Warum Gehaltserhöhungen nicht zu mehr verkauften Autos führen

Es gibt Theorien der Volkswirtschaft, die bestehen noch als Zombies fort, wenn die Zeit schon Ewigkeiten über sie hinweggegangen ist. Solche Untoten sind besonders im linken politischen Spektrum beliebt, ersetzen sie doch die Auseinandersetzung mit der modernen Wirklichkeit. Menschen und die Umwelt, in der sie leben, verändern sich ständig. Die einen passen sich an, die anderen sterben aus. Zu den Zombietheorien zählt die These, durch endogene Impulse auf Haushalte ließe sich die Wirtschaft und damit das Wachstum „ankurbeln“. Der Begriff wirkt dabei so altmodisch wie die Fossile, die sie benutzen. Als endogene Faktoren kommen Sozialtransfers, witzigerweise finanziert durch Steuererhöhungen, und Gehaltserhöhungen in Frage.

Zu niedriges Gehalt = weniger verkaufte Autos = weniger benötigte Arbeitskräfte

Eine Erkenntnis, so einfach wie eingängig und vor allem populär. Arbeitgeber erhöhen einfach die Löhne ihrer Beschäftigten und werden durch rasant steigende Umsätze belohnt. Lohnkürzungen und Entlassungen führen zu Verarmung. Der technische Fortschritt steht abseits. Mit dem Satz, in dem manchmal das Wort Gehaltserhöhung durch Sozialleistungen ersetzt wird, gehen linke Parteien seit Jahrzehnten ziemlich erfolglos auf Wählerfang. Offensichtlich überwiegt die Skepsis an der Richtigkeit der These. Das mag daran liegen, dass die Zahl der Beschäftigten in der Privatwirtschaft noch genügend hoch und die Zahl der Staatsbediensteten noch nicht die kritische Marke erreicht hat.

Die Theorie, dass Unternehmer und Arbeiter in einer direkten Tauschbeziehung stehen würden („Gehalt gegen Auto“) entspringt der Steinzeit der Industrialisierung. Die Arbeiter bekamen Geld und konnten damit gleich bei Unternehmen Produkte kaufen. In der Moderne sind jedoch Störfaktoren wie ein übergriffiger Staat und die Globalisierung der Produktion hinzugekommen. Und dann arbeiten in modernen Wirtschaftsstrukturen sehr viele Unternehmen mit ihren Beschäftigten nicht für End Consumer („B2C-Business“), sondern für andere Unternehmen, von denen selbst die Lieferanten manchmal nicht wissen, was sie mit den Lieferungen machen („B2B“). Oder was denken Sie, woher Diktaturen, Terroristen, Kriminelle und Islamisten der ganzen Welt ihre moderne Ausrüstung haben?

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands beläuft sich auf rund 3,9 Billionen Euro. Die Arbeitnehmerentgelte von 2,0 Billionen Euro und die Gewinneinkünfte nebst Abgaben in Höhe von 0,8 Billionen Euro ergeben dabei nur einen Teil des gesamten Erwirtschafteten. Dazu kommen noch die Abschreibungen, die auch erwirtschaftet werden müssen und die Gewinne mindern. Das ist grob beschrieben die Entstehung der Wirtschaftsleistung.

Verwendet wird das dann für
Private Konsumausgaben 2,0 Billionen Euro
Staatliche Konsumausgaben 0,9 Billionen Euro
Bruttoinvestitionen 0,9 Billionen Euro

Und dann kommt noch etwas hinzu, das so klein daherkommt, aber eine gewaltige Wirkung entfacht, der Außenbeitrag. Der sieht im Saldo mit 76 Milliarden Euro ziemlich klein und unbedeutend aus. Aber: Der Saldo besteht aus 2,0 Billionen Euro an Exporten und 1,9 Billionen Importen. Ganz schön gewaltig! Exporte und Importe machen jeweils rund die Hälfte unseres Erwirtschafteten aus. Die deutsche Wirtschaft ist eine sehr offene, eine der offensten der Welt.

Wenn Unternehmen die Leistungen ihrer Angestellten finanziell entgelten, dann entfällt also die Hälfte zur Finanzierung der Exporte der Wirtschaft. Drücken wir es anders aus: Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen 100 Euro Gehaltserhöhung zahlt, unterstützt er damit zur Hälfte die ausländische Wirtschaft. Entsprechend nützt es BMW reichlich wenig, hohe Lohnerhöhungen auszuschütten in der Hoffnung, dass die eigenen Leute dann mehr Modelle des Autobauers kaufen.

Zumal sich das Konsumverhalten der Menschen dramatisch verändert. Nur relativ wenige Deutsche besitzen noch ein eigenes Auto. 64 Prozent der Neuzulassungen sind gewerblich. Die neuen Vehikel dienen dann meist als Firmenwagen oder der Kurzzeitmiete über Sixt & Co. In der Chefetage der Münchner Tower dürften die Zweifel groß sein, mit Zusatzausschüttungen an die eigenen Beschäftigten den Umsatz erhöhen zu können.

Angewiesen ist man darauf ohnehin nicht. Von den weltweit 2,4 Millionen Automobilien konnte man gerade 254.000 im Heimatmarkt an den Mann bzw. Frau bringen. Und da die Marke vor allem als Firmenwagen und Mietwagen gekauft wird, fallen die wenigen tausend Privatkunden nicht ernsthaft ins Gewicht. Wer da seiner Geschäftsführung empfiehlt, aus Gründen der Umsatzpflege die Gehälter zu erhöhen, hat Mathematik in der ersten Klasse abgewählt.

