Der globale Süden kauft nach dem Mathe-Abi massenhaft Coronamasken auf einem Brot von Sahra Wagenknecht – Vermischtes 24.07.2024

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Im Kaufrausch

Die kürzlich veröffentlichten Protokolle des Corona-Krisenstabs der Bundesregierung offenbaren einige fragwürdige Entscheidungen während der Pandemie. Im Juli 2020 drängte die Türkei erfolgreich auf eine Aufhebung der Reisewarnung für ihre touristischen Gebiete, trotz Bedenken des Gesundheitsministeriums. Dies führte zu zahlreichen Corona-Einschleppungen aus der Türkei, was später zur Wiedereinführung der Reisewarnung im November 2020 führte. Des Weiteren zeigen die Protokolle einen übermäßigen Kauf von Desinfektionsmitteln durch das Gesundheitsministerium, das 7,9 Millionen Liter für 50,2 Millionen Euro erwarb, von denen 6,7 Millionen Liter später zu einem Bruchteil des Preises weiterverkauft wurden. Zudem suchte die Bundesregierung Influencer, um Misstrauen gegenüber den klassischen Medien zu bekämpfen und bezahlte rund 489.000 Euro für deren Beiträge zur „Corona-Warn-App-Kampagne“. Ein bemerkenswertes Detail ist das Fehlen eines Protokolls einer wichtigen Sitzung im März 2020, in der eine „Schockwirkung“-Strategie vorgeschlagen wurde. Die genauen Gründe für das Fehlen des Protokolls wurden nicht erläutert. (Tagesschau)

Für mich laufen auf diesem Themenfeld zwei Dinge nebeneinander und durcheinander. Auf der einen Seite haben wir die Korruptionsvorwürfe gegen Jens Spahn und andere CDU-Politiker*innen in der sogenannten Maskenbeschaffungsaffäre. Soweit mein beschränktes Verständnis reicht, haben die sich persönlich bereichert, aber auf einer technisch legalen Art. Dazu kommt, dass es sich um bürgerliche Politiker*innen handelt, bei denen solche Verstöße eher akzeptiert werden, weswegen das keine großen Konsequenzen hatte. Auf der anderen Seite geraten gerade viele verschiedene Beschaffungen aus der Corona-Ära in die Kritik, weil sie entweder zu teuer oder überdimensioniert waren. Das finde ich eher wohlfeil. Zum einen ist man hinterher immer schlauer, und ich will nicht wissen was losgewesen wäre wenn entscheidende Vorräte gefehlt hätten, weil die Politik um ein paar Millionen zu sparen wenig geordert hätte. Das ist mal wieder so ein Feld, auf dem man effektiv nichts richtig machen kann und wo der Zeitdruck, die sich ständig entwickelnde Lage und die unklaren Informationen einfach bedacht werden müssen und man nicht die Covid-Erkenntnisse von 2024 auf 2020 anwenden kann. Das gilt natürlich auch für Jens Spahn.

2) „Nicht rechtsextrem und nicht linksextrem, wir sind transextrem“

Sahra Wagenknechts Partei, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), wächst langsam, weil neue Mitglieder eingehend geprüft werden. Das BSW verfolgt eine zentralistische Struktur, bei der die Führungsebene die Mitglieder auswählt. Diese Methode erinnert an den „Demokratischen Zentralismus“ Lenins. Die Partei ist besonders in Ostdeutschland erfolgreich, wo sie bei den bevorstehenden Wahlen an die Macht kommen könnte. Viele Mitglieder des BSW sind ehemalige Linke-Politiker, die sich von ihrer alten Partei entfremdet haben. Sie kritisieren, dass die Politik in Deutschland zu sehr von städtischen Eliten und parteilichen Interessen bestimmt wird und setzen auf pragmatische Lösungen. Das BSW ist ideologisch breit aufgestellt und vereint Positionen verschiedener Parteien. Ziel ist es, die AfD zu stoppen und das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen. (Marcus Jauer, ZEIT)

Der BSW ist echt eine weirde Partei. Sie durchschneidet die klassische politische Gesäßgeografie (Wagenknechts Rede vom „Linkskonservatismus“ ist glaube ich eine ziemlich zutreffende Selbstbeschreibung) und ihre Organisation und Aufbau entspricht überhaupt nicht klassischen Mustern. Wie bereits die LINKE und im Trend die AfD ist sie eine ostdeutsche Regionalpartei. Es gibt Anknüpfungspunkte zu SPD und CDU. Komplett fremd sind ihr FDP und Grüne. Eine der größten Auffälligkeiten ist die geringe Anziehungskraft auf die AfD-Wählendenschaft; selbst von der FDP gibt es mehr Wechselwählende zum BSW als von der AfD, was den Berufsapologet*innen der Rechtsradikalen durchaus zu denken geben sollte. Ich bleibe allerdings skeptisch, was die dauerhafte Etablierung des BSW angeht. Wagenknecht ist keine gute Führungskraft, und ob der Rest des Ladens das Auffangen kann, wird sich zeigen.

Siehe zum Thema auch diesen Kommentar in der Welt.

3) The world’s next food superpower

Die Araku Valley in Indien hat sich von einem von Armut und Gewalt geprägten Gebiet zu einer erfolgreichen landwirtschaftlichen Region entwickelt. Früher betrieben die Bewohner Brandrodungslandwirtschaft, heute bauen sie hochwertigen Kaffee an, der in Europa und in Cafés in Bangalore, Mumbai und Paris verkauft wird. Dies zeigt, wie mit den richtigen politischen Maßnahmen auch andere ländliche Gebiete Indiens ähnliche Erfolge erzielen könnten. Indien hat seit den 1950er Jahren Fortschritte in der Landwirtschaft gemacht, kämpft jedoch weiterhin mit Ineffizienzen. Obwohl die Landwirtschaft fast die Hälfte der indischen Arbeitskräfte beschäftigt, trägt sie nur 15 % zum BIP bei. Subventionen und Regulierungen verzerren die Anreize und beeinträchtigen die Produktion. Höhere Erträge könnten Indien zu einem bedeutenden Akteur auf dem globalen Agrarmarkt machen und die wirtschaftliche Lage verbessern. Das Beispiel der Araku Valley zeigt, wie kooperative Ansätze und Investitionen in hochwertige landwirtschaftliche Produktion den Wohlstand steigern können. Doch um landesweite Fortschritte zu erzielen, müssen strukturelle Probleme wie unzureichende Bewässerung, fehlende Infrastruktur und geringe Mechanisierung angegangen werden. Die Regierung sollte vermehrt in Forschung und Entwicklung investieren und überflüssige Eingriffe in den Markt beenden, um nachhaltiges Wachstum zu fördern. (The Economist)

Effizienzsteigerungen in der Landwirtschaft sind, zumindest wenn man nach Joe Strudwells „How Asia works“ geht, das Erfolgsrezept für den Aufstieg der asiatischen Volkswirtschaften. Sie waren stets der erste Schritt, ob in Japan, Südkorea oder China (oder aktuell in Vietnam), wenn es um den Wachstumskurs dieser Region geht. Dass Indien eine furchtbar ineffiziente Landwirtschaft hat, erklärt auch das starke Auseinanderfallen der unterentwickelten ländlichen Regionen gegenüber den Wachstumshubs. Wenn Indien diese Steigerungen realisiert, worum es hier im Economist ja geht, würde das einen weiteren großen Agrarexporteur schaffen – mit einerseits großen Herausforderungen für Klima und Umwelt, die immer an solchen Entwicklungen einhergehen, als auch entsprechenden Chancen durch die Effizienzsteigerung. Und das wäre globalpolitisch relevant.

4) Warum das verpflichtende Mathematik-Abitur weg muss

In einigen Bundesländern Deutschlands, wie Bayern, Sachsen und Hessen, ist das Mathematik-Abitur verpflichtend. Dies führt bei vielen Schülern zu erheblichen Schwierigkeiten, da sie komplexe mathematische Konzepte und Formeln lernen müssen, die sie in ihrem späteren Berufsleben wahrscheinlich nie wieder benötigen. Viele Schüler sind in Mathematik schwach, was nicht ihre Intelligenz infrage stellt, sondern lediglich eine Fachunbegabung bedeutet. Es wird argumentiert, dass junge Menschen gegen Ende ihrer Schulzeit durchaus in der Lage sind, selbst zu entscheiden, welche Fächer für ihre beruflichen Ziele relevant sind. Ein Beispiel ist jemand, der Germanistik studieren möchte und dafür keine Vektorrechnung braucht. Es wird daher gefordert, dass Schüler die Möglichkeit haben sollten, ihre Abiturprüfung in einem Fach abzulegen, das für ihre Zukunft nützlicher ist. Bayern plant ab 2026, das Mathematik-Abitur optional zu machen. Diese Flexibilität sollte deutschlandweit eingeführt werden, da nicht jeder Beruf tiefgehende mathematische Kenntnisse erfordert. So wie ein Bäcker kein Metzger sein muss, muss ein Germanist keine komplexen mathematischen Funktionen beherrschen. (Felix Kühn, Welt)

Es ist eine Dauerdiskussion, die sich ständig zwischen zwei Polen bewegt. Auf der einen Seite ist das Abitur die „allgemeine Hochschulreife“, das heißt, sie befähigt zum Studium jedes Fachs an allen deutschen Universitäten. Daher erfordert sie auch eine breite Basis an Kompetenzen. Das ist stets das Argument für die Standards; 2004 etwa führte Baden-Württemberg verbindlich Deutsch und Mathe als Hauptfächer für alle ein (und schaffte Leistungs- und Basisfach ab), nur um 2021 wieder zu einem solchen System zurückzukehren. Auf der anderen Seite steht die Wahlfreiheit der Schüler*innen, die sich an ihren Stärken ausrichten sollen. Mein Hauptproblem mit dem Argument für verpflichtendes Matheabi (nicht Matheunterricht, den stellt niemand in Frage!) ist, dass es offenkundig nicht zu dem Effekt führt, der erwünscht ist. Nur weil man etwas abprüft, wird das noch lange nicht gekonnt. Das gilt natürlich nicht nur für Mathe.

5) Vergesst den Globalen Süden!

Der Fall der Berliner Mauer 1989 offenbarte, dass die Zustände hinter dem Eisernen Vorhang vielfältiger waren als zuvor angenommen. Statt eines einheitlichen Ostblocks gab es unterschiedliche Kulturen und politische Eigenheiten. Der Historiker Timothy Garton Ash zeichnete damals ein differenziertes Bild dieser Vielfalt, was lehrt, dass grobe Vereinfachungen irreführend sind. Heute wiederholt sich dieses Phänomen mit dem „Globalen Süden“. Länder wie Burundi und Südafrika werden pauschalisiert, obwohl der Süden extrem divers ist. Trotz großer Herausforderungen haben viele dieser Länder bedeutende Fortschritte gemacht, beispielsweise im Kampf gegen Kindersterblichkeit und Analphabetismus. Afrika und Südasien erleben aufregende Entwicklungen, mit Ländern wie Nigeria und Kenia, die sich als aufstrebende Wirtschaftsmächte etablieren. Der schwedische Arzt Hans Rosling zeigte in seinem Buch „Factfulness“, dass sich die Welt langfristig verbessert, was oft übersehen wird. Solche positiven Entwicklungen, wie Mindestlöhne für Künstler im Senegal oder Schulen für Mädchen in Kambodscha, geben Hoffnung und Perspektiven für eine bessere Zukunft. (Ullrich Fichtner, Spiegel)

Die Vorstellung, die Hälfte der Weltbevölkerung in eine Kategorie packen zu können, ist natürlich inhärent albern, keine Frage. Auf der anderen Seite sind Vereinfachungen aber in einem gewissen Ausmaß auch notwendig. Die Welt ist viel zu komplex, als dass man ohne sie auskäme. Die Frage für mich ist daher weniger, ob hier Diversität unberechtigt eingestampft wird, sondern wie nützlich die entsprechende Kategorie ist (wir reden ja auch von „dem Westen“ und packen da reichlich diverse Länder rein, und trotzdem ist es eine sinnvolle Kategorie). Hier allerdings hat Fichtner völlig Recht: die Kategorie ist nicht sonderlich zielführend. Es gibt natürlich nicht so etwas wie eine offizielle Definition, aber da wird definitiv zu wenig differenziert. Aber: ich habe das Gefühl, dass die Kategorie ohnehin fluide gebraucht wird. Spricht man über Ökonomie, ist „der globale Süden“ eher die Gruppe der unterentwickelten Länder; spricht man über die Reaktionen zu Gaza, gehört plötzlich auch eine Nation wie Südafrika oder Indien dazu. Das ist jedenfalls mein Eindruck.

Resterampe

a) Kunststoffabgabe kommt 2025 für die Unternehmen. Richtig so. Abschaffung von Subventionen und Regeln über den Preis.

b) Genderverbote: Bayerns Kultusminister Anna Stolz setzt nun sogar Paarformen („Schülerinnen und Schüler“) auf den Index. Nein, nein, die CSU macht keinen Kulturkampf, nein.

c) Why are conservatives such damn gold bugs?

d) Ricarda Lang: Auch Grünen-Co-Chefin kritisiert Friedrich Merz‘ Eurofighter-Flug. So ein Blödsinn. Politik hat auch eine Pflicht zur Inszenierung.

e) Democracy and socialism.

f) The greatest economy ever?

g)


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{ 134 comments… add one }
  • Tim 24. Juli 2024, 09:19

    (1 – Corona-„Korruption“)

    Zum einen ist man hinterher immer schlauer, und ich will nicht wissen was losgewesen wäre wenn entscheidende Vorräte gefehlt hätten, weil die Politik um ein paar Millionen zu sparen wenig geordert hätte.

    Stimme Dir vollkommen zu. Man kann rund um Corona viel kritisieren, zu hohe Kosten für Masken, Desinfektionsmittel etc. gehören aber mit Sicherheit nicht dazu. Mit derselben Quatschargumentation könnte man eine Armee auch dafür anklagen, in Friedenszeiten zuviel Munition gekauft zu haben (gut, diese Klage ist bei der Bundeswehr unwahrscheinlich).

    Was man in Krisen im Kopf haben sollte: You never know. Gerade der Staat sollte in bestimmten Bereichen immer auf Worst-case-Scenarios vorbereitet sein. Dafür haben wir ihn schließlich.

    Eine alberne Debatte, die nur zeigt, was für ein irres Staatsverständnis manche Bürger haben. Wichtige Dinge sind ihnen völlig egal, Details haben höchste Priorität.

  • Sören Schmitz 24. Juli 2024, 09:20

    zu 1)
    Das in einer Situation höchster Unsicherheit unter zeitlichem Druck Fehlentscheidungen getroffen wurden, geschenkt.
    Was ich aber nicht verstehe ist, wenn der damalige Gesundheitsminister entgegen der Empfehlungen seines Fachministeriums einen höheren Preis genehmigt, als notwendig. Ich hoffe nur, dass dieses Verhalten so viele Spuren hinterlassen wird, dass Herr Spahn künftig nicht mehr ein Ministerkandidat in der Union sein wird.

