Newt Gingrich vereint von Upahl aus die arabische Welt gegen Rishi Sunaks Autobahnausbau – Vermischtes 26.10.2023

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Newt Gingrich’s Degraded Legacy

Kevin McCarthy hat seinen Posten als Sprecher des Repräsentantenhauses verloren, weil einige republikanische Vertreter der Ansicht waren, dass er nicht entschieden genug gegen die Demokraten kämpft. Die Spaltung in der Partei zeigt sich auch in der Schwierigkeit, einen Ersatz zu finden. Die Kolumne analysiert die Ursprünge dieser Konfrontationshaltung, die auf Newt Gingrich zurückgeht, der die Republikaner in den 1990er Jahren aus der politischen Wildnis führte. Gingrich glaubte an die transformative Kraft von Konfrontationen, um die Amerikaner von der Korruption der Politik zu befreien. Die heutige Generation von Republikanern neigt jedoch dazu, Konfrontation um ihrer selbst willen zu suchen, ohne eine klare positive Agenda zu verfolgen. Die Autoren betonen, dass die Republikaner lernen müssen, ihre Konflikte zu meistern, um wieder eine funktionierende Partei zu werden. (Philipp Walach, The Atlantic)

Dieser Artikel ist ein super Beispiel dafür, wie vergangene Zeit ständig zu einer Nostalgie über zurückliegende Ereignisse führt. Sicher, unter Newt Gingrich war das Problem noch bei weitem nicht so schlimm wie heute. Er ist allerdings nicht das Exponat einer vergangenen Zeit, in der Grundregeln noch galten, sondern einer der Haupttäter bei der Zerstörung dieser Grundregeln. Es war Gingrich mehr als irgendeine andere Person, die den Wandel der republikanischen Partei hinzu dem dysfunktionalen Gebilde, das wir heute kennen, betrieben hat. Die Radikalisierung der Abgeordneten, die Total- und Fundamentalopposition, die Dauermobilisierung, die Lügen – sie alle waren das Erfolgsrezept der „konservativen Revolution“ von 1994. Seither wird die Partei die Geister, die sie rief, nicht mehr los und versucht dies auch gar nicht mehr. Die Fäulnis begann mit Gingrich. Und dafür sollte man ihn in Erinnerung behalten.

2) The Arab world thinks differently about this war

Der Artikel beschreibt die Ereignisse rund um eine Explosion im al-Ahli-Krankenhaus in Gaza, bei der Hunderte Menschen getötet wurden. Hamas beschuldigte Israel, aber Israel bestritt Luftangriffe und sagte, die Explosion sei auf eine fehlgeleitete Rakete von Islamischem Jihad zurückzuführen. Die Katastrophe löste Proteste im Westjordanland, Jordanien und sogar in Tunesien aus. Der Konflikt zwischen Israel und Hamas wurde intensiv in den Medien behandelt, wobei sich die Unterstützung für die Palästinenser im Vergleich zu früheren Konflikten verändert hat. Geopolitisch haben einige arabische Staaten wie Bahrain, Marokko, Sudan und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) Beziehungen zu Israel aufgenommen, was die Berichterstattung in einigen arabischen Medien beeinflusst hat. Es gibt auch die Furcht vor einem breiteren Konflikt, und die Region ist heute stärker polarisiert. Einige arabische Länder sind besorgt über eine mögliche Eskalation, während andere aufgrund geopolitischer Interessen zögern, sich klar zu positionieren. Arabische Regierungen zeigen in offiziellen Äußerungen Mitgefühl für die Palästinenser, aber hinter den Kulissen gibt es Uneinigkeit und tiefe Besorgnis über die möglichen Auswirkungen des Konflikts auf die regionale Stabilität. (The Economist)

Ich als Laie habe das Gefühl, dass gerade hier – und nicht in sinnlosen Aufrufen an Hamas und Netanjahu, einen Waffenstillstand zu schließen – das Potential für Diplomatie in der Region liegt. Das schlimmste Szenario für Israel im Speziellen und den Westen im Allgemeinen ist eine in antiwestlichen Stimmungen geeinte arabische Welt. Genau so ist jedes arabische Land, das gemeinsame Sache mit dem Iran macht, ein gewaltiges Problem. Wenn es gelingt, in der Region Verbündete oder doch wenigstens Neutrale für diesen Konflikt zu finden oder zu schaffen, ist dies das Beste, was westliche Diplomatie zu leisten vermag. Dass diese Spaltungen unzweifelhaft existieren, wird in dem Artikel ausführlich dargelegt. Es wäre fatal, unter diesen Ländern mit schlechter Diplomatie eine Einheitsfront zu schaffen. Siehe dazu auch diesen Artikel mit Gedanken auf die Zeit nach dem Krieg.

3) Das Wundern von Upahl

Es wird von Protesten und einem Baustopp berichtet, als die Gemeinde Upahl in Deutschland eine Unterkunft für Geflüchtete errichten will. Heike und Klaus Reimann gehören zu den Protestierenden und organisieren Demonstrationen gegen die Unterkunft. Der Artikel beschreibt ihre Motivation, Ängste und die Dynamik im Dorf. Rechtsradikale mischen sich in die Proteste, und es gibt juristische Auseinandersetzungen um den Bau. Trotz eines zeitweiligen Baustopps wird die Unterkunft fertiggestellt, und die ersten Bewohner ziehen ein. Der Artikel endet damit, dass Heike Reimann die kleinen, jungen Männer sieht, die nun in der Unterkunft leben, und sich Gedanken über ihre eigene politische Haltung macht. (Tom Krahl, ZEIT)

Es ist immer wieder schön von Geschichten zu lesen, in denen eine vorherige Radikalisierung wieder zurück ins moderate Spektrum verläuft. Auffällig finde ich hier die Faktoren, die sowohl zur Radikalisierung beigetragen haben als auch später beim Weg zurück ausschlaggebend waren. Letzterer scheint zu einem großen Teil schlichtweg daraus zu resultieren, das eine Art Pause von der konstanten Agitation und Bombardierung mit Nachrichten aus der Radikalenblase eingelegt worden war. Noch entscheidender allerdings scheint mir, dass die vorhergehende Radikalisierung massiv vom Gemeinschaftserlebnis getragen wurde, ein gemeinsames Ziel zu haben und endlich eine Gemeinschaft zu bilden – in einer Region, die strukturschwach ist und unter demografischem Abwanderungsdruck steht und in der diese Gemeinschaftsstrukturen praktisch komplett weggefallen waren. Man stelle sich einmal vor, das alles würde konstruktiven Zwecken statt Hass und Ablehnung zugeführt. Etwas unklar bleibt mir die Rolle der Politik. Die Reduzierung der Unterbringungszahlen wird im Artikel zwar genannt, scheint aber auf die konkreten Haltungen keinen Einfluss gehabt zu haben. Es wäre hier schön zu wissen, ob dies stimmt oder nur ein Artefakt meiner Leseweise ist.

4) Rishi Sunak’s Israel visit signals UK shift towards European mainstream

Rishi Sunaks Besuch im Nahen Osten folgt dem Beispiel anderer europäischer Führer, darunter der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, die nach dem Angriff vom 7. Oktober ihre Solidarität mit Israel bekundet haben. Die Strategie spiegelt die Herangehensweise von Gideon Rachman wider, die betont, Israels Sicherheitsbedenken zu verstehen, während gleichzeitig eine Überprüfung der Reaktion gefordert wird. Sunaks Besuch steht im Einklang mit seinem Bestreben, das Vereinigte Königreich als „normale“ europäische Macht zu positionieren, die bei Themen wie China kooperiert und Mainstream-Europastandpunkte übernimmt. Trotz möglicher Herausforderungen scheint diese Herangehensweise weiter Bestand zu haben und markiert einen Bruch mit früheren konfrontativen Ansätzen. Im Kontext des Israel-Palästina-Konflikts bleibt Sunaks politischer Standpunkt stabil, während mögliche Auswirkungen eher den Labour-Führer Keir Starmer betreffen dürften. (Stephen Bush, Financial Times)

Nachdem wir in den letzten Vermischten über die Radikalisierung der Tories gesprochen haben, hier ist es ganz spannend, hier einmal eine gegenläufige Meinung zu sehen, die in Rishi Sunak eine moderierende Kraft sieht. Dies mag zumindest in der Außenpolitik zutreffen; in der Innenpolitik ist davon jedoch nichts zu sehen. Es macht allerdings durchaus Sinn, denn die Außenpolitik ist ein Feld, das naturgemäß deutlich weniger Menschen interessiert (Instrumentalisierungen wie während des Brexit oder der Flüchtlingskrise sind praktisch immer durch einen innenpolitischen Spiegel gesehen) und wegen der starken Konzentration auf exekutive Funktionen und das Amtsgeheimnis ohnehin abseits der Öffentlichkeit stattfinden. Hier können diejenigen sich austoben, denen tatsächlich der dauernde Kulturkampf und innenpolitische Radikalismus zu viel ist. Es ist insofern eine gute Nachricht, als dass wir von der Außenpolitik deutlich mehr betroffen sind als von eben diesen Kulturkämpfen. Gleichzeitig zeigt es allerdings auch, dass es für Großbritannien selbst vorläufig keinen Ausweg aus dieser strategischen Entscheidung der Konservativen zu geben scheint.

5) Klimaschutz? Lieber Autobahnen ausbauen

Die deutsche Regierung plant, 138 Autobahnabschnitte zu erweitern, was den Verkehr fördert und dem Klimaschutz schadet. Die Entscheidung kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da die Klimapolitik der Regierung bereits in der Kritik steht. Die Autobahnerweiterungen sollen Staus reduzieren, aber langfristig führen breitere Straßen zu mehr Verkehr, verstärkter Zersiedelung und einer Benachteiligung von Bahn, Bus und Fahrrad. Die Regierung ignoriert sogar ihre eigenen Prognosen, die besagen, dass Straßenbau den Verkehr und CO₂-Emissionen erhöht. Die FDP argumentiert für gute Straßen für klimafreundliche Autos, ignoriert jedoch, dass der Großteil des Verkehrs nicht elektrisch ist und der Straßenbau selbst CO₂ verursacht. Diese Entscheidung zeigt die Ambitionslosigkeit der Regierung im Klimaschutz, insbesondere im Verkehrssektor. (Sören Götz, ZEIT)

Diese Maßnahmen sind ein schönes Beispiel dafür, dass in einer Koalition alle Seiten Kompromisse schlucken müssen, die ihnen zutiefst zuwider sind. In der Ampelkoalition fällt das nur viel mehr auf, weil anders als unter den schwarz-roten Merkelregierungen die beteiligten Parteien wesentlich programmatischer aufgestellt und gestaltungswilliger sind. Entsprechend entstehen größere Konflikte und auch größere Zumutungen. Politisch lehne ich den Autobahnausbau selbstverständlich ab; er ist eine verkehrspolitische Idiotie, die sich nur aus dem autozentrierten Mindset erklären lässt und völlig kontraproduktiv für sämtliche Klimaschutzmaßnahmen ist. Mir ist aber durchaus klar, dass sich die Grünen nicht überall werden durchsetzen können. Auch die FDP musste in dieser Koalition schon so manche Kröte schlucken, das liegt schlicht in der Natur der Sache. Dass so viele Menschen das nicht zu begreifen oder akzeptieren scheinen, lässt die Forderungen während der Merkel-Ära nach mehr politischer Auseinandersetzung und Debatte umso hohler erscheinen.

Resterampe

a) Die FAZ hat eine gute Übersicht über die völkerrechtlichen Regeln für den Kampf im Gaza.

b) Weil wir es letzthin mal von Habecks Kommunikationspotenzial hatten, hier mal wieder ein Positivbeispiel.

c) Es ist immer einfach, sich über solche Prediction Fails lustig zu machen, aber Fakt ist, dass die meisten Erfindungen zur Zeit dieser Vorhersagen tatsächlich dysfunktional waren und dass die meisten Erfindungen eben nie Marktreife erlangen und sang- und klanglos untergehen. Survivor’s Bias.

d) Nahost-Konflikt: Linken-Politiker stellt mit mutmaßlicher Falschmeldung Lehrkräfte an den Pranger. Besondere Verantwortung, wenn man ein Mikrofon hat…

e) China Changed Its Mind About World War II. Ganz interessanter Artikel zur Vergangenheitsbewältigung in China und Japan.

f) Surprise! Jim Jordan is not a fiscal conservative.

g) The fiscal consequences of a unitary state.

h) Der blinde Fleck.

i) Sehr guter Artikel zum Scheitern der westlichen Außenpolitik im Nahen Osten.

j) „Das Problem heißt Lanz„.

k) Lesenswerter Beitrag über den Umgang der AfD im Bundestag mit Abgeordneten mit Migrationshintergrund.

l) Respekt für Platzeck.

m) Antisemitische Radikalisierung auf TikTok.

n) Kretschmer ist echt so ein Widerling. Schiebt den Lehrkräftemangel und Unterrichtsausfall auf Geflüchtete. Als ob Gymnasiallehrkräfte fehlen, weil Flüchtlinge Deutschunterricht kriegen. Dazu passt der Versuch, Förderung von Vereinen an eine Gag-Order zu Kritik an der CDU zu knüpfen.

o) Strack-Zimmermann weiter stabil.

p) Es geht schon los mit dem Angriff auf die postcolonial studies.

{ 225 comments… add one }
  • Tim 26. Oktober 2023, 08:50

    Die Fäulnis begann mit Gingrich.

    Lass mich bitte etwas Positives über Gingrich sagen: Erst durch ihn habe ich das schöne englische Wort „newt“ kennengelernt. „Newt Gingrich“ – der perfekte Namen für einen Bösewicht im Harry-Potter-Universum! Fast schade, dass er keine literarische Figur ist, sondern echt.

    • cimourdain 26. Oktober 2023, 09:57

      Pech gehabt bei Harry Potter … Der Vorname Newt (Newton) ist für Newt Scamander reserviert, eine Heldenfigur. Ich traue mir wetten, dass auch bei Gingrich Newt nur Abkürzung für Newton ist.

    • Stefan Sasse 26. Oktober 2023, 11:34

      Hast du nie „Aliens“ gesehen? 😀

      • Tim 26. Oktober 2023, 11:47

        Es ist schon einige Jahrzehnte her, muss das ggf. bei Gelegenheit auffrischen. Ich glaube aber, „Alien“ fand ich wesentlich besser.

  • Erwin Gabriel 26. Oktober 2023, 09:15

    1) Newt Gingrich’s Degraded Legacy
    Gingrich hat gesehen, dass er mit „normalen“ Mitteln nicht weiterkommt, und trieb die Reps stark in den Populismus. Hat bis Obama gut funktioniert. Die Methode bei zwischenzeitlichem Misserfolg noch weiter auszubauen, beschert uns die Situation, die wir nun haben.
    Ist nun mal so, dass es Phasen für die Republikaner und für die Demokraten gibt, das Pendel schlägt halt hin und her. Es an einer Seite festhalten zu wollen, hat nichts mehr mit Demokratie zu tun.

    2) The Arab world thinks differently about this war
    Es gibt diese „arabische Welt“ nicht. Ich glaube nicht , dass auch nur eine arabische Gesellschaft offen für ein Zusammenleben mit Israel ist. Die in der Regel gut und westliche gebildeten Führungseliten, von denen hier die Rede ist, mögen offener sein, aber der Unterschied zwischen den Interessen ihrer jeweiligen Länder und der dazugehörigen Bevölkerungen ist schon enorm.

    5) Klimaschutz? Lieber Autobahnen ausbauen
    Unser Autoverkehr richtet sich nicht nach vorhandenen Fernstraßen, sondern die vorhandenen Fernstraßen richten sich nach dem Verkehr. Der Autoverkehr nimmt auch ohne neue Straßen zu, zumindest so lange, wie es keine sinnvollen Alternativen gibt. Durch Engpässe im Straßennetz treibt man Fahrzeuge bestenfalls in CO2-intensive Staus oder Umwege, aber die Autos werden durch solche Maßnahmen (nichts zu tun ist stets auch eine Entscheidung) nicht verschwinden.

    b) Habecks Kommunikation
    Ich kann jedes Wort unterschreiben!

    o) Strack-Zimmermann weiter stabil.
    Zustimmung. Ich schätze die Klarheit ihres Ausdrucks sehr.

    • Stefan Sasse 26. Oktober 2023, 11:36

      1) Wenn du sagst, dass es quasi Zeiten/Trends für beide Parteien gibt, stimme ich dir völlig zu. Wo es allerdings keine Äquidistanz gibt ist der Radikalismus und die demokratiezersetzende Wirkung der GOP seit Gingrich.

      2) Die „arabische Welt“ existiert wie „der Westen“, als an einigen äußeren Faktoren festgemachte, vereinfachende Gruppierung. Aber du hast natürlich völlig Recht, daher ja auch der Artikel und mein Kommentar. Es wäre gefährlich, das als Monolith zu begreifen.

      5) Das widerspricht der Forschung. Angebot schafft Nachfrage.

      • Erwin Gabriel 26. Oktober 2023, 13:19

        @ Stefan Sasse 26. Oktober 2023, 11:36

        1) Wenn du sagst, dass es quasi Zeiten/Trends für beide Parteien gibt, stimme ich dir völlig zu. Wo es allerdings keine Äquidistanz gibt ist der Radikalismus und die demokratiezersetzende Wirkung der GOP seit Gingrich.

