Weimer, Rainer und Merz spinnen Optimismus und Hoffnung gegen Ungleichheit – Vermischtes 06.05.2025

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Was der Kanzler kann

Der Text beschreibt die Bedrohung, die rechten Parteien für die europäische Demokratie darstellen, insbesondere nach Trumps Wahlsieg und dem Ende der Ampelregierung. Die Verteidigung offener Gesellschaften müsse über militärische Aspekte hinausgehen und zivile Resilienz fördern. Finanzielle Ungleichheit werde als zentrales Problem benannt, da stabile Gesellschaften auf faire Verteilung und öffentliche Investitionen angewiesen seien. Der Autor beklagt, dass heute privates Vermögen öffentlichem Reichtum vorgezogen werde. Rechte Parteien erzielten dort Erfolge, wo soziale Unsicherheit herrsche, ohne jedoch Lösungen anzubieten. Besonders kritisiert wird die Verharmlosung rechter Narrative in konservativen Medien und die pauschale Abwertung von Migrantinnen und Migranten. Die AfD werde als destruktive Kraft beschrieben, deren Medium die Lüge sei. Ein Dialog mit ihr sei sinnlos. Stattdessen solle der Fokus auf Stärkung politischer Teilhabe und gesellschaftlicher Resilienz liegen, da ein einzelner Kanzler diese Herausforderung nicht bewältigen könne. (Nils Minkmar, Der Siebte Tag)

Ich halte es für einen absolut unterbeleuchteten Punkt, wenn es um den Vertrauensverlust der Demokratie und der demokratischen Parteien geht, dass soziale Ungleichheit weitgehend ignoriert wird. Dafür spielt es auch keine Rolle, ob sie nun wirklich schlimmer geworden ist oder nicht – das verbreitete Gefühl ist, dass sie es ist, und Liberale und Konservative müssen sich hier vorwerfen lassen, denselben Fehler zu begehen wie die Progressiven im Umgang mit der Migration: man kann noch so viele Daten und Fakten nennen und erklären, dass man es schaffen kann; wenn das verbreitete Gefühl eines von „das Boot ist voll“ ist, kommt man dagegen nicht an. Dasselbe gilt auch hier: wenn das Gefühl ist, dass die Ungleichheit ständig zunimmt und ein riesiges Problem ist, kann man noch so oft sagen, dass sich der Lebensstandard im Mittel aber weiter verbessert habe.

2) Die Feigheit der Bosse

Der Artikel beschreibt, wie die Finanzmärkte kurzfristig Einfluss auf Donald Trumps Wirtschaftspolitik ausüben konnten, etwa durch das Aussetzen von Zöllen oder Rückzieher bei Angriffen auf die Notenbank. Doch dieser Einfluss sei rein eigennützig motiviert: Nicht die Angriffe auf Demokratie, Rechtsstaat oder Menschenrechte sorgten für Marktreaktionen, sondern allein Maßnahmen, die Gewinnmargen bedrohten. Politisch relevante Kritik aus Wirtschaftskreisen bleibe aus. Viele Spitzenmanager – etwa von Blackstone oder Blackrock – schweigen oder loben Trump gar. Ihre Zurückhaltung erkläre sich aus enttäuschten Erwartungen: Statt Steuererleichterungen und Deregulierung erleben sie einen Präsidenten, der eigene Verbündete bevorzugt und willkürlich agiert. Die Hoffnung auf eine wirtschaftsfreundliche „Trump-Rally“ sei zwar geschwunden, aber nicht erloschen. Der Autor warnt: Die Finanzelite wird Trumps autoritären Kurs nicht stoppen. Die Verteidigung der Demokratie müsse daher von anderen getragen werden – durch Gerichte, Bildungsinstitutionen und eine wachsame Zivilgesellschaft. (Michael Sauga, Spiegel)

Ich bin hier völlig bei Sauga. Weder ist es die Aufgabe der Kapitalisten, die Demokratie zu retten, noch sollte man irgendwelche Hoffnungen darauf legen. Die Hoffnung, dass die Finanzmärkte Donald Trump stoppen würden, ist auch keine, die ich sonderlich feiern würde. Wenn sie das könnten, dann könnten sie auch problemlos andere Politik stoppen, die demokratisch legitimiert ist. Aber ohnehin wird die Macht der Finanzmärkte deutlich überschätzt. Es wird durch das Verhalten von Regimen wie dem Trumps immer offenkundiger, dass hier vor allem eine Selbstfesselung der Demokratien vorlag. Es mag sein, dass diese Politiken der Gesamtwirtschaft schaden; ich halte das sogar für sehr wahrscheinlich. Aber die Politik hat deutlich mehr Macht als die Wirtschaft. Das Geschwätz der Globalisierungsära wird gerade sehr profund widerlegt. Ob uns das zum Vorteil gereicht, wage ich zu bezweifeln. Aber widerlegt wird es.

3) Eine konservative Öffnung könnte der Kultur nutzen

Die Ernennung von Wolfram Weimer zum Kulturstaatsminister durch Friedrich Merz hat im Kulturbetrieb heftige Kritik ausgelöst. Eine Petition gegen ihn betont die Sorge vor einer „konservativen Verengung“ der Kulturpolitik. Der Artikel hält dagegen, dass auch die bisherige Kulturförderung ideologisch geprägt gewesen sei – mit Begriffen wie Nachhaltigkeit oder Intersektionalität als Fördervoraussetzung. Merz setze mit Weimer ein deutliches Symbol für einen politischen Kurswechsel, der in der Kultur schneller sichtbar werde als in anderen Bereichen. Die Entscheidung wird als Teil eines konservativen Kulturkampfs gedeutet, in dem sich Weimer mit Skepsis gegenüber der linken Kulturszene positionieren dürfte. Der Artikel sieht darin zugleich eine Chance: Im besten Fall könne daraus eine neue Kulturpolitik entstehen, die breitere Bevölkerungsteile erreiche, ohne ins Populistische abzugleiten. Trotz Spardruck habe Merz das Amt nicht gestrichen – das deute auf kulturelle Ambitionen hin. (Tobias Rapp, Spiegel)

Ich sehe in der Ernennung Weimers vor allem das, was im Englischen als „red meat“ für die Parteibasis bezeichnet wird: es ist ein hauptsächlich symbolisches Feld, auf dem man seine ideologischen Meriten beweisen kann. Entsprechend ist es nur ein weiterer Zug im ewigen Kulturkampf, was die Reaktionen deutlich zeigen. So findet sich in der Welt, die angesichts der AfD-Einstufung des Verfassungsschutzes gerade wieder einen hervorragenden Binnenpluralismus zur Schau zu stellen weiß, eigentlich nur Kulturkämpferisches, in triumphierendem Gestus. Ulf Poschardt erklärt, „die Kultureliten sollten diesen Mann fürchten„, während Jacques Schuster ganz groß in die Vergleichskiste greift („Ein bisschen Goethe, ein bisschen Bonaparte„), bei der man sich auf fragen darf, ob es nicht auch eine Nummer kleiner geht. Umgekehrt sprechen diverse Progressive (etwa Christian Stöcker) davon, dass Weimer eine „Blut-und-Boden-Ideologie“ vertrete und irgendwo auf dem Level Hugenbergs einzuordnen sei. Auch das ist grotesk. Letzten Endes ist das, was hier passiert, Demokratie. Die Republik hat einen Rechtsruck erlebt, und die Mehrheit hat dafür gestimmt, dass dieser stattfindet. Also kriegen wir ihn. Das Pendel wird auch wieder zurückschwingen. Und weder konnte Claudia Roth (was für eine Obsession die Konservativen mit ihr haben!) die Republik grün einfärben, noch wird Weimer eine Art konservative geistige Revolution herbeiführen. Der Glaube an die Macht dieser Leute steht in keinem Verhältnis zu ihren realen Möglichkeiten.

4) Landwirtschaftsminister Alois Rainer: Wer ist »der schwarze Metzger«?

Alois Rainer, langjähriger Bürgermeister und Bundestagsabgeordneter aus Bayern, wird neuer Bundeslandwirtschaftsminister – und sorgt mit seiner Haltung zum Fleischkonsum früh für Debatten. Bereits vor Amtsantritt kündigte der CSU-Politiker an, Fleisch nicht verteuern zu wollen, sondern über den Marktpreis regeln zu lassen. Umweltverbände kritisieren dies als Rückschritt. Bayerns Ministerpräsident Söder stilisierte Rainer als Kontrast zum grünen Vorgänger Cem Özdemir: „Jetzt gibt es wieder Leberkäs statt Tofutümelei.“ Trotz seiner langen politischen Laufbahn war Rainer bisher kaum bundesweit bekannt. Seine agrarpolitische Kompetenz gilt als begrenzt, sein Stil als sachlich und zurückhaltend. Weggefährten loben seine ruhige Art, warnen jedoch vor seiner parteilichen Nähe zur Agrarlobby. Rainer stammt aus einer politischen Familie mit Metzgertradition, führt einen Landgasthof mit eigener Fleischerei. Künftig wird er sich mit großen Interessenverbänden, der EU-Kommission und einem komplexen Ministerium auseinandersetzen müssen – und mit einer Öffentlichkeit, die seine Politik genau beobachten wird. (Deike Diening, Spiegel)

Ein wesentlicher konsequenterer Kulturkampfposten als der Weimers ist der Rainers. Er tritt mit einem explizit kulturkämpferischen Programm auf, das auch in deutlichem Kontrast zu Özdemirs zurückhaltender Amtsführung steht. Es ist auch sachlich einfach quatschig. Wir essen ohnehin zu viel Fleisch, und Fleisch ist zu billig; die Ansage, die Preise hier senken zu wollen (Künftiger CSU-Agrarminister hält sinkende Fleischpreise für möglich) ist neben dem (parteipolitisch verständlichen) Ablehnen von Özdemirs nicht mehr umgesetzter Preiserhöhung einfach absurd. Rainers Berufen auf „soziale Marktwirtschaft“ ist dabei auch nicht mehr als eine rhetorische Nebelkerze, denn die explizite Ansage, Schulen und Kitas zu fleischlastigerer Ernährung zu verpflichten, hat mit Wahlfreiheit genauso viel zu tun wie ein Veggie-Day. Es ist dasselbe in Schwarz.

5) Im Rausch der rechten Erzählungen

Der Artikel analysiert, warum rechte Politiker wie Donald Trump oder Alice Weidel so erfolgreich Narrative emotional aufladen. Im Zentrum steht die These, dass deren Erfolg nicht primär auf Wut und Zorn beruht, sondern auf der klugen Mobilisierung positiver Gefühle wie Stolz, Patriotismus und Genugtuung. Diese „narrativen Emotionen“ – also Gefühle, die aus Geschichten entstehen – würden laut dem Autor oft unterschätzt. Sie erzeugten das Gefühl, etwas „richtig“ gemacht oder ein Übel besiegt zu haben. In rechten Erzählungen fungiere etwa der Schutz der Familie oder der Nation als zentrales Motiv, das tief sitzende emotionale Belohnung auslöse. Dagegen fehle es den politischen Gegnern – wie etwa Kamala Harris oder der SPD – an überzeugenden Gegen-Narrativen. Statt mitreißender Geschichten biete man vage Begriffe wie „Respekt“ oder „Zuversicht“, die kaum Emotionen auslösten. Besonders fatal sei das, da Narrative nicht nur informieren, sondern Identifikation ermöglichen. Der Autor fordert daher, das „emotionale Repertoire“ der Politik zu erweitern – um Gefühle wie Staunen, Aufbruch oder stille Freude über Zukunftsvisionen. Nur wer solche Narrative bietet, könne mit rechter Erzählmacht konkurrieren. (Fritz Breithaupt, Spiegel)

Klar, Emotionen und Narrative sind wichtig, und die von Harris, Habeck und der SPD haben offensichtlich nicht verfangen. Nur: wenn man den Artikel so liest, lässt er einen auch ratlos zurück. Denn wie immer bei dieser Art von Artikeln ist es halt irgendwie alles und alles nicht. Erzählen Rechte ein optimistisches, hoffnungsfrohes Narrativ, das attraktiv ist? Aber ja. Erzählen sie eines von Hass, Furcht und Pessimismus? Auch ja. Können wir irgendwie vernünftig feststellen, welches davon wichtiger ist? Nein. Kann es sein, dass beide gleichzeitig unterschiedliche Gruppen bedienen? Ja. Und so weiter. Letztlich bewegt sich der Erkenntniswert des langen Essays dann in keinem besonders starken Rahmen, so sehr ich die Betonung des rechten Optimismus‘ für einen unterbeleuchteten Aspekt halte (vergleiche auch Fundstück 1). Aber die kohärente Gesamttheorie fehlt mir da irgendwie noch. Aktuell ist es immer eine mehr oder weniger eloquente Auflistung von Faktoren, die alle mehr oder weniger plausibel sind, in der Gesamtheit aber in Beliebigkeit münden.