    • Erwin Gabriel 24. Juli 2024, 10:38

      @ Sören Schmitz 24. Juli 2024, 09:20

      zu 1) Im Kaufrausch

      Was ich aber nicht verstehe ist, wenn der damalige Gesundheitsminister entgegen der Empfehlungen seines Fachministeriums einen höheren Preis genehmigt, als notwendig. Ich hoffe nur, dass dieses Verhalten so viele Spuren hinterlassen wird, dass Herr Spahn künftig nicht mehr ein Ministerkandidat in der Union sein wird.

      Das hoffe ich auch, aber vermutlich vergeblich.

  • Tim 24. Juli 2024, 09:24

    (a – EU-Kunststoffabgabe)

    Welches Problem soll damit bitte gelöst werden?

  • Erwin Gabriel 24. Juli 2024, 10:44

    a) Kunststoffabgabe kommt 2025 für die Unternehmen.

    Richtig so. Abschaffung von Subventionen und Regeln über den Preis.

    Das größte Hindernis für die Kreislaufwirtschaft ist nicht die Wirtschaft, sondern der Staat. Statt wiederverwertbare Materialien als „Rohstoffe“ zu definieren, werden sie als „Abfall“ deklariert und unterliegen als solcher sehr restrektiven Bestimmungen, etwa beim Sammeln, lagern und Weiterverarbeiten. Dadurch wird der Einsatz recyclebarer Materialien oft teurer als neues Material.

    • CitizenK 24. Juli 2024, 12:01

      Asbest und andere Schadstoffe?

      • Erwin Gabriel 24. Juli 2024, 16:13

        @ CitizenK

        Asbest und andere Schadstoffe?

        Nein, das ist nicht das Thema. Für Schadstoffe wie Asbest gibt es eigene Regeln.

        Ich meine ganz normale Stoffe, die problemlos zu wiederverwertbar wären. Wenn man gebrauchtes Material als „Material“ definiert, kann man es entsprechend lagern. Definiert man es als „Abfall“, gelten für den Lagerort die gleichen Vorschriften, Auflagen, Prüf-, Kontroll- und Sicherheitsvorschriften wie für eine Müllkippe.

        Wenn Du ein Grundstück mit Sand hast, darfst Du den beispielsweise als Grundlage für einen gepflasterten Weg nehmen. Soll der Weg dann auf der anderen Seite des Hauses verlaufen, müsste der Sand theoretisch auf eine Deponie, und Du musst neuen kaufen, das wäre der billigste Weg (nicht, dass bei einem Privatgrundstück irgendeiner mault).

        Aber für Abfälle gelten deutlich strengere Vorschriften wie für vergleichbare Rohstoffe, selbst wenn es in der Praxis keinen Unterschied macht. Führt dazu, dass z.B. ein Haus billiger wird, wenn Du alles neu machst. Nutzt Du Baustoffe der Kreislaufwirtschaft, wird es teurer, und der Bauunternehmer muss Dich darauf hinweisen, dass Dein Haus aus Abfall gebaut wurde. Kein Scherz.

        Sehr viele Unternehmen, die sich mit viel Aufwand und Einsatz der Kreislaufwirtschaft verschrieben hatten, haben inzwischen diesen Teil Ihres Geschäfts wieder eingestellt.

  • Erwin Gabriel 24. Juli 2024, 10:47

    b) Genderverbote: Bayerns Kultusminister Anna Stolz setzt nun sogar Paarformen („Schülerinnen und Schüler“) auf den Index.

    Nein, nein, die CSU macht keinen Kulturkampf, nein.

    Ich lese hier nichts über Wärmepumpen 🙂

    • cimourdain 24. Juli 2024, 11:08

      Wenn Sie es in diesem Zusammenhang lesen wollen, hier bitte: „Wärmepumpen und Wärmepumper“ („Die Pumpe“ ist generisches Femininum)

      • derwaechter 24. Juli 2024, 16:06

        Wärmepumpende!

        • Tim 24. Juli 2024, 16:08

          🙂 🙂

      • Erwin Gabriel 24. Juli 2024, 16:16

        @ cimourdain

        … Wärmepumpen und Wärmepumper“ („Die Pumpe“ ist generisches Femininum)

  • Erwin Gabriel 24. Juli 2024, 10:49

    @ Tim 24. Juli 2024, 09:24

    a) Kunststoffabgabe kommt 2025 für die Unternehmen.

    Welches Problem soll damit bitte gelöst werden?

    Vermutlich soll der Staat dazu gebracht werden, Recycling und Kreislaufwirtschaft zu fördern statt weiterhin auszubremsen 🙂

    • Tim 24. Juli 2024, 11:03

      Ich frage mich lediglich, welche Arten von Kunststoff die EU als Problem betrachtet und welche Alternativen sie in den jeweiligen Bereichen für umweltschonender hält.

      Erst kürzlich hat sie ja auf dem Gipfel der Idiotie Verschlüsse von Plastikflaschen reguliert. Will sie nun Glasflaschen fördern, die – meistens – die Umwelt mehr belasten? Oder geht es ihr um die Kunststoffkomponenten in Autoreifen, die heute ja bis zu 50 % ausmachen können? Oder Kunststoffe in Textilien, Geräten/Maschinen, Baustoffen, Medizinprodukten? Die Umweltwirkungen unterscheiden sich drastisch.

      Die tatsächlichen Plastikprobleme dieser Welt (in Südostasien und Afrika) wird sie vermutlich nicht im Sinn haben.

      Mein Eindruck ist, dass einige EU-Profis inzwischen die Brillanz des Emissionsrechtehandels begriffen haben und nun die Idee „Regulierung durch Preise“ euphorisch auf andere Bereiche anwenden möchten, die sie für relevant halten. 🙂

  • Erwin Gabriel 24. Juli 2024, 10:51

    e) Democracy and socialism.

    Da hat jemand die Menschen so gar nicht verstanden 🙂

    • Tim 24. Juli 2024, 11:08

      Das Problem des Sozialismus war bekanntlich schon immer, dass es praktisch keine Sozialisten gibt.

      Sieht man übrigens auch bei den wenigen Sozialisten selbst. Sie hätten über Genossenschaften schon längst eine relativ sozialistische Parallelwirtschaft aufbauen können … haben sie aber nicht.

      Die Lieblingstätigkeiten der Sozialisten sind nun mal fordern und zwingen, aber nicht machen. 🙂

    • Thorsten Haupts 25. Juli 2024, 08:42

      Yup. Die theoretischen Sozialisten haben mir als politisch engagiertem Studenten mal grosse Sorgen gemacht. Bis ich sie kennenlernte. Kevin Drum glaubt ernsthaft, der „Sozialismus“ sei überlagert oder ausser Kraft gesetzt durch andere Themen. Womit er bei mir grosse Zweifel an seiner Erkenntnisfähigkeit auslöst 🙂 . Menschen sind nur genau solange Sozialisten, wie sie sich einbilden können, den Preis dafür trügen andere und sie würden davon ausschliesslich profitieren.

  • cimourdain 24. Juli 2024, 11:05

    1) Deine Unterscheidung ist richtig.
    a) Vorteilsnahme hat es gegeben; Diese befand sich in einer rechtlichen Grauzone (Maskenaffäre), aber diese Rechtslücke hat 2024 die Ampelkoalition mit dem § 108f StGB (hoffentlich) geschlossen.
    b) Hier hat jemand die Zahlen bei Desinfektionsmitteln angesehen und in Relation gesetzt. In dem Bereich waren es wohl keine Panikkäufe.
    https://scilogs.spektrum.de/relativ-einfach/corona-journalismus-am-zahlenschock-limit/

    2) Die im Artikel beschriebene Struktur einer Kaderpartei ist durchaus konsistent. Wagenknecht wirft anderen Parteien (vor allem der Linken) regelmäßig vor, von externen Interessen „unterwandert“ zu sein. Auf diese Weise will Sie „Ihre“ Partei davor schützen. Vielleicht erinnert sie sich auch an die Piratenpartei, die nach zwei gewonnenen Wahlen massive Eintrittswellen hatten und sich danach mittels interner Diskussionen, Querelen und Intrigen ins Abseits geschossen hatten.
    (Ein kleiner Lacher am Rande zum Thema: Küppersbusch hat das BSW als „Radio Luxemburg“ bezeichnet. Nett)

    3) Der Economist rechnet die Bedeutung der indischen Landwirtschaft systematisch herunter. Indien ist für 7,5 % der weltweiten Agrarproduktion verantwortlich. Vor allem Getreide wird so viel produziert, dass Indien einer der wichtigsten Exporteure ist. Was Ökonomen unter „Effizienzsteigerung verstehen, hat oft fatale Folgen: intensive Produktion von „cash crops“ (im Artikel wird Kaffee erwähnt), Bodenverarmung, Absenken des Wasserspiegels, Verlust der Sortenvielfalt, Verlust ökologischer „Saumflächen“.

    4) Was eigentlich dahintersteckt (Warnung: VT): Mit ihrem Allgemeingültigkeitsanspruch unterwandert die Mathematik den neotheologischen Anspruch der Journalisten auf Deutungshoheit. Wo kämen wir da hin, wenn jeder Abiturient aus Mengenverhältnissen (siehe Fundstück 1), Statistiken, Wachstumsfunktionen eigene Schlüsse zieht. Als nächstes wollen sie auch noch die Bibel selber lesen.

    5) Das ist doch eine Betrachtungsweise, die sich aus dem kalten Krieg resultiert. Die Länder Asiens, Afrikas, Lateinamerikas (erinnerst du dich noch an den Begriff Trikont) nahmen in Anspruch, dass der eigentliche Konflikt nicht zwischen West und Ost (Nato/Warschauer Pakt) sondern zwischen Norden (= West + Ost) und Süden (der Rest) stattfindet. „Ost“ in diesem Sinne gibt es seit 1990 nicht mehr, also bleibt nur noch „Westen“ gegen den „Rest der Welt“ [Zyniker: Dein Beispiel Südafrika ergibt in diesem Zusammenhang Sinn, das Land hat mit Abschaffung der Apartheit westliche Werte („white supremacy“) aufgegeben]

    a) Bemerkenswert im Artikel: Eine Plastikabgabe der EU gibt es seit 2021, bisher hat der Staat sie bezahlt.

    b) Sei ehrlich: Eine ähnlich dumme Regelung hätte auch bei einen Gendergebot kommen können. Die Narretei ist es, da überhaupt Vorschriften zu machen.

    d) Das ist mit Verlaub Untertanengeist. Für Selbstinszenierung gibt es die üppigen Parteikassen und die Pauschalen. Da noch jede Selbstbedienung mit einer angeblichen „Pflicht“(!) zu Selbstinszenierung zu rechtfertigen, ist albern. Aber natürlich ist Lang auch gut heuchlerisch unterwegs, auch die Bundesregierung hat für ihre Flüge zur Fußball-EM (2024 Deutschland, verschiedene Spielstätten) eine halbe Million Euro verbraten.

    • Dennis 24. Juli 2024, 17:54

      Zitat Cimo:
      „auch die Bundesregierung hat für ihre Flüge zur Fußball-EM (2024 Deutschland, verschiedene Spielstätten) eine halbe Million Euro verbraten.“

      Okay, durchgeführt von der Flugbereitschaft der Bundeswehr. Die gib’s aber sowieso^, auch ohne EM.

      Desdewege hat das Verteidigungsministerium auch darauf hingewiesen, dass es sich um eine

      „Vollkostenkalkulation der jeweils eingesetzten Luftfahrzeuge (inklusive Personalkosten)“ handelt. Die Flugstunden sind im Jahresprogramm der Bundeswehr abgedeckt und „werden zum Zwecke des Lizenzerhalts-/erwerbs der Luftfahrzeugführer eingesetzt“.

      Grenzkostenmäßig also praktisch umsonst 🙂 , im Gegenteil: Die Pilot_innen können üben und das müssen die doch eh. Ob der Scholz oder sonst wer jetzt bei solchen Flügen mitfliegt oder nicht ist doch ganz egal; In der Luft schwebend kann immerhin keiner irgendwelche Dummheiten machen.

      • Stefan Pietsch 24. Juli 2024, 18:24

        Ich stelle mich freiwillig für Flüge der Bundeswehr zur Verfügung, damit die in Übung bleiben! Könnten die mich bitte morgen von Gelnhausen (Hessen) nach Mallorca bringen?

      • cimourdain 25. Juli 2024, 08:20

        Dem distanzierten Beobachter fällt auf, dass sich die Rechtfertigung bei beiden „Flugaffären“ 1:1 gleichen: Das Flugzeug hätte eh bewegt werden müssen, ich habe mich nur „dazugesetzt“. (bei der Gelegenheit erinnere ich auch an Helikoptermutti Lamprecht, die „sowieso diesen Standort besuchen wollte“). Kann man als Buchhalter beides akzeptieren oder beides nicht akzeptieren.

        Interessanter Nebenkriegsschauplatz bei der Angelegenheit: Wie kommt Fritzchen eigentlich als Zivilist überhaupt auch nur in die Nähe eines BW-Kampfflugzeugs während Normalbetrieb. Einzige kleine Rechtfertigung ist, dass er im Verteidigungsausschuss hockt (und dort dafür sorgen muss, dass die Mittel der Bundeswehr auch zielführend eingesetzt werden).

        • Thorsten Haupts 25. Juli 2024, 10:13

          Einzige kleine Rechtfertigung …

          Unsinn. Merz ist Chef der grössten Oppositionspartei und zumindest möglicher zukünftiger Kanzler. Sein Zivil-/Soldatenstatus ist für sein Mitfliegen in einem Kampfflugzeug dagegen völlig irrelevant.

          • cimourdain 25. Juli 2024, 13:56

            Ich hoffe, dass das nicht so ist, wenn mal die AfD die stärkste Oppositionspartei ist.

            • Thorsten Haupts 26. Juli 2024, 10:39

              DIE Hoffnung ist vergeblich, solange die AfD nicht verboten wird. Nach den ständigen starken Worten ihrer Gegner müsste das Verbot eigentlich supereinfach zu erwirken sein, weil alles Rechtsextremisten.

        • Stefan Pietsch 25. Juli 2024, 10:17

          Die Begründungen gleichen sich eben nicht.

          Der Übungsflug der Bundeswehr war angesetzt, daily business.

          Der Flug Baerbocks war gesondert. Detlev Schulze meinte, die Maschine wäre wegen Scholz nach Frankfurt geflogen. Das ist so nicht richtig. Der Bundeskanzler kam mit dem Regierungsflieger nach Frankfurt, er flog aber am Abend mit der gleichen Maschine zurück. Tatsächlich folgen zwei Maschinen der Luftbereitschaft nach Frankfurt. Scholz nutzte die eine für den Rückflug nach Brandenburg, Baerbock flog mit der zweiten weiter nach Luxemburg.

          Das EM-Gruppenspiel war eine private Verantstaltung von Baerbock. Sie hatte, anders als der Bundeskanzler, keine offizielle Funktion. Um das in Frankfurt bestehende und von den Grünen durchgesetzte Nachtflugverbot einzuhalten, hätte der zweite (Ersatz-) Flieger auch am nächsten Morgen nach Luxemburg weiterfliegen und Frau Baerbock dort aufgabeln können.
          https://www.spiegel.de/politik/deutschland/nach-em-spiel-warum-baerbock-im-regierungsflieger-das-nachtflugverbot-umging-a-17fd8735-b280-4238-b2a7-cb701eb77bbe

          Der Unterschied zwischen Baerbock und Merz liegt auch in der politischen Haltung: Die Außenministerin selbst hat Maßstäbe postuliert, an die sie sich nicht hält. Dazu umgeht sie eine gesetzliche Regelung, was Merz eben nicht getan hat.

