Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) Exams are everything in China
Andrew Batson erläutert in seinem Blog, dass das chinesische Bildungssystem und insbesondere die Hochschulaufnahmeprüfung Gaokao eine zentrale gesellschaftliche Institution darstellen. Das Buch The Highest Exam von Ruixue Jia und Hongbin Li zeige, wie der Gaokao soziale Mobilität ermögliche, Legitimität stifte und das gesellschaftliche Leben strukturiere. Da allein Prüfungsergebnisse über Studienzulassungen entschieden, gelte der Test als Symbol für Meritokratie – ähnlich wie das historische kaiserliche Keju-Examen, das einst sozialen Aufstieg versprach. Auch nach der kommunistischen Machtübernahme sei das Prüfungssystem bewusst fortgeführt worden, um Leistungsprinzip und politische Stabilität zu sichern. Die Abschaffung während der Kulturrevolution habe Chaos erzeugt, seine Wiedereinführung 1977 dagegen breite Unterstützung gefunden. Zugleich werde der enorme Leistungsdruck kritisiert: Das gesamte Bildungssystem diene der Vorbereitung auf diesen einen Test, alternative Aufstiegspfade existierten kaum. Versuche, das System zu reformieren, seien politisch gescheitert. Batson verweist darauf, dass die Logik des Gaokao – ein zentralisiertes, hierarchisches Wettbewerbssystem – sich auch in anderen Bereichen, etwa im wirtschaftlichen Leistungsdruck lokaler Regierungen, wiederfinde. Trotz moderner Kritik bleibe der Gaokao für China „eine unantastbare Grundlage sozialer Ordnung“. (Andrew Batson, The Tangled Woof)
Man sieht an dem Artikel gut, was für ein zweischneidiges Schwert der Gaokao ist. Auf der einen Seite sorgt er dafür, dass in China ein für Diktaturen, noch dazu ostentativ kommunistische, untypisches Maß an Meritokratie vorherrscht. Gleiches gilt für die Leistungsbeurteilungen: auch hier werden die Anreize für echten Wettbewerb geschaffen, Korruption so gut wie möglich eingedämmt und Nepotismus deutlich erschwert. Gleichwohl kommt das System mit einer Reihe schwerer Nachteile. Die einen sind menschlicher Natur: es entsteht ein riesiger Druck, der die Lebensqualität deutlich herabsetzt und neben dem unangenehmen Druck selbst natürlich auch massenhaft Verlierer*innen erzeugt, die unter ihm zerbrechen. Aber schwerwiegender sind andere Schwächen des Systems: die rigide, zentralisierte Struktur bedeutet zwangsläufig, dass der Gaokao wie auch andere Wettbewerbsindizes sich auf leicht messbare Faktoren verlassen muss. Im schulischen Bereich bedeutet das eine Konzentration auf auswendig Lernen, im wirtschaftlichen Bereich eine auf Kennziffern. Dazu wird vorausgesetzt, dass die zentrale Behörde an der Spitze des jeweiligen Systems die richtigen Indizes setzt, damit der Wettbewerb nicht durch Fehlanreize in falsche Richtungen läuft. Die Unantastbarkeit des Systems macht es zudem sehr resistent gegen Reformen, wenn genau das passiert.
2) Der Merz, für den ich gekämpft habe, sitzt nicht im Kanzleramt
Finn Werner, Mitglied der Jungen Union und Digitalberater, wendet sich in einem offenen Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz und äußert deutliche Enttäuschung über dessen Kurs. Er erinnert daran, dass Merz einst als Symbol für wirtschaftliche Vernunft und klare Führung gegolten habe, nun aber zu weich und anpassungsbereit erscheine. Werner betont, gewählt worden sei Merz nicht aus Begeisterung, sondern weil viele Wähler die Ampel-Regierung abgewählt hätten. Erwartet worden sei ein entschlossener Politikwechsel – weniger Bürokratie, solide Finanzen, Eigenverantwortung im Sozialstaat. Stattdessen sehe er einen „linken“ Merz, der Kompromisse eingehe und wirtschaftsliberale Prinzipien aufgegeben habe. Der Autor fordert den Kanzler auf, wieder zu dem durchsetzungsstarken, unbequemen Politiker zu werden, den er einst verkörpert habe – den „BlackRock-Merz“ mit klaren Überzeugungen. Die Jungen und Wirtschaftsliberalen der CDU, so Werner, warteten noch immer auf diesen echten Merz. (Finn Werner, WELT)
Ich weiß immer gar nicht, was ich sagen soll, wenn Leute, die zumindest semi-professionell im politischen Bereich unterwegs sind eine solche Blindheit an den Tag legen. In Finn Werners Kommentar müsste man nur ein paar Namen und Schlagworte austauschen und er könnte genauso von den Jusos über Scholz oder von der Grünen Jugend über Habeck sein. Was, der Mann kann die Schlagworte aus dem Wahlkampf in einer Koalition nicht 1:1 umsetzen? Was erlauben Merz? Er muss Kompromisse eingehen? Wer hätte das angesichts der Umfragen, die Merz ständig an den 30% scheitern sahen, voraussehen können? Merz hat im Wahlkampf natürlich völlig unhaltbare Versprechen gemacht, aber das war von Anfang an unseriös. Man hätte ihn damals damit konfrontieren müssen, nicht jetzt. Wer sich belügen lassen will, wird belogen. Und offensichtlich wollte Werner das. „Uns wurde ein Politikwechsel versprochen“, ja großartig, mit wem denn? Die Zeichen standen von Anfang an auf Schwarz-Rot, mit einer guten Chance für Schwarz-Rot-Grün. Ich habe kein Mitleid für Leute, die die Grundrechenarten politischer Arithmetik nicht beherrschen. Für ein weiteres Beispiel mit dem ausgelutschten „silent majority“-Stereotyp siehe hier: Sind die Bürger nicht genauso mutlos wie der Kanzler, den sie für seine Feigheit verachten?
3) No need for a moral panic about the welfare system
Chris Giles weist in seinem Kommentar darauf hin, dass die derzeitige britische Debatte über Sozialausgaben von einer „moralischen Panik“ geprägt sei, die mit den Fakten wenig zu tun habe. Weder seien die Kosten des Sozialsystems „explodierend“, noch nehme die Zahl der Leistungsbezieher besorgniserregend zu. Die gesamten Sozialausgaben lägen bei rund elf Prozent des Nationaleinkommens und damit niedriger als zu Zeiten von David Cameron, während der Anteil der Leistungen für Erwerbsfähige seit Jahrzehnten zwischen vier und fünf Prozent des BIP schwanke. Die Zahl der 6,5 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter, die Sozialleistungen beziehen, erkläre sich vor allem durch geänderte statistische Erfassungen. Beschäftigungsquoten blieben auf Rekordniveau, insbesondere dank gestiegener Erwerbstätigkeit von Frauen. Zwar wachse der Aufwand für Gesundheits- und Erwerbsminderungsleistungen, doch rechtfertige dies keine pauschale Krisenrhetorik. Giles plädiert für gezielte Reformen – etwa die Abschaffung der „Triple Lock“-Regelung für Renten oder eine Entlastung kinderreicher Familien – warnt aber davor, das gesamte System für Haushaltsprobleme verantwortlich zu machen. (Chris Giles, Financial Times)
Der konservative Moralismus zum Sozialstaat dieser Tage ist eine wahre Seuche. In düstersten Tönen wird eine angebliche Katastrophe herbeigeredet, die sich aus den Zahlen überhaupt nicht herleiten lässt. Man denke nur an Artikel wie „Der Kontrollverlust des Sozialstaats„, als ob hier auch nur ansatzweise so etwas wie ein Kontrollverlust stattfinden würde. Ich finde es ja putzig, wie Konservative in jeder Rezession neu herausfinden, dass mit mehr Arbeitslosen auch die Sozialabgaben steigen oder alle paar Jahre entdeckt wird, dass der demografische Faktor immer noch existiert. Ich weiß nicht, ob es beruhigend ist, dass derselbe Blödsinn auch in anderen Ländern passiert. Man vergleiche das übrigens mit der Rhetorik des NRW-Arbeitsministers.
4) Dicke Luft – die unbekannte Produktivitätsbremse
Laut einer umfassenden Untersuchung von Aurel Wünsch ist die Luftqualität in vielen öffentlichen Gebäuden – insbesondere in Schulen und Arztpraxen – alarmierend schlecht. Daten aus 17.000 Messreihen zeigen CO₂-Werte, die weit über dem EU-Richtwert von 1000 ppm liegen, teils bis zu 6000 ppm. Schlechte Luft führe nicht nur zu erhöhter Ansteckungsgefahr durch Viren, sondern auch zu deutlichen Leistungseinbußen: Studien zufolge sinke die kognitive Leistungsfähigkeit bei verdoppeltem CO₂-Gehalt um bis zu 50 Prozent. Forscherin Christina Hopfe betont, dass CO₂ ein klarer Indikator für verbrauchte Atemluft sei und mangelnde Belüftung die Produktivität massiv beeinträchtige. Dennoch setze das Robert-Koch-Institut weiterhin auf einfaches Fensterlüften – eine Empfehlung, die in überfüllten Räumen kaum realistisch sei. Nur etwa zehn Prozent der Schulen verfügten über funktionierende Lüftungsanlagen, viele seien aus Kostengründen gedrosselt. Hopfe warnt, die volkswirtschaftlichen Folgekosten schlechter Innenluft gingen in die Milliarden. Mechanische Belüftung müsse künftig Standard werden. (Stefan Hajek, WirtschaftsWoche)
Mich macht das echt stinkig. Wir wissen es und könnten hier so viel volkswirtschaftliche Effizienz rausholen, mal davon abgesehen dass es den Leuten auch viel besser gehen würde, wenn die Räume richtig belüftet würden. Natürlich lernen wir nichts aus Corona. Es wird aktiv verhindert, dass irgendetwas aus Corona gelernt wird, weil nichts aus Corona gelernt werden darf. Wenn wir alle nur fest genug die Augen zudrücken, wird das schon nie wieder passieren. Mich ärgert besonders dieses ständige Lüften-Gequatsche. Wenn im Winter draußen 3°C sind, dann ist mehrmals die Stunde lüften nicht gerade die beste Idee. Ja, die Atemluft wird besser, aber dafür erkälten sich die Leute halt so. Auch das haben wir während Corona erlebt. Es war einfach unzumutbar. Schüler*innen sitzen 90 Minuten still am Platz und sollen sich dazwischen die Umgebungstemperatur alle 15-20 Minuten auf Tiefkühl-Niveau heruntersetzen. Klasse. Im Wartezimmer ist das bestimmt auch ein echter Hit, bei Leuten mit angeschlagenem Immunsystem. Es ist wie Klimaanlagen für den Sommer; die ganze Infrastruktur ist völlig veraltet.