        Gemeint war: Mal ist die Zeit bzw. der Kern der Gesellschaft für die Republikaner (oder, bei uns, für die CDU), mal auf der Gegenseite (Democrats, bzw. bei uns wie jetzt rot/grün). Muss man akzeptieren. Das haben die Reps nicht getan.

        2) Die „arabische Welt“ existiert wie „der Westen“, als an einigen äußeren Faktoren festgemachte, vereinfachende Gruppierung.

        In vielen Fällen: ja. Speziell bei der Beurteilung Israels sehe ich aber Diskrepanzen zwischen Regierungen und Bevölkerung. Die einen wissen um den Preis, den sie zahlen müssen, die anderen empfinden fast durchgehend nur Hass.

        5) Das widerspricht der Forschung. Angebot schafft Nachfrage.

        Sicherlich, grundsätzlich ist die Situation ein Stück weit ein Henne-Ei-Problem. Aber Straßen zu bauen ist wirklich teuer (DEUTLICH über 100.000 Euro pro Meter), deswegen macht man das (wenn überhaupt) nur bei Bedarf. Wenn also neu gebaut oder ausgebaut wird, mag sich der Verkehr auf diesem neuen Teilstück erhöhen; zur Entlastung an anderen Stellen. Ein jeder hat halt seinen Reisebedarf, losgelöst vom Straßennetz. Und man sucht sich bei seinen Fahrten den bequemsten Weg.

        Aber niemand kauft sich ein Auto, weil da eine neue Autobahn ist. Niemand, der nicht muss, fährt von Hamburg nach München, weil da wieder freie Fahrt geht. Die wachsende Zahl an Autos entspringt dem Bedarf (bzw. besser: dem Bedürfnis) der Menschen.

        • Tim 26. Oktober 2023, 14:47

          Aber niemand kauft sich ein Auto, weil da eine neue Autobahn ist.

          Da würde ich widersprechen. Mit jedem neuen Straßenmeter erhöht man die Attraktivität des Straßenverkehrs, also die Attraktivität des Autoverkehrs, also die Attraktivität des Autos. Da wir bereits irrsinnige viele Straßenmeter haben, haben wir relativ wenig zusätzlichen Grenznutzen, aber natürlich ist das der reale Effekt.

          Gegenprobe: Wie nützlich wäre Dein Auto für Dich noch, wenn es nur 50 % weniger Straßenmeter gäbe? Oder sagen wir besser: 50 % weniger Asphalt?

          Fauna & Flora nehmen jedenfalls ganz handfesten Schaden, „wenn da eine neue Autobahn ist“.

          • Stefan Sasse 27. Oktober 2023, 08:28

            Richtig.

            • Erwin Gabriel 27. Oktober 2023, 13:34

              @ Stefan Sasse 27. Oktober 2023, 08:28

              Richtig.

              Ja, ja, Du mal wieder. Wie sage ich das höflich?
              „Immer interessant und erfrischend, wenn Du Dein Herz sprechen lässt …“

          • Erwin Gabriel 27. Oktober 2023, 13:32

            @ Tim 26. Oktober 2023, 14:47

            Mit jedem neuen Straßenmeter erhöht man die Attraktivität des Straßenverkehrs, also die Attraktivität des Autoverkehrs, also die Attraktivität des Autos.

            … also die Attraktivität der AutofahrerInnen, die bessere Chancen bei der Auswahl der PartnerInnen haben, also bessere Chancen für den Nachwuchs, also erfolgreicher Kampf gegen den Fachkräftemangel …

            Meinst Du das etwa so?

            Da wir bereits irrsinnige viele Straßenmeter haben, haben wir relativ wenig zusätzlichen Grenznutzen, aber natürlich ist das der reale Effekt.

            Also obwohl der Nutzen eigentlich nicht steigt, stürzen sich die Leute trotzdem in den Autokauf, steigt, dadurch getrieben, die Zahl der verkauften Autos an?

            Gegenprobe: Wie nützlich wäre Dein Auto für Dich noch, wenn es nur 50 % weniger Straßenmeter gäbe? Oder sagen wir besser: 50 % weniger Asphalt?

            Das hängt davon ab. Wenn die 50 % Asphalt in Ostdeutschland verschwinden, wäre ich nicht betroffen. Wenn es zwischen Hamburg und Dortmund wäre, könnte ich meinen Job vermutlich nicht mehr wahrnehmen, müsste meinen Passat verkaufen und auf einen reinrassigen Geländewagen umsteigen.

            Soll heißen, dass Deine rein statistische Betrachtung für den Darm ist. Niemand fährt mit mehreren Autos gleichzeitig alle Autobahnen Deutschlands ab; niemand hat seine Anzahl von Autos entsprechend den Autobahn-Kilometern ausgerichtet, und wenn, könnte er nur mit einem Auto gleichzeitig fahren.

            Die Menschen haben ein Mobilitätsbedürfnis (in meinem Fall: nach Gütersloh zur Arbeit und zurück), dass sie in weiten Teilen beruflich brauchen. Habe ich freie Fahrt auf der Autobahn, bin ich in etwa drei Stunden da. Gibt es Staus und Baustellen, kann sich die Fahrzeit verdoppeln. Was sich nicht verändert: Ich fahre die Strecke.

            Fauna & Flora nehmen jedenfalls ganz handfesten Schaden, „wenn da eine neue Autobahn ist“.

            Fauna und Flora nehmen grundsätzlich Schaden, egal was ich tue. Ich wohne, esse, fahre, arbeite – praktisch alles von dem, was ich oder ein anderer tut, schadet der Natur. Wir (auch Du) leben in einer „zivilisierten“ Welt, und der Preis dafür ist, dass wir der Natur handfesten Schaden zufügen.

            Muss man nicht um jeden Preis schlimmer machen, so weit, so gut. Aber Staus schaden, Umwege schaden auch.

            • Ralf 27. Oktober 2023, 15:14

              Dein Argument ist theoretisch richtig, gilt aber nur in einer idealisierten Welt, in der Investitionen und Staatsmittel unendlich sind. Wenn ich annehme, dass unbegrenzt Mittel zur Verfügung stehen, dann kann ich während ich massiv die Autobahn ausbaue, gleichzeitig sehr stark in den öffentlichen Nahverkehr und in das Zugnetz für mittlere und lange Strecken investieren. (In der Praxis würde das natürlich wenig Sinn machen, da die Menschen ja nicht gleichzeitig mit dem Zug und mit dem Auto fahren können. Das Ergebnis im Idealfall wären also halbleere Autobahnen oder halbleere Züge oder beides. Da fragt man sich, wie sinnvoll die Investition war.)

              In der Realität sind die Staatsmittel aber begrenzt und ich kann jeden Euro nur einmal ausgeben. Das heißt, jeder Euro, der in die Autobahn investiert wird, ist ein Euro, den der Verkehrsminister nicht mehr in den ÖPNV oder in das Schienennetz investieren kann. Und der Ausgangszustand ist, dass ÖPNV und Schienennetz durch jahrzehntelange Vernachlässigung unattraktiv sind. Antworte ich auf diesen Ausgangszustand mit einem Ausbau der Autobahnen, setze ich Anreize ein Auto anstatt einem Jahresticket der Bahn zu kaufen. In der Folge erhöht sich der Autoverkehr. Für das Klima ist das schlecht.

              Wie es anders geht, zeigt mein eigenes Beispiel. Ich bin nämlich vor einigen Jahren in eine Stadt gezogen, die einen hervorragenden ÖPNV hat. Ich war damals dead-set mir ein Auto zu kaufen. Aber das großartige Angebot der Stadt hat mich vom Gegenteil überzeugt. Statt ein Auto zu kaufen, habe ich in eine Jahreskarte für den ÖPNV investiert. Das eliminiert die Abgase und das CO2, die mein “hypothetisches” Auto produziert hätten. Für das Klima ist das gut.

              • Erwin Gabriel 28. Oktober 2023, 16:34

                @ Ralf 27. Oktober 2023, 15:14

                Das heißt, jeder Euro, der in die Autobahn investiert wird, ist ein Euro, den der Verkehrsminister nicht mehr in den ÖPNV oder in das Schienennetz investieren kann.

                Keine Einwände.

                Und der Ausgangszustand ist, dass ÖPNV und Schienennetz durch jahrzehntelange Vernachlässigung unattraktiv sind.

                Dieser Zustand gilt auch für den Autoverkehr. Wenn ich auf einer Fahrt von Gütersloh nach München bei drei Bahnreisen einmal halbwegs pünktlich, einmal mit erheblicher Verspätung und einmal gar nicht ankomme, nervt mich das genauso wie ein Trip auf der Autobahn, bei dem ich auf einer Strecke über 200 km sieben Baustellen mit den entsprechenden Staus habe.

                Was mich an der Diskussion nervt: Man tut immer so, als hätten Autos und Bahn die gleichen Aufgaben. Dem ist natürlich nicht so; je nachdem, was man will, wohin man will, bietet das eine oder andere Verkehrsmittel für Personen oder Fracht mal die bessere, mal die schlechtere Lösung.

                Antworte ich auf diesen Ausgangszustand mit einem Ausbau der Autobahnen, setze ich Anreize ein Auto anstatt einem Jahresticket der Bahn zu kaufen.

                Ich wohne auf dem Land und komme um ein Auto noch nicht herum. Und ein Jahresticket mit der Bahn wäre bei meinem Mobilitätsprofil eine Zumutung und nicht ausreichend.

                In der Folge erhöht sich der Autoverkehr. Für das Klima ist das schlecht.

                Das neue Totschlagargument für alles. Wenn es danach geht, müssten wir uns alle nackt in den Wald legen und umbringen. Ein Mensch soll einen Baum etwa 10 Jahre lang mit Nährstoffen versorgen können (habe ich wohl in irgend einem TV-Krimi „gelernt“).

                Will ich leben, ist es keine Sache von schwarz-weiß, sondern für jeden Menschen eine Frage der Graustufe. Und solange alle vom freien Warenverkehr profitieren, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie die Lebensmittel in den Aldi, Lidl oder Penny kommen (statt den Eigenverbrauch im eigenen Garten selbst zu ziehen), ist das eine eher scheinheilige Diskussion. Denn ich finde bei jedem Menschen etwas Klimaschädliches, auf das ich zeigen kann.

                Wie es anders geht, zeigt mein eigenes Beispiel.

                Wieso habe ich damit gerechnet 🙂

                Ich bin nämlich vor einigen Jahren in eine Stadt gezogen, die einen hervorragenden ÖPNV hat.

                Statt ein Auto zu kaufen, habe ich in eine Jahreskarte für den ÖPNV investiert.

                Wie meine Töchter, die in Hamburg wohnen. Sind sie bei uns auf dem Land und wollen mal alte Schulkameradinnen besuchen, die 15, 20 km entfernt wohnen, leihen sie sich Mamas Golf.

                • Ralf 28. Oktober 2023, 19:38

                  Das sind alles vernünftige Argumente, die Du da bringst. Geht mir auch garnicht darum, Dir zu widersprechen. Niemand fordert einen Rückbau von Straßen. Was ich fordere ist, dass kein weiterer Ausbau kommt. Und niemand will das Auto abschaffen. Selbstverständlich werden auch in Zukunft, gerade auf dem Land, Menschen auf das Auto angewiesen sein.

                  Aber wir wollen doch eigentlich beide dahin, dass in den kommenden Jahren immer mehr Menschen so leben können, wie Deine Töchter in Hamburg. Dass mehr – sicher nicht ALLE, aber halt MEHR – Menschen in den eher urbaneren Räumen auf Bus und Bahn umsteigen können. Wenn die dann zwei-, vier-, sechsmal im Jahr für eine Tour ein Auto brauchen, na’ dann leihen sie sich halt eins. Oder in San Francisco, wo ich gerade beruflich war, mietet man sich ein elektrisch betriebenes, fahrerloses Taxi. Du lässt dieses Autoleihen in Deinem Post wie einen “Verrat” am Ideal aussehen. Dabei verhalten sich Deine Töchter der Beschreibung nach genau so, wie sich die Menschen in einer zukunftsfähigen Gesellschaft hoffentlich verhalten wollen.

                  • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 21:47

                    So sehe ich das auch. Ich hab bisher nirgends jemanden gelesen, der Rückbau fordert.

                    • Erwin Gabriel 28. Oktober 2023, 22:44

                      @ Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 21:47

                      So sehe ich das auch. Ich hab bisher nirgends jemanden gelesen, der Rückbau fordert.

                      Tim sprach es indirekt an. Davon abgesehen ist es de facto ein Rückbau, wenn Straßen und Brücken so runtergenudelt werden, dsas sie nicht mehr benutzbar sind. Von dem Beispiel des Herstellers von riesigen Walzen für Metallblech, der seine Produkte früher aus dem Siegerland in zwei Tagen über die Autobahn in den Hamburger Hafen brachte, und der nun zwei Wochen (mit üppigen Umwegen über kleine Dörfer, deren Straßen zerstört werden, durch schmale Täler und einem Abstecher durch den Osten Deutschlands) braucht, nachdem die Route 6 Monate geplant werden muss, hatte ich ja schon berichtet.

                      Ja, der Bau von Fernstraßen und Brücken richtet Schaden an. Kein Bau von Fernstraßen, kein Bau von Brücken auch. Und egal, was rein theoretisch die Bundesbahn an Waren- und Personenverkehr substituieren könnte, jetzt oder in den nächsten zwanzig Jahren kann sie es eben nicht.

                      Zu Zeiten, als man vergleichsweise bequem etwas hätte ändern können, tat man es nicht. Jetzt zahlen wir dafür den Preis.

                    • Stefan Sasse 29. Oktober 2023, 16:59

                      Ich bin gegen den Bau neuer Straßen. Wir müssen auf weniger kommen, nicht mehr. Bei Verlagerungen von Verkehrsschwerpunkten mag es unumgänglich sein, aber ich könnte mir als Policy – aus der Hüfte geschossen – eine schwarze Null bei neuer Flächenversiegelung vorstellen.

                    • Stefan Pietsch 29. Oktober 2023, 19:04

                      Du sagst also, es ist sinnvoller, wenn die Menschen im Stau stehen, dabei das Klima schädigen, Lebenszeit verlieren und manche ihr Leben, weil Du die Autobahnen nicht ggf. um 10 Meter verbreitern willst?

                      Keine humane oder ökologische Position, wenn Du mich fragst.

                    • Stefan Sasse 29. Oktober 2023, 19:27

                      Nein, ich sage dass der von dir vertretene Ausbau Milliarden verbrennt, ihne die Staus zu reduzieren und das Klima weit mehr schädigt als es zu lassen. Keine humane oder ökologische Position deinerseits, wenn du mich fragst.

                    • Stefan Pietsch 29. Oktober 2023, 21:36

                      Die Staus sind da, seit vielen Jahren und sie wachsen eher als das sie abnehmen. Sie sind da, weil die Kapazität der Straßen nicht mit den Bedarfen der Bürger mithalten.

                      Die Bereitstellung der für die Bürger angemessenen Infrastruktur ist Aufgabe des Staates. Dafür zahlen sie Steuern, das ist keine Verschwendung.

                      Deine Empfehlung, wenn ich Dich richtig verstehe: Dann sollen die Leute halt weniger fahren. Guter Tipp, der passt auch auf Bahnfahrer. Wenn die Bahn mal wieder nicht ankommt, einfach zuhause bleiben.

                      Wie immer glaubst Du, ein Problem einfach mit Geld lösen zu können. Fakten? Unwichtig. Derzeit leidet die Bahn nicht an mangelndem Geld für Investitionen. Sie leidet an fehlender Organisation, an einem stringenten Konzept, an genehmigten (und gewollten) Trassen und nicht zuletzt an Ressourcen, die das Gewollte umsetzen können. Die Bauwirtschaft wie Hochtiefbranche und Netzwerktechniker sind auf Jahre ausgelastet. Was man halt alles für Geld nicht kaufen kann.

                      Ob die Bahntrassen um 10 Meter verbreitert werden oder die Autobahnstrecken, kommt für die Landschaftsversiegelung auf das Gleiche hinaus.

                      Wir arbeiten daran, in den nächsten 10-15 Jahren den Individualverkehr klimaneutral zu organisieren. Gleichzeitig behauptest Du, Investitionen für unsere Kinder machen zu müssen. Keine Studie nimmt an, dass der Individualverkehr in der Zukunft schrumpfen wird. Wenn das alles richtig ist, muss an einer Stelle Deine politische Einstellung und Überzeugung falsch sein. Entweder Du bist nicht von der Dekarbonisierung des Autoverkehrs überzeugt, dann sind Deine Forderungen nach Subventionierung der E-Mobilität und des Verbots von fossilen Antrieben nicht zu rechtfertigen. Wenn Du aber von dem Nutzen überzeugt bist, ist Deine Weigerung, die Kapazitäten an die Bedarfe anzupassen, nicht zu rechtfertigen.

