It’s not the economy, stupid

Zu der Folklore um Bill Clintons Wahlkampf und schlussendlichen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 1992, in denen er das Konzept der „Triangulation“ berühmt machte und damit vor Blair und Schröder die Ära des „Dritten Wegs“ in den sozialdemokratischen Parteien einleitete, gehört die Geschichte von seinem Wahlkampfmanager Jim Carville, der den Spruch „[It’s] the economy, stupid“ prägte. Damit verbunden war die Idee, dass die wirtschaftliche Lage einerseits und wirtschaftliche Themen andererseits zentral für den Wahlsieg sein würden: die moderate Mitte, auf der Clinton aufbaute, sei nur so zu gewinnen. Zwei siegreiche Präsidentschaftskandidaturen ebenso wie die seine Lehren nachahmende Obama-Wahlkämpfe (Carvilles andere zwei Mottos waren „change vs. more of the same“ und „don’t forget healthcare“; man sieht leicht, wie das zu Obama passt), sprechen eine eindeutige Sprache. Aber inzwischen ist dieses Motto nicht mehr sonderlich tragfähig. Was einst eine eherne Regel des Wahlkämpfens schien, ist mittlerweile in der Bedeutung deutlich abgesunken. Woran liegt das? Und was ist nun „the [X], stupid?“

Natürlich möchte ich nicht behaupten, dass die wirtschaftliche Lage und Wirtschaftspolitik komplett irrelevant wären. Ein Dauerthema Trumps etwa sind die hohen Zölle, mit denen er ein neoprotektionistisches Handelsregime errichten will und von denen er sich ungeahnte Wachstumsimpulse für die US-Wirtschaft erhofft (eine irrsinnige Idee, die auch viel zu wenig ernsthaft als Szenario diskutiert wird). Kamala Harris ihrerseits konterte mit einer Forderung nach neuen Regelungen gegen Wucher, vor allem bei Lebensmitteln, und hatte wenig Probleme damit, dass das allgemein als eine Forderung für mehr Preiskontrollen missverstanden wurde.

Das allerdings ist nicht dasselbe wie die Wirtschaft und die entsprechende Lage ins Zentrum zu stellen. Einerseits sind die Forderungen wenig ernsthaft, sie sind von einer Aura des Fantastischen umgeben. Dazu gleich mehr. Vor allem aber spielt die eigentliche wirtschaftliche Lage keine Rolle mehr. Seit Ronald Reagan seinen Slam Dunk in der TV-Debatte mit Jimmy Carter verwandelte und das Publikum direkt frage: „Ask yourselves, are you better off today than you were four years ago?“ ist diese Fragestellung mindestens genauso sehr zur Folklore geworden wie „It’s the economy, stupid.

Die völlige Loslösung von der Realität sieht man sehr gut daran, dass Donald Trump und sein Wahlkampfteam diese Frage nicht nur stellen, sondern die Antwort auch gleich mitliefern (Rhetorische Fragen sind für die MAGA-Crowd wohl als Stilmittel zu subtil). Hört man Trump zu, befinden sich die USA in einer geradezu apokalyptischen Höllenwelt, in der massive Arbeitslosigkeit grassiert, die Löhne schrumpfen, Industrien abwandern und nichts mehr produziert wird. In der Erzählung von MAGA stellt die Biden-Präsidentschaft einen nie dagewesenen Tiefpunkt amerikanischer Wirtschaftsleistung dar.

