of incipient fascism emanating from self-described members of the „resistance“ on cable news and social media, shows that the scenario is at least plausible, if not exactly likely. […] The Democrats‘ problems are contingent, not systematic. […] This points toward a way for the party to improve its likelihood of winning — by trading some of those wasted votes for votes it needs far more in other (more culturally conservative) regions of the country. They could do this by soft-peddling positions on the left side of the culture-war, finding, for example, 21st-century equivalents to Bill Clinton’s pledge to make abortion „safe, legal, and rare.“ That is a winning path forward for the Democrats within the current system. And indeed, Joe Biden’s record of moderation and capacity to appeal to more culturally conservative voters than Hillary Clinton managed to do four years ago could well turn out to be key to a Democratic victory in November. (Damon Linker, The Week)

Gleich vorweg sei bemerkt, dass das Erheben einer solchen Forderung natürlich immer sehr leicht fällt, wenn du die Position eh teilst. Damon Linker gehört eher zum rechten Flügel der Democrats, wenn man ihn der Partei überhaupt zuordnen will (The Week ist kein linkes Medium wie etwa Washington Monthly oder Vox). Ich bin immer sehr skeptisch, wenn Leute einer Partei zur Lösung eines Problems genau das empfehlen, was sie schon immer geglaubt haben, ob das jetzt ein „weniger Identitätspolitik“ von Linker ist oder ein „höhere Steuern und Medicare for All“ von den Bernie-Leuten. Seiner grundsätzlichen Analyse stimme ich aber zu, und Biden fährt ja ziemlich offensichtlich einen Wahlkampf genau unter diesen Prämissen.

Noch eine Seitenbemerkung zum Szenario der Nicht-Akzeptanz des Wahlergebnisses: Ja, vor allem auf der radikaleren Basis-Seite bestehen solche Tendenzen schon, aber es erfordert extrem viele Annahmen und Reifen, durch die das Argument springen muss, um diese als sonderlich realistisch zu sehen. Die Democrats sind nicht die Gefahr, sondern die Republicans. Anders als jedeR PolitikerIn der Democrats muss ich bei denen nicht irgendwelche Annahmen bemühen, dass sie das Ergebnis vielleicht nicht anerkennen könnten, wenn A, B und C passieren. Sie sagen völlig offen, dass sie ein nachteiliges Ergebnis nicht akzeptieren wollen und dass sie die Wahl manipulieren. Hier muss man mit Bothsiderismus schon extrem vorsichtig sein.

10) How the 1970s Changed the U.S. Economy

Oil had represented a big improvement over coal. It was much cheaper to extract and transport and had a higher energy density. That permitted vast and rapid improvements in transportation technologies such as airplanes, internal combustion cars, and so on. But after 1973, that energy bonanza was no longer a sure thing. The smooth progress of industrial technology toward bigger, faster, and more powerful machines, already in trouble due to the failure of nuclear power to supplant oil, crashed to a halt in 1973. Instead of finding new ways to use ever-more-abundant energy, manufacturers shifted toward finding ways to do more with less. Manufacturing productivity kept increasing, but the sector became less and less important to the economy […] So the oil shock must be the prime suspect in the economic shift that began in the early 1970s. Of course, there are other potential culprits. One is shrinking union membership, which probably reduced workers’ bargaining power: […] But even here, the oil crisis could have exacerbated the trend, by shrinking heavily unionized manufacturing and mining industries and by weakening labor’s bargaining power via the Volcker recessions. […] If the end of the age of cheap oil was truly responsible for many of these negative structural shifts in the U.S. economy, then one obvious remedy is to find an energy source better than oil. That alternative may already be available: Solar power is becoming startlingly cheap. But to truly replace oil, solar energy will have to be not just cheap to gather but easy to transport from place to place. That means we need much more progress in batteries or other storage technologies. Governments should push hard to make big leaps in these technologies, so that the era of cheap energy can return — and with it, hopefully, widely shared prosperity. (Noah Smith, Bloomberg)

Die 1970er Jahre sind tatsächlich wahnsinnig interessant, weil sich in diesem Jahrzehnt so viel verändert hat. Smiths These hier, dass die steigenden Ölpreise zu einem Abwürgen von Innovation geführt haben, ist sehr interessant. Denn wenn Computer etwas nicht brauchen – arguably DIE Innovation nach 1980 – dann ist das Öl. Von daher ist das zumindest als Hypothese nicht völlig abwegig. Mir fehlt das Fachwissen, um das beurteilen zu können; KommentatorInnen vor. Aber das Fazit des Artikels kann ich auf jeden Fall unterstützen. Es ist ziemlich offensichtlich, dass wenn wir super billige Energie hätten, das sich positiv auf die Innovationskraft auswirken würde – auch im Hinblick auf den Klimawandel. Ob die Lösung durch Solarenergie kommen wird weiß ich nicht, aber Kohle und Atomstrom sind es sicherlich nicht. So teuer und ineffizient wie die zwei sind….

11) After Abe: How Japan’s new prime minister should handle diplomacy

So, what are the implications of Suga’s victory? The Suga administration will bring continuity and stability to Japanese politics, and will most likely set the national political agenda. As the longest-serving chief cabinet secretary in Japan’s history, Suga has dedicated his life to running the Abe government and has been significantly involved in all its major domestic and international policies. Unlike Abe, Suga has navigated the world of Japanese politics without the privileges that come with membership of a political dynasty or, until now, strong backing from a party faction. He excelled under the Abe administration partly because he has kept a tight hold on the nation’s bureaucracy. Suga has successfully coordinated domestic affairs (including through several scandals that struck the Abe administration) and overseen crisis management at home. Domestically, his priority is to tackle the effects of the covid-19 pandemic and to decide what to do about the Tokyo Olympics. The Japanese economy has been deeply affected by the crisis. Consumption, international trade, and other forms of economic activity have declined. The biggest challenge for Suga is to spark an economic revival that leads to sustained growth. His government is likely to adopt an enhanced version of “Abenomics”(a concept based upon the “three arrows” of monetary easing, fiscal stimulus, and structural reform), and to pursue a proactive fiscal policy that includes stimulus packages until the pandemic is under control. In addition, Suga promised during his campaign to introduce measures to protect jobs, create vibrant regional economies, and build a reliable social security system suited to a rapidly ageing society. (Elli Pohlkamp, European Council on Foreign Relations)

Ich habe aus dem Artikel die innenpolitischen Punkte herausgepickt, weil ich kurz noch einmal darauf hinweisen will, wie transformativ Abes lange Amtszeit war. Nicht nur hat er für japanische Verhältnisse ungewöhnlich lange regiert, er scheint auch zumindest ansatzweise einen Weg aus dem langen Dilemma japanischer Wirtschafts- und Währungspolitik gefunden haben. Abe hat sich zudem massiv für eine Ausweitung der Frauenerwerbstätigkeit eingesetzt, die in Japan auf einem für Industrieländer absurd niedrigen Niveau ist und sowohl Produktivität als auch Gleichberechtigung hemmt. Er hat sich außerdem deutlich gegen den Kult der familienzerstörenden langen Arbeitszeiten ausgesprochen, der in Japan seit Jahrzehnten prävalent ist (wie auch in den USA übrigens).

Auch in der Sicherheitspolitik hat Abe einen massiven Umschwung bewirkt und eine fast 60jährige Tradition beendet; wie in der Bundesrepublik versucht Japan gerade, seine Verteidigungspolitik und Armee grundsätzlich zu reformieren und kämpft da natürlich mit massiven Problemen und Umsetzungsschwierigkeiten. Generell spannend zu beobachten, was in Nippon passiert, auch wenn das natürlich wegen Entfernungen und kultureller Fremdheit für uns hier nur mittelbar von Belang ist.

{ 142 comments… add one }
  • derwaechter 17. September 2020, 16:02

    „Vertrauen in die Genialität der Ingenieure (alle männlich, natürlich)

    Lass doch den Quastch. Du weisst genau, dass es das nicht heißt.

    Man kann breit über Sinn und Unsinn geschlechtergerechter Sprache diskutieren.
    Aber Leuten die die aktuell gültigen Regeln korrekt verwenden pauschal zu unterstellen, sie würden nicht alle Menschen (mit-)meinen ist schlicht Blödsinn.

    • Stefan Sasse 17. September 2020, 16:38

      Ok, das war vielleicht zu instinktiv ausgeteilt.

      • derwaechter 17. September 2020, 19:30

        Das hast du schön ausgedrückt. Da musste ich schmunzeln 🙂

  • giese 17. September 2020, 16:05

    Bitte nehmen Sie mich aus Ihrem e-mail-Verteiler.

    Sorry, das ich eine mail schreibe – aber ich habe auf
    Ihrer Seite keinen Link „ABMELDEN“ gefunden.
    MFG

    • Stefan Sasse 17. September 2020, 16:39

      Ich habe nicht die geringste Ahnung wo ich das tun könnte, sorry.

    • Ariane 17. September 2020, 20:42

      Das Abmelden funktioniert in einer der versendeten Emails:

      Melde dich ab, um keine weiteren Beiträge von Deliberation Daily zu erhalten.
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  • Stefan Pietsch 17. September 2020, 17:15

    2) Tweet

    Nirgendwo wird das so deutlich wie in Merkel-Adlatus Altmaier, der gerade wieder verkündet hat, dass seine Strategie zur Begegnung des Klimawandels in „Vertrauen in die Genialität der Ingenieure (alle männlich, natürlich)“ bestehe, was auch nur eine leichte thematische Abwandlung des Lindner-Mantras ist, dass irgendwelche coolen Start-ups ohne jegliche staatlichen Anreize es lösen werden.

    Es ist ja der Witz, den Du jedes Mal präsentierst, dass unterbeschäftigte Beamte, die ihren Job ob besserer Work-Life-Balance-Gestaltung gewählt haben, besser als Menschen wissen, die etwas mit Hingabe studiert haben und mit wahnsinnigem Enthusiasmus Unternehmen gründen, also dass diese sicherheitsverliebten Sesselwarmhalter phantastisch geeignet sind, vorzugeben, was zur Bekämpfung des Klimawandels notwendig ist.

    Wer sich die deutsche Klimapolitik inklusive aller möglichen Aktivisten betrachtet, bekommt vor lauter Ideenarmut das Heulen. Sparen müsse man. Und verzichten, ganz viel. Und am besten auf jede Mobilität verzichten. Wer sich die letztverfügbaren Zahlen über die CO2-Emissionen ansieht und diese dem fiktiv errechneten Budget gegenüberstellt, bevor es zur Apokalypse kommt, kann sich kaum der Erkenntnis verschließen, dass es selbst mit einem Teilrückzug in die Ära Steinzeit wohl nicht mehr klappen wird.

    Daraus ließen sich einige Konsequenzen ziehen. Die Klimapolitik inklusive der Aktivisten und der möglicherweise angehenden Terroristen ziehen keine. Vielleicht liegt das an den fehlenden mathematischen Kenntnissen, Du hast ja selbst auf das Desaster in den MINT-Fächern verwiesen. Eine Politik, die immer mehr Subventionen für Strom aus Ökosteckdosen hinauswirft und das Auto eventuell sogar abschafft, wird dennoch das Ziel nicht erreichen (können).

    Die meisten haben sich auf das olympische Prinzip verlegt, in etwas abgewandelter Form. Wichtig ist nicht, das Ziel zu erreichen, sondern sich im Gefühl moralischer Überlegenheit zu sonnen. How Dare You?!

    Menschen haben nicht fliegen gelernt, weil eine staatliche Einheit eine geniale Idee gehabt hätte. Im Gegenteil. Die Bürokratie hat dem Erfindergeist stets entgegengestanden, schließlich ist nur möglich, was bereits bekannt ist. Unternehmer denken anders. Möglich ist, was noch nie dagewesen ist, denn nur damit lässt sich wirklich Geld verdienen.

    Bürokraten werden sich an diesem Satz die Zähne ausbeißen.

    4) Das Fanal für Europa

    Griechenland erhält seit Jahren viel Geld, um die Asylverfahren abzuwickeln. Athen hat bisher nicht gebeten, verlangt oder gewünscht, dass die europäischen Partner Kontingente übernehmen. Moralinsaure Deutsche wissen sich natürlich wieder bestens zu inszenieren, wo sie außer moralischer Überheblichkeit nichts einzubringen wissen. Man sollte nicht voraussetzen, Athen hätte keine Gründe für seine Politik.

    5) What would Keynes do?

    Ich werde noch die nächsten 100 Jahre auf die Antwort warten müssen, was Du aus den früheren Fehlern keynesianischer Politik gelernt hast. Deutschland kam ob hoher Verschuldung Anfang der Nullerjahre in große Nöte, Italien und Griechenland sind ob der von Dir für gut und richtig geheißenen Politik im Dauerkrisenmodus. Natürlich, so Deine Erkenntnis, sollten wir im Rahmen der europäischen Solidarität diesen Ländern helfen. Doch warum eigentlich? Wenn eine Politik gut und richtig ist, wie kann sie dann dazu führen, dass man in Nöte gerät? Diesen Wiederspruch werden Vulgärkeynesianer nicht auflösen können, die nie verstehen, dass der Keynesianismus konjunkturpolitische Empfehlungen gibt, aber keine Wachstumsstrategie ist.

    7) Klimawandel: Europa und USA fast allein für Klimakatastrophe verantwortlich

    Deutschland war mal führend beim Thema Klimawandel.

    Wo hast Du das her? Aus dem politischen Poesiealbum?

    8) Mut zum Alleingang

    Deutschland hat 2015/2016 über Jahre seinen Beitrag als moralisches Vorbild geleistet. Jetzt sind andere dran oder wir sollten das mit Europa vergessen, wenn ohnehin nur zählt, was deutsche Moralisten denken.

    • Stefan Sasse 17. September 2020, 17:48

      2) Ich finde die Verzicht-Ideologen auch nur nervig. Ich hätte echt gerne ein taugliches Gegenmodell, denn ich fürchte dass die sich am Ende durchsetzen. Aber es gibt keines. Deine übliche ideologische Abscheu gegenüber Staatsdienern mal beiseite, das Grundproblem ist, dass den Klimawandel zu bekämpfen kein Geld bringt, sondern kostet. Ohne massive staatliche Anreize geht da GAR NICHTS, werden brillante Köpfe weiterhin das iPhone8552752365 designen oder den neuesten Daimler noch ein wenig windschnittiger machen. DAS ist das Problem.

      4) Sag ich ja. Die Griechen haben kein Problem, es ist die die deutsche Innenpolitik, die das nicht mitansehen will, aber eben auch nichts dagegen tun. Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Merkel ist nicht so doof, dass sie diese Dynamik nicht erkennen würde.

      7) Sagen wir führender als heute?

      8) Wie ich in 4 beschrieben habe: Unlösbares Problem. Wir hätten eine europäische Lösung haben können, um 2010 rum. Aber da hat man noch geglaubt, man sei hinter Dublin III sicher. Das war ein Irrtum. Und als sich der herausstellte, war es zu spät.

      • CitizenK 17. September 2020, 17:58

        Ich versteh bis heute nicht, warum Italien und Griechenland sich auf Dublin eingelassen haben.