          Die Bundesaußenministerin ist ja in der Nutzung von solchen Annehmlichkeiten verhaltensauffällig:
          Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat sich einen Extra-Flieger nach Kopenhagen beordert, um drei Stunden früher wieder in Berlin zu sein.

        • Stefan Sasse 25. Juli 2024, 10:17

          Große Gemeinsamkeit: es ist immer das vom politischen Gegner inakzeptabel und schrecklich.

          • Stefan Pietsch 25. Juli 2024, 12:35

            Es wäre schon ein Gewinn, würden die Grünen das nächste Mal bei der Frage nach Nachtflugverbot und Flugsteuern einfach mal die Klappe halten. Und von den Bürgern nicht verlangen, dass sie innerdeutsch mit dem Zug fahren. Denn sie selbst machen es ja auch nicht.

            Leider ist das eine vergebliche Hoffnung, was die Verteidigung der Doppelmoral der Moralisten hier zeigt. Und auch Ricarda Lang ist hoffnungslos merkbefreit.

            Heute blockierten Mitglieder der grünen Vorfeldorganisation Letzte Generation den Frankfurter Flughafen und sorgte dafür, dass tausende Bürger nicht in ihren Sommerurlaub starten konnten. Es ist nicht lange her, da verteidigten grüne Prominente noch derartiges kriminelles Verhalten und Kommentatoren echauffieren sich bis heute, dass solche Klimakriminellen härter als Falschparker bestraft werden.

            Vielleicht sollten die Kriminellen demnächst mal Baerbocks Regierungsflieger blockieren und mit orangener Farbe besprühen. Schließlich wollen sie ja die Bundesregierung nötigen einen neuen Klimavertrag zu schließen. Da sollte man doch bei der grünen Außenministerin anfangen. Aber Lang wird lieber demnächst wieder auf Friedrich Merz schimpfen, wenn der auf eigene Kosten mit seinem Privatflugzeug unterwegs ist.

        • Stefan Pietsch 25. Juli 2024, 10:18
  • Stefan Pietsch 24. Juli 2024, 11:48

    1) Im Kaufrausch

    Auf der einen Seite haben wir die Korruptionsvorwürfe gegen Jens Spahn und andere CDU-Politiker*innen in der sogenannten Maskenbeschaffungsaffäre. Soweit mein beschränktes Verständnis reicht, haben die sich persönlich bereichert, aber auf einer technisch legalen Art.

    Das ist für seriöse Menschen eine Unverschämtheit. Juristen wie der Volksmund verstehen unter einer persönlichen Bereicherung einen Vermögenszuwachs zu Lasten Dritter mit illegalen Mitteln. Strafrechtlich käme im Falle von Spahn der Untreueparagraf § 266 StGB in Frage. Eine solche persönliche Bereicherung versuchten linke Medien dem damaligen Gesundheitsminister Spahn anzudichten. Aber der Vorwurf ist fern jeder Realität. Der Arbeitgeber des Ehepartners von Spahn wurde wie andere im Rahmen des sogenannten Open-House-Verfahrens bedacht. Nutznießer war damit jedoch die Burda GmbH, an der Daniel Funke nicht beteiligt ist.

    Ganz anders verhält sich die Sache bei den Grünen-Politikern Robert Habeck, Annalena Baerbock und Ricarda Lang. Die damaligen Vorstandsmitglieder der Grünenpartei genehmigten sich 2020 sowohl den Corona-Bonus als auch Weihnachtsgeld. Dies wurde sowhl von parteiinternen Rechnungsprüfern als auch dem Bundesrechnungshof als ungerechtfertigt angesehen, da keine Rechtsgrundlage vorlag. Die Zahlungen mussten zurückerstattet werden.

    Also, wenn Leute, mit denen sich Stefan identifiziert, Rechtswidriges tun, ist das in Ordnung. Wenn Politiker, die er nicht mag, ordnungsgemäß handeln, sind sie im Grunde kriminell.

    Auf der anderen Seite geraten gerade viele verschiedene Beschaffungen aus der Corona-Ära in die Kritik, weil sie entweder zu teuer oder überdimensioniert waren. Das finde ich eher wohlfeil.

    Das ist das Todschlagsargument par excellence. Die Bundesregierung rechtfertigte jegliche Beschaffung in der Krise als notstandsbedingt, egal ob es sich um Masken, Corona-Tests oder Impfstoffe handelte. Stets wurde viel zu viel zu absurden Preisen beschafft. Das ist das Muster und kein Zufall. Die Ampelregierung hat das Muster übernommen. Habeck rühmt sich noch heute, nach dem russischen Angriffskrieg 2022 in aller Eile die Gasspeicher wieder befüllt zu haben – zu Käufen an den Spotmärkten zu Phantasiepreisen.

    Angenommen Dein Haus würde aufgrund einer Naturkatastrophe oder eines Brandes morgen unbewohnbar. Hoteliers in der näheren Umgebung bieten Dir die Übernachtung zum Preis von 50.000 Euro. Wenn Du einschlägst, könntest Du Dich vor Deiner Familie als jemand feiern lassen, der auf die Schnelle eine neue Unterkunft gefunden hat, statt im Auto oder notfalls mal auf der Straße zu schlafen. Allerdings würde kein Mensch bei Sinnen so handeln.

    Natürlich kann man alles beschaffen, wenn man Phantasiepreise bezahlt. Da gibt es dann keine Knappheiten, die Preise gerade anzeigen. Aber es ist auch immer der sichere Weg in den Ruin.

    • Kning4711 24. Juli 2024, 12:38

      Muster und kein Zufall. Die Ampelregierung hat das Muster übernommen. Habeck rühmt sich noch heute, nach dem russischen Angriffskrieg 2022 in aller Eile die Gasspeicher wieder befüllt zu haben – zu Käufen an den Spotmärkten zu Phantasiepreisen.

      Die Alternative wäre gewesen, dass bei einem harten Winter der Gasnotfallplan gegriffen hätte mit erheblichen Auswirkungen auf Wirtschaft und ggf. Bevölkerung. Ich finde da gibt es von Seiten der Ampel bessere Beispiele, die man in Sachen Geldverschwendung aufrufen könnte (*hust* Tankrabatt *hust*) Ich bin froh, dass man nicht zittern musste, wenngleich es ein teures Unterfangen war.

      • Stefan Pietsch 24. Juli 2024, 14:25

        Die Alternative zu Chaos ist immer Notstand? Von Ihrer Lebenseinstellung her müssten Sie dann Chaot sein. 😉

        Bestand für die Bundesrepublik die Notwendigkeit, Anfang März 2022 die Gasspeicher bis Ende Mai voll zu bekommen? Nein. Ein gut organisierter Menschen (Wir reden hier nicht von den Grünen im Allgemeinen und Habeck im Speziellen) hätte zuerst einen Zeitplan gemacht: Bis wann brauche ich was? Ganz offensichtlich wurde das unterlassen, es gab nur ein einziges (nicht notwendiges) Ziel: Fülle die Gasspeicher so schnell wie möglich. So werden Chaoten beschrieben und außerhalb der Politik bekommen solche Menschen keinen verantwortungsvollen Job.

        Es wirft kein gutes Licht auf einen Teil der Wähler, wenn ihnen das völlig unwichtig ist. Ich halte nur dann die Rufe nach immer mehr Geld – höhere Steuern, mehr Schulden – für frech. Es soll nur die eigene Konzeptionslosigkeit und Unfähigkeit übertünchen. Warum fallen mir an der Stelle immer die Grünen mit Habeck und Paus ein?

        Wieso war der Tankrabatt Geldverschwendung? Der Tankrabatt war eine direkte Preissubvention. Dieses Ziel wurde erreicht. Linke haben eigentlich kein Problem mit Preissubventionen und die Grünen (Gasumlage) schon gar nicht. Preissubventionen für E-Autos, für E-Heizungen, für Solar und Wind, für Bahnfahrer (Deutschland-Ticket). Alle sind nach dem gleichen Konzept der direkten Preissubventionierung entworfen. Wenn Sie also den Tankrabatt als Geldverschwendung sehen, müssen Sie zwingend zu dem Ergebnis kommen, dass auch die anderen Formen der Preissubventionierung reine Geldverschwendung sind. Darauf könnten wir uns ja leicht einigen, nur: Sie unterscheiden halt nicht nach dem Instrument, sondern Ihrer politischen Opportunität. Danach ist dann alles, was den eigenen Zielen widerspricht, Verschwendung und was da reinspielt, gut.

        Das kann man so natürlich handhaben, ist aber nicht mehr als Stammtisch, ohne jede Seriosität und wissenschaftliche Neutralität. Denn der Begriff der Verschwendung lässt sich durchaus auch objektivierbar machen. Wenn man will.

    • cimourdain 25. Juli 2024, 10:17

      1) Bei Selbstbedienung von Politikern bin ich ja auch eher eine Buchhalterseele, aber wenn Sie von verschwendeten Milliardenbeträgen und zig Millionen, die in „Beraterhonorare“ geflossen sind, mit „Ein paar Grüne haben sich 1.500 € Coronabonus abgegriffen“ weglenken, fehlt mir doch die Relation.

      • Stefan Pietsch 25. Juli 2024, 12:40

        Kleiner Blick ins Strafgesetzbuch: Eine Relativierung einer Straftat nach Betragshöhe gibt es nicht. Wer 100 mal 10 Euro stiehlt, ist trotz des geringen Schadens ein Serientäter und betreibt seine Taten gewerbsmäßig (mindestens 5 Jahre Freiheitsstrafe).

        Jens Spahn hat nichts Illegales getan und er hat sich vor allem nicht selbst bereichert. Habeck, Baerbock und Lang haben das jedoch getan. Dennoch verurteilt Stefan (und Sie ja auch) den CDU-Politiker und verteidigen die Grünen. Das ist Fantum.

        • cimourdain 25. Juli 2024, 14:40

          Missverständnis: Es geht mir gar nicht um Jens Spahn – da bin ich ein Freund von Hanlons Razor, solange keine konkreten Hinweise
          auf Bereicherung vorliegen, ist er für mich schlimmstenfalls unfähig aber unschuldig. Nur ist in diesem Zusammenhang der Verweis auf Fehlverhalten in anderen Parteien nur dann sinnvoll, wenn es tatsächlich vergleichbar ist. Der zweite Teil Ihrer Ausführungen, der Vergleich mit Robert Habeck, der in einer ähnlichen Situation (Notwendige schnelle Beschaffung knapper Güter) ähnlich gehandelt hat (Panikkäufe zu massiv überhöhten Preisen) ist viel wertvoller, weil es die grundsätzliche Schwachstelle des Systems aufzeigt.

  • Stefan Pietsch 24. Juli 2024, 11:54

    2) „Nicht rechtsextrem und nicht linksextrem, wir sind transextrem“

    Ich erinnere mich an einen Stefan Sasse, der Wagenknecht vorwarf, die Linkspartei zur eigenen Profilierung zu benutzen. Wie so oft völlig neben der Sache. Heute sieht jeder, dass die LINKE von Wagenknecht profitierte, nicht umgekehrt. Deswegen halte ich auch die Position für nicht sehr valide:

    Ich bleibe allerdings skeptisch, was die dauerhafte Etablierung des BSW angeht.

    Ein Blick ins Ausland könnte einem Analytiker eine Idee geben, ob solche Konzeptionen tragfähig und dauerhaft überlebensfähig sind oder nicht. In Frankreich, Spanien (Podemos), Italien (5-Sterne) oder Griechenland (Syriza) zeigten sich solche linken Konstrukte mit national(istischen) Elementen als erstaunlich populär.

    So könnte man eine politische Analyse aufbauen, statt auf Bauchgefühl zu vertrauen.

    • Tim 24. Juli 2024, 14:42

      Müssen diese dauernden Sticheleien gegen Stefan Sasse sein? Das ist unfair, unangemessen und unangenehm.

      • Stefan Pietsch 24. Juli 2024, 16:51

        Hm, Stefan ist ein kluger Blogger und in seinem Wesen um Ausgleich bemüht. Aber er hat eine unterschwellige Aggressivität und Geringschätzung, die immer wieder an die Oberfläche durchbricht. Der Erfolg von Sahra Wagenknecht wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, seine frühere Einschätzung und Vorhalte (!) zu korrigieren.

        Im Oktober 2022 schrieb er:
        Ich hoffe ja wirklich, dass Sahra Wagenknecht eine eigene Partei gründet. (..) Wenn Wagenknecht ihre Grenzen nicht aus dem #Aufstehen-Desaster gelernt hat, dann weiß ich auch nicht. (..)

        Oskar Lafontaine etwa war auch schon immer ziemlich gut darin, dieses Genre mit zu bespielen, und vielleicht war es auch die Basis früherer linker Erfolge. Ob das Konzept heute noch tragfähig ist, wage ich aber zu bezweifeln.

        Stefan hat einen aggressiven Ton, wenn es um politische Querschießer wie Wagenknecht, Kubicki und andere geht. Für ihn sind diese Politiker ihrer Partei gegenüber undankbar.

        Er spricht Menschen, die rechtspopulistisch und rechtsextrem wählen – links gilt das nicht – ab, demokratisch gesinnt zu sein. In einem kürzlichen Disput – sollte man einen amtsunfähigen Biden einem nicht geeigneten Trump vorziehen – konnte er nicht einmal die Amtsunfähigkeit des Präsidenten erkennen. Sein Umfeld würde das Beste verbreiten, er habe keinen Grund, daran zu zweifeln. An den öffentlichen Bildern schon.

        FOX ist für ihn schlimm, die lügen. Wenn die linke Hauptstadtpresse den Zustand des Präsidenten nicht thematisiert, dann wäre wohl alles in Ordnung. Bidens Verzicht ist ein Desaster für jene Medien, denen Stefan mehr vertraut als seinen eigenen Augen. Erst als sich der Verfall Bidens nicht mehr vertuschen ließ, sprangen auch Medien wie MSNBC und die New York Times auf den Zug. Wer wie ich zuvor anderes sagte, betrieb angeblich ein unseriöses Geschäft.

        Wie gesagt, es gibt zwei Stefans. Den ausgleichenden, Überlegten und den mit einer Aggressivität gegen alles andere Ausgestatteten. Deswegen kann ich mir oft bestimmte Sticheleien nicht verkneifen. Sie haben Recht, auch das ist eine persönliche Schwäche. In diesem Fall meine.

  • Stefan Pietsch 24. Juli 2024, 12:07

    a) Kunststoffabgabe kommt 2025 für die Unternehmen. Richtig so. Abschaffung von Subventionen und Regeln über den Preis.

    Was halt Beamte unter „Preisregelung“ und Markt verstehen. Ein Preis zeigt Knappheiten hat und steuert damit die Nachfrage. Der Preis bildet sich an Märkten durch den Austausch von Angebot und Nachfrage.