Ein weiterer Klassiker linker Wirtschaftspolitikagitation ist die Behauptung, die Löhne der Beschäftigten seien ohnehin zu niedrig. Wahlweise werden zur weiteren Begründung die gestiegenen Lebenshaltungskosten, die hohen Unternehmensgewinne und die zurückhaltende Reallohnentwicklung angeführt. Selbst wenn sich diese Kennziffern ändern, die Argumentation des linken politischen Spektrums passt sich deswegen nicht an.

Wie oben bereits gezeigt wurde, beanspruchen heute die Arbeitnehmer relativ viel des erwirtschafteten Volkseinkommens aus Löhnen und Gehältern einerseits, Gewinnen und Vermögenseinkommen andererseits. 70 Prozent sind es derzeit, während sich die Unternehmen mit 30 Prozent bescheiden müssen. Solange die Wirtschaftsleistung nicht ins Unermessliche wächst, ist jeglicher Spielraum für eine schnellere Entwicklung der Einkommen aus abhängiger Beschäftigung ausgeschöpft.

Quelle: Eigene Berechnungen

Von 2010 bis 2020 haben sich die deutschen Reallöhne um 11% erhöht, ein Spitzenwert in der gesamten EU. Nur die osteuropäischen Länder lagen noch weiter darüber, da die dortigen Löhne trotz stark gestiegener Produktivität immer noch weit hinter dem Mittel der Gemeinschaft zurückhängen.

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung (BPB; Lohnentwicklung in Deutschland und Europa | Arbeitsmarktpolitik | bpb.de)

Das größte Problem mit Gehaltserhöhungen ist jedoch, dass sie fast immer nur zu einem geringen Teil dem eigentlich Gemeinten, dem Arbeitnehmer, zugutekommen. Die SPD ließ sich ja im Wahlkampf 2021 dafür feiern, den Mindestlohn von damals 9,50 Euro auf 12 Euro erhöhen zu wollen. Die wenige Monate später durchgeführte Erhöhung am unteren Ende der Einkommensskala fiel mit einem Plus von 26 Prozent saftig aus. Weniger überschäumend war die Freude bei den Begünstigten, denn die Enttäuschung zeigte sich beim Blick aufs Konto.

Wie bereits früher gezeigt, bekam eine teilzeitbeschäftigte Alleinerziehende keinen Cent mehr. Die gesamte Lohnerhöhung, die Hubertus Heil euphorisch feierte, landete bei vielen Mindestlohnempfängern komplett im Top des Bundesarbeitsministers. Bei Durchschnittsverdienern mit einem monatlichen Bruttogehalt von 4.000 Euro bleibt immerhin etwas hängen. Bleiben von diesem schon ordentlichen Salär bei einem Single ohnehin nur 2.577,92 € übrig, landen von 100 Euro Gehaltserhöhung des Chefs doch nur 53 Euro in seiner Tasche. Der Vollständigkeit erwähnt, dass der Arbeitgeber für die Gehaltserhöhung rund 130 Euro aufwenden muss.

Wie sieht es eigentlich in anderen Ländern aus? Wieviel behält man jenseits der Landesgrenzen von 100 Euro Gehaltszuschlag übrig? Wir sehen: Nirgends greift der Staat so gierig bei den Einkommen zu wie in Deutschland. Wenn die Steuer die Eintrittskarte für den Genuss staatlicher Leistungen darstellt, stellt sich die Frage: Sind in Deutschland die öffentlichen Leistungen so gut wie in keinem anderen Land dieser Welt? Gut, ich ziehe die Frage zurück.

Vergleich Nettogehälter und Abgabenquoten für einen Singlehaushalt
Quelle: Eigene Berechnungen

An der Stelle ist die Frage berechtigt, was tut eigentlich der Staat, damit BMW mehr Autos in Deutschland verkaufen kann? Vielleicht dem Bürger mehr vom Einkommen belassen?

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  • Erwin Gabriel 13. November 2023, 20:28

    @ Stefan Pietsch

    Da sind einige Fakten bei, die erschrecken müssten: Dass beispielsweise von einer Mindestlohn-Erhöhung dann nichts überbleibt, wenn dadurch staatliche Leistungen entfallen. Oder dass von Arbeitgeber-Aufwendungen von 130 Euro beim Arbeitnehmer nur 53 Euro überbleiben.

    Auf den PKW-Vergleich bezogen bedeutet dies, dass ein Arbeitgeber, um seinem Mitarbeiter durch Gehaltserhöhung einen Kaufpreis von 53.000 Euro für seinen Wagen zu ermöglichen, 130.000 Euro ausgeben muss. Da der Verkaufspreis nicht dem Gewinn entspricht (der liegt im Schnitt unter 10 %), wird klar, dass diese Rechnung so einfach nicht ist. Die Mechanik zwischen Gehalt, Steuern, Wirtschaft etc. ist halt deutlich komplexer, als einen Schalter zu betätigen und das Licht geht an. Wenn eine bestimmte wirtschaftliche Entwicklung zu Lohn- und Gehaltserhöhungen führen soll, müsste eine gegenläufte Entwicklung zu entsprechenden Entgeltskürzungen führen. Falls nicht, werden Personalkosten auf anderem Weg heruntergefahren – durch Kündigungen. Wie es bei Schraubern so schön heißt: Nach „fest“ kommt „ab“.