5) What Progressives Keep Getting Wrong
Der Text skizziert, dass der demokratische Senatskandidat Graham Platner trotz zahlreicher Enthüllungen – vom „Kommunist“-Selbstlabel über herabsetzende Äußerungen bis zu einem später überdeckten SS-Totenkopf-Tattoo – von progressiven Unterstützern weiter getragen werde. Dies werde als Testfall für eine Strategie gesehen, nach der „unpopuläre Positionen“ nicht moderiert, sondern durch ökonomischen Populismus überblendet werden sollten, verkörpert durch Kandidaten mit „working-class“-Habitus. Es werde argumentiert, Platner passe ideal: Marineveteran, Austernfarmer, „progressiver Geist im MAGA-Körper“. Kritisiert werde jedoch, dass Empirie nahelege, „Politiker mit moderaten Programmen“ schnitten generell besser ab; progressives Framing, Wähler seien nur „propagandisiert“, ersetze keine inhaltliche Bewegung zur Mitte. Platners Chancen in Maine seien wegen des demokratischen Umfelds nicht aussichtslos, doch das Beispiel der moderaten Amtsinhaberin Susan Collins zeige die Stärke der Mäßigung. Fazit: Die linke Hoffnung auf Biografie statt Positionsanpassung sei riskant – besonders über lokale Hochburgen hinaus. (Jonathan Chait, The Atlantic)
Grundsätzlich habe ich große Sympathie für Chaits Argumentation. Was mir in dieser Linie – die ja nicht nur er vertritt; Leute wie Matthew Yglesias oder Ezra Klein sind da ja auch ganz vorne dabei – nur immer unklar bleibt, warum sie nur für eine Seite des politischen Spektrums gilt. Denn die Entwicklung auf der Rechten in zwei Trump-Wahlsiegen zeigt ja deutlich, dass eine Konzentration auf die Basis, ein spaltender Kurs und möglichst massive Polarisierung eine Gewinnerstrategie sein können. Es mag durchaus sein, dass das nur für die Rechten funktioniert, aber ich hätte gerne wenigstens eine Erklärung für diesen Elefanten im Raum. In Deutschland genau dasselbe: warum ist es völlig ok, wenn Söder wurstigen Kulturkampf führt oder Merz erklärt, dass nur Gillamoos Deutschland ist, aber wehe, ein Grüner redet über Tofu?
Resterampe
a) Gefährlich und verwahrlost – die Hauptstadt des kaputten Stadtbilds (Welt) // Friedrich Merz‘ Stadtbild: Schuld am vermeintlich problematischen Stadtbild ist die Regierung selbst (Spiegel). Diese Artikel verraten auch mehr über die Leute, die sie schreiben, als über das Thema.
b) It’s Not a Dog Whistle If Everyone Can Hear It (The Atlantic).
c) Gymnasium verbietet (muslimischen) Schülern das Beten auf dem Schulgelände – verklagt (News4Teachers). Ging es da um andere Gruppen, wäre die Welt von empörten Leitartikeln. – Dass die Schule nicht einfach einen Raum bereitstellt und fertig, das würde das Problem einfach lösen…da wollen halt auch zwei echt Streit.
d) SPD und Die Linke: Warum die SPD sich neu erfinden muss (Spiegel). Ah, endlich mal wieder dieser Artikel in neuen Worten.
e) Kulturrat gegen Sprachverbote: “Gendern in der jüngeren Generation vielfach etabliert” (News4Teachers). Wenn man „vielfach“ als „mehr als einmal“ definiert, sicher. Aber bei aller Liebe, das bewegt sich bestenfalls im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Man sollte schon ehrlich argumentieren.
f) Wohin führt eine Politik gegen die eigene Jugend? (ntV)
g) Blaues Land (ARD). Doku über den AfD-Osten.
h) Thorsten Alsleben, der Chef der INSM, redet so einen Unsinn über eine mögliche Minderheitenregierung, das geht auf keine Kuhhaut. (Twitter) Man sehe nur zum Vergleich, was er zu Ampelzeiten gesagt hat.
i) Wer sich gut integriert hat, sollte bleiben dürfen (Welt). Dass man so was überhaupt explizit aussprechen muss…
j) Marjorie Taylor Greene’s rebellion: Maga hardliner turns on Trump (The Week).
Fertiggestellt am 27.10.2025



2) Der Merz, für den ich gekämpft habe, sitzt nicht im Kanzleramt
Na Ja, es ist schon etwas mehr als ein Kompromiss, wenn der (Damals noch) Nicht-ganz-Kanzler Merz zuerst mal die Schuldenbremse schleift und mal eben Deutschland überschuldet
Andererseits bin ich schon zu lange politisch interessiert um über die Flexibilität von CDU-Politikern wirklich überrascht zu sein.
Während FDP, Grüne und SPD noch ein wenig „Weltanschauung“ (ja, altmodisch) haben und zumindest versuchen, sich an gewisse Leitlinien daraus zu halten, ist das für Unions-Politiker nur Gedöns um an die Macht zu kommen und sie zu erhalten.
Merz hat die Aufweichung der Schuldenbremse ja nicht einfach so vorgenommen.
Robin Alexander hat in seinem Buch „Letzte Chance“ herausgearbeitet, dass Merz kurz vor seinem Amtsantritt befürchten musste, Trump würde den Ausstieg der USA aus der NATO verkünden. Aus diesem Grund sah Merz es als absolut notwendig an, im Bereich der Militärausgaben freie Hand zu haben; daher die Entscheidung zur Aufhebung der Schuldenbremse für Rüstungsausgaben.
Der „Preis“, den er dafür zu zahlen hatte, war das Sondervermögen für Infrastruktur, um (noch im alten Bundestag) die Stimmen von SPD und Grünen für die Grundgesetz-Änderung zu bekommen.
Natürlich kann man darüber streiten, ob das kluge Politik war oder es bessere Alternativen gegeben hätte; wenn man es aber nur als „Politiker macht leere Versprechen zum Machtgewinn“ darstellt, ignoriert man den in diesem Fall wichtigen Kontext der Entscheidung.
Das sind alles irgendwelche Annahmen die zutreffen könnten oder auch nicht … und nachträglich fällt einem immer was ein um eine bedenkliche Entscheidung besser aussehen zu lassen (Trump zieht dabei immer)
Welche Belege haben Sie denn für Ihre Annahme, es habe sich von Anfang an um leere Versprechungen zum Machtgewinn gehandelt?
Ja, das sehe ich auch so. Die CDU hat halt nichtmal 30%. Da brauchst du Kompromisse und Koalitionspartner. Und: der Wunsch der Bevölkerung ist es auch noch.
2) Der Merz, für den ich gekämpft habe, sitzt nicht im Kanzleramt
@ VD 28. Oktober 2025, 07:49
Vorab: Ich habe zur letzten Wahl mein Kreuz nicht bei der Union gesetzt.
Während FDP, Grüne und SPD noch ein wenig „Weltanschauung“ (ja, altmodisch) haben und zumindest versuchen, sich an gewisse Leitlinien daraus zu halten, …
Zustimmung. Sind bei Grünen oder SPD nicht (mehr) meine Leitlinien, aber ja.
… ist das für Unions-Politiker nur Gedöns, um an die Macht zu kommen und sie zu erhalten.
Das würde ich so nicht unterschreiben. Zum einen ist die Union von wenigen Ausnahmen abgesehen permanent an der Macht, und hat sich in vielen Jahrzehnten immer wieder auf unterschiedliche Koalitionspartner einstellen müssen. Natürlich ist das irgendwann eine Übung, die leichter von der Hand geht als bei einer Partei, die zwanzig Jahre warten musste, um mal wieder auf die Regierungsbank rücken zu dürfen.
Auf der anderen Seite ist die Union und ihre Wählerschaft auch spürbar breiter aufgestellt als die der anderen Parteien. Derzeit gibt es immer noch einen starken Machtblock, der wie Merkel tickt, einen wachsenden Block, der sich an die AfD anlehnen möchte, man hat die CSU, die maldurch heftige Ausschläge nach links, rechts oder in Richtung grün für Unruhe sorgt.
Nicht einfach, hier eine klare Kante zu zeigen; wer sich hier innerparteilich auf eine Seite stellt, verlässt die andere. Man hat bei Kanzlerin Merkel gesehen, was dabei herauskommen kann.
Vorab: Ich habe zur letzten Wahl mein Kreuz nicht bei der Union gesetzt.
Nun, ich habe auch nicht die CDU gewählt (und werde das auch nicht tun, ich bleibe bei der FDP … solange es sie noch gibt)
Natürlich ist das eine sehr subjektive Meinung von mir (auch an Floyd), die ich nur mit meinen eigenen Erfahrungen nach mittlerweilen 40 Jahren politischer Aktivität unterlegen kann. Hier habe ich CDU-Politiker auf unterschiedlichen Ebenen erlebt und bin deswegen zu dieser Meinung gekommen).