                      Oder Du willst aus ideologischen Gründen den Menschen (auch Deinen Kindern) vorschreiben, wie sie sich fortzubewegen haben. Konsistenz und Stringenz der Argumentation ist manchmal sehr schwer, gell? 😉

                    • Stefan Sasse 30. Oktober 2023, 13:00

                      Es ist eine ganze Menge Kram Aufgabe des Staates, der Steuergelder einnimmt. Ich kann dasselbe Argument problemlos für den Ausbau von Breitband machen, für die Renovierung und Neugestaltung von Schulen usw. Nur da verstößt es immer gegen die heiligen Prinzipien der Schwarzen Null.

                    • Erwin Gabriel 30. Oktober 2023, 09:43

                      @ Stefan Sasse 29. Oktober 2023, 16:59

                      Ich bin gegen den Bau neuer Straßen. Wir müssen auf weniger kommen, nicht mehr.

                      Kann ich grundsätzlich und prinzipiell zustimmen. Nur: Die Zeiten, wo eine Autobahn gebaut wurde, weil ein Landrat für sein Kaff eine eigene Abfahrt haben möchte, sind lange vorbei. Autobahnen werden heute (wenn überhaupt) nur nach bedarf gebaut.
                      Und die Zahl der Autos wächst ständig; nicht, weil wir laufend neue Autobahnen bauen, sondern, obwohl wir das über Jahrzehnte nicht getan haben, und die Autobahnen in einem schlechteren Zustand sind als je zuvor..

                    • Stefan Pietsch 30. Oktober 2023, 19:32

                      Wir haben doch über die Aufgaben nicht den geringsten Dissens. Der Staat ist für die Gewährleistung von Sicherheit, Rechtstaatlichkeit, Infrastruktur, Bildung und der sozialen Darseinsvorsorge zuständig. Zur Erfüllung dieser Aufgaben hat er das Recht Steuern und Abgaben von den Bürgern zu erheben.

                      Das tut er. Der deutsche Staat langt dabei mit über 60 Prozent auf alle Löhne, Gehälter und Gewinne besonders kräftig zu. Andere demokratische Rechtsstaaten verlangen niedrigere Tarife und leisten mehr. Also, der Bürger hat seine Schuldigkeit getan, er hat die finanziellen Verpflichtungen vollumfänglich erbracht.

                      Nur ist der deutsche Staat besonders verschwenderisch, der wie ein Säufer seine eigentlichen Aufgaben nicht vollumfänglich erbringen kann, weil er mit anderen Dingen beschäftigt ist – seiner Sucht z.B. Nun müssen wir mit dem Balg leben und den Schäden, die er angerichtet hat.

                      Und da trennen sich unsere Wege. Du sagst, man müsse dem Säufer mehr Geld geben in der Hoffnung (und mehr ist es nicht), dass er dann seine Aufgaben erfüllen kann. Doch Du willst dafür nicht zahlen, sondern Deine minderjährigen Kinder heranziehen. Sie sollen die Haftung übernehmen. Der BGH hat ein solches Vorgehen schon vor über dreißig Jahren als dreist und deswegen sittenwidrig verworfen. Eltern dürfen das nicht.

                      Andere Idee: der reiche Großonkel kann doch einspringen, der sowieso nicht weiß, wohin mit seinem Geld.

                      Wie wär’s mit etwas Eigenverantwortung?
                      a) Wir leben mit den Mängeln, weil wir Vater Staat nicht am Versaufen von Oma’s Klein-Häuschen gehindert haben.

                      b) Wir übernehmen die Rechnung. Wir erhöhen die ergiebigste Steuer, die im internationalen Vergleich ohnehin im Mittelfeld rangiert. Nein, bei der Einkommensbesteuerung haben wir ohnehin bereits alle Grenzen gesprengt. Die Umsatzsteuer. Jeder, der konsumiert, kann einen zusätzlichen Obolus entrichten. Machte man früher auch so. Wir erhöhen die Umsatzsteuer von heute 19 auf 24 Prozent, schaffen die Ausnahmetatbestände zumindest ein Stück ab, und hätten damit 120 – 140 Milliarden Euro mehr Einnahmen pro Jahr.

                      Ökonomisch ist das auch sinnvoll: Statt zu konsumieren – was in den letzten 20 Jahren zu viel getan wurde – wird investiert, damit der Kapitalstock des Landes erhöht. Daraus resultiert mehr Wohlstand in der Zukunft – z.B. für unsere Kinder.

                      So wurde es früher gemacht und so könnten wir es wieder tun.

                    • Erwin Gabriel 31. Oktober 2023, 11:51

                      @ Stefan Sasse 30. Oktober 2023, 13:00

                      Es ist eine ganze Menge Kram Aufgabe des Staates, der Steuergelder einnimmt. Ich kann dasselbe Argument problemlos für den Ausbau von Breitband machen, für die Renovierung und Neugestaltung von Schulen usw. Nur da verstößt es immer gegen die heiligen Prinzipien der Schwarzen Null.

                      Nein.

                      Es steht dem Staat frei, seine reichlich fließenden Steuereinnahmen einzusetzen, wie er mag. Die staatlichen Prioritäten liegen allerdings nicht auf dem Ausbau von Breitband, Schulen etc., sondern woanders.

                    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:11

                      Richtig, etwa auf Autobahnen.

                    • Tim 1. November 2023, 13:23

                      Doch, ich. 🙂 Unsere Biotope sind heute bis zu Dysfunktionalität zerschnitten. Das, was wir in unserem Straßennetz als Normalzustand wahrnehmen, bedeutet für Flora & Fauna wahnsinnigen Stress.

                      Aber egal. Was kann bei unserem Stand der Biodiversität schon schiefgehen.

                    • Stefan Sasse 1. November 2023, 13:31

                      Wenn ich so was sage wie „niemand“ meine ich „einflussreiche Leute in Entscheidungspositionen“. Dass in einem Land mit 82 Million Einwohner*innen jede Meinung von irgendwem mal vertreten wurde, versteht sich von selbst 😉

                    • Erwin Gabriel 5. November 2023, 16:46

                      @ Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:11

                      Richtig, etwa auf Autobahnen.

                      Nicht bös sein, Du hast ja überhaupt keine Ahnung.

                      Um Infrastruktur wie Autobahnen, Schienennetz, Kanalisation, Bundeswehr etc. in Schuss zu halten, kannst Du jährlich etwa 5 bis 10 % des Werts ansetzen, den die jeweilige Gesamtinfrastruktur hat (man sollte eigentlich mit 5 inflationsbereinigten % auskommen, aber die Anforderungen ändern sich; im Tiefbau durch den Klimawandel mit Starkregen-Ereignissen und Trockenheit, bei den Fernstraßen etwa durch die seit Jahrzehnten zunehmende Nutzung als innereuropäische Transitrouten, schwerere Lkw etc.; daher wären 10 % realistischer). Diese 5 % haben wir aber seit Jahrzehnten unterschritten.

                      Deine Vorstellung, dass

                      – angesichts der (durch frühere Regierungen verdrängten) Folgen des Klimawandels (inkl. Energiewende, angestrebte Co2-Neutralität),
                      – angesichts der Wohnungsknappheit,
                      – angesichts des ständig steigenden Geldbedarfs für Migration (bzw. europaweit durch den Versuch der Verhinderung derselben),
                      – angesichts der sich aus Russlands Aggressivität ergebenden Aufgaben (Instandsetzung Bundeswehr, Unterstützung der Ukraine)
                      – angesichts des ewigen Jammerns und Forderns nach stärkerer finanzieller Unterstützung realer und angeblicher sozial Schwachen

                      Fernstraßen bei der aktuellen Bundesregierung auch nur irgendeine nennenswerte „Priorität“ haben, geht weit an jeder politischen Realität vorbei.
                      Weit!

                      Sorry für die harten Worte, aber Theorie und Praxis sind manchmal zwei sehr unterschiedliche Dinge.

                    • Stefan Sasse 6. November 2023, 09:43

                      Es hat zumindest mehr Priorität als die Schulen in Schuss zu halten.

                  • Erwin Gabriel 30. Oktober 2023, 09:58

                    @ Ralf 28. Oktober 2023, 19:38

                    Aber wir wollen doch eigentlich beide dahin, dass in den kommenden Jahren immer mehr Menschen so leben können, wie Deine Töchter in Hamburg. Dass mehr – sicher nicht ALLE, aber halt MEHR – Menschen in den eher urbaneren Räumen auf Bus und Bahn umsteigen können.

                    Volle Zustimmung; in urbanen Räumen ist das auch eine stetige Weiterentwicklung. Aber wenn wir von Autobahnen reden, reden wir nicht von urbanen Räumen.

                    Du lässt dieses Autoleihen in Deinem Post wie einen “Verrat” am Ideal aussehen.

                    Natürlich nicht. Es geht halt darum, die Grenzen des urbanen ÖPV aufzuzeigen. Die hören, selbst wenn einzelne Strecken etwas weiter reichen, kurz hinter der Stadtgrenze auf.

                    Nochmal, gerne auch für Tim und Stefan S.:
                    Ich wehre mich nicht gegen öffentlichen Fracht- und Personenfernverkehr als Alternative zu Autobahnen. Er wird halt auf Jahrzehnte nicht in der Lage sein, das Mobilitätsbedürfnis unserer Gesellschaft zu befriedigen. Das können (derzeit mehr schlecht als recht) nur Fernstraßen.

            • Tim 27. Oktober 2023, 20:38

              Fauna und Flora nehmen grundsätzlich Schaden, egal was ich tue. Ich wohne, esse, fahre, arbeite – praktisch alles von dem, was ich oder ein anderer tut, schadet der Natur. Wir (auch Du) leben in einer „zivilisierten“ Welt, und der Preis dafür ist, dass wir der Natur handfesten Schaden zufügen.

              Dein Argument lautet also: Weil alles der Umwelt schadet, müssen wir unser Verhalten überhaupt nicht ändern? 🙂

              Muss man nicht um jeden Preis schlimmer machen, so weit, so gut. Aber Staus schaden, Umwege schaden auch.

              Unser Straßensystem schadet.

              • Erwin Gabriel 28. Oktober 2023, 16:19

                @ Tim 27. Oktober 2023, 20:38

                Dein Argument lautet also: Weil alles der Umwelt schadet, müssen wir unser Verhalten überhaupt nicht ändern?

                Nein. Mein Argument lautet: wenn verschiedene Sachen schädlich sind, muss man abwägen. Zu sagen, dass eine Sache schadet, ist kein Argument, wenn die Alternative ähnlich schädlich ist.

                Dass unser Straßennetz der Natur Gewalt antut, bestreite ich nicht, habe ich nie bestritten. Was mich stört, ist diese Mentalität, nur einen Zug voraus zu denken.

                Um es mal so plump zu machen wie Du: Nimm auf einen Schlag alle Straßen weg und schaue, was passiert.

                Zu dumpf? Dann nimm Dein Beispiel: Entferne die Hälfte aller Straßen, und schaue, was passiert. Es wird nicht so sein, dass dann die Hälfte der Bevölkerung ihre Autos abschafft (wohin übrigens?), sondern es wird extremes Chaos geben, Menschen werden sterben, die Wirtschaft zusammenbrechen etc.

                Über den Rückbau von Straßen bzw. den Verzicht auf Reparatur / Modernisierung des bestehenden Straßennetzes kann man nachdenken, NACHDEM Alternativen bereitstehen. Das würde Jahrzehnte an Zeit und ebenfalls durchaus respektablen Schaden and er Umwelt nehmen, ein funktionierendes, die Menschenmengen mit ausreichender Flexibilität bewältigendes Eisenbahnnetz (ÖV mit Bussen soll es ja nicht sein, da die auf Straßen fahren) aufzubauen.

                Andernfalls läuft es darauf hinaus, dass Du die Mobilität erheblich einschränken willst. Bist Du Dir über die Folgen dessen bewusst?

        • Stefan Sasse 27. Oktober 2023, 08:27

          1) Ja, völlige Zustimmung.

          2) Da fehlt mir die Sachkenntnis.

          5) Ja und nein. Autobahn bauen ist ja auch ein ideologisches Projekt. Das richtet sich nicht nur nach Kosten-Nutzen-Rechnungen. und wir bauen viele Dinge nicht, die billiger wären und für die Bedarf wäre.

          • Erwin Gabriel 27. Oktober 2023, 13:41

            @ Stefan Sasse 27. Oktober 2023, 08:27

            5) Ja und nein. Autobahn bauen ist ja auch ein ideologisches Projekt. Das richtet sich nicht nur nach Kosten-Nutzen-Rechnungen.

            Wieder zurück auf los? Deinen eigenen hier veröffentlichten Aussagen zufolge ist alles Ideologie. Die Entscheidung, eine Autobahn zu bauen, die vielleicht nicht wirklich erforderlich wäre, genauso wie die Entscheidung, eine Autobahn nicht zu bauen, die dringend erforderlich wäre.

            Eine Autobahn ist wie eine Umgehungsstraße; sie entlastet Städte und Dörfer. Ist sie kaputt und wird nicht repariert, fahren wieder alle durch die Stadt.

            Und wir bauen viele Dinge nicht, die billiger wären und für die Bedarf wäre.

            Wer sind „wir“, und wer entscheidet das? Auch „wir“, vielleicht sogar nach demographischen Regeln?

            Obwohl Du natürlich irgendwo Recht hast, selbst wenn Deine Vorstellungen von „Bedarf“ vermutlich deutlich anders aussehen als meine.

  • cimourdain 26. Oktober 2023, 09:41

    1) Warum Gingrich als „Wurzel des Sittenverfalls“ bei der GOP ? Warum nicht Nixon / Goldwater ? Warum nicht McCarthy und die Dulles-Brüder ? Man könnte sogar auf Warren Harding zurückgehen.

    3) Es ist immer gefährlich, ein „gefühliges“ Feature zu lesen, bevor man nicht anhand der konkreten Fakten die Sachlage kennt. Hier sind die Hintergründe und auch (knapp) die politischen Wege beschrieben:
    https://www.tagesschau.de/inland/fluechtlingsunterkunft-upahl-108.html

    5) (Rantwarnung)
    Ich kaufe es ihnen nicht mehr ab. Faktisch haben die Grünen in Sachen Arten-, Natur- und Klimaschutz nicht nur nichts gerissen (oder kannst du eine erfolgreiche Maßnahme nennen), sondern sie haben sich aktiv daran beteiligt, dass in mehreren Bereichen (z.B. Frackinggas, Ressortbudgets oder Aufrüstung) diese Regierung hinter die Standards der Merkel-Administration fällt. Das einzige, was sie leisten ist zum einen an möglichst vielen Ecken der Welt „Jingo“ zu schreien und zum anderen mit Dackelblick Ausreden zu präsentieren. Nachtrag: Vielleicht bin ich etwas zu hart gewesen. Das Habeck-Ministerium hat zwei durchaus erfolgreiche „Klimaschutzmaßnahmen“ auf den Weg gebracht: Rezession und Teuerung.

    g) In letzter Konsequenz ist es auch im Bundesstaat Deutschland nicht anders. Es existiert ein „gesamtstaatlicher Haftungsverbund“, so dass Gebietskörperschaften nicht insolvent gehen können, sondern die „nächsthöhere“ Gebietskörperschaft einspringt (Land für Gemeinde, Bund für Land).

    h) Du hast im letzten Vermischten ( Fundstück a) darauf hingewiesen, dass Gerichte nicht die Legislative ersetzen dürfen. Ebenso fällt das was Jahn als „Verantwortung des Rechts“ bezeichnet auf die politischen Institutionen zurück: Zum einen untersteht die Staatsanwaltschaft weisungsgebunden den Innenministerien. Zum anderen hat die Legislative in den letzten Jahren mittels Polizeigesetzen den Behörden einen Instrumentenkasten zur Verfolgung von Protestgruppen (z.B. Vorbeugehaft) gegeben.

    j) Ich finde es ein bezeichnendes Versäumnis, dass auf die vorurteilsbehafteten Klischees, die Prenz (TM-Kofferwort) verbreitet haben, die gesamte Medienlandschaft mit dem „Holzhammerbegriff“ Antisemitismus geantwortet hat anstelle durch (offensichtlich notwendige) Aufklärung eine „Gegenerzählung“ zu liefern: Was hat es mit der (selbst innerhalb des orthodoxen Judentums) Minderheit der Haredim auf sich? Welche Gründe (Verbot von Grunderwerb) gab es historisch für die jüdische Präsenz im Edelsteinhandel? imho symptomatisch für den Verfall der Debattenkultur.

    o) (harter Konter) große Worte … für eine selbsternannte Volkssturmfrau.

    • Stefan Sasse 26. Oktober 2023, 11:40

      1) Gingrich ist ein ziemlich klarer Strukturwechsel MIT ERFOLG. Goldwater scheiterte, während bei Nixon das Selbstheilungssystem noch funktionierte.

      3) Danke!

      h) Ja.

      j) Der Diskurs ist ziemlich kaputt.

      o) Häh?

      • cimourdain 26. Oktober 2023, 20:14

        1) a)Goldwater scheiterte als Präsidentschaftskandidat, aber sein „Schüler“ Reagan war mit diesen Methoden erfolgreich.
        b) Die Selbstheilung überschätzt du glaube ich. Weder die Rockefeller-Kommission noch das Church-Kommittee haben den Komplex aus Politik und Geheimdiensten wirklich kontrollieren können. Da wurde nur das zugegeben, was eh schon bekannt war.

        o) Hier der Beleg:
        https://www.youtube.com/watch?v=548x_yZ8zXY
        Es ist zwar das Schrottformat heute-show, aber deshalb als Charakterzeugnis relevant, weil es sich um eine bewusste Selbstdarstellung handelt – und das bevor es wieder schick wurde, Deutsche Panzer (TM) Richtung Kursk zu schicken.