    Das soll weiß Gott kein Plädoyer für Gehaltskürzungen sein, sondern dafür, sich über die komplizierten Zusammenhänge etwas schlauer zu machen, bevor man Dinge fordert, die nicht funktionieren können.

    • Stefan Pietsch 14. November 2023, 09:52

      Weil Linke ja meist Fans des großen Ganzen sind, habe ich für den Artikel die makroökonomische Perspektive gewählt. Aber auch aus der Warte wird überdeutlich, welch kritische Größe der staatliche Konsum inzwischen in Deutschland einnimmt, rund die Hälfte des gesamten privaten Konsums. Und dann sind eben drei Viertel des gesamten Erwirtschafteten weg. Und dann lamentieren die gleichen Leute, der private Konsum sei zu niedrig.

      Damit der Staat so viel konsumieren kann, muss er den Bürgern die Mittel wegnehmen, mit denen sie konsumieren könnten. Und das tut er ja, wie man an der letzten Tabelle sehen kann. Wir leben in Deutschland ja in einem Tunnel, wir schauen nicht nach links und nicht nach rechts. Täten wir das, könnten wir sehen, dass jedes andere Land seinen Bürgern mehr vom eigenen Einkommen lässt. Stattdessen wird gekräht: Der Staat braucht mehr!

  • Knin4711 13. November 2023, 23:46

    Kürzlich sorgte ein Artikel im Spiegel für Furore, der auf einem Gutachten des Bundesfinanzministeriums fußte vgl. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/sozialstaat-warum-von-tausend-euro-mehr-lohn-nichts-uebrig-bleibt-a-5bcbc233-b119-4c31-ac01-7d81fe06e317 bzw. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Ministerium/Wissenschaftlicher-Beirat/Gutachten/reform-der-grundsicherung.pdf?__blob=publicationFile&v=5 . Hier wurde in Modellrechnungen gezeigt, dass einer 4 köpfigen Familie in München, die heute 4.000 EUR in Monat verdient, selbst bei einer Lohnerhöhung um 25% auf 5.000 EUR keinen Cent mehr in der Tasche hat. Die zusätzlichen Löhne werden beim Wohngeld, bzw. beim Kinderzuschlag angerechnet – das Fachwort heißt Transferentzugsrate.

    Insofern bin ich mir unsicher, um eine Senkung der Steuern allein, dass Allheilmittel ist. Im wesentlichen gehört unsere Grundsicherung so reformiert, dass Zuverdienst aus Arbeit honoriert wird. Denn so sehr ich sehe, dass Geld des Staates nicht optimal verwendet wird, so sehe ich doch erhebliche Finanzbedarfe: Verteidigung, Digitalisierung, Wohnungsbau, Infrastrukturerneuerung, Klimawandelbekämpfung, Pflegenotstand, Bildungsmisere- dass alles kostet sehr viel Geld.

    • Erwin Gabriel 14. November 2023, 08:56

      @ Knin4711 13. November 2023, 23:46

      Hier wurde in Modellrechnungen gezeigt, dass einer 4 köpfigen Familie in München, die heute 4.000 EUR in Monat verdient, selbst bei einer Lohnerhöhung um 25% auf 5.000 EUR keinen Cent mehr in der Tasche hat. Die zusätzlichen Löhne werden beim Wohngeld, bzw. beim Kinderzuschlag angerechnet – das Fachwort heißt Transferentzugsrate.

      Das beschreibt die Situation gut. Bei Geringverdienern ist das noch krasser; da landet ein Großteil zusätzlich ausgeschütteten Geldes wieder beim Amt.

      Du hast erst dann was von höherem Gehalt, wenn Du so viel verdienst, dass Du keine soziale finanzielle Unterstützung vom Staat bekommst. Denn unser System ist darauf ausgelegt, diejenigen, die unten sind, unten zu halten. Man ändert nichts an der Situation, nur an der Intensität der Abhängigkeit. Das ist das Ergebnis von Geld statt Chancen – ein systemisches, kein finanzielles Problem.

      Insofern bin ich mir unsicher, ob eine Senkung der Steuern allein dass Allheilmittel ist.

      Natürlich nicht. Keine Maßnahme allein reicht für irgendetwas aus. Aber ein guter Anfang wäre halt, sich über die Situation im klar zu werden und nicht ständig neue Steuern zu fordern, und auf der Konsumseite mal vom Gas zu gehen.

      Das Riesenproblerm ist halt, dass sich systemische Änderungen nicht im Laufe einer Legislaturperiode umsetzen lassen. Gerhard Schröder hat es probiert, wurde abgewählt, und wird bis heute von vielen Linken dafür verflucht.

      Im wesentlichen gehört unsere Grundsicherung so reformiert, dass Zuverdienst aus Arbeit honoriert wird.

      Volle Zustimmung!

      Denn so sehr ich sehe, dass Geld des Staates nicht optimal verwendet wird, so sehe ich doch erhebliche Finanzbedarfe: Verteidigung, Digitalisierung, Wohnungsbau, Infrastrukturerneuerung, Klimawandelbekämpfung, Pflegenotstand, Bildungsmisere – dass alles kostet sehr viel Geld.