    Dieses Konzept der Umweltsteuer hat nichts mit einem Marktpreis zu tun. Ein paar Beamte setzen sich mit Steuerfachleuten zusammen und meinen, eine Steuer von 89 Cent sei ein guter Preis für die Staatskasse. Profiteur der Steuer sind nicht Geschädigte oder Kunden, sondern der Staat. Der Staat, der nicht einmal konkrete Beseitungskosten des Mülls nachweisen kann, weshalb die Steuer als eine Art Gebühr Umweltschädigern auferlegt würde.

    Tatsächlich entsteht das Umweltproblem durch Plastik nicht in Europa, sondern in Drittländern. Durch das Preisgefälle können sich Produktion und Nutzung dorthin verlagern, was der Umwelt dann gar nichts bringt, aber grünangehauchten Lehrern und ihrem vermeintlichen ökonomischen (sic!) Gewissen.

    b) Genderverbote: Bayerns Kultusminister Anna Stolz setzt nun sogar Paarformen („Schülerinnen und Schüler“) auf den Index. Nein, nein, die CSU macht keinen Kulturkampf, nein.

    Die korrekte Ansprache an meine Mitarbeiter im Gender-Slang geht so:
    „Liebe Buchhalterinnen und Buchhalter, liebe Forderungsmanager und Forderungsmanagerinnen, liebe Lohnbuchhalterinnen und Lohnbuchhalter, liebe Controller, liebe Hilfskräfte männlich, divers und weiblich, guten Morgen!“

    Ich sag‘ einfach: Liebe Kollegche‘!“ Aber zugegeben, man kann auch die Sasse-Variante nehmen.

    d) Ricarda Lang: Auch Grünen-Co-Chefin kritisiert Friedrich Merz‘ Eurofighter-Flug. So ein Blödsinn. Politik hat auch eine Pflicht zur Inszenierung.

    Richtig wäre doch „Die Oberheuchlerin“ gewesen, oder? Ihre Vorgängerin lässt das von den Grünen erkämpfte Nachtflugverbot aufheben, düst für eine Strecke von 260 km durch die Luft und nutzt die Flugbereitschaft so exzessiv wie kaum einer ihrer Vorgänger. Und die Parteichefin sagt etwas über den Mitflug von Merz statt ihrer Parteifreundin eine Ansage zu machen.

    Immer noch keine Ahnung, warum die Grünen so viel Abneigung erfahren?

    • cimourdain 24. Juli 2024, 16:03

      b) So schlimm ist das doch gar nicht. Ihr „Kollegche“ ist gar nicht so weit vom dem Gendern nach Phettberg, das Stefan S manchmal verwendet („Kollegys“) oder dem Gender-X („Kolleg-X“) entfernt. Man könnte es sogar für eine mitteldeutsch (weichere Konsonanten) abgeschwächte Version von letzterem halten.

      • Stefan Pietsch 24. Juli 2024, 18:09

        Das ist ja interessant: Die Hesse habe‘ scho‘ vor 200 Jahre gegendert!

    • Detlef Schulze 24. Juli 2024, 17:22

      d) Richtig wäre doch „Die Oberheuchlerin“ gewesen, oder?

      Lang hat kritisiert, dass der Flug 100.000 Euro gekostet hat. Der Flug von Baerbock hatte nichts zusätzlich gekostet, weil die Maschine sowieso nach Luxembourg musste. Die Alternative war, dass das Flugzeug vor 23 Uhr ohne Baerbock nach Luxembourg fliegt und sie mit der Bahn hinterher kommt.

      • Stefan Pietsch 24. Juli 2024, 18:17

        Das ist ja mal eine originelle Verteidigungsrede! Wieso musste die Maschine nach Luxemburg? Hatte der Airbus ein dringende Bedürfnis oder wollte die Maschine einfach nur etwas Geld anlegen?

        Angeblich musste Baerbock zu einem wichtigen Termin nach Luxemburg. Kurz vorher ging das noch virtuell, aber das entzieht sich unserer Bewertung. Aber:

        1. Die Grünen behaupten, dass wir auf innerdeutsche Flüge verzichten können.
        2. Starts und Landungen in der Nacht sind eine unzumutbare Belastung für Anwohner. Es ist nicht überliefert, ob diese zwischen einem wichtigen Regierungsflieger und einem unwichtigen Touristenbomber unterscheiden können. Nach Ansicht von Baerbock ist das möglich.
        3. Für wichtige Termine ist eine frühe Anreise sinnvoll. Kräftezehrende Zwischenstopps und bis in die späten Abendstunden dauernde Erlebnisse sind zu vermeiden.
        4. Das teuerste an Flügen sind die Starts und Landungen. Aber wahrscheinlich hätte Baerbocks Regierungsflieger ohnehin in Frankfurt zwischenlanden müssen, um aufzutanken.
        5. Es entspricht durchaus der normalen Policy der Außenministerin, die Flugbereitschaft hinterherfliegen zu lassen, während sie Bus fährt.
        https://www.focus.de/politik/deutschland/baerbock-reist-in-texas-mit-bus-und-laesst-regierungsflieger-hinterherfliegen_id_207382453.html

        • Detlef Schulze 24. Juli 2024, 18:53

          Wieso musste die Maschine nach Luxemburg? Hatte der Airbus ein dringende Bedürfnis oder wollte die Maschine einfach nur etwas Geld anlegen?

          Weil die Ministerin von Luxemburg direkt nach Israel wollte. Und die Maschine war wohl schon in Frankfurt wegen Olaf Scholz.

          • Stefan Pietsch 24. Juli 2024, 19:03

            Ja, Frau Baerbock hat immer gute Begründungen. Auch, warum sie eine Visagistin zu ihrer persönlichen Verfügung benötigt, die bezahlt werden muss wie eine Bereichsleiterin eines mittelgroßen Konzerns.

            Fakt bleibt:
            Die Grünen bekämpfen Nachtflüge. Selbst für die Nationalteams der Teilnehmerländer durfte es keine Ausnahmen geben, weshalb oft nächtliche Busfahrten anstanden.

            Baerbock hatte vor Amtsantritt versprochen, die Flugbereitschaft weniger zu nutzen und häufiger Linie zu fliegen. Sie tut seit drei Jahren das Gegenteil.

            Es ging um Heuchelei. Die Grünen ernten so viel Abneigung, weil sie so elitenmäßig handeln wie keine andere Partei. Das geht ja selbst manchem Parteigänger auf die Nerven.

      • Stefan Pietsch 24. Juli 2024, 18:23

        Übrigens war ich damals mit Baerbock im Stadion. Während ich danach jedoch 50 Minuten eingeklemmt auf dem Bahnsteig stand, die Züge nicht fuhren und ich sehr spät ins Bett kam, obwohl ich eine anstrengende Woche vor mir hatte, war Frau Baerbock eine zweistündige Autofahrt zu lang.

        Immerhin fand Stefan es gut, dass ich nicht mit dem Auto zum Stadion gefahren bin, sondern es am nahegelegenen Flughafen abgestellt hatte. Dort lungerten Penner rum, deren Anblick Frau Baerbock allerdings auch erspart blieb. Kein Wunder, dass die Frau völlig abgehoben ist.

  • Ralf 24. Juli 2024, 12:12

    zu 4) “Mathematik”

    Ich hab Mathematik theoretisch eigentlich auch nicht gebraucht. Also im Beruf nicht. Im Studium musste ich mich durch Mathematik- und Physikklausuren kämpfen – die von der Universität als “Aussiebemechanismen” verwendet wurden – aber hier kann man analog zum Gymnasium argumentieren: Wenn ich es später im Beruf nicht benötige, dann ist es überflüssig.

    Tatsächlich ist aber kein Schulfach, kein Schulinhalt so bedeutend für meinen Lebensweg gewesen, wie die Mathematik. Ja – ich löse auf der Arbeit keine Kurvendiskussionen, ich berechne keine Ableitungen, ich benötige weder Sinus noch Cosinus. Noch nicht einmal die Formel zur Berechnung des Flächeninhalts eines Kreises ist relevant. Dabei enthält die sogar die Zahl Pi.

    Aber die Mathematik hat mich gelehrt logisch zu denken. Die Mathematik hat mich gelehrt, wie ich an Probleme herangehe. Die Mathematik hat mich gelehrt, wie ich komplexe Aufgaben, die in ihrem Umfang einschüchternd und schier unlösbar scheinen, in kleinere Aufgabenpakete aufteilen kann, die abarbeitbar sind. All das hat mich in meinem Beruf extrem effektiver gemacht. Dazu kommt, dass es mir Perspektiven eröffnet hat. Ich hab z.B. gelernt zu programmieren, was mir heute erlaubt, mir meinen eigenen Code für Projekte auf der Arbeit zu schreiben.

    Fun Fact am Rande: Ich bin Biologe und so ziemlich alles, was ich in Biologie in der Schule gelernt habe, ist völlig bedeutungslos für meine gegenwärtige Arbeit (z.B. Appetenzverhalten des Froschs, Räuber-Beute-Beziehung in der Ökologie, Evolution der Dinosaurier, Botanik, Zoologie etc.).

    P.S. Dein Kommentar zu diesem Artikel ist übrigens abgeschnitten. Da scheint ein Unfall beim Editieren passiert zu sein.

    • Sören Schmitz 24. Juli 2024, 12:43

      Ich würde das ähnlich sehen – Mathematik kommt der Lehre vom logischen Denken in der Schule am nächsten – das so viele Schüler daran kämpfen könnte auch was mit den Lehrmethoden zu tun haben.
      Ich finde eine allgemeine Hochschulreife, die nicht Mathematik enthält, hat ihren Namen nicht verdient. Man könnte sicherlich darüber Streiten, ob die inhaltlichen Schwerpunkte die richtigen sind, aber die Wichtigkeit des Fachs ist in meinen Augen unbestreitbar.

    • destello 25. Juli 2024, 07:30

      Ich hatte Mathe (und Physik) als Leistungkurse und sie sind der Grund, weshalb mein Abischnitt so gut wurde. Ich liebe die Mathematik und hatte sogar mal überlegt es zu studieren. Aber die Neigung, die Mathematik zu überhöhen und ihr Eigenschaften für das allgemeine Leben zuzuweisen, kann ich in keiner Weise nachempfinden. Für mich ist Mathe nur für Mathe wichtig (und natürlich für sie benutzende Fächer, wie z.B. Physik oder VWL) und sonst gar nicht. Das gilt natürlich nicht für das schlichte Rechnen (Einmaleins, Prozente, etc.).

      • Stefan Sasse 25. Juli 2024, 08:06

        Genau mein Punkt. Rechnen und Mathe sind zwei unterschiedliche Dinge. Die Debatte leidet unter den Namen der Fächer, IMHO. Mathe sollte bis zur Mittelstufe eher „Rechnen“ heißen, „Deutsch“ ab der Mittelstufe eher „Sprache und Literatur“ oder so. Weil die Gedichtinterpretation hat ja auch wenig mit der Fähigkeit des korrekten sprachlichen Ausdrucks zu tun.

        • CitizenK 25. Juli 2024, 08:56

          „Weil…hat…zu tun“

          Ist diese Konstruktion inzwischen (Duden-konform) akzeptiert? Bei den Jüngeren normal. Ich benutze sich auch immer öfter.

          • Stefan Sasse 25. Juli 2024, 10:18

            Mir fehlt gerade der Bezug.

            • CitizenK 25. Juli 2024, 14:31

              „Weil … hat“ musste das früher lauten. Die Deutschlehrer haben die saloppe Form als Grammatikfehler gewertet.

              • Stefan Sasse 25. Juli 2024, 14:41

                Ah jetzt. Ja, ich schreibe in den Kommentaren üblicherweise wesentlich umgangssprachlicher. Auch in WA oder so.

    • Stefan Sasse 25. Juli 2024, 08:02

      Danke, hab ihn nochmal neu geschrieben.

      Das Ding ist: Mathe bis so Klasse 8 oder so ist super wichtig für alle. Aber das ist nicht Mathe, das ist Rechnen. Mathe ist ein ganz anderes Thema.

      • Sören Schmitz 25. Juli 2024, 10:18

        Wenn Du nicht gerade eine Sprache studierst, kommst du um in den wenigsten Fächern um Statistik oder Datenanalyse herum. Und dafür brauchst auch höhere Mathematik. Ich hätte es gut gefunden, wenn mich die Schule darauf besser vorbereitet hätte. Man sollte in dem Zusammenhang auch mal über den didaktischen Ansatz des Mathematikunterrichts sprechen. Aus eigener Erfahrung, aber auch aus dem Gespräch mit Lehrern, die Mathe unterrichten, ist da noch viel Luft nach oben.

        • Stefan Sasse 25. Juli 2024, 14:40

          Oh yes. Deswegen ist darüber zu sprechen auch wesentlich sinnvoller als über performativen Unfug wie verpflichtendes Abi.

      • Ralf 25. Juli 2024, 10:27

        Als “Rechnen” würde ich bezeichnen, dass ich im Supermarkt sehe, dass Orangen 0,99 Euro kosten, ich drei davon im Einkaufswagen habe und nach einem kurzen Blick ins Portemonnaie, wo ich 5 Euro finde, weiß ich dass das an der Kasse noch passen wird. Für diese Art “Rechnen” reicht im wesentlichen das Addieren und Multiplizieren ganzer Zahlen. Also Grundschule.

        Der Grund, aus dem ich Mathematik (nicht “Rechnen”) wichtig finde ist, dass Mathematik Problemlösung lehrt. Ich hab das z.B. ganz besonders in der Oberstufe gelernt. Informationen strukturieren, in mathematischer Form ausdrücken, mögliche Lösungsstrategien evaluieren. Das eigentliche “Rechnen” ist dann nur noch ein mechanischer Akt, den man genauso gut einen Taschenrechner machen lassen kann.

        • Stefan Sasse 25. Juli 2024, 14:40

          Genau, aber gerade das leistet der Schulunterricht in Mathe nicht. Es ist effektiv immer rechnen, gerade nicht problemlösen.

        • cimourdain 26. Juli 2024, 08:46

          Wenn du nur „rechnest“, fällst du selbst auf einfache Kapitänsaufgaben (*) rein.
          Selbst dein Orangenbeispiel ist, wenn du es reflektierst, ein Beispiel für das von dir beschriebene Problemlösen: Hole dir die wichtigen Größen raus (3 Orangen, 99 ct/Orange, 5€), finde die Relation zwischen ihnen, behandle Teilproblem (Umrechnung Euro in Cent), vergleiche verschiedene Lösungsstrategien (Addition 99ct+99ct+99ct, Multiplikation, Division 5€ / 99ct). Mit „mathematischer Kreativität“ kommt man auch auf die Abschätzung 99ct <1 €, also ist 3 * 99 ct < 3 € < 5 €. Nach dem "Rechnen" muss noch das Ergebnis interpretiert werden. All das geschieht nur so automatisiert, dass du nur noch das "Rechnen" mitkriegst.

          (*) In den 80ern haben Lernpsychologen Grundschüler mit der Scherzfrage "Auf einem Schiff sind 26 Schafe und 12 Ziegen. Wie alt ist der Kapitän" konfrontiert. Interessanterweise haben die älteren Kinder häufiger die (falsche) Antwort "38" gegeben, weil sie "gelernt" haben, solche Probleme durch "Rechnen" zu lösen.