      • Stefan Pietsch 17. September 2020, 18:06

        ad 2) Stefan, die Rechnung ist einfach. Wenn wir die Emissionen und die bisherige Erwärmung als Fakt nehmen und das Klimabudget plus / minus ein paar Milliarden Kohletonnen als valide anerkennen, dann ist dieses in rund 10 Jahren aufgebraucht. Wer ein bisschen rechnen kann, wird nicht umhinkommen, an dieser Stelle „Ups“ zu sagen (frei nach Independence Day). Der Faktor Zeit in der Gleichung lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur erhöhen, wenn wir auch mal ein Minus in die Gleichung bauen und nicht nur versuchen, die Pluszahlen klein zu halten. Und Minus heißt, es muss CO2 raus aus der Atmosphäre. Das haben weder die grün lackierten Ökos noch ihre Kombattanten auf der Straße verstanden oder denken nur in diese Richtung.

        Unternehmer schon.

        Mir fehlt die Phantasie, dass eine junge, ambitionierte Verwaltungsangestellte mit 25-Stundenwoche, die Wert legt auf gendergerechte Schreibweise, eine Idee haben könnte, wie, was in welche Richtung ein Unternehmen testen könnte um irgendwann mit dem Testergebnis einen dollen Gewinn zu machen.

        Natürlich kann man damit Geld verdienen! Klimapolitisch orientierte Unternehmen gelten derzeit als hochattraktiv für Risikokapitalgeber. Klar, auch das wird unsere gendergerecht geschriebene Verwaltungsangestellte mit Karriereziel 20-Stundenwoche nicht wissen. Sind ja ohnehin nur Kapitalisten!

        ad 4) Athen ist zuständig und damit führend. Vielleicht sollten all jene, die sich als gute Europäer aufspielen, das einfach akzeptieren.

        ad 7) Nein. Subventionspolitik ist nicht Ausdruck einer innovativen Industrie oder Politik.

        • Stefan Sasse 17. September 2020, 18:09

          2) Dann hoffen wir einfach mal zehn Jahre. Und wenn bis dahin die Ideologie der Praxis nicht folgte, sagen wir halt „ups“.

          4) Tu ich doch…?

          7) Das ist Ideologie.

          • Stefan Pietsch 17. September 2020, 18:55

            2) Stefan, mach‘ einfach ein Cap & Trade-System über alles, was CO2 erzeugt. Dann hast Du zumindest eine Garantie, dass die bestimmten Ziele eingehalten werden. Und Du kannst Dich mit den Bürokraten freuen, dass hier einfach eine Verwaltungsvorgabe gemacht wird. Und ansonsten ist die beste Empfehlung: Klappe halten und abwarten.

        • derwaechter 17. September 2020, 19:34

          „Der Faktor Zeit in der Gleichung lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nur erhöhen, wenn wir auch mal ein Minus in die Gleichung bauen und nicht nur versuchen, die Pluszahlen klein zu halten. Und Minus heißt, es muss CO2 raus aus der Atmosphäre. Das haben weder die grün lackierten Ökos“

          Ohne staatliche Anreize ist CCS u.ä. nie wirtschsfaftlich.

          • Stefan Pietsch 17. September 2020, 20:08

            Das entscheidet doch der Zertifikatepreis. Wer CO2 aus der Atmosphäre nimmt, bekommt dafür Zertifikate, die wiederum handelbar sind. Die Subvention ist in dem Cap& Trade-Modell inkludiert.

          • CitizenK 17. September 2020, 20:52

            Vielleicht doch – mit einem neuen Verfahren. Man sollte nie nie sagen:
            „Da das bei der Elektrolyse freigesetzte CO2 höher konzentriert ist als bei herkömmlichen Verfahren, kann es leichter abgesondert und weiterverwendet werden. Aus dem hochkonzentrierten CO2 können etwa synthetischer Treibstoff, Trockeneis oder Kohlensäure für die Getränkeindustrie gewonnen werden.“
            https://www.n-tv.de/wissen/Neue-Hoffnung-fuer-Klimakiller-Beton-article21279697.html

            • derwaechter 18. September 2020, 08:56

              Eben, es braucht staatliche Anreize. Der Markt regelt das nicht von alleine.

              Ich glaube CCS mit Kohlensäure gibt es schon, und zum Erhöhen des Drucks in Ölfeldern wird es auch verwendet und es gibt bestimmt noch mehr, dass ich nicht im Kopf habe.

              Aber die Mengen die gelagert werden müsste und die enormen Kosten lassen bis auf weiteres kein gewinnbringendes CCS in ausreichendem Maßstab erwarten.

              Abgesehen davon ist eine Verwendung (CCU) nicht unbedingt karbonnegativ. Das bleibt ja nicht ewig z.B. in den Getränken.

              • Stefan Pietsch 18. September 2020, 10:06

                Eben, es braucht staatliche Anreize. Der Markt regelt das nicht von alleine.

                Woher wissen Sie das?

                Aber die Mengen die gelagert werden müsste und die enormen Kosten lassen bis auf weiteres kein gewinnbringendes CCS in ausreichendem Maßstab erwarten.

                Woher wissen Sie das? Können Sie die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts berechnen und haben Sie Einblick in Kalkulationen der kommenden 10 Jahre? Ich finde Ihr Wissen ja beeindruckend, nur nicht in den Details.

                Die grundsätzliche Frage ist nicht beantwortet: woher wissen staatliche Stellen, in welche Richtung zu marschieren ist und welche Technologien bereits vor ihrer Entstehung zu fördern sind und welche nicht? Ich bin da weitgehend ratlos, ich habe keinen vorausschauenden Beamten in meinem Leben kennengelernt.

                Ich gebe Ihnen mal ein paar Beispiele über Entscheidungsgeschwindigkeiten des Staates.

                * Seit spätestens Anfang der Achtzigerjahre wusste die Politik, dass das Rentensystem auf eine demographische Krise zulief. Ein reines Umlagesystem wurde bereits damals als zu anfällig für den Rückgang der Erwerbsbevölkerung angesehen. Doch erst 20 Jahre später, Anfang der Nullerjahre, wurde Schritte zu einer kapitalgedeckten Vorsorge unternommen.

                * 1985 krachte im fernen Tschernobyl ein Kernkraftwerk zusammen, die Anti-Atomkraftbewegung erhielt einen entscheidenden Schub. 15 Jahre später wurde der Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen, knapp ein Jahrzehnt später abgemildert, nur um dann im ad-hoc-Verfahren vollzogen zu werden.

                * Seit ich lebe (also eine ganze Weile), ist die Kohle eine mit hohen Subventionen versehene Technologie. Spätestens seit Anfang der Neunzigerjahre ist man zu der Erkenntnis gelangt, dass eine Energieerzeugung auf Basis eines sehr kohlehaltigen Stoffes klimaschädlich ist. 30 Jahre später werden Schritte unternommen, die Kohlemeiler auslaufen zu lassen.

                * Anfang der Neunzigerjahre wurde der Bau eines modernen Bahnhofs für Stuttgart beschlossen. So 18 Jahre später gelangen die politischen Entscheidungsträger zu der Ansicht – nachdem der gesamte Rechtsweg gegangen wurde – man müsse darüber noch einmal abstimmen lassen.

                Man kann natürlich zu der Ansicht gelangen, es hätten immer die Falschen regiert mit den falschen Überzeugungen. Wenn nur alle an einem Strang ziehen über ein paar Jahrzehnte, gleich die richtigen Ansichten hätten und man auf Regierungswechsel verzichten würde, dann wäre alles gut.

                Man kann aber auch der Ansicht sein: It’s not a bug. It’s a feature!

                • derwaechter 18. September 2020, 11:05

                  „Eben, es braucht staatliche Anreize. Der Markt regelt das nicht von alleine.

                  Woher wissen Sie das?“

                  Sie glauben wir bekommen CCS ohne staatliche Anreize?
                  Warum sollten denn bitte Unternehmen eine sehr teure Technologie zum Klimaschutz anwenden ohne Vorteile dadurch zu haben? Glauben sie grüner Beton oder Erdöl/gas mit CCS lässt sich so viel teurer vermarkten, dass die Kosten wieder reinkommen?

                  Ohne Anreize ( Cap&Trade, Karbonsteuer, Subventionen) oder Zwang wird das nicht kommen.

                  „Aber die Mengen die gelagert werden müsste und die enormen Kosten lassen bis auf weiteres kein gewinnbringendes CCS in ausreichendem Maßstab erwarten.

                  Woher wissen Sie das? Können Sie die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts berechnen und haben Sie Einblick in Kalkulationen der kommenden 10 Jahre? Ich finde Ihr Wissen ja beeindruckend, nur nicht in den Details.“

                  Sie haben ihren Argumentationstechnik seit der Oberstufe nicht mehr angepasst, oder?

                  „Die grundsätzliche Frage ist nicht beantwortet: woher wissen staatliche Stellen, in welche Richtung zu marschieren ist und welche Technologien bereits vor ihrer Entstehung zu fördern sind und welche nicht? Ich bin da weitgehend ratlos, ich habe keinen vorausschauenden Beamten in meinem Leben kennengelernt.

                  Ich gebe Ihnen mal ein paar Beispiele über Entscheidungsgeschwindigkeiten des Staates.

                  * Seit spätestens Anfang der Achtzigerjahre wusste die Politik, dass das Rentensystem auf eine demographische Krise zulief. Ein reines Umlagesystem wurde bereits damals als zu anfällig für den Rückgang der Erwerbsbevölkerung angesehen. Doch erst 20 Jahre später, Anfang der Nullerjahre, wurde Schritte zu einer kapitalgedeckten Vorsorge unternommen.

                  * 1985 krachte im fernen Tschernobyl ein Kernkraftwerk zusammen, die Anti-Atomkraftbewegung erhielt einen entscheidenden Schub. 15 Jahre später wurde der Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen, knapp ein Jahrzehnt später abgemildert, nur um dann im ad-hoc-Verfahren vollzogen zu werden.

                  * Seit ich lebe (also eine ganze Weile), ist die Kohle eine mit hohen Subventionen versehene Technologie. Spätestens seit Anfang der Neunzigerjahre ist man zu der Erkenntnis gelangt, dass eine Energieerzeugung auf Basis eines sehr kohlehaltigen Stoffes klimaschädlich ist. 30 Jahre später werden Schritte unternommen, die Kohlemeiler auslaufen zu lassen.

                  * Anfang der Neunzigerjahre wurde der Bau eines modernen Bahnhofs für Stuttgart beschlossen. So 18 Jahre später gelangen die politischen Entscheidungsträger zu der Ansicht – nachdem der gesamte Rechtsweg gegangen wurde – man müsse darüber noch einmal abstimmen lassen.

                  Man kann natürlich zu der Ansicht gelangen, es hätten immer die Falschen regiert mit den falschen Überzeugungen. Wenn nur alle an einem Strang ziehen über ein paar Jahrzehnte, gleich die richtigen Ansichten hätten und man auf Regierungswechsel verzichten würde, dann wäre alles gut.

                  Man kann aber auch der Ansicht sein: It’s not a bug. It’s a feature!“

                  Was genau hat das mit dem was ich geschrieben habe zu tun?

                  • Stefan Pietsch 18. September 2020, 11:25

                    [Sie glauben wir bekommen CCS ohne staatliche Anreize?]
                    Warum sollten denn bitte Unternehmen eine sehr teure Technologie zum Klimaschutz anwenden ohne Vorteile dadurch zu haben?

                    Sie fordern Glaubensbekenntnisse. Ich glaube an Gott, dieser wird die Dinge zum Guten regeln.

                    Finden Sie unseriös, nicht diskutabel? Ach, so…

                    Ich habe Ende der Nullerjahre in der Cap&Trade-Branche gearbeitet. Und ich habe Blockbuster in ihrer Entstehung erlebt. Menschlicher Erfindergeist gepaart mit dem immanenten Erwerbstrieb macht sehr viel möglich. Davon bin ich begeistert, nicht von Verwaltung.

                    Der Staat tut bei Cap&Trade das, was er kann: er definiert das Erlaubte. Alles andere ist Sache der Bürger und Unternehmer. Warum haben Sie damit ein Problem?

                    Was genau hat das mit dem was ich geschrieben habe zu tun?

                    Kann sein, dass ich einfach schneller denke und nicht jeden mitnehme. Sorry.

                    Wenn der Staat typischerweise 15-25 Jahre von der Erkenntnis bis zur Umsetzung von Projekten benötigt, dann ist das für die Verfolgung einer Strategie, von der angeblich das Überleben der Menschheit abhängt, einfach zu lang. Wenn diese Strategieentwürfe dann noch von Wahlen abhängig sind, sollte man auf dieses Vorgehen lieber kein Leben setzen.

                    Angeblich ist die Party ja in 30 Jahren gelaufen. Da ist der demokratische Staat gerade in die Puschen gekommen. Ich halte das für ungenügend, aber vielleicht bin ich einfach nur schneller im Denken.

                    • derwaechter 18. September 2020, 15:18

                      „Der Staat tut bei Cap&Trade das, was er kann: er definiert das Erlaubte. Alles andere ist Sache der Bürger und Unternehmer. Warum haben Sie damit ein Problem?“

                      Ernst gemeinte Frage: Haben Sie meine Kommentare gelesen?

                      Wenn ja: Wir kommen Sie dann darauf ich hätte mit Cap&Trade ein Problem?

                      „[Sie glauben wir bekommen CCS ohne staatliche Anreize?]
                      Warum sollten denn bitte Unternehmen eine sehr teure Technologie zum Klimaschutz anwenden ohne Vorteile dadurch zu haben?

                      Sie fordern Glaubensbekenntnisse. Ich glaube an Gott, dieser wird die Dinge zum Guten regeln.

                      Finden Sie unseriös, nicht diskutabel? Ach, so…“

                      Ich zitiere mich mal selbst: Sie haben Ihre Argumentationstechnik seit der Oberstufe nicht mehr angepasst, oder?

                      „Kann sein, dass ich einfach schneller denke und nicht jeden mitnehme. Sorry.“

                      Umgekehrt wird es richtig. Sie sind dermaßen in Ihren üblichen Erklärungsmustern gefangen, dass Sie gar nicht merken, dass diese hier überhaupt nicht passen.

                      Noch mal ganz langsam und ganz einfach: Ohne staatliche Anreize (wie z.B. Cap&Trade!) wird sich CCS m.E. nicht durchsetzen.

                      Sehen Sie das anders?

                    • Stefan Pietsch 18. September 2020, 15:44

                      Ich reibe mich daran, dass Sie Cap&Trade als staatliches Instrument der Subvention deklarieren. Irgendwo muss anscheinend der Staat als großer Gönner untergebracht werden. Dass Unternehmen, die in einem Zertifikate-Regiment Einsparungen schaffen, daraus einen finanziellen Vorteil ziehen (sollen), ist dem System doch immanent. Es bleibt trotzdem Markt. Die Vergünstigung wird nicht vom Staat, sondern von den anderen Marktteilnehmern gezahlt.

                      Warum sollten denn bitte Unternehmen eine sehr teure Technologie zum Klimaschutz anwenden ohne Vorteile dadurch zu haben?

                      Sie missverstehen. Ein Vorteil ist nicht nur, wenn der Staat einen Betrag überweist. Oder auf die Überweisung verzichtet. Was meinen Sie, warum Elon Musk ins Weltall fliegen will? Weil er dafür Geld von der NASA bekommt?

                      Vielleicht sollten wir gegenseitig etwas abrüsten. Ich halte Sie für einen klugen Kommentator, mit dem es Spaß machen könnte. Aber Sie haben eine innere Abneigung gegen mich. Aber vielleicht sehen Sie es umgekehrt genauso.