@VD 28. Oktober 2025, 10:17
Nun, ich habe auch nicht die CDU gewählt (und werde das auch nicht tun, ich bleibe bei der FDP … solange es sie noch gibt)
🙂
Hier habe ich CDU-Politiker auf unterschiedlichen Ebenen erlebt und bin deswegen zu dieser Meinung gekommen).
Da stimme ich zu. Ich widerspreche ja nicht, ich habe mich nur an einer Erklärung versucht.
Ja, sehr gute Punkte!
Das war halt mit Ansage, das ist mein Punkt. Merz hat im Wahlkampf einfach gelogen. Und die haben sich alle belügen lassen.
@ Stefan Sasse 28. Oktober 2025, 10:46
Das war halt mit Ansage, das ist mein Punkt. Merz hat im Wahlkampf einfach gelogen. Und die haben sich alle belügen lassen.
Oh Mann. Zum einen hat sich die Einstellung von Merz während des Wahlkampfes wohl ein Stück weit durch das Verhalten Trumps gegenüber Selensky verändert. Deswegen seinen kompletten Wahlkampf auf den kopf zu stellen und zu sagen „wir wollen Hunderte von Milliarden Euro Schulden aufnehmen, um unser Militär aufzurüsten“ wäre in die Hose gegangen.
Dann nenne mir einen maßgeblichen Wahlkämpfer der letzen Jahre, der nicht heftig log. Olaf Scholz kam ins Kanzleramt, nachdem er zuvor unter Angela Merkel als Finanzminister diente. Er kannte die finanzielle Situation – ist er in den Wahlkampf gegangen mit „Deutschland liegt finanziell am Boden, und ich als Finanzminister trage Mitschuld; nun will ich Kanzler werden, um das Grundgesetz zu brechen“? Hat Robert Habeck im Wahlkampf gesagt „wir wollen in kürzester Zeit unsere Wirtschaft auf Ökologie umstellen, haben aber noch keine Ahnung, wie das geht, deswegen entlassen wir bewährte Fachleute und setzen auf unerfahrene, aber ideologisch feste Theoretiker“?
Christian Lindner hat wenigstens ansatzweise versucht umzusetzen, was die FDP im Wahlkampf versprach, und flog deswegen aus der Regierung.
Oder nehmen wir Angela Merkel – „wir schaffen das“ (eine halbwegs ausführliche Auflistung aller Wahlkampflügen würde hier den Rahmen sprengen).
Aber Merz …
Habeck scheint mir der passende Vergleich zu Merz: war angetreten für eine grüne Transformation, musste aber infolge des Ukraine-Krieges plötzlich LNG-Terminals bewilligen und langfristige Gas-Lieferverträge abschließen.
Bei Merz war es der Trump-Selenskyj-Eklat und die Befürchtung, demnächst militärisch allein gegen Russland stehen zu können. Anders als Habeck hat Merz zumindest den Vorteil, dass Stärkung des Militärs unter Konservativen eher konsensfähig ist als Gaslieferverträge unter Grünen.
Politische Entscheidungen finden in konkreten Kontexten statt, weshalb mir die pauschale Erklärung „Die lügen doch eh alle“ zu flach ist.
@ Floyd 28. Oktober 2025, 11:49
Kann Deinen Aussagen folgen
Politische Entscheidungen finden in konkreten Kontexten statt, weshalb mir die pauschale Erklärung „Die lügen doch eh alle“ zu flach ist.
Jeder erzählt im Wahlkampf, was er machen würde, wenn er könnte, wie er wollte. Dann kommen Krisen, Kriege, Koalitiospartner (bei Merz kam alles zusammen), und schon ist vieles Makulatur – was jeder eigentlich schon vorher weiß.
Deswegen ist „die lügen alle“ zwar wahr, aber ich stimme Deinem Statement zu, dass diese Aussage „zu flach“ ist, um die Situation zu beschreiben. Ich könnte auch nur mit meinen Idealen in den Wahlkampf ziehen; was ich davon durchsetzen kann, hängt davon ab, wer Partner wird. Und das entscheidet halt der Wähler.
Mich ärgert auch weniger, dass Merz es gesagt hat – der Mann wollte eine Wahl gewinnen. Mich ärgert, dass die genannten Gruppen es nicht thematisiert haben.
@ Stefan Sasse 28. Oktober 2025, 14:03
Mich ärgert auch weniger, dass Merz es gesagt hat – der Mann wollte eine Wahl gewinnen. Mich ärgert, dass die genannten Gruppen es nicht thematisiert haben.
Wenn alle bis auf Merz Schulden machen wollen, dann wird es Merz, und er macht Schulden – worüber sollen die meckern?
Ich lass das mal so stehen. Erklärt aber nicht die mediale Stille.
Ich sage auch nicht, dass alle lügen. Aber das war, anders als die Gasgeschichte, einfach mit Ansage. Habeck konnte 2021 nicht wissen, dass Putin 2022 die Ukraine überfällt. Merz wusste 2024 Bescheid.
@ Stefan Sasse 28. Oktober 2025, 14:02
Habeck konnte 2021 nicht wissen, dass Putin 2022 die Ukraine überfällt. Merz wusste 2024 Bescheid.
Klar konnte Habeck das wissen. Thorsten wusste es auch. 🙂
Danke 🙂 . Aber bitte nicht vergessen – in der Sprache von Mützenich, Weidel et al bin ich ein „Russlandhater“ und „Kriegstreiber“.
MILITARIST!
Ich darf an die Waffenlieferungsdebatte erinnern 😀 Aber was ich meine ist: dass er eine solche 180°-Wende würde vollziehen müssen, konnte er nicht wissen. Und er und seine Partei haben es staatstragend gemacht. Ohne die ganze Zeit so rumzumemmen.
Ich mag mich täuschen, aber hatte nicht Robert Habeck im Wahlkampf 2021 eine Reise an die ostukrainische „Front“ einschließlich Stahlhelm-Fotoshooting gemacht ?
Habeck hat damals sogar „Verteidigungswaffen“ für die Ukraine gefordert – und wurde von allen Seiten heftig dafür kritisiert.
Ja, hab ich das nicht im Kommentar erwähnt?
Bei Robert Habeck hätten Grüne und Wähler schon vorher wissen können, woran sie sind. Bereits 2017 war er als Umweltminister von Schleswig-Holstein (anders als seine Parteibasis) für den Bau eines LNG-Terminals in Brunsbüttel.
Du, ich sag gar nicht, dass das anders ist. Aber das war so unglaublich offensichtlich, und keiner hat nachgefragt. Merz, der angebliche Wirtschafsexperte, hat versprochen:
– Keine neuen Schulden
– Keine neuen Steuern
– Eine annähernde Verdopplung des Verteidigungsetats
– Ein bissl was mehr für Infrastruktur
Das konnte NIE zusammen gehen. Und es wurde nicht thematisiert. Nicht von den Medien. Nicht von der Opposition. Nicht von den eigenen Leuten. Wer im Wünschdirwasland lebt, muss halt irgendwann aufwachen.
„Und es wurde nicht thematisiert. Nicht von den Medien“
Doch, wurde es. Vielfach. Sinngemäß: Wie das zusammen gehen soll, bleibt Merz‘ Geheimnis.
Ok. Was ich meine ist: wurde zum großen Thema gemacht. Quasi der Veggie-Day der CDU.
zu 3) Die selbe Debatte findet ja auch in Deutschland und besonders hier in den Kommentaren, statt. Auch hierzulande wird komplett kontrafaktisch das Sozialsystem als Ursache der wirtschaftlichen Probleme Deutschlands mit konfrafaktischen «Argumenten» denunziert. Und das geht jetzt seit Monaten so. Von einer Reform der Vermögens- oder gar Erbschaftssteuer redet niemand und das ist ein unverzeihbarer Fehler, den die SPD macht. Sie lässt sich die Themen von den Rechten diktieren statt eine eigene Agenda zu formulieren.
Wie ja sowieso festgestellt werden muss, dass Deutschland seit 10 Jahren seine Zeit mit einer komplett grotesken «Migrationsdebatte» verplempert und so keine Zeit und Energie hat, die wahre Ursache für die Probleme erkennen und benennen zu können. Und so schenkt man den Rechtsextremen den Staat. Während die Union tatsächlich immer noch glaubt, wenn sie angebliche «Stadtprobleme» thematisiert, würden die Rassisten bald wieder brav jene Rassisten wählen, die zwar rassistische Dinge sagen, sich hinterher aber gegenseitig versichern, auf keinen Fall Rassisten zu sein. Also die Union.
Deutschland im Jahr 2025 gibt ein erschreckendes Bild ab.
Dass die SPD völlig bescheuert kommuniziert ist seit über 10 Jahren mein Mantra.
@ DerDieDas 28. Oktober 2025, 09:37
Da ist ein Haufen Zeugs dabei, das ich (überaus höflich formuliert) für recht schlicht gedacht halte. Ich möchte trotzdem versuchen, auf diesess „Elaborat“ eine halbwegs ernsthafte Antwort zu geben.
Auch hierzulande wird komplett kontrafaktisch das Sozialsystem als Ursache der wirtschaftlichen Probleme Deutschlands mit kontrafaktischen «Argumenten» denunziert.
„Komplett kontrafaktisch“ ist schon mal komplett unzutreffend. Deutschland hat viele Probleme, die sich im Laufe der Jahre aufgestaut haben; ein überkomplexes, insgesamt zu teures Sozialsystem gehört da durchaus zu.
Wenn das ifo-Institut versucht, die Gesamtausgaben für das Sozialsystem zu ermitteln, aber daran scheitert, weil unsere Sozialausgaben in über 500 Gesetzen und weit über 3.000 Paragraphen geregelt sind, dann läuft etwas falsch. Wenn seit Jahren die Kostenanteile des Sozialstaats am Staatshaushalt wachsen, ohne dass es den Menschen dadurch besser geht, läuft etwas falsch.