  • CitizenK 24. Juli 2024, 12:40

    4) Dass dieser Vorstoß aus Bayern kommt und von Konservativen (WELT) unterstützt wird, überrascht mich.

    Nach meiner Erinnerung haben doch gerade diese seinerzeit die („linken“) Bundesländer (NRW, Bremen) kritisiert, als diese Mathe im Abi abwählen ließen?

  • Lemmy Caurion 24. Juli 2024, 19:12

    Ich habe eine Definition für den „globalen Süden“ gefunden.
    Der Globale Süden umfaßt all die Länder, in denen sich funktional in die Gesellschaft eingegliederte, oft gut ausgebildete und streckenweise ganz gut verdienende Menschen des öfteren im Leben ernsthaft die Frage stellen, ob sie nicht in eins der Länder des Westens auswandern sollten. Dort erscheinen die Lebensbedingungen besser abgesichert.
    Setzen sie sich ernsthaft mit dem Thema auseinander, stellen sie fest, dass die Zugangsbeschränkungen zum Westen in vielen Fällen ziemlich harsch sind.

  • Thorsten Haupts 25. Juli 2024, 09:17

    Der Globale Süden umfaßt all die Länder, in denen sich funktional in die Gesellschaft eingegliederte, oft gut ausgebildete und streckenweise ganz gut verdienende Menschen des öfteren im Leben ernsthaft die Frage stellen, ob sie nicht in eins der Länder des Westens auswandern sollten.

    Sehr schön!

    • Lemmy Caution 25. Juli 2024, 10:47

      danke

  • Thorsten Haupts 25. Juli 2024, 09:55

    Zu b)

    Aus dem verlinkten Text:
    Überflüssige Verbote sind nicht zielführend. Der leicht nachvollziehbaren gerichtlichen Begründung steht die vorgelegte Änderung der Staatsregierung vollkommen entgegen. Diese droht sinnvolle und geradezu gebotene Aufbereitung von Lehrmitteln zu verhindern.“

    Mit annderen Worten – die Kultusministerin möchte „sinnvolle und geradezu gebotene Aufbereitung von Lehrmitteln“ – also den Versuch, eine Ideologie über die Rechtschreibung in Schulbüchern (!) durchzusetzen – verhindern. Für Stefan S. ist natürlich nur die Gegenwehr dagegen Kulturkampf, aber mitnichten der Vorstoss über in Schulen verwendete Lehrmittel. Mehr muss man zum Kulturkampf-Vorwurf gegen die gesellschaftliche Mitte nicht wissen …

    tl/dr: Ideologen weinen darüber, dass sie ihre Minderheitenideologie nicht mehr über Schulbücher verbreiten dürfen. Und Stefan S. hält nur das Nichtverbreitungsgebot für „Kulturkampf“.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • cimourdain 26. Juli 2024, 16:08

    Herr Pietsch hat (mehrfach und mit Nachdruck) auf den Flug von Annalena Baerbock nach einem Länderspiel hingewiesen. Das kann man leicht mit seiner Abneigung gegen die grüne Partei abtun. Ich habe es mir durch den Kopf gehen lassen und festgestellt, dass sich daraus fast lehrbuchhaft die Basiselemente für Politikerverdrossenheit ablesen lassen:
    „Sollen sie doch Kuchen essen“ Selbst wohlhabende Bürger würden sich diese Aktion nicht selbst leisten und ein „normaler“ Arbeitgeber würde das nicht bezahlen.
    „Die da oben, wir da unten“ Genau zur gleichen Zeit war das Transportmittel für die breite Masse (Bahn) so überfordert, dass internationale Medien böse Verrisse schrieben.
    „Wasser predigen, Wein trinken“ Über den Widerspruch zum gebotenen Klimaschutz hat sich Herr Pietsch deutlich ausgelassen.
    „Quod licet Iovi non licet bovi“ ….ebenso über das Nachtflugverbot.
    Natürlich gibt es rationale (oder rationalisierende ?) Gründe, die das Ganze erklären, aber wer die psychologische Wirkung von diesem Paket nicht einsieht, darf sich echt nicht über Populismus und Politikverachtung wundern.

    • Thorsten Haupts 27. Juli 2024, 23:23

      Ja. Ich akzeptiere jederzeit – und verteidige das auch aktiv – wenn ein Minister oder Unternehmensvorstand beruflich veranlasst einen Privatflieger benutzt. Deren Zeitbudget ist abenteuerlich eng.

      Ich akzeptiere nicht, wenn das für Freizeitvergnügen benutzt wird. Und Besuche von Sportveranstaltungen et. al. sind Freizeitvergnügen – die angeblich damit demonstrierte Volksnähe als politischer Zweck wird alleine durch die Nutzung von Privatflügen konterkariert, so dieser Zeck (Volksnähe demonstrieren) überhaupt existiert.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Stefan Sasse 28. Juli 2024, 09:12

        Ich denke, das ist tatsächlich ein fairer Kritikpunkt.

        • Ralf 28. Juli 2024, 11:00

          Da widerspreche ich. Von Ministern wird eine Teilnahme an gewissen Veranstaltungen schlicht erwartet. Ob die da dann gerne sind oder nicht ist zweitrangig.

          Ich vergleiche das zum Beispiel mit Businessabendessen. Wenn wir Besuch von Teams aus dem Ausland oder von Businesspartnern haben, wird erwartet, dass man mit denen am Abend, nach einem langen Arbeitstag, noch essen geht. Diese Abendessen sind nicht strikt verpflichtend. Als einzelner Teilnehmer kann man sie absagen. Wenn alle absagen, würde das einen sehr schlechten Eindruck machen. Dabei sind diese Abendessen “semi-beruflicher” Natur. Manchmal spricht man hauptsächlich über Projekte. Manchmal spricht man aber auch überwiegend über Privates. Und wenn sich die Teilnehmer gut kennen und mögen, ist es von einer Veranstaltung, die man “Freizeitvergnügen” nennen könnte, garnicht mehr so weit entfernt.

          Baerbock geht es mit dem Stadionbesuch möglicherweise ähnlich.

          • Stefan Pietsch 28. Juli 2024, 11:13

            Es gibt für solche offziellen Anlässe ein Protokoll. Die Veranstaltungen sind ggf. verpflichtend für den Bundeskanzler, für den / die Bundesinnenminister/in, bei besonderen Anlässen für den Bundespräsidenten.

            Protokollarisch nicht vorgesehen sind der Bundestagspräsident, der Gesundheitsminister, die Bundesbauministerin und schon gar nicht die Außenministerin, da es sich um eine inländische Veranstaltung ist.

            Bei Geschäftsessen gibt es häufiger klare Ansagen, wer überhaupt eingeladen ist – und wer nicht.

            • Ralf 28. Juli 2024, 12:44

              Geschenkt, dass der Gesundheitsminister und die Bauministerin kein stichhaltiges Argument haben, Deutschlands Regierung im Stadion zu vertreten. Wieso Sie da aber ausgerechnet bei der Außenministerin, deren offizielle Funktion es ist Deutschland zu repräsentieren, mit “und schon garnicht” kommentieren, wenn sie bei einem wichtigen internationalen Event anwesend ist, erschließt sich mir nicht.

          • Thorsten Haupts 28. Juli 2024, 21:27

            Ich fürchte, die Idee, die Regierung habe eine Art Repräsentationsverüpflichtung bei internationalen Kommerzveranstaltungen, haben Sie ziemlich exklusiv. Aber damit haben wir natürlich keine Grundlage für eine vernünftige Diskussion mehr – für mich existiert diese Verpflichtung nicht, geschrieben steht sie ohnehin nirgendwo.

            Gruss,
            Thorsten Haupts

            • Ralf 28. Juli 2024, 21:46

              Naja – dass bei internationalen Großwettbewerben, wie Fußball Welt- und Europameisterschaften und auch Olympiaden etc., fast immer Regierungsvertreter der teilnehmenden Länder anwesend sind, zeigt eigentlich, dass ich diese Meinung nicht exklusiv habe. Und im anderen Fall, wenn Regierungen nicht durch ihre Anwesenheit Interesse zeigen, hagelt es in der Regel massiv Kritik. Siehe z.B. hier:

              https://www.faz.net/aktuell/sport/leichtathletik-em/leichtathletik-em-merkel-kontert-kritik-nach-fehlen-15735955.html

              • Thorsten Haupts 28. Juli 2024, 21:53

                … zeigt eigentlich, dass ich diese Meinung nicht exklusiv habe …

                Nerin? Es zeigt erst einmal nur, dass Regierungsmitglieder ein fortbestehendes Interesse daran haben, sich auf gutbesuchten Grossveranstaltungen sehen zu lassen. Warum sie dieses Interesse haben, zeigt es nicht.

                Und die „massive Kritik“ bestand im Nörgeln einiger Sportler wegen angeblicher Nichtbeachtung durch die Kanzlerin. Als „Kritik“ geadeltes Kleinkindverhalten.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • Ralf 28. Juli 2024, 22:42

                  Das “warum” scheint nur Dir verborgen zu sein.

                  Tipp: Wie Herr Pietsch kürzlich schrieb, kam während der Europameisterschaft Prinz William als Vertretung des erkrankten britischen Königs Charles ins Stadion, in dem die englische Nationalmannschaft spielte.

                  Warum war der wohl da? Vermutlich nicht um Wählerstimmen zu sammeln. Denn weder der britische König, noch sein Thronfolger werden gewählt. Aber welche Funktion hat der britische Monarch? Richtig! Er hat eine repräsentative Funktion. Damit ist dann auch klar, weshalb er im Stadion war. Und aus demselben Grund sind auch auch die Repräsentanten anderer Länder zahlreich anwesend gewesen.

                  • Thorsten Haupts 29. Juli 2024, 10:52

                    Und aus demselben Grund sind auch auch die Repräsentanten anderer Länder zahlreich anwesend gewesen.

                    Wenn Sie das tatsächlich glauben, will ich nicht weiter stören 🙂 .

                    • Ralf 29. Juli 2024, 12:58

                      Tipp: Einfach nicht stören anstatt zu stören, indem Du ankündigst nicht weiter stören zu wollen.

          • Stefan Sasse 29. Juli 2024, 12:00

            Wäre ich Minister, wäre das DEFINITIV Arbeitszeit. 😀 Von daher ja, guter Punkt.

  • Stefan Pietsch 28. Juli 2024, 13:06

    Wieso Sie da aber ausgerechnet bei der Außenministerin, deren offizielle Funktion es ist Deutschland [im Ausland] zu repräsentieren (..).

    That’s the point. Als die Fußballnationalmannschaft in Katar spielte, war Baerbock weniger zu sehen als nun bei der EM im eigenen Land. Sie hatte gute Gründe nicht zu reisen.

    Außenminister sprechen auf der Diplomatenebene meist mit Amtskollegen. Seit zwanzig Jahren hat es sich eingespielt, dass sich der Außenchef um die Beziehungen zu Drittländern kümmert, während der Regierungschef die EU-Beziehungen zu seiner Domäne erklärt. Bei dem Turnier in Deutschland ging es um die Europameisterschaft. Außer Georgien, Serbien, Türkei (Erdogan war persönlich angereist, hat Baerbock aber nicht getroffen) und Ukraine waren sämtliche 24 Teilnehmerstaaten Mitglied der EU. Ihre Gesprächspartner fand Baerbock sicher nicht auf den Tribünen der Stadien.

    Und nochmal, es gibt sehr wohl für solche Ereignisse ein Protokoll, weshalb auch die Bundesinnenministerin 2022 nach Katar gereist ist. Und anders als Sie darstellen, sind bei Geschäftsessen bei weitem nicht alle Mitarbeiter willkommen, die gerade Lust haben, sich an den Tisch zu setzen. Auch das folgt Formalien, die im Zweifel kommuniziert werden.

    D.h., an Baerbocks Verhalten lässt sich wahrlich viel kritisieren, ihr Umgang mit der Flugbereitschaft (Maschine fliegt hinterher, zwei Maschinen nach Kopenhagen für eine Zeitersparnis von 3 Stunden), Visagistin für 130.000 Euro zur persönlichen Verfügung, und so vieles mehr. Aber keiner der Grün-Anhänger hier im Blog hat in den vergangenen 3 Jahren nur ein einziges Wort der Kritik an dem politischen Leichtgewicht für valide gehalten. Wenn man alles nur gut und richtig findet, kratzt das an der eigenen Glaubwürdigkeit.

    • Ralf 28. Juli 2024, 13:31

      Ich glaube, da geht einfach mal wieder Ihre Abneigung gegen die Grünen mit Ihnen durch. Tatsächlich muss die Außenministerin niemanden im Stadion treffen, um Deutschland zu repräsentieren. Auch Prinz William, der beim Spiel gegen Dänemark sogar einen offiziellen Auftritt mit Ansprache in der englischen Kabine hatte, hat im Stadion meines Wissens nach keine ausländischen politischen Schwergewichte getroffen, um Politik zu diskutieren und zum Finale brachte er sogar seinen Sohn mit. Ist halt wichtig für die britische Öffentlichkeit, dass sich Repräsentanten kümmern und interessieren und bei wichtigen Wettbewerben Gesicht zeigen.

      Ob Baerbocks Anwesenheit im Stadion nun ein “Muss” war oder ob die Details ihrer Anreise “elegant” waren und zu ihrer sonstigen politischen Botschaft passen, kann man debattieren. Das kann man auch kritisieren. Aber dass der Besuch eines bedeutenden Sportereignisses, bei dem deutsche Athleten gegen Nachbarländer antreten, durch die Außenministerin ein reines Freizeitvergnügen darstellt oder dass die Nutzung dienstlichen Transports dazu einen Missbrauch darstellt, ist aus meiner Sicht falsch.

      • Stefan Pietsch 28. Juli 2024, 14:52

        Der britische Thronfolger war als Vertretung des gesundheitlich angeschlagenen Königs oberster Repräsentant Englands und Großbritanniens. Eine solche Funktion hat ein Außenminister nicht.

        Wir können uns problemlos darauf einigen, dass Baerbock in freiwilliger Repräsentanz Deutschlands beim Turnier dabei war. Allerdings kann ich mir in meinem Job nicht aussuchen, mit welchen Wirtschaftsprüfern, Betriebsprüfern und Investoren ich spreche und mit welchen nicht. Da besitzt eine grüne Außenministerin deutlich mehr Beinfreiheit.

        Nur habe ich gar nicht thematisiert, ob oder ob nicht Baerbock als Regierungsvertreterin Fußballspiele geschaut hat. Das waren ausgerechnet ihre Verteidiger und auch Sie. Mein Punkt war ein ganz anderer, nämlich das völlig amoralische Verhalten von Baerbock.

        Ich habe ziemlich wenige Grundsätze, da ich sehr früh gelernt habe, dass ich selbst kein hochmoralischer Mensch bin. Man verstößt dann viel zu leicht gegen selbst aufgestellte Grundsätze – und das wollte ich nie. Und damit sind wir bei dem Punkt, was mich an den Grünen nicht nur abstößt, sondern an Leuten wie Baerbock regelrecht anwidert: Ihre Moral, die nur für andere gilt.