Resterampe

a) “Adolescence”: Warum das Thema toxische Männlichkeit in den Unterricht gehört – die Serie selbst aber eher nicht (News4Teachers). Nochmal zu der Debatte.

b) Alles Kulturkampf, die ganze Zeit. (Twitter)

c) Schöne Analyse des Spainout. (Twitter)

d) Der Kulturkampf geht weiter. (Twitter)

e) Und weiter. (Queer)

f) Was für eine gequirlte Scheiße. (NachDenkSeiten)

g) Deutschland und Pressefreiheit (Twitter).

h) Man will lachen, aber es ist so traurig. (Twitter)

i) Diskussion über eine mögliche schwarz-blaue Regierung (LinkedIn). Danke an Erwin für den Link. Ich halte das für komplett unrealistisch. Das ist Politik im House-of-Cards-Stil, nicht etwas, das in der Realität passiert.


Fertiggestellt am 05.05.2025

{ 132 comments… add one }
  • Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 08:32

    1) Was der Kanzler kann

    Wenn ein Autor sagt, mit einem Viertel bis einem Drittel des Souveräns / der Wähler solle man nicht reden, dann sagt das mehr über dessen Demokratieverständnis aus als über die angeblichen Gefahren rechter (nicht rechtsextremer) Parteien.

    Ich halte es für einen absolut unterbeleuchteten Punkt, wenn es um den Vertrauensverlust der Demokratie und der demokratischen Parteien geht, dass soziale Ungleichheit weitgehend ignoriert wird.

    Seit 1990 ist die Sozialausgabenquote von 25 auf über 30 Prozent gestiegen, der Staatsanteil von gut 40 auf über 50 Prozent. Die Wohneigentumsquote ist dagegen gesunken, ebenso der Anteil der Selbständigen. Im Konzert der europäischen Partner ist der deutsche Staat der mit Abstand potenteste weil wohlhabendste Mitspieler.

    Wohlstand und Vermögen entsteht durch Bildung von Wohneigentum und Selbständigkeit, was durch geringe Bürokratie, großzügiger Bodenfreigabe und niedrige Steuern entsteht. Wenn über die Einkommens- und Vermögensungleichheit geklagt wird, dann, weil die Deutschen die Verhältnisse so wollen. Die LINKEN-Kämpferin Heidi Reichineck brachte die Verachtung für Eigentum und Selbständigkeit auf den Punkt: Warum brauchen Bürger eigene Häuser und Wohnungen, um mit deren Vermietung ihre Rente aufzuhübschen?

    Solange solche Politiker und Parteien gewählt werden und 10 Prozent erhalten, während die staatsskeptische Partei FDP 4 Prozent bekommt, bleiben die Verhältnisse, wie sie sind.

    • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 08:43

      Natürlich muss man tun, was du für richtig hältst, um die Demokratie zu retten. Das sehen viele Menschen für sich so.

      • Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 18:14

        Wer dauerhaft keinen Erfolg hat, kann nicht die richtige Strategie haben. Ich analysiere nur. Da meine Analyse die erfolglose Strategie als solche skizziert, gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sie richtig ist.

    • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 09:33

      Davon abgesehen, dieser Satz, man dürfte die AfD-Wählenden nicht ausschließen oder ignorieren, ist immer so herrlich konsequenzfrei. Das unterscheidet sich in seinem substanzlosen Moralisieren nicht von der Kirchenrhetorik, von der wir es im letzten Vermischten haben. Ist ja großartig, dass man das nicht soll, aber was heißt das genau? Was folgt daraus? Was passiert, wenn ich mit den Leuten rede (ich würde übrigens nie fordern, nicht mit den Wählenden zu reden, by the by). Und das steht doch auch gar nicht im Artikel?

      • Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 18:17

        Ich bezog mich auf die Inhaltsangabe:

        Die AfD werde als destruktive Kraft beschrieben, deren Medium die Lüge sei. Ein Dialog mit ihr sei sinnlos.

        Es ist in der Demokratie problematisch, mit den Repräsentanten von einem Viertel bis einem Drittel der Wähler nicht zu reden. Dafür gibt es übrigens die repräsentative Wahl. Und was machen wir eigentlich mit der Linkspartei, die von erklärten Marxisten und Systemgegnern repräsentiert wird?

        • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 08:50

          „Die AfD“ ist nicht deren Wählende.

          • Erwin Gabriel 7. Mai 2025, 09:43

            @ Stefan Sasse 7. Mai 2025, 08:50

            „Die AfD“ ist nicht deren Wählende.

            Mit Freuden gelesen und zugestimmt

          • Stefan Pietsch 7. Mai 2025, 11:54

            Mit wem willst Du denn reden? Noch einmal: Das Prinzip der repräsentativen Demokratie ist, dass jeder Bürger seinen Repräsenanten wählt. Du willst besonders linke Politik machen in den Terms von liberale Migration und mehr Sozialstaat, was anscheinend bisher die Leute nicht davon abgehalten hat, die Rechtsextremisten zu wählen. Und Du sagst, man sollte nicht thematisieren, womit die AfD auf Wählerfang geht.

            Also wie genau stellst Du Dir vor, mit den Wählern der AfD ins Gespräch zu kommen und sie der Partei abspenstig zu machen?

            • Erwin Gabriel 12. Mai 2025, 17:53

              @ Stefan Pietsch 7. Mai 2025, 11:54

              Also wie genau stellst Du Dir vor, mit den Wählern der AfD ins Gespräch zu kommen und sie der Partei abspenstig zu machen?

              Wäre eher unsere Aufgabe als seine.

              • Stefan Pietsch 12. Mai 2025, 20:42

                Warum? Die AfD wird von allen gewählt. So bin ich weder Arbeiter noch war ich je wahlabstinent.

        • CitizenK 7. Mai 2025, 10:10

          Die „Systemgegner“ haben gestern das System gestützt. Zusammen mit Ihrem Feindbild, den Grünen.

          • Stefan Pietsch 7. Mai 2025, 11:47

            Äh, nein. Wieso? Wieso haben eine 11 und eine 8-Prozent-Partei das „System“ gestützt, wenn alle Abgeordneten für eine Änderung der Geschäftsordnung waren? Das passt ja schon mathematisch nicht.

            Die AfD hat gleich gesagt, dass sie einer Änderung zustimmen wird. Damit war die 2/3-Mehrheit gesichert. Die SPD wollte – völlig grundlos, dass die Mehrheit ohne die AfD zustandekommen sollte. Irgendwie Quatsch.

    • DerDieDas 6. Mai 2025, 09:54

      Warum sind nach 1990 die Sozialausgaben gestiegen? Weil 16 Millionen teilweise integrationsunwillige Wirtschaftsflüchtlinge in unsere Sozialsysteme eingewandert sind und sich dort auch heute noch großteils aufhalten. Die erhielten und erhalten übrigens üppige Renten aus dem Sozialhaushalt, ohne teilweise auch nur einen Pfennig in die Rentenkasse eingezahlt zu haben.

      • Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 18:11

        Was ist denn das für ein Unsinn?? In einem Umlagesystem, in dem definitionsgemäß nichts angespart wird, spielt es keine Rolle, ob Transferempfänger je eingezahlt haben. Entscheidend ist allein das Verhältnis von gegenwärtigen Beitragszahlern zu Empfängern. Das Problem war also höchstens, dass die Erwerbslosigkeit höher wie die sozialversicherungspflichtigen Einkommen im Osten niedriger war / ist.

        • Erwin Gabriel 6. Mai 2025, 19:28

          @ Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 18:11

          Was ist denn das für ein Unsinn??

          Ah, ich hatte den Ton schon vermisst 🙂

          In einem Umlagesystem, in dem definitionsgemäß nichts angespart wird, …

          Da liegt Dei Denkfehler. Natürlich gibt es einen Topf, in den die Beiträge hineinfließen und aus demdie Leistungen ausbezahlt werden. Es wird aber nie alles direkt verteilt, was drin ist. Hatten sich genug Überschüsse angesammelt, wurden die Beiträge vorsichtig gekürzt, aber nie die etwa Sozialleistungen oder Renten erhöht. Es wurden auch nie beispielsweise OPs verweigert oder Renten nur anteilig ausbezahlt, weil kein Geld da war.

          So sehr Du mit dem Prinzip, dass Du anführst, in der Theorie und vom Konzept her Recht hast – in der Praxis sieht es anders aus. Da gibt es geregelte Ansprüche, die erfüllt werden müssen. Wäre dem anders,hätte man problemlos die Renten der Ostbürger aufs gleiche Niveau wie im Westen heben können.

          • Stefan Pietsch 7. Mai 2025, 12:21

            Doch, Erwin. Die gesamten Einnahmen eines Monats werden mit einer Verzögerung von 3-4 Tagen von der Deutschen Rentenversicherung für Rentenzahlungen verbraucht – zzgl. des Bundeszuschusses. In keinem Monat spart sich etwas an. Das ist eine reine Rein-Raus-Geschichte.

            Mitte der Zehnerjahre sammelte sich zuletzt ein Überschuss. Die Politik mit Arbeitsministerin Andrea Nahles entschied damals in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, den Zuschuss zur Erhöhung der Rentenzahlungen (Verringerung des Bundeszuschusses) zu nutzen.

            Seit den Nullerjahren hat die Politik eine einfache Formel für den Ausgleich der „versicherungsfremden Leistungen“ gefunden: Alles, was nicht durch die vom Staat festgelegten Beitragszahlungen bezahlt werden kann, wird vom Bund ausgeglichen.

            Beitragshöhe wie Rentenhöhe werden de facto von der Politik festgelegt. Welchen Gegenwert ein Beitragspunkt hat, ist eine politische Konvention, keine versicherungsmathematische Folge.

            • Erwin Gabriel 7. Mai 2025, 15:08

              @ Stefan Pietsch 7. Mai 2025, 12:21

              Die gesamten Einnahmen eines Monats werden mit einer Verzögerung von 3-4 Tagen von der Deutschen Rentenversicherung für Rentenzahlungen verbraucht – zzgl. des Bundeszuschusses. In keinem Monat spart sich etwas an.

              Inzwischen schon. War mal anders. Aber wenn man ständig mehr Zahlungsempfänger an den Tropf hängt als Einzahler, ist das eben so.

              Mitte der Zehnerjahre sammelte sich zuletzt ein Überschuss. Die Politik mit Arbeitsministerin Andrea Nahles entschied damals in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, den Zuschuss zur Erhöhung der Rentenzahlungen (Verringerung des Bundeszuschusses) zu nutzen.

              Ja, so kennen wir sie. Mit solchen Tricks (wie auch mit der Übernahme der Bevölkerung der ehemaligen Bundesländer oder seit 2014 der vielen Flüchtlinge) wurden die Sozialkassen belastet, nicht entlastet.

      • Erwin Gabriel 6. Mai 2025, 19:20

        @ DerDieDas 6. Mai 2025, 09:54

        Warum sind nach 1990 die Sozialausgaben gestiegen? Weil 16 Millionen teilweise integrationsunwillige Wirtschaftsflüchtlinge in unsere Sozialsysteme eingewandert sind und sich dort auch heute noch großteils aufhalten. Die erhielten und erhalten übrigens üppige Renten aus dem Sozialhaushalt, ohne teilweise auch nur einen Pfennig in die Rentenkasse eingezahlt zu haben.

        Wenn Du die Bevölkerung der ehemaligen DDR meinst, stimme ich mit Einschränkungen zu (die sind zwar nicht „eingewandert“, aber das macht von der Sache her keinen Unterschied). Die BRD hatte damals knapp 63 Mio. Einwohner, die DDR hatte etwas über 16 Mio. Die wurden in unser Kranken-, Renten- und Sozialsystem gesteckt, ohne dass zuvor Beiträge einbezahlt oder vom Staat entsprechende Ausgleichszahlungen geleistet wurden.

        • CitizenK 7. Mai 2025, 09:40

          „Die wurden in unser Kranken-, Renten- und Sozialsystem gesteckt, ohne dass zuvor Beiträge einbezahlt oder vom Staat entsprechende Ausgleichszahlungen geleistet wurden.“

          Ein Punkt, über den heute keiner mehr redet. Hat eigentlich schon wer aus- (und den Ossis vor-) gerechnet, wie das Rentensystem dastehen würde ohne diesen Faktor?

          • Erwin Gabriel 7. Mai 2025, 11:45

            @ CitizenK 7. Mai 2025, 09:40

            Hat eigentlich schon wer aus- (und den Ossis vor-) gerechnet, wie das Rentensystem dastehen würde ohne diesen Faktor?

            Das macht aus einem Wessi einen Besser-Wessi.

            Es gab im Osten ein anderes System als bei uns. Wo hier Betriebe und Unternehmen in privater Hand sind und Sozialhilfe und Renteüber staatlich gestützte Umlageverfahren abgewickelt werden, gehörten Betriebe und Unternehmen in der ehemaligen DDR allen (volkseigene Betriebe).

            Wie die Ost-Wirtschaft nach dem Mauerfall abgewickelt wurde, entschied die Treuhand, zu großen Teilen bestückt mit westdeutschen Managern, die (selten) den Daumen hoben oder (deutlich öfter) senkten. Manch West-Unternehmen hat unliebsame Konkurrenten übernommen oder plattmachen lassen. Und da alles schnell gehen sollte, hat niemand so genau hingeschaut; die Abwickler der Ost-Wirtschaft wurden, für was auch immer sie dort taten, von Strafverfolgung freigestellt.