        • sol1 26. Oktober 2023, 23:07

          Welcher deutsche Panzer rollt denn Richtung Kursk?

        • Thorsten Haupts 26. Oktober 2023, 23:46

          … das bevor es wieder schick wurde, Deutsche Panzer (TM) Richtung Kursk zu schicken.

          Normalerweise schätze ich ja Ihre Kommentare. Aber in diesem Themengebiet – setzen Sie das ab, was Sie gerade rauchen, bitte 🙂 .

        • Ralf 27. Oktober 2023, 02:24

          Deutsche Panzer werden Richtung Kursk geschickt???

        • cimourdain 27. Oktober 2023, 08:24

          @Sol1, Ralf. Die Übertreibung ist nur moderat, die Oblast liegt direkt an der Grenze zur Ukraine und wurde bereits Ziel von Drohnenangriffen. Aber wenn es euch lieber ist, nehmen wir stattdessen Dubno, das triggert vielleicht auch weniger Leute.

          • Thorsten Haupts 29. Oktober 2023, 15:46

            Sind immer noch keine deutschen, sondern ukrainische Panzer, die da rollen. In einem reinen Verteidigungskrieg gegen barbarische Angreifer.

        • Stefan Sasse 27. Oktober 2023, 08:30

          1a) Sicher.
          b) Heute würde es rundheraus geleugnet!

          o) Ok

          • cimourdain 27. Oktober 2023, 11:34

            1b) … und der Whistleblower, der es rausgebracht hat, über Jahre und Länder hinweg verfolgt.

  • Flosch 26. Oktober 2023, 10:52

    @stefan
    Super viele Rechtschreibfehler und fehlende Wörter heute. Verliebt?

    • Stefan Sasse 26. Oktober 2023, 11:49

      Nein, mehr Probleme mit der Diktierfunktion als üblich. Bin nochmal drüber.

      • Erwin Gabriel 27. Oktober 2023, 13:44

        @ Stefan Sasse 26. Oktober 2023, 11:49

        [verliebt?]

        Nein, …

        Schade eigentlich 🙂

        Viele Grüße
        E.G.

        • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 09:08

          Ich bin glücklich verheiratet. 🙂

          • Stefan Pietsch 28. Oktober 2023, 12:04

            Der klassische Satz muss lauten:

            Ich bin verheiratet. Glücklich verheiratet. 🙂

            Vielen ist diese Klarstellung wichtig.

          • Erwin Gabriel 28. Oktober 2023, 16:36

            Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 09:08

            Ich bin glücklich verheiratet.

            Aber offenbar nicht in Deine Frau verliebt? 🙂

            Na gut, ein bisschen zu Off Topic

            • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 17:49

              „Verliebt“ ist für mich der Begriff für den Anfang. Flugzeuge im Bauch, alles neu, alles aufregend. Ich liebe meine Frau. In der Definition sind wir uns übrigens beide einig 🙂 Ich überlasse verliebt Sein den Teens 😉

              • Thorsten Haupts 28. Oktober 2023, 20:13

                Ich überlasse verliebt Sein den Teens

                Genau zu denen gehört es auch.

                • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 21:48

                  Hach, nochmal jung sein.

                  • Thorsten Haupts 29. Oktober 2023, 09:42

                    Nicht wirklich. Brrrrr …

                    • Stefan Sasse 29. Oktober 2023, 17:00

                      Ich würde gerne so Anfang, Mitte 30 sein. Und da bleiben. Aber völlige Zustimmung, unter 30 (oder gar 20) auf gar keinen Fall zurück.

                    • Erwin Gabriel 30. Oktober 2023, 10:02

                      @ Stefan Sasse 29. Oktober 2023, 17:00

                      Ich würde gerne so Anfang, Mitte 30 sein. Und da bleiben. Aber völlige Zustimmung, unter 30 (oder gar 20) auf gar keinen Fall zurück.

                      Du wärst entweder nicht lernfähig oder ruckzuck der älteste 30jährige, den die Welt je gesehen hat; voll der Spießer, über den sich alle lustig machen. 🙂

                    • Stefan Sasse 30. Oktober 2023, 13:01

                      Ich rede auch nur vom Körperlichen.

                    • Thorsten Haupts 30. Oktober 2023, 10:17

                      Ich würde gerne so Anfang, Mitte 30 sein. Und da bleiben.

                      Wenn ich meinen Erfahrungsschatz mitnehmen darf, gerne. Ohne niemals, da möchte ich selbst in meinem Alter maximal 10 bis 15 Jahre zurück, in erster Linie wegen der im Alter langsam abnehmenden Energie :-).

                    • Stefan Sasse 30. Oktober 2023, 13:01

                      Ja, sicher. Mir geht’s nur um den körperlichen Zustand.

                    • Erwin Gabriel 31. Oktober 2023, 11:55

                      @ Stefan Sasse 30. Oktober 2023, 13:01

                      Ich rede auch nur vom Körperlichen.

                      Ich auch. Ein 30jähriger Körper mit dem Erfahrungsschatz eines 40-, 50- oder 60-jährigen wäre der älteste 30-jährige auf der Welt.

                    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:11

                      Wäre das nicht toll? 🙂

                    • Thorsten Haupts 2. November 2023, 19:03

                      Aber hallo 😎

                    • Erwin Gabriel 5. November 2023, 16:56

                      @ Stefan „Highlander“ Sasse 30. Oktober 2023, 13:01

                      Ich rede auch nur vom Körperlichen.

                      Also alle paar Jahre eine neue knackige Freundin, denn Deine Frau (und Deine Kinder, Deine Freunde und Kollegen) würde dagegen altern. Oder sollen die auch alle bei dreißig stehen bleiben, und deren Partner, Kinder und Freunde auch? Eine Welt voller 30jähriger, die sich übereinander aufregen, weil alle gleich aussehen, aber nicht gleich alt sind?

                      Nach 200 bis 300 Jahren hat jeder Krebs, psychische Defekte nehmen mit den Jahrhunderten zu …

                      Irgendwann lebst Du in einer Welt, die nicht mehr Deine ist (vermutlich hat dieser Prozess schon bei Dir angefangen, als Du die 30 überschritten hast 🙂 )

                      Ohgottogottogott …

                    • Stefan Sasse 6. November 2023, 09:45

                      Ich ging davon aus, dass sich die Lebenserwartung nicht ändert. Ich bin ja kein Vampir 😀

    • Erwin Gabriel 26. Oktober 2023, 13:22

      @ Flosch 26. Oktober 2023, 10:52

      Super viele Rechtschreibfehler und fehlende Wörter heute. Verliebt?

      🙂 🙂 🙂
      You made my day

  • derwaechter 26. Oktober 2023, 11:13

    p) Es geht schon los mit dem Angriff auf die postcolonial studies.

    Könntest Du ausführen, was dich an diesem Angriff stört?

    • Stefan Sasse 26. Oktober 2023, 11:50

      „Das liegt an einer Theorie, die an amerikanischen und deutschen Unis schwer in Mode ist.“

      Viel zu verengend, viel zu pauschalisierend.

      • derwaechter 26. Oktober 2023, 13:30

        Ja, diese Monokausalität ist mir auch aufgefallen. Vieles, was er beschreibt, gab es ja auch schon vorher.

        Aber die Kritik an sich finde ich dennoch einleuchtend. Und wenn man sich die Argumente z.B. von den Studenten aus Havard („Today, the Palestinian ordeal enters into uncharted territory. The coming days will require a firm stand against colonial retaliation.”) oder Queers for Palestine (“a space for radical queers committed to feminist anti-racist and anti-colonial politics”) anschaut, dann findet man das was er kritisiert andauernd.
        https://bdsmovement.net/news/you-can%E2%80%99t-pink-wash
        https://www.palestine-studies.org/en/node/1654370

        • derwaechter 26. Oktober 2023, 19:53

          Nachtrag.

          Habe gerade den furchtbaren Post von FFF zu Israel gelesen und andere Statements aus der Ecke. Auch da wimmelt es nur von „imperialist governments“ hinter Israel und „Climate justice is anti-colonialism!“

          „Anti-colonial youth climate activists“die uneingeschränkt hinter Gaza stehen.

          Das haben die sich ja nicht selbst ausgedacht.

          • sol1 26. Oktober 2023, 23:11

            „…den furchtbaren Post von FFF…“

            Das Irre daran ist, daß das Denkmuster das gleiche ist wie bei Reichsbürgern, Coronaschwurblern und Klimawandelleugnern – eine finstere Macht, die verhindert, daß die Medien DIE WAHRHEIT ™ schreiben.

            • Stefan Sasse 27. Oktober 2023, 08:31

              Exakt. Dasselbe Phänomen, überall: das „Dagegen“ wird wichtiger als jeder Inhalt.

          • CitizenK 26. Oktober 2023, 23:23

            Sind die irre? Lt. Amnesty International gilt in Gaza noch das Gesetz aus der britischen Mandats- (=Kolonial-)Zeit (!), nach dem Homosexualität mit Gefängnis bis zu 10 Jahren bestraft wird.

            Und was sagen die „climate activists“ zum CO2-Ausstoß der Hamas-Raketen?

          • Ralf 27. Oktober 2023, 02:33

            Mir ist unbegreiflich, wieso überhaupt irgendwer über die Meinung von Klimaaktivisten zu Israel und Gaza diskutiert. Oder über die Meinung von Fußballspielern zu Israel und Gaza. Wer null Expertise, null Erfahrung und null vorzeigbare Arbeit auf einem Gebiet hat, dessen Perspektive zum Thema ist genauso bedeutend wie die Perspektive von Oma Frieda und Onkel Günther. Zumindest das sollten wir doch aus der Coronakrise gelernt haben: Möchtegern-Experten mit YouTube-basierten Kenntnissen einfach ignorieren. (übrigens auch dann, wenn sie zufällig die eigene, wohlgeschätzte Meinung vertreten …) …

            • Stefan Sasse 27. Oktober 2023, 08:35

              Weil Greta Thunberg ein Mikrofon hat. Sie ist eine prominente Person. Ihre Meinung ist immanent relevant. Genauso wie die einer Bewegung, die noch vor Kurzem hunderttausende auf die Straße brachte.

              • Ralf 27. Oktober 2023, 10:45

                Schon klar.

                Meine Frage ist, warum hören wir jedes Mal zu, wenn jemand ein Mikrophon hat, auch dann wenn der, der das Mikrophon hat, nichts Wichtiges zu sagen hat? Wir könnten doch auch einfach den Saal verlassen …

                Also ich versuche das aktiv so zu tun. Und seit ich das so tue, geht es mir wesentlich besser und ich rege mich viel, viel seltener auf …

                • Thorsten Haupts 27. Oktober 2023, 12:52

                  Yup!

                • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 09:06

                  Weil Medien publikumsorientiert arbeiten. Und weil das Publikum sich für interessiert.

                  • Ralf 28. Oktober 2023, 13:32

                    Genau – wir haben als Gesellschaft beschlossen Medien zu akzeptieren, die uns aktiv desinformieren – weil deren Profitstreben Desinformation bedauerlicherweise attraktiver macht als sachliche Berichterstattung.

                    In der Covidkrise bestimmen dann effektiv Schauspieler, ob die Menschen sich impfen lassen. Fußballspieler bestimmen, ob wir der Ukraine Waffen liefern. Klimaaktivisten bestimmen, ob wir in der Gaza-Krise Israel oder die Hamas unterstützen.

                    Aber hey – geht ja nicht anders. Medienfreiheit – also die Freiheit Profit über Information zu stellen – ist ja alternativlos.

                    • CitizenK 28. Oktober 2023, 13:57

                      Information ist der Grundstoff der Demokratie – gleichsam die Luft zum Atmen. Der Gedanke, dass dies jedem und jeder überlässt, ist auch für mich befremdlich. Durch Wettbewerb ein Gleichgewicht zu schaffen, funktioniert nicht wirklich. Niemand kann alle Publikationen verarbeiten, schon im Print-Zeitalter nicht, heute schon gar nicht mehr.
                      Aber was wäre wirklich die Alternative? Ich befürchte, die von Dir ins Auge gefasste Kur wäre schlimmer als die Krankheit.

                    • Ralf 28. Oktober 2023, 14:30

                      @CitizenK

                      Was ist denn die “Kur”, die ich ins Auge fasse?

                      Starke öffentliche Medien, für die gesamte Republik dezentral in den Bundesländern organisiert und die bunten, verschiedenartigen politischen Verhältnisse in den jeweiligen Bundesländern widerspiegelnd. Solide finanziert über das Gemeinwesen für eine Aufgabe, die essential für das Funktionieren des Gemeinwesens ist. Medien, gemacht von Profis und Experten. Von Journalisten und Editoren mit Erfahrung und Fachwissen. Mit Qualität und Unabhängigkeit als festgeschriebenen Kernzielen.

                      Dass die üblichen FDP-Fans öffentliche Medien nicht mögen – geschenkt. Aber warum gerade Du ein solches Modell ablehnst, ist mir schleierhaft. Worin sieht CitizenK denn die große Gefahr begründet?

                    • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 17:47

                      In der Covidkrise bestimmen dann effektiv Schauspieler, ob die Menschen sich impfen lassen. Fußballspieler bestimmen, ob wir der Ukraine Waffen liefern. Klimaaktivisten bestimmen, ob wir in der Gaza-Krise Israel oder die Hamas unterstützen.

                      Ach, so ein Quatsch. Bestimmt wird das im Parlament.

                    • Ralf 28. Oktober 2023, 20:07

                      Das war eine vereinfachende Zuspitzung meinerseits.

                      Selbstverständlich werden Entscheidungen im Parlament getroffen. Aber diese Entscheidungen finden nicht abgekoppelt von der öffentlichen Debatte statt. Und wenn diese öffentliche Debatte von den bunten Ideen von Schauspielern, Fußballstars und Popsängern geprägt wird, anstatt von Experten und Fachleuten mit Know-how und Erfahrung, dann ist das toxisch für unsere Handlungsfähigkeit und für unsere Demokratie.

                    • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 21:48

                      Die von dir genannten Debatten wurden ja aber nicht nur von denen geprägt. Die nicht-politische Einzelperson mit dem größen Einfluss während Covid war sicher Christian Drosten. Und ich weiß nicht, welchen Fußballer du meinst, aber Carlo Masala hat sicherlich mehr Einfluss als er.

                    • Ralf 28. Oktober 2023, 22:02

                      Bei dem Fußballer geht es um Noussair Mazraoui, einen Spieler von Bayern München, der seit Tagen in den Medien ist wegen eines israelkritischen Posts.

                      Christian Drosten war in der Covidkrise ein Experte. Ich bin sehr dafür, dass wir in Krisen Experten zuhören. Auch dann, wenn mir deren Meinung nicht passt. Hendrik Streeck habe ich z.B. oft widersprochen. Er ist trotzdem jemand vom Fach mit viel Erfahrung, der halt seine Perspektive beisteuert.

                      Bei Fachfremden, die Diskussionen massiv geprägt haben, fällt mir Alice Schwarzer und Ukrainekrieg ein. Zugegeben – Markus Lanz setzte der Feministin dann Herbert Grönemeyer gegenüber, der Waffenlieferungen befürwortete. Allerdings frage ich mich schon, weshalb die Meinung einer Frauenaktivistin und eines Rockstars da irgendwelche Relevanz haben sollten. Und Spaß beiseite – Schwarzer hat die Debatte über Monate hinweg dominiert. Oder die seit Jahren pensionierte EKD-Vorsitzende Margot Käßmann.

                    • Stefan Sasse 29. Oktober 2023, 16:57

                      Ich meine – ja, wir haben diese Leute oft gehört. Sie kamen medial stark vor. Aber inwiefern hat Alice Schwarzer die deutsche Ukrainepolitik geprägt? Inwieweit wird die Haltung der BRD zu Israel durch Mazraoui beeinflusst?

                    • Thorsten Haupts 29. Oktober 2023, 12:10

                      Ralf hat hier einen guten Punkt. Die Neigung der Medien – inklusive des hier gerne gelobten ÖRR – Celebrities nach Sachverhalten zu fragen, von denen sie WENIGER Ahnung haben als interessierte und gebildete Zeitgenossen, nimmt seit vielen Jahren zu und begann AFAIR in den neunzigern (ich erinnere mich an meine ersten wütenden Leserbriefe an die ZEIT deswegen). Dieser Trend dient absolut keinem erkennbaren Zweck ausser Aufmerksamkeitsgenerierung und kann naturge,äss nicht zu besseren öffentlichen Diskussionen führen.