      Sehen tue ich das auch, dennoch ein, zwei Anmerkungen. Wir haben einen unglaublich aufgeblähten Sozialstaat, der über die Hälfte des Geldes schluckt, dass zur Verfügung steht. Aber ob ich nun das verfügbare Geld in den Konsum stecke und alle Probleme auf Pump, also zu Lasten späterer Generationen lösen will, oder ob ich das umgekehrt halte, ist für das Geld das Gleiche. So betrachtet bzw. aus meiner Wahrnehmung finanzieren wir also unsere Konsumausgaben auf Pump.

      Es widerstrebt mir gewaltig, mit der Begründung „ist halt alles kaputt, wir müssen Schulden machen“ unseren Kindern und Enkeln die Luft abzudrehen. Schulden bedeuten weinger Spielraum (und führen daher in den Folge-Regierungen zu noch mehr Schulden – die wollen ja „ihre“ Politik, für sie man gewählt wurden, auch umsetzen können) und hohe Folgebelastungen. Auf mögliche Zinssteigerungen haben einige von uns hier immer wieder hingewiesen und wurden verlacht. Aber der Unterschied von 0,1 % Zinsen und 4 % Zinsen ist halt Faktor 40!

      Ich sehe als Lösung nicht „mehr Schulden“, sondern „besser Wirtschaften“; alles andere treibt uns nur tiefer in die Situation.

      • Stefan Pietsch 14. November 2023, 10:07

        Denn unser System ist darauf ausgelegt, diejenigen, die unten sind, unten zu halten.

        Wenn selbst gute Mittelverdiener auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, ist das als Ziel wohl überdeutlich.

      • Stefan Sasse 14. November 2023, 11:31

        Im wesentlichen gehört unsere Grundsicherung so reformiert, dass Zuverdienst aus Arbeit honoriert wird.

        Volle Zustimmung!

        Sehe ich auch so. Das wird aber üblicherweise unter Verweis auf Mitnahmeeffekte/Betrug/Effizienz abgelehnt.

        • Stefan Pietsch 14. November 2023, 11:55

          Eigentlich müssten sich dem Thema doch die sich sozial gebenden Parteien widmen. Die Bertelsmann-Stiftung kam im Frühherbst 2021 kurz vor der Wahl mit einer detallierten Analyse der Armutsfalle heraus. Reaktion von SPD und Grüne: Keine. Sie hielten einfach an der Erhöhung des Mindestlohnes fest. Das ist auch bis heute die Position der Linken, wie der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gestern bei Hart aber fair wieder betonte: Die Beseitigung der Armutsfalle (Arbeit lohnt sich nicht) führt über die deutliche Erhöhung der Löhne.

          Nur auf Betreiben der FDP verpflichteten sich die Koalitionspartner:
          Hürden, die eine Aufnahme versicherungspflichtiger Beschäftigung erschweren, wollen wir abbauen.

          Die Zuverdienstmöglichkeiten werden wir verbessern mit dem Ziel, Anreize für sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit zu erhöhen.

          Wir werden eine Reform auf den Weg bringen, die Bürgergeld (ehemals Arbeitslosengeld II), Wohngeld und gegebenenfalls weitere steuerfinanzierte Sozialleistungen so aufeinander abstimmt, beziehungsweise wo möglich zusammenfasst, so dass die Transferentzugsraten die günstigsten Wirkungen hinsichtlich Beschäftigungseffekten und Arbeitsmarktpartizipation in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung erzielen, die Zuverdienstmöglichkeiten verbessert und Grenzbelastungen von 100 und mehr Prozent ausgeschlossen werden.

          Anders als bei der Ausschüttung zusätzlicher Leistungen sind da die zuständigen Minister Hubertus Heil und Lisa Paus nicht weit gekommen und zeigen auch keinen Enthusiasmus.

          Es gibt ein kluges, altes Konzept: Die Negative Income Tax des Neoliberalen Milton Friedman. Danach bekommt ein Bürger in jeder Phase mehr Einkommen, wenn er arbeitet. Bis zu einem bestimmten, im demokratischen Verfahren zu bestimmenden Punkt, erhält der Bürger zusätzliches Geld vom Finanzamt, darüber zahlt er Steuern. Linke Parteien lehnten das Konzept immer ab.

    • Stefan Pietsch 14. November 2023, 09:59

      Genau betrachtet hat sie 4 Euro weniger.

      Der Punkt ist aber, und den ignorieren Sie: Warum braucht überhaupt eine Familie mit 4.000 Euro Bruttoeinkommen staatliche Unterstützung, die wieder weggekürzt werden kann? Antwort: Weil der Staat generell scharf zugreift um dann seine Bürger zu Almosenempfängern machen zu können. Unser Staat hat seinen Bürgern längst die Würde genommen, für sich selbst sorgen zu können. Und das finde ich deprimierend. Schauen Sie sich an, wieviel andere Staaten ihren Bürgern vom Selbstverdienten lassen: pro Monat (!) hunderte Euro mehr!

      Finden Sie, dass der deutsche Staat gut und verantwortungsvoll mit dem Geld seiner Bürger umgeht? Finden Sie, dass die staatlichen Leistungen in Deutschland die besten der Welt sind, besser z.B. auch als in der Schweiz? Denn nur dann können Sie zu dem Schluss kommen, dass dieser Staat einfach mehr Steuern benötigt. CitizenK zieht sich da ja schon zurück: Wir sollten den Staat nicht als Dienstleister sehen, als jemand, den wir nach Kosten / Nutzen-Aspekten bewerten. Eher wie einen lieben Opa.