            Nicht, dass die DDR eine Wirtschaft hatte, die im harten Weltmarkt durch und durch wettbewerbsfähig gewesen wäre, viele DDR-Betriebe wurden wohl auch künstlich am Leben gehalten. Aber nicht alles, was man damals bei der Treuhand getan hat, war sauber, oder hätte dem damaligen Recht genüge getan; auch hatte die Bevölkerung der ehemaligen DDR keinerlei Einfluss.
            Wenn Du dann noch dazu nimmst, welche Schrottautos / Telefonverträge / Versicherungen man damals den Menschen dort angedreht hat (die ja zumindest in dieser Hinsicht halbwegs „behütet“ aufgewachsen waren), so sind wir, denke ich, nicht in der Position, irgendetwas „vorzurechnen“.

            Inzwischen ist das System auch lange genug eingeschwungen, dass die ehemaligen Bewohner der DDR so wie wir einzahlen und herausbekommen. Wenn es im Osten weniger Industrie gibt als hier, liegt das mindestens genauso am Westen wie am Osten.

            • CitizenK 7. Mai 2025, 15:14

              Alles richtig und gut dargestellt. Du hast mit der Kritik am Vorrechnen ja durchaus recht. Als Ergebnis könnte doch auch rauskommen, dass sie im Hinblick auf die Rente gar keine Opfer sind? Die Erwerbsbiografien im Osten sind jedenfalls da von Vorteil.

              Die Dokus über die Treuhand kenne ich. Aber auch im Umlage-System wirkt es sich doch aus, wenn Rentenansprüche entstehen, ohne dass vorher Beiträge gezahlt wurden?

              • Thorsten Haupts 7. Mai 2025, 16:55

                Nicht unbedingt, hängt davon ab, wieviele Neu-Rentenbezieher im Vergleich zu wievielen Neu-Einzahlern hinzu kommen.

                Mit anderen Worten: Wenn wir ein Verhältnis von 3:1 (Einzahler-Rentenbezieher) haben und es kommt eine grosse Gruppe hinzu, dann ist diese Gruppe ein Gewinn, wenn deren Verhältnis 5:1 ist. Und ein Verlust, wenn die hinzugekommen Gruppe nur auf 2:1 kommt.

                Ich kenne die Zahlen der Wiedervereinigung nicht genau genug, um wirklich sagen zu könne, das war eine Nettobelastung des Rentensystems. Das hättr man nur in einem kapitalgedeckten System sicher gewusst, weil dort die Einzahlungen bis zum Renteneintritt bedeutend sind. In einem reinen Umlagesystem wie dem deutschen hängt es ausschliesslich am Verhältnis der Einzahler zu den Rentnern, an nichts sonst, ob eine weitere Menschengruppe ökonomisch ein Gewinn oder Verlust ist.

                Von daher hat unser zweiter Troll hier einfach Unsinn rausgeblasen, um einen billigen (Migrations-)Punkt zu machen.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • CitizenK 8. Mai 2025, 05:31

                  Klingt nachvollziehbar. Trotzdem eine Verständnisfrage:
                  Die Höhe jeder individuellen Rente bemisst sich nach Beitragszeiten und Beitragshöhe. Wenn dann eine Gruppe ohne diese Faktoren hinzukommt und Renten aus dem Umlage-„Topf“ bezieht, geht das nicht zwangsläufig zu Lasten der bisherigen Beitragszahler bzw. muss durch staatliche Zuschüsse ausgeglichen werden?

                  • Thorsten Haupts 8. Mai 2025, 08:10

                    Warum sollte es? De facto ist der Steuerzuschuss nicht durch theoretische Ansprüche verursacht, sondern ausschliesslich durch das Verhältnis von Einzahlern/Rentenbeziehern und die Höhe der Sozialversicherungsabgabe für die Rente. Dass man für die Höhe des Rentenbezuges die durchschnittliche Lebensleitung zugrundelegt, ist ein reines Berechnungsverfahren, in einem Umlagesystem wie dem deutschen existieren „angesparte“ Beiträge schlicht nicht. Also spielt das für neu hinzugekommene faktisch keine Rolle. Faktisch ist ausschliesslich relevant, wieviele Einzahler und Rentenbezieher hinzukommen.

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

                    • CitizenK 8. Mai 2025, 11:04

                      Die relative Höhe der Beiträge und der Auszahlungen spielt doch aber eine Rolle?
                      Sorry für’s Nachhaken – mich beschäftigt halt die Frage, ob rentenmäßig bei der Wiedervereinigung Ossis oder bevorzugt oder benachteiligt (abgezockt) wurden. Für die Stimmung im Land nicht unbedeutend.

                      Für die Wiedervereinigung war das viel gescholtene Umlagesystem jedenfalls von Vorteil.

                    • Thorsten Haupts 8. Mai 2025, 11:39

                      Die relative Höhe der Beiträge und der Auszahlungen spielt doch aber eine Rolle?

                      Natürlich, aber deren Höhe für Ostdeutschland 1990 kenne ich tatsächlich nicht.

                      Und ja, das Umlagesystem erwies sich in der historischen Ausnahmesituation von 1990 politisch zufällig als sehr vorteilhaft.

    • Sören Schmitz 6. Mai 2025, 17:44

      Das mit der Empfindung sozialen Ungleichheit ist so eine Sache in der viele Faktoren mit hinein spielen. Ein wesentliches Punkt sind die gestiegenen Lebenshaltungskosten: Lebensmittel, Energie und Mieten haben sich in den letzten 5 Jahren deutlich verteuert. Die Löhne konnten mit dem Tempo nicht schritthalten und somit haben viele defacto weniger in der Tasche. Da ist es doch klar, dass die Menschen diesen Umstand beklagen.
      Gleichzeitig sind die Kosten für die eigene Immobilie deutlich gestiegen (insb. wegen der Zinsen) und einer völlig verkorksten Wohnraumbau-Politik in den letzten 20 Jahren. Und in meinen AUgen kommt noch eine dritte Komponente: Die Generation, die heute auf den Arbeitsmarkt stürmen (Anfang bis Ende 20) stellen fest, dass eben nicht alles gleichzeitig geht: Schickes Wohnen, schönes Auto und Fernreisen, all das gemeinsam geht so nicht. Und das führt natürlich dann auch zu FRust wenn man, sieht, was dann das Leben wirklich kostet – es scheint aber in den letzten Jahren ein krasses Bild entstanden zu sein (befeuert durch Social Media), dass das doch alles gehen würde und vielen fühlen sich zu kurz gekommen.

      In meinen Augen braucht es dafür eine Politik, die darauf abzielt:
      – bezahlbaren Wohnraum in Ballungszentren bereitzustellen
      – gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Firmen wachsen, erfolgreich sind und somit Arbeitsplätze gesichert sind und gute Löhne und Gehälter gezahlt werden können
      – Vermögensbildung erleichtert, damit mehr Menschen zu Wohneingentum gelangen kommen (z.B. durch höhere Sparerpauschbeträge, Abschaffung der Grunssteuer für selbstgenutzte Wohnen, etc.)

      • Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 20:07

        Das Problem der Inflation gab es zeitweise in der gesamten OECD ohne dass daraus eine Bewegung gegen angebliche Ungleichheit entstanden wäre. Wir Deutschen haben übrigens eine besonders verschrobene Vorstellung von der Ungleichheit. Vor ein, zwei Jahren zeigte eine Studie, dass die Deutschen die Einkommensungleichheit grass überschätzen und davon ausgehen, die Verhältnisse wären vergleichbar den amerikanischen.

        Dazu passt, dass die Leute nicht sehen, was insbesondere Mittel- und Gutverdiener an den Staat abführen müssen. Mit Steuern und Abgaben gleicht unser Gemeinwesen die Einkommen drastisch an. Was auch viele nicht mehr wissen: Die oberen Einkommensbezieher zahlen anders als alle anderen eine zusätzliche Reichensteuer in Form des Solidaritätszuschlages, welches wie eine Erhöhung des Einkommensteuersatzes um fast 3 Prozentpunkte wirkt.

        Umgekehrt haben wir ein Umsatzsteuersystem, welches untere Einkommensbezieher deutlich begünstigt, jedenfalls weit mehr als in anderen europäischen Ländern. Im Verhältnis zum Einkommen sind die Mittel des täglichen Bedarfs bis hin zu Mieten in Deutschland verhältnismäßig günstig. Natürlich, wer von der Hand in den Mund lebt, hatte immer Grund zum Klagen. So stellten Wissenschaftler vor 15 Jahren fest, dass über 40 Prozent der Haushalte am Ende des Monats weniger als 100 Euro zur freien Verfügung hätten. Das ist heute sicher nicht viel anders.

        Wenn Unternehmen abwandern und die Selbständigkeit zurückgeht, weil selbst junge Menschen das Risiko der Unternehmerschaft scheuen, dann ist einfach wenig Raum für Lohnerhöhungen.

        Gleichzeitig sind die Kosten für die eigene Immobilie deutlich gestiegen (insb. wegen der Zinsen) und einer völlig verkorksten Wohnraumbau-Politik in den letzten 20 Jahren.

        Nein. In den letzten 20 Jahren sind vor allem die Bürokratiekosten dramatisch gestiegen. So sollen sich die Bauvorschriften gegenüber Anfang des Jahrhunderts um den Faktor 5 vermehrt haben. Zusätzliche Vorschriften bedeuten immer mehr Kosten. Dagegen haben wir inzwischen wieder ein normales Zinsniveau erreicht, das sogar etwas unter dem von Anfang der Nullerjahre liegt.

        Generell behindert der Staat seit ich denken kann den Erwerb von Wohneigentum. So killte der Fiskus in den vergangenen 25 Jahren die Steuerfreiheit von Spekulationsgewinnen. Grund- und Grunderwerbsteuern wurden in die Höhe getrieben, um den Finanzbedarf von Kommunen und Ländern zu decken.

        Vor allem: Ich war noch kein Grundschüler, da bekam ich mit, wie sehr Kleinbürger in meinem Ort danach lechzten, dass die Gemeinde Land in Bauerwartungsland und Bauland umetikettierte. Das war immer ein Akt von Jahren. Hintergrund war, dass die Gemeinden so den Wert der Grundstücke und Häuser der Besitzenden hoch hielten. Das waren nämlich immer aktive und solvente Wähler und Bürger. Staaten, in denen eine wesentlich höhere Wohneigentumsquote vorherrscht, leben eine wesentlich weniger rigide Baulandpolitik. Das können Sie übrigens auch in Berlin beobachten: Dort gab es einen jahrlangen Streit um die Ausweisung des Tempelhofer Feldes als Bauland. In einem Volksentscheid wurde das abgelehnt. Heute wohnen dort Flüchtlinge. Es gibt viele Methoden, die AfD zu mästen.

        Also, die deutsche Politik macht seit Jahrzehnten das Gegenteil von dem, was Sie für richtig und sinnvoll halten, unabhängig von der politischen Farbe. Was sagt Ihnen das?

      • Erwin Gabriel 7. Mai 2025, 11:29

        @ Sören Schmitz 6. Mai 2025, 17:44

        Allgemeine Zustimmung

        Gleichzeitig sind die Kosten für die eigene Immobilie deutlich gestiegen (insb. wegen der Zinsen) …

        Ich habe mich 1994 an mein erstes Wohneigentum gewagt; der Zinssatz damals lag bei 8,35%. Im Vergleich dazu sind die Zinsen heute moderat. Aber es gab lange eine Null-Zins-Politik der EZB mit dem Ergebnis, dass viele sich an den Hausbau oder -Kauf wagten, die es nur mit den < 2% schafften, die damals für Geld genommen wurden; diese Leute kommen nun in die Bredouille. Weiterer Aspekt war, dass Sparen sinnlos geworden war, dass die Deutschen Aktien misstrauten, und viele auf Immobilien setzten, was die Preise (und damit Grunderwerbssteuer etc.) enorm hochtrieb.

        … und einer völlig verkorksten Wohnraumbau-Politik in den letzten 20 Jahren.

        Eher „keine Politik“ außer danebenstehen und fassungslos zuschauen, was passiert. Wohnungsbau (und Wohnen) sind extrem teuer geworden, aber nicht aufgrund von steigenden Zinsen, sondern aufgrund zweier anderer Aspekte.
        Zum einen sind die Vorschriften extrem verschärft worden: In der Regelkommt seitens der EU eine Vorlage, die dann national umgesetzt wird. Die Deutschen legen in der Regel noch eine Schippe drauf, da ja alles möglichst „gut“ (schallgedämmt, wärmegedämmt, klimagerecht, feuerfest, sicher etc.) sein soll. Man bewegt sich in der Regel am oberen Ende des Machbaren, akzeptiert dabei Regelungen, die sich im Wege stehen oder gar widersprechen (für Schalldämmung braucht man viel Material im Stein,für Wärmedämmung viel Luft oder Isolierung; beides gleichzeitig macht den Stein dick, was den Wohnraum verkleinert und die Mieten reduziert, da für Bauanträge Außenabmessungen relevant sind).
        Will ein Projektentwickler nach diesen Vorgaben bauen, braucht er auch viel Geld. Dann schaut sich die Bank alles an und legt fest, wie hoch die Rendite (= Miete) sein muss, dass sie dasProjekt finanziert. Dann geht die Kommune hin und verlangt, dass ein Drittel oder Viertel der Wohnungen Sozialwohnungen sind, mit festgelegten Niedrigmieten, die nicht malansatzweise die Baukosten decken. Das müssen andere Mieter ausgleichen, und der Projektentwickler wird als“Miethai“ beschimpft,mit Mietendeckel bedroht etc.