                      Allerdings folge ich bei … dann ist das toxisch für unsere Handlungsfähigkeit und für unsere Demokratie. kein Stück. Die veröffentlichte Diskussion ist ohnehin eine Müllhalde, da kommt es auf mehr oder weniger Müll nicht wirklich an.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 29. Oktober 2023, 17:01

                      24/7 Newscycle halt. Musst ja irgendwie füllen…

                    • Ralf 29. Oktober 2023, 19:38

                      @Stefan Sasse

                      Ich meine – ja, wir haben diese Leute oft gehört. Sie kamen medial stark vor. Aber inwiefern hat Alice Schwarzer die deutsche Ukrainepolitik geprägt? Inwieweit wird die Haltung der BRD zu Israel durch Mazraoui beeinflusst?

                      Ein ganz krasses Beispiel mit furchtbaren gesellschaftlichen Folgen ist die zweite Covid-Welle. Das war in Deutschland die tödlichste Welle, nur wenige Wochen bevor der erste Impfstoff ausgeliefert wurde. Dass die Welle kommen würde war klar. Die Dynamik der Welle konnte jeder sehen, der wusste wie eine Exponentialfunktion aussieht. Die Entwicklung der Welle ist auch vorhergesehen worden.

                      Aber Schwurbler und Wichtigtuer, darunter viele Prominente, sorgten für eine massive Stimmung gegen einen zweiten Lockdown. Die Regierung fürchtete sich vor der negativen Stimmung und wartete und wartete und wartete. So lange bis die Sterbezahlen so dramatisch anschwollen, dass die Stimmung in der Gesellschaft kippte. Dann kam der Lockdown. Drei Wochen zu spät.

                      Dieses Zuwarten hat Zehntausende Deutsche das Leben gekostet. Zehntausende! Menschen, die völlig ohne Grund gestorben sind. Nur Wochen bevor sie das rettende Vakzin hätten bekommen können.

                      Was den Ukrainekrieg angeht – klar. Noch bestimmt Alice Schwarzer nicht die Politik der BRD. Aber Alice Schwarzer steht an der Spitze einer Bewegung, die Zweifel streut und die zahlenmäßig wächst. Schon wird über Kriegsmüdigkeit diskutiert. Die Zustimmung zu den Ukrainehilfen sinkt. Frag mal in einem Jahr, welchen Einfluss Alice Schwarzer auf die Politik in Deutschland hat.

                    • Stefan Sasse 30. Oktober 2023, 12:58

                      True, was das Zuwarten angeht. Aber ich würde das auch als gesamtgesellschaftliche Stimmung sehen, nicht nur durch Promis.

          • Stefan Sasse 27. Oktober 2023, 08:29

            Völlig richtig. Und ich kann gar nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte über FFF. Völlig ins Abseits geschossen, der Verein.

            Aber: deswegen muss man nicht Rufe anstimmen, Jürgen Zimmerer zu defunden. Verstehst, was ich meine?

            • derwaechter 27. Oktober 2023, 12:44

              Kann ich konkret nichts zu sagen.

              Aber wenn die Post colonial studies diesen Leuten ein (scheinbar) wissenschaftliches Fundament liefern und als Prämissenlieferant fungieren, kann man schon überlegen, ob und wie das unterstützt werden sollte.

              Diese Szene ist doch prinzipiell eher wissenschaftsgläubig. Gerade was Sozialwissenschaften angeht. Da sollte man den Effekt über die Unis hinaus vielleicht nicht völlig unterschätzen.

              • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 09:06

                Du kannst nicht die Wissenschaft dafür verantwortlich machen, dass manche sie missbrauchen, sorry.

                • derwaechter 28. Oktober 2023, 16:55

                  „die“ Wissenschaft ist mir zu pauschal. Es geht um eine bestimmte Wissenschaft bzw Wissenschaftler.

                  Dass die gelinde gesagt ein Antisemitismusproblen ist jetzt auch keine neue Erkenntniss.

                  Warum soll man sie nicht dafür verantwortlich machen, was sie behauptet und welche Auswirkungen das hat?

                  „daher auf ein tieferliegendes Problem hin, ein Problem jenes Teils der Rassismus- und Kolonialismusforschung, der sich den Postcolonial Studies verpflichtet fühlt: ihre Unfähigkeit, Antisemitismus als Problem ernst zu nehmen. Dieser wird dort ganz überwiegend als „nur eine andere Form von Rassismus“ verstanden – während durch die fortgesetzte, völlig unreflektierte Dämonisierung Israels antisemitische Denkstrukturen reproduziert werden.“

                  Aus einem Artikel der taz den ich zur Gänze empfehlen kann

                  https://taz.de/Postkoloniale-Theoretiker/!5678482/

                  • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 17:49

                    Danke, ich les ihn. Bin auch ehrlich gesagt nicht Experte, ich bin nur durch die konzertierte Aktion der Rechtsradikalen aufgeschreckt, die gegen das Feld mobil machen und fürchte, dass das wieder in den Mainstream schwappt.

                    Anmerkung: Zitat aus dem Artikel: „Niemand leugnet die Verdienste postkolonialer Forschung.“ Ja doch, halt schon.

                    • derwaechter 28. Oktober 2023, 20:20

                      Dieses niemand bedeutet in dem Fall doch nicht buchstäblich „niemand“.

                      Ich lese dass eher wie ein, die Verdienste stehen außer Frage.

                      Der Artikel ist von 2020, weiss gar nicht, ob das Post colonial bashing da schon so en Vogue war.

                      „die konzertierte Aktion der Rechtsradikalen aufgeschreckt, die gegen das Feld mobil machen und fürchte, dass das wieder in den Mainstream schwappt.“

                      Man darf m.E. nicht den Fehler machen, zu glauben dass es gar nichts zu kritisieren gäbe, nur weil die falsche Seite ihre Kritik lauthals übertreibt.

                    • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 21:49

                      das tue ich auch keine Sekunde!

        • Stefan Sasse 27. Oktober 2023, 08:28

          Daran zweifle ich überhaupt nicht!

  • CitizenK 26. Oktober 2023, 11:31

    m) Hetze und Falschinformationen bei Tiktok: Da kommt was auf die Schulen zu – angesichts der Reichweite bei Kindern und Jugendlichen, die weitgehend historisch-politisch orientierungslos sind. Vor allem , wenn sie die Eltern in die Verantwortung nehmen sollen (Stefan Pietsch).

    Frage an die Verfechter der unbegrenzten Meinungsfreiheit: Wie geht ihr damit um?

    • cimourdain 27. Oktober 2023, 09:01

      Wie immer hilft in meinen Augen am besten gegen Hetze und Halbwahrheiten redliche Aufklärung, so dass wenigstens eine Grundbasis da ist, was einseitiger Mist oder gar Lügen sind. Deshalb kann ich Stefan Sasse zwar persönlich gut verstehen, dass er das Thema Nahost nicht im Unterricht behandelt, würde es aber für unglaublich wichtig halten, damit Schüler wenigstens die Fakten richtig hinkriegen.

      • Thorsten Haupts 27. Oktober 2023, 12:56

        Das ist eben nicht ganz so einfach. Um ein Beispiel zu nennen – der Exodus der arabischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten nach dem ersten Sieg Israels 1948 war eine wilde Mischung aus „freiwilligem“ Verlassen eines Kriegsgebietes, Flucht aus Angst und gezielter Vertreibung durch israelische bewaffnete Verbände. Da gibt es keine glasklaren, einfach darzulegenden, Fakten.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • CitizenK 27. Oktober 2023, 15:22

          DAS ist doch schon eine Darstellung der Fakten: Es war nicht nur freiwillig, nicht nur Flucht, nicht nur Vertreibung.
          So war es auch für die Juden in den arabischen Ländern. Auch das wird selten thematisiert.

          • Thorsten Haupts 27. Oktober 2023, 16:39

            Ich glaube, ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt: Dieser Mix ermöglicht es jedem, auch halbwegs geistig gesunden Menschen, sich seine Erzählung über das Geschehen selbst zusammenzubasteln, ohne gegenüber sich selbst blöd auszusehen. Wenn man Teile dieser Geschichte ausblendet oder auch nur ihre Bedeutung herunterspielt, kann man auf der Grundlage dieser Fakten ohne weiteres eine Geschichte des weitgehend frreiwiligen Verlassens aber ebenso eine Geschichte der weitgehend brutalen Vertreibung erzählen. Und nahezu alle Menschen neigen zur Simplifizierung, weil es auf dieser Basis einfacher ist, vor sich selbst ethisch sauber auszusehen. Und diese Menschheitskonstante wird mit jeder Generation in einer halbwegs entwickelten Zivilisation stärker, weil den Menschen unter diesen Lebensumständen jede Erfahrung mit Grauzonen fehlt. Weshalb die deutschen oder US-Pali-Freunde beschlossen haben, die Geschichte Israels als eine der Kolonisation, des Rassismus und der ethnischen Säuberung zu Lasten Issraels zu erzählen, dabei inzwischen sogar unterstützt durch die „Wissenschaft“ ganzer soziologischer Fachbereiche.

            Und genau das brechen Sie mit „Faktenvermittlung“ ni cht nur nicht auf, meine Vermutung wäre, dass genau diese Faktenvermittlung die Polarisierung bei diesem Thema sgar verstärken könnte.

            Die meisten Menschen – Frauen wie Männer – sind NICHT rational und ebenso emotionale Kleinkinder. Ambiguitätsunfähig.

            Gruss,
            Thorsten Haupts

          • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 09:09

            Diese Darstellung alleine tut ja aber nix. In der Schule müssen wir ja auch kritisch einordnen, analysieren, bewerten.

  • Thorsten Haupts 26. Oktober 2023, 13:09

    Zu p) Postcolonial studies …
    Wäre ja wunderbar, wenn Du Recht hättest. Fette Chancen in einem vollständig Wokie-verseuchten Fachbereich … In 6 Monaten weiss keiner mehr, warum die überhaupt (zu Recht) angegriffen wurden und dass sie einer der Hüter weltweiten Judenhasses sind.

  • Stefan Pietsch 26. Oktober 2023, 15:33

    5) Klimaschutz? Lieber Autobahnen ausbauen

    Wieso soll das ein Widerspruch sein? Mal sehen, ob ich das richtig zusammen bekomme: Autobahnen sind schlecht für das Klima, weil sie den mit fossilen Brennstoffen betriebenen Individualverkehr fördern. Jetzt sagen ja selbst die Grünen, sie seien ja gar nicht gegen den Individualverkehr, solange er außerhalb der Städte stattfände. Man kann von Hitler bis Unfälle einiges gegen Autobahnen sagen, aber sie umgehen in der Regel die Städte.

    Da niemand so richtig gegen den Individualverkehr ist, wohl aber gegen die Klimaerwärmung, soll die Mobilität ab 2035 ohnehin ohne Verbrennungsmotoren stattfinden. Damit ist aber theoretisch doch das Problem gelöst, oder?

    Ein Fakt ist unbestreitbar: In keinem größeren Flächenland konnte in den letzten Jahrzehnten das Wachstum der Mobilität der Menschen ohne das Auto befriedigt werden. Damit kann als bewiesen gelten, dass weniger Individualverkehr eins zu eins auf Kosten der Mobilität der Menschen geht. Doch die meisten empfinden Mobilität als Teil ihrer Freiheit. Da erscheint der Versuch, das Auto signifikant zurückdrängen zu wollen, als ein von Anbeginn zum Scheitern verurteilter Versuch.

    Die Autobahnerweiterungen sollen Staus reduzieren, aber langfristig führen breitere Straßen zu mehr Verkehr

    Das ist die Geschichte, die seit Jahrzehnten erzählt wird. Anhand einer der am meisten befahrenen Autobahnen der Republik lässt sich die Fragwürdigkeit des Arguments zeigen. Mit dem Mauerfall 1990 wurde die A3 zur wichtigsten Verkehrsader. Sie verläuft vom äußersten Westen über Köln nach Frankfurt und weiter über über Würzburg, Nürnberg an die Ostgrenze des Landes. Über diese Autobahn werden täglich unzählige Tonnen Konsumgüter vom Hafen Rotterdam nach Mittel- und Osteuropa transportiert.

    Mit dem Wachstum der neuen osteuropäischen Mitgliedsländer und der Verlagerung der Produktion von Westeuropa nach Tschechien, Slowakei und Ungarn wuchs das Verkehrsaufkommen stetig. Die Folge waren Permanentstaus von West nach Ost und in die entgegengesetzte Richtung. Das Problem war dabei weniger die Trasse Köln-Frankfurt, die analog zur Schiene schnell ausgebaut worden war. Dagegen schlich der Verkehr auf der von Frankfurt nach Nürnberg nur vierstrahligen Piste.

    Wenn die Idee war, mit dem verhinderten Ausbau den Verkehr zurückzudrängen, dann ist das dreißigjährige Experiment auf ganzer Linie gescheitert. Vor rund 10 Jahren wurde endlich die Verbreiterung in Angriff genommen. Zwischen Frankfurt und Würzburg fließt nun der Verkehr mit weit weniger Staus. Vor rund zwei Jahren wird auf der gesamten Strecke zwischen Würzburg und Nürnberg verbreitert.

    Staus verursachen CO2 und schaden dem Klima. Staus kosten Menschenleben und Lebenszeit. Es wird Zeit, den als völlig untauglich erwiesenen Versuch zu beenden, mithilfe von Staus den Automobilverkehr zurückdrängen zu wollen.

  • Ariane 26. Oktober 2023, 16:31

    3) Upahl
    Sehr spannend zu lesen,
    scheint aber auf die konkreten Haltungen keinen Einfluss gehabt zu haben. Es wäre hier schön zu wissen, ob dies stimmt oder nur ein Artefakt meiner Leseweise ist.
    Ich denke, das liegt auch an der Perspektive, die sich hier auf eine Person fokussiert. Da scheint mir nicht nur die Pause aus diesem Gemeinschafts-Sog wichtig, sondern auch die Kollision Ängste (viele gefährliche Männer) und Wirklichkeit (könnten meine Kinder sein). Wie es im Dorf generell weitergegangen ist, erfährt man ja nicht so wirklich.

    Die Tagesschau hatte vor einer Weile mal ein positives Beispiel über ein Dorf in Bayern: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/hebertshausen-gefluechtete-100.html

    Und lustigerweise spielt die große Politik hier eigentlich auch keine Rolle. Ich glaube, die Haltungen eines Dorfes hängen hier tatsächlich mehr an Kleinigkeiten und auch wie sich „gut vernetzte Führungspersönlichkeiten“ positionieren, ob sie also einen Protest anführen oder ein kleiner Helferkreis die im gesamten Dorf unterbringt.

  • Ariane 26. Oktober 2023, 16:56

    6) Autobahnausbau
    Meine aktuelle, tägliche Pendelstrecke (A27 durch Bremen) gehört auch dazu und ich sag mal vorsichtig, die ist nicht mal in der Rush Hour so knallevoll, dass man zwingend eine Spur mehr braucht. Mein Verdacht ist, dass es finanziell einfacher durchzusetzen, zwei neue Spuren zu bauen als kleinere Maßnahmen.

    Die größten Staustellen hat man nämlich beim Bremer Kreuz, wenn alle AUF die A1 wollen und bei zwei Abschnitten, wo alle wegen kaputten Straßen auf 80 runtergebremst werden. (gar nicht zu reden von meinem persönlichen Hassobjekt, nämlich sich überholende LKW, wenn man da ranginge, bräuchte man deutlich seltener eine dritte Spur)

  • sol1 26. Oktober 2023, 23:17
  • destello 27. Oktober 2023, 00:53

    2) The Arab world thinks differently about this war
    Ich benutze dieses Fundstück einmal um eine grundsätzlichere Frage loszuwerden. Ich bin kein Experte für den Nahostkonflikt, aber er interessiert mich. Und wenn ich in den zurückliegenden Woche Stimmen gelesen haben, die die Palästinenser verteidigen, bin ich überaschend oft auf die Gründung von 1948 gestossen, i.S.v. „die Juden dürften gar nicht hier sein“, „die Juden sind hier eingedrungen und wir verteidigen uns nur“ oder „es ist unser gutes Recht, diese Eindringlinge herauszuwerfen“. Wenn ich versuche, dazu im Internet etwas zu finden, wird zwar der eigentliche Prozess der Staatswerdung beschrieben, aber nicht erklärt, wie die Einwanderung der Juden einzuorden ist. Palästina war ja kein leeres Land. Wenn Ihr dazu etwas hättet, wäre ich Euch dankbar.

    • Stefan Sasse 27. Oktober 2023, 08:34

      Mein Amateurverständnis: du hast Einwanderung ab dem späten 19. Jahrhundert, plus eine Gruppe die schon immer da war. Ab den 1920er Jahren nimmt das massiv zu, unter nderem im Rahmen entsprechender britischer Versprechen. Da hast dann auch den Beginn des Terrors, v.a. gegen die Briten. Die wollen nach dem WK2 nur noch raus, werfen das Ding der UNO in den Schoß, und die löst das Problem…eher so nicht.

    • cimourdain 27. Oktober 2023, 08:40

      Wenn dich die jüdische Besiedlung vor 1948 interessiert, hier der Wiki-Artikel als Starter:
      https://en.wikipedia.org/wiki/Yishuv

    • Tim 27. Oktober 2023, 09:25

      Es war kein leeres Land, aber sehr viel weniger dicht besiedelt als heute und auch wirtschaftlich weitgehend wertlos. Ein ziemlich unbedeutendes Ödland im Osmanischen Reich, überhaupt nicht zu vergleichen mit dem, was die Israelis daraus gemacht haben.