Von einer Reform der Vermögens- oder gar Erbschaftssteuer redet niemand und das ist ein unverzeihbarer Fehler, den die SPD macht.
Nun, ich höre ständig davon, aber davon ab stimmt mein Kopf dahingehend zu, dass eine Reform der Erbschaftssteuer angebracht wäre. Mein Bauch ist allerdings strikt dagegen:
Zum einen habe ich schon zu oft Regierungen daran scheitern sehen, die „Reichen“ angemessen zu beurteilen, und sie vergriffen sich dann stets an den Leuten, die ohnehin schon viel stemmen: den gehobenen Mittelstand. Daher lehne ich ab.
Zum anderen führt die Besteuerung vererbter Anteile von Familienunternehmen zu einer Schwächung derselben; Kredite aufzunehmen, um die Anteile zu halten, schwächt ein Unternehmen. Man kann einen ähnlichen Effekt sehen, wenn z.B. ein Private-Equity-Fond ein Unternehmen kauft und es zwingt, sich selbst zu finanzieren.
Werden bzw. sind die Erben dagegen gezwungen, Anteile zu verkaufen, gehen diese dahin, wo es bereits reichlich Geld gibt (im Zweifel auch nach China); in jedem Fall führt das zu noch mehr Machtkonzentration weiter oben.
In beiden Fällen hat mir noch keine Regierung, noch keine Partei sagen können, wie sie mit entstehenden problematischen Situationen umgehen will; es geht einfach „nur“ ums Geldeinsacken.
Vermögenssteuer hatten wir schon gehabt, wurde vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Hier sehe ich mehrere Probleme: Zum einen ist es extrem aufwendig und kompliziert, Vermögen eindeutig und rechtssicher zu bewerten; die Kosten dafür fressen einen erheblichen Anteil an den Einnahmen auf, weil praktisch jedes größere Vermögen erst nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten bewertet werden wird. Zum anderen ist eine Vermögenssteuer ein Zugriff auf die Substanz, nicht auf Gewinne oder Einkünfte (die ja bereits versteuert werden). Auch hier geht es nur ums Wegnehmen.
Grundsätzlich wünsche ich mir aber, dass der Staat zuerst seine Ausgaben sinnvoll in den Griff kriegt, bevor er darüber nachdenkt, seinen Bürgern noch mehr abzuknöpfen.
Wie ja sowieso festgestellt werden muss, dass Deutschland seit 10 Jahren seine Zeit mit einer komplett grotesken «Migrationsdebatte» verplempert und so keine Zeit und Energie hat, die wahre Ursache für die Probleme erkennen und benennen zu können.
Wie üblich pumpst Du hier einmal mehr nur eine vorlaute Meinung in die Runde, ohne sie zu begründen; was auch immer Du unter der „wahren Ursache für die Probleme“ verstehst, bleibt wie stets im Dunkeln.
Wobei ich zumindest eingeschränkt zustimme, dass die Migrationsdebatte, so wie sie jetzt geführt wird, nicht hilfreich ist; sie wird deutlich zu spät und deutlich zu einseitig gegen Einwanderung geführt. Das Versagen der damaligen Kanzlerin fällt uns nun heftig auf die Füße. Man hätte eine grundlegende Debatte schon vor zehn, zwanzig Jahren führen müssen (@ Stefan Sasse: hat man damals nicht; man hat eher über die Debatte debattiert).
Fakt ist: Ohne Migration kommen wir nicht über die Runden, aber eine hohe Migration, die sich weitgehend in unsere Sozialsysteme hineinbewegt, zerstört auf Dauer unsere Gesellschaft. Wir haben seit 2015 etwa die Bevölkerung von Berlin aufgenommen, aber keine entsprechende Infratstruktur geschaffen – keine Krankenhäuser, Schulen, Kitas, keine Wohnungen, keine Pfleger, Ärzte, Polizei, Richter etc.
Schon zu Beginn der Flüchtlingsbewegung nach Deutschland gab es in den Städten zu wenig Wohnraum, waren (etwa in Berlin) Behörden teilweise dysfunktional, fehlten Kita-Plätze, gab es zu wenig Lehrer. Die Zuwanderung ist also nicht schuld an unseren Problemen, aber sie verschärft sie erheblich.
Und ja, auch die innere Einstellung zahlreicher Migranten, sich je nach Situation die „Kultur“ auszusuchen, die ihnen gerade am besten passt, nervt mich gewaltig. Die Unfähigkeit deutscher Justiz, Recht durchzusetzen, nervt noch mehr.
Auf der anderen Seite gehört zum von Friedrich Merz angesprochenen Stadtbild, dass viele Arbeitskräfte in Geschäften und auch viele Kunden Migrationshintergrund haben; ohne die wären praktisch alle Innenstädte tot.
Wie so häufig hat unser Staat etwas solange verschlampert, dass es sich nicht mehr sinnvoll richten lässt. Aber das ist zu einem großen Teil auch den Wählern geschuldet, die eben immer wieder entsprechende Politiker in die Regierung gewählt haben und nun über die natürlichen Folgen ihrer Wahlergebnisse schimpfen.
Korrektur
Wenn das ifo-Institut versucht, die Gesamtausgaben für das Sozialsystem zu ermitteln, aber daran scheitert, weil unsere Sozialausgaben in über 500
GesetzenSozialleistungen und weit über 3.000 Paragraphen geregelt sindIch stimme dir sogar weitgehend zu. Ich glaube, wir sind uns nur immer etwas uneins, welche Folgerungen daraus erfolgen.
@ Stefan Sasse
Ich glaube, wir sind uns nur immer etwas uneins, welche Folgerungen daraus erfolgen.
Welche?
Vermögensteuer: Das Problem der Bewertung besteht, ist aber offenbar nicht unlösbar. Die Schweiz kann das.
Erbschaftssteuer: Bei einer Stundung/Ratenzahlung über 20 oder wie beim Lastenausgleich 30 Jahre sind keine Kredite erforderlich.
Es steigen ja auch die großen Privat-Vermögen, deren Besteuerung kein Unternehmen schwächen würden.
@ CitizenK 28. Oktober 2025, 16:13
Vermögensteuer … / Erbschaftssteuer …
Du weißt ja, welche Schwierigkeiten ich mit dem Argument „Gerechtigkeit“ habe. Was mich an diesem ganzen geraune so stört, ist, dass es eben nicht um Gerechtigkeit geht,sondern nur darum, auf möglichst einfache Art und Weise noch mehr Geld einzusacken, dass man wie alles andere nach bekannter Manier verprasst, so dass trotz zusätzlicher bzw. höherer Steuern nach kurzer Zeit der alte Zustand der Knappheit wieder vorherrscht; er ist nur deutlich teurer geworden.
Bevor sich der Staat am Geld anderer Leute vergreift – und darum handelt es sich – muss der Staat meiner ganz privaten Meinung nach sicherstellen, dass er sorgsam damit umgeht und dass alle anderen Möglichkeiten (Einsparungen, Konsolidierungen, Abbau von ineffektiven Leistungen, höhere Effizienz bei unverzichtbaren Leistungen etc.) ausgeschöpft sind.
ANSCHLIESSEND kann man gerne über Erbschaftssteuer reden, aber bitte so, dass es nicht immer nur die Mittelklasse trifft.
Bei der Vermögenssteuer bin ich aus dem Grund skeptisch, dass es Substanzbesteuerung ist. Wenn man (z.B.) 1% Vermögenssteuer zu bezahlen hat, muss man mindestens diesen Betrag erwirtschaften, um nicht an Substanz zu verlieren. Aber das Erwirtschaftete wird ja bereits versteuert.
Es steigen ja auch die großen Privat-Vermögen, deren Besteuerung kein Unternehmen schwächen würden.
Wenn man es hinkriegen würde, sich auf die wirklich großen Vermögen zu beschränken (reich = eine Verdoppelung meines Vermögens bewirkt keinen Unterschied in meinem Lebensstandard), würde ich trotz meiner oben begründeten Skepsis meinen Mund halten. Meine Lebenserfahrung sagt mir aber, dass man, ist das Tor erstmal geöffnet, den bequemen Weg suchen wird, und der führt über den Mittestand.
Aber nochmal: Das einer was hat, ist für mich kein Grund, es ihm wegzunehmen.
Meine Lebenserfahrung sagt mir aber, dass man, ist das Tor erstmal geöffnet, den bequemen Weg suchen wird, und der führt über den Mittestand.
Genau diesen Verdacht haben alle mit einem Lebensalter grösser 30 und einem IQ höher als ein totes Schwein berechtigt automatisch. Genau deswegen wird aus dem ganzen Erbschafts- und Vermögenssteuer-Gequatsche ja auch seit nunmehr mindestens 17 Jahren (post 2008) absolut nichts, nicht mal eine Gesetzesinitiative im deutschen Bundestag.
Gruss,
Thorsten Haupts
Darum geht es auch nicht. Es gibt weitgehend Konsens (selbst StefanP), dass in D Arbeit (zu) hoch und Vermögen (zu) niedrig besteuert wird.
Wenn das so ist, dann sollte nach Wegen gesucht werden, das zu ändern.
PS @ Thorsten: Beide Kritieren treffen auch mich nachweislich nicht zu (ich bin weder ein totes Schwein noch liegt mein IQ unter dem Durchschnitt).
Dann werden auch Sie den Verdacht haben, dass eine Vermögenssteuereinführung oder eine erbschaftssteuererhöhung NICHT ausschliesslich oder überwiegend zu Lasten von nicht Superreichen geht. Aber Sie müssen diesen Verdacht nicht explizit bestätigen 🙂 .