        Und in meinen AUgen kommt noch eine dritte Komponente: Die Generation, die heute auf den Arbeitsmarkt stürmen (Anfang bis Ende 20) stellen fest, dass eben nicht alles gleichzeitig geht: Schickes Wohnen, schönes Auto und Fernreisen, all das gemeinsam geht so nicht.

        Ist nicht mehr wie bei Mama und Papa 🙂
        War bei uns aber auch nicht anders. Als wir uns unseren ersten Urlaub im Hotel geleistet haben, waren wir deutlich über 40.

        … es scheint aber in den letzten Jahren ein krasses Bild entstanden zu sein (befeuert durch Social Media), dass das doch alles gehen würde und vielen fühlen sich zu kurz gekommen.

        Traumberuf „Influencer“ – say no more.

        In meinen Augen braucht es dafür eine Politik, die darauf abzielt:
        – bezahlbaren Wohnraum in Ballungszentren bereitzustellen
        – gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Firmen wachsen, erfolgreich sind und somit Arbeitsplätze gesichert sind und gute Löhne und Gehälter gezahlt werden können
        – Vermögensbildung erleichtert, damit mehr Menschen zu Wohneingentum gelangen kommen (z.B. durch höhere Sparerpauschbeträge, Abschaffung der Grunssteuer für selbstgenutzte Wohnen, etc.)

        Dem steht viel Bürokratie entgegen, und auch die Einstellungen vieler Deutscher, die sich mehr um den Wohlstand anderer als um den eigenen zu kümmern scheinen. In Deutschland wird Unternehmertum nicht geschätzt und von vielen als Ausbeutung verstanden. Die Forderungen an den Staat, die gefühlte Ungerechtigkeit auszugleichen, steigen, und als Folge sind die den Staat regierenden Parteien geneigt, immer mehr soziale Leistungen auszuschütten, was die Wähler in ihrem Gefühl „ungerecht“ behandelt zu werden, bestätigt.

        Gleichzeitig belasten hohe Steuern und Abgaben Unternehmen und Arbeitnehmer. Folgende Beispiele für Monatsgehalt, Steuerklasse 1 (ohne Kirchensteuer), alle Versicherungen gesetzlich:
        Brutto:
        2.000 / 3.000 / 4.000 / 5.000 / 6.000 Euro
        Netto:
        1.474 /2.052 / 2.602 / 3.128 / 3.656 Euro

        Arbeitgeberkosten:
        2.509 / 3.763 / 5.017 / 6.272 / 7.476 Euro

        Gesamte Abgabenlast (Differenz zwischen Arbeitgeberkosten und ausbezahltem Gehalt):
        1.035 / 1.711 / 2.415 / 3.144 / 3.820 Euro

        Schon bei einem Gehalt von 2.000 brutto im Monat (wirklich nicht üppig) liegt die Differenz zwischen dem, was der Arbeitgeber aufbringen muss, und dem, was der Arbeitnehmer ausbezahlt bekommt, über 40%. Da wird Vermögensaufbau schwierig.

  • Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 08:37

    2) Die Feigheit der Bosse

    Wenn die Wähler versagen, sind es die Finanzmärkte und ihre Akteure, die politische Entscheidungen mit einem wirtschaftlichen Preis versehen. Und dieser Preis ist oft exorbitant. Demonstrationen sind da lächerlich. In Großbritannien sorgten die Finanzmärkte dafür, dass die Konservative Liz Truss eine sehr kurze Zeit im Downing Street No. 10 verbrachte. Trumps Zölle werden gerade heftig eingedampft, so dass sie die Kurse an den Börsen und damit die Vermögen der Bürger wieder beruhigten.

    Das ist Macht. Ohne die Finanzmärkte gäbe es keinen Milei in Argentinien und nicht die bewundernswerte Erholung und Prosperität Griechenlands.

    • DerDieDas 6. Mai 2025, 10:45

      «Ohne die Finanzmärkte gäbe es (…) nicht die bewundernswerte Erholung und Prosperität Griechenlands»? Komisch, dass die griechische Bevölkerung so gar nichts von dieser bewundernswerten Erholung und Prosperität mitbekommen. Wenn man die Realität komplett ignoriert, funktioniert die Neoklassik wunderbar.

      • Erwin Gabriel 7. Mai 2025, 15:00

        @ DerDieDas 6. Mai 2025, 10:45

        Komisch, dass die griechische Bevölkerung so gar nichts von dieser bewundernswerten Erholung und Prosperität mitbekommen.

        Das sehe ich relativ mitleidslos. Das Gros der Griechen hält nichts von STeuern, aber vielvon staatlichen Wohltaten. Sie haben jahrelang Parteien in die Regierung gewählt, die ihnen versprachen, was nicht geht – bis die Sattsfinanzen kollabierten.

        Schau Dir unser Land an: Gerhard Schröder und Franz Müntefering haben damals versucht, den Staat schlanker und fitter zu machen, mehr Eigenverantwortung an den Bürger zu delegieren (lassen wir mal außen vor, wie gelungen die Umsetzung war, aber das Konzept zielte in eine notwendige Richtung). Schröder wurde abgewählt.

        Seine Nachfolgerin hat sich um vieles gekümmert, nur nicht um den Staat. Sie hat zugelassen, dass die SPD die Reformen zurückdrehte und die Sozialabgaben erhöhte, hat darüber all die Zuwächse aufgebraucht, die über ständig steigende Steuern hereinkamen, hat Investitionen in die Infrastruktur vernachlässigt, in die Bundeswehr vernachlässigt (ob am die für wichtig hält oder nicht – ihre Politik hat sie teuer UND schlecht gemacht), hat sich nicht um die Rententhematik gekümmert, die Bildung nicht angerührt (Bildungserfolge hängen allzu oft stärker vom Geldbeutel der Eltern ab als vom Talent des Kindes), Klimapolitik versprochen (aber nicht angerührt), Zuwanderung gefördert (aber nicht die Integration), hat Polizei und Gerichtsbarkeit vor sich hinschlampern lassen, Pflege und Gesundheit weitgehend sich selbst überlassen, sie ist die Wohnungsproblematik nicht angegangen – alles Herausforderungen, die für alle erkennbar waren,wenn man denn gucken wollte.
        Nun müssen wir mit den Folgen klarkommen: AfD auf dem Sprung zur stärksten Partei in Deutschland, hohe Mieten und Wohnungsnot, marode Infrastruktur, kostspielige aber unfähige Verteidigung, Rentenknatsch. Alles vom deutschen Michel (und von der deutschen Michelle) so gewollt.

  • VD 6. Mai 2025, 09:00

    4) Landwirtschaftsminister Alois Rainer: Wer ist »der schwarze Metzger«?

    „Wir essen ohnehin zu viel Fleisch, und Fleisch ist zu billig;“

    Mal aus Interesse:
    Wer ist „Wir“?
    Was ist „zu viel“?
    Und was ist „zu billig“?

    • DerDieDas 6. Mai 2025, 11:28

      Mal aus Interesse:
      Bietet ihre VHS Kurse zum sinnerfassenden Lesen an?

      • VD 6. Mai 2025, 16:19

        Ach, yet another Troll

    • cimourdain 7. Mai 2025, 09:36

      Wahrscheinlich möchtest du diese Antwort:
      „Wir“ übersetzt sich mit „die Anderen“
      „zu viel“ mit „mehr als ich“ und
      „zu billig“ mit „so billig, dass es sich auch Leute, die weniger als ich verdienen, leisten können“. 😉

      • VD 7. Mai 2025, 10:09

        Eigentlich nicht 😉

        Ich finde es (als Individualist) immer etwas schwierig, wenn ein „Wir“ was fordert, da frage ich dann gerne mal nach wer dieses „Wir“ sein soll.
        Bei dem „zu viel“ ist das so eine Sache: Was ist angemessen (und wer definiert das)?

  • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 09:33

    Zu 1)

    Nehmen wir mal an, Du hättest Recht und das Gefühl wachsender Ungleichheit sei verbreitet und politisch wirksam (der letzte Teil verfehlt IMHO den Lackmustest – radikale Linke müssten genau davon in Wahlen europaweit massiv profitieren): Was genau soll und kann Politik tun, um diesem Gefühl wirksam entgegenzuwirken?

    Und ich biete – vorsichtig – eine alternative Interpretation an: Wenn die Alltagsversorgung der Menschen zusehends schechter funktioniert (Bahn, Strassenzustand, Wohnungsmarkt, Behörden, Arzttermine etc.), dann ist der Wunsch verständlich, mehr Geld zu haben, um (vermeintlich) besseren Zugang zu gewinnen. Genau das ist nach meinem Eindruck schleichend über viele Jahre in Deutschland passiert – aus welchen Gründen auch immer hat die Qualität öffentlicher und halböffentlicher Dienstleistungen abgenommen. Mit der persönlich erlebten Ausnahme von Bayern.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 10:05

      Die Linke müsste davon nicht zwingend profitieren, warum? Die Rechte kann davon auch profitieren.

      Ich sehe keinen Widerspruch in diesen Deutungen.

      • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 14:36

        Die angebotenen Deutungen verlangen völlig unterschiedliche politische Schwerpunkte?

        Und ja, die Linke müsste zwingend profitieren, nur sie verspricht eine gleichere Gesellschaft.

        • derwaechter 6. Mai 2025, 14:59

          Ich würde sagen, dass diese Wähler nicht auf Ungleichheit per se reagieren sondern auf (gefühlte oder tatsächliche) eigene Nachteile.
          Und dort punkten die Rechtspopulisten ganz besonders.

          • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 15:28

            Genau das.

          • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 17:16

            Ich würde sagen, dass diese Wähler nicht auf Ungleichheit per se reagieren sondern auf (gefühlte oder tatsächliche) eigene Nachteile.

            Wahrscheinlich richtig, nur geht es bei diesen Nachteilen nach meinem Eindruck häufig nicht ums Materielle. Stefans These bezieht sich aber ausdrücklich auf (gefühlte) Einkommensungleichheit.

            Gruss,
            Thorsten Haupts

        • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 15:27

          Nein, das tun die Rechten auch. Halt nur für Biodeutsche, aber das ist ja auch das Wählendenklientel.

          • Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 18:07

            Dass die Ungleichheit durch die Massenmigration deutlich steigen würde, schrieb ich hier schon vor über 10 Jahren in Artikeln und Kommentaren. Das war absehbar, denn ich bin nicht von Beruf Hellseher.

            D.h. wir haben das Anwachsen der Ungleichheit als Gesellschaft gewollt. Damals schrieb ich auch, dass diese Unterschiede nur eingeebnet werden könnten, in dem die Deutschen ihre Häuser und Einkommen mit den armen Zuwanderern teilen. Bisher hat das niemand politisch gefordert, obwohl Teile der politischen Linken das durchaus meinen. So sagte es damals übrigens der damalige Vorsitzende des Sozialverbandes, Ulrich Schneider, auch in einem Interview.

            Um das aber nicht so deutlich zu sagen, braucht man den Punchingball „die Reichen“, „Milliardäre“ usw.

            • Erwin Gabriel 6. Mai 2025, 19:37

              @ Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 18:07

              Dass die Ungleichheit durch die Massenmigration deutlich steigen würde, schrieb ich hier schon vor über 10 Jahren in Artikeln und Kommentaren.

              Innerhalb eines Jahres die Einwohnerschaft von Hamburg ins Land geholt, aber nicht die dazugehörige Infrastruktur,nicht die Lehrer, Ärzte, Pfleger, Kinderbetreuer etc, – wurde damals wirklich breit diskutiert hier.

            • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 08:49

              Die Ungleichheit ist schon WESENTLICH länger ein Problem. In den 00er Jahren war das Thema viel krasser auf der Agenda. Damals profitierte übrigens die LINKE.

              • Thorsten Haupts 7. Mai 2025, 09:27

                Stimmt. Was mich bei der Debatte immer am meisten amüsiert(e) ist die sichtbare Unehrlichkeit der Ungleichheitskritiker. Die operieren mit Multimillionären und Milliardären. Die im Alltag sichtbare Ungleichheit ist alleine aufgrund der Gruppengrössen aber die zwischen (einkommensabhängig) oberer Mittelschicht – die letzte Gruppe in ausreichender Grösse für Alltagswahrnehmung – und Unterschicht. Um die einzuebnen müsste man zwingend die Steuern für die obere Mittelschicht massiv anheben. Das allerdings traut sich keiner der Kritiker laut zu sagen.

                Denn eine Vermögenssteuer, Zwangsabgabe, was auch immer, wird weder die wahrgenommene Ungleichheit beeinflussen NOCH genügend aufbringen, um diese mit Transferleistungen auszugleichen.

                Deshalb hier erneut meine Frage an Stefan S, was denn genau sein Rezept gegen das Gefühl der Ungleichheit sein soll?

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 10:55

                  Aber der Unterschied zwischen Mittelschicht und Unterschicht wird doch auch gar nicht kritisiert?

                  • Thorsten Haupts 7. Mai 2025, 12:25

                    Wenn es ein „weit verbreitetes“ Gefühl der Ungleichheit gibt, kann sich das kaum auf Milliardäre beziehen, oder? Es gibt a) keine Möglichkeit, diesen unterschied auch nur annähernd auszugleichen und b) haben 99% der Leute mit dieser Gruppe keine Berührungspunkte.