      Das änderte sich erst Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Einwanderung europäischer Juden nach Palästina einsetzte. Die Juden kauften arabischen Großgrundbesitzern riesige Landflächen ab, was viele besitzlose Araber auf die Palme brachte (in diesem innerarabischen sozialen(!) Konflikt liegt also der Ursprung aller heutigen Probleme). In den 30er Jahren gelang immer mehr Juden die Flucht nach Palästina. Sie brachten Geld mit, Palästina erlebte einen Wirtschaftsaufschwung, der übrigens auch immer mehr Araber anzog.

      Mitte der 30er begann die erste arabische Terrorwelle gegen die Juden, eine Art Bürgerkrieg entwickelte sich. Daraufhin schlugen die Briten einen Teilungsplan vor, der schließlich von den Vereinten Nationen übernommen wurde. Die Juden akzeptierten ihn, die Araber nicht (wie auch alle folgenden Kompromissvorschläge nicht). Als die Juden ihren Staat gründeten, griffen die umliegenden arabischen Staaten Israel an, verloren den Krieg aber zur Überraschung der ganzen Welt. Hunderttausende Araber flohen aus Palästina, Israel erzielte erhebliche Landgewinne. Im großen und ganzen ist das der Status quo bis heute. Zum Vergleich: Deutschland hat seinen Landverlust nach dem selbstverschuldeten verlorenen Krieg akzeptiert, die Araber nicht. Deutschland lebt nicht mehr im Jahr 1945, die Araber allerdings noch im Jahr 1948.

      Zu Palästinensern wurden die Araber Palästinas erst durch die Erfahrung aller verlorenen Kriege und der Reduzierung ihrer Siedlungsräume. Im Grunde sind die Palästinenser die Könige der Identitätspolitik: Sie definieren sich heute durch ihre Opfer-, speziell Flüchtlingsrolle und lehnen jede Entwicklungschance ab, selbst wenn man sie ihnen auf dem Silbertablett serviert.

      Man muss sich einmal überlegen, wo die Palästinenser heute stehen könnte. Sie leben direkt neben einem der modernsten Staaten der Welt und haben die EU als Nachbar. Palästina, speziell Gaza sollte eigentlich eine reiche Gegend mit kultureller Blüte sein, ein Vorbild für die ganze arabische Welt! Doch nirgendwo ist der Unterschied zwischen Möglichkeiten und Realität größer als hier. Alles selbstverschuldet.

      Wäre ich Palästinenser, würde ich sofort für den Anschluss an Israel stimmen. In keinem arabischen Land haben Araber mehr Bürgerrechte und mehr Möglichkeiten der politischen Teilhabe als in Israel. Das wird von dem judenfeindlichen Pöbel da draußen ja gern unterschlagen.

      • Erwin Gabriel 27. Oktober 2023, 14:11

        @ Tim 27. Oktober 2023, 09:25

        Es war kein leeres Land, aber sehr viel weniger dicht besiedelt als heute und auch wirtschaftlich weitgehend wertlos. Ein ziemlich unbedeutendes Ödland im Osmanischen Reich, …

        Zustimmung! Guter Beitrag, der viel erklärt.

        Es ist wirklich ein Riesenproblem, dass die Palästinenser für alles, was passiert, und für alles, was nicht passiert, die Israelis verantwortlich machen.

        Vielleicht noch als Ergänzung: Als Ergebnis des einen oder anderen Kriegs gegen Israel gab es natürlich viele Flüchtlinge, die allerdings kein arabisches Land aufnehmen wollte (von denen, die Jordanien aufnehmen musste, mal abgesehen). Aber diese Aufnahme führte zum Bürgerkrieg in Jordanien („Schwarzer September“), weil die Palästinenser die herrschende Monarchie nicht so toll fanden.

        • Tim 27. Oktober 2023, 16:11

          die allerdings kein arabisches Land aufnehmen wollte

          Jetzt habe ich gerade gelesen: „archaisch“. Und dachte: Auch das würde passen. 🙂

      • CitizenK 27. Oktober 2023, 15:41

        Gut erklärt. Hinzu kommt, dass der Flüchtlingsstatus vererbt und das Rückkehrrecht gefordert wird – für die Urenkel. Mit dieser Sichtweise könnten die Schlesier heute noch „ihr Land“ zurück fordern.

        Weiter: Fluchtbewegungen in Afrika und Asien (Myamar) bringen hier niemand auf die Straße. Aber wenn es gegen die Juden geht…

        „überlegen, wo die Palästinenser heute stehen könnten“
        Denke ich auch oft. Wie der Libanon, die ehemalige „Schweiz“ des östlichen Mittelmeers.

        • Tim 27. Oktober 2023, 16:09

          Mit dieser Sichtweise könnten die Schlesier heute noch „ihr Land“ zurück fordern.

          In der Tat. Bei uns wären das ewiggestrige Nazis, in Palästina sind es Freiheitskämpfer. Die ganze Vorgeschichte des Palästina-Konflikts wird einfach ausgeblendet. Es geht halt um Juden. Da sind die Leute gern ein bisschen unfair.

        • Ralf 27. Oktober 2023, 16:53

          @CitizenK

          die Schlesier

          Ich stimme Dir in den Grundlinien zu. Aber die Vergleiche sind schwierig. Die vertriebenen Schlesier waren auf westlichem Niveau gebildet und zogen in ein hochentwickeltes Land, das temporär in Trümmern lag, dessen Aufbau aber unmittelbar absehbar war, weil nach jedem Krieg Städte wieder aufgebaut werden und das Leben weitergeht. Die Anfangszeit war für die Vertriebenen ohne Frage schwierig. Anschluss in der Fremde finden, ist niemals leicht. Aber es gab eine Perspektive. Die Schlesier konnten in der Bundesrepublik aufgehen.

          Die Palästinenser, die etwa nach Jordanien geflohen sind, sind hingegen nie aus den Flüchtlingslagern rausgekommen. Keine Gesellschaft hat die Menschen aufgenommen. Niemand wollte sie. Nirgendwo gab es Aufstiegschancen. Die arabische Welt ist auch ohne die Palästinenser – und mit Ausnahme einer hauchdünnen Elite – weitestgehend verarmt, unzureichend gebildet, rückständig und abgehängt. Wer in diese Gesellschaften einwandert – sei es als Flüchtling oder als Migrant – wo ist da das Licht am Horizont?

          Und die, die jetzt rufen, die Ägypter und die Jordanier sollten sich doch bitte gefälligst um ihre “Brüder” kümmern, sind nicht selten dieselben, die während der Euro- und Staatsschuldenkrise ihre europäischen Brüder als “faule Griechen” und PIIGS-Länder – also Schweineländer – diffamiert haben …

          • Tim 27. Oktober 2023, 17:12

            Und die, die jetzt rufen, die Ägypter und die Jordanier sollten sich doch bitte gefälligst um ihre “Brüder” kümmern, sind nicht selten dieselben, die während der Euro- und Staatsschuldenkrise ihre europäischen Brüder als “faule Griechen” und PIIGS-Länder – also Schweineländer – diffamiert haben …

            Belege für diese Behauptung?

            • Ralf 27. Oktober 2023, 17:41

              Bei Markus Lanz kam der Punkt letztens mehrfach auf’s Tapet. Tenor: Für Israel ist die Zerstörung der Hamas, die in der Praxis die Zerstörung von Gaza bedeutet, ohne Alternative. Bevor wir die Maßnahmen der israelischen Armee kennen und bevor Zahlen ziviler Opfer bekannt sind, muss Deutschland Israel bereits einen Blankoscheck ausstellen. Wegen der historischen Verantwortung. Eine Evakuierung palästinensischer Zivilisten auf israelisches Territorium sei Israel nicht zuzumuten. Also müssen insbesondere die Ägypter in die Verantwortung genommen werden. Schließlich sind das ja Araber.

              Die Ecke aus der das kam, meiner Erinnerung nach der Teil des CDU- und FDP-Milieus, der auch im Ukrainekrieg auf mehr und mehr Waffenlieferungen drängt – also eher die “Falken-Fraktion”. CDU und FDP waren aber auch diejenigen Parteien, die sich in der Eurokrise jedweder Solidarität mit unseren “griechischen Brüdern” verweigert haben.

              • Stefan Pietsch 27. Oktober 2023, 17:57

                Bitte korrigieren Sie, aber von 2010-2012 wurden die umfangreichsten Hilfspakete der EU-Geschichte für die überschuldeten Südländer geschnürt – unter der Führung Deutschlands. Und wenn ich mich richtig erinnere, regierte damals eine schwarz-gelbe Koalition, was typischerweise für Union (CDU/CSU) und FDP steht.

                Darüber hinaus hat Deutschland in der Zeit Millionen Spanier und Griechen aufgenommen und geräuschlos integriert. Das war so leise, dass es auf Deutschlands Straßen nicht einmal Proteste von Menschen aus Spanien und Griechland gab.

                Irgendwie müssten die Araber das doch auch hinbekommen. Oder glauben Sie an kulturelle Unterschiede?

                • Ralf 27. Oktober 2023, 18:40

                  Also erstmal danke, dass Sie Tims Frage für mich beantworten und sich selbst als Beispiel zur Verfügung stellen … 😉

                  Ansonsten hat Deutschland von der Einwanderung aus der EU massiv profitiert. Einwanderer aus der EU sind überdurchschnittlich hoch gebildet, kulturell verwandt, dem westlichen Leben aufgeschlossen und integrationswillig. Ohne diese Migration wären unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft am Ende. Demographischer Wandel und so …

                  Die realistische Alternative zur mehr als pflegeleichten EU-Migration sind die Leute, die gegenwärtig in Booten zu uns kommen – oft ohne nennenswerte Bildung, bürgerkriegstraumatisiert, indoktriniert von archaischen Kulturen und mit der Scharia aufgewachsen. Mit denen soll es besser aufwärts gehen in Deutschland?

                  Ok, war ‘ne rhetorische Frage. Nachdem also nun klar ist, dass Deutschland massiv – man könnte sagen perfiderweise – davon profitiert hat, dass es einer gesamten Generation junger Menschen im europäischen Süden das Leben und die Zukunft zuhause zerstört hat, stellt sich die Frage, ob die arabischen Gesellschaften ebenso von Einwanderung – nämlich palästinensischer Einwanderung – profitieren würden.

                  Und auf diese Frage gibt es eine einfache und klare Antwort: Nein. Vielmehr stellen die Palästinenser ein dramatisches Sicherheitsrisiko dar. Wer aber (a) nicht zu gebrauchen und (b) brandgefährlich ist, der ist nirgends willkommen. Was Ihre Frage beantworten sollte, weshalb die Araber das “nicht hinbekommen” …

                  • Stefan Pietsch 27. Oktober 2023, 19:31

                    Ansonsten hat Deutschland von der Einwanderung aus der EU massiv profitiert.

                    Klar. Das ist immer so, wenn Menschen in eine Region zuwandern und dort mit der gleichen oder sogar höheren Produktivität arbeiten. Das gilt für die USA wie für Polen, Israel oder Dubai. Deutschland macht da erstaunlicherweise keine Ausnahme.

                    Einwanderer aus der EU sind überdurchschnittlich hoch gebildet, kulturell verwandt, dem westlichen Leben aufgeschlossen und integrationswillig.

                    Hoch gebildet zu was? Zu Menschen außerhalb der OECD? Sic! Darüber hinaus zählen Sie schon mal wichtige Kriterien für klassische Einwanderungsländer auf, die offensichtlich nicht verhandelbar sind. Sie zählen das auf, aber es findet keinen Eingang in Ihre Argumentation.

                    Darüber hinaus besteht ganz Europa aus alten Gesellschaften, Spanien allerdings ausgenommen. Deswegen sinken seit zwei Jahrzehnten die Auslandsinvestitionen in die EU. Internationale Investoren glauben nicht an Wachstumschancen in Europa.

                    Die realistische Alternative zur mehr als pflegeleichten EU-Migration sind die Leute, die gegenwärtig in Booten zu uns kommen

                    Wieso realistische Alternative? Es hat übrigens Gründe, warum die Menschheit zu Beginn eines Menschenlebens Erziehung, Bildung und kulturelle Wertevermittlung gesetzt hat. Im Erwachsenenalter ist das nämlich weit schwieriger bis unmöglich.

                    Also, was sollen wir mit diesen Menschen? Da kommen wir zu einer weiteren Lektion klassischer Einwandererländer. Die haben mit ihrer jahrzehntealten Erfahrung gelernt, dass die erste Einwanderergeneration ein Verlustgeschäft für die aufnehmende Gesellschaft ist. Und die müssen es wissen.

                    Die zweite Generation ist, wenn alles tippitoppi läuft, ein Nullsummenspiel. Erst die dritte Generation wird zum Gewinn, wie gesagt, wenn alles optimal läuft. Es ist nicht zu pessimistisch zu sagen, dass Deutschland nicht nur völlig unerfahren in der systematischen Integration von Menschen ist, vor allem, wie man sie zu wertvollen Mitgliedern der Gesellschaft macht. Wir machen es mit der Aufnahme bildungs- und kulturell ferner Schichten besonders schwer.

                    Sie haben in einem klassischen Einwandererland gelebt, aber in diesem Bezug anscheinend nicht viel mitgenommen. Das soll nicht beleidigend sein, aber diese Studien sind in Englisch und in den USA wie Kanada erhoben. Man kann es also wissen.

                    Was nehmen wir aus diesen Fakten mit? Die heutige Masseneinwanderung ist für die aktuellen Probleme der Demographie keine Lösung. Auch nicht in zwanzig Jahren. Die Früchte dieser enormen Zusatzleistung neben der Bewältigung der heutigen demographischen Verwerfungen wird dieses Land – wenn überhaupt – erst ernten wenn wir beide längst tot sind und die demographischen Probleme nicht mehr bestehen.

                    Es sei denn, wir Deutschen sind mal wieder viel schlauer als der Rest der Welt und Perfektionisten in dem, was wir noch nie auf die Kette bekommen haben.

                    Nachdem also nun klar ist, dass Deutschland massiv (..) davon profitiert hat, dass es einer gesamten Generation junger Menschen im europäischen Süden das Leben und die Zukunft zuhause zerstört hat

                    Definieren Sie „gesamte Generation“! Nachdem der griechische Minsterpräsident 2010 die faktische Zahlungsunfähigkeit seines Landes erklärt und damit die Staatschuldenkrise ausgelöst hatte, kamen die großen Verwerfungen 2012 in den Krisenländern an. 2021 / 2022 zeigten die damaligen Problemstaaten Portugal, Spanien und Griechenland mit die größte Prosperität, getragen maßgeblich von den U40jährigen. Die Einkommen steigen überdurchschnittlich.

                    Ich war in den letzten Jahren mehrmals in Spanien und Griechland und einmal in Portugal. Die Länder sind nicht untergegangen. Die Menschen haben nach eigener Einschätzung die schweren Zeiten überwunden. Wir reden also von einem Zeitraum von 8-9 Jahren, eine Zeit, die offensichtlich gerade eben den genannten Ländern mehr Potentiale eröffnet haben als sie aktuell in Deutschland zu finden sind – das keine Roßkur mitmachte. Das ist weder eine Generation noch haben wir heute in diesen Ländern eine Generation von 30-40jährigen, die völlig hoffnungs- und perspektivlos sind. Ganz im Gegenteil.

                  • Ralf 27. Oktober 2023, 21:00

                    Ich bestreite, dass Einwanderung sich erst ab der dritten Generation auszahlt. Bereits die Migranten aus der Türkei seit Ende der 60er Jahre wurden explizit gerufen, weil die deutsche Industrie dringend Arbeitskräfte benötigte. Dabei ging es der Industrie nicht um mögliche Gewinne in 60 Jahren (also nach zwei Generationen), sondern die brauchten im hier und jetzt Mitarbeiter, die an den Maschinen standen und Produkte zusammenschraubten. Der deutsche Wohlstand und die Stärke der heimischen Wirtschaft liegt unter anderem auch in diesen Arbeitskräften begründet.

                    Dasselbe gilt auch heute. Meinen Vater pflegen im Pflegeheim derzeit z.B. praktisch nur Migranten. Es gibt niemand anderen. Das gesamte Personal hat Migrationshintergrund. Wenn die alle nicht da wären, wer würde dann meinen Vater pflegen? In Krankenhäusern sieht es ganz ähnlich aus. Mittlerweile oft auch in Bäckereien und Handwerksbetrieben. Die kriegen einfach keine Auszubildenden und Arbeitskräfte mehr. Demographischer Wandel eben.

                    Bei uns im Team der Führungskräfte waren vor 5 Jahren noch 92% deutsche Muttersprachler. Heute sprechen 46% ausschließlich Englisch. Mein eigenes Team – also die Mitarbeiter auf der Ebene unterhalb der Führungskräfte – bestand vor 5 Jahren aus 100% deutschen Muttersprachlern. Heute sind es 50%. Und diese Zahlen sind nicht untypisch. Der mit Abstand größte Anteil der ausländischen Arbeitskräfte kommt aus der EU. Und ihr Nutzen für Betrieb und Land ist unmittelbar. Im hier und heute.