Nichts davon entspricht der Realität. Kevin Drum hat dazu eine ganze Mini-Artikelserie geschrieben, in der er die aktuelle Lage statistisch nachzeichnet. Poverty is historically low. Selten waren so wenige Menschen in den USA von akuter Armut bedroht wie jetzt. Die Biden-Regierung hat hier wahre Wunder gewirkt. Consumption growth is historically high. Die Amerikaner*innen konsumieren, als ob es kein Morgen gäbe; ein massiver Treiber des aktuell hohen Wirtschaftswachstums. Speaking of which: GDP growth is historically high. Während die Republicans völlig surreale Versprechungen künftigen Wirtschaftswachstums machten (erinnert sich noch jemand an Jeb Bushs Versprechen von mindestens 4% jährlichem Wirtschaftswachstum?), lieferte die Biden-Regierung. Unemployment is historically low. Natürlich gelten hier alle üblichen Caveats, dass das nichts über die Qualität der Beschäftigung aussagt, aber angesichts der schlechten Absicherung in den USA und der Bedeutung der Arbeitslosenrate – und den gegenteiligen Behauptungen von MAGA – ist das sicherlich positiv. Raw data: Income inequality in the US. Selbst die riesigen Einkommensunterschiede haben sich unter Biden etwas nivelliert, vor allem, indem das untere Segment angehoben wurde, mithin also die beste Art der Nivellierung solcher Unterschiede. Oil production is historically high. Man kann angesichts der Klimakrise darüber streiten, wie positiv das ist, aber die Behauptungen des MAGA-Lagers von einer drohenden Energiekrise haben keinerlei Basis in der Realität.

Dieser fehlende Realitätsbezug ist ein Merkmal der Trump-Ära. Begonnen hat die Verabschiedung der Republicans in Fantasiewelten bereits früher, aber mittlerweile ist ein komplettes Nachrichten-Ökosystem ebenfalls von den realen Bedingungen entkoppelt. FOX News, die größte Blasengenerator, hat mit offenen Lügen überhaupt kein Problem, aber selbst ein Blatt wie das Wall Street Journal (quasi die Hauspostille der GOP) hat beeindruckende Fähigkeiten darin, die wirtschaftliche Lage anders zu zeichnen, als sie in Wirklichkeit ist.

Das führt zu einer schiefen Wahrnehmung. Diese ist übrigens auch kein rein amerikanisches Problem; in Deutschland haben wir dieselben Dynamiken (Jonas Schaible hat das jüngst schön herausgestellt). Viele Menschen sind der Überzeugung, dass es ihnen selbst zwar gut gehe, anderen Menschen aber nicht. Die Wahrnehmung der eigenen wirtschaftlichen Situation, zu Clintons Zeiten noch ein Wahlindikator par excellence, und die Wahrnehmung der gesamtwirtschaftlichen Situation fallen massiv auseinander. Dadurch entsteht auch ein permanentes Bedrohungsgefühl: obwohl die wirtschaftliche Lage gut ist, scheint man selbst ständig bedroht zu sein, als ob eine tiefe Rezession herrschte.

Dieses Auseinanderfallen von Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung ist eine zentrale Ursache für die Polarisierung und sorgt auch dafür, dass es immer weniger Wechselwählende gibt. Wenn es der anderen Seite völlig unmöglich ist, ihre eigenen Erfolge begreiflich zu machen, kann es auch keinen Grund geben, der eigenen jemals die Gefolgschaft zu verwehren. Die Asymmetrie bezüglich dieser Dynamik ist übrigens ebenfalls offenkundig: Die Meinung von Republicans, ob es „der Wirtschaft“ gut gehe oder nicht, lässt sich direkt an den Wahlergebnissen ablesen. Rund 40% wechseln mit dem Antritt einer anderen Regierung ihre Meinung, von einem Tag auf den anderen. Das ist schon auf faktischer Lage absurd; die wirtschaftliche Lage kann sich niemals innerhalb von einem Tag zum Besseren wenden. Dieses Phänomen findet sich auf Seiten der Democrats so gut wie gar nicht; hier sind diese Wechselraten im einstelligen Bereich (wenngleich der Trend in eine ungute Richtung geht). Auch in Deutschland stellt sich ein ähnliches Bild dar; die beschriebe Dynamik gilt vor allem für AfD- oder BSW-Wählende, während das Realitätsbild von Wähler*innen der demokratischen Parteien wesentlich objektiver ist.

Entsprechend kann die Wirtschaft auch nicht mehr das beherrschende Wahlkampfthema sein. Wo Realitäten beharrlich ausgeblendet werden, ist es unmöglich, Überzeugungsarbeit zu leisten. Damit stellt sich die Frage, welches Motto Jim Carville heute wohl auf ein Schild schreiben würde. Welcher Begriff kommt in die Klammern?

It’s the culture war, stupid.