                    • derwaechter 18. September 2020, 16:48

                      „Ich reibe mich daran, dass Sie Cap&Trade als staatliches Instrument der Subvention deklarieren.“

                      Habe ich nicht. Ich sprach von staatlichem Anreiz. Und das ist es ohne Zweifel. Anreize zur Reduktion von Emissionen zu schaffen ist der Kern von Cap&Trade.

                      Sie missverstehen, bewusst oder unbewusst, und gehen dann zum Angriff über. Nur halt völlig am Ziel vorbei und ohne (sichtbares) Interesse an einem ernsthaften Austausch oder gar Erkenntnisgewinn.
                      Daher antworte ich, wenn überhaupt, so genervt.

  • CitizenK 17. September 2020, 17:29

    7) Es sollte auch einfach mal festgehalten werden, dass die Erneuerbaren schon jetzt einen größeren Anteil und ein niedrigeres Preisniveau haben, als die Pessimisten – auch hier im Blog – vorausgesagt haben.
    Was man noch vor wenigen Jahren als völlige Utopie abtat: Daimler Mannheim baut Voll-E-LKWs mit einer Reichweite bis 500 km und Brennstoffzellen für größere Reichweiten schon ab 2023. Das sind doch keine linksgrünen Phantasten.

    • Stefan Pietsch 17. September 2020, 17:41

      Ich weiß nicht, ob es Ihnen entgangen ist – anscheinend schon -, dass der Ausbau des Hauptträgers Wind seit Jahren stockt und man in der Branche nicht so viele Möglichkeiten sieht, die Zahl der mit Flügeln generierenden Anlagen auf ein neues Niveau zu heben. Darüber hinaus mache ich keine Prognosen, ich fordere sie höchstens bei anderen heraus und gewinne dann Wetten. 🙂

      Daimler, Daimler – da war doch was? Ist das nicht das Unternehmen, dass gerade eine voll benzinbetriebe Luxuswagenklasse herausgegeben hat, die in S-förmigen Linien fährt? Das Unternehmen, dass sich jetzt erstmal auf sein Kernsegment konzentrieren will? Glauben Sie nicht alles, was in der Zeitung steht. Daimler braucht endlich gute Presse. Vielleicht haben die ja die Position des Medienvertreters neu besetzt?

      Ein jenseits des Atlantiks ganz bekannter reicher Mann, irgendwas mit Ga.., Gan.. – ich hab’s, Bill Gates – der war mal findiger Unternehmer und betätigt sich heute als Philanthrop. Der hat gesagt, schwere Elektrofahrzeuge mit großer Reichweite seien Quatsch, worauf ihm ein anderer findiger Unternehmer, ein Herr Tesla, heftig widersprochen hat. Jedenfalls, dieses Unternehmen, Daimler, bekommt gerade heftig schlechte Presse, weil sie gerade ein Luxuselektorschrottmobil für über 100.000 Euro Einkaufspreis gebaut haben, dass bei guter Fahrweise nicht mal 100 km Reichweite schafft.

      Und die wollen jetzt einen E-LKW mit 500 km-Reichweite bauen? Sachen gibt’s… Vielleicht sollten sie einfach mal Sachen zu Ende bringen? Jedenfalls, glauben Sie nicht alles, was in der Zeitung steht.

      • CitizenK 17. September 2020, 17:54

        Nun, ich hab’s tatsächlich nur aus der Zeitung. Warten wir’s ab.

        Auf ein anderes Projekt trifft die Vermutung eines PR-Gags allerdings nicht zu: Die fast emissionslose Erzeugung von Stahl bei Thyssen mit Offshore-Strom aus den Niederlanden.

        • Stefan Pietsch 17. September 2020, 18:52

          Ärgere ich mich, wenn Stahl emissionslos erzeugt wird?

          • CitizenK 17. September 2020, 19:08

            Wir freuen uns doch beide über gute Nachrichten.

      • TBeermann 17. September 2020, 18:44

        Ich weiß nicht, ob es Ihnen entgangen ist – anscheinend schon -, dass der Ausbau des Hauptträgers Wind seit Jahren stockt und man in der Branche nicht so viele Möglichkeiten sieht, die Zahl der mit Flügeln generierenden Anlagen auf ein neues Niveau zu heben. Darüber hinaus mache ich keine Prognosen, ich fordere sie höchstens bei anderen heraus und gewinne dann Wetten.

        Ja, was aber vor allem daran liegt, dass die Genehmigungspraxis in den letzten Jahren so geändert wurde, dass deutschlandweit noch eine Handvoll neuer Anlagen gebaut werden dürfen uns bestehende Anlagen nicht erneuert werden können, weil irrsinnige Abstände zu jedem Schrebergarten gehalten werden muss, währen Fabriken, Müllkippen oder Steinbrüche mit Sprengung praktisch neben einem Kindergarten errichtet werden dürfen.

        Auch das sind politische Entscheidungen, um den Ausbau weiter zu sabotieren.

        • Stefan Pietsch 17. September 2020, 18:51

          Ich bin fest davon überzeugt, dass Misserfolg immer daran liegt, dass andere das eigene Konzept sabotieren. *Augenroll*

        • Stefan Sasse 17. September 2020, 18:52

          Ja, da war mal was im Deutschlandfunk oder so dass die Regulierungen völlig absurd sind. Aus der schwarz-gelben Zeit übrigens. Um Windanlagen muss „aus Lärmschutzgründen“ ein x-fach größerer Abstand gehalten werden als zu Autobahnen, was Neubauten praktisch unmöglich macht. Ich hab mal ne Karte gesehen wo man in Deutschland nach aktuellen Regeln überhaupt bauen darf, das ist praktisch nichts.

          • Ariane 18. September 2020, 14:18

            Ich meine, du hattest sowas auch mal in einem Vermischten, da ging es wie Beerman hier auch sagt um den Vergleich, dass AKWs und anderer Krams näher an Häusern dran sein darf als ein Windrad. Was besonders absurd ist, weil Windräder nur auf Feldern (oder aufm Wasser) Sinn ergeben und daher eh nicht mitten in Wohngebieten o.ä. liegen.

            • Stefan Sasse 18. September 2020, 15:30

              Jepp

            • Erwin Gabriel 19. September 2020, 15:41

              @ Ariane 18. September 2020, 14:18

              … dass AKWs und anderer Krams näher an Häusern dran sein darf als ein Windrad.

              Abgesehen davon, dass die Vorschrift sich nicht auf ein einzelnes Wohnhaus, sondern auf ein Wohngebiet bezieht, und man vorab klären müsste, um welche Art von Wohngebiet es sich handelt – es gibt reine Wohngebiete, allgemeine Wohngebiete (Gaststätten z.B. wären dort erlaubt), besondere Wohngebiete (mit Büros oder kleinen Geschäften), Mischgebiete (in denen auch bestimmte Gewerbebetrieb erlaubt sind) sowie reine Gewerbegebiete (in denen unter Umständen auch Wohnhäuser stehen können) – gibt es nur sehr wenig, das in die Nähe eines Wohngebietes gebaut werden darf.

              Und natürlich baut man heute auch keine AKWs mehr, und natürlich gibt es einen gewissen Bestandschutz, wenn etwa in den 60er Jahren eine Autobahn oder eine Eisenbahnstrecke an einem Wohngebiet vorbei verlegt wurde. Auch sind in einigen Städten die Wohngebiete an Gewerbegebiete, Eisenbahntrassen, Kraftwerke herangewachsen.

              Was besonders absurd ist, weil Windräder nur auf Feldern (oder aufm Wasser) Sinn ergeben und daher eh nicht mitten in Wohngebieten o.ä. liegen.

              Nein, natürlich nicht. Dadurch, dass die 1000-m-Grenze zu Wohngebieten für Windkrafträder festgelegt wurde, geht zwar innerhalb dieser Grenze nicht mehr viel, aber außerhalb dieser Grenze wird es deutlich leichter, weil ja nun die gesetzlichen Bestimmungen geklärt und eingehalten sind.

              Dort, wo es derartige Bestimmung oder Grenze nicht gibt, ist eine nähere Industrie-/Infrastruktur-Bebauung zwar nicht ausdrücklich untersagt, aber deswegen noch lange nicht erlaubt. Dort entscheidet ein Richter, in der Regel auf eine größere Distanz oder extreme Auflagen.

              Ansonsten sind Proteste gegen Windkrafträder für mich genauso gut oder schlecht nachvollziehbar wie andere Proteste gegen andere Industrie- oder Infrastruktur-Projekte auch. Es gibt immer ein subjetives Empfinden dazu, ob etwas nötig ist, bzw. wie sehr es stört, und es gibt immer ein „Wissen aus der Ferne“ von Leuten, die nicht betroffen sind, aber mitentscheiden wollen.

              Wenn Du was aus den 60er oder 80er Jahren hat, mag es Bestandsschutz geben, und es gibt auch
              Es gibt eine Themen im Bestand, und sicherlich

              • Ariane 19. September 2020, 19:37

                Und natürlich baut man heute auch keine AKWs mehr, und natürlich gibt es einen gewissen Bestandschutz, wenn etwa in den 60er Jahren eine Autobahn oder eine Eisenbahnstrecke an einem Wohngebiet vorbei verlegt wurde. Auch sind in einigen Städten die Wohngebiete an Gewerbegebiete, Eisenbahntrassen, Kraftwerke herangewachsen.

                Hab ich was verpasst? Heutzutage werden vielleicht keine neuen AKWs gebaut, aber Autobahnen sehr wohl, dafür wird sogar fleißig enteignet. Bergbau wird da auch genannt. (wegen Gemeinwohl übrigens, gab da neulich irgendwo ne Statistik zu)
                Hier wird darauf Bezug genommen: https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/enteignung-wo-sie-laengst-ueblich-sind-a-1261854.html

                Scheint mir irgendwie nicht besonders weit hergeholt, hier eine gewisse Ungleichbehandlung zu vermuten, wenn für Kohle und Autobahnen Leute enteignet werden und ganze Dörfer plattgemacht werden (heute, nicht in den 60ern), während bei Windkrafträdern Lärmschutz geltend gemacht werden soll. Und es sind ja eben keine normalen Wohngebiete gemeint, Windräder stehen ja auf Feldern (oder aufm Wasser), die machen mitten in Städten ja keinen Sinn.

                • Erwin Gabriel 23. September 2020, 18:59

                  @ Ariane

                  Du hast den Punkt vielleicht nicht verstanden?

                  Zum einen lassen sich Autobahnen, Abbaugebiete und andere Großprojekte (die immer vor Gericht ausgefochten werden) nicht mit einem Windrad gleichstellen, womit Dein Vergleich deutlich hinkt.

                  Zum anderen wird durch die Regelung eben such das Aufstellen der Windräder erleichtert, so ein 1000-Meter-Abstand eingehalten wird.

                  PS: Was ist das Kriterium dafür, dass Windräder in Städten „keinen Sinn“ machen?

      • cimourdain 18. September 2020, 14:39

        „Ein jenseits des Atlantiks ganz bekannter reicher Mann, irgendwas mit Ga.., Gan.. – ich hab’s, Bill Gates […]worauf ihm ein anderer findiger Unternehmer, ein Herr Tesla, heftig widersprochen hat.“ Ich will nicht Ihr Geschichtsbild stören, aber der Herr Tesla hatte mit einem ganz anderen findigen und geschäftstüchtigen Unternehmer seinen Beef. https://www.youtube.com/watch?time_continue=3&v=gJ1Mz7kGVf0&feature=emb_logo

        • Stefan Pietsch 18. September 2020, 15:17

          I know. Hintergrund war, dass es auf dieser Erde keine Garantien gibt. Auch nicht, dass Elektro funst.

    • Stefan Sasse 17. September 2020, 17:48

      Exakt!

    • Erwin Gabriel 17. September 2020, 18:48

      @ CitizenK 17. September 2020, 17:29

      Das sind doch keine linksgrünen Phantasten.

      Linksgrün kann man streichen, Phantasten nicht 🙂

      • CitizenK 17. September 2020, 19:15

        Warum so pessimistisch? Wo bleibt die Zuversicht?

        In Philipsburg, wo einst die – inzwischen gesprengten – Kühltürme des AKW standen, wurde mit dem Bau eines Umspannwerks für Offshore-Strom begonnen.

        • Erwin Gabriel 18. September 2020, 08:37

          @ CitizenK 17. September 2020, 19:15

          Warum so pessimistisch?

          Weil ich die Autos jahrelang gefahren bin :-).
          Als 22-jähriger für 5.000 Mark einen 200D, das hatte was. Da fuhr der Stern, wie es so schön hieß, „der Mode auf Rufweite hinterher“, die Autos hatten (wie ich) einen leicht altmodischen Einschlag, boten viel Platz, hielten (fast) ewig, waren zuverlässig und grundsolide. Heute sind sie austauschbar, teuer, und die Verarbeitung ist nur noch angemessen, wenn da irgendwo ein „S“ in der Modellbezeichnung auftaucht.

          Wo bleibt die Zuversicht?

          Früher fuhr man in Kutschen. Dann tauchten die ersten pferdelosen Wagen auf. Die Kutschenbauer reagierten auf diese Bedrohung, indem sie teils schönere, teils billigere Kutschen bauten. Schau Dich auf unseren Straßen um, wie das ausgegangen ist.

          Erkennst Du die Parallele zu Mercedes?

          • CitizenK 18. September 2020, 08:54

            … und jetzt kommen die Kraftwerke ohne Schlote, Kohlebunker und Öltankparks. Daran werden auch schönere neue „Kutschen“ wie Datteln4 auf Dauer nichts ändern.

            Ob die neue S-Klasse für Daimler eine gute Entscheidung war, weiß ich nicht, interessiert mich auch nicht. Hab keine Aktien.
            Aber wenn die bald „Kutschen ohne Pferde“ bauen, also E- und H-LKWs, sind sie doch wohl wagemutige und zukunftsorientierte Unternehmer?

            • Erwin Gabriel 18. September 2020, 13:49

              @ CitizenK 18. September 2020, 08:54

              Hab keine Aktien.
              Ich schon; immerhin 10 Stück 🙂

              Aber wenn die bald „Kutschen ohne Pferde“ bauen, also E- und H-LKWs, sind sie doch wohl wagemutige und zukunftsorientierte Unternehmer?

              Wären sie gewesen, wenn sie das vor zehn Jahren gemacht hätten. Nun? Nicht mehr …

  • Erwin Gabriel 17. September 2020, 18:43

    Zu 2) Tweet

    Nirgendwo wird das so deutlich wie in Merkel-Adlatus Altmaier, der gerade wieder verkündet hat, dass seine Strategie zur Begegnung des Klimawandels in „Vertrauen in die Genialität der Ingenieure …“ bestehe, …

    Zustimmung: Die größte Bedrohung der Erde ist unser Glaube, dass ein anderer sie schon retten werde.

    Ich hätte grundsätzlich auch kein Problem mit seiner Einstellung (die ich eigentlich teile), wenn den Worten Taten, Forschungsaufrufe, Förderprogramme, Konzepte etc. folgen würden. Aber Altmaier sabbelt ständig stumpf irgendeinen Mist ins Mikrophon, und hält seine Arbeit damit bereits für getan.

    Zu 4) Das Fanal für Europa

    Moria ist quasi der Kulminationspunkt eines unlösbaren Problems.
    Ja.

    Ein Nicht-Handeln der EU und Deutschlands wird dazu führen, dass das so entstandene Machtvakuum durch die Peripherieländer gefüllt wird – indem sie genau das tun. Sie werden die Menschenrechte verletzen, die Grenzen schließen, die Flüchtlinge so schlecht wie möglich behandeln und das Problem dadurch regionalisieren und auf kleiner Flamme brennen lassen.