                    Die pessimistische Prognose, dass zwei Generationen notwendig seien, um dem integrierenden Land Nutzen zu bringen, passt vermutlich für einen Teil der zu uns kommenden Armutsmigration. Aber das kann man nicht auf die Einwanderung insgesamt übertragen.

                    • Stefan Pietsch 28. Oktober 2023, 11:39

                      Sie sehen Migration viel zu idealistisch – wie übrigens die meisten politisch diskutierenden Menschen. Die entwickelte Welt hat sehr weitreichende Erfahrungen mit Migrationsbewegungen – auch wenn wir in Deutschland so tun als würden wir das Rad immer neu erfinden.

                      Vor längerer Zeit kam ein Niederlassungsleiter zu den gefürchteten Budgetgesprächen mit dem Vorschlag, bei ihm eine Umsatzerwartung von 0 Euro für das kommende Jahr anzusetzen. Jeder Euro erreichter Umsatz sei dann ja Gewinn. Ich beschied ihm, dass er dann auch 0 Euro Personal- und Sachkosten zur Verfügung gestellt bekäme.

                      Sie gehen genauso vor: Jeder Euro Umsatz / Einnahme, jede Leistung eines Migranten sei ein Gewinn für das Land. Sie ignorieren dabei die gesamten sonstigen Kosten bis hin zu erhöhter Kriminalität. Das ist aber existent und es sind enorme gesellschaftliche Kosten, die zu stemmen sind.

                      Ich gebe Ihnen mal eine Idee: Die jährlichen Gesundheitsausgaben belaufen sich pro Kopf auf 475 Euro. Ein Single müsste hierfür beim geltenden Beitragssatz von 16,2% über 2.900 Euro verdienen, um seine eigenen Ausgaben zu decken. Werden Ehepartner und Kinder mitversorgt, wird es zu einem Minusgeschäft für die Gesellschaft. Irgendjemand, Ralf, muss das bezahlen! 2.900 Euro ist ein durchschnittliches Einkommen, die meisten der im letzten Jahrzehnt Zugewanderten liegt zum Teil deutlich darunter, wenn sie denn arbeiten.

                      Over the period 1994-2013, the net fiscal contribution (federal, state, and local combined) of first-generation immigrants was, on average, consistently less favorable than that of native-born generations. Annual cross-sectional data reveal that, compared with the native-born, first-generation immigrants contributed less in taxes during working ages because they were, on average, less educated and earned less. However, this pattern reverses at around age 60, when the native-born (except for the children of immigrants) were consistently more expensive to government on a per-capita basis because of their greater use of social security benefits.

                      During the same 1994-2013 time period, second-generation adults — the children of immigrants — had, on average, a more favorable net fiscal impact for all government levels combined than either first-generation immigrants or the rest of the native-born population. Reflecting their slightly higher educational achievement, as well as their higher wages and salaries, the second generation contributed more in taxes on a per capita basis during working ages than did their parents or other native-born Americans.
                      https://www.nationalacademies.org/news/2016/09/new-report-assesses-the-economic-and-fiscal-consequences-of-immigration

                      Migration und Assimilation ist ein sehr langwieriger Prozess, keiner for the short run. Und es setzt Können der aufnehmenden wie einen strikten Auswahlprozess voraus:

                      Recent work on the fiscal impact of migration for all European OECD countries, as well as Australia, Canada and the United States, has provided new and internationally comparative evidence. The study suggests the impact of the cumulative waves of migration that arrived over the past 50 years in OECD countries is on average close to zero, rarely exceeding 0.5% of GDP in either positive or negative terms. The impact is highest in Switzerland and Luxembourg, where immigrants provide an estimated net benefit of about 2% of GDP to the public purse.
                      https://www.oecd.org/migration/oecd%20migration%20policy%20debates%20numero%202.pdf

                      In the short term, migrants tend to impose a cost on the destination country, especially in the area of social integration and assistance and as they may take some time to find a job. These costs are higher for refugees and lower for economic immigrants. In terms of health care, immigrants tend to be less costly than natives for a long time, as they tend to move when they are young. Over time, migrants have a net positive effect on government budgets if they successfully integrate into the labor market.
                      file:///C:/Users/stefa/Downloads/wpiea2021088-print-pdf.pdf

                      Genau damit haben wir unsere großen Probleme!

                      Und noch etwas, was wir beharrlich ignorieren:
                      Regardless of migration histories and backgrounds, people from ethnic minority groups, when taken together, have higher rates of unemployment, earn less, are more frequently located in service-sector jobs and are less likely to be in managerial and professional positions than their white counterparts, both in Europe and the USA
                      https://comparativemigrationstudies.springeropen.com/counter/pdf/10.1186/s40878-019-0138-2.pdf

                      Ich würde mir wünschen, wenn die Milieus der enthusiastischen Migrationsbefürworter sich in die Tiefen der Arbeit begeben würden. Denn genau daran mangelt es. Es ist leicht, Flüchtlinge aufzunehmen und zu registrieren. Doch die eigentliche Arbeit beginnt da erst.

                      Vor acht Jahren hatte ich einen ausführlichen Artikel zur Einwanderung geschrieben und ihn mit wissenschaftlicher Expertise unterfüttert. Leider sind wir in die entgegengesetzte Richtung marschiert.
                      https://www.deliberationdaily.de/2016/01/warum-deutschland-kein-einwanderungsgesetz-braucht/

                      Die meisten der Flüchtlinge sind nicht gut genug für den deutschen Arbeitsmarkt qualifiziert. Zu dieser Einschätzung kommt das Münchner Ifo-Institut. Damit die Flüchtlingskrise den Steuerzahler nicht dauerhaft überlastet, müssten die Zuwanderer so schnell wie möglich bezahlte Jobs annehmen, erläuterten die Wirtschaftsexperten in einer Mitteilung vom Sonntag. „Es steht zu befürchten, dass viele von ihnen bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro keine Beschäftigung finden, weil ihre Produktivität schlicht zu gering ist.“ Das Institut plädiert deshalb dafür, den Mindestlohn abzusenken.
                      https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ifo-institut-viele-fluechtlinge-sind-nicht-fuer-arbeitsmarkt-qualifiziert-13813576.html

                      Bekanntlich wurde der Mindestlohn drastisch erhöht und die meisten Flüchtlinge haben auch acht, neun Jahre nach ihrer Migration keine reguläre Beschäftigung.

                      Klassische Einwanderungsländer nehmen nur 1 bis 3 Promille Migranten – und dabei fast ausschließlich Arbeitsmigranten – auf. Das ist für die Profis zu managen. Wir dagegen schießen weiter darüber – ohne Profis zu sein. Gleichzeitig liegen wir inzwischen ziemlich an der Spitze, was die Auswanderung betrifft. Und das sind eher die gut Qualifizierten. Das ist keine intellligente Migrationspolitik: Je mehr hoch Qualifizierte das Land halten würde, desto weniger müsste man auf den Zuzug von schlecht qualifizierten Flüchtlingen setzen.

                    • Ralf 28. Oktober 2023, 12:29

                      Ich verstehe Ihr Argument. Sie machen aus meiner Sicht nur zwei Fehler:

                      (1) Sie trennen nicht zwischen bestimmten Einwanderergruppen, sondern bilden Durchschnitte über alle Migranten hinweg. Der chinesische Spitzenwissenschaftler, der als Professor an die Harvard-University geht, oder der hervorragend ausgebildete deutsche Ingenieur, der bei General Motors anfängt, trägt z.B. überdurchschnittlich zum BIP der USA bei. Der schlecht ausgebildete Einwanderer aus El Salvador, der zudem kein Wort Englisch spricht, trägt unterdurchschnittlich zum BIP der USA bei. Aber diese Einwanderergruppen kommen auf völlig andere Weise ins Land unter völlig anderen Bedingungen. Es empfiehlt sich hier zu trennen. Noch schwieriger wird es, wenn man Flüchtlinge und Migranten im Argument vermischt. Denn selbstverständlich leistet jemand, der nur temporär hier sein wird (z.B. Flüchtlinge aus Bosnien oder jetzt aus der Ukraine), weniger langfristigen Beitrag zu unserer Wirtschaft und integriert sich weniger. Hier macht unser Staat “Charity”, nicht eine Investition in die Workforce der Zukunft. Unsere Diskussion entbrannte ja konkret an der EU-Migration. Um zu bewerten, ob EU-Migration aber netto positiv oder netto negativ ist für Deutschland, müssen wir achtgeben, dass wir Zahlen verwenden, die sich auf die EU-Migration beziehen und nicht auf Zahlen, die weitestgehend durch die Migration aus Zentralafrika und Arabien geprägt sind.

                      2) Sie beziehen sich in ihrer Argumentation oft auf die Geschichte und auf in der Vergangenheit gemachte Erfahrungen – gerade bei klassischen Einwanderungsländern. Solche Analogien passen aber nur, wenn die Umstände damals und heute einigermaßen adäquat vergleichbar sind. Sind sie aber möglicherweise nicht. Wir leben in einer Zeit des demographischen Wandels, was ein erhebliches Novum ist. Ich habe Ihnen das Beispiel des Pflegeheims, in dem mein Vater lebt genannt. Wenn da alle ausländischen Beschäftigten gehen, dann gehen dort die Lichter aus. Dann ist da schlicht niemand mehr. Wer soll dann die alten Menschen pflegen? Ja – eine Altenpflegerin aus Syrien expandiert vermutlich nicht unser BIP in dramatischer Weise. Aber sie macht einen Job der essentiell ist. Indirekt hält sie mir den Rücken frei und sorgt dafür, dass ich arbeiten gehen kann. Ohne die Altenpflegerin müsste ich mich selber um meinen maximal pflegebedürftigen Vater kümmern, was nur ginge, wenn ich meinen Job aufgeben würde. Ähnlich geht es unzähligen Familien, die nur deshalb arbeiten gehen können, weil ausländische Kindergärtnerinnen sich um ihre Kinder in der Kita kümmern. Dazu sehe ich immer mehr kleine Betriebe – z.B. Bäckereien – mit ausländischem Personal. Oft mit Sprachschwierigkeiten. Warum stellen die Bäckereien die ein? Würden die nicht lieber Mitarbeiter haben, die fließend Deutsch sprechen? Wäre das nicht vorteilhaft in einem Business, das täglichen Kundenkontakt hat? Aber offensichtlich gibt es diese Mitarbeiter, die fließend Deutsch sprechen, nicht. Die Alternative zum Einstellen von Migranten ist die Geschäftsschließung. Und Geschäftsschließungen sind gar nicht gut für unser BIP. Deshalb leisten auch die Altenpflegerin aus Syrien, die Bäckereifachverkäuferin aus Nigeria und der LKW-Fahrer aus Afghanistan einen wichtigen Beitrag zum Erfolg – und ehrlich gesagt zum Überleben – unserer Wirtschaft. Deren ökonomischen und gesamtgesellschaftlichen Wert kann man nicht nur auf die Höhe der gezahlten Steuern und Beiträge zur Krankenversicherung reduzieren.

                    • Stefan Pietsch 28. Oktober 2023, 14:22

                      Nein, die Fehler mache ich nicht. Und Sie können an den Links sehen, dass ich das Thema nicht oberflächlich behandele. Und die Quellen sind nicht irgendwelche Populärmedien, sondern wissenschaftliche Studien.

                      Sie übersehen, dass jedes Argument auch sein Gegenargument in sich birgt. Denn wenn Sie das berücksichtigen, erkennen Sie, wie wohlwollend für Migration ich die Dinge betrachte. Und das zeigt gleichzeitig, wie weit weg selbst Leute wie Stefan, der sich gerade über die Revision seiner Ansichten freut (hallo Stefan!) noch immer von einer realistischen Betrachtung sind.

                      1) Ja, man sollte sorgsam zwischen den einzelnen Gruppen Arbeitsmigranten, Flüchtlinge und Asylbewerber trennen. Nur, das tun wir ja gerade in Deutschland nicht. Würden wir das tun, würde die Bilanz noch desaströser.

                      Tatsächlich wollen die derzeit maßgebenden Parteien in Deutschland bildungsferne Flüchtlinge auf Teufel komm raus zu Arbeitsmigranten machen. Sie haben ja auch große Sympathien für diese Position geäußert. Die verlinkten Studien zeigen überdeutlich, dass die besten Integrations- wie „Profitabilitäts“-Chancen bei den klassischen Arbeitsmigranten liegen. Sie sind im Schnitt besser gebildet und motiviert als die Natives. Würden wir diese Trennung berücksichtigen, würde dies noch deutlicher hervorheben, wie falsch und verschwenderisch die deutsche Strategie ist.

                      Sie vernachlässigen in solchen Debatten zwei sehr entscheidende Punkte: Warum wandern im Vergleich zur Schweiz, Singapur oder den Niederlanden so wenige Arbeitsmigranten zu? Und warum wandern so viele Deutsche ab?

                      2) Stimmt, ich beziehe mich auf sehr lange Reihen historischer Daten. Wer behauptet, in der Zukunft sei ja alles ganz anders, ist begründungspflichtig. Das haben schließlich Generationen von Besserwissern gemeint – und sich in die lange Reihe historischer Daten eingereiht.

                      In den heutigen hochkomplexen Gesellschaften ist es als Migrant aus Ländern, die im schulischen Bereich 4-6 Jahre in den Altersklassen zurückhängen, ungleich schwerer, eine hochwertige Position zu finden. Deswegen schafft es auch praktisch keiner. Erfolgreich sind die Kinder – wenn sie denn vom ersten Lebensjahr an voll integriert sind. Deswegen mache ich mich immer dafür stark, das besondere Augenmerk auf die Kinder von Migranten zu legen. Und wenn da früh erkennbar ist, dass etwas schief läuft (Stichwort: Israelfeindliche Demos!) schnell von staatlicher Seite einzugreifen.

                      Sicher, wenn alle Pflegekräfte auf einmal die Arbeit einstellen, haben wir ein Problem. Wir haben allerdings auch ein fundamentales Problem, wenn Leute wie ich plötzlich die Arbeit einstellen, von Ingenieuren ganz zu schweigen. Kein Land dieser Welt baut seinen Wohlstand mit Sozialarbeitern aus.

                      Jede Gesellschaft betreibt eine Tauschwirtschaft. Und in einer solchen Tauschwirtschaft hat nicht jede Arbeit den gleichen Wert. In Thailand, so neulich eine Fernsehreportage, sind unzählige Thais ganz begierig, deutsche Alte zu pflegen. Gegenüber ihren Verdiensten in der Heimat stellt eine gering bezahlte Tätigkeit als Pfleger in Deutschland eine enorme Verbesserung dar. Umgekehrt funktioniert das natürlich auch. Leider habe ich bisher keine Fernsehreportage über junge Software-Ingenieure in Indien gesehen, die ganz begierig sind, in Deutschland neue Technologien zu entwickeln.

                      Das ist Ihr blinder Fleck. Der entscheidet aber über die Zukunft dieses Landes.

                    • Tim 28. Oktober 2023, 15:17

                      In meiner Firma haben heute etwa 50 % der Mitarbeiter einen Migrationsgrund, entweder sind sie in 1. oder 2. Generation in Deutschland. Alle verdienen wesentlich besser als der durchschnittliche deutsche Arbeitnehmer und haben auch einen höheren Bildungsabschluss.

                      Das ist natürlich der Idealfall IT, aber ich denke, hier kann man problemlos davon ausgehen, dass jeder dieser Migrationsfälle schon ab dem 1. oder spätestens 2. Jahr einen sehr großen Gewinn für Deutschland bedeutet.

                      Ich sehe nicht, warum das in etwas weniger strahlenden Berufsfeldern wie Pflege, Handwerk, Gastronomie, Paketdienst etc. anders sein sollte. Sobald die Menschen arbeiten, sind sie ein Gewinn für uns alle.

                    • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 17:47

                      Ich glaube, da gebt ihr euch nicht wenig; Ralf weist glaube ich nur auf den Beitrag zum BIP hin. Dass die wertvoll sind ist Konsens, dem ich mich anschließe.

                    • Erwin Gabriel 28. Oktober 2023, 16:52

                      @ Tim 28. Oktober 2023, 15:17

                      In meiner Firma haben heute etwa 50 % der Mitarbeiter einen Migrationsgrund, entweder sind sie in 1. oder 2. Generation in Deutschland. Alle verdienen wesentlich besser als der durchschnittliche deutsche Arbeitnehmer und haben auch einen höheren Bildungsabschluss.

                      Wenn sie IT-Jobs machen, haben Sie auch einen höheren Abschluss als der Durchschnitt der anderen ITler?

                      … hier kann man problemlos davon ausgehen, dass jeder dieser Migrationsfälle schon ab dem 1. oder spätestens 2. Jahr einen sehr großen Gewinn für Deutschland bedeutet.

                      Hast Stefan P. vermutlich nicht mit Sorgfalt gelesen? Diese Betrachtung kann man nur machen, wenn man die Kosten vernachlässigt.

                      Deine Erfahrungen, so wertvoll sie sein mögen, sind genauso eingeschränkt wie die meiner Frau, die sich als Immobilienmaklerin erst um Hilfe bemühte und damit scheiterte.

                      Schau Dir an, wie viele und wer in den letzten Jahren zu uns kam, und wer von denen so ausgebildet ist, dass er bei Euch in der IT einsatzfähig wäre.