                    • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 14:39

                      Im Osten haben wahnsinnig viele Leute praktisch keine Berührungspunkte mit Migrant*innen, was sie nicht davon abhält, sich echt von ihnen bedroht zu fühlen. Erneut, das spielt keine Rolle. Es ist Gefühl.

                    • Erwin Gabriel 7. Mai 2025, 15:21

                      @ Stefan Sasse 7. Mai 2025, 14:39

                      Es ist Gefühl.

                      Selbst wenn, hat Thorsten immer noch Recht. Gerade so neid-Apologeten wie Hubertus Heil oder Kevin Kühnert haben immer lautstark gefordert, dass „Besserverdienende“ stärker zu Kasse gebeten werden sollen; breite Schultern und so. Dass die das bereits tun, blieb stets unerwähnt.

                      Und wenn ich als Niedrig- oder Normalverdiener über die Straße laufe und „Reichtum“ sehe, ist das irgendeine angestelle Führungskraft mit E-Klasse oder BMW-SUV als Firmenfahrzeug.

                      Man hätte auch sagen können: Die sich aufklaffende Schere wird „nur“ von zwei Handvoll Milliardären getrieben.

                      Man hätte auch Maßnahmen ergreifen können, um die Schere von unten zu schließen – nicht automatisch über Mindestlohn, der eh größtenteils über die Steuerprogression wieder beim Finanzminister landet), sondern über moderne Bildungs- und Weiterbildungssysteme, Förderung zum Lernen, Sprach-und Mathekurse etc.

                      Aber um eine Verbesserung hat zuletzt die Regierung Schröder angestrebt, Merkel und Scholz haben nur Worthülsen produziert.

                    • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 15:54

                      Ich verstehe nicht, warum ihr gerade das Argument so hartnäckig ignoriert. Es geht nicht die Bohne darum, wie die Verteilung relativ ist, wer Schuld ist, welche Politikansätze besonders vielversprechend sind und vieles mehr. Wenn ein diffuses Gefühl vorherrscht, dass die Zustände unfair sind, dass man das kurze Ende gezogen hat und immer wieder aufs Neue zieht, dann sieht man das als Problem. Eine tolle Erklärung dafür ist, dass es die Einwander*innen sind, die daran schuld sind. Aber die politische Linke könnte theoretisch auch wieder das Reichenbashing für sich entdecken (und nein, ein gelegentlicher Heil oder Kühnert machen da keinen Sommer, da ginge viel viel mehr, wenn man wöllte – nicht, dass das zwingend klug wäre).

                    • Thorsten Haupts 7. Mai 2025, 18:32

                      Okay. Ein Gefühl wird politisch wirksam ist Deine These. Verstanden. Und nun?

                    • Stefan Sasse 8. Mai 2025, 12:32

                      Dasselbe wie bei der Migration auch: die demokratischen Parteien brauchen eine Antwort darauf.

                    • Erwin Gabriel 12. Mai 2025, 18:01

                      @ Stefan Sasse 7. Mai 2025, 15:54

                      Ich verstehe nicht, warum ihr gerade das Argument so hartnäckig ignoriert.

                      Tun wir das? Du sagst, dass da ein „Gefühl“ wirksam wird, dass viele Menschen haben, und unsere Antwort ist: Ja, ein Gefühl, keine wirklichen Fakten, aber die Politik, von der Du eine Antwort erwartest, hat dieses Gefühl erst maßgeblich erzeugt und gefördert.

                    • Stefan Sasse 13. Mai 2025, 09:20

                      Dasselbe könnte ich aber über die Migrationsgeschichte auch sagen.

              • Stefan Pietsch 7. Mai 2025, 12:04

                Das Problem beginnt damit, dass Du wie viele keinen Unterschied zwischen Einkommens- und Vermögensungleichheit machst. Die Vermögensungleichheit wächst in Deutschland de facto nicht. Und es ist hier wie sonst in keinem anderen Land eine Definitionsfrage, wie groß diese überhaupt ist. Die Deutschen erwarten (für mich aus unerfindlichen Gründen) vom Staat, dass er ihnen das Altersgeld sichert, statt Häuser zu bauen, zu sparen und in Aktien zu investieren. Das macht sie arm, aber das ist – man muss es so deutlich sagen – nicht die Schuld der wenigen Millionäre und Milliardäre im Land. Der Neid darauf ist nur die Weigerung einzugestehen, ziemlich viel Mist bei der eigenen Vermögensbildung gemacht zu haben.

                Die Einkommensungleichheit ist zwischen 1995 und 2005 spürbar gewachsen. Das ist aber inzwischen 20 Jahre her. Wenn die Deutschen sich über Ungleichheit beklagen, dann wegen Gründen, die nur durch eine liberalere Politik zu bekämpfen wäre. Also genau das, was die meisten nicht wollen. Der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen ist in der bundesrepublikanischen Geschichte auf einem Allzeithoch, die Gewinne damit auf einem historischen Tief. Die Selbständigkeit ist ebenfalls auf einem historischen Tief, die Bautätigkeit ebenso.

                Meinst Du „More of the same“ würde die Deutschen reicher und gleicher machen? 2002 hatten Bürger und Politik die Einsicht, dass sich vieles gravierend ändern müsste. Diese Einsicht ist heute nicht vorhanden.

                • Erwin Gabriel 7. Mai 2025, 15:23

                  @ Stefan Pietsch 7. Mai 2025, 12:04

                  Auf den Punkt!

    • Lemmy Caution 6. Mai 2025, 15:13

      Gerade unter den Niedriglöhnern trauen ja viele den Linken nicht mehr.
      Marine Le Pen, die AfD, PPV in Niederlanden, Javier Milei oder Jo Kaiser (Chile) sind gerade bei Niedriglöhnern sehr beliebt.

    • DerDieDas 6. Mai 2025, 15:47

      Zu 1: Was kaum einer weiß: Deutschland ist neben Ländern wie den USA und Mexiko eine der ungleichsten Demokratien der Welt und hat sich von einer Leistungsgesellschaft zu einer Erbengesellschaft entwickelt, in der weniger als die Hälfte aller privaten Vermögen im Laufe des eigenen Lebens aufgebaut wurde. Der größere Teil des Vermögens besteht aus Erbschaften und Schenkungen. Es liegt in einer Demokratie nahe, dass die Mehrheitsgesellschaft gegen diese Ungerechtigkeit protestiert und dass sie wie die Wissenschaft (!) nach Besteuerung oder Abgaben ruft. Aber das tut sie nicht.
      PS: Die Vermögensungleichheit in den USA ist schon länger größer als 1929 und größer, als sie zu Zeiten der französischen Revolution 1789 war.

      Zu 4: Statt einfach «nur» Wirtschaftslobby in Regierung zu sein, entscheidet sich die Union diesmal dafür, der Wirtschaft die Ministerien gleich direkt zu übergeben.
      Und dann noch einen rechtsextremen Kulturstaatsminister, der sich «Sorgen um die ‚Fortdauer des eigenen Bluts‘ und die ‚biologische Selbstaufgabe‘ Europas» macht und von dem selbst die FAZ sagt, dass «er der falsche Mann am falschen Platz ist. Um es gelinde zu sagen» …
      Die Union gibt sich wirklich alle Mühe, die beste Wahlhelferin der Rechtsextremen zu sein.

    • Erwin Gabriel 6. Mai 2025, 19:33

      @ Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 09:33

      1) Was der Kanzler kann

      Nehmen wir mal an, Du hättest Recht und das Gefühl wachsender Ungleichheit sei verbreitet und politisch wirksam (der letzte Teil verfehlt IMHO den Lackmustest …) …

      Zustimmung!

      Was genau soll und kann Politik tun, um diesem Gefühl wirksam entgegenzuwirken?

      Ihren Job machen!

      Wenn die Alltagsversorgung der Menschen zusehends schechter funktioniert (Bahn, Strassenzustand, Wohnungsmarkt, Behörden, Arzttermine etc.), dann ist der Wunsch verständlich, mehr Geld zu haben, um (vermeintlich) besseren Zugang zu gewinnen. Genau das ist nach meinem Eindruck schleichend über viele Jahre in Deutschland passiert – aus welchen Gründen auch immer hat die Qualität öffentlicher und halböffentlicher Dienstleistungen abgenommen. Mit der persönlich erlebten Ausnahme von Bayern.

      Auch hier: Zustimmung zur allgemeinen Situation und zu Bayern. Deckt sich mit meinen Erfahrungen.

  • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 09:36

    Zu 4) Wir essen ohnehin zu viel Fleisch …

    Ach tatsächlich? Zu viel gemessen an welchem Kriterium genau?

    • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 10:05

      Gesundheitlich, Belastung der Umwelt und des Klimas, relativ zu früher, …

      • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 14:34

        Deutschland ist beim Fleisch Nettoexporteur, Umweltbelastung beim Inlandsverzehr müsste man mir also nachweisen. Bei der Klimabelastung ist die Art des Fleisches und die Haltungsform entscheidend, nicht so sehr die Menge. Und was die Gesundheitsbelastung angeht – es gibt meines Wissens nach keine seriöse Studie, die das belegt. Die in den Qualitätsmedien hochgejazzten Studien sind nicht in der Lage, die angebliche Gesundheitsgefährdung von Fleisch von ungesünderem Lebensstil allgemein zu trennen (Vielfleischesser sind häufiger als der Durchschnitt auch Raucher und Vieltrinker).

        Relativ zu früher ist lustig. Relativ zu früher haben wir von absolut allem „zuviel“. Das ist allerdings kaum ein haltbares politisches Argument.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • DerDieDas 6. Mai 2025, 15:48

          – Aktuell werden 14 % der in Deutschland verkauften Lebensmittel in Deutschland produziert
          – 70 % des Gemüse- und 80 % des Obstbedarfs wird heute aus ausländischen Quellen gedeckt.
          – Für die Futtermittelproduktion wird 60 % der landwirtschaftlichen Fläche genutzt → Die deutsche Landwirtschaft hat nur noch einen kleineren Anteil an der deutschen Lebensmittelversorgung jenseits der Fleischproduktion
          – Im Jahr 2022 gingen 45 % der in Deutschland gezüchteten Schweine ins Ausland und alleine fast 12 % nach China
          Fazit: Uns ernähren eher ausländischen Landwirte, während unsere Landwirte das Ausland mit Fleisch versorgt.
          PS: Bonus-Fakt: Hauptursache für den alarmierenden Nitratgehalt im Grundwasser ist die Landwirtschaft, weil die Felder mit Gülle aus der Viehzucht gedüngt werden. Deutschlands Wasserversorger warnen vor steigenden Kosten bei der Trinkwassergewinnung, weil sie in manchen Gegenden immer höhere Nitratwerte im Rohwasser finden.

          • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 15:57

            Und wir haben noch gar nicht beim Thema Tierwohl angefangen.

            • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 17:18

              War und ist nur alles nicht das Thema. Das da lautet: Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschäden durch Fleischverzehr. Was ich bisher gelesen habe, hat micht nicht überzeugt.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

          • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 23:11

            Aktuell werden 14 % der in Deutschland verkauften Lebensmittel in Deutschland produziert

            Da Deutschland eine Selbstversorgungsrate mit Lebensmitteln von über 80% hat, ist diese Zahl frei erfunden.

            Für die Futtermittelproduktion wird 60 % der landwirtschaftlichen Fläche genutzt …

            Propagandawert. Mehr als die Hälfte dieser ominösen 60% sind Grünflächen (=Gras), die gar nicht anders nutzbar sind. Die Futtermittelerzeugung geschieht auf knapp 4 Millionen der 11,5 Millionen Hektar echter landwirtschaftlicher Anbaufläche.

            Und damit haben wir einen weiteren Dauer-Nichtmitdiskutanten aka Troll. Den ich zukünftig ignorieren werde.

  • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 09:50

    Zu i)

    Wenn die Union sich nicht – wirklich radikal – geändert hat, sagt das vorgestellte Szenario mehr über die phantastischen Vorstellungen des Autors, als über die Verhältnisse in der CDU/CSU.

  • DerDieDas 6. Mai 2025, 09:50

    Zu 1: Was kaum einer weiß: Deutschland ist neben Ländern wie den USA und Mexiko eine der ungleichsten Demokratien der Welt und hat sich von einer Leistungsgesellschaft zu einer Erbengesellschaft entwickelt, in der weniger als die Hälfte aller privaten Vermögen im Laufe des eigenen Lebens aufgebaut wurde. Der größere Teil des Vermögens besteht aus Erbschaften und Schenkungen. Es liegt in einer Demokratie nahe, dass die Mehrheitsgesellschaft gegen diese Ungerechtigkeit protestiert und dass sie wie die Wissenschaft (!) nach Besteuerung oder Abgaben ruft. Aber das tut sie nicht.
    PS: Die Vermögensungleichheit in den USA ist schpn länger größer als 1929 und größer, als sie zu Zeiten der französischen Revolution 1789 war.

    Zu 4: Statt einfach «nur» Wirtschaftslobby in Regierung zu sein, entscheidet sich die Union diesmal dafür, der Wirtschaft die Ministerien gleich direkt zu übergeben.
    Und dann noch einen rechtsextremen Kulturstaatsminister, der sich «Sorgen um die ‚Fortdauer des eigenen Bluts‘ und die ‚biologische Selbstaufgabe‘ Europas» macht und von dem selbst die FAZ sagt, dass «er der falsche Mann am falschen Platz ist. Um es gelinde zu sagen» …
    Die Union gibt sich wirklich alle Mühe, die beste Wahlhelferin der Rechtsextremen zu sein.