Und wenn es so wäre: Die Besteuerung von Arbeitseinkommen geht auch nicht ausschließlich zu Lasten von Superreichen.
Überhaupt: Dass alle keine Erbchaftssteuer auf Oma ihr klein Häuschen erheben wollen, wird allen Nicht-Erben auch nicht gefallen. Die müssen sogar noch Grunderwerbsteuer zahlen. Im Gegensatz bekanntermaßen zu Wohnungsbaugesellschaften.
Überhaupt: Dass alle keine Erbchaftssteuer auf Oma ihr klein Häuschen erheben wollen, wird allen Nicht-Erben auch nicht gefallen.
Reden Sie lieber mal mit Leuten. Sie könnten davon überrascht werden, wo auch die meisten Nichterben die Grenze dafür ziehen, was sie als „gerecht“ ansehen. Die Wegbesteuerung von Oma ihr klein Häuschen gehört defnitiv nicht in den Raum innerhalb dieser Grenze.
In Kalifornien wird es eine Volksabstimmung geben über die Einführung einer Vermögenssteuer für Superreiche.
Robert Reich:
Such proposals have raised predictable outrage from the rich, along with threats that they’ll move elsewhere where taxes are lower and dire predictions that their fellow plutocrats will refuse to move in.
Yet there’s scant evidence for these consequences. In fact, when Massachusetts passed a “millionaires tax” in 2023, conservatives claimed the rich would flee. But two years later, they haven’t — and Massachusetts has collected $5.7 billion for infrastructure and public education.
@ CitizenK.
Es gibt weitgehend Konsens (selbst StefanP), dass in D Arbeit (zu) hoch und Vermögen (zu) niedrig besteuert wird.
Wäre mir neu. Zum einen sehe ich nicht den weitgehenden Konsens, dass Arbeit in Deutschland zu hoch besteuert wird. Denn kaum einer versteht, dass Besserverdienende nicht nur anteilig, sondern überproportional mehr Steuern zahlen, und was das in Einnahmen für den Staat (ob absolut oder prozentual) bedeutet.
Und es müsste nicht „Vermögen“, sondern „Einkünfte aus Vermögen“ heißen; da haben wir dann Konsens (losgelöst von der Frage, ob Erbschaften in diese Kategorie fallen).
Um es gibt mit Sicherheit keinen Konsens bei den Bemessungsgrenzen und der Definition von „reich“ – das zumindest stelle ich immer wieder in Diskussionen fest, bei denen die Hauptbegründung für höhere Steuern darin liegt, dass andere („reiche“) Leute mehr haben als man selbst.
Sehr unterkomplex, Erwin.
Schau Dir mal die Vermögenssteuer in der Schweiz an. Die trifft auch nicht nur die Superreichen, und die Eidgenossen machen sich trotzdem die Mühe (sogar nach Kantonen und Gemeinden unterschiedlich), Vermögen zu bewerten und (niedrig: unter einem Promille) zu besteuern. Ob sie das aus dem von Dir unterstellten Motiv tun, wäre noch zu ergründen.
Richtig. Es ist nicht so, als dass das unmöglich wäre, sondern dass es unmöglich geredet wird.
Da ist ein Haufen Zeugs dabei, dass (überaus höflich formuliert) einfach falsch sit. Ich möchte trotzdem versuchen, auf dieses „Elaborat“ eine halbwegs ernsthafte Antwort zu geben: In den Sozialistischen Kantonen der Schweiz gibt es eine Vermögensteuer. 32 % beträgt dort die effektive Steuer- und Abgabenlast, im Vergleich zur Mittelstandsfamilie (Ø 15 % ) müssen die Chalet- und Jetbesitzer der Schweizer Geldelite mehr zahlen. Würde das Schweizer Modell hier gelten, brächte das jährlich rund 73 Milliarden € mehr.
Auf welchem Niveau diese Debatte mittlerweile angekommen ist, wird hier sehr schön kommentiert. Die SPD schafft sich selbst ab:
https://www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-4402.html
Deutschland im Jahr 2025 ist nur noch zum fürchten.
Der Rechtsruck, der angeblich nicht stattfindet 😀
@ DerDieDas
Da ist ein Haufen Zeugs dabei, dass (überaus höflich formuliert) einfach falsch sit.
Was denn?
c)
Ich bin da, ähnlich wie bei der Halal Diskussion neulich, eher bei Trennung von Staat und Religion.
„Ging es da um andere Gruppen, wäre die Welt von empörten Leitartikeln.“ Gibt es denn vergleichbare Forderungen anderer Gruppen überhaupt?
Ich könnte mir schon vorstellen, dass es dann auch Konflikt gäbe.
Aus dem Artikel: „dass pauschale Gebetsverbote an Schulen diskriminierend sind“
Wenn sie pauschal sind dann doch eher nicht, oder?
Jein. Das Ding ist halt, dass islamisches Beten mit diesem Niederknien auf dem Teppich viel sichtbarer ist als christliches. Und natürlich weiter verbreitet. Das ist wie wenn ich allen Frauen verbiete, Kopftuch zu tragen. Grundsätzlich natürlich pauschal, aber in der Praxis durchaus diskriminierend. Da machst du es dir etwas zu einfach.
Ich habe übrigens gar nichts gegen grundsätzliche Gebetseinschränkungen, die haben auf einem säkularen Schulhof nichts zu suchen. Aber die würden sich auch keinen Zacken aus der Krone brechen, wenn sie in einer Pause ein Klassenzimmer aufschließen und die Leute da drin ihr Gebet verrichten lassen.
Ich denke, dass zur „Trennung von Staat und Religion“ auch die positive Religionsfreiheit zählt, in dem Sinne, dass der Staat keine Nicht-Religion erzwingen darf.
Und hier ist das Problem: Schüler sind erzwungenermaßen einen guten Teil ihrer Zeit in der Schule, einschließlich Pausenzeiten, die für private Angelegenheiten dienen. Da bin ich bei Stefan, eine öffentlich demonstrative Glaubensbekundung muss die Schule nicht zulassen (auch nicht christlich, jüdisch oder sonstwie). Aber eine Möglichkeit zur privaten Religionsausübung zu geben, wenn es keine eigenen Kosten verursacht, ist in dem Rahmen nicht zu viel verlangt.
Und ja auch die christlichen Kirchen sind an solchen Räumen interessiert:
https://www.schulstiftung-ekd.de/prayerspaces-in-schulen/
Darauf will ich raus.
Es fällt mit etwas schwer da auf die Schnelle genaues zu finden, aber es scheint doch um «demonstrative Ausübung religiöser Riten» und „Interesse des Schulfriedens“ zu gehen. Das lässt zumindest vermuten, dass es da um handfeste Konflikte geht.
Ich verstehe eure Argumente, befürchte nur, dass das etwas naiv sein könnte. Diejenigen die unbedingt in der Schulzeit aktiv und/oder sichtbar beten müssen oder wollen, sind wahrscheinlich streng gläubig. Und das zieht leider oft eine ganze Menge anderer Ansichten mit sich, die nicht unbedingt mit unserer Gesellchaft oder dem Schulfrieden vereinbar sind.
Mit geht es da, wiederum wie bei den vorherigen Diskussionen auch, nicht zuletzt um die Signale die wir als Gesellschaft aussenden. Ich weiss, dass das schwammig ist.
Hier wird bei der taz ganz gut beschrieben, um was es da eben auch gehen könnte. Besser als ich es in meinen eigenen Worten hinbekomme:
„An vielen Schulen ist es pragmatische Praxis, dass Lehrer*innen denjenigen Schüler*innen, die gern beten wollen, dazu kurz einen leeren Klassenraum aufschließen. 2011 war ein Schüler aus Berlin, der gegen ein Gebetsverbot an seiner Schule geklagt hatte, vor dem Bundesverwaltungsgericht gescheitert. Der Richter hatte das mit religiösen Spannungen an der Schule begründet. Er betonte aber auch, dass jenseits konkreter Konflikte derzeit keine Gebetsverbote an Schulen zulässig seien. Nur wenn der Schulfrieden gefährdet sei, sei ein Verbot begründbar.
„Der Versuch, das Recht auf Gebete oder Gebetsräume vor Gericht zu klären, zieht das Thema auf die juristische Ebene“, sagt Michael Hammerbacher, Leiter von Devi e.V. – Verein für Demokratie und Vielfalt in Schule und beruflicher Bildung. „Dabei geht unter, dass es eigentlich eine gesellschaftliche, politische und pädagogische Frage ist.“ Ihn habe stutzig gemacht, dass es in der Schulordnung wohl um die „demonstrative Ausübung religiöser Riten“ gehe, sagt er. Mit dem Bezug auf das „demonstrative“ wäre die Schulordnung aus seiner Sicht angemessen.
„Mir stellt sich da die Frage: Was hat die Schule für Erfahrungen gemacht, welche Kräfte wirken vielleicht auch von außen auf sie ein?“, sagt Hammerbacher. Es käme vor, dass manchmal auch undemokratische Haltungen mit einer demonstrativen Religionsausübung verbunden seien, etwa wenn Schüler*innen auf Einhaltung religiöser Regeln drängen, und sich damit gegen Unterrichtsinhalte oder gegen LGTBIQ-Schüler*innen und Lehrkräfte wendeten. „Man sollte den Schulen das Handwerkszeug lassen, sich gegen solche Einflüsse zu wehren.“ Eine juristische Einschränkung sei da eher kontraproduktiv.
Diskrimierungen und Diskriminierte
„Die ersten, die unter einem reaktionären Religionsverständnis leiden, das sind unserer Erfahrung nach säkulare und liberale Muslim*innen, und sie sind auch die Mehrheit“, sagt Hammerbacher. Auch das Argument, das die Schüler*innen darüber etwas über religiöse Vielfalt lernen würden, will er nicht gelten lassen. „Das kann zum Beispiel auch Inhalt des Ethikunterrichts sein“, sagt er.