        Ich verlange von niemanden absolut gesetzes- und regelkonformes Verhalten. Religionen verdienten Jahrtausende ihr Geld damit, dass Menschen fehlbar sind und Regeln übertreten. Da braucht es auch keine Buße, einfach Strafe akzeptieren, nicht maulen, Klappe halten. Entschuldigungen sind natürlich gut, wenn sie ernst gemeint sind. Die meisten sind jedoch nichts wert, denn sonst käme es selten zu Fehlverhalten.

        Gut, zurück zu Baerbock:
        – Im März 2021 raunzte sie die gesamte (!) CDU/CSU-Bundestagsfraktion an, sie sei nicht glaubwürdig wegen der Maskendeals einiger ihrer Mitglieder. Baerbock: Allein der Anschein müsse vermieden werden, dass sich jemand unehrlich verhalte. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass sich Baerbock und ihre Vorstandskollegen der Grünen selbst bereichert hatten. Statt jedoch mea culpa, waren über Monate Rechtfertigungen angezeigt.

        Über ihre Betrügereien bei Lebenslauf und Buchproduktion im Copy&Paste-Stil ist ausreichend geschrieben worden, im Vordergrund stand immer, dass sie das Opfer frauenfeindlicher Umtriebe sei.

        In Berlin wie Frankfurt kämpften die Grünen wie Baerbock persönlich so vehement wie keine andere Lobbygruppe für ein ausgeweitetes Nachtflugverbot, das selbst in der Sondersituation Europameisterschaft zu gelten habe. Das gilt jedoch nicht, wenn die grüne Bundesaußenministerin nach dem Besuch eines ziemlich unwichtigen Gruppenspiels zu einem ziemlich unwichtigen Treffen mit Ministerkollegen aufbricht. Für alle gilt das Nachtflugverbot, nur nicht für Frau Baerbock.

        Vor Amtsantritt hatte die Grüne versprochen, als Außenministerin häufiger Linie zu fliegen und weniger die Flugbereitschaft zu nutzen als ihre Amtsvorgänger. Tatsächlich nutzt niemand außer dem Bundeskanzler die Flugbereitschaft häufiger als Frau Baerbock. Und Linie fliegt sie auch nicht.

        Die Grünen wollen möglichst sofort innerdeutsche Flüge verbieten und kritisieren in dem Zusammenhang häufig Prominente wie Fußballclubs, wenn diese für Kurzstrecken von 180-300 km geflogen sind. Als Amtsperson hat Frau Baerbock mit solch unergiebigen Flügen jedoch kein Problem.

        Der Gipfel der Dekadenz ist es, wenn sie sich in den USA in einen Bus setzt und die Flugbereitschaft hinterher fliegen lässt, während sie Bilder für die Presse machen lässt, wie ökologisch man sich doch dort bewegen könne. Oder wenn sie eine zusätzliche Maschine von Berlin nach Kopenhagen kommen lässt, damit sie drei Stunden früher zuhause ist. Das Thema Visagistin ist ohnehin etwas, was außerhalb eines harten grünen Kerns wahnsinnig emotionalisiert.

        Die Grünen können auf absehbare Zeit keine Kollegen und politischen Konkurrenten mehr wegen des Umgangs mit Privilegien kritisieren, denn sie selbst haben jeden Maßstab weggewischt. Das sieht man ja an den Reaktionen zu Ricardas Langs politischer Empörung ob des Fluges von Friedrich Merz. Und mit welchem Argument will man noch gegen dessen Flüge mit seiner Privatmaschine polemisieren?

        Diese Regierung und Baerbock vorneweg sind sich selbst zu fein, mit der Bahn zu fahren, was selbst millionenschwere Stars wie Mbappe dies nach einem außerordentlich kräftezerrenden Profispiel tun (wegen Nachtflugverbot). Zwischen Berlin und Frankfurt verkehrt mit einer Reisedauer von gerade 3 Stunden ein ICE-Sprinter. Wieso verzichtet ein angeblich klimabewusst denkender Mensch darauf, den zu benutzen statt das Flugzeug für wenige? Es war Sonntag, da arbeiten auch Spitzenpolitiker selten.

        Vielleicht hätte die Grüne dann auch sehen können, wie eingepfercht die Menschen stundenlang stehen, wenn sie das Verkehrsmittel benutzen, dass sie zur Weltenrettung verpflichtend machen wollen. Eins kann ich Ihnen sagen: In der Nacht sind einige böse Sprüche zu den Grünen gefallen.

        • Ralf 28. Juli 2024, 15:16

          Dass Politiker sich widersprechen und ihr Verhalten oft inkonsistent ist mit ihren eigenen früheren Forderungen, ist völlig normal und geschieht über Parteigrenzen hinweg. Das ist weder ein “grünes” Phänomen, noch ein “Baerbock-Phänomen”, sondern findet sich in genau demselben Maße auch bei CDU, CSU, FDP, SPD und Linken. Ich stimme zu, dass das bedauerlich ist – aber das ist eben der Preis unserer privaten skandalgeilen Medienlandschaft, in der politisch immer derjenige gewinnt, der dem Gegner einen Schlag versetzen kann, auch wenn “Schlag” inhaltlich mager ist, nicht zuendegedacht ist oder nicht auf Fakten basiert. Unser Mediensystem belohnt halt den, der soviel Scheiße auf den Gegner wirft, bis irgendetwas kleben bleibt. Und vieles von dem, was da “geworfen wird”, holt einen später wieder ein. Hätten wir bessere Medien, dann gäbe es auch weniger Politiker, die peinlich von ihren eigenen Forderungen eingeholt werden. Das gilt für die Grũnen. Und das gilt in exakt dem gleichen Maße für alle anderen Parteien.

          • Stefan Pietsch 28. Juli 2024, 15:52

            Haben die Grünen ihre Position zum strikten Nachtflugverbot überdacht? Dann ist mir etwas entgangen.

            Lockern die Grünen oder persönlich Frau Baerbock ihre Position, dass Inlandsflüge nach Möglichkeit verboten werden sollen? Nein.

            Geben die Grünen ihre harte Priorität pro Bahn auf? Nein.

            Sind sie nicht mehr der Ansicht, dass der Flugverkehr begrenzt und verteuert werden sollte? Nein.

            Hat Baerbock eingestanden, dass die Beschimpfung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im März 2021 eine Unverschämtheit war? Nein.

            Merz hat nie den Luftverkehr in Gänze und die Privatfliegerei im besonderen verteufelt. Lindner will seit jeher einen Wettbewerb der Verkehrsträger und beide Freiheit in der Entscheidung der Bürger. Deswegen stolpern sie auch nicht über doppelbödige Verhaltensweisen.

            Und das ist das, was ich anfangs meinte. Ich habe nicht viele Prinzipien, eben, um mich nicht selbst immer wieder korrigieren und rechtfertigen zu müssen. Die, die ich habe, kann ich weitgehend einfach einhalten, weil das Gegenteil mir im Innersten widerstrebt. So verachte ich Krankmacher und gehe in Unternehmen hart gegen sie vor. Ich selbst bin nicht nur fast nie krank – das wäre kein Krankfeiern -, ich entziehe mich aber nicht Unannehmlichkeiten durch Fehlzeiten. Und da ich fast nie meinen Jahresurlaub aufbrauche, habe ich immer genügend Freizeitreserven in petto.

            Würden die Grünen sich mehr darauf konzentrieren, was ihr Verfassungsauftrag und das Staatsziel sind – die Lebensverhältnisse der Bürger zu verbessern ohne in deren freie Entscheidungsfindung einzugreifen, also schlicht keine moralischen Vorschriften zu machen, würden sie auch nicht so stark abgelehnt.

            Und können Sie manchmal auf Ihren Standard mit der Medienschelte verzichten? Wen meinen Sie denn? Wenn Sie Interviews und Berichte bei Springer, F.A.Z., ZEIT lesen, dann gehen die außerordentlich respektvoll mit Politikern um. Eine aktuelle Studie hat zudem gezeigt, dass die Öffentlich-Rechtlichen die Hälfte der Bürger beeinflussen. Also betreiben Sie jetzt auch ÖRR-Schelte?

            • Ralf 28. Juli 2024, 16:07

              Wenn Sie Interviews und Berichte bei Springer, F.A.Z., ZEIT lesen, dann gehen die außerordentlich respektvoll mit Politikern um.

              Haha … alles klar … 😀

              Bei der Union wird halt nicht beim Privatfliegen gewackelt. Da ist man stattdessen pro-AKW, … nein – lieber doch anti-AKW, … oh nein, doch lieber wieder pro-AKW. Hat halt jede Partei ihre eigenen Themen.

              • Stefan Pietsch 28. Juli 2024, 16:17

                Nennen Sie doch einfach Beispiele.

                Die anderen Parteien haben halt weniger das Problem mit der Doppelmoral, weil sie nicht so moralisierend daherkommen. Sie können es ja für falsch halten, dass die Leute immer noch lieber mit dem Auto fahren. Aber Sie können Merz und Lindner nicht vorwerfen, im Grunde gegen die Bahn zu seien, weil sie manchmal selbst fliegen oder am Wochenende mit dem Porsche düsen.

                Die Doppelmoral, die gerade Konservative früher bei der eigenen Lebensführung gelebt haben, hat sich auf die Grünen übertragen. Und genauso wie früher konservative Menschen, die uneheliche Kinder in die Welt gesetzt haben, müssen die Grünen heute mit der Häme leben, wenn sie bei ihren Doppelstandards erwischt werden.

                • Ralf 28. Juli 2024, 20:03

                  @ Stefan Pietsch

                  Die anderen Parteien haben halt weniger das Problem mit der Doppelmoral, weil sie nicht so moralisierend daherkommen.

                  Ich halte diesen Vorwurf, dass die Grünen moralisierender sind als andere, für eine politische Marketingkampagne mit sehr dünner sachlicher Basis. Da wo die Grünen die Menschen gerne mit einem “Nudge” zu mehr veganer Ernährung, zu Offenheit für alternative Lebensmodelle, zu mehr Zug als Flug, zu Energie aus Wind und Sonne und zum Genderstern bewegen würden, versucht die Union sie zu mehr Rinderbraten und Schnitzel, zur traditionellen Ehe, zu mehr Verbrenner als E-Auto, zu Atomkraft und zum “jetzt erst recht Winnetou lesen” zu schupsen. Beide Seiten kämpfen für ihre Identitätsthemen und scheuen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben, nicht davor zurück Gesetze zu erlassen, die die Menschen ermutigen – und manchmal zwingen – sich entsprechend umzuorientieren. Dass ist auch vollkommen ok. In einer Demokratie kann man Regierungen ja abwählen, wenn man sich belästigt fühlt.

                  • Stefan Pietsch 28. Juli 2024, 22:18

                    Nun gut, da sind wir ja schon einen Schritt gemeinsam gegangen. Das Nudging sehen ja inzwischen ein paar kluge Grün-Politiker, was viele Jahre schlicht bestritten wurde.

                    Nur, können Sie mir echt eine Kampagne der CDU nennen, wo diese die Bürger aufgefordert hat, mehr Fleisch zu essen, unbedingt zu heiraten, lieber Verbrenner als E-Autos zu kaufen? Also, der letzten 20 Jahre, bitte keine Adenauer-Zitate.

                    • Ralf 28. Juli 2024, 22:56

                      Also mal ein Beispiel zum Fleisch:

                      Die CDU in Schleswig-Holstein forderte 2016 Schweinefleisch in Schulen …

                      https://www.spiegel.de/politik/deutschland/schleswig-holstein-cdu-fuer-schweinefleisch-in-oeffentlichen-kantinen-a-1080002.html

                      … und 2023 legte die CDU in Mecklenburg-Vorpommern mit einer Forderung nach Fleisch in Kantinen nach …

                      https://www.nordkurier.de/regional/mecklenburg-vorpommern/cdu-bricht-lanze-fur-schnitzel-in-mv-kantinen-1397697

                      Also praktisch ein “Reverse-Veggie Day”. Während die Grünen forderten, Kantinen sollten einmal in der Woche einen fleischfreien Tag einlegen, fordert die CDU, dass es immer eine Fleisch-Option geben muss. Kann man beides legitim finden. Oder man kann beides blöd finden. Aber wie man das eine “moralisierend” finden kann, und das andere nicht, verstehe ich nicht.

                    • Stefan Pietsch 28. Juli 2024, 23:31

                      Îch wusste, das so etwas kommt. Die Links-Ökos verringern das Angebot (Auto, Essen, Flüge) und als Reaktion fordern Konservative und Liberale die Rücknahme und freie Wahl, was dann das Gleiche sein soll. Niemand zwingt irgendjemanden, Schweinefleisch zu essen. Aber wenn Schweinefleisch aus dem Angebot genommen wird – aus vermeintlicher Rücksichtnahme auf Muslime – kann eben kein Schweinefleisch mehr gegessen werden. Von Mehr, wie Sie behauptet haben, ist aber auch in Ihrem Link nicht die Rede.

                    • Stefan Sasse 29. Juli 2024, 12:05

                      So viel Worte für „meine Moral ist besser als deine Moral“.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 00:17

                      Sie überschätzen die Macht der Kantinen. Wer unbedingt Fleisch essen will, bringt sich dann eben ein Wurstbrot mit oder geht in die Dönerbude. Und das Kind, das in der Schule kein Schweinefleisch bekam, kann zum Frühstück oder zum Abendessen Fleisch essen.

                      Aber wie gesagt – ich bin da ziemlich neutral. Man kann die Ansicht haben, dass der Staat versuchen sollte zu regeln, wie sich die Bürger ernähren. Man kann die Ansicht haben, dass der Staat sich aus der Ernährung der Bürger heraushalten sollte. Für beides lassen sich gute Argumente finden. Aber zu behaupten, dass ein einziger vegetarischer Wochentag in der Kantine “moralisierend” sei und einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit der Bürger darstellt, und dann gleichzeitig eine Garantie zu fordern, dass an allen Wochentagen in der Kantine grundsätzlich immer Fleisch angeboten werden muss, ist argumentativ grandios inkonsistent.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 09:14

                      Interessante Einstellung: Ein Unternehmen unterhält eine Kantine, damit sich die Leute ihr Essen selbst mitbringen. Kurze Anmerkung: Das ist definitiv nicht der Sinn von Kantinen.

                      In Ihrem Beispiel bringen Sie zwei Sachen zusammen, die nicht zusammen gehören. Zum einen ist da die politische Forderung nach einen Tag nur mit vegetarischem und veganem Essen. Die Forderung wird aus ernährungspolitischen und klimapolitischen Gründen aufgestellt. Und zum anderen ist da die Forderung auf Angebote von Schweinefleisch zu verzichten, weil es die religiösen Gefühle einiger Nutzer verletzen könnte.

                      All diese Forderungen schneiden in die Grundrechte anderer Menschen ein. Sie sagen, das wäre ja nicht so schlimm. Als Liberaler wie als Verfechter unserer Verfassung sage ich: Genau das ist so schlimm und beschert den Grünen immer und immer wieder ihr Image als Verbotspartei. Sie können das ablehnen, aber das ist keine politische Analyse, das ist aus Parteiperspektive gesprochen. Das bringt nichts.