  • Regina 6. Mai 2025, 09:58

    @Stefan Sasse
    Was wäre deine Antwort auf #1? Andere Kommunikation? Andere Politik? Kannst du das etwas ausführen?

    • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 10:07

      Ich habe keine Musterlösung. Ich glaube auch nicht, dass es eine gibt. Ich bin noch nicht 100% sicher, inwieweit ich Ezra Kleins „Abundance“-Argument zu folgen bereit bin, aber es geht zumindest in eine richtige Richtung. Das spricht Stefan Pietsch mit Thorsten Haupts ja auch an: die Daseinsvorsorge muss funktionieren. Das wäre wirklich mal ein absolutes Grundlagending.

  • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 10:00

    Zu 2) Aber die Politik hat deutlich mehr Macht als die Wirtschaft.

    Aber klar doch. In Demokratien allerdings nur bis zu genau dem Punkt, an dem es zu sicht- und fühlbaren Wohlstandsverlusten kommt. Danach sind dann die machtausübenden Politiker bei der nächsten Wahl weg vom Fenster.

    Unabhängig davon verstehe ich die Diskussion – die auch in der kleinen Blase unabhängiger Liberaler in den USA läuft – ohnehin nicht. Es ist weder Aufgabe noch Zweck von Finanzmärkten, Demokratie zu „retten“.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • Skythe 6. Mai 2025, 10:02

    Wie ironisch es wäre, wenn ein Mann namens „Weimar“ (sorry, Weimer) der letzten demokratischen Regierung vor dem 4. Reich angehörte.

    • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 10:08

      Nicht sonderlich, ehrlich gesagt, mal davon abgesehen dass ich kein viertes Reich wetterleuchten sehe.

  • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 10:17

    Zu g)

    Warum lügt Anpalagen eigentlich bei einem Thema, bei dem jede/r leicht nachlesen kann, was geschrieben wurde:
    https://www.reporter-ohne-grenzen.de/nahaufnahme/2025
    Zitat:
    „Insgesamt 89 Angriffe auf Medienschaffende konnten dokumentiert und geprüft werden (2023: 41). 75 davon waren Angriffe wie Tritte oder Stoßen, aber auch das Bewerfen mit Gegenständen. 38 Fälle körperlicher Gewalt ereigneten sich allein auf Nahostdemonstrationen in Berlin. 21 weitere Angriffe kamen aus dem verschwörungstheoretischen und rechtsextremen Umfeld.“

    Also sind es nicht die Gefahren aus dem rechtsextremen Milieu, sondern Angriffe der Pali-„Freunde“, die Journalisten mit einer fast doppelt so hohen Frequenz bedrohen. Und die sind eher weniger rechtsextrem …

    Und dann misst der Index offenbar auch die Memmenhaftigkeit der Leute als Gefahr für Pressefreiheit:
    „Viele Journalist*innen äußern zudem Angst vor Bloßstellung in anderen Medien und auf Social Media.“
    Hmm, Augen auf bei der Berufswahl?

    Last but not least – Veränderungen um einen Rang sind ungefähr so aussagefähig wie „x nimmt um 1% zu“ – Scheinveränderungen, weisses Rauschen. Das geht in Richtung des WELT-Artikels.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • Skythe 6. Mai 2025, 10:49

    c) würde ich ja gerne lesen. Aber dafür registiere ich mich doch nicht beim Space-Nazi.

    • derwaechter 6. Mai 2025, 14:14

      Ja, ich habe das auch schon des öfteren angemerkt und verstehe wirklich nicht, warum Stefan den immer noch so unterstützt.

      @Stefan um Threads lesen zu können muss man angemeldet sein.

      • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 14:29

        Ich hab in letzter Zeit immer wieder darüber nachgedacht zu gehen, aber dann sehe ich wieder einige Sachen, die es so halt echt nur auf der Plattform gibt. Und heute angesichts der Ereignisse um die Merzwahl sieht man den Wert auch wieder.

        • derwaechter 6. Mai 2025, 15:08

          Also ich habe mich bei Bluesky und diverser Ticker der etablierten Medien mehr als ausreichend und rechtzeitig informiert gefühlt und verschiedene Einordnungen gesehen. So sehr, dass ich heute deutlich weniger gearbeitet habe als ich eigentlich wollte 🙂

          Welchen Mehrwehrt bietet X denn da noch? Und v.a. zu welchem Preis?

          Und es ist natürlich noch mal etwas anderes Inhalte von dort aktiv zu teilen, insbesondere wenn diese, wie ganze Threads, einloggen zwingend erforderlich machen.

          • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 15:28

            VIelleicht ist es nur meine Timeline, aber ich hab da bei X deutlich mehr und bessere Quellen als bei Bluesky.

            • derwaechter 6. Mai 2025, 17:05

              Das kann ich mir schon vorstellen. Ich war weder dort noch bei Bluesky so aktiv im kuratieren meiner Timeline. Aber wie gesagt, ich hatte heute zur Kanzlerwahl wahrlich kein Bedürfnis nach noch mehr Quellen.

    • cimourdain 6. Mai 2025, 14:35
      • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 19:27

        Nitter war mal komplett down. Sind die wieder online?

        • cimourdain 7. Mai 2025, 09:04

          m.W. ging das schon mehrfach an und aus, deswegen probiere ich es einfach immer mal wieder aus.

    • Lemmy Caution 6. Mai 2025, 15:18

      Die super-eloquente Vero Wendland hat einige aktuelle und interessante Interviews auf youtube.
      https://www.youtube.com/results?search_query=Vero+Wendland
      Mich überzeugt die Frau übrigens.

  • cimourdain 6. Mai 2025, 15:05

    i) Du schreibst von „House of Cards“ und das Parlament sieht das als Aufforderung zu mehr Drama …
    https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2025/kw19-de-kanzlerwahl-1062470

    • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 23:20

      Ein Vierstundendrama. Dessen Exegese in den Qualitätsmedien uns ungefähr weitere zwei Wochen beschäftigen wird (mich ausgenommen).

      • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 08:58

        Nope, das ist morgen vergessen.

        • derwaechter 7. Mai 2025, 10:54

          Kommt drauf an. Wenn es ab jetzt einigermassen geschlossen und erfolgreich weitergeht, dann ja, wenn nicht, dann wird man sich da wohl noch häufiger drauf beziehen.

        • cimourdain 7. Mai 2025, 10:58

          Erst wenn alle Flachwitze darüber gemacht worden sind. Ich fang mal an: „Deutschland ist so arm, das kann sich nur eine Regierung 2. Wahl leisten.“

          • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 11:02

            😀

          • Dobkeratops 7. Mai 2025, 15:08

            Für Merz ist das doch ein klarer Fortschritt. Als CDU-Chef war er schließlich noch 3. Wahl.

          • Erwin Gabriel 7. Mai 2025, 15:28

            @ cimourdain 7. Mai 2025, 10:58

            „Deutschland ist so arm, das kann sich nur eine Regierung 2. Wahl leisten.“

            🙂 Top !!!

            Wenn es hilft, dass die USA oder die EU geringere Forderungen erheben, war es das wert.

  • Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 17:45

    3) Eine konservative Öffnung könnte der Kultur nutzen

    Auf eins können sich sicher alle einigen: Wolfram Weimer, der drei Jahre vor mir am Grimmelshausen Gymnasium in Gelnhausen Abitur gemacht hat, ist das Kontrastprogramm zur Antisemitin Claudia Roth. Und damit ist zumindest sichergestellt, dass es unter Weimer nicht steuergeförderte Skandale geben wird. Das könnte man auch als Linker gutheißen.

    Dazu ist Weimer Intellektueller und Freigeist. Er hat das Debattenmagazin Cicero aufgebaut und es zu einem konservativen Klasse-Magazin gemacht. So jemand wird dem am Subventionstropf des Steuerzahlers hängenden Kulturbetrieb Beine machen.

    Es gab in Deutschland keinen Rechtsruck. Es gab vor zehn Jahren nur die Fehlinterpretation der Linken, dass die Deutschen zu ihnen gerückt seien. Doch das haben schon die Wahlergebnisse nie hergegeben.

    • Stefan Sasse 6. Mai 2025, 18:02

      Zur Antisemitin Claudia Roth, Alter.

      • Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 20:15

        Claudia Roth ist eindeutig ein Verdachtsfall, wenn nicht gesichert antisemitisch.

        Sie pflegt enge Kontakte mit Politikern des Mullah-Regimes.
        2019 stimmte sie als eine der ganz wenigen Abgeordneten dagegen, die antisemitische BDS-Bewegung zu bekämpfen.
        Sie verantwortete den Skandal um die antisemitisch missbrauchte Documenta Fifthteen.
        Ihr engster Mitarbeiter im Kulturministerium ist ebenfalls ein antisemitscher Verdachtsfall.

        Eindeutig das:
        Im Februar 2024 wurden im Zusammenhang mit der Berlinale-Preisverleihung Antisemitismusvorwürfe laut. Roth sagte am folgenden Tag, man werde die Vorkommnisse bei der Preisverleihung aufarbeiten. Roths Distanzierung wurde mit Verweis auf Aufnahmen kritisiert, die sie nach einer Rede der Regisseure Basel Adra und Yuval Abraham, in der Israel „Apartheid“ vorgeworfen wurde, klatschend im Publikum zeigen.

        Entweder ist die Frau viel zu naiv und blöd für die Politik. Oder sie ist eine Judenfeindin.

      • Stefan Pietsch 7. Mai 2025, 13:15

        Erste Amtshandlung von Wolfram Weimer: Er feuert den Antisemiten Andreas Görgens, Mastermind von Claudia Roth. Dafür hat sich schon seine Ernennung gelohnt.

  • Stefan Pietsch 6. Mai 2025, 17:51

    4) Landwirtschaftsminister Alois Rainer: Wer ist »der schwarze Metzger«?

    Wieso muss Fleisch teuer werden? Fleisch ist – und soll – so teuer oder billig sein, wie es der Markt hergibt. Der Markt bestimmt den Preis. Wie übrigens bei Bananen und Müsli auch.

    a) “Adolescence”: Warum das Thema toxische Männlichkeit in den Unterricht gehört – die Serie selbst aber eher nicht (News4Teachers). Nochmal zu der Debatte.

    Toxische Männlichkeit von Migranten wäre ich einverstanden. Nur versuch‘ das mal inzwischen an einer deutschen Schule.

    d) Der Kulturkampf geht weiter. (Twitter)

    Orwell-Sprech: Verzicht auf Sondersteuern für Lebensmittel ist Kulturkampf.

    g) Deutschland und Pressefreiheit (Twitter).

    Ja. Aber nach Ansicht deutscher Beamten darf man ja alles sagen. Is‘ ja nicht so, dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt würde.

  • Erwin Gabriel 6. Mai 2025, 19:12

    1) Was der Kanzler kann

    Privates Vermögen trumpft öffentlichen Reichtum. Reich sein ist gut, Steuern sind schlecht. Wer sein Traumhaus besitzt, lebt das gute Leben und hat alles richtig gemacht – bloß dass, so meine Erfahrung, meistens ein Alp- davor gehört, denn Besitz und Geld belasten die Seele. Zuwenig logischerweise auch, die Mitte macht’s.

    Ich habe beim Lesen Zahnweh gekriegt. Wenn zu viel Geld schlecht ist und zu wenig Geld auch, was zum Teufel ist die Mitte, die es macht? Ist die für alle gleich? Wer legt die fest? Etwa der Staat? Nimmt denen weg, die seiner Meinung nach zu viel haben,gibt denen, die seiner Meinung nach nicht genug haben, und lebt gut von dem, was überbleibt? Klingt nach dem feuchten Traum der SPD und der Linken. Klingt schon sehr nach Gleichmacherei.

    Ich halte es für einen absolut unterbeleuchteten Punkt, wenn es um den Vertrauensverlust der Demokratie und der demokratischen Parteien geht, dass soziale Ungleichheit weitgehend ignoriert wird. Dafür spielt es auch keine Rolle, ob sie nun wirklich schlimmer geworden ist oder nicht – das verbreitete Gefühl ist, dass sie es ist, …

    Wo kommt das her? Wer erzählt den ständig das Märchen, dass es „schlimmer“ wird? Das ist klar ein linkes Thema.

    Für mich aus unterschiedlichen Gründen nachvollziehbar:
    Zum einen erfolgt die Definition von „Armut“ aus einer Abweichung vom Median. Das bedeutet, dass es immer „Arme“ geben wird, geben muss – und zwar losgelöst von der Bedürftigkeit. Und kein Linker oder Grüner, kein Staatshöriger konnte mir je erklären, wann ein vom Staat bzw. der Gemeinschaft Versorgter seiner Meinung nach „genug“ hat; aber jeder hatte eine Erklärung parat, ab wann „Reiche“ so viel haben, dass der Staat bedenkenlos zugreifen kann.

    Wenn dann zwei Handvoll Milliardäre ihr offizielles Vermögen verdoppeln (was in der Regel wenig Auswirkungen hat, weil das Geld in Aktien, Unternehmen etc. angelegt ist, die nur ihren Handelswert verändern), hat man wieder gleich aufgrund der Median-Entwicklung Tausende Leute mehr in „Armut“, obwohl sich ihr Leben nicht verändert hat.