    Sehe ich anders (zumindest zu Deutschland). Wir sind in Europa in Vorleistung gegangen, und fast niemand folgt. Wenn nun wieder wir als einzige „offen“ handeln, wäre das ein ähnlich fatales Signal wie 2015 die Aufnahme der Budapester Flüchtlinge. Denn solch eine Maßnahme wäre ein weiterer Aufruf nach Afrika, in den nahen und in den mittleren Osten, sich zu uns auf den Weg zu machen. Wenn das brennende Moria dazu führt, dass wir die Flüchtlinge nehmen, wird bald jedes Lager in Flammen aufgehen.

    Nun kann Deutschland nicht alle aufnehmen, nicht von der Größe der Zahl her, nicht vom innerdeutschen Zustand her – von der AfD über (auch jetzt, nach 5 Jahren) noch fehlende bzw. fehlerhafte Hilfsstrukturen und fehlendem bezahlbaren Wohnraum, fehlenden Kita- und Ausbildungsplätzen etc., und dürfte deswegen keinen aufnehmen, da wir alle gleich behandeln müssten.

    Ja, es ist derzeit ein unlösbares Problem.

    Zu 7) Klimawandel: Europa und USA fast allein für Klimakatastrophe verantwortlich

    Letztlich ist Merkels Kanzlerschaft eine einzige Periode verlorener Zeit, was den Kampf gegen den Klimawandel angeht, und wir werden die Folgen und Kosten davon noch sehr lange zu tragen haben …

    Ja, nicht nur dort. Sie passt gut als Chefin von Peter Altmaier.

    Zu 8) Mut zum Alleingang

    Für ein halbes Jahr war der Tenor des #RefugeesWelcome unglaublich dominant, was zahlreiche eher konservativ oder rechts schlagende Herzen sehr befremdet hat. Dann kam ein radikaler Umschwung, und der Wahlkampf 2017 wurde im Zeichen einer unglaublich toxischen Debatte geführt …

    Toxisch, vergiftend war die Debatte auch vorher, als es gegen die Gegner der ungebremsten Zuwanderung ging. Und „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“-Deutschland ist immer schnell zur Hand mit Bekundungen guten Willens, wenn die Umsetzung desselben nichts kostet (oder die Kosten für die „gute“ Tat bei anderen landen).

    Zu Regierung und Medien: Beide haben, als die Flüchtlinge kamen, Vertrauen verloren. Beide haben, als Corona kam, wieder Vertrauen gewinnen können.

    • Erwin Gabriel 17. September 2020, 18:48

      Danke 🙂

    • Stefan Sasse 17. September 2020, 18:50

      2) Absolut! Das ist das, was ich mit Anreizen meine. Die Ingenieure haben ja in den letzten Jahren auch nichts Brillantes vorgebracht. Wenn es da irgendeine Begründung gäbe, warum sich das jetzt plötzlich ändern sollte. Aber da gibt’s ja nichts. DAS ist mein Vorwurf, nicht das Verlassen auf den Markt. Ich bin ja für marktwirtschaftliche Lösungen!

      4) Sorry, nicht falsch verstehen: ich fordere nicht, in Vorleistung zu gehen. Das würde fatale Anreize setzen. Aber gerade weil die Länder mit einem entspannteren Verhältnis zu Menschenrechten und Leiden das wissen, müssen sie nur alles andere blockieren, weil ihre bevorzugte Lösung dann per default kommt. Unlösbar.

      7) Hat schon nen Grund dass die gut miteinander können.

      8) Genau das geben die Umfragen eben nicht her. Ich dachte das auch, aber seit 2015 steigen beide Werte einfach nur kontinuierlich an. Keine Ahnung warum.

      • R.A. 17. September 2020, 19:44

        2.) „Die Ingenieure haben ja in den letzten Jahren auch nichts Brillantes vorgebracht.“
        Das liegt schlicht daran, daß auch die brillantesten Ingenieure die Naturgesetze nicht ändern können. Speziell beim zentralen Thema Energiespeicherung gibt es halt harte physikalische Grenzen – und deswegen geht es mit der „Energiewende“ nicht voran.

  • R.A. 17. September 2020, 19:41

    1.) Schon richtig, Trump hat sich nicht groß verändert. Er war und ist ein Prolet, ein Lügner, macht absurde Äußerungen, ist ungebildet und dumm.
    Aber irgendwie macht es der Linken Spaß, sich seit vier Jahren in immer neue hysterische Gipfel reinzusteigern.
    Wie die faktische Politik von Trump abseits seiner grottendummen Äußerungen zu bewerten ist bleibt abzuwarten. Da hat er außen- und wirtschaftspolitisch wohl auch einige Pluspunkte hingekriegt, die aber in den hiesigen Medien nicht vorkommen.
    Was die Anerkennung der Wahl betrifft: Bisher haben die Reps jede Wahlniederlage normal akzeptiert. Ich sehe eigentlich keine große Gefahr, daß das bei einer Trump-Niederlage anders sein würde.
    Aber umgekehrt die Demokraten einen Trump-Sieg akzeptieren würden, da habe ich zunehmend Zweifel. Die beiden letzten Rep-Siege führten teilweise zu sehr merkwürdigen „kann doch nicht wahr sein“-Reaktionen incl. völlig absurder Demos gegen das Wahlergebnis.

    2.) „Aber die pro-Forma-Anerkennung des Faktums Klimawandel hat eben keinerlei daraus erwachsende Konsequenzen.“
    Wie bitte? Hast Du nicht mitbekommen, was in den letzten 20 Jahren alles an politischen Maßnahmen beschlossen wurde? Incl. harscher Auflagen für Verkehr und Bauen, und incl. vieler Milliarden Kosten?
    Richtig ist natürlich, daß nicht viel CO2-Reduzierung als Ergebnis rausgekommen ist. Aber das läßt eher darauf schließen, daß die von den Klima-Aktivisten vorgeschlagenen Maßnahmen zwar teuer, aber eher wirkungsschwach sind. Und dann ist halt schon die Frage ob man deren Empfehlungen weiter folgen sollte.

    3.) „Zuletzt zum im Artikel hauptsächlich besprochenen Politikunterricht beziehungsweise der Offenheit“
    Offen aber nur für die politisch von den Lehrern gewünschten Positionen. Politik- und Wirtschaftsunterricht (auch angrenzende Fächer) vermitteln im wesentlichen das grüne Weltbild. Schüler mit anderen politischen Meinungen dürfen diese selbstverständlich frei sagen. Müssen dann aber halt mit Mobbing und schlechten Noten rechnen.

    4.) Die Abschiebung von illegalen Einwanderern ist nicht rechtswidrig. Sondern im Gegenteil die absolut nötige Grundlage für eine vernünftige Einwanderungspolitik incl. Hilfe für die Menschen, die wirklich Hilfe nötig haben (aber nicht die Kraft und das Geld haben, um nach Moria et al zu kommen).
    Wer nicht abschieben will, verhindert jede Problemlösung.

    5.) „dass die Austerität zu Instabilität, Ineffizienz, Abhängigkeit und schlechten Leistungen geführt hat“
    „Austerität“ gab es nur kurze Zeit und in ganz wenigen Ländern. Die meisten Regierungen in Europa (auch Kommunen und Länder in Deutschland) leben weiterhin jedes Jahr über ihre Verhältnisse. Was immer mit Instabilität etc. gemeint sein soll: Das sind nicht die Folgen von Geldmangel, sondern von inkompetenter Politik.

    6.) Ich bezweifele daß eine „Aufarbeitung“ einer schon Generationen zurückliegenden Geschichtsepoche helfen würde, die aktuellen Probleme Frankreichs zu lösen.
    Und ich sehe auch keinen Grund, daß sich ein Deutscher mit der Kultur in Syrien oder anderen Ländern beschäftigen sollte. Als privates Hobby immer gerne – aber für das Zusammenleben in Deutschland kann das nicht erwartet werden.

    7.) Die Hickel-„Studie“: Junk Science vom feinsten.

    „Deutschland war mal führend beim Thema Klimawandel. “
    Nein. Die „Erfolge“ bei der CO2-Reduzierung seit 1990 war im wesentlichen dem Zusammenbruch der DDR-Produktion geschuldet. Und in den Folgejahren haben wir halt einen Teil unserer emittierenden Industrie nach China verlagert – die dortigen CO2-Emissionen sind ja für die Hickels dieser Welt nicht so interessant.

    „während andere Länder und Regionen längst an uns vorbeigezogen sind,“
    Welche?

    8.) „Dann kam ein radikaler Umschwung“
    Was schlicht damit zu tun hatte daß den Leuten bewußt wurde, welche Folgeprobleme sich aus der Zuwanderung 2015 ergeben haben.

    „dass das Vertrauen der Deutschen insgesamt sowohl in die Medien als auch in die Regierung seit 2015 konstant gestiegen ist.“
    Wir hatten wegen 2015 ein ziemliches Tief beim Vertrauen. Seit Corona gibt es ein krisenbedingtes verzweifeltes Vertrauen in die Obrigkeit (und zwar in allen Ländern, egal wie gut oder schlecht die jeweilige Regierung ist).
    Aus diesen beiden Effekten kann man keinen Trend machen.

    • CitizenK 17. September 2020, 20:41

      „Schüler mit anderen politischen Meinungen…. Müssen dann aber halt mit Mobbing und schlechten Noten rechnen.“

      Ist das nun ein Vorurteil (Belege?) oder eine Projektion (so würdest Du das machen)?

      • Stefan Sasse 17. September 2020, 22:30

        Reine Vorurteile. Schau mal in die Lehrbücher. Und die Vorstellung, ich würde abweichende Meinungen schlecht benoten, Alter Schwede, ich glaube dir hackts.

        • CitizenK 18. September 2020, 02:46

          @ Stefan Sasse
          Ich bezog mich auf R. A., der „linken“ Lehrern das unterstellt. Nicht auf Dich, bewahre!

          • Stefan Sasse 18. September 2020, 06:28

            Auf den wollte ich mich auch beziehen, da hab ich auf den falschen Kommentar geantwortet. Sorry!

        • R.A. 18. September 2020, 11:12

          „Schau mal in die Lehrbücher.“
          Habe ich gemacht. Gibt auch Studien dazu. Neutral geht anders.

          „Und die Vorstellung, ich würde abweichende Meinungen schlecht benoten …“
          Du wohl nicht. So wie ich Dich im Forum erlebe, wirst Du Dich bei der Benotung um Objektivität bemühen.
          Aber gilt nicht automatisch für alle Kollegen.

          Das ist übrigens nichts Neues. Die deutschen Lehrer haben schon immer mehrheitlich den jeweiligen Zeitgeist vermittelt und wegen der strukturellen Autoritätszentrierung des Schulsystems haben schon immer viele Lehrer abweichende Meinungen nicht toleriert.

          • Stefan Sasse 18. September 2020, 11:56

            Arschlöcher gibt es immer und in jedem Beruf. Es gibt ja auch FDP-Politiker, die Steuern hinterzogen haben und/oder bestechlich waren. Ich glaube du würdest dich zu Recht dagegen verwehren würde ich postulieren, dass das zu allen Zeiten und mehrheitlich der Fall war.

    • Stefan Sasse 17. September 2020, 22:28

      1) Wen interessieren Demos? Die Frage ist, ob die die staatliche Macht einsetzen. Und das tun die Republicans seit mittlerweile einem Jahrzehnt immer ungenierter gemacht!

      2) Ich habe bisher noch nie Klimaaktivisten für neue Bauregulierungen demonstrieren sehen.

      3) Willst du deine Vorurteile vielleicht mal ein wenig beiseite lassen?

      4) Ich habe nichts gegen Abschieben. Aber das Problem ist, dass alle aktuellen Ideen zu beschleunigten Verfahren nicht rechtsstaatlich sind. Rechtsstaatliche Abschiebeverfahren brauchen Zeit, erlauben den Klageweg, und so weiter. Sie sind als Lösung des Problems daher völlig ungeeignet. Das ist das Problem. Nicht, dass man nicht abschieben sollte.

      6) ich sage ja auch nicht dass es das löst, sondern dass eine notwendige Vorbedingung ist.

      7) Kalifornien etwa.

      8) Ne, das war Köln.

      Erneut, die Umfragen sprechen eine völlig andere Sprache.

      • R.A. 18. September 2020, 11:22

        1) „Wen interessieren Demos?“
        Wenn Trump die Wahl gewinnt, wird das zu einem großen Teil an den BLM-Demos liegen.

        „Die Frage ist, ob die die staatliche Macht einsetzen.“
        Die Gefahr sehe ich bei einer Rep-Wahlniederlage nicht. Man wird sehen.

        2) „Ich habe bisher noch nie Klimaaktivisten für neue Bauregulierungen demonstrieren sehen.“
        Weil die Klimaaktivisten selten so konkret werden. Aber die Verschärfungen des Baurechts in den letzten 20 Jahren sind ziemlich komplett wg. „Klimaschutz“ geschehen und haben das Wohnen deutlich teurer gemacht.

        4) „Aber das Problem ist, dass alle aktuellen Ideen zu beschleunigten Verfahren nicht rechtsstaatlich sind.“
        Das ist politisch gewollt. Es gibt genug Beispiele von demokratischen Rechtsstaaten in Europa, die bei unberechtigten Asylanträgen in relativ kurzer Zeit abschieben.

        6) „ich sage ja auch nicht dass es das löst, sondern dass eine notwendige Vorbedingung ist.“
        Ich sehe das auch nicht als Vorbedingung. Wenn es allseits gewollt wird, dann könnte man die Integrationsprobleme lösen, ohne auch nur ein Wort über die Historie zu wechseln. Es ist aber bisher nicht gewollt, und die Forderung nach einer historischen Aufarbeitung bedeutet eine zusätzliche Hürde dieses Wollen zu ereichen.

        7) „Kalifornien etwa.“
        Die machen mehr Auflagen. Aber das heißt ja nicht, daß sie erfolgreicher sind. Meiner Erinnerung nach hoffen sie 2020 (auch wegen der Corona-Folgen) wieder das Niveau von 1990 zu erreichen. Da wäre ja sogar Deutschland besser.

        8) „Ne, das war Köln.“
        Köln war nur ein (relativ spätes) Beispiel. Für den Meinungsumschwung in der Bevölkerung reicht so ein Einzelfall nicht. Aber die Integration der Zuwanderer hat eben nicht annähernd so funktioniert wie das 2015 versprochen wurde.

        • Stefan Sasse 18. September 2020, 11:59

          1) Natürlich *augenrollsmiley vorstellen
          2) Eben. Also liegt das wohl kaum an denen.
          4) Weil sie halt nicht rechtsstaatlichen Maßstäben genügend „unberechtigt“ definieren. Sonst würde man denen nicht den Weg zu den Gerichten vorenthalten.
          6) Das Wollen ist natürlich entscheidend, aber ich sehe eben dieses Wollen als Prozess zweier Seiten, und dazu gehört die Auseinandersetzung.
          7) Wir werden sehen.
          8) Was wurde denn da versprochen außer „wir schaffen das“? Dieses angebliche Versprechen hat doch nie stattgefunden.