Tatschlich ist die Frage der Diskriminierung im Kontext von muslimischer Religionsausübung vielschichtig. Einerseits berichten Meldestellen von steigendem antimuslimischem Rassismus und gerade männlich und muslimisch gelesene Jugendliche sind Diskriminierung und Altagsrassismus ausgesetzt. Gleichzeitig aber erleben minorisierte Gruppen wiederum teils einen mit dem Islam begründeten Druck und Ausgrenzungen.
Der Bund der alevitischen Jugend (BDAJ) arbeitet schon lange zu Diskriminierungen und Rassismus auch innerhalb der migrantischen Communities. Alevit*innen berichteten dabei wiederholt, wie sie gerade in der Schule von Mitschüler*innen unter Druck gesetzt würden, weil sie etwa im Ramadan nicht fasteten. Mädchen und junge Frauen müssen sich teils Kritik an einem angeblich zu freizügigen Kleidungsstil anhören.“
https://taz.de/Religionsausuebung-in-Berlin/!6121146/
„Und ja auch die christlichen Kirchen sind an solchen Räumen interessiert:
https://www.schulstiftung-ekd.de/prayerspaces-in-schulen/“
Das sind doch religiöse Schulen, oder nicht?
Ja, du magst durchaus damit Recht haben. Ich bin allerdings unsicher, inwieweit allein das Zurverfügungstellen eines abgetrennten Raums den Schulfrieden stört; mir scheinen da viele andere Faktoren relevanter zu sein. Meine Sicht ist eher die Folgende: der Staat sollte einen good-faith-effort machen. Ein diskriminierendes Betverbot ist ein klares Symbol, dass die Menschen nicht gewollt sind. Dass viele von denen eh integrationsunwillig ist, ist sicher richtig, aber es ist problematisch, allen die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Verstehst du, was ich meine? Um noch den Vergleich zu bringen: die Franzosen machen das seit Jahrzehnten, und es ist nicht eben so, als hätten die größere Erfolge bei der Integration dieser Gruppen.
c)
@ Mr. Sasse et al:
I always find it somewhere between hilarious and worrisome when well meaning lefties display their naivete by thinking they and Muslim minorities (if you’ll forgive the generalization) are on the same side, or that those Muslim minorities claiming public spaces (exclusively for themselves) is something they should support because well, integration, good faith, inclusion etc.
If you want to know what might happen if you allow something as seemingly benign and innocuous as Muslim exclusive prayer spaces in schools, please google Mark Steyn and How Unclean Was My Valley. If you’d like more background and less polemics/hyperbole on this issue google Allah In The Cafeteria and torontolife.com. I think (I hope anyway) you’ll be shocked. And this is happening in a major cosmopolitan city just north of the 49th parallel but it certainly sounds like it could be in Karachi or Riyadh, doesn’t it? Would you send your daughter to a school like this?
On a broader scale, do you hear a lot about say, Hindus, Buddhists, Jews or even Christians demanding exclusive prayer spaces in otherwise non-denominational schools?
Exactly that. And if you happen to know that Muslims are explicitely allowed by their religion to catch up on prayers they could not perform during a day, it gets even worse.
I don’t think it’s about Muslims against the rest, it’s about extreme religious once. As the guy quoted in the taz article I shared rightly points out, moderate and secular Muslims also suffer.
Sure they do. That article I mentioned – „Allah in the Cafeteria“ was written by what appears to be a moderate (female) Muslim, and you can see her discomfort.
But – and that’s the point here – those moderate and secular Muslims are NOT the ones demanding exclusive prayer spaces in public institutions or places.
Exactly!
I do neither think that nor do I support such claims. I’m also not talking about exclusive prayer spaces at all.
@ Mr. Sasse:
Ok, but that sounded a bit different in some of your posts, what with the good faith offer and opening classrooms as prayer spaces for Muslims.
Islam is not very good with the whole interfaith thing, so usually a prayer space for Muslims is an exclusive prayer space – for Muslims. And again, you don’t really see other religions demanding prayer spaces the way Islam does.
That’s true. However, I’m not certain whether denying prayer spaces in locations where we can exercise at least a modicum of oversight is better than to essentially push it to the margins. No option is really good, but…
@ Mr. Sasse:
That’s a valid point.
Of course, a religion that may require „oversight“ for something as seemingly harmless as a bunch of students getting together for prayer…well.
Another thing is the slippery slope issue here. I am sure (at least I am willing to give him the benefit of doubt) that principal who’s quoted in „Allah in the Cafeteria“ didn’t anticipate what actually developed once he opened his school for Muslim prayers. And now he probably doesn’t see a way out of this – cancelling prayers would arguably appear to be almost worse than not allowing them (on school property) in the first place.
All das klärt nicht das einzige interessante: warum in dem konkreten Fall die Schule keine Möglichkeit genutzt hat, konfliktfrei Abhilfe zu schaffen – zumindest laut der GFF, die ihre Klageschrift hier öffentlich macht:
https://freiheitsrechte.org/schulordnungen
Was die prayerspaces betrifft, so ist es laut Eigenaussage eine allgemein tätige Vereinigung, ich habe die sache nur von der Seite der EKD, die ihre eigenen Schulen betrachtet.
„All das klärt nicht das einzige interessante“
Ich finde die in der taz vorgebrachten Problemstellungen deutlich interessanter. Es ist ja naiv zu glauben, dass das zur Verfügungstellen eines Raumes irgendetwas löst. Die hören doch nicht auf Schwule Lehrer und Mitschüler oder weniger streng gläubige Muslime anzugehen, nur weil sie in Ruhe beten dürfen. Umgekehrt natürlich auch nicht.
Im Artikel und in der Schulordnung ist wie gesagt von „demonstrative Ausübung religiöser Riten“ und „Interesse des Schulfriedens“ die Rede. Das scheint mir mehr als eine Gebetsraumdiskussion. Aber ich weiß es nicht.
Zur Integration allgemein. Natürlich ist das alleine nicht hinreichend, und bei anderen Defiziten vielleicht sogar kontraproduktiv. Aber ich denke mehr und mehr, dass es eine notwendige Voraussetzung ist.
Auf der anderen Seite braucht es natürlich ernsthafte Integrationsangebote der Mehrheitsgesellschaft, da mangelt es natürlich auch ganz gewaltig.
Da haben wir uns falsch verstanden. Ich meinte mit „interessant“, dass es sich auf den konkreten Fall bezieht. Für die GFF ist dieser Bezug gegeben, sie bezieht sich ausdrücklich auf Aussagen betroffener Schüler. Aber leider hat es die taz versäumt, für die Gegenposition mit der Schulleitung zu sprechen, sondern stattdessen allgemeine Aussagen von DeVi e.V. und BDAJ eingeholt, die sich nur indirekt und damit spekulativ sein können. „Es käme vor, dass….“, „Mich hat stutzig gemacht…“ .
Wenn es tatsächlich um konkrete Probleme geht, könnte es relevant sein (weil sich Verhältnismäßigkeiten verschieben). Es könnte aber eben auch sein, dass es sich um juristische Wieselformulierungen handelt, wohl wissend, dass ein in der Öffentlichkeit stattfindendes islamisches Gebet durch das Ritual demonstrativen Charakter hat.
3) No need for a moral panic about the welfare system
https://www.ifo.de/pressemitteilung/2025-10-15/ueber-500-verschiedene-sozialleistungen-deutschland
https://www.ifo.de/publikationen/2025/monographie-autorenschaft/eine-inventur-im-haus-der-sozialen-hilfe-und
Mir ist ehrlich gesagt unklar, welche normative Folge die Menge Paragrafen hat. Dass ein Zielkonflikt zwischen Einfachheit und Einzelfallgerechtigkeit besteht, ist ja nichts Neues. Aber genau da will man ja auch keine Vereinfachungen: man denke nur an das Bürgergeld oder die Kindergrundsicherung. Beides hätte das Potenzial zur Vereinfachung gehabt.
@ Stefan Sasse 28. Oktober 2025, 14:01
Dass ein Zielkonflikt zwischen Einfachheit und Einzelfallgerechtigkeit besteht, ist ja nichts Neues.
Wenn keiner mehr das System durchblickt, ist es kein handelbares System mehr, sondern schlichtweg unkontrollierbar.
Exakt das. Man kann auch an Komplexität ersticken (abgesehen davon, dass die Praktiker die Regeln im Anwendungsfall bei formaler Regeltreue soweit vereinfachen, dass sie sie handhaben können).
Ich sag es erneut: kein Problem mit Vereinfachung! Aber wie immer wenn man da rangeht ist jemand dagegen, und die Dagegenbrüller sind IMMER lauter als diejenigen, die vereinfachen wollen.
@ Stefan Sasse
Ja und?
Wenn man aufhört, vorhandenen Probleme zu lösen, so wie sich jemand beschwert, geht halt alles vor die Hunde.
Demografischer Wandel:
Da jüngere Geburtsjahrgänge zugleich sinkende Personenzahlen aufweisen, stellen die ab 65-Jährigen im Zeitverlauf auch einen immer größeren Anteil an der Gesamtbevölkerung. Er stieg von 15 % im Jahr 1991 auf 23 % im Jahr 2024.
Im Dezember 1999 gab es 2,02 Millionen Pflegebedürftige, im Dezember 2009 war ihre Zahl auf 2,34 Millionen gestiegen und im Dezember 2019 waren 4,13 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI). Im Dezember 2023 waren es 5,69 Millionen.
Das sind alles steigende Sozialausgaben, dazu kommt noch Rente und Krankheitskosten. Das ist Problem, welches gelöst werden muss. Diese geht nur mit steigender Einwanderung, aber es wird seit Jahren das Gegenteil gemacht.
Diese geht nur mit steigender Einwanderung, aber es wird seit Jahren das Gegenteil gemacht.