    Zum anderen ist es so, dass es Parteien gibt, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, den Armen zu helfen. Es muss aus deren Selbstverständnis, aus deren Daseinszweck immer Menschen geben, die hilfsbedürftig sind, weil diese Parteien sonst ihr Selbstverständnis und ihre Existenzberechtigung verlieren. Deren Narrativ ist, dass die einen „zu viel“ haben, während ihre Klientel zu kurz komme, und es das Handeln der bösen Reichen sei, dass Arme arm sind, die Armut (relativ, wie sie nun mal ist) aber nie eine Folge eigenen Handels Unterlassens ist, nie eine Folge eigener Entscheidungen, eigener Bequemlichkeit etc. Das ist, was ich hier stets als Neiddebatte bezeichne, angefeuert von Apologeten wie Hubertus Heil, Kevin Kühnert, Sahra Wagenknecht oder seit neuestem Heidi Reichinnek.

    Keine Frage – natürlich gibt es genug Menschen mit physischen oder psychischen Einschränkungen, problematischen Berufen (als Bergmann mit 55 Jahren entlassen etc.), die unsere Unterstützung selbstverständlich verdienen; die kriegen sie dann aber auch.

    Und wenn es jetzt z.B. so übel auf dem Wohnungsmarkt aussieht, dass selbst Normalverdiener sich extrem schwer tun, eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist das bitter, aber kein „Verdienst“ von „Reichen“, sondern eine Folge von falscher Politik und überbordender Bürokratie; beides trifft Arbeitslose und Gutverdiener,wenn auch auf anderem Niveau.

    Aber grundsätzlich sollte doch jeder mit dem Antrieb durchs Leben gehen, sich selbst auf eigene Füße zu stellen,auch mit der Option, durch Einsatz und Arbeit sein Leben (auch finanziell) zu verbessern. Aber das Narrativ, dass ich ständig höre, ist nicht „Erfolg ist geil“ o.ä., sondern „hast Du viel Geld, hast Du es zu Unrecht und man muss es Dir wegnehmen“.

    und Liberale und Konservative müssen sich hier vorwerfen lassen, denselben Fehler zu begehen wie die Progressiven im Umgang mit der Migration: man kann noch so viele Daten und Fakten nennen und erklären, dass man es schaffen kann; wenn das verbreitete Gefühl eines von „das Boot ist voll“ ist, kommt man dagegen nicht an.

    Das ist kein Thema, dass von konservativ und liberal gegen links getrieben wurde. Als die große Flüchtlingswelle 2014 losging, gab es eine breite Unterstützung quer durch alle Teile der Bevölkerung; die Trennung war nicht reich vs. arm, rechts vs. links, sondern entwickelte sich als Ost vs. West.

    Aus meiner Wahrnehmung war der Grund dafür, dass der Osten jahrzehntelang (soll heißen: vom Mauerfall bis heute) vernachlässigt wurde. Man pumpte zwar extrem viel Geld in neue Straßen, Gebäude etc., aber gleichzeitig erzählte man den Leuten, dass ihre Unternehmen, ihre Firmen, ihre Arbeitsplätze (und indirekt sie selbst) nichts wert waren. Sozialhilfe und Renten waren niedriger im Osten (Kanzler Kohl hatte die Ostbevölkerung in unser System übernommen, obwohl sie dort nie einbezahlt haben; einen finanziellen Ausgleich schuf er aber auch nicht). Und nun kommen Flüchtlinge, kriegen alles hinten reingeschoben bla bla bla.

    Kurz: der Osten wurdeeinerseits auf extreme Weise finanziell gepampert, während man anderseits die Menschen vernachlässigte, ihnen den Stolz und zum Teil die Würde nahm, ihr Lebenswerk kleinredete, sich der Westen als Sieger aufspielte (alöshätten die Ostdeutschen eine Chance, eine Wahl gehabt).
    Wenn all die früheren PDS-Fans nun mit Fleiß die AfD wählen, ist das Scheitern des Migrations-Themas, anders als von Dir geschildert, kein Ding, dass die Konservativen und Liberalen zu verantworten haben. Nun rächt sich, dass der Staat trotz jahrelanger Ankündigung unvorbereitet war, nicht mal ansatzweise versucht hat, die vielen Flüchtlinge zu integrieren, dass er ihnen Geld gab, aber Arbeit verweigerte.

    Überleg mal, was passiert, wenn Du in ein anderes Land auswanderst, man Dir als Sozialhilfe ein Mehrfaches von dem gibt, was Du hierzulande verdient hast, aber Dir sogar verbietet zu arbeiten. Wenn Du dann halb so alt wärst wie heute, würdest Du auch Flausen im Kopf haben und Dich gleichzeitig wir ein König und verarscht vorkommen.

    • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 08:51

      Du bestätigst meinen Punkt. NAtürlich kann man ganz viel rationalisieren. Abweichung vom Median, Arme gibt es immer, etc. etc. Macht auch alles Sinn. Nur: wenn du zu der Abweichung vom Median nach unten gehörst, ist dir das scheiß egal. Genauso wie dir egal ist, dass die Migration aus Grund X, Y und Z gar nicht so schlimm ist, wenn du Angst vor dem Betreten des Hauptbahnhofs hast.

      Mir ist völlig klar, warum Menschen so ticken, wie du so ausführlich (danke dafür!) beschrieben hast. Nur: das ist ja gerade der Punkt. Leute fühlen, wie sie fühlen, und Politik ignoriert manche Themen. Die Progressiven haben das mit der Migration ignoriert. Die Konservativen und Liberalen das mit der Ungleichheit, Gerechtigkeit, nenn es, wie du willst.

    • cimourdain 7. Mai 2025, 09:43

      Mathematische Rhetorikkritik: „Wenn dann zwei Handvoll Milliardäre ihr offizielles Vermögen verdoppeln […]“ ändert das zwar den Mittelwert, aber nicht den Median.

      • Erwin Gabriel 7. Mai 2025, 15:32

        @ cimourdain 7. Mai 2025, 09:43

        Mathematische Rhetorikkritik: „Wenn dann zwei Handvoll Milliardäre ihr offizielles Vermögen verdoppeln […]“ ändert das zwar den Mittelwert, aber nicht den Median.

        Hast Recht. Danke!

  • Thorsten Haupts 6. Mai 2025, 20:20

    Zu f)

    Ah. Jemand hat die uralte neomarxistische These wieder ausgegraben, dass Kapitalismus=Faschismus=Nationalsozialismus und den dazugehörigen „Beweis“ (Tochterfirmen amerikanischer Konzerne verkauften an deutsche Behörden). Mann, diese Argumentation wurde irgendwann in den fünfzigern geboren und u.a. durch die DDR-Geheimdienste promotet, aber offenbar ist dieses Verschwörungsgeraune nie totzukriegen.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 08:56

      Furchtbar. Und so schlechte Geschichtswissenschaft noch dazu, wenn man das Wort da überhaupt verwenden will.

      • Thorsten Haupts 7. Mai 2025, 10:21

        Wenn ich daran denke, dass die NDS mal links UND seriös waren (lange ist es her) – haben die einen Abstieg hinter sich. Uff.

  • Dennis 6. Mai 2025, 20:28

    3)
    Muss man sich wohl so ähnlich vorstellen wie früher mal Kohls „geistig-moralische Wende“. Es ging es darum, dem rechten Flügel einen Knochen hinzuwerfen, damit die was zum knabbern hatten. War halt nur wenig Fleisch dran und das kam auch nie ran. Nur gab es da noch keinen speziellen Beauftragten für die gewünschte Lufthoheit im bildungsbürgerlichen Milieu.

    Diese Idee hatte dann der Schröder. Eine Symbolfigur als Projektionsfläche für die Abteilung Mätzchen und Gedöns. Jemand aus dem links-liberalen Milieu (Herr Naumann, später Nida-Rümelin) sollte die Wirtschaftspolitik à la Thatcher „kulturell“ nach links absichern; genial^.

    Könnte jetzt auch so ähnlich sein. Aus der Sicht rechter Kreise hat sich der Merz ja quasi von den Sozen und was die GG-Änderung angeht sogar von den Grünen im Betreff der harten Sachen (Schulden und so) über den Tisch ziehen lassen. Aber dafür kommt für die weichen Themen jetzt jemand ordentlich old-school daher. Warum nicht. Linke Schnappatmung und rechte Orgasmen an dieser Stelle. Kann man hinnehmen, IMHO.

    • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 08:57

      My point exactly.

    • cimourdain 7. Mai 2025, 17:10

      Eine originelle Verbindung zwischen zwischen Michael Naumann und Wolfgang Weimer: Der Eine hat den Anderen als Cicero-Chefredakteur beerbt und der Andere den Einen (mit Verzögerung) als Kulturstaatsminister.
      Nach politisch-medialer Erbfolge sind sie damit jeweils ihr eigener Großvater.

  • cimourdain 7. Mai 2025, 09:32

    2) Ein Bild zur Erklärung: Die Finanzmärkte sind der Kanarienvogel. Wenn die anfangen zu husten, muss die Politik ganz schnell umdrehen (wie im Fall Trump geschehen), bevor es dem zarten Pflänzchen „Wirtschaft“ auch schlecht geht.

    3) i) Lesekritik: Ein verlinkter Tweet (Stöcker) bezieht sich nur indirekt auf Weimer und direkt auf den zukünftigen Staatssekretär im Innenministerium Christopher de Vries.
    ii) Vielleicht ist das auch eine Krisenchance, dass „die“ Kulturszene angesichts eines gemeinsamen Feindes von Rechts als „Leviathan“ ihr cancel-culture Wildwestgebaren (einer „geht nicht“ wegen dummer Tweets, der andere wegen me2-Geschichten vor 30 Jahren, oder Verwendung „böser“ Worte, oder Israelkritik, oder…) aufgibt.
    iii) Denn wenn der Geldtopf (2 Mrd €, u.a. die Filmförderung) sparsamer bestückt wird, findet sich vielleicht auf mehr kritische Distanz zum Staat.
    iv) So wie bei dem in FS 1) erwähnten Tomi Ungerer (was mich gefreut hat). Ich zweifle nur daran, dass Minkmar einen aktuellen Künstler, der derart provokante und verstörende Grafiken und Karikaturen produziert, auch so loben würde.
    v) Wider mal hast du mir ein Zitat geliefert, das schnell in die falsch Richtung losgehen kann: “ Letzten Endes ist das, was hier passiert, Demokratie. Die Republik hat einen Rechtsruck erlebt, und die Mehrheit hat dafür gestimmt, dass dieser stattfindet. Also kriegen wir ihn.“

    4) Ganz ehrlich hat auch Özdemir als Landwirtschaftsminister wenig gerissen. Der (sowieso schon deutlich gedämpfte) Versuch, im Mai 2024 das Tierschutzgesetz zu verschärfen, ist an Sommerpause und Ampelaus gescheitert.

    • Stefan Sasse 7. Mai 2025, 10:56

      4) Das meine ich ja. Da kannst nicht so tun als hätte der nen ideologischen Kreuzzug geführt oder so.

  • Ralf 8. Mai 2025, 15:24

    Erzählen Rechte ein optimistisches, hoffnungsfrohes Narrativ, das attraktiv ist? Aber ja.

    Rechte erzählen ein optimistisches hoffnungsfrohes Narrativ?

    • Stefan Sasse 8. Mai 2025, 16:59

      Aber klar. Wenn man sie wählt, machen sie das Land sicherer und gerechter. Es entsteht eine Blüte der Kultur, Meinungsfreiheit wird herrschen und das deutsche Volk steht stark zusammen gegen die Gefahren von außen. Du musst deren Kommunikation mal anschauen.

      • Ralf 8. Mai 2025, 23:00

        Da haben wir eine völlig unterschiedliche Wahrnehmung. Ich sehe null positive Vision bei Konservativen. Nur Pessimismus. Und ich sage das ausdrücklich als jemand, der zumindest einen guten Teil dieser Perspektive – wenn auch zähneknirschend – teilt. Konservative haben das Ziel den Verfall zu verlangsamen. Im besten Fall das hier und jetzt – ein Zustand, mit dem niemand zufrieden ist, inklusive den Konservativen – einzufrieren:

        Sicherheit zu verbessern bedeutet, die Wahrscheinlichkeit zu verringern, Opfer zu werden. Das gibt mir kein positives Erlebnis. Es vermeidet lediglich ein potentiell negatives Erlebnis. Bis in höheres Alter arbeiten, Wochenarbeitszeit verlängern, Freiheiten am Arbeitsplatz wie Home Office abbauen, arbeiten auch wenn man krank ist: Sind alles keine positiven Aspekte – auch wenn manches notwendig ist. Wehrpflicht? Von der jungen Generation verlangen, dass sie für die Alten sterben soll. Auch keine positive Botschaft. Finanzen? Die Gesellschaften sollen sparen. Abbau von Sozialstaat. Abbau von staatlichen Leistungen. Abbau von öffentlichem Service. Von Optimismus keine Spur. Härtere Migrationspolitik und mehr Abschiebungen? Im besten Fall werden damit – ähnlich wie bei der Sicherheitspolitik – Probleme reduziert. Aber es wird kein unmittelbarer Gewinn geschaffen. Konservative Kultur? Was hilft es meiner Situation, wenn mein schwuler Nachbar nicht mehr heiraten darf? Wo profitiere ich, wenn die Frau im Haus gegenüber keine Abtreibung mehr bekommen kann? Verkehrspolitik? Statt den Sprung ins kalte Wasser zu wagen, eisern am einstürzenden Markt für Verbrenner festhalten. Und an der Gastherme. Und an den Atomkraftwerken. Was man hat, das hat man. Auch wenn es weniger wird.