                      Ich habe auch grundsätzlich etwas gegen Monopolisten, seien sie staatlicher oder privater Natur, das gibt sich nichts. Ein Monopol bedeutet, der andere ist ausgeliefert. Kantinen bieten steuerlich subventioniert vergünstigtes Essen an. Da diese Verbilligung aus allgemeinen Mitteln erfolgt, darf nicht diskriminiert werden. Wenn Fleischangebote vorenthalten werden um die Menschen zu erziehen, obwohl die Nachfrage gleich bleibt, dann ist das ein Missbrauch von öffentlichen Mitteln.

                      Konservative und Liberale ohnehin wollen nicht verbieten und Angebote reduzieren, sondern (gefragte) Angebote erhalten und erweitern. Das ist ein fundamentaler Unterschied zu der Verbotssystematik der Grünen.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 09:35

                      Unser Kantinenplan ist Wochen im Voraus einsehbar. An Tagen, an denen ich dort nichts spannendes finde, bringe ich mir selber etwas von zuhause mit. So ungewöhnlich ist das also nicht, dass man nicht jeden Tag in der Kantine isst.

                      In Kitas mit relativ kleinen Kindergruppen, aber signifikantem muslimischem Anteil, stellt sich die Frage, ob man Schweinefleisch anbietet, dafür dann aber zwei Gerichte kochen muss,
                      weil die muslimischen Kinder ja auch etwas essen sollen, oder ob man etwas anderes kocht und dafür ein Gericht reicht. Die Entscheidung gegen Schweinefleisch macht dann Sinn. Jetzt fordert die CDU, dass der Staat kommen soll und gesetzlich diktieren soll, dass Schweinefleisch auf dem Mahlzeitenplan stehen muss. Und das soll ein Liberaler gut finden?

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 10:30

                      Sie vermischen immer wieder unzulässig verschiedene Aspekte, die aber dann ein Bild darstellen, das mit dem eigentlichen Sachverhalt nichts zu tun hat.

                      Ja, das Kantinenangebot ist Geschmackssache. Die Betreiber bemühen sich daher um ein ausgewogenes Angebot. Meist handelt es sich um Catering-Firmen, die nach abgenommener Menge bezahlt werden. Analog zur Bevölkerung werden dann ein vegetarisches/veganes und zwei Fleischgerichte angeboten. Das ist so der Standard: 3-5 Gerichte.

                      Nun wollen die Grünen diese freie Entscheidung von Unternehmen und Bürgern beeinflussen, das heißt nichts anders als dass sie in Grundrechte eingreifen wollen. Wenn Sie das nicht so sehen, stellt sich die Frage, warum die Grünen das überhaupt thematisiert haben, statt bei solchen Sachen der privaten Lebensführung die Klappe zu halten.

                      In Kitas wird tatsächlich meist nur ein Gericht angeboten, um die Eltern finanziell nicht zu belasten. Selbst in den besten Kindertageseinrichtungen in Frankfurt erhalten die Caterer nicht mehr als 4 bis 4,50 Euro pro Menü. Damit lässt sich kein großartiges Gericht zaubern, jedenfalls keins mit Rindfleisch. Soweit den Kindern in der Woche auch Fleischgerichte serviert werden sollen, kann das neben Hähnchen nur Schwein sein.

                      Jetzt ist die eine Frage, wie in Kitas umzugehen ist, in denen ein hoher Anteil muslimischer Kinder betreut wird. Sie finden es in Ordnung, wenn dort überhaupt kein Schweinefleisch angeboten wird. Warum? Weil eine Mehrheit der Eltern dagegen ist? Dann verzichten wir vielleicht auch auf den Sexualkundeunterricht in Klassen mit hohem Muslimenanteil.

                      Es gibt keine Grundlage, in Kitas prinzipiell auf die Zubereitung von Schweinefleisch zu verzichten. Die religiöse Orientierung ist dafür kein Argument, denn wir haben in Deutschland die Trennung von Kirche und Staat. Minderheiten haben ebenso einen Schutzanspruch.Wenn die Kitaleitung grundsätzlich kein Schweinefleisch anbietet, dann ist das natürlich eine freie unternehmerische Entscheidung. Aber dann ist auch nichts dagegen zu sagen, wenn nicht-muslimische Eltern sich andere Einrichtungen suchen. Das wiederum finden Sie auch nicht gut.

                      Aber: Darum ging es nicht in Ihrem Link. Es ging weder speziell um Kitas, wo nur ein Gericht angeboten wird, noch um freie Entscheidungen. Es ging darum, dass Druck auf Kantinenbetreiber ausgeübt wird, aus Rücksicht auf religiöse Gefühle auf ein entsprechendes Angebot zu verzichten.

                      Wieso gefällt Ihnen das eigentlich?

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 12:17

                      @Stefan

                      Die Moral des Grundgesetzes. Damit stehen Grüne meist auf Kriegsfuß.

                    • Stefan Sasse 30. Juli 2024, 08:57

                      Dann ist ja gut, dass ich kein Grüner bin.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 13:31

                      Kantinen haben kein Grundrecht Schweinefleisch zu verkaufen. Es ist auch kein Eingriff in ihre Grundrechte den Verkauf von Hunde- und Katzenfleisch zu regulieren. Eine Gesellschaft hat das Recht und die Politik hat die Pflicht gesetzliche Leitplanken zu schaffen, die das soziale Miteinander adäquat regeln. Das heißt nicht, dass der Staat hier unbedingt zwingend eingreifen muss. Aber er kann und darf eingreifen, wenn die gewählte Regierung das möchte und eine parlamentarische Mehrheit hinter sich hat.

                      Bei einer Kita gehe ich davon aus, dass Essen so zubereitet wird, dass in der Regel alle Kinder mitessen können. Wenn ein bestimmtes Gericht von vornherein ein bis zwei Drittel der Kinder vom Mittagessen ausschließt, gebietet der gesunde Menschenverstand, dass man nach Alternativen sucht. Statt Schweinefleisch dann Hühnchenfleisch anzubieten, ist ein absolut akzeptabler Kompromiss. Ich verstehe nicht, wie Sie das anders sehen können.

                      Der Vergleich mit dem Sexualkundeunterricht geht ins Leere. Wir als Gesellschaft haben ein legitimes Interesse daran, dass auch muslimische Kinder – und auch dann, wenn deren Eltern das explizit nicht wollen – eine moderne Erziehung und relevante Informationen zu ihrer Gesundheit erhalten. Wir als Gesellschaft haben aber keinerlei legitimes Interesse, muslimischen Kindern das Essen von Schweinefleisch aufzuzwingen. Und daran, muslimische Kinder zu Außenseitern zu machen, indem sie als einzige nix zu essen bekommen, liegt ebenfalls in keinster Weise in unserem gesellschaftlichen Interesse.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 14:51

                      Kantinen haben kein Grundrecht Schweinefleisch zu verkaufen.

                      Ehrlich gesagt, bei solchen Aussagen zieht’s mir die Schuhe aus. Wie kommen Sie darauf? Wie kommen Sie zu so einer Ansicht? Ein pauschales Verbot würde glatt gegen fast ein halbes Dutzend Grundrechte verstoßen.

                      Eine Gesellschaft hat das Recht und die Politik hat die Pflicht gesetzliche Leitplanken zu schaffen, die das soziale Miteinander adäquat regeln.

                      Das haben wir, das heißt Grundgesetz. Darin ist in den ersten zwanzig Artikeln niedergeschrieben, wo sich der Staat beim Bürger grundsätzlich rauszuhalten hat. Z.B. wenn die Bürger untereinander Verträge machen, was sie in ihrer Wohnung machen, wie sie mit ihren Sachen umgehen. Alles, was der Staat darüber hinaus regeln will, wird eingeengt durch diese in ihrem Charakter nicht veränderbaren Normen.

                      Aber er kann und darf eingreifen, wenn die gewählte Regierung das möchte und eine parlamentarische Mehrheit hinter sich hat.

                      Sie glauben ernsthaft, eine Regierung dürfe einfach den Bürgern alles vorschreiben? Da wünsche ich Ihnen echt mal eine AfD-Regierung, die werden so etwas ganz begeistert hören.

                      Bei einer Kita gehe ich davon aus, dass Essen so zubereitet wird, dass in der Regel alle Kinder mitessen können.

                      Das ist doch Sache der Kita und nicht des Staates. Und wieso sollen muslimische Kinder nicht mitessen können?

                      Der Vergleich mit dem Sexualkundeunterricht geht ins Leere. Wir als Gesellschaft haben ein legitimes Interesse daran, dass auch muslimische Kinder (..) eine moderne Erziehung und relevante Informationen zu ihrer Gesundheit erhalten.

                      Wieso gilt das nur für den Sexualkundeunterricht, nicht jedoch für die Ernährung?

                      Wir als Gesellschaft haben aber keinerlei legitimes Interesse, muslimischen Kindern das Essen von Schweinefleisch aufzuzwingen.

                      Oben sagen Sie, der Staat dürfe im Grunde alles. Jetzt sagen Sie, der religiöse Wille der Eltern dürfe ggf. über das Kindeswohl gestellt werden, aber nur, wenn es nicht um die Sexualerziehung geht. Das ist mit Verlaub eine unglaublich beliebige Position.

                      Und daran, muslimische Kinder zu Außenseitern zu machen, indem sie als einzige nix zu essen bekommen, liegt ebenfalls in keinster Weise in unserem gesellschaftlichen Interesse.

                      Oben sagen Sie, wenn in der Kita der Anteil muslimischer Kinder überwiege, sei ein schweinefleischloses Angebot sinnvoll. Hier sagen Sie, diese Mehrheit könnte diskriminiert werden, wenn sie praktisch vom Essen ausgeschlossen werde. Sorry, es ist ziemlich schwer, eine Mehrheit zu Außenseitern zu machen. Das ist ein Widerspruch in sich.

                      Mit Ihrer obrigen Begründung wäre es angezeigt halal Essen zuzubereiten. Aber wenn das die christlichen Kindern nicht essen wollen, werden die dann nicht diskriminiert?

                    • Ralf 29. Juli 2024, 15:01

                      Laut Ihrer Definition von Grundrechten darf der Staat überhaupt keine Gesetze erlassen, weil jedes Gesetz – per Definition – Freiheiten einschränkt.

                      Warum Sexualkundeunterricht und Ernährung nicht vergleichbar sind, habe ich erklärt.

                      Weshalb muslimische Kinder in der Kita kein Schweinefleisch essen können, muss ich hingegen nicht erklären. Da wenden Sie sich am besten an den Propheten.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 15:19

                      Jetzt drehen Sie die Begründungspflicht einfach um. Ich habe Sie gefragt, wie Sie darauf kommen, der Staat dürfe einfach so mal in 3-4 Grundrechte auf einen Schlag eingreifen.

                      Alle unsere einfachen Gesetze stehen in Einklang mit dem Grundrechten, sonst wären sie als verfassungswidrig aufgehoben. Über die Rechtmäßigkeit einer eventuellen Einschränkung entscheidet nicht, wie Sie behaupten, die Regierung, sondern das Bundesverfassungsgericht.

                      In unserem Beispiel gibt es keinen Konflikt der Grundrechte der Bürger gegeneinander. Das Recht auf freie Religionsausübung ist auf den privaten Bereich beschränkt. Ein Gläubiger kann nicht verlangen, dass seine religiösen Befindlichkeiten außerhalb seiner privaten Räumlichkeiten, beispielsweise von einem privaten Caterer, respektiert werden.

                      Aber Sie sagen, der Staat darf zugunsten des Gläubigen sehr wohl in die Grundrechte des Caterers intervenieren. Das ist ein Verfassungsverständnis, das nichts mit der juristischen Realität zu tun hat.

                      Genau genommen geht es in unserem Beispiel nicht um den Glauben der Kinder, sondern der Eltern. Dieser muss aber grundsätzlich außerhalb des privaten Bereichs hinter dem Bildungsauftrag des Staates zurückstehen. Der Bürger hat kein Recht, vom Staat eine bestimmte religiöse Erziehung zu verlangen. Das schließt die Rücksichtnahme auf religiöse Befindlichkeiten ein. Und deswegen sind Unterricht und öffentliche Verköstigungen das Gleiche.

                      Auch hier: Ihr Rechtsverständnis ist zusammengebastelt. Sie haben ja Bezug zum wissenschaftlichen Bereich. Greifen Sie sich doch einmal einen Jura-Professor und lassen sich in 2-3 Stunden das mit den Grundrechten erklären. Mir glauben Sie ja nicht.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 15:25

                      Der Staat kann dort regulierend eingreifen, wo gesellschaftliches Interesse besteht. Ansonsten gäbe es keine Helmpflicht auf dem Motorrad. Kein Rauchverbot in Gaststätten. Kein Alkoholverbot am Steuer.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 15:29

                      Diese Eingriffe sind mit der unmittelbaren (= nicht abstrakten) Gefahrenabwehr gegenüber Dritten begründet. Deswegen dürfen Sie z.B. völlig ungestraft auf dem eigenen Hof (Schutz der eigenen Wohnung | Eigentum) völlig besoffen rumfahren. Sie dürfen das auch unangeschnallt tun. Warum dürfen Sie das? Eben.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 15:37

                      In welcher Weise dient die Helmpflicht der unmittelbaren (= nicht abstrakten) Gefahrenabwehr gegenüber Dritten?

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 15:47

                      Das hatte ich früher schon ein paar Mal erklärt: Die Verpflichtung richtet sich nicht an den Bürgern, sondern an die Benutzung einer Sache. Auch ein Gabelstapler darf nur nach Einweisung benutzt werden. Und während man ohne Führerschein motorlos paddeln darf, braucht man für ein Motorboot einen Bootsführerschein.

                      Aber es ist immer mit einer unmittelbaren Gefahr begründet. Vom Essen geht aber keine grundsätzliche Gefahr aus. So weit das der Fall wäre – bei öffentlichem Ausschank – unterliegt es Auflagen, aber keinen grundsätzlichen Verboten.

                      Und das ist unser Fall: Von Schweinefleisch geht keine Gefahr grundsätzlicher Art für einen selbst oder Dritte aus. Daher kann es nicht verboten werden. Sie begründen ja das Verbot auch mit Verletzung religiöser Gefühle, nicht mit der Gefahr durch das Produkt.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 15:55

                      Ich warte immer noch auf eine Erklärung, in welcher Hinsicht die Helmpflicht eine unmittelbare (= nicht abstrakte) Gefahr für Dritte abwendet. Welche unmittelbare, nicht abstrakte Gefahr entsteht Dritten, wenn ich auf dem Motorrad meinen Helm nicht trage?

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 16:01

                      Das war nicht richtig ausgedrückt, aber es ist eine Gefahr für den öffentlichen Verkehr.

                      Das ist aber ein unwichtiger Seitenaspekt, schließlich wollen Sie belegen, dass der Staat aus beliebigen Gründen mit einfacher Mehrheit die Grundrechte der Bürger einschränken darf. Eben das Grundrecht, Schweinefleisch auszugeben.