Letzten Endes konzentriert sich der Wahlkampf wenigstens der Republicans praktisch ausschließlich auf Kulturkampfthemen. Das passt auch zu dem apokalyptischen Ton. Ob die amerikanischen Haustiere gerade durch die Essgewohnheiten haitanischer Einwander*innen in Leib und Leben gefährdet sind, sich angeblich riesige Karawanen fremdgesteuerter Flüchtlingstrecks aus Mittelamerika in Richtung Grenze in Bewegung setzen, ob die Democrats geheime Pornoringe unterhalten oder ob sie einfach nur Amerika hassen und es in den Abgrund stürzen wollen, indem sie die Kinder schwul machen und die Bevölkerung durch Menschen mit anderer Hautfarbe ersetzen wollen – das ständige Karussell der Verschwörungstheorien, Lügen und Hetze befeuert den Kreislauf stets aufs Neue.

Das bedeutet nicht, dass der Kulturkampf völlig einseitig geführt wird. Es ist beeindruckend, wie sehr Biden sich aus den Themen herausgehalten und die Message auf ökonomischen und außenpolitischen Bereichen hielt. Nur besteht die Partei nicht allein aus ihm, und gerade die aktivistische Basis der Democrats verkämpft sich gerne in radikalen Abtreibungsregeln, endlosen Rassismusdebatten oder in jüngster Zeit einem abstoßenden Palästina-Diskurs. Der Unterschied liegt einerseits in der Schärfe der Auseinandersetzung – der apokalyptisch-kompromisslose Ton und die Vernichtungsabsicht fehlen weitgehend, andererseits aber in den Akteuren selbst: die Funktionäre der demokratischen Partei, ihre medialen Surrogate und die Abgeordneten stehen weitgehend abseits vom Spektakel. Sie sind wesentlich mehr in der Realität verankert als ihre Kontrahenten.

Was also bedeutet das? Der Kulturkampf als dominierende Dynamik sollte nicht unterschätzt werden. Gleichwohl hat er sein Mobilisierungspotenzial erreicht. Die gute Nachricht ist, dass es auf beiden Seiten deutlich unter den 50% liegt. Die linken Kulturkampfthemen genießen sogar signifikant weniger Zustimmung als die rechten, was den Aktivist*innen leider selten zur Mahnung gereicht. Der Rest des Wählendenpotenzials allerdings muss anderswoher kommen. Und an der Stelle steht das große Fragezeichen. Jim Carvilles dritte Regel („Don’t forget healthcare“) ist zumindest für die Republicans eher ins Gegenteil verkehrt: je weniger darüber gesprochen wird, desto besser, sind doch alle Positionen, die die Partei hier hat, unpopulärer als die Anliegen der Trans-Aktivist*innen bei den Democrats (und das will etwas heißen). Das bedeutet allerdings umgekehrt nicht, dass die Democrats damit punkten könnten, irgendwie Gesundheitspolitik zu erwähnen. Das Feld ist eines, auf dem politische Punkte kaum zu holen sind, vergleichbar wohl nur mit Sicherheits- und Bildungspolitik in Deutschland: vieles liegt im Argen, aber die heiße Kartoffel anzufassen heißt immer, sich zu verbrennen.

Bleibt Nummer 1 aus Carvilles Botschaften an Clinton, eine Message, die stets aktuell bleiben wird: „change vs. more of the same„. Nur hat Harris das Problem, dass sie „more of the same“ ist; wer Disruption wünscht, wird in Trump die bessere Wahl haben. Umgekehrt hat Joe Bidens Wahlkampf, als er noch Kandidat war, bewiesen, dass das Warnen vor den Gefahren einer Trump-Präsidentschaft auch so seine Schwächen hat. Harris muss daher in ihrem Wahlkampf den schmalen Grat wandern, den Leuten in Erinnerung zu rufen, dass sie Trump und seine Amtszeit schon ganz schön ätzend fanden und dabei irgendwie so wirken, als wäre sie die Neuigkeit. Immerhin hat sie den Vorteil, dass sie kaum als Vizepräsidentin wahrgenommen wird; die Umstände von Bidens Abtritt und ihrer Aufstellung haben dafür gesorgt, dass sie den Ruch eines Außenseiters hat. Ob das reichen wird, steht in den Sternen.