          • R.A. 18. September 2020, 12:52

            2) „Eben. Also liegt das wohl kaum an denen.“
            Doch. Die Aktivisten bauen Druck auf, daß etwas passieren soll. Haben aber keinen echten Plan wie das eigentlich realisiert werden soll. Die Politiker geben dem Druck nach und beschließen irgendwelche Maßnahmen. Die nichts bringen. Dann bauen die Aktivisten noch mehr Druck auf.

            So ist das die letzten 20 Jahre gelaufen. Sowohl die Aktivisten wie die Politiker sind schuld daran, daß so viele unsinnige Maßnahmen eingeführt wurden.

            4.) Was die Schweizer, Niederländer oder Skandinavier machen genügt selbstverständlich rechtsstaatlichen Maßstäben. Es ist wieder einmal ein merkwürdiger deutscher Sonderweg, in gewissen Sonderfällen die Latte für „Rechtsstaatlichkeit“ so anzuheben, daß der Rest der Welt dem nicht mehr entspricht.

            6.) Die Auseinandersetzung erschwert die Lösung. Wenn sich zwei streiten ist eine Versöhnung viel leichter zu finden wenn nicht eine Seite darauf besteht, daß die Gegenseite zuerst einmal öffentlich bekennt an allem schuld zu sein.

            8.) Da wurde viel versprochen. Daß wir qualifizierte Einwanderer bekommen, die unsere Gesellschaft schöner und bunter machen und die unsere demographischen Probleme lösen. War das allgemeine Narrativ in Medien und Politik, die krassesten Sprüche insbesondere aus grüner Ecke, können wir dabei sogar ignorieren.
            Das fühlte sich für viele Bürger erst einmal ganz toll an: Man tut Gutes und hat am Ende auch noch Vorteile. Und hinterher stellte sich die Realität halt ganz anders dar.

            4) Weil sie halt nicht rechtsstaatlichen Maßstäben genügend „unberechtigt“ definieren. Sonst würde man denen nicht den Weg zu den Gerichten vorenthalten.
            6) Das Wollen ist natürlich entscheidend, aber ich sehe eben dieses Wollen als Prozess zweier Seiten, und dazu gehört die Auseinandersetzung.
            7) Wir werden sehen.
            8) Was wurde denn da versprochen außer „wir schaffen das“? Dieses angebliche Versprechen hat doch nie stattgefunden.

            • Stefan Sasse 18. September 2020, 15:29

              2) Ich erwarte von meinen PoltikerInnen in der Lage zu sein auf riesige Herausforderungen zu reagieren. Wenn sie dazu erst Druck brauchen, ist das blöd genug, aber dann erwarte ich, dass sie nicht irgendwelchen Blödsinn machen. Was ist denn das für eine Entschuldigung? Das ist Kleinkinderlogik.

              4) Mir fehlen für den Vergleich leider die Sachkenntnisse, ich lass das mal so stehen.

              6) Das ist die Argumentation eines Diebes, der das Diebesgut noch daheim stehen hat.

              8) Aber nicht von der Regierung. Das muss man schon trennen.

        • Stefan Sasse 24. September 2020, 09:24

          Kalifornien hat heute ein Gesetz verabschiedet, dass die Neuzulassung von Verbrennern ab 2035 verbietet. So viel zu „die sind uns nicht voraus“.

          • Stefan Pietsch 24. September 2020, 10:12

            In Florida ist es erlaubt, Hausbesetzer zu erschießen. Geht doch!

            • Stefan Sasse 24. September 2020, 12:39

              Troll.

              • Stefan Pietsch 24. September 2020, 14:25

                An dieser Stelle gern genommen, war es doch lediglich eine Replik auf etwas, lass mich sagen, Unsinniges. 😉

                • CitizenK 24. September 2020, 14:51

                  In den Werken Wörth und Mannheim werden tatsächlich ab 2023 E-LKW produziert. Die Vorbereitungen laufen.

                  • Stefan Pietsch 24. September 2020, 15:53

                    2023 ist lange hin. In der Automobilindustrie entspricht das inzwischen knapp einem Produktlebenszyklus.

                    Mercedes schrumpft derzeit deutlich. Die Wiederherstellung der Profitabilität ist zum obersten Unternehmensziel erkoren worden. Verluste der jüngeren Vergangenheit, unternehmerische Fehlentscheidungen bei der Produktentwicklung und damit ein stark geschrumpfter Cash Flow gefährden das Traditionsunternehmen in seiner Substanz. Der Kurswert befindet sich seit langem im Tiefflug. Damit ist Daimler zu einem Übernahmekandidaten geworden. Es liegen also derzeit zwei Szenarien auf der Hand (ich bin ja kein Insider):

                    Der Daimler-Konzern bleibt selbständig, wird aber seinen Cash Flow nicht so heben können, dass umfangreiche Investitionen möglich sind. Ob der LKW-Bau davon betroffen ist, wird man sehen. Das hängt davon ab, ob der Bereich überdurchschnittlich profitabel und die Gewinnaussichten hoch sind.

                    Daimler wird übernommen und zur Finanzierung des Kaufpreises zerschlagen. Nicht unwahrscheinlich wäre in einem solchen Szenario, dass die Nutzfahrzeugsparte dann abgestoßen und mit einem anderen Player zusammengeführt wird. In diesem Fall gelten die heutigen langfristigen Pläne eher der Aufhübschung der Braut als einem echten langfristigen Unternehmensinteresse.

                    Wie gesagt, ich bin kein Insider, sondern qualifizierter Analytiker.

                    • CitizenK 24. September 2020, 19:59

                      Damit wollte ich auch nur darauf hinweisen, dass „weg vom Verbrenner“ selbst bei Nutzfahrzeugen in der Realität angekommen ist. Die Entwicklung geht schneller als erwartet.

                      Toyota setzt übrigens auf Wasserstoff, was bei LKW wohl zukunftsträchtiger ist. Ob Daimler da auf’s falsche Pferd setzt?

                    • Stefan Pietsch 24. September 2020, 21:17

                      Ich denke schon. Es ist ja nicht revolutionär neu, dass Batterien nur für kürzere Strecken und eher für kleinere Einheiten geeignet sind. Das trifft auf den Schwerlastverkehr nicht zu. Airbus versucht ja auch nicht, ein batteriegetriebenes Flugzeug zu bauen. Sondern eins auf Basis von Wasserstoff.

                      So wie es aussieht, hat der Verbrenner kein langes Leben mehr. Es gibt verschiedene Gründe, die dazu zwingen. Das bestreite ich nicht. Aber die entscheidenden Schlachten über zukünftige Antriebsarten werden erst noch geschlagen.

                    • Stefan Pietsch 24. September 2020, 21:18

                      Ach so, synthetische Kraftstoffe sollten nicht vergessen werden. Sie würden helfen, Millionen Fahrzeuge nicht zu Schrott deklarieren zu müssen.

                • Stefan Sasse 24. September 2020, 15:05

                  Nein. R.A. hat spezifisch zu mir gesagt, Kalifornien sei nicht weitergehend in Klimaschutzmaßnahmen als Deutschland. Darauf habe ich ihm entgegnet, dass dies sehr wohl der Fall sei, belegt durch dieses Beispiel. Was du schreibst ist einfach nur Getrolle.

                  • Stefan Pietsch 24. September 2020, 15:44

                    Dein Beispiel ist ein Verbot. Ein Verbot ist deswegen noch lange nicht eine wirksame umweltpolitische Maßnahme. Verbote sagen nur eins: etwas ist nicht erlaubt. Verbote sagen jedoch nichts über Ausweichreaktionen und ihre Nebenwirkungen. Erst mit dem Gesamtbild ist eine Maßnahme zu würdigen. Hast Du das alles aus Deinem Studium vergessen?

                    Verbote sind die simpelste Form einer Maßnahme, weshalb sie linke Etatisten so lieben. Deswegen sind sie ja so umstritten und oft nicht wirksam, weil die Zielgenauigkeit fehlt. Wir könnten auch das Atmen verbieten, allein, selbst Du wirst einsehen: wirksam wäre ein solches Verbot nicht.

                    • Stefan Sasse 24. September 2020, 17:32

                      Wir haben auch nicht von WIRKSAMEN Maßnahmen gesprochen. Leute erschießen zu dürfen schützt auch nicht vor Verbrechen. Es ging allein um die Frage, ob andere Staaten mehr tun. Das hat R.A. bezweifelt. Nur darum ging es. Verschieb jetzt also nicht die Torpfosten. Und überlege vielleicht das nächste Mal einfach vor dem Posten.

                    • Stefan Pietsch 24. September 2020, 18:32

                      Wie willst Du das messen? Deutschland hat seinen Strom so wie kaum ein anderes Land verteuert. Über 40% der Emissionen stammen aus der Energieerzeugung, es ist also naheliegend zu vermuten, dass damit der Energieverbrauch, mithin der CO2-Verbrauch, gedrosselt werden soll. Wozu sonst sollte der Staat Strom verteuern?

                      Deutschland erhebt eine Ökosteuer und betreibt ein Cap & Trade-System, Kalifornien nicht. Deutschland hat in den letzten 30 Jahren mehr Kohlemeiler vom Netz genommen als der Golden State. Dazu hat sich Deutschland einer strengen Regulierung seiner Automobilindustrie unterworfen, die Kalifornier haben nichts dergleichen getan. Aber sie führen ja ein Verbot im Jahr 2035 ein.

                      Alles klar.

                      P.S.: Das Erschießen eines Einbrechers schützt mutmaßlich vor schweren Verbrechen.

                    • Stefan Sasse 25. September 2020, 10:59

                      Genauso wie das Verbieten von CO2-ausstoßenden Motoren Emissionen von CO2 verhindert.

                    • Stefan Pietsch 25. September 2020, 11:25

                      Nein, das ist falsch. Das Verbot bewirkt nur, dass das Auto nicht selbst mit einem Motor angetrieben wird, das aufgrund der Verbrennungsprozesse CO2 erzeugt. Wenn aber dieses durch ein Elektrofahrzeug ersetzt wird, das durch den Strom aus Kohlekraftwerken angetrieben wird (Produktion der Batterie nicht eingerechnet), so entstehen weiterhin gravierende Emissionen.

                      Wie ich sagte: ein Verbot berücksichtigt nicht die Ausweichreaktionen, von denen der eigentliche Erfolg einer Verbotsmaßnahme abhängt. Im oben genannten Fall müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden, nämlich entweder Eingriffe in die Methoden der Stromerzeugung oder ein weiterreichendes Verbot.

                      Verstehst Du jetzt, warum Verbote keine besonders intelligenten politischen Maßnahmen sind?

  • Lemmy Caution 17. September 2020, 21:19

    Zu 3) Der schulische Geschichts- und Politikuntericht find ich aus der Rückschau wirklich gut. Ich gehörte da zu einer nicht kleinen Minderheit der besonders aktiven Schüler. Oft kamen diese Leute selbst aus Familien, in denen über Politik diskutiert wurde. Zeitweise erzeugt mir der oft echt hohe Konsum von Büchern über solche Themen ein wenig dekadent, schließlich könnte ich in der Zeit zu open source Projekten beitragen, mich in machine learning einarbeiten, mir sql queries ausdenken, für die mich meine Kollegen und Nachfolger noch mehr dafür hassen als jetzt schon, ein wirklich gutes Buch wie Java Coding Problems erarbeiten statt nur zu lesen oder ein cooleres javascript Framework lernen als angular.
    Aber das ist Quatsch. Ich hab Trump 3 Jahre ziemlich ignoriert, aber irgendwann dämmerte es mir, dass der Typ der lebende Beweis dafür ist, dass Neugier an politischen, historischen, philosophischen oder soziologischen Fragestellungen so nutzlos nicht sein kann, weil dann nämlich so ein Honk einfach nicht gewählt wird.
    Chile hat da in der Breite vielleicht auch noch was aufzuholen. In den letzten beiden Präsidentschaftswahlen wurde da stets jemand gewählt, der nach 2 Jahren Umfragewerte von z.T. unter 10% hatte. Das war mit Pinera zumindest teilweise vorauszusehen.
    Mag arrogant sein, aber vielleicht stimmt es.

  • Ralf 17. September 2020, 21:21

    Es ist kein Zufall, dass die Sanders‘ und Corbyns dieser Welt als Protestfiguren viel erfolgreicher sind als als tatsächliche Anführer.

    Naja, die „tatsächlichen Anführer“ der beiden jeweiligen Länder sind nun die Extremisten Trump und Johnson. Was war noch gerade Dein Argument?

    • Stefan Pietsch 17. September 2020, 21:54

      Nur warum? Es war kein demoskopisches Geheimnis, dass Jeremy Corbyn ein absoluter Wählerschreck war. Er konnte nur gegen eine katastrophale Wahlkämpferin wie Theresa May punkten, aber nicht gewinnen. Als er einem charismatischen Politiker gegenüberstand, führte seine abschreckende Darstellung zu einem überwältigenden Wahlsieg eines ruchlosen Politikers.

      Hätte Corbyn nicht mit dem Kopf durch die Wand, sondern Einsicht gezeigt, hätte er frühzeitig den Weg für einen Kandidaten wie Keir Starmer freigemacht.

      • Ralf 17. September 2020, 22:25

        Es ist nicht an mir, den Kandidaten auszuwählen, der für die Labour-Party antritt. Aber Stefan Sasses Argument war, dass die „Moderaten“ bessere Anführer seien als „Radikale“ wie – namentlich genannt – Sanders und Corbyn. Aber hätten Sanders und Corbyn ihre jeweiligen Wahlen gewonnen, wären in den USA z.B. so radikale Dinge passiert wie etwa ein Schritt hin zu einer Krankenversicherung für alle Amerikaner, Investitionen in die marode Infrastruktur der USA statt in eine sinnlose Mauer sowie die Vermeidung eines Handelskriegs gegen alle. Die USA wären nach wie vor ein verlässlicher Partner in Sachen NATO, Paris-Abkommen, Iran-Abkommen, WHO und WTO. Sowohl in den USA als auch in Großbritannien wären im Frühjahr statt Lügen zu verbreiten, konventionelle Covidmaßnahmen eingeleitet worden. Unzählige Menschen würden heute noch leben. Der Wirtschaft würde es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit besser gehen, weil der Tiefpunkt sich nicht monatelang hingezogen hätte. London würde sich noch an internationale Verträge halten. Entweder gäbe es keinen Brexit oder es wäre ein Soft-Brexit gekommen, mit dramatisch milderen Folgen als wir es jetzt wohl erleben werden.

        Aber die Radikalen Sanders und Corbyn haben ja nicht gewonnen. Stattdessen haben sich die Moderaten Trump und Johnson durchgesetzt.

      • Stefan Sasse 17. September 2020, 22:31

        Die Probe aufs Exempel machen wir dann ja in ein paar Jahren.

        • Stefan Pietsch 18. September 2020, 10:19

          Dass ein hemmungsloser Populist wie Boris Johnson mit einem so überlegenen Vorsprung gewinnt, ist eigentlich Beweis genug. Die Beweisführung wird darüber hinaus nicht möglich sein, da in vier Jahren Johnson sich ein ganzes Stück verbraucht hat.

    • Stefan Sasse 17. September 2020, 22:30

      Die kamen nicht eben aus den linken Parteien. Das ist mein Argument.

  • Ralf 17. September 2020, 22:11

    zu 4)

    Bei uns kommt es allenfalls periodisch an, wir empören uns, holen ein paar Kinder, fühlen uns gut und vergessen es wieder. So wird das ewig weiter vertagt und auf illegale Weise gelöst, aber niemand hat ein Interesse an einer Lösung oder an einer Anklage der Menschenrechtsverletzungen.