  • Lemmy Caution 14. November 2023, 00:45

    nitpicker zu „Die deutsche Wirtschaft ist eine sehr offene, eine der offensten der Welt.“
    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Au%C3%9Fenhandelsquote
    Im Ländervergleich ist unsere Exportquote nicht so dramatisch hoch. Aber wenn man sich Tabelle genau ansieht, wird man feststellen, dass die Länder mit einem höheren Exportanteil am BIP kleiner sind. Die Deutsche Wirtschaft ist also tatsächlich sehr offen.

    Argentinien ist für das Thema einer durch den Staat künstlich angefeuerten Wirtschaft btw aktuell das faszinierenste Beispiel. Trotz aller Verschuldung, negative (!) Devisenreserven in der Zentralbank, extreme Schwankungen der Devisenkurse, etc läuft die Wirtschaft für den Moment viel besser als es viele im Ausland für möglich halten. Für eine gewisse Zeit kann so eine Zentralbank inkonvertibles und durch nix gedecktes Spaßgeld ausgeben.

    Ein paar Anekdoten:
    – Letztes Jahr hat es durch Witterungseinfluß eine katastrophale Soja-Ernte gegeben. Die Konkurrenten in der Nachbarschaft Paraguay und Brasilien hatten das nicht. Echt Pech. Für 2024 werden hohe Exportüberschüsse erwartet. Die Wirtschaft wird aber trotzdem stark einbrechen, weil der künstliche Motor der Binnenwirtschaft so nicht mehr weiterlaufen kann. Egal wer jetzt am Sonntag Präsident wird.

    – Wie schafft man es negative Devisenreserven in der Zentralbank zu haben?
    Dollar haben die schon. Nur gleichzeitig inzwischen dramatisch gestreckte kurzfristige Handelskredite und hohe relativ hochzinsige Kredite aus China und Katar. Die Devisenreserven des echt sympathischen Landes sind mehr als komplett auf Pump. Das hat es afaik so in der Wirtschaftsgeschichte noch nie gegeben.

    Wie wirken sich extreme Schwankungen des Dollarkurses praktisch aus?
    Hab kürzlich ein Interview mit einem Inhaber gehört, der importierte Waschbecken und ähnliches für die Bauwirtschaft verkaufte. An einem Tag, an dem der Dollar von 1000 auf 1200 hochschoß konnte er keine Preise mehr bestimmen, weil er ja die verkaufte Ware ersetzen muss und echt keinen Anhaltspunkte zu diesem zukünftigen Preis mehr hatte. Mit vertrauten Kunden hat der ausgehandelt, dass er den Preis in der Folgewoche nennt, also wenn das Waschbecken bereits eingebaut ist. Potentielle Käufer ohne so ein spezielles Vertrauensverhältnis bekamen einfach keine Ware, d.h. dann faktisch Baustopp.

    • Stefan Pietsch 14. November 2023, 10:05

      Ich verfolge die argentinischen Präsidentschaftswahlen mit großem Interesse. Javier Milei hat mit seinen radikalen wirtschaftspolitischen Ansichten auf Anhieb fast 30 Prozent in der Vorwahl erreicht. Während wir in Westeuropa unser Heil bei stagnierender Wirtschaft beim Staat suchen, setzen die Argentinier in der größten Katastrophe möglicherweise auf den Markt.

      Javier Milei will, so wie ich es verstanden habe, den argentinischen Peso durch den Dollar ersetzen. Das scheint, angesichts auch Deiner Schilderungen, vernünftig.

      • Lemmy Caution 14. November 2023, 23:46

        Das alles hat viele mögliche Entwicklungspfade in die Zukunft.
        Milei will das Land dollarisieren, ja. Aber viele schlaue Leute fragen sich, wie das gehen soll, wenn die Zentralbank überhaupt keine Dollar hat. Milei behauptet, dass bestimmte US-amerikanische Risikofonds die bereitstellen würden. Ich habe beschlossen, das für ziemlich irre zu halten.
        Sowieso muss er erstmal die Staatsfinanzen konsolidisieren. Alle erfolgreichen Stabilisierungspläne folgen einer gewissen Reihenfolge des Vorgehens. Die Inflation von aktuell um die 10% im Monat (nicht Jahr) hat ja einen Grund: Die bezahlen ihre Ausgaben mit der Notenpresse, weil die Einnahmen nicht ausreichen.
        Der nächste Präsident müsste die Kürzung gegen die in der föderalen Struktur starken Provinzen durchsetzen. Und die im wahrsten Sinne des Wortes schlagkräftigen „sozialen“ Bewegungen rund um Buenos Aires.
        So wie es ist, geht es nicht weiter. Also ist es notwendig. Aber Milei könnte da verbrennen.
        Außerdem hat der Mann im ernst wirklich nicht mehr alle an der Marmel. Der läßt sich seinen Riesenhund 4 mal in den USA klonen, nennt die Nachkommen dann nach liberalen Ökonomen, d.h. Murray (für Rothbard) Milton (für Friedman) sowie Robert und Lucas (für Robert Lucas) und lebt mit den Viechern.
        Die deutsche Presse redet sehr negativ über ihn. Sehe ich anders. Das ist kein Trump oder Bolsonaro. Der ist Sui Generis.
        Ich glaub nicht an Theorien wie „ein psychisch instabiler Präsident ist vielleicht das richtige für den Wandel in einem Land mit einer zu oft katastrophalen Wirtschaftspolitik seit 1945 oder wie Milei denkt 1916“.
        Ich verfolge Milei seit etwa 2018 und rein emotional nehme ich ihn als sympathische Persönlichkeit wahr. Aber rational sehe ich da große Fragezeichen.
        Wir hatten in den letzten Jahren in der Region viele überraschende Konter, wenn eine Regierung kein Fuß auf dem Boden bekam. Halte ich aber für die nächsten Jahre aber in Argentinien für unwahrscheinlich.
        Einen brauchbaren holistischen Plan Mileis erkenne ich nicht. Das brauchts aber. Die Lehre kann man aus der Schuldenkrise der 80er ziehen.