So oder so bleibt die zentrale Dynamik des Wahlkampfs die eines permanenten Kulturkampfs, in dem keine Triangulation betrieben wird. Trump kann nicht darauf hoffen, irgendwelche Menschen zu überzeugen; er kann nur darauf hoffen, sein Potenzial auszumobilisieren und das von Harris von der Wahlurne fernzuhalten. Auch Harris wird kaum moderate Wechselwählende in großer Zahl auf ihre Seite ziehen, schon allein, weil es diese nicht gibt. Der Dauerkulturkampf hat dafür gesorgt, dass ein Großteil der amerikanischen Wählenden eine Meinung zu den beiden Parteien und Kandidierenden hat. Relevant ist, wer mehr von diesen Leuten an die Urnen bringen kann.

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  • Jens Happel 9. Oktober 2024, 13:11

    Hi Stefan,

    Ein Dauerthema Trumps etwa sind die hohen Zölle, mit denen er ein neoprotektionistisches Handelsregime errichten will und von denen er sich ungeahnte Wachstumsimpulse für die US-Wirtschaft erhofft (eine irrsinnige Idee, die auch viel zu wenig ernsthaft als Szenario diskutiert wird).

    Hmm. Biden hat keinen einzigen Zoll gegen China zurückgenommen, sondern noch welche obenfrauf gesetzt.

    Zollfreiheit setzt frei Märkte und offenen Marktzugang vorraus. Das gibt es in China nicht und hat es auch nie gegeben. Es gibt nicht mal freien Kapitalverkehr mit China. Meine Kunden in China, müssen sich Zahlungen ins Ausland einzeln genehmigen lassen. Chinas Staatsbetriebe oder halben Staatsbetriebe können 2 unterschiedliche Auschreibungen machen. Einmal nur für made in China und made everywhere. Sobald China ausreichende Produktionskapizät für Produkte hat rutsch es von everywhere zu made in China. China subventioniert bestimmte Bereich extrem und drängt so ausländische Verbraucher aus dem Markt, z.B. bei E-Autos, Solarzellen und jetzt auch Verbrennerautos. Die Zölle in China sind generell höher als in die USA.

    Der damalige Ansatz von Europa mit China gegen Trump für freie Märkte kämpfen zu wollen, ist wie mit der Mafia die Kriminalität bekämpfen zu wollen. Das schlimme ist unsere Eliten in der Politik und Medien glauben diesen Quatsch.

    Übrigens die einzigen Ländern, die es aus der Armut geschafft haben hoch zu kommen, sind Länder die ihre Märkte gezielt abgeschottet haben. Japan, Südkorea und tätätä China.

    Und diesmal geht es nicht nur um die Wirtschaft sondern um illegale Migration. Das ist das Top Thema. Die Kosten sind hoch und die Kriminalität steigt. Auch so ein Fall von Fake news. Angeblich sei die Kriminalität nicht gestiegen laut letztem Bericht. CNN hat nur vergessen zu erwähnen, dass viele Bezirke in den Grossstädten noch nicht gemeldet hatten.

    FOX News, die größte Blasengenerator, hat mit offenen Lügen überhaupt kein Problem,..

    Zum Glück ist dass bei CNN, ABC und Msnbc anders. Die offenen Lügen, bezüglich „Fine People on both sides“ wurden nicht Fakten gechekt. Dann wurde die Abtreibung im 9 Monat falsch faktengechekt. Das erste „live“ Interview mit Harris bei CNN stellte sich als nicht live raus, rund 30 Minten ihres Wortsalates wurden rausgeschnitten. Jetzt wurde in der Sendung „60 Minutes wieder“, nicht auf den ersten Blick erkenntlich, Harris Wortsalat rausgeschnitten.

    Als ich vor 20 Jahren das erste Mal in den USA war, war Fox News eigentlich eine Comedy Versanstaltung und Bill Maher führte die guten Interviews mit beiden Seiten, CNN war eher neutral vielleicht etwas den Dems zugeneigt. Jetzt sind alle großen Medienhäuser ein Scherz. Lügen durch konsequentes Weglassen. Der einzige der im Linken Lager die Fahne hochhält ist Bill Maher.