        Das gesamte konservative Weltbild ist durchgehend negativ und pessimistisch. Es geht darum “Schlimmeres zu verhindern”, nicht darum Zukunftsfähiges zu erschaffen. Es gibt keine konservative Vision, die dem Individuum Hoffnung, Aufstieg und Glück verspricht. Es gibt keinen Glauben an eine bessere Zukunft, an das Stück Paradies am Ende der Durststrecke. Das konservative Leitbild erinnert an Churchills Rede von Blut, Schweiß und Tränen. Mit dem Unterschied, dass dahinter kein erreichenswertes Ziel wartet.

        • Stefan Sasse 9. Mai 2025, 11:43

          Wieso Konservative? Ich dachte, wir reden von der AfD?

          • Ralf 9. Mai 2025, 13:00

            Du hattest von “Rechten” gesprochen.

            Aber das oben Gesagte gilt doch auch weitestgehend für Rechtsextreme oder etwa nicht?

            • Stefan Sasse 9. Mai 2025, 15:14

              Ironischerweise halte ich Konservative tatsächlich für pessimistischer als die Rechtsextremen. Die Sozialdemokraten und Grünen übrigens auch.

              • Ralf 9. Mai 2025, 19:00

                Die Antwort verwundert mich.

                Also nicht die Sozialdemokraten. Die sind im Grunde urkonservativ. Die jahrzehntelange Subventionierung von Steinkohle. Das Feiern der Arbeiterschaft und der Kumpel. Das eiserne Festhalten an Errungenem – auch wenn es nicht mehr in die neue Welt passt. Kaum jemand ist so rückwärtsgewandt wie die SPD.

                Aber die Grünen? Die haben doch eine positive Zukunftsvision. Ok – da gibt es eine kleine De-Growth-Fraktion, aber das ist doch nicht die Mehrheit. Ansonsten gibt es da den Green New Deal. Investitionen in moderne Technologien. Viele neue Arbeitsplätze. Und eine gerechtere Gesellschaft, in der Frauen, Männer, Schwarze, Weiße, Schwule und Heterosexuelle alle gleich viel wert und geschätzt sind, so wie sie sind. Ein starkes buntes Europa, das auf eigenen Beinen steht und Aufwachsen in Amsterdam, Studium in Athen und Arbeiten in Lissabon ermöglicht. Und neue Innovationen in der Elektromobilität. Nicht nur wegen des Klimaschutzes, sondern auch der Feinstaub verschwindet aus der Luft und die Lärmbelästigung an den Straßen lässt nach. Dazu eine 4-Tage-Arbeitswoche die den Menschen mehr Freizeit gibt. Endlich finde ich die Zeit Finnisch zu lernen oder Bilder zu malen. In einer Gesellschaft, in der alle willkommen sind – egal was Hautfarbe und Herkunft sind.

                Kann ich mich mit allen Aspekten der oben skizzierten Welt identifizieren? Nein. Sicher mit vielem. Aber nicht mit allem. Ist alles was oben skizziert ist realistisch und praktikabel? Vermutlich auch nein. Aber darum geht es ja auch nicht. Es geht darum, ob es eine positive Zukunftsvision gibt, bei der die Menschen echt dazugewinnen. Und das haben die Grünen aus meiner Sicht auf jeden Fall.

                Völlig anders übrigens die Rechtsextremen. Da schockiert mich Deine Antwort am allermeisten. Die Rechtsextremen sind ausschließlich von negativen Emotionen getrieben – von Wut, von Hass, von Verlustängsten, von Rache. “Own the libs” ist der Schlachtruf. Selbst wenn es einem in der Zukunft, für die man kämpft, scheiße gehen wird, ist das ok, denn denen, die man hasst, wird es noch beschissener gehen. Abseits einiger Durchgeknallter, die in Paraguay eine Kolonie gründen wollen, in der sie dann leben können wie in den 30ern, sind die Standardwähler der Nationalsozialisten einfach verbittert, frustriert und von Minderwertigkeitsgefühlen behaftet. Umfragen zeigen, dass kaum jemand ein so düsteres, pessimistisches Zukunftsbild hat, wie der AfD-Wähler. Wo Du da hoffnungsfrohen Optimismus entdecken willst – das war ja, glaube ich, Deine ursprüngliche Formulierung – bleibt echt Dein Geheimnis.

                • Stefan Sasse 10. Mai 2025, 07:49

                  Früher hatte die Sozialdemokratie eine sehr optimistische Zukunftsvision. Seit mehreren Wahlen ist das inoffizielle Motto der SPD aber „Wählt uns, da ist es ein bisschen weniger scheiße“. CDU und FDP erklären mir dauernd, dass es noch scheißer wird, aber wenn wir jetzt leiden, wird es in Zukunft vielleicht weniger scheiße. Die Grünen…da nehmen wir uns alle an die Hand? Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr wirklich, was da die Botschaft ist. Die LINKE hat theoretisch optimistische Aussichten, aber kommuniziert immer als die Daueropposition, die sie ist, mit einem gewissen „passiert eh nicht“-Trotz. Die einzigen, die ein Gefühl von Machbarkeit vermitteln, sind die AfD. Der Hass, die Wut, all das ist auch ein Motor. Deren Versprechen ist, dass sie Deutschland wieder groß machen. Wie das Donald Trumps auch war. Ihr Versprechen ist, dass wenn ich zum Team gehöre, es für mich wieder gut wird. Wie „früher“. Das ist alles Bullshit, und ihre Politik ist in guten Teilen undurchführbar, aber who cares? Es ist eine Vision.

                  • Ralf 10. Mai 2025, 12:11

                    Das ist alles Bullshit, und ihre Politik ist in guten Teilen undurchführbar, aber who cares?

                    Müssen wir an den Begriff einer “positiven Zukunftsvision” nicht den Anspruch einer zumindest teilweise plausiblen Verwirklichbarkeit anlegen? Klar – was realistisch ist und was nicht, ist oft politisch gefärbt. Und mit etwas Übertreibung muss man im politischen Betrieb leben.

                    Aber wo ist denn die plausible Verwirklichbarkeit der “positiven Zukunftsvision” der Rechten? Trumps Versprechen der “most beautiful health insurance” im Wahlkampf 2016 ohne jedes Detail und nach Regierungsantritt noch nicht einmal der Hauch eines Versuchs eines Angebots: Erfüllt das die Kriterien einer “positiven Zukunftsvision”? Oder die Brexit-Tories mit ihrem völlig abwegigen Versprechen von 350 Pfund pro Woche für den NHS? Oder Trumps Versicherung letzte Woche, dass die Preise in den USA noch nie so niedrig waren wie heute und weiter purzeln, während die Preise in der Realität steigen und steigen und sich die Menschen keine Eier mehr leisten können? Das hat doch mit “Zukunftsvision” nichts mehr zu tun. Das sind doch schlicht aus der Luft gegriffene, plumpe Lügen.

                    Wie gesagt – man muss die Messlatte in der Politik jetzt auch nicht zu hoch legen. Auch der “grünen Zukunftsvision”, die ich oben skizziert hatte, kann man an der einen oder anderen Stelle Realitätsferne vorwerfen. Wer soll z.B. die 4-Tage-Woche bezahlen, während wir bereits jetzt wirtschaftlich hinter unsere internationalen Konkurrenten zurückfallen? Oder feiern wir den Erfolg uns von Diktaturen wie Russland und Saudi Arabien unabhängig gemacht zu haben, weil wir aus fossilen Brennstoffen aus- und in die Solar- und Windenergie einsteigen, nicht ein bisschen früh, wenn China der einzige bedeutende Anbieter von Solar- und Batterientechnologie ist? Alles faire Argumente. Aber insgesamt ist die “grüne Zukunftsvision” wenigstens zu 70-80% plausibel. Es ist das Bemühen erkennbar nicht einfach nur ein Hirngespinst in den blauen Himmel zu malen.

                    Bei den Rechten hingegen sehe ich in dieser Hinsicht rein garnichts. Und die sprechen auch überhaupt nicht über die Zukunft. Gerade jetzt war ja z.B. Wahlkampf in Österreich. Da hat die FPÖ null über die Zukunft gesprochen. Die Plakate – viele davon kleben auch heute noch – schüren lediglich Ressentiments. Es geht um Hass, um Wut, um Rache. Das einzige Versprechen der Partei ist, dass es ihren Gegnern an den Kragen gehen wird, wenn sie an die Macht kommt. Ansonsten hat die Partei keinerlei Botschaft.

                    • Stefan Sasse 10. Mai 2025, 21:23

                      Es ist eine positive Zukunftsvision, den NHS zu pumpen. Es ist eine positive Zukunftsvision, dass die Krankenversicherung für alle kommt. Und so weiter. Dass wir der Überzeugung sind, dass deren Pläne bloße Fantasie sind, ändert daran ja nichts. Auch der Kommunismus hatte eine positive Zukunftsvision. Was sie bekamen waren Intershop und Gulag.

                    • Ralf 11. Mai 2025, 11:43

                      Ok – an dem Punkt finden wir nicht zueinander. Für mich ist eine “Zukunftsvision” die Vision einer möglichen Zukunft und muss damit per Definition zumindest unter optimistischen Annahmen verwirklichbar sein. Ich gestehe gerne zu, dass die Frage, was verwirklichbar ist, politisch gefärbt und deshalb selten eindeutig bestimmbar ist. Aber mittlerweile ist die Rechte dazu übergegangen so abwegige, so völlig aus der Luft gegriffene Lügen zur Basis ihrer Argumentation zu machen, dass offensichtlich noch nicht einmal mehr der Versuch gemacht wird, eine periphere Nähe zur Realität zu suggerieren. Diese mythischen Erzählungen dann zur “Zukunftsvision” zu adeln, erscheint mir nicht legitim und ist auch unserer konkreten Debatte nicht dienlich. Denn die Anhänger der Rechten nehmen diese “Zukunftsvisionen” ja selbst nicht ernst, weshalb sie von den Parteien in der Regel im Zuge der modernen “Flood the Zone with Shit”-Strategie auch nur sporadisch erwähnt und anschließend wieder vergessen werden.

                    • Stefan Sasse 11. Mai 2025, 14:32

                      Wie gesagt, viele linke Visionen früherer Zeiten waren auch völlig utopisch. Gleiche Behandlung von Mann und Frau 1880? Arbeiter kontrollieren die Produktionsmittel? Acht Stunden Arbeit am Tag? Freier Samstag? Urlaubsanspruch? Krankenversicherung? Rente? Das war völlig fantastisch.

                    • Ralf 11. Mai 2025, 21:02

                      Im konkreten Fall unserer Debatte ging es ja nicht um Zukunftsvisionen per se, sondern um Zukunftsvisionen im Zusammenhang mit einem Wahlversprechen. Damit sind wir notwendigerweise an einen zeitlichen Umsetzbarkeitsrahmen von einer bis möglicherweise drei Legislaturperioden gebunden. Eine Zukunftsvision eines enger kooperierenden Europas, zum Beispiel, würde erste signifikante Schritte in der laufenden Legislaturperiode und deren Fortsetzung in den kommenden Legislaturperioden antizipieren. Was normalerweise nicht gemeint ist, wenn ein Politiker über eine Stärkung der EU spricht, ist ein Plan mit der Stärkung im Jahr 2300 zu beginnen.

                      Deshalb, wenn ich die Vision eines zukünftigen regen interstellaren Handels unserer Erde mit menschlichen Kolonien im Alpha Cenaturi- System auf’s Tapet bringe, dann ist das zwar eine legitime Zukunftsvision – aber keine, die politische Relevanz in einem Wahlkampf im Jahr 2025 hat.

                      Wo wir uns unterscheiden, ist dass Verwirklichbarkeit – mindestens unter optimistischeren Annahmen – für Dich kein essentielles Kriterium einer politischen Zukunftsvision zu sein scheint, über die konkret im Wahlkampf gerungen wird. Dem widerspreche ich – aber schließlich kann ich Dir nicht vorschreiben, wie Du den Begriff “Zukunftsvision” definierst … 😉

                • Stefan Pietsch 10. Mai 2025, 16:46

                  Die wenigsten sind an Zukunftsvisionen interessiert, die ihnen eine Partei vorlegt. Würde eine Mehrheit so denken, würden nicht immer mehr Menschen aus der Kirche austreten, die die optimistischste Zukunftsversion anzubieten hat. Die Menschen wollen, dass die Probleme des Gemeinwesens gelöst werden. Denn dazu gibt es ein Gemeinwesen: Die Dinge zu regeln, die der einzelne nicht regeln kann, z.B. eine Straße bauen, Bildung für die eigenen Kinder professionell ermöglichen, sich Recht ohne Gewalt verschaffen.

                  Dazu kann man einfach mal Umfragen bemühen, was die Wähler als entscheidend ansehen. Zukunftsvisionen finden sich da eher nicht.

Leave a Comment

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..