    Ich glaube, das liegt ganz einfach daran, dass das Problem – wie Du ja oben selbst zugestehst und vermutlich zwei Minuten später beim Schreiben dieser Zeilen vergessen hattest – unlösbar ist.

    Das Flüchtlingsproblem ist schlicht fundamental nicht lösbar. Damit sind natürlich nicht die 13.000 Menschen in Moria gemeint. Oder alle Flüchtlinge zusammengenommen, die sich gegenwärtig in Lagern in Griechenland, Italien und Spanien aufhalten. Die könnte man ganz locker in Europa verteilen. Deutschland alleine könnte die notfalls aufnehmen. Aber was wird dann als nächstes passieren? Wie lange wird es dauern, bis die Lager anschließend wieder brechend voll sind? Klar, auch die zweite Welle wird man locker aufnehmen können. Aber was wenn die Lager danach wieder voll sind? Und danach wieder? Und danach wieder? Und danach wieder?

    Wir haben jetzt bereits dramatische Probleme mit der Integration. So erfreulich es auch ist, dass die Hälfte der aufgenommenen Flüchtlinge in Deutschland mittlerweile Arbeit gefunden hat, so ist die Kehrseite dieser Erkenntnis doch auch, dass die andere Hälfte eben keine Arbeit gefunden hat. Und der Versuch einer Integration von einer Million Menschen in 2015 legte sich oben drauf, auf bereits seit Jahrzehnten bestehende Integrationsprobleme, für die nach wie vor niemand eine plausible Lösung hat. Im Gegenteil. Parallelgesellschaften haben sich in den zurückliegenden Jahren eher vertieft. Sollten wir nicht, bevor wir immer mehr, immer neue Menschen aufnehmen, erstmal diejenigen integrieren, die bereits hier sind?

    Ich sehe nirgendwo eine plausible Lösung. Ja, die Zustände in Moria und anderswo sind eine Schande. Sie sind ein Verrat an unseren Werten. Unseren Werten treu zu bleiben, würde aber im Gegenzug das Integrationsversagen, das wir bereits gegenwärtig beobachten, noch einmal vergrößern, weil die wenigen Integrationsressourcen auf noch mehr Menschen verteilt würden. In einer Situation, in der die Arbeitslosigkeit aufgrund der Coronakrise vorhersehbar dramatisch ansteigen wird und die Nationalsozialisten der AfD, die in manchen Länderparlamenten bereits ein Viertel der Sitze kontrollieren, die großen Gewinner sein werden. Ist es letztendlich im Sinne unserer Werte dem Kollaps unserer Demokratie zuzusehen?

    Lange habe ich geglaubt, die Lösung läge darin Fluchtursachen zu bekämpfen. Bei Kriegen und Bürgerkriegen ist das auch sicher nach wie vor die richtige Antwort. Aber ein Großteil der Flüchtlinge kommt mittlerweile nicht mehr aus Bürgerkriegsregionen, sondern flieht, um eine Chance auf eine wirtschaftlich bessere Zukunft zu haben. Nicht dass das nicht völlig verständlich wäre. Aber da hat mich ein Artikel in der Zeitung vor etwa einem Jahr sehr nachdenklich gemacht. Der Artikel argumentierte, dass die Menschen zu uns kommen, gerade weil sich die furchtbare Armut zumindest in einigen Bevölkerungssegmenten in Afrika reduziert hat. Erst so wurde es möglich, dass viele Menschen ausreichend Geld aufbringen konnten, Flucht und Schlepper zu bezahlen. Ich bin kein Experte. Ich kann nicht beurteilen, ob das stimmt. Aber wenn es stimmt, dann wird jede Verbesserung der Lebensbedingungen in Afrika nicht zu weniger, sondern zu mehr Flüchtlingen vor unserer Haustür führen. Es sei denn, wir gleichen die Lebensbedingungen in Afrika denen in Europa wirklich an. So dass es keinen Unterschied mehr macht, ob jemand in Khartoum oder in Wuppertal aufwächst. Wenn sich diese Angleichung allerdings auf dem Niveau unseres Lebensstandards vollzieht, dann wird der Planet unweigerlich den Klimakollaps erleben. Es sei denn Lindner und Altmaier zaubern ganz schnell aus dem Nichts ganze Tausendschaften genialer deutscher Ingenieure hervor. Und eine mögliche Angleichung der Lebensbedingungen auf dem Niveau des Sudans wird sich wohl bei uns eher geringer Popularität erfreuen.

    Und so wundert mich kein Stück, dass unsere Politiker, wenn die Kameras laufen, zwar viel von Werten reden, aber gleichzeitig stillschweigend beschämende, konzentrationslagerähnliche Zustände in Moria und andernorts billigen. Niemand würde das anders machen. Klar kann man dagegen moralisieren und den Zeigefinger heben. Aber eine Alternative hat niemand im Angebot. Das Problem ist fundamental unlösbar.

    • Stefan Sasse 17. September 2020, 22:32

      Das ist ja genau das was ich meine?

      • Ralf 17. September 2020, 22:40

        Du hattest geschrieben, niemand habe ein Interesse an einer Lösung. Ich halte das für einen Fehlschluss. Ich glaube, die Politik würde das Problem nur zu gern lösen. Es gibt nur keine Lösung.

        • CitizenK 18. September 2020, 03:01

          @ Ralf
          Kurzfristig nicht. Aber warum so fatalistisch?

          „Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit den ersten Schritt“ – chinesisches Sprichwort. Und die Chinesen haben bereits begonnen in Afrika – zu ihren Bedingungen, z. B. mit der Textilindustrie in Äthiopien. Warum nicht die Europäer? Weil sich die Investitionen kurzfristig nicht „rechnen“. Selbst CSU-Müller hat das erkannt, aber kein Gehör gefunden. Jetzt gibt er auf, leider.

          Infrastruktur und Jobs dort schaffen. Sonst gibt es tatsächlich keine Lösung -außer der praktizierten im Mittelmeer oder auf Lesbos oder letzlich der von Frau von Storch. Das wird auf mittlere Frist darauf hinauslaufen, „Wohlstand zu teilen“. Ressourcen statt in Luxuskonsum hier in die Lösung dieses Problems zu stecken. Es nicht zu tun, könnte uns teuer zu stehen kommen.

          • Stefan Sasse 18. September 2020, 06:30

            Ich sehe das ein wenig anders. Die Zustände in diesen Ländern werden aufhören, sobald sie sich in Richtung nivellierter Mittelstandsgesellschaften bewegen. Gibt es genug Perspektiven im eigenen Land, bleiben die Leute. Aber ich bin vergleichsweise skeptisch, wie viel direkten Einfluss wir da haben. Ich denke, ein Verzicht auf Ausbeutung und Unterstützung der lokalen korrupten Strukturen wäre die beste Hilfe, die man leisten kann. Und natürlich die Bekämpfung des Klimawandels.

            • CitizenK 18. September 2020, 09:08

              Ja, aber das dauert. Und ohne Anschub von außen noch viel länger, wenn überhaupt. Was machen wir in der Zwischenzeit?

          • Ralf 18. September 2020, 09:27

            „Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit den ersten Schritt“

            Klingt nett! Ich habe aber zunehmend das Gefühl, dass das realitätsfern ist. Wie gesagt, es gibt Studien, die nahelegen, dass die Auswanderungswellen aus Afrika eine Folge des gestiegenen Wohlstandsniveaus, zumindest in einigen Bevölkerungssegmenten (“afrikanische Mittelklasse”) sind. Erst durch diesen Wohlstandszuwachs war es den “Aufsteigern” überhaupt möglich ausreichend Geld zu sammeln um Flucht und Schlepper zu finanzieren. Der Weg in die “nivellierte Mittelklassegesellschaft”, von der Stefan Sasse spricht, also ein Weg zu mehr Wohlstand, wird – wenn diese Studien recht haben – zu viel, viel mehr Migration weg aus Afrika und hin nach Europa führen. Mehr Wohlstand in Afrika bedeutet demnach mehr Migranten vor unseren Toren. Das gilt natürlich nur solange, bis tatsächlich der Wohlstand in Afrika so weit gewachsen ist, dass er dem in Europa gleichwertig ist. Aber das wird, wenn überhaupt, nur über einen Zeitraum von vielleicht 100 Jahren möglich sein. Es wird also Migrationskrisen zu unseren Lebzeiten nicht relevant betreffen. Und aus klimatechnischen Gründen kann sich der Planet gleichwertige Lebensverhältnisse in Afrika und Europa auf dem Niveau von Europa auch garnicht leisten. Ein massives Erstarken von Wirtschaft in Afrika wäre tödlich für das Klima. Die Folgen dessen würden übrigens in besonderem Maße das ohnehin von Dürren und Hitze betroffene Afrika treffen. Was wiederum das potentielle Erstarken der Wirtschaft dort abwürgen und neue Migrationswellen verursachen würde.

            Ich bleibe deshalb dabei: Es gibt keine Lösung für die Migrationskrise.

          • Ariane 18. September 2020, 14:44

            Ja, das mit Müller tut mir wirklich leid. Ich glaube übrigens, dass wir das Zeitfenster zumindest für eine mittelfristige Lösung da ebenso verpasst haben wie bei Dublin, mittlerweile hat die EU auch in Afrika erheblich an Einfluss gewonnen, während Länder wie China da hinzugewonnen haben, die natürlich erst recht keinen Grund haben, dort gegen irgendwas vorzugehen.

            Und Fluchtursachen bekämpfen ist auch nicht günstiger als hier Flüchtlinge aufnehmen. Wobei man sagen muss, dass die Flüchtenden, die aktuell in den Internierungslagern sitzen, nicht aus wirtschaftlichen Gründen geflohen sind, sondern weit überwiegend aus Ländern kommen, die ihre staatliche Stabilität ziemlich komplett verloren haben wie Syrien, Afghanistan oder Irak.

            • Ralf 18. September 2020, 17:52

              Wobei man sagen muss, dass die Flüchtenden, die aktuell in den Internierungslagern sitzen, nicht aus wirtschaftlichen Gründen geflohen sind, sondern weit überwiegend aus Ländern kommen, die ihre staatliche Stabilität ziemlich komplett verloren haben wie Syrien, Afghanistan oder Irak.

              Dazu würde ich gerne aktuelle Zahlen sehen. Syrer, Afghanen und Iraker sind prominent unter den gegenwärtigen Asylsuchenden in Deutschland vertreten, aber das könnte auch Familienzusammenführungen und damit Migrationstrends aus der Vergangenheit widerspiegeln. In Italien kommen meinen Informationen nach über die Mittelmeerroute die meisten Ankömmlinge aus Afrika, vorwiegend Eritrea und Nigeria. Auch aus einigen asiatischen Ländern, wie etwa Bangladesch, scheinen signifikante Zahlen zu kommen. Zu Spanien habe ich keine Informationen, aber da Spanien von Afghanistan, Syrien und dem Irak noch weiter weg ist als Italien, nehme ich mal an, dass der Anteil der Migranten, die aus diesen Ländern kommen und über Spanien einzureisen versuchen, noch geringer ist. Bleibt also nur noch Griechenland. Über die griechische Route kommen aber wohl auch viele Iraner, Pakistaner etc.. Nun sind natürlich viele der genannten Länder keine Horte der Stabilität und in vielen dieser Länder gibt es hin und wieder aufflammende Konflikte. Aber in diesen Ländern ist nicht jede staatliche Struktur zusammengebrochen wie etwa in Syrien oder Afghanistan.

              • Stefan Sasse 18. September 2020, 18:30

                Bangladesch und Eritrea sind jetzt auch nicht eben als Horte der Stabilität bekannt.

                • Ralf 18. September 2020, 18:33

                  Genau das hab ich ja geschrieben. Aber es sind eben auch nicht Staaten, die sich in einem totalen Bürgerkrieg mit vollständigem Zusammenbruch von Infrastruktur und Zivilisation befinden, wie das in Syrien oder im Jemen vorliegt.

        • Stefan Sasse 18. September 2020, 06:28

          Ja, das war ungenau geschrieben, da hast du Recht. Was ich meine ist: Jeder hätte gerne, dass das Problem weggeht. Aber da es keine für alle akzeptable Lösung gibt, sind alle Beteiligten damit zufrieden, die inhärenten Dynamiken arbeiten zu lassen.

    • Stefan Pietsch 18. September 2020, 10:26

      Ich bin durchaus beeindruckt. Ich bin allerdings durchaus der Ansicht, dass die EU mehr braucht als einen dreckigen Deal mit Erdogan, menschenunwürdige Auffanglager und ein, zwei Länder, die ad hoc einspringen, wenn es für die Öffentlichkeit nicht mehr zum Aushalten ist.

      So wie die Dinge liegen, werden gravierende Wohlstandsunterschiede noch in 100 Jahren bestehen, selbst wenn jetzt alle alles richtig machen. Das ist manchenorts die Spanne von 2 Menschenleben. Das Gros der Flüchtlinge kommt typischerweise aus (Bürger-) Kriegsländern, Regionen, wo die Lebensumstände nicht nur aufgrund von Armut, sondern wegen der Furcht um die physische Existenz unhaltbar sind.

      Brauchen wir da nicht zuerst eine internationale Ordnung, wie solche Kriege zu befrieden sind?

      • Stefan Sasse 18. September 2020, 11:55

        Wäre hilfreich, aber wie sieht die aus?

        • Stefan Pietsch 18. September 2020, 12:05

          Das kann auf absehbare Zeit nur abstrakt bleiben, da es zwei Vetomächte gibt, die jede Weiterentwicklung des internationalen Rechts blockieren. So wäre vorstellbar, dass UN Truppen die letztendliche Verantwortung für die innere und äußere Sicherheit eines Staates übernehmen, wenn über einen Mindestzeitraum militärische Auseinandersetzungen stattgefunden haben. Dies beraubt einen Staat zeitweise der nationalen Souveränität, klar. In Afghanistan hat das im Konzept nicht so schlecht funktioniert, als dass es nicht weiterentwickelt werden könnte. Jedenfalls scheint die Sicherheitslage 2005-2015 besser gewesen zu sein als heute.

          Derzeit steckt das internationale Recht in einer Sackgasse oder bildet sich gerade zurück, nicht zuletzt aufgrund der von den USA betriebenen Politik.

  • Ariane 17. September 2020, 22:17

    1) Gleiches mit dem Gerede von Selbstenttarnung und Entzauberung und einem „Jetzt aber“! Diese Suche nach einem doppelten Boden ist gruslig. Du hattest glaub ich neulich einen Tweet, wo es hieß, dass eigentlich jeder (gut, heutzutage wohl auch nicht mehr) faschistoide Codes von Führern erkennt, nur in einem demokratischen System plötzlich die Fähigkeit dazu verliert.

    Das fand ich sehr passend. Kaum ist etwas in einem ungewohnten Kontext, muss es zwangsläufig in altbekannte Bahnen einsortiert werden. Dieser Unwille, zu erkennen, dass die Leute u.a. deswegen und nicht trotzdem gewählt werden, gehört da auch dazu.

    2) Das ist irgendwie besonders verrückt, wenn man bedenkt, dass eine Leistung der genialen deutschen Ingenieurskunst der letzten Jahre darin bestand, ein ausgefeiltes Betrugssystem auszutüfteln, um gängige Gesetze zu umgehen und eben nicht darin, einen klimaverträglicheren Antrieb zu entwickeln oder auch nur einen Motor zu bauen, der den Regularien entspricht.