        Vergiss echt die internationale Presse. Dieser Kanal hier https://www.youtube.com/@Ahora_Play , v.a. die Beiträge von Maxi Montenegro, d.h. der kleine stämmige Typ mit den vollen grauen Haaren.
        Und am Wahlsonntag dann https://www.youtube.com/@lanacion livestream. Um 22:00 Uhr europäischer Zeit schliessen afaik die Wahllokale. Ergebnisse dann hoffentlich vor 1 Uhr, aber vielleicht auch später. Pro-Tipp: Vor 22:00 Uhr ignorieren, weil langweilig.

        Vielleicht nicht offensichtliche und extrem verbreitete Spezialvokabeln, die auch im Fernsehen genutzt werden:
        pelotudo = bescheuert
        burrada = sehr bescheuerte Aktion
        quilombo = Chaos
        bárbaro = super
        gorila = anti-peronistisch

        ganz wichtig: Eine Übersicht über die Provinzen. Das Land ist riesig und divers.
        https://es.wikipedia.org/wiki/Provincias_de_Argentina

        • Stefan Pietsch 15. November 2023, 09:07

          Die WELT hat soweit positiv über Milei geschrieben. Das Interessante ist ja die Abkehr vieler Argentinier von einem stark regulierenden Staat, während wir in Deutschland noch den interventionistischen Staat bevorzugen. Bei jedem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Problem wird hier nach dem fürsorgenden Staat gerufen.

          • Lemmy Caution 15. November 2023, 18:54

            So wie Du das hier wiedergibst, überzeugt mich das nicht.
            Erinnert an die Linken, die zwischen 2006 und 2009 viele Bücher zu Chávez seiner bolibananischen Robolution geschrieben haben, weil das Volk da aus der ihrer erstaunlichen Perspektive irgendwelche Hart/Negri Imperium-Widerstand Theorien umsetzte. Nun wollen europäische Journalisten eine tiefe Verbundenheit der Argentiniern zu den Ideen des Libertarismus entdecken.
            Milei hat im Fernsehduell bereits bezüglich einigen seiner früheren forschen Aussagen zum Subventionsabbau heftigst zurückgerudert. Bis 2021 hatte er sich der Kulturrevolution verschrieben, heute ist er Politiker, der in einem gegebenen institutionellen Rahmen agiert.
            Man kann die lange Dominanz des Linksperonismus nur aus dem Scheitern des Neoliberalismus von Menem/Cavallo verstehen. Sieg und späteres Scheitern Mileis wäre das Schlimmste. Ich sehe bei Milei viel gute Rhetorik und keinen wirklichen Plan.
            Die makroökonomischen Daten sind dermasser verzwurbelt, dass es erst schlechter werden wird, bevor es besser wird. Milei wird sehr wenig Zeit haben, bevor er zur lame duck wird.
            Die starken Ausschläge im Wählerverhalten zu den Extremen ist Ausdruck einer tiefen Verunsicherung, die mich besorgt.

          • Lemmy Caution 15. November 2023, 20:55

            Kennst Du das? Relativ bekannt. Hat englische Untertitel. Das war aus der batalla cultural (Kulturkampf) Phase. Fand vor 2 oder 3 Jahren statt.
            https://www.youtube.com/watch?v=S5OlHhq7fX4
            Die Journalistin ist Viviana Canosa. Sie haßt den Linksperonismus und Milei auch. Gibt schon zu denken, wie genußvoll Milei solche Ausbrüche feiert. Aber ich persönlich halte es nicht für gefährlich.

  • Erwin Gabriel 14. November 2023, 09:00

    @ Stefan Pietsch on 13. November 2023

    Ehe ich das vergesse: liest sich richtig gut, viel Aufwand. Danke!

  • Thorsten Haupts 14. November 2023, 09:23

    Fast, lieber Herr Pietsch, hätten Sie auch mich angeführt 🙂 .

    Nein, natürlich ändert eine Lohnerhöhung selbst bei einem sehr grossen Unternehmen in Deutschland volkswirtschaftlich nichts.

    Aber ja, eine Lohnerhöhung in der Breite hat selbstverständlich einen volkswirtschaftlichen Nachfrageeffekt, weil mehr als die Hälfte der Bevölkerung diese Lohnerhöhung in Konsum (statt in Vermögen) stecken wird.