                      Da haben Sie in unserem längeren Austausch keine Begründung geliefert, außer, der Staat darf das.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 16:04

                      Dass es ausschließlich um öffentliche Sicherheit bei solchen Auflagen geht, sehen Sie darin, dass das Vorgehen in den eigenen Räumlichkeiten völlig straflos bleibt. Auf dem eigenen Hof gelten weder Helmpflicht noch Pflicht zur Führung einer Fahrerlaubnis. Wenn Sie meine Ausführung nicht akzeptieren, dann begründen Sie doch dieses.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 16:09

                      In der Regel beziehen sich Regierungen bei neuen Gesetzen nicht auf “beliebige” Gründe, sondern gewöhnlich geht es um ein bedeutendes gesellschaftliches Anliegen. Im Fall eines vegetarischen Wochentages in der Kantine ist das ein Beitrag zur Gesundheit und zur Bekämpfung des Klimawandels. Im Fall der Kita ist es andersrum. Die Kita hat kein Schweinefleisch mehr angeboten, weil sie wollte, dass alle Kinder eine warme Mahlzeit bekommen. Und die CDU will sie zwingen Schweinefleisch wieder ins Menü zu nehmen.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 16:11

                      Auf dem eigenen Hof gelten weder Helmpflicht noch Pflicht zur Führung einer Fahrerlaubnis.

                      Die meisten Motorradfahrer fahren nicht auf dem eigenen Hof.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 16:14

                      bedeutendes gesellschaftliches Anliegen

                      Das ist kein Begriff des Verfassungsrechts, weder in Deutschland noch in anderen demokratischen Rechtstaaten. Deswegen bleibt mir nur, Ihnen nochmal anzuempfehlen, sich bei einem Verfassungsrechtler schlau zu machen, da Sie mir keine Kompetenz zubilligen. Denn so lange kein gemeinsames Verständnis und Akzeptanz unserer Grundrechte besteht, macht an diesem Punkt eine weitere Diskussion keinen Sinn.

                      Wenn Sie glauben, eine demokratische Mehrheit dürfe in einem Rechtstaat alles, dann haben wir einen unüberbrückbaren Konflikt.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 16:21

                      Ich glaube nicht, dass eine demokratische Mehrheit alles darf. Gesetze müssen im Rahmen der Verfassung manövrieren. Die Verfassung ist aber sehr breit gefasst und in vielem flexibel. Sie gibt grobe Leitplanken vor. Sie regelt nicht den Einzelfall. Deshalb ist im Rahmen dieser Verfassung auch vieles möglich. Wie gesagt – nach Ihrer Definition dürfte es überhaupt keine Gesetze geben, denn Gesetze schränken individuelle Rechte immer ein. Es gibt aber Gesetze. Und viele davon. Sehr, sehr viele. Und ständig kommen neue. Also kann Ihre Lesart der Verfassung, die Ihre Privatmeinung, nicht die juristische Realität widerspiegelt, offensichtlich nicht gültig sein.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 16:38

                      Ihr Irrtum liegt in zwei Aspekten:

                      Gesetze schränken die Grundrechte ein. Die wesentlichen Gesetze sind Leistungsgesetze des Staates, die keinerlei Einschränkungen, sondern Vergünstigungen bedeuten. Dann die Steuergesetze, die durch das Grundrecht auf Eigentum, der Verhältnismäßigkeit sowie Willkürfreiheit beschränkt sind. Auch sie begrenzen insoweit nicht die Grundrechte des Bürgers. Das Strafrecht ist begründet in Verstößen der Bürger gegen die Grundrechte anderer Bürger (Mord, Vergewaltigung, Raub, Nötigung, Betrug u.ä.). Auch der vierte Bereich, die bürgerlichen Gesetze zu Vertragsrecht, Schuldrecht, Sachenrecht, Erbrecht und Familienrecht sowie Handelsrecht regelt die Beziehungen der Bürger zueinander, nicht vom Staat zum Bürger. Vertragsrecht und Schuldrecht beschränken in keiner Form die Vertragsfreiheit des Grundgesetzes, sondern spezifizieren sie.

                      Der zweite Irrtum liegt darin zu glauben, der Staat dürfe mit einfacher Mehrheit in die Sphäre des Bürgers eingreifen. Diese Meinungen kann ich Ihnen nicht nehmen, denn es geht da nicht um Meinung, sondern Wissen.

                      Aber vielleicht können Sie sich selbst die Frage beantworten: Sie haben zahlreiche Regeln genannt, wo der Staat dem Bürger im öffentlichen Raum Schutzvorschriften macht. Sie haben kein dem diskutierten Fall vergleichbares Beispiel gebracht, wo der Staat dem einen Bürger vorschreibt, dass er aus Rücksicht auf den anderen Bürger auf seine Grundrechte verzichten muss um dem Grundrecht des anderen (Religionsfreiheit) Vorrang zu gewähren.

                      Aber das nur für sich. Für mich ist die Diskussion an diesem Punkt beendet.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 16:43

                      Sie haben kein dem diskutierten Fall vergleichbares Beispiel gebracht, wo der Staat dem einen Bürger vorschreibt, dass er aus Rücksicht auf den anderen Bürger auf seine Grundrechte verzichten muss um dem Grundrecht des anderen (Religionsfreiheit) Vorrang zu gewähren.

                      Rauchverbot.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 16:56

                      Okay, weil es so oft gebracht wird. Das Bundesverfassungsgericht hat natürlich zum Rauchverbot geurteilt.
                      https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2008/bvg08-078.html

                      Die Gesetzgeber durften aufgrund zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen davon ausgehen, dass mit dem Passivrauchen schwerwiegende gesundheitliche Risiken verbunden sind. Da die Gesundheit und erst recht das menschliche Leben zu den besonders hohen Gütern zählen, darf ihr Schutz auch mit Mitteln angestrebt werden, die in das Grundrecht der Berufsfreiheit empfindlich eingreifen.

                      1. Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schwerwiegend.
                      2. Der Eingriff ist nur gerechtfertigt, weil für die Besucher von Gaststätten große gesundheitliche Gefahren bestehen. Das gilt aber für den von uns diskutieren Fall nicht, also ist auch die Beschränkung der Berufsfreiheit nicht gerechtfertigt.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 17:12

                      Beispiel zur gesetzlichen Rücksichtnahme auf religiöse Gefühle: Das Recht eine religiös motivierte Kopfbedeckung, etwa ein Kopftuch, auf dem Führerscheinphoto anzubehalten, während alle anderen die Kopfbedeckung abnehmen müssen.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 17:46

                      Beziehung des Staates zum Bürger. Wo ist die Grundrechtseinschränkung?

                      Zur Religionsfreiheit und deren Ausweitung auf die eigenen Kinder: Gegenwärtig wird diskutiert, das Kopftuchverbot in Schulen bis zum Alter von 16 Jahren auszudehnen. Kinder sind nicht einfach ein verlängerter Arm der Eltern, sondern eigene Individuen, die manchmal vor dem schädlichen Einfluss der Eltern geschützt werden müssen.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 17:49

                      Noch ein Beispiel: Schulen halten Gebetsräume für muslimische Schüler bereit.

                      Zur Erinnerung: unsere Debatte drehte sich darum, dass die Grundrechte privater Caterer hinter die religiösen Empfindungen muslimischer Eltern zurückstehen sollten. Also Verhältnis Bürger zu Bürger.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 18:09

                      Wo ist die Grundrechtseinschränkung?

                      Wenn man so argumentiert wie Sie, dann wird beim Machen des Führerscheinphotos in die Grundrechte all jener eingegriffen, die legitim Kopfbedeckungen tragen – zum Beispiel aus modischen Gründen. Die werden gezwungen, die Kopfbedeckung abzunehmen. Nur diejenigen, die religiöse Kopfbedeckungen tragen, werden selektiv vom Grundrechtseingriff ausgenommen. Gilt (zumindest in den USA und in Österreich – in Deutschland habe ich nicht recherchiert) sogar für das Tragen eines Nudelsiebs, wenn man angibt der Religion des Fliegenden Spaghettimonsters anzugehören.

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 18:59

                      🙂 Zumindest der war nicht schlecht.

                      Es gibt kein Grundrecht, dass das Huttragen auf offiziellen Bildern verhindert. Das Recht auf persönliche Verwirklichung käme in Frage, die ist aber ja nicht gehindert, wenn man sich kurz mal ohne fotografieren lässt.

                      Die Debatte ist ja ganz nett, aber es geht darum, dass der Staat sich nicht grundsätzlich darin einmischen darf, ob und inwieweit Bürger gegenseitig auf die Auslebung ihrer Grundrechte verzichten. Ich sehe jetzt auch nichts, das für Sie begründen würde, dass der Staat Caterern die Menükarte vorschreiben könnte.

                      Im Gegenteil. Das von Ihnen selbst herangezogene Beispiel mit dem Rauchverbot in Gaststätten schiebt dem im Grunde einen Riegel vor. Das Bundesverfassungsgericht hat dabei festgestellt, dass eine solche Vorschrift ein tiefer Eingriff in das Recht der freien Berufsausübung wäre. Und dies wäre nur zu rechtfertigen, wenn ein besonderes Schutzbedürfnis für Leib und Leben bestände. Bei aller Liebe, aber so hoch hängt die Oktroyierung einer Religion auf Kleinkinder durch die Eltern nun doch nicht.

                    • Ralf 29. Juli 2024, 19:02

                      Sie müssen mir mal irgendwann eine Liste der Dinge geben, die Grundrechte sind. Fleisch essen ist Grundrecht. Hut tragen nicht. Wer hätte das gedacht?

                    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 19:12

                      Fleisch essen ist kein Grundrecht. Es ist aber ein Grundrecht Fleisch kaufen zu dürfen (Vertragsfreiheit), es in der eigenen Wohnung zu verzehren (Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung) und anzubieten (Recht auf freie Berufsausübung). Das Gleiche gilt für Hüte, falls Sie das fragen wollten.

                    • Stefan Pietsch 30. Juli 2024, 09:18

                      Deine Sympathie mit den Grünen ist maximal. So gesehen bist Du ohne formellen Aufnahmeantrag assoziiertes Mitglied.

                  • Stefan Sasse 29. Juli 2024, 12:03

                    Genau das.

                • Stefan Sasse 29. Juli 2024, 12:03

                  Das ist schlichtweg nicht richtig. Die CDU moralisiert mehr als jede*r Grüne.

                • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 12:11

                  @Stefan

                  Dass Du Dich wenig um die Meinung anderer und die Ergebnisse der Demoskopie scherst, weiß ich und brauchst Du nicht zu wiederholen.

              • CitizenK 28. Juli 2024, 18:46

                @ Ralf
                Wie ich Dich einschätze, müsste Dir an der Glaubwürdigkeit von Politikern sehr gelegen sein. Wenn die Details stimmen, die Stefan Pietsch auflistet, ist die bei Baerbock einfach futsch.
                Ich erinnere mich an einen Satz von Erhard Eppler (ein heute unvorstellbarer Politikertyp): Das Schwerste ist Glaubwürdigkeit. Wenn… (siehe oben), dann hat B. sie grob fahrlässig verschleudert.

                • Ralf 28. Juli 2024, 20:07

                  Nach dem Kriterium gäbe es in ganz Deutschland keinen einzigen Politiker, der glaubwürdig ist.

        • Thorsten Haupts 29. Juli 2024, 15:46

          Ich habe ziemlich wenige Grundsätze, da ich sehr früh gelernt habe, dass ich selbst kein hochmoralischer Mensch bin. Man verstößt dann viel zu leicht gegen selbst aufgestellte Grundsätze …

          Exakt mein Denken seit vielen Jahren. Wer glaubt, dutzende oder mehr von Grundsätzen zu haben, hat in der Realität keinen.

  • Lemmy Caution 28. Juli 2024, 20:50

    g) Lateinamerikanische Überemotionalität hat in der Politik nichts zu suchen
    … außer die Wähler haben das Privileg, sich in so einer Wahlkabine für María Corina Machado entscheiden zu dürfen.
    https://twitter.com/alejandroolmos/status/1817625805339713995
    Ich hoffe von ganzem Herzen, dass dem 25 jährigen Wahnsinn nun doch mal der Anfang vom Ende eingeläutet werden kann. Ausschließen kann man es nicht.

    • Lemmy Caution 29. Juli 2024, 07:52

      Maduro hat sich zum Sieger erklärt, allerdings wurden irgendwann am Abend den Wahlbeobachtern der Opposition der Zugang zu den Wahlakten verwehrt. Diese Wahlakten sind der zentrale Punkt der eigentlich guten Regeln zur Überprüfung einer Wahl in Venezuela.
      Machado sagte in einer 10-minütigen Ansprache vor einer Stunde, dass die Opposition Zugang zu 40% der Wahlakten hat und dass diese einen Sieg der Opposition nahelegen.
      Gabriel Boric, der linksliberale Präsident Chiles, hat öffentlich erklärt, dass er das öffentliche Wahlergebnis für unglaubwürdig hält (difícil de creer).
      Ich habe noch kein statement der Regierungen Brasiliens und Kolumbiens entdeckt.
      Die nächsten Tage werden kompliziert.

      • Lemmy Caution 29. Juli 2024, 17:06

        Die Venezolanische Wahlbehörde CNE hat immer noch keine lokalen Ergebnisse für einzelne Wahlbezirke veröffentlicht, wie wir es aus jeder anderen Wahl kennen.
        Laut Opposition hat die aus meiner Sicht kriminelle Regierung ein Problem: Sie wissen nicht genau Bescheid, von welchen Wahlbezirken sich die Opposition die Wahlakten kopieren konnten. Veröffentlicht der CNE Daten, können sie belegt durch die Akten in Frage gestellt werden.
        In g1.globo (Brasilien) beklagt der in da Silvas Regierungsberater für Internationale Beziehungen beratende Celso Amorim, dass man genau diese detaillierten Daten benötigt.
        Von der brasilianischen Regierung bisher Schweigen zu den Wahlen: Sie erkennen die Wahlen weder an, noch zweifeln sie sie offiziell an.

        Die Haltung der brasilianischen Regierung ist zentral in diesem Machtspiel. Übrigens zweifelt auch die vor nicht langer Zeit gewählte erste progressive Regierung Guatemalas seit Jahrzehnten das Wahlergebnis an.

        • Lemmy Caution 29. Juli 2024, 19:19

          Die kriminelle Regierung erzählt nun, dass sie herausgefunden hat, dass es ein Hacker-Angriff auf das venezolanische Wahlsystem gegeben hätte. Verantwortlich sei María Corina Machado. Der Angriff soll von dem Territorium Nord-Mazedoniens ausgegangen sein.

          Chavistische Desinformation.
          Seit 25 Jahren immer wieder dieser völlige Blödsinn.

  • CitizenK 29. Juli 2024, 15:38

    Wenn die Religionsfreiheit nur im privaten Bereich gilt, was ist dann mit Moscheen und Synagogen? Sind die nicht durch das Grundrecht geschützt?

    • Stefan Pietsch 29. Juli 2024, 15:51

      Sie sind nicht durch die Religionsfreiheit, sondern durch das Recht auf Eigentum und Schutz der Wohnung gedeckt. Für Moscheen und Synagogen gilt kein höherer Schutz als für die eigene Wohnung. Umgekehrt darf die Polizei nicht einfach in solche Gebäude eindringen.

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