    Es ist ja nicht so, dass das nicht geht, Citizen hatte ja etliche Beispiele, aber es geht eben alles nicht einfach so. Das kostet Geld und benötigt Druck, ob vom Markt, von Gesetzen, Kontrollen, egal.
    Wie man ja sieht war es für die Firmen und genialen Ingenieure logischer, Geld und Gehirnschmalz in Betrugssoftware zu investieren anstatt auch nur in die regelkonforme Einhaltung. Das gilt es zu hinterfragen, auch dass es vermutlich ohne die geniale US-Amerikanische Kontrollbürokratie immer noch gar nicht aufgefallen wäre.

    4/8)
    Ist ja nicht so, als sei Moria gerade das einzig unlösbare Problem der EU (da könnte man auch fragen, ob es überhaupt noch lösbare gibt).

    Bin ja überrascht, dass der Brand selbst bei konservativen PolitikerInnen da noch sowas wie Bestürzung ausgelöst hat, während die Meldung von Menschen, die hilflos auf dem Meer treibend bzw schnell noch in türkische Gewässer geschleppt werden, um sie dann da treibend zurückzulassen, ein Medienecho von knapp über 0 hatte.
    Da muss man auch nicht erst auf den Türkei-Deal verweisen, auf der Landseite war es ja dasselbe, hauptsache es ist weit genug, dass man nur sporadisch hinsehen muss.

    Was ganz spannend ist: es gibt ja sowas wie eine Umkehrung des politischen Drucks. Anstatt auf die große EU-Lösung zu verweisen, steigt eher der regionale Druck an, ich glaube mittlerweile hat jedes Bundesland (bzw Kommune) und zwar auch unionsgeführte ihre Aufnahmebereitschaft erklärt, wodurch schon wieder die Union gegen sich selbst kämpft. Das erhöht über Bande den Druck auf Deutschland, wiederum Druck auf andere auszuüben. Und sorgt übrigens btw vermutlich wie auch in anderen Dingen für weitere Parallelstrukturen innerhalb der EU, weil die normalen einfach nicht mehr taugen.

    6)
    Es ist wie die Integrationsdebatte in Deutschland auch unglaublich einseitig. Niemand interessiert sich für die Kultur von Türken, Syrern oder sonstwem, außer, wo sie als defizitär wahrgenommen wird. Bei uns ist die Kolonialvergangenheit kein so großes Thema, weil wir keine großen Minderheiten aus den ehemaligen Kolonien haben

    Naja, in Deutschland heißt es halt Leitkultur. Ich denke, es kommt stark darauf an, wie man Kolonialvergangenheit genau definiert. Was Übersee-Territorien angeht, gilt das für Deutschland definitiv. Dafür haben wir ein sehr brachliegendes Äquivalent in Osteuropa und dem Balkan, das ebenfalls wenig aufgearbeitet wurde, gerade wenn wir zb nicht Polen, sondern Rumänien nehmen. Und vieles davon hat ja nicht 1939 angefangen, ist ja auch so ein deutsches Phänomen (ähnlich wie beim Übersee-Kolonialismus) dass so getan wird, als wäre sonst alles absolut ok gewesen.

    Ich glaube, da fehlt auch einfach nicht nur die faktische Auseinandersetzung zb mit einer bestimmten Kolonie, sondern vor allem der Geisteshaltung, die zu dieser Politik geführt hat. (und die abgeschwächt immer noch vorhanden ist)

    • Stefan Sasse 17. September 2020, 22:33

      2) Genau! Guter Punkt.

    • cimourdain 18. September 2020, 14:53

      2) Wenn man es so betrachtet, ist der Geoengineering – Ansatz beim Klimaschutz nichts anderes. Wir schummeln die Gesetze ( Thermodynamik und Atmosphärenchemie) zurecht, dass wir grundsätzlich mit den alten Modellen weitermachen können und hoffen, dass wir damit durchkommen, weil die Kontrollstelle (Gaia) darauf nicht negativ reagiert.

      6) Das ist ein sehr guter Gedanke, dass Teile Osteuropas über Jahrhunderte hinweg ‚deutsch‘ kolonialisiert wurden (neben Rumänien auch Teile der Ukraine und des Baltikums). Aber willst du in Ost- und Südosteuropa noch ein weiteres identitätspolitisches Fass aufmachen?

      • Ariane 18. September 2020, 16:41

        Aber willst du in Ost- und Südosteuropa noch ein weiteres identitätspolitisches Fass aufmachen?

        Nein, ich will es hier aufmachen und ich hab Rumänien als Beispiel genannt, weil wir in den letzten Monaten wieder ziemlich viel Chauvinismus gegen Rumänen (und Polen) hatten.
        Es geht da ja um den Umgang des eigenen Landes, der eigenen Vorfahren, das ist also etwas, das hier unter Biodeutschen stattfinden muss, nicht irgendwo in Osteuropa oder Namibia, das kann nur der zweite Schritt sein.
        Und im Übrigen ist das emotionale Festhalten an Bismarck-Statuen genau so Identitätspolitik, wir sollten aufhören sowas als nüchterne Rationalität zu verkaufen.

        • cimourdain 19. September 2020, 00:51

          Wenn du dich an die Debatte um die Remigration der Russlanddeutschen (Spätaussiedler) als privilegierte Migrantengruppe erinnerst, gerät diese Argumentation sehr schnell in die (sumpfige) Schiene „Volkszugehörigkeit qua Abstammung“ .

          Selbst die (hochakademische) Rezeption von Herta Müller im Zuge das Nobelpreises hatte einen gewissen „Wir(!) Deutschen mussten unter der rumänischen Diktatur leiden.“ ganz komische Töne waren da dabei.

          • Ariane 19. September 2020, 19:09

            Ja, das ist mir bewusst, ich denke aber das sollte kein Argument sein, sich mit der Rolle des eigenen Landes/der eigenen Vorfahren kritisch auseinanderzusetzen.
            Sonst könnte man das auch beim Kolonialismus sagen, weil da Bürgerkrieg oder Diktaturen sind, sollte man sich nicht kritisch auseinandersetzen?

      • R.A. 19. September 2020, 16:09

        „dass Teile Osteuropas über Jahrhunderte hinweg ‚deutsch‘ kolonialisiert wurden (neben Rumänien auch Teile der Ukraine und des Baltikums).“
        Das ist weitgehend falsch.
        Es gab in vielen Regionen Osteuropas deutsche Siedler. Die wurden aber in der Regel (wie andere Nationalitäten auch) von den einheimischen Herrschern ins Land geholt, weil sie wirtschaftliche Impulse brachten. Das ist nicht annähernd mit Kolonialismus vergleichbar.

        Dann gab es die Eroberungen deutscher Ritterorden im Baltikum. Aber auch das hatte nichts mit Kolonialismus zu tun und auch keine wirklich nationale Komponente – das war Teil der Zwangschristianisierungsbewegung der damaligen Zeit und die Eroberungen erfolgten auch nicht im Auftrag des deutschen Staates, sondern des polnischen.

        Die Herrschaft der Habsburger über verschiedene mittel- und osteuropäische Länder war eine reine Personalunion auf das Herrscherhaus bezogen. In den einzelnen Territorien hatten im wesentlichen die alten einheimischen Machthaber das Sagen.

        „Kolonialähnlich“ könnte man nur die Herrschaft Preußens/Deutschlands in den westpolnischen Gebieten nach den polnischen Teilungen bezeichnen. Das war auch der einzige Fall, wo es „Germanisierungs“-Bestrebungen durch die Obrigkeit gab.

        • CitizenK 19. September 2020, 17:45

          Das ist richtig, nach allem was ich weiß. Auch die „Schwaben“ in Rumänien, die Donau- und die Banater Schwaben kamen als willkommene Siedler.

        • Stefan Sasse 19. September 2020, 22:46

          Ohne direkten Zusammenhang, aber was oft auch gerne vergessen wird ist die russische Kolonisierung. Sibirien etc. liegen zwar angrenzend zu Russland, waren aber jahrhundertelang de facto Kolonien.

        • cimourdain 20. September 2020, 00:35

          Du hast recht, hier haben wir eine tückische Doppelbedeutung von Kolonialisierung. Ich (und ich glaube auch Ariane) meinte durchaus Siedlermigration und nicht Imperialistische Kolonien.

          • Ariane 20. September 2020, 02:00

            Jep, obwohl das etwas vertrackter ist (Stefan nannte ja auch Sibirien), es war ja nicht so, dass alle friedlich miteinander gelebt haben, auch ethnische Verfolgungen u.ä. fanden damals statt.
            Oftmals war es beides nebeneinander. Nur, dass man sozusagen keine fremden Länder „fand“.

            • Stefan Sasse 20. September 2020, 13:19

              Das ewige Dilemma der Geschichtswissenschaft. Je genauer man hinschaut desto komplizierter wird es.

    • Lemmy Caution 19. September 2020, 13:40

      Mit der „Kolonialisierung“ Osteuropas sollten wir aber sehr genau schauen.
      Lerne gerade, dass ich davon absolut keinen blassen Schimmer hatte. Lese nun Pieter Judson, The Habsburg Empire, das insbesondere auch den – Evo Morales würde sagen – plurikulturellen Charakter Österreich Ungarns zum Inhalt hat. Das Buch behandelt die Zeitspanne zwischen der Regierungszeit Maria Theresias Mitte des 18. Jhdts bis zum Untergang.
      Der Vergleich etwa mit der spanischen/portugiesischen Herrschaft Lateinamerikas 1492/1519/1542 – 1810/1824, dem europäischen Imperialismus in Afrika im 19. Jhdt oder die wachsende europäischen Dominanz über immer größere Teile Asiens 1602 bis WKII liegt zwar nahe, ist aber absolut irreführend.
      Im Baltikum waren die Adligen Deutsche. Nur besaß in der Frühen Neuzeit die Beantwortung der Frage, ob der gottgegebene Adlige eines Gebiets nun die Sprache seiner Untergebenen verstand oder nicht sowieso eher Zufallscharakter.
      Ich hab irgendwo anders mal gelesen, dass Tschechien nach der Unabhängigkeit in einem gemeinsamen Staat mit der Slowakei durchschnittlich stärker industrialisiert war als das Deutsche Reich. Das entspricht nun jetzt überhaupt nicht etwa den postkolonialen Entwicklungsbedingungen in Südamerika.

      • R.A. 19. September 2020, 16:22

        „plurikulturellen Charakter Österreich Ungarns“
        Österreich-Ungarn war vielleicht weltweit der Staat, der in einem national völlig gemischten Gebiet das Zusammenleben der verschiedenen Gruppen am besten hingekriegt hat. Natürlich immer noch mit vielen Macken und Ungerechtigkeiten – aber für die damalige Zeit waren die Minderheitenrechte erstaunlich ausgebaut.
        Und wenn der (später ermordete) Thronfolger sein Reformprojekt durchgesetzt hätte, wäre Österreich-Ungarn ein absolutes Vorbild geworden (https://de.wikipedia.org/wiki/Vereinigte_Staaten_von_Groß-Österreich).

        In den nach 1918 entstehenden Nationalstaaten wurden die Verhältnisse deutlich schlechter, keiner dieser Staaten hat deswegen auch nur annähernd die Stabilität des Habsburger-Staats hingekriegt.

        „Ich hab irgendwo anders mal gelesen, dass Tschechien nach der Unabhängigkeit in einem gemeinsamen Staat mit der Slowakei durchschnittlich stärker industrialisiert war als das Deutsche Reich.“
        Richtig. Böhmen war das industrielle Kernland der Habsburger Monarchie, Mähren auch noch gut dabei, die Slowakei vorwiegend agrarisch.
        Im Prinzip war Österreich-Ungarn bei Wissenschaft, Industrialisierung und allgemein Modernität grundsätzlich auf Augenhöhe mit Deutschland. Aber der Schnitt der erfolgreichen Landesteile wurde heftig gedrückt durch (meist später erworbenen) Landesteile im Osten und Südosten. Regionen wie Bosnien oder Ostgalizien hatte Deutschland nicht.

        • Stefan Sasse 19. September 2020, 22:47

          Der österreichische Binnenpluralismus ist irgendwie auch noch ein merkwürdig untererforschtes Phänomen, oder?

          • Lemmy Caution 19. September 2020, 23:37

            Das ist gut erforscht.
            Zumindest in meinem deutschen Geschichtsuntericht wurde Österreich nur stark aus einer deutschen Perspektive betrachtet. Bis 1806 Habsburger als Kaiser des Hl. röm Reiches dt. Nation, Metternich als Gestalter der Restauration und im 19. Jhdt. dann preußisch/österreichischer Konflikt über die Vormachtstellung großdeutsch/kleindeutsch.
            Dass Österreich weit über die Grenzen Deutschlands hinausgewachsen ist war quasi als Nebenbedingung allen bekannt, es wurde nur nicht behandelt.

            Bis heute hat sich an dieser Situation möglicherweise nichts geändert. Ich weiß das nicht. Ich war Jahrzehnte in keinem Geschichtsunterricht mehr… 😉
            Pieter Judson, The Habsburg Empire gibt einen guten Überblick von 1840 bis 1918. Das sind die entscheidenden Jahre. Mit Maria Theresia begann ein absolutistisches Reformprogramm, übrigens in ähnlicher Stoßrichtung wie die bourbonischen Reformer in Spanien.

            • Stefan Sasse 20. September 2020, 13:15

              Ja, falscher Begriff. Unterrezipiert trifft es glaube ich eher. Danke für den Kontext!

          • R.A. 20. September 2020, 11:31

            Forschung zur Habsburger Monarchie gibt es schon einiges.

            Aber die öffentliche Wahrnehmung gerade in Deutschland wird von der Literatur der 20er Jahre geprägt: Joseph Roths „Radetzkymarsch“, Stefans Zweigs „Welt von gestern“, Heimito von Doderers „Strudlhofstiege“, Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“.

            Die beschreiben alle eine Habsburger Monarchie im Niedergang, mit rührend rückständigen Strukturen, verkrustet und veraltet – der Untergang im ersten Weltkrieg ist schicksalhaft vorgezeichnet.

            Da ist natürlich viel Wahres dran. Die Autoren haben das ja auch alle aus erster Hand erlebt.
            Aber davon abgesehen daß Weltuntergangsstimmung bei den Intellektuelln aller europäischer Staaten vor dem Weltkrieg en vogue war – sämtliche positiven Aspekte (mal abgesehen von der Romantisierung der Rückständigkeit) fallen unter den Tisch.
            Die Bücher sind im wesentlichen geschrieben für das deutsche Publikum. Dort gab es nach dem Krieg eine große Nachfrage nach Narrativen, die den Verlust des Krieges beim Unvermögen des Hauptverbündeten verortete, nicht bei Deutschland selber.

            Real hatte Österreich-Ungarn neben den natürlich vorhandenen gesellschaftlichen Rückständigkeiten (dies es natürlich auch in England, Frankreich und Deutschland gab) auch seine Stärken. Es war in weiten Teilen industrialisiert und modern.
            Seine Armee war schwächer als die Deutschlands, hat aber selbst schwerste Verluste (anfangs gegen Rußland) und den überraschenden Angriff Italiens durchgestanden und bis zum Schluß sehr motiviert gekämpft. Die Nationalitätenfragen haben dieses Engagement überhaupt nicht beeinträchtigt. Motivationsprobleme gab es nur bei einem Teil der tschechischen Truppen. Ansonsten war es sogar so, daß gerade die italienischen und südslawischen Truppen sich besonders erbittert gegen die „Befreiung“ durch ihre künftigen Landsleute gewehrt haben.