    Und natürlich hat jede (breite) Lohnerhöhung mögliche und zu berücksichtigende Nebeneffekte wie Rationalisierung und Abwanderung von Unternehmen, weshalb der volkswirtschaftliche Netto-Gewinn immer diskutabel bleiben wird. Historisch gesehen allerdings ist die Frage beantwortet – ohne halbwegs dezente Entlohnung der Masse der Bevölkerung kein gesellschaftlicher Wohlstand, case closed. Es existiert kein historisches Beispiel eines entwickelten Landes auf Niedriglohnbasis.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Pietsch 14. November 2023, 10:13

      Es gibt Einkommensentstehung und Einkommensverwendung. Das die beiden Seiten einer Medaille. Was die Menschen in Deutschland erwirtschaften, stecken sie zur Hälfte in Importprodukte. Davon profitieren ausschließlich Erzeuger im Ausland. Da nicht alles konsumiert wird, konsumieren wir also mehr aus ausländischer Produktion als aus einheimischer. Wir ist da noch einmal die inländische Wirtschaftsförderung durch Anregung des Konsums?

      Die meisten können sich keine Produkte leisten, die in Westeuropa gefertigt wurde. Das fängt nicht erst bei der Kleidung an und hört längst nicht bei Elektronikartikeln auf. Deutsche Autos sind inzwischen so teuer, dass sie oberhalb eines Golf meist nur noch gewerblich erworben werden können oder finanziert werden (müssen). Allein ein gut ausgestatteter 3er BMW kostet heute mehr als das Medianvermögen beträgt.

    • Stefan Pietsch 14. November 2023, 10:40

      Für 2023 habe ich in meinem Bereich die größten Gehaltserhöhungen der Geschichte ausschütten können. Die meisten Mitarbeiter erhielten Aufschläge zwischen 5 und 10 Prozent. Die Ernüchterung war groß, als sie auf den Gehaltszettel schauten. Wenn von 600 Euro Gehaltserhöhung nur 200 Euro zur Auszahlung kommen, ist die Frustration groß. Als ich Stefan fragte, ob er das noch als gerecht empfindet, musste er darüber nachdenken. Das Nachdenken hält bis heute an.

      Solche Zahlen wie die Haltung der Linken, die nicht einmal angesichts solcher Diskrepanzen der Verteilung zwischen Bürger und Staat eine kritische Haltung äußern können, zeigen das ganze Problem.

      • Thorsten Haupts 14. November 2023, 11:46

        Wir haben da keine grossen Differenzen, wie Sie wissen 🙂 .

        Ändert nur nichts daran, dass Lohnerhöhungen in der Breite natürlich einen volkswirtschaftlichen Effekt haben. Und Ihr Gegenargument – geht zur Hälfte ins Ausland – zieht auch nur begrenzt, da die profitierenden ausländischen Unternehmen bei den deutschen B to B Unternehmen Maschinen und Ausrüstung kaufen.

        Muss – konkret – unter dem Strich kein volkswirtschaftlicher Gewinn sein, aber das ist eine Einzelfallbetrachtung. Generalisiert ist die Antwort, die mir die bisherige Menschheits-Geschichte gibt, dagegen eindeutig. Und nur darum ging es mir.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Stefan Pietsch 14. November 2023, 12:05

          Weiß ich. 🙂

          Der Punkt ist, anders als zu Zeiten der Nationalökonomien (lang, lang ist’s her) lässt sich die Konjunktur durch solche Stimuli nicht mehr „ankurbeln“. Das geht in den USA mit seinem riesigen Binnenmarkt, dem relativ niedrigen Staatsanteil (Stichwort: Hebelwirkung) und dem höheren inländischen Konsum. Aber das trifft eben alles nicht auf Deutschland zu. Deswegen ist eine Wirtschaftspolitik falsch im Sinne von nicht zielführend, die auf die Nachfrageseite setzt zur Belebung der Wirtschaftskraft.

          Eine sinnvolle Wirtschaftspolitik muss an der Angebotsseite und damit den Standortbedingungen ansetzen: Steuer- und Abgabenhöhe, Bürokratie, Erleichterungen für Risikokapitalgeber, Bildung und Erziehung. Leider ist Ludwig Erhard schon zu lange tot.

  • Mikefromffm 14. November 2023, 09:49

    Und natürlich darf auch nicht das übliche Märchen von „ Spitzenwert in der EU“ fehlen, aus „eigenen Berechnungen»? Wie lächerlich ist das denn? Die OECD stellt fest, dass D im Mittelfeld liegt:
    OECD-Schnitt: 34,2 %
    Deutschland: 37,5 %
    Westeuropa-Schnitt: 39,1 %
    Abgabenquote in Deutschland im Vergleich zur OECD und zur EU, 2017 (Quelle: OECD (2018): Revenue Statistics 2018. Online verfügbar )

    • Stefan Pietsch 14. November 2023, 10:17

      Was sind das? Bananen?

      Die OECD stellt seit vielen Jahren fest, dass Deutschland nach Belgien die höchste Abgabenbelastung der Einkommen aufweist. Genau das zeigt die Tabelle im Artikel. Da darf sich jeder auf der Zunge zergehen lassen, ob er wirklich Monat für Monat über 600 Euro mehr Steuern und Sozialabgaben zahlen will aus im Nachbarland Schweiz um im Alter mit Minirenten abgespeist zu werden.

      • cimourdain 14. November 2023, 15:32

        Ich glaube, ihr redet von zwei unterschiedlichen Dingen: mikefromffm betrachtet die Abgabenquote für alle Einkommensquellen und Sie die Abgabenlast auf Arbeitseinkommen, die in Deutschland aufgrund der Sozialabgaben (die auf andere Einkommensquellen nicht erhoben werden) hoch ist.