    Und schon sind wir im culture war. Hier haben die Dems eine völlige Loslösung von der Realität .Pubertätsbocker ohne Einwilligung der Eltern, Männer in Frauenumkleiden und im Frauensport, Angriffe auf das erste (Kerry) und zweite Amendment sind ein Kulturkrieg, den die DEMs angezettelt haben und der ihnen jetzt auf die Füsse fällt.

    Die Eliten in den USA haben es mit Ihren Medienhäusern verkackt. Das Misstrauen gegen Sie ist riesengroß und dementsprechend verlieren sie permanent an Zuschauern. Das Problem, gerade der liken Eliten ist, dass sie sich für so superschlau halten und canceln wollen, um das dumme Volk zu schützen. Das dumme Volk nimmt diese Geringschätzung sehr wohl war.

    Hinzu kommt der Verlust des Vertrauens in die Instutionen. 50 höhere FBI Beamte haben im letzten Wahlkapf auf der Titelseite der NewYorkTimes gelogen. Die Impfpflicht von Biden wird als Übergiffig wargenommen. Erstmalig hat die Gewerkschaft der Feuerwehrleute nicht den demokratischen Kanditaten eine Wahlempfehlung gegeben. Ich habe mir die Rede von Vance vor den Feuerwehrleuten angehört. Er wurde am Anfang ausgebuht, das wurde von CNN gezeigt. Dann sagte er, sie (Trump und Vance) werden nicht das Streikrecht angreifen (Beifall), und er sagte sie wollen alle Feuerwehrleute die wegen der Impfpflicht entlassen wurden wieder einstellen und entschädigen. Tosender Beifall! Dies wurde bei CNN nicht gezeigt. Deswegen kam für mich die Nachhricht, dass die Gewerkschaft nicht Harris „endorsen“ würde, nicht überraschend.

    Wenn man solche „Details“ ständig versucht unter den Teppich zu kehren, wirken Trump Supporter natürlich total irrational.

    Wie auch hier in Europa, werden die Linken offen diktatorisch. Für jeden zu sehen, der mal in den DigitalSericeAct schaut. Zensur von nicht strafbaren Aussagen gibt es nur in Dikaturen. Die Zensur von Missinformation ist gerade zu köstlich. Natürlich nur Misinformation die der Regierung nicht gefällt. Von nebenwirkungsfreien Impfungen wird Lauterbach auch zukünftig auf Twitter und Co. schwafeln dürfen.

    Im übrigen stimmt, deine Aussage es gäbe keine Wechselwähler mehr nicht. Es haben sich mittlerweile nur schon viele festgelegt. Jetzt solle es nur noch 4% Unentschiedene geben. Wenn man den Umfragen glauben schenken mag gabe es die üblichen Fluktationen, z.B. als Biden durch Harris ersetzt wurde, ging es für die Dems sehr deutlich und massiv über die Fehlertoleranz hinaus nach oben.

    Viele Grüße
    Jens

    • Stefan Sasse 9. Oktober 2024, 13:59

      Ich rede auch nicht von der konkreten Policy, sondern von der Politik. Also was wird kommuniziert, was wird zum Wahlkampfthema. Ich meine, die CDU verbietet auch mehr als die Grünen, aber nur eine thematisiert das ständig.

      Ich habe spezifisch von moderaten Wechselwählenden geschrieben. Du hast immer eine Gruppe von weitgehend uninformierten Leuten, die völlig willkürliche Wahlentscheidungen treffen, aber die kannst du mit Wahlkampf nicht gezielt erreichen.