            Letztlich ist es historischer Zufall (bzw. dem Unvermögen der deutschen Außenpolitik geschuldet), daß Österreich-Ungarn am Ende auf der Verliererseite des Kriegs stand.
            Wäre der Kriegsausgang anders gelaufen, wäre der Mythos vom „Völkerkerker“ und vom zwangsläufigem Auseinanderfallen nie entstanden.

            • Stefan Sasse 20. September 2020, 13:26

              Jepp, da bin ich völlig bei dir. Danke noch für den Kontext!

      • Ariane 19. September 2020, 19:21

        Danke für den Tipp!

        Ja, da hast du Recht, es ist (logischerweise) natürlich etwas anderes als die eigentliche Kolonalisierung. Die uns Deutschen übrigens auch gut zu Gesicht stehen würde, auch wenn es nicht den Stellenwert hat wie in Frankreich oder GB. Die Ungleichwertigkeit von Menschen hat aber in Osteuropa ebenso stattgefunden und ist mittlerweile häufig genauso im Nebel der Vergangenheit entschwunden und ich halte es durchaus für wichtig, so etwas ebenfalls im Hinterkopf zu behalten, weil es oft bis heute Auswirkungen hat. Wir sehen das doch, wie häufig immer noch die Idee ist, dass wir Westeuropäer bessere Menschen sind als PoC, Osteuropäer, Leute anderer Religion etc.

  • Lemmy Caution 18. September 2020, 07:14

    zu 2) Am Ende von WK 2 hofften gewisse Leute auf „Wunderwaffen“. Die Logik, die Förderung zurück zu fahren halte ich auch für eine schlechte Idee. Dabei sollte man auch bedenken, dass die Effektivitätssteigerungen von regenerativen Energien in der Vergangenheit einen starken Hebel hatten: In vielen Schwellenländern gibt es Standorte mit mehr Sonne und Wind als in Mitteleuropa, so dass die technologischen Verbesserungen dort schneller rentabel werden als ohne diese Nebenbedingung. Für den Anschub fehlen denen aber meist Finanzierung, Infrastruktur, entsprechend geschulte Ingenieure und risikobereite Unternehmer.

    • CitizenK 18. September 2020, 08:25

      Ist „Desertec“ nicht gerade daran gescheitert? Und wird von Marokko im nationalen Rahmen erfolgreich weiter geführt? Selbst in Spanien und Portugal gibt es ermutigende Projekte, von denen man hier wenig hört und liest. Sind es mal wieder die Journalisten oder gibt es noch andere Gründe?

      Wenn die Energiewende ernsthaft gewollt wird, muss man sich mit großer Energie 😉 diesen Ansätzen zuwenden, aus Fehlern lernen und den Zeithorizont weiter stecken. Das Denken in Quartalsbilanzen ist da nicht hilfreich.

      • Stefan Pietsch 18. September 2020, 10:16

        Desertec ist nicht gescheitert, sondern wird in anderen Formen weiterverfolgt. So ist das mit der Marktwirtschaft: die erste Idee führt selten direkt zum Ziel. Auf Wikipedia ist zu lesen:

        Marokko ist als Partner besonders geeignet, da bereits eine Stromtrasse über Gibraltar nach Spanien führt und die marokkanische Regierung ein eigenes Programm zur Förderung erneuerbarer Energien beschlossen hat (es werden ca. 6,6 Mrd. EUR / 9 Mrd. USD in den Jahren 2015 bis 2019 für eine installierte Leistung von 2 GW in fünf Solarkraftwerken bereitgestellt[63][66]). Die Stromerzeugung in Marokko betrug im Jahr 2006 rund 21,88 Terawattstunden (TWh) bei einem Eigenverbrauch von 19,58 TWh. Zum Vergleich: Deutschland verbraucht 600 TWh, hat aber nur die doppelte Bevölkerung Marokkos. 2001 wurden mehr als 95 % der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen wie Erdöl und Erdgas erzeugt, der Rest aus Wasserkraft. Der Anteil von Windkraft und Solarenergie an der Stromerzeugung betrug in Marokko im gleichen Zeitraum 0 %.[69] Parallel wurde unter französischer Führung eine 500-MW-Pilotanlage in Marokko beschlossen.
        https://de.wikipedia.org/wiki/Desertec#Marokko

        Zwei der wesentlichen Probleme der Stromerzeugung in der Wüste sind zum einen die Rechtsunsicherheit, schließlich sind die Anrainer nicht so geübt in Rechtsstaatssachen. Zum anderen geht Spannung über lange Strecken verloren, Sie können Strom nicht einfach über ein paar tausend Kilometer durch Leitungen jagen, denn am Ende kommt nur ein Rinnsal raus. Und natürlich, ja, braucht es Infrastruktur, eine originäre Staatsaufgabe. Statt also Milliarden in die Förderung von Technologien zu verplempern, von denen Beamte nichts verstehen, wäre es sinnvoller, sich auf den Kern staatlichen Handelns zu beschränken, Rechtsrahmen zu schaffen und Infrastrukturen bereitzustellen.

    • Stefan Sasse 18. September 2020, 08:34

      Der Vergleich ist vielleicht ein bisschen missraten, meinst du nicht auch?

      • Stefan Pietsch 18. September 2020, 10:16

        Die Aussagen sind doch zutreffend, oder nicht?

        • Stefan Sasse 18. September 2020, 12:00

          Ich finde die V2 und die Massenmorde in ihrem Zusammenhang mit der Energiewende zu vergleichen weder für aussagekräftig noch für angemessen.

          • Lemmy Caution 18. September 2020, 13:38

            Normalerweise bin ich gegen Nazi-Vergleiche. Ausnahme ist aber übermäßige Technologie-Gläubigkeit insbesondere von nicht-Experten in dieser Technologie, die also kein „skin in the game“ im Sinne von Nassim Taleb haben.

            Hab mich selbst so konditioniert, dass ich eine schöne Bergwelt imaginiere und mir sage nicht aufregen, nicht provozieren lassen, ganz ruhig, der meint das nicht so, vielleicht der ansonsten ein vernünftiger Mensch…
            wenn in Meetings mal wieder einer der Vertreter meiner Kunden triumphierend ausruft:
            Aber dafür *muss* es doch heutzutage ein „Tool“ für geben, das nichts kostet.
            oder mich ein scrum-inspirierter mit einem 80er Jahre Bhagwan Gesichtsausdruck fragt:
            Willst Du, dass ich Dir slack installieren?

  • cimourdain 18. September 2020, 14:53

    3) Auch wenn du quasi vom Amts wegen findest, dass „die historisch-politische Bildung klasse [ist] (nebenbei bemerkt auch der Religionsunterricht)“, möchte ich das in allen Punkten differenzierter sehen:

    Geschichte: findet laut Lehrplänen nur statt, soweit sie Westeuropa und USA betrifft. Andere Weltregionen werden als Akteure komplett ignoriert.

    Politik: Die CIVIC Education Study 2016 verortete die deutschen (nur NRW hat teilgenommen) Schüler im unteren Mittelfeld, sowohl bei Engagement als auch bei Kenntnissen.

    Religion: Nur dann klasse, wenn du auch der Meinung bist, Wirtschaftspolitik sollte je nach Elternhaus von einem Vertreter des BDI oder des DGB gelehrt werden. Auch hier geht intensive Kenntnis des eigenen Vereins auf Kosten anderer Felder, z.B. der Philosophie oder nichtwestlicher Mythologien.

    6) „Für Frankreich und Großbritannien gilt in viel größerem Maße als für Deutschland: Ohne Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit wird es keine Integration geben. „ Hier bin ich aus zwei Gründen skeptisch:

    a) Vor dem Aufarbeiten der kolonialen Vergangenheit wäre ein Beenden der kolonialen und neokolonialen Gegenwart vielleicht sinnvoll. Respekt hier an die Barbadians, die gerade eine autokratische Fremdherrschaft abgeschüttelt haben.

    b) Gelungene Integration kommt aus funktionierendem Alltag [die US-Iren sind hier das Musterbeispiel]. Identitätspolitische Aufrechnung wirkt da disruptiv (Denke an die Rechten, die beim Thema Türken mit der Belagerung von Wien kommen)

    8) Mit dem Integrationsparadox liegst du in meinen Augen nah dran, triffst es aber nicht ganz. Polarisierung ist das bessere Denkmodell. Dass das Vertrauen in Politik und (traditionelle) Medien bei uns eng gekoppelt ist, steht außer Frage. Was in den letzten Jahren geschehen ist, ist ein wechselseitiger Radikalisierungsprozess. Das Lager der „Totalablehner“ hat an Zahl, Lautstärke und Radikalisierung (an beiden Rändern ) zugenommen. Dadurch hat der Rest zu einem großen Teil die Haltung „gesundes Misstrauen“ verlernt und bleibt lieber im Konsens des politisch-medialen Mainstreams, weil man sich mit diesen lauten und schrillen Leuten dann doch nicht gemein machen will (siehe Corona-Demonstranten-Diskussion). Ein typisches Beispiel ist deine Ablehnung des Begriffs „Staatsfernsehen“, weil das ein Kampfbegriff der Rechten ist.

    • Stefan Sasse 18. September 2020, 15:33

      3) Den Eurozentrismus kritisiere ich auch heftig, wobei sich da in den letzten zwei Auflagen schon einiges gebessert hat. Leider auch einiges wieder verschlechtert…Dauerproblem. Politik: Wäre das ohne den Unterricht nicht noch wesentlich schlechter? Reli: Ich würde ihn auch lieber abschaffen, aber für das was er ist ist er ziemlich gut (sprich: gesellschaftswissenschaftliches Fach). Unterscheiden wir Grundsatzkritik und Manöverkritik.

      6) a) ja. b) nein. Die Iren wurden nicht mehr unterdrückt, als man stattdessen andere Gruppen unterdrückte. Aber integriert sind die bis heute nicht vollständig.

      8) Ich sehe das nicht als Polarisierungsproblem, nein. Auch gibt es keine wechselseitige Radikalisierung, die ist dafür viel zu einseitig im Umfang.

      • cimourdain 19. September 2020, 09:54

        6)b)i)Es ist sogar so, dass Noel Ignatiev in „How the Irish became white“ sagt, dss diese Integration auch dadurch ablief, dass sie ins Lager der Unterdrücker gewechselt sind.
        6)b)ii) Was verstehst du unter vollständig integrier? Sie unterliegen immer Stereotypen in der populären Darstellung. Aber das gilt sogar für einzelne Regionen des gleichen Landes, kann also nicht die Meßlatte sein. Wichtiger ist, dass sie nicht in Sippenhaft genommen werden, wenn es bei der katholischen Kirche Skandale gibt. (Wie es eine moderne know-nothing-party täte). Auch weiss ich nichts von Distanzierungsforderungen während der Troubles, wie sie den Muslimen bei Terroranschlägen regelmäßig abverlangt werden.

        8) Bei der Akzeptanz von Überwachung (z.B. Restaurantlisten), bei der Akzeptanz von Zensur (z.B. das neue vermutlich verfassungsfeindliche Hätespeechgesetz) und bei der Akzeptanz von aufgebauten Feindbildern (z.B. die ‚Superspreaderin vin Garmisch‘) hat überall eine klare Abkehr von dem Ideal einer offenen Gesellschaft stattgefunden. Erinnerst du dich, wie wir uns vor einem halben Jahr in Diskussionen Gramsci und Agamben um die Ohren gehauen haben? Manche Befürchtungen sind eingetreten.

        • Stefan Sasse 19. September 2020, 10:07

          6bi) Ja.
          6bii) Denk mal an so was wie „The Departed“

          8) Weiß nicht mehr nein

  • Padde 18. September 2020, 18:18

    9) Ich denke auch nicht, dass die Demokraten das Ergebnis nicht anerkennen werden. Aber sollte Trump (halt auch wegen Voter Suppeession) eine zweite Amtszeit kriegen, könnte das die BLM-Proteste durchaus radikalisieren.

    • Stefan Sasse 18. September 2020, 18:31

      Ja, aber die BLM-Proteste sind nicht die Democrats! DAS ist der Kern meines Arguments.

  • sol1 19. September 2020, 00:16

    5) Da kommt jetzt tatsächlich etwas in Bewegung:

    https://www.sueddeutsche.de/politik/spd-wahlprogramm-konjunkturpakete-1.5033908

    9) Die Bereitschaft, eine Wahlniederlage anzuerkennen, sinkt bei den Demokraten wohl auch deshalb, weil Trumps Kampagne die wohl erste der Geschichte ist, die sich nicht einmal den Anschein gibt, die popular vote gewinnen zu wollen.

    Gut zu sehen an Trumps irrsinnigem Auftritt zu den Waldbränden. Hunderttausende von Wählerstimmen in den betroffenen Staaten zu verschenken, um ein paar tausend Stimmen in Pennsylvania oder Ohio zu gewinnen? Das electoral college macht es möglich, daß das keine aberwitzige Strategie ist.

    „The Week ist kein linkes Medium wie etwa Washington Monthly oder Vox“

    Ich habe nicht den Eindruck, daß sich The Week von den anderen beiden Magazinen stark unterscheidet.

  • schejtan 19. September 2020, 03:05

    Ohne Bezug zu einem der Punkte hier einfach nur mal… fuck

  • Lemmy Caution 19. September 2020, 10:58

    zu 5) Ich sehe überhaupt keinen Grund, warum dieser Staat nach der Krise nicht wieder entschulden sollte. Das widerspricht auch überhaupt nicht Keynes. Was ich mir wünschte wäre eine mutigere Politik für eine sozialere Regelung der Einnahmen- und Ausgaben, weil ich diesen Trend zu einer sich weiter spreizenden Brutto-Einkommensverteilungen für auf absehbare Zeit unumkehrbar halte.
    Sicher nicht einfach, aber eine stärkere Besteuerung von Finanzeinkünften und Erbschaften wäre einen Versuch wert. Hab gestern gehört zu welchen Preis ein Haus im Speckgürtel meiner Jugend verkauft wurde… Ich weiß, dass diese hart arbeitenden ex-Nachbarskinder dieses Geld mutmaßlich ungefähr genauso viel benötigen wie meine Schwester und ich vermutlich in 10 bis 20 Jahren: Nämlich eigentlich nicht so sehr.
    Der Lebensstil als durch Corona nur zeitweilig unterbrochene Dauerkreuzfahrt einiger ex-Nachbarn in Rente dort nehme ich als Dystopie wahr.
    Da gibt es für die Umverteilungsmaschine Staat einiges an Spielraum, dass Verschuldung mit all seinen Problemen vielleicht gar nicht nötig ist.

    Think global, act global machts noch absurder.

    Jemand hat mir vor 5 Wochen Bildern von strahlenden Kindern aus den chilenischen Andenhängen auf whatsup geschickt. Klimatisch kann man sich die Gegend bezüglich Niederschlag und Wärme ungefähr wie das Tessin vorstellen.
    Die präsentierten stolz ihre Schuhe. Einer war sogar in einfach nur Gummi-Stiefeln. Jemand kannte jemand anders, die Lehrerin an dem Ort ist. Und nun haben 15 wieder Schuhe wie vor der Krise, ich 450 Euro weniger, das Schuhgeschäft in der Provinzhauptstadt angeblich zu dem Soli-Preis genauso viel Pesos wie vorher und zwei Banken ein paar Euros mehr.

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