        • Stefan Pietsch 14. November 2023, 15:54

          Nein, das ist nicht richtig. mikefromffm stellt den Staatsanteil am BIP dar. Das ist aber in der Frage, welcher Steuer- und Abgabenbelastung sind die Bürger ausgesetzt, eine Rauchbombe. Präziser ist da das Verhältnis des Staatsanteils zum Volkseinkommen, also allein die Arbeitnehmerentgelte und die Gewinneinkünfte.

          Außerdem zieht mikefromffm uralte Zahlen heran, die von vor 2018. Er hat noch nicht mitbekommen, dass es zwischen 2020 und 2022 eine globale Pandemie gab, in deren Folge die Staatsanteile kräftig gestiegen sind und dass Deutschland besonders schwer herausfindet, was zum einen zu einem niedrigeren BIP-Wachstum, zum anderen zu einem weiterhin sehr hohen Staatsanteil führt. Zudem führt er den General Government Revenue auf. Das ist aber nicht der Staatsanteil, also die Expenses, sondern nur, was der Staat direkt vom gesamten BIP absaugt.

          Deutschland liegt auch da mit 47% im Spitzenbereich, wenn man die OECD-Länder systematisch sortiert. Wenig überraschend liegen die Skandinavier mit gerade 20 Millionen Einwohner darüber. Dann noch Österreich mit 9 Millionen. Und wir haben die beiden EU-Schwergewichte Italien und Frankreich plus Belgien. Sonst liegen alle mit ihrem Staatsanteil hinter Deutschland, also gemessen an den Bürgern die weitaus meisten.
          https://data.oecd.org/gga/general-government-revenue.htm

          Ein hoher Staatsanteil trägt zum BIP signifikant bei. Da hier Erträge nicht gemessen werden können, gehen die Löhne und Gehälter 1:1 in das BIP ein. Stellt der Staat also mehr Beamte ein, wächst das BIP. Da diese aber kein Markteinkommen erwirtschaften, müssen sie von den übrigen Beschäftigten im Privatsektor getragen werden. Die spüren das dann wieder auf ihrem Lohnzettel. Und während sie Vorkehrungen für das Alter, Arbeitslosigkeit und Krankheit (über das gesetzliche Mindestniveau hinaus) selbst tragen müssen, müssen Sie diese Risiken auch noch für die Beamten übernehmen.

          47 Prozent des gesamten BIP, 64 Prozent des Volkseinkommens – zu viel.

      • Mikefromffm 14. November 2023, 16:57

        Die OECD stellt seit vielen Jahren fest, dass Deutschland nach Belgien die höchste Abgabenbelastung bei Singles mit 6-stelligem Einkommen aufweist. Bei allen anderen Einkommen stellt die OECD seit vielen Jahren fest, dass sich Deutschland im Mittelfeld befindet. Das ist ein Fakt, den nicht nur die OECD feststellt. Das kann man hier nachlesen:
        Eurostat (2019): Data on taxation. Implicit tax rates.
        OECD : Revenue Statistics. Online verfügbar Beides
        Online verfügbar

        • Stefan Pietsch 14. November 2023, 17:30

          Ist natürlich auch Quatsch. Der Quatsch beginnt damit, dass 4.000 Euro Monatsgehalt sich nicht zu einem sechsstelligen Jahresgehalt addieren – es sei denn man hat die ganze Schulzeit über geschlafen oder meint, Arbeitgeber zahlen mindestens 25 Monatsgehälter. Ansonsten – nein.

          Ansonsten lasse ich mal die ZEIT sprechen:
          Deutschland weist – nach Belgien – die höchste Steuer- und Abgabenbelastung der Industriestaaten auf. (..)

          Demnach wird ein verheiratetes Paar mit zwei Kindern in Deutschland mit rund 40,8 Prozent Steuern und Abgaben belastet. Dies gilt, wenn eine Hälfe des Paares Vollzeit arbeitet und die andere Hälfte in einer Teilzeit-Stelle über 67 Prozent. Bei den Sozialabgaben sind dabei sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberabgaben. Etwaige staatliche Transferleistungen wurden gegengerechnet. Höher ist die Belastung für diesen Haushaltstyp nur in Belgien mit 45,5 Prozent. Im gesamten OECD-Durchschnitt liegt diese Rate bei 29,4 Prozent.

          Die Einkommen von Singles ohne Kinder werden in Deutschland mit durchschnittlich 47,8 Prozent an Steuern und Abgaben belastet. Auch hier liegt Belgien mit 53,0 Prozent darüber. Der OECD-Schnitt für diesen Haushaltstypen wird mit 34,6 Prozent angegeben.

          Nein, Vierköpfige Personenhaushalte zählen nicht gemeinhin als Singles. Noch einmal die ZEIT:
          „Niedrigere und mittlere Arbeitseinkommen unterliegen in Deutschland im internationalen Vergleich relativ hohen Steuern und Abgaben“, sagte die Leiterin des OECD Berlin Centre, Nicola Brandt, der Nachrichtenagentur Reuters.“ (..) Dabei könnten Steuern und Abgaben auch Fehlanreize schaffen. „Unter Umständen lohnt es sich nicht, mehr zu arbeiten und besser bezahlte Stellen anzunehmen“, sagte Brandt.

          Also, her mit der Steuerreform und den Steuersenkungen! Ansonsten empfehle ich Ihnen noch die OECD-Seite. Da finden Sie noch mehr Infos und sehen immer, dass Deutschland von weit oben grüßt.

          P.S.: Wir schreiben übrigens das Jahr 2023.

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