    • Lemmy Caution 9. Oktober 2024, 15:23

      Man kann das mit der Subventionierung auch anders sehen.
      1. Lists Industry Argument, d.h. um in einem Bereich Kapazitäten aufzubauen, kann und sollte ein Staat subventionieren. Allerdings mit Verstand. Und nicht für alle Zukunft. -> https://de.wikipedia.org/wiki/Infant_Industry_Argument
      2. Subventioniert der chinesische Staat stark ein Produkt, dann gewinnt ja der ausländische Käufer erstmal an Wohlfahrt, d.h. er bekommt ein Produkt billiger.
      Problematisch wird das Ganze, wenn ein Staat damit ausländische Wettbewerber aus dem Markt drängen will, damit in Zukunft die Unternehmen „seines“ Landes höhere Preise durchsetzen können.
      Bei Solarmodulen waren europäische Hersteller vermutlich wettbewerbsmässig gegen China relativ chancenlos, selbt wenn der deutsche Staat wie China subventioniert hätte. Aber das ist nur meine persönliche Vermutung. Importbarrieren wären wiederum besser mit dem Argument der Versorgungssicherheit legitimiert, d.h. wir sollen nicht zu abhängig von China werden.

      Es gibt viele Länder mit hohen Handelsbarrieren, die es nicht aus der Armut geschafft haben. In Lateinamerika haben zwei vergleichsweise sehr offene Länder einen vergleichsweise hohen BIP/Kopf -> Chile und Uruguay.

      Ich bin für gewisse Zwangsmaßnahmen gegen illegale Einwanderung, nur kann man nicht einfach Immigranten mit Kriminellen gleichsetzen. Viele der irischen und italienischen Einwanderer des 19. Jhdts. waren kriminell auffällig, aber niemand kann ernsthaft bestreiten, dass diese Einwanderung sich insgesamt positiv auf die USA ausgewirkt hat. Die überwiegende Mehrheit sind nämlich ganz normale Leute. Warum soll das mit den Latinos heute so anders sein? Zumal ja für viele von denen die Kriminalität in ihren Heimatländern ein wichtiger Auswanderungsgrund darstellt. Erstmals seit langem steigt wieder die Zahl der Mexikaner, die in die USA auswandern und zwar stark. Mexiko läuft wirtschaftlich aktuell sehr gut. Das Problem scheint zu sein, dass die extrem lasche Politik von Lopez Obrador gegen Kriminellein den mexikanischen Bundesstaaten mit starker organisierter Kriminalität die normalen Leute in Bedrängnis bringt. Die Kriminellen machen ja nicht nur in Drogen sondern auch in Schutzgelderpressung.
      Mit einer Fertilitätsrate von 1,61 würde die Bevölkerung der USA ohne Einwanderungsbeschränkungen sehr schnell schrumpfen. Man kann selbstverständlich argumentieren, dass eine Welle zu hoch ist, das zu viele schlecht Ausgebildete oder konzentriert aus einem bestimmten Kulturkreis kommen. Ich finde das nicht nett, aber auch nachvollziehbar.
      Natürlich konkurrieren die schlechter ausgebildeten US-Amerikaner stärker mit den Illegalen um Arbeitsplätze. Allerdings dürfte es auch Branchen geben, in denen es ohne Illegalen zu hohen Preissteigerungen kommt, z.B. saisonale Ernte-Arbeiten in Landwirtschaft.

      Ich kenne mich mit den USA nicht so aus, aber deine Anmerkungen zum Weglassen von Informationen auf beiden Seiten halte ich für plausibel.

    • Erwin Gabriel 9. Oktober 2024, 15:56

      @ Jens Happel 9. Oktober 2024, 13:11

      Hallo Jens

      [FOX News, die größte Blasengenerator, hat mit offenen Lügen überhaupt kein Problem, … ]

      Die sind wirklich übel. Schlimmer noch als Reichelt, und der ist WIRKLICH übel.

      Lügen durch konsequentes Weglassen.

      Pubertätsbocker ohne Einwilligung der Eltern, Männer in Frauenumkleiden und im Frauensport, Angriffe auf das erste (Kerry) und zweite Amendment sind ein Kulturkrieg, den die DEMs angezettelt haben und der ihnen jetzt auf die Füsse fällt.

      Das Problem, gerade der linken Eliten ist, dass sie sich für so superschlau halten und canceln wollen, um das dumme Volk zu schützen. Das dumme Volk nimmt diese Geringschätzung sehr wohl war.