Falsch! Es geht – bestenfalls – mit der richtigen (aka wirtschaftlich nützlichen) Einwanderung, die wir seit Jahrzehnten ausdrücklich NICHT machen, weil wir schon zuviel falsche Einwanderung haben. Und Einwanderung ist nur ein Baustein einer Politik, die auf das Problem angemessen reagiert. Die Grössenordnung, die wir jährlich bräuchten, um alleine mit Einwanderung den demographischen Verlust auszugleichen, ist vollkommen irreal.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts 28. Oktober 2025, 13:41
Die Grössenordnung, die wir jährlich bräuchten, um alleine mit Einwanderung den demographischen Verlust auszugleichen, ist vollkommen irreal.
Etwa vier- bis fünfhunderttausend, plus nicht arbeitende Familienmitglieder und Ausgleich für Einarbeitung on top.
Gruss,
Erwin Gabriel
Nope 🙂 . Um das Altersverhältnis und damit das Verhältnis zwischen Rentenbeziehern und Beitragszahlern zu halten – das war die Ausgangsthese – bräuchten wir weit, weit mehr:
— Zitat
Schließlich die Alterung: Kann Einwanderung die Überalterung der Gesellschaft ausgleichen?
Alterung kann über das Verhältnis der Erwerbsbevölkerung zu den über 65-Jährigen definiert werden – also zu den Bewohnern eines Landes, die nicht mehr im Erwerbsalter sind. Würde man versuchen, die Alterung der Gesellschaft vollständig über Zuwanderung zu kompensieren, dann bräuchte man Zuwanderungszahlen, die so groß sind, dass sie als unrealistisch gelten müssen. Laut UN müssten zwischen 1995 und 2050 insgesamt 188 Millionen Menschen netto nach Deutschland einwandern, um dieses Verhältnis auf dem Niveau von 1995 konstant zu halten.
— Zitat Ende
https://www.n-tv.de/politik/Was-bringt-Zuwanderung-article14787121.html
Deine Zahlen würden AFAIR NUR bewirken, dass die Anzahl Erwerbstätiger auf dem Arbeitsmarkt in etwa konstant bleibt, vorausgesetzt, jeder Zuwanderer käme sofort in bezahlte Arbeit.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts
Deine Zahlen würden AFAIR NUR bewirken, dass die Anzahl Erwerbstätiger auf dem Arbeitsmarkt in etwa konstant bleibt, vorausgesetzt, jeder Zuwanderer käme sofort in bezahlte Arbeit.
Ja, so war es von mir auch gemeint – Missverständnis meinerseits.
@ bis 28. Oktober 2025, 12:47
Das sind alles steigende Sozialausgaben, dazu kommt noch Rente und Krankheitskosten. Das ist Problem, welches gelöst werden muss. Diese geht nur mit steigender Einwanderung, aber es wird seit Jahren das Gegenteil gemacht.
Nun, wir haben über die letzten zehn Jahre eine hohe Einwanderung. Aber die verschärft aktuell das Problem. Das führt zu einer ablehnenden Rhethorik, was wirtschaftlich „interessante“ Einwanderer abschreckt.
1) Interessantes Thema und eine gute Gelegenheit, andere Weltsichten zu verstehen. Wir hatten beim Thema Noten öfter die Frage, ob „objektiv“ messbare Kriterien nicht geeigneter wären als die „subjektive“ Einschätzung des Lehrers.
i) Dein Einwand, dass das System Verlierer und sozialen Druck produziert, ist natürlich eine Binse, die für jedes Selektionssystem zutrifft. In westlichen Staaten haben wir auch das Phänomen von NEETs oder Hikikomori, die mit diesem Druck nicht fertig werden.
ii) Die Verkrustung, die du ansprichst, ist spannend, weil du aus ‚deutscher‘ Perspektive die gleiche Verkrustung beklagst. Die Frage ist, ob da in einem „harten“ Prüfungssystem der Veränderungsdruck anders wirkt.
iii) Wenn du diese Orientierung an „harter“ Meritokratie als untypisch für kommunistische Regime siehst, verkennst du, wie auch im „europäischen“ Kommunismus Leistungskennzahlen wichtig waren: Plansollerfüllung, Werksausstoß (ungeachtet der Qualität und der externalisierten Kosten)
4) Ein interessanter Punkt hierzu: Bis 2017 war die Raumluftqualität ein Norm-Kriterium für öffentliche Bauten. Seitdem ist es [dank „lowered expectations“ Bürokratieabbau] nur noch die Zuluftqualität, was die atmenden Menschen aus der Norm herausnimmt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Raumluft
a) eine konkrete „Fallstudie“ zum Stadtbildthema, die für mich stark eine „Geography matters“ Sichtweise stützt:
Zwischen der Münchner Innenstadt un dem Hauptbahnhof gibt es einen denkmalgeschützten Park, der seit ca. 2020 immer mehr heruntergekommen ist:
https://de.wikipedia.org/wiki/Alter_Botanischer_Garten_(M%C3%BCnchen)
Was sind die Gründe:
i) Drogen und Alkohol sind durch die Bahnhofsnähe ein Problem
ii) Armut: Innerhalb des Altstadtrings werden Bettler und Obdachlose strikt vertrieben. Dadurch drängen sie sich am Rand wie der Sonnenstraße gehäuft.
iii) insbesondere um eine leerstehende Kaufhaushausimmobilie (Grüße an Herrn Benko)
iv) Kontrolllücke: rundherum sind gut bewachte öffentliche Gebäude (Gerichte) aber die Anlage selbst ist unübersichtlich und nachts schlecht beleuchtet.
und die Therapie: Die Stadt München macht zum einen Videoüberwachung und „robuste“ Polizeikontrollen, zum anderen versucht sie durch Sportanlagen etc. den Hotspot „aufzubrechen“
1i) Klar, aber da gibt es ja durchaus Unterschiede im Ausmaß und der Schärfe. Deswegen ist es natürlich eine Binse, aber eben keine, die sagt „ja, dann selektieren wir halt brutalstmöglich“.
ii) Absolut korrekt, aber das deutsche System scheint – von der Beschreibung des Artikels her – tatsächlich etwas reformagiler zu sein.
iii) Ja, aber das waren halt reine Papierzahlen. Die Chinesen scheinen schon „echte“ zu nehmen, wenn man das glauben darf.
4) Yay.
aii) Überraschend. Nicht.
a) i)
Stimmt. Sieht man auch an diesem Beispiel aus dem christlich geprägten Stadtbild am Hauptbahnhof:
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/muenchen-csu-buergermeister-thomas-pardeller-vor-nachtklub-mit-drogen-erwischt-a-69ff6248-3b90-4e78-b6be-3182146cb5d4
genauer gesagt, morgens um 4.00 Uhr (vielleicht ein ganz Fleißiger schon um diese Zeit auf dem Weg zur Arbeit?) vor dieser Lokalität, die womöglich aber auch christlich-sozial zwecks Bereicherung des Stadtbildes frequentiert wird:
https://palaisclub.de/das-palais/
Also bitte, das soll ein Skandal sein? Früher war die CSU doch deutlich verruchter:
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/georg-schlagbauer-drogenaffaere-erschuettert-muenchner-rathaus-csu-1.3027370
Und die ganz Alten erinnern sich noch an dieses Volkslied aus den 80ern:
https://www.youtube.com/watch?v=AZQ29YrAMds&list=RDAZQ29YrAMds&start_radio=1
Phhh, also wirklich. Highperformer-Drogendelikte womöglich noch mit einem Sinn für Geschäfte (Leistungsträger!) sind beim Stadtbild ausdrücklich nicht mitgemeint! Er hatte bei der Verhaftung bestimmt ein gutes Hemd an!
4) Seitdem ist es [dank „lowered expectations“ Bürokratieabbau] nur noch die Zuluftqualität, was die atmenden Menschen aus der Norm herausnimmt.
Haha, genial! am besten noch weiter Bürokratie abbauen, weil der ganze Kram dann eh völlig nutzlos ist.
Zwei Fundstücke, die konkrete „Fallstudien“-Situationen liefern, als Nachklapp zu Diskussionen der letzten Vermischten. Beide sind in der Sache ’nebensächlich‘ genug, dass man sich von dem „bin ich da dafür oder dagegen“ trennen kann:
k) (ganz frisch) Zum irreführenden(?) Begriff „Veggie-Burger“
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/lg-kiel-likoer-ohne-ei-darf-so-heissen-spirituosenverband
l) Zur Staatsferne(?) des ÖRR
https://www.freiburg-schwarzwald.de/blog/meine-soehne-geb-ich-nicht-swr/
l) Woke ist das auf jeden Fall nicht.
Zu k) ?????? Der klagende Spiritouosenverband hatte wohl einen an der Waffel – wie man aus ausdrücklich „Likör ohne EI“ die Verbindung zu „Eierlikör“ ziehen KANN, erschliesst sich nur Leuten unter dem Einfluss halluzinogener Pilze.
Zu l)
Absolut idiotische SWR-Entscheidung.
l) Es ist auch nach hinten losgegangen. Was mich aber interessiert, ist, warum und auf welcher Ebene. Nicht einmal ich bin Verschwörungstheoretiker genug, zu unterstellen, dass das BMV dem SWR eine schwarze Liste mit „unerwünschtem“ Liedgut vorgibt.
Ich vermute, dass das auf ziemlich niedriger Ebene entschieden wurde und aus „vorauseilendem Gehorsam“. Da wollte jemand eine „kontroverse“ Politdiskussion aus einer Abba-und-Queen-Popsendung heraushalten.
Gegenvorschlag: Es wurde auf mittlerer Managementebene (Abteilungsleiter oder/und die Ebene drüber) entschieden. Wenn Manager in diesem Bereich eines sind, dann konfliktscheu (aus nebenbei guten und nachvollziehbaren Gründen). Ärgervermeidung, besonders aber öffentliche Ärgervermeidung, steht ganz oben auf den Agenden.
Mist, sollte unter Cimourdains zwei Fundstücke.
In solchen Fällen nochmal posten, ich lösche dann die Doppelposts.
Zu 5) Es mag durchaus sein, dass das nur für die Rechten funktioniert, aber ich hätte gerne wenigstens eine Erklärung für diesen Elefanten im Raum.
Die ist extrem einfach: Konservativ mit sozialistischen Einschlägen in der Wirtschaftspolitik ist der Wähler-default aller (westlichen) Gesellschaften seit vielen Jahrzehnten. Gesellschafts- oder rechtspolitisch bspw. steht selbst die Union weiter links, als die Mehrheit der Bevölkerung. Deswegen können und werden radikale progressive Positionen wahltechnisch nicht funktionieren. Wenn man zusätzlich davon absieht, dass es in den USA ein riesiges Ökosystem in sozialen Medien war, dass den MAGA Schwachsinn über Jahrzehnte hinweg geduldig vorbereitet hat. Auch das ist nicht beliebig reproduzierbar.
Gruss,
Thorsten Haupts
Zu j) Der Artikel erinnert mich an das alte Sprichwort „Der Wunsch ist der Vater des Gedankens“.
Absolut. Solche Artikel werden auch nie aussterben. Man hört sie immer und immer. Gleich morgen wird Gregor Strasser Hitler stürzen!
Ich finde das nicht so unrealistisch. Tatsächlich gehen ja die Beliebtheitswerte Trumps wirklich ernsthaft in den Keller.
In den Niederlanden hat die Geert Wilders Partei heute kräftig verloren.
Phoenix hatte dazu eben eine sehr interessante Sendung und es sind endlich mal positive Nachrichten aus Europa. Ich wünsche dieser neuen Niederländischen Regierung alles gute. https://www.youtube.com/watch?v=1YVbJui6wyQ
Vielleicht nutzen sich zu wilde Rechtspopulisten dann doch in der Regierung ab. In meinem Milei Wahnsinn begegne ich auch vielen AfD nahen System-Hatern. Realismus ist nicht gerade deren Stärke. AfD ist die wohl übelste Partei unter den europäischen Rechtspopulisten, dass ich die nach wie vor für so wenig regierungsfähig halte wie Maga in den USA. Abnutzungsstrategie wie mit Wilders in den Niederlanden ist also keine Option für Deutschland.
Weiss nicht, Lemmy. So wie ich das sehe sind in den Niederlanden die Rechtspopulisten/Rechtsradikalen sogar stärker geworden, nur Wilders Partei selbst hat schwächer abgeschnitten.
Ja es ist kompliziert, vor allem angesichts der Menge der Parteien 🙂 . Es scheinen nun aber pragmatische Koalitionen jenseits des Ideologen Wilders möglich.
Ein Blick lohnt sich. Leider spreche ich die Sprache nicht, aber diese Ja21 scheinen regierungsfähig zu sein. Ich bin ja inzwischen nicht nur für eine Verschärfung der Asyl-Regeln sondern auch für eine gewisse Zurückdrängung der Regelungskompetenz Brüssels, um die EU fit für die nächsten 20 Jahre zu machen, auch weil der Widerstand einfach zu stark ist. In anderen Mitgliedsländern mehr als in Deutschland.
Verschiedene der letzten niederländischen Regierungen hatten Deregulierung wirklich praktisch umgesetzt, was ich gut finde.
Die extreme Dynamik des niederländischen Parteiensystem führt neben der Fragmentierung halt auch zu einer schnelleren Bearbeitung neuer Themenkomplexe.
Die Demokratien grosser Länder wie USA, UK, Frankreich, Deutschland kreisen aus meiner Sicht zu sehr um sich selbst.
zu 2) “Merz”
Finn Werner hat seinen Friedrich Merz wenigstens an die Realität verloren. Zahlreiche Kommentatoren in diesem Blog hingegen scheinen ihn im Land der Feen, Elfen und Einhörner zu vermuten. Denn nur dort ist es plausibel, dass der gute Mann im Wahlkampf mit Blick auf die Schuldenbremse nicht gelogen, sondern seine Politik lediglich ganz neuen Erkenntnissen angepasst habe. Er habe plötzlich befürchtet, die USA könnten aus der NATO austreten? Er habe einen Tag nach der Wahl auf einmal befürchtet die Trump-USA könnten möglicherweise nicht verlässlich sein? Ei , der Daus.
Eigentlich könnte man diesen Unsinn unkommentiert ans Kabarett weiterreichen. Im Grunde zeigt schon die übliche Flucht in einen Whataboutismus (“Habeck und LNG-Terminals”), wie schwach die Argumentation ist. Und der Whataboutismus passt noch nicht mal. Denn noch Tage vor Beginn des Ukrainekrieges war in Westeuropa Konsensus, dass der säbelrasselnde Diktator im Kreml zwar drohen, aber niemals angreifen würde. Dass Trump aber die NATO verlassen wollte, war hingegen seit seinem ersten Term kristallklar. Von John Bolten, damals ein engster Sicherheitsberater Trumps, wissen wir, dass die moderaten Figuren im Umfeld des Präsidenten mit Engelszungen auf den unwilligen Bewohner des Weißen Hauses einreden mussten, um ihn von einem NATO-Austritt schon damals abzuhalten. Dabei hatte die mehrfache und öffentliche Wiederholung der Aussage durch den Präsidenten selbst, dass garnicht klar sei, ob die USA im Verteidigungsfall ihrer Pflicht folgen würden, eine NATO-Mitgliedschaft ohnehin bereits semi-obsolet gemacht. Dass Trump im zweiten Term keine Guard Rails mehr haben würde, war ebenfalls bekannt. Bis zum Ausscheiden Joe Bidens drehte sich der amerikanische Wahlkampf um nichts anderes.
Jetzt mag man natürlich erklären, dass Friedrich Merz – der ehemalige Vorsitzende der Atlantik-Brücke – tatsächlich total ahnungslos war, während des ersten Term von Trump vier Jahre lang unter einem Stein gelebt hat und von amerikanischer Politik keinen blassen Schimmer hat. Keine Ahnung, ob das für einen CDU-Fan notwendigerweise eine glückliche Argumentation ist. Aber bitte. Trumps Absichtserklärung am Tag seiner Inauguration im Januar 2025 Grönland und Kanada zu annektieren, sollte Merz jedoch gehört haben. Schließlich käme beides einem Raubangriff auf einen Freund und NATO-Mitgliedstaat und im Falle Grönlands auf einen direkten Nachbarn und EU-Partner gleich. Und auch JD Vances Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz ließ keinerlei Zweifel, wo die USA stehen. Zu behaupten die Behandlung Selenskys im Oval Office sei ein Game Changer gewesen, kann nur von jemandem stammen, der sich acht Jahre lang Augen und Ohren zugehalten hat. Aber wer das glaubt, der glaubt auch, dass sich der CDU-Kanzler bei einem Kuss in einen Prinzen verwandeln würde. Im Märchenland ist schließlich alles möglich.
Ehrliche Antwort? Inhaltlich haben Sie, was die Bewertung von Merz angeht, ziemlich viele gute Punkte; Ihre Süffisanz verleidet mir aber eine denkbare Diskussion.
2) Ja. Ich glaube, es geht sogar noch etwas tiefer als dass Merz die Klappe im Wahlkampf zu sehr aufgerissen hat (und das ziemlich viele Menschen geglaubt haben), mehr in diese Richtung:
Wer sich belügen lassen will, wird belogen. Und offensichtlich wollte Werner das. „Uns wurde ein Politikwechsel versprochen“, ja großartig, mit wem denn?
Das hat Merz auch sehr befeuert, aber ich halte es nicht exklusiv für ein Merz- oder CDU-Problem, sondern mehr so eine Art magisches Politdenken. Alslebens merkwürdige Fantasien einer Minderheitsregierung (und da ist er ja nicht der einzige) unter h würde ich da auch noch mit reinzählen.
Da steckt einerseits eine Sehnsucht nach irgendwelchen radikalen Politikwechseln dahinter und andererseits auch eine völlige Überhöhung von Politik und Regierungshandeln im Allgemeinen. Als wenn ein neuer Regierungschef (wir vergessen mal kurz, dass die Union quasi 123 Jahre mit kurzen Unterbrechungen vor sich hin regiert) in knapp einem Jahr die ganze Republik mal eben auf links drehen könnte.
Das ist ja nicht nur eine simple Frage von Mehrheitsverhältnissen, sondern das gibt das demokratische Regierungssystem schon gar nicht her (aus gutem Grund wohlgemerkt!), mal abgesehen davon, dass auch staatliches Handeln seine Grenzen hat.
Das finde ich ja an sich schon unheimlich genug, aber es wird ja noch gefährlicher dadurch, dass es zwangsläufig Enttäuschungen provoziert.
Und vermutlich nicht wenige Menschen auf die Idee kommen, auf noch radikalere Parteien zu verfallen, die dann aber mal echt alles anders machen.
Auf rechts drehen. Links ist vorbei, remember? 😀
Nur gesellschaftspolitisch. Ökonomisch nimmt links gerade Fahrt auf.
Das stimmt halt auch nicht. Schulden machen ist nicht per se linke Politik. Frag mal Linke, wie links sie es finden, hunderte Milliarden in Aufrüstung zu stecken.
Es war linke und liberale Politik über Jahrzehnte zu wenig in Sicherheit durch Verteidigungswaffen und den Schutz strategischer Industrien zu inestieren. Das müssen wir nun nachholen. Neuverschuldung ist da legitim, weil es eine Art externer Schock darstellt, ein Aufwachen aus Teletubby Illusionen mit rosa Flamingos. Ich ja auch.