      Ich kann all diese Aussagen teilen. Speziell den letzten: Natürich sind die linken Eliten schlau, aber das sind die Nicht-Linken eben auch. Ist ja auch hier nicht großartig anders (wenn auch deutlich weniger extrem). Man merkt doch sofort, ob ein AfD-Gegner die Partei einfach nur scheiße findet, oder ohne Holzhammer auf Punkte und Aussagen losgeht.

    • Tim 9. Oktober 2024, 16:15

      @ Jens Happel

      Übrigens die einzigen Ländern, die es aus der Armut geschafft haben hoch zu kommen, sind Länder die ihre Märkte gezielt abgeschottet haben. Japan, Südkorea und tätätä China.

      Das Argument wird immer wieder gern gebracht, wird dadurch aber nicht wahrer. 🙂

      Marktabschottungen gehörten (und gehören) zum Standardrepertoire aller Industriepolitiker in allen Ländern. Japan & Südkorea haben in dieser Hinsicht nicht anders gehandelt als viele afrikanische oder südamerikanische Länder. Dieser Faktor erklärt also – nichts.

      Der Erfolgsfaktor sind stabile politische Verhältnisse (insbesondere auch Eigentumsverhältnisse) und ein klarer Fokus auf Bildung und Infrastruktur. Diesem Weg ist bislang auch China gefolgt.

      Wenn man den Weg bis zu mittlerem Wohlstand aber geschafft hat und sich dann abschottet, züchtet man sich wettbewerbsschwache Unternehmen heran. Genau das macht nun China, aber zunehmend ja auch die EU. Eine sehr schlechte Idee, die uns langfristig viel Wohlstand kosten wird.

      • Thorsten Haupts 9. Oktober 2024, 18:37

        Das Argument wird immer wieder gern gebracht, wird dadurch aber nicht wahrer.

        Bin auch immer wieder erstaunt, dass dabei souverän ignoriert wird, wie viele Länder es trotz Marktabschottung NICHT geschafftt haben, das also mit Sicherheit nicht der ausschlaggebende Faktor war.

        • Stefan Sasse 10. Oktober 2024, 13:23

          Eventuell notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung?

      • Stefan Sasse 10. Oktober 2024, 13:21

        Vergiss nicht Agrarreformen. Die sind völlig unterschätzt.

        • Tim 11. Oktober 2024, 11:31

          Oh ja, mit marktorientierten Agrarreformen könnte auch die EU noch erheblichen Wohlstand schaffen.

  • Thorsten Haupts 9. Oktober 2024, 14:26

    Auch Harris wird kaum moderate Wechselwählende in großer Zahl auf ihre Seite ziehen, schon allein, weil es diese nicht gibt.

    Kann Dir da absolut nicht folgen. Bei den jeweils letzten Präsidentschafts-, Kongress- und Senatswahlen gab es Verschiebungen von mehreren Prozentpunkten, also gibt es immer noch einen erheblichen Anteil von Wechselwählern?

    Relevant ist, wer mehr von diesen Leuten an die Urnen bringen kann.

    Möglich. Aber ich lege mich mal mit dem fest, was ich seit Monaten glaube: Die Demokraten werden diese Wahl – deutlich – gewinnen. Damit befindet sich meine private Einschätzung in Übereinstimmung mit dem Historiker, der die letzten 10 (yup) Präsidentschaftwahlen richtig vorhergesagt hat, ohne dabei eine einzige Wahlumfrage zu berücksichtigen:

    https://archive.ph/QFTWf (ZEITplus-Interview: https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-10/allan-lichtman-us-wahl-praesidentschaft-voraussage)

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Floor Acita 10. Oktober 2024, 08:50

      Mein Geld ist -teils wortwörtlich- auch bereits seit Mitte August auf dieser Wette … so it better be true 😉

    • Dennis 10. Oktober 2024, 09:17

      Danke für den Link.

      Zitat Lichtmann:
      “ Nate Silver (ein bekannter US-Statistiker, Anmerkung der Redaktion) etwa prognostizierte 2016 Hillary Clinton eine 70- bis 80-prozentige Gewinnchance. Als sie verlor, sagte Silver, dafür habe er ja eine Chance von 20 Prozent angegeben. Das ist sinnlos. “

      Meine Rede^. Diese Art der Prognose ist absolute Kacke, weil sie IMMER zutrifft:

      Trump habe nur 1 % Wahrscheinlichkeit versus 99 % jemand anders —> Trump gewinnt tatsächlich, sozusagen „dennoch“.

      Finde den Fehler. Es gibt keinen; da ist kein „dennoch“. Die Prognose war richtig. Es sei denn man glaubt, jemand mit 6 „Richtigen“ im Lotto habe einen Fehler gemacht (weniger als 1%, viiiiiiel weniger).

      Ferner pflegen die Demoskopiefritzen – durchaus zu Recht – jedenfalls in D darauf hinzuweisen, dass die gelieferten Daten sich auf den Erhebungszeitpunkt beziehen, also streng genommen KEINE Prognosen sind. Ggf. wird die Frühstückstisch-These gezogen: Am Sonntagmorgen nochmal anders überlegt.

      Niemand interessiert sich aber in dieser Sache für etwas anders als für eine PROGNOSE, also eine Voraus-Kenntnis.

      Geht das überhaupt grundsätzlich, wenn menschliches Verhalten „im Spiel“ ist ? Als erstes muss man natürlich den so genannten „freien Willen“ verneinen und dann braucht man LÜCKENLOS sämtliche Einflussdaten. Kann man à la Lichtman auch als „keys“ bezeichnen. Nur hat der wirklich sämtliche keys an Bord? Aus diesem Grund vielleicht doch nicht so einfach 🙁 Immerhin: Je höher die Personenzahl, die ein Aggregat bilden, desto einfacher, weil sich u.a. auch die individuellen Charaktereigenschaften aggregieren; die dürfen natürlich nicht als „frei“ angenommen werden, sind aber auch keys. Ferner ist eine rein binäre Auswahl natürlich hilfreich.

      Jetzt braucht man nur noch ganz viel Rechnerkapazität aus Myriaden von Erfahrungsdaten und die Sache läuft^^.

    • Stefan Sasse 10. Oktober 2024, 13:17

      Siehe meine andere Antwort: die Idee der moderaten Wechselwählenden, die quasi auf Policy-Basis entscheiden, ist eine Mirage.

      • Thorsten Haupts 10. Oktober 2024, 13:37

        Was genau? Ich habe Deine Worte bisher so gelesen, dass es keine Wechselwähler in nennswerter Zahl (mehr) gibt, was ich bestreite. Nicht bestreiten werde ich, dass diese ihre Wahlentscheidungen vermutlich nicht von Programmerwägungen leiten lassen, nur war das IMHO nicht die Frage.

        • Stefan Sasse 11. Oktober 2024, 14:37

          Mein Punkt ist, dass es keine nennenswerten Wechselwählenden gibt, die wegen Policy unentschlossen sind.

  • Thorsten Haupts 10. Oktober 2024, 10:39

    Geht das überhaupt grundsätzlich, wenn menschliches Verhalten „im Spiel“ ist ?

    Ich folge da mal Isaac Asimov, der auf der These, dass das geht, die wohl berühmteste Romanserie der Science Fiction gebaut hat (Foundation).

    Je höher die Personenzahl, die ein Aggregat bilden, desto einfacher, weil sich u.a. auch die individuellen Charaktereigenschaften aggregieren; die dürfen natürlich nicht als „frei“ angenommen werden, …

    Halte ich für einen Fehlschluss, weil die Freiheitsgrade praktisch immer durch die Umstände begrenzt sind und über eine grosse Zahl aggregierte Werte im Ergebnis gegenüber einzelnen Ausreissern völlig blind sind. Aggregierte Werte sind perfekt kompatibel mit individuell freier Entscheidung. Was der praktischen Umsetzung viel mehr im Wege steht, ist die Identifikation der wesentlichen Treiber menschlichen Gruppenverhaltens, da scheint Lichtmann für US-amerikanische Präsidentschaftswahlen bisher die richtige Auswahl getroffen zu haben (oder er hatte einfach serielles Glück).

    Gruss,
    Thorsten Haupts

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