                      Die pessimistische Prognose, dass zwei Generationen notwendig seien, um dem integrierenden Land Nutzen zu bringen, passt vermutlich für einen Teil der zu uns kommenden Armutsmigration. Aber das kann man nicht auf die Einwanderung insgesamt übertragen.

                      Das passt nur für den Teil, bei dem die Immigranten bei uns Fuß fassen, und es gut läuft. Für den Rest kann man sich in Frankreich die Banlieus anschauen.

                    • Thorsten Haupts 28. Oktober 2023, 18:38

                      @Tim:
                      Gut möglich, dass Sie Recht behalten. Vorausgesetzt, es gibt unter ihnen ausreichend viele (also eine grosse Mehrheit), die unseren liberalen Rechtsstaat weiterführen möchten. Und daran habe ich – erhebliche – Zweifel. Weshalb ich den „Gewinn“ im Moment nicht sehen kann.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Tim 28. Oktober 2023, 19:17

                      @ Erwin Gabriel

                      Hast Stefan P. vermutlich nicht mit Sorgfalt gelesen? Diese Betrachtung kann man nur machen, wenn man die Kosten vernachlässigt.

                      Nein, in dieser Frage bin ich überzeugter Marktwirtschaftler. Wenn ein Migrant hier einen Job findet, weil der ihm von einer Firma angeboten wird, ist das prinzipiell gut. Das von Stefan Pietsch genannte Gegenargument finde ich sozialistisch, so merkwürdig sich das hier im Blog auch anhören mag.

                    • Tim 28. Oktober 2023, 19:22

                      @ Thorsten Haupts

                      Vorausgesetzt, es gibt unter ihnen ausreichend viele (also eine grosse Mehrheit), die unseren liberalen Rechtsstaat weiterführen möchten. Und daran habe ich – erhebliche – Zweifel.

                      Genau diesen Zweifel habe ich bei vielen Biodeutschen leider auch. Deren Wahlentscheidungen lassen für mich eigentlich nur einen Schluss zu: Bürgerrechte, Zukunftsthemen und die Weltlage interessieren niemanden.

                    • Stefan Pietsch 28. Oktober 2023, 19:38

                      @Tim

                      Nee, das ist nicht marktwirtschaftlich.

                      Wer bezahlt denn die über die Einzahlungen hinausgehenden Ausgaben der Krankenversicherung? Oder der späteren Altersvorsorge? Oder überhaupt die immensen Sozialausgaben, die über Steuern gedeckt werden? Ein anderer zahlt, das ist ein sozialistisches Motto.

                      Ein Bereich, der regelmäßig Verluste abwirft, muss nach der Matrix von BCG analysiert werden. Sind es eher Question Marks oder Poor Dogs? Wie gesagt, wir Deutschen sind an Arroganz nicht zu überbieten. Wir denken eigentlich immer, es besser zu wissen und zu können.

                    • Tim 28. Oktober 2023, 19:52

                      @ Stefan Pietsch

                      Nee, das ist nicht marktwirtschaftlich.

                      Zwei Marktteilnehmer treffen eine freie Entscheidung – und ein Dritter weiß ganz genau, warum das nicht gut für die Volkswirtschaft ist. Woran erinnert mich das bloß? Ach richtig! An die Sozialdemokraten in allen deutschen Parteien.

                      Das ganze Land ist voll von staatswirtschaftlichen Besserwissern, die Marktteilnehmern ständig einreden wollen, warum ihre freien Entscheidungen schlecht sind und wir – zum Wohle aller natürlich – unbedingt Dinge wie Mindestlohn, Preisgrenzen oder Subventionen brauchen. Ihr Scheinargument gegen Migration geht exakt in diese Richtung.

                      Ich will mir bitte nicht auch noch von Liberalen die Marktwirtschaft madig machen lassen.

                    • Stefan Pietsch 28. Oktober 2023, 20:03

                      @Tim

                      Wenn Sie sich als Marktwirtschaftler bezeichnen, dann kennen Sie sicher auch das Problem negativer externer Effekte, Trittbrettfahrertum und Verträge zu Lasten Dritter. In der Betriebswirtschaft gibt es die Betrachtung zu direkten Kosten und Vollkosten. Sie machen nicht einmal das Minimum, die Analyse der direkten Kosten.

                      Leben in Deutschland ist teuer. Mit den ausgezahlten Löhnen und Gehältern (also Netto) können sich die Bürger ihre direkten Lebenshaltungskosten leisten. Leider müssen wir rund 60% zusätzliche Ausgaben dafür schultern: Gesundsheitvorsorge, Altersvorsorge, Investitionen, EU-Mitgliedschaft. Diejenigen, deren Abzüge absolut so niedrig sind, dass sie in der Pro-Kopf-Betrachtung nicht ins Gewicht fallen, können zu all dem wenig bis nichts beitragen.

                      Das würden Sie in Ihrem Unternehmen auch nicht aushalten, da wären Sie irgendwann pleite, wenn Sie Ihre Gemeinkosten nicht gedeckt bekommen. Sie können ja mal den Selbstversuch machen. 🙂

                    • Tim 28. Oktober 2023, 20:15

                      @ Stefan Pietsch

                      Komisch, dass Sie diese externen Kosten nur bei Migranten sehen, nicht bei Biodeutschen allgemein. Die scheinen allesamt Nettogewinne für unsere Gesellschaft zu sein?

                    • Stefan Pietsch 28. Oktober 2023, 20:28

                      @Tim

                      Nein. Sie kommen völlig vom Thema ab. Die Fragen sind:

                      I. Bringt uns Zuwanderung dauerhaft Gewinn oder Verlust (bei Vollkostenbetrachtung) – und nicht pauschal, sondern anhand Hard Facts. Die Auswertung der OECD (praktisch Zero) ist da ziemlich ernüchternd.

                      II. Unter welchen Bedingungen wird Migration zu einem Gewinn für die aufnehmende Gesellschaft? Dazu geben die Studien nicht nur Fingerzeige, sondern ganz konkrete Angaben. In Deutschland machen wir das Gegenteil von dem, wie Migration zu einem Gewinn für die Gesellschaft werden kann.

                      Wegen I. und II. ist die Ablehnung weiterer Migration in Deutschland inzwischen so groß.

                    • Erwin Gabriel 28. Oktober 2023, 22:51

                      @ Tim 28. Oktober 2023, 19:17

                      Nein, in dieser Frage bin ich überzeugter Marktwirtschaftler. Wenn ein Migrant hier einen Job findet, weil der ihm von einer Firma angeboten wird, ist das prinzipiell gut.

                      Deinem zweiten Satz stimme ich uneingeschränkt zu. Deiner ersten Aussage kann ich nicht folgen. Es hat nichts mit Marktwirtschaft zu tun, ein paar Millionen Menschen in unser Land zu holen, sie über den Staat zu versorgen, und nach ein paar Monaten bis Jahren zu erwarten, dass einige von ihnen genug Fähigkeiten, Willen, Disziplin etc. aufbringen, um aus dieser Situation in ein gesetzkonformes Arbeitsverhältnis zu kommen, mit denen sie ihre Familie ernähren können.

                      Und wie immer die Frage: Gibt es eine jährliche zahlenmäßige Obergrenze, die Du akzeptieren würdest?

                    • Tim 1. November 2023, 13:27

                      @ Erwin Haupts

                      Deiner ersten Aussage kann ich nicht folgen. Es hat nichts mit Marktwirtschaft zu tun, ein paar Millionen Menschen in unser Land zu holen, sie über den Staat zu versorgen,

                      Weiß nicht, woher Du das hast. Hab ich nirgendwo gefordert. 🙂

                  • Erwin Gabriel 29. Oktober 2023, 15:44

                    @ Ralf 27. Oktober 2023, 18:40

                    Ansonsten hat Deutschland von der Einwanderung aus der EU massiv profitiert.

                    Hast Du da belastbare Zahlen zu, vielleicht Quellen, vielleicht sogar mit Gegenüberstellungen etwa zu auswandernden Deutschen?

                    Ohne diese Migration wären unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft am Ende. Demographischer Wandel und so …

                    Das ist für mich unbekannt, dass das in relevanter Größenordnung stattfand.

                    Nachdem also nun klar ist, dass Deutschland massiv – man könnte sagen perfiderweise – davon profitiert hat, dass es einer gesamten Generation junger Menschen im europäischen Süden das Leben und die Zukunft zuhause zerstört hat, …

                    Wie das? Auch hier stehe ich auf dem Schlauch.

                    neugierige Grüße
                    E.G.

                    • Ralf 29. Oktober 2023, 19:23

                      Freut mich immer, wenn ich helfen kann.

                      Also hier erstmal ein paar grundlegende Zahlen dazu wie Deutschland von der EU-Migration profitiert:

                      https://www.tagesschau.de/inland/zuwanderung-eu-101.html

                      Aber das kann ich – da Du ja nach konkreten Zahlen fragtest – noch durch einige anekdotische Zahlen aus meiner eigenen persönlichen Erfahrung ergänzen:

                      Würdest Du alle Migranten inklusive EU-Migranten aus dem Land verlieren, wären bei mir im Betrieb 80% der Führungskräfte weg. Inklusive ich selbst, denn auch ich bin EU-Migrant. In meinem Team würden 40% der Mitarbeiter gehen müssen. Dass eine Weiterführung der wirtschaftlichen Aktivitäten unter diesen Bedingungen nicht möglich wäre, muss ich Dir nicht begründen.

                    • Stefan Pietsch 29. Oktober 2023, 19:27

                      Tja, das ist ja etwas manipulativ:

                      Demnach sind seit 2011 jedes Jahr im Durchschnitt mehr als 720.000 Bürger aus anderen EU-Staaten nach Deutschland gezogen, in der Summe mehr als 5,1 Millionen.

                      Es waren EU-Zuwanderer, die das Wachstum trieben. Doch das wussten wir ja. Die Diskussion kreist um den wirtschaftlichen Nutzen von Zuwanderern aus Drittstaaten, also von Flüchtlingen aus Armutsregionen.

                    • Ralf 29. Oktober 2023, 19:54

                      Erwin Gabriel stellte explizit auf meine Aussage …

                      “Ansonsten hat Deutschland von der Einwanderung aus der EU massiv profitiert.” …

                      die Frage …

                      “Hast Du da belastbare Zahlen zu [?]”.

                      Also einfach mal lesen vor dem Tippen …

              • Thorsten Haupts 27. Oktober 2023, 18:13

                CDU und FDP waren aber auch diejenigen Parteien, die sich in der Eurokrise jedweder Solidarität mit unseren “griechischen Brüdern” verweigert haben.

                Das ist von den reinen Fakten her eine glatte Lüge. Sie haben nicht soviel bewilligt, wie die Griechen gerne gehabt hätten (Schuldenvergemeinschaftung griechischer Staatsschulden und jedes Jahr einen zweistelligen Milliardenbetrag), aber Hilfe verweigert haben sie wirklich nicht.

                Ich habe das damals übrigens sehr bedauert, weil ich Griechenland gerne aus der Europäischen Union hätte fliegen sehen (Aufnahme nur mit massivem Betrug).

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • Ralf 27. Oktober 2023, 18:46

                  Ich bewerte das fundamental anders als Du. Trotzdem unterstelle ich Dir keine Lüge, nur weil Du eine andere Perspektive hast.

                  • Stefan Pietsch 27. Oktober 2023, 19:03

                    Dann stellen Sie doch einfach Ihre Perspektive (unter Berücksichtigung der Fakten) dar. Ich halte das für schwierig, denn Ihre Aussage war:
                    CDU und FDP waren aber auch diejenigen Parteien, die sich in der Eurokrise jedweder Solidarität mit unseren “griechischen Brüdern” verweigert haben.

                  • Ralf 27. Oktober 2023, 19:10

                    Ich habe nicht das Gefühl, dass die Fakten strittig sind. Die Bewertung der Fakten ist strittig.

                    Sie werfen dem Obdachlosen 50 Cent in den Hut. Anschließend fragen wir, ob sich die Gesellschaft um ihre Armen kümmert. Der eine sagt “nein” – mit Hinweis auf die 50 Cent im Hut. Der andere sagt “ja” – mit Hinweis auf die 50 Cent im Hut.

                    • Stefan Pietsch 27. Oktober 2023, 19:37

                      Die anscheinend auch für Sie nicht strittigen Fakten sind, dass Deutschland unter Schwarz-Gelb an allen EU-Verträgen vorbei Hilfszahlungen an ein Land ohne vertragliche Verpflichtung geleistet hat, wie sie in der Finanzgeschichte der Staaten ziemlich einmalig waren – sogar weit größer als der Marschallplan nach dem 2. Weltkrieg (sowohl inflationsbereinigt als auch in Relation).

                      Wie man da zu der Aussage kommen kann, die Parteien, welche die Regierung getragen haben, hätten sich jedweder Solidarität verweigert, ist nicht nur mir schleierhaft. Das als „Bewertungsfrage“ abzutun, ist dann doch sehr einfach.

                  • Thorsten Haupts 27. Oktober 2023, 22:25

                    Das ist keine Bewertungsfrage. Die deutsche Bundesregierung hat sich damals an an viele Milliarden schweren Hilfsprogrammen beteiligt. IHRE These war: „CDU und FDP waren aber auch diejenigen Parteien, die sich in der Eurokrise jedweder Solidarität mit unseren “griechischen Brüdern” verweigert haben.“ Verweigert = keine Hilfe, zero, nada, nichts. Und das ist nach reiner Faktenlage falsch. Ihr Konter läuft auf „nicht genug“ hinaus, aber das ist eben eine völlig andere Diskussion.

                  • Ralf 27. Oktober 2023, 22:36

                    Das ist selbstverständlich eine Bewertungsfrage. Siehe auch mein konkretes Beispiel in der Antwort an Stefan Pietsch mit den 50 Cent im Hut.

                    • Thorsten Haupts 28. Oktober 2023, 00:21

                      Wenn Sie mich um Hilfe bitten, kann ich ablehnen. Oder Hilfe anbieten, die Sie aber für inadäquat halten. Das zweite als verweigerte Hilfe zu bezeichnen würde niemanden überzeugen, aber selbstverständlich können Sie auf „Bewertungsfrage“ bestehen, um Ihr Gesicht zu wahren 🙂 .

                    • Ralf 28. Oktober 2023, 01:08

                      Das hängt im ganz konkreten Fall davon ab, wie inadäquat Deine Hilfe ist. Wenn Deine Hilfe ganz offensichtlich unzureichend ist, dann stimmt es nicht, dass “niemand” dies als verweigerte Hilfe bezeichnen würde. Ich hab das Beispiel mit dem Obdachlosen oben nicht ohne Grund gewählt. Ich habe lange in den USA gelebt und dabei Obdachlose gesehen, die auf der Parkbank erfroren sind. Ich habe Obdachlose gesehen, die in schockierender Verwahrlosung auf der Straße vegetiert haben. Denen haben Passanten immer mal wieder ein paar Cent zugesteckt. Von den Einnahmen konnten die sich noch nicht einmal einen Hotdog kaufen. Die Stadt stellte Aufnahmekapazitäten zur Verfügung, aber die reichten nur für einen Teil der Betroffenen. Manche Shelter wurden privat aus Spenden finanziert. Aber auch die kamen, wenn es im Winter extrem kalt wurde und dutzende Menschen Unterschlupf benötigten an ihre Grenzen. Das Ergebnis gehört mit zu dem Furchtbarsten, was ich je in meinem Leben gesehen habe. Die Frage, ob die amerikanische Gesellschaft ihren Obdachlosen die Hilfe verweigert, würde ich jederzeit mit “ja” beantworten – trotz der spärlichen Unterstützung, die den Obdachlosen zuteil wird.

                    • Stefan Pietsch 28. Oktober 2023, 12:08

                      Eine Hilfe, die jedes bis dato gekannte Maß sprengt, lässt sich kaum mit den Worten „unzureichend“ umreißen. Sieht man auf die heutigen Zahlen Griechenlands, war die Politik erfolgreich. Hilfe kann immer nur Hilfe zur Selbsthilfe sein. Und das haben die PIGS erhalten. Bei den einen – Irland – hat das sehr schnell funktioniert, bei den anderen langsamer. Aber es besteht für Ökonomen kein Zweifel, dass die sogenannte Austeritätspolitik mit dem Blick auf Jahre erfolgreich war.

                      Und es ist nunmal so: Menschen ändern sich nur in existenziellen Krisen. Ansonsten sind sie wie der Frosch, der langsam gegart wird.

                    • Thorsten Haupts 28. Oktober 2023, 13:03

                      Genau deswegen ist die versuchte Analogie auch einfach BS. Bei Griechenlandhilfen ging es nie um das Überleben der Bevölkerung sondern nur darum, ob sie einen Anspruch darauf hat, mit EU-Subventionen weiterhin einen höheren Lebensstandard zu halten, als die griechische Volkswirtschaft ermöglichte.

                    • Ralf 28. Oktober 2023, 13:23

                      Bei Obdachlosenhilfen geht es nur darum, ob die Betroffenen einen Anspruch darauf haben, mit Subventionen durch die Gesellschaft weiterhin einen höheren Lebensstandard zu halten, als ihre eigenen Mittel es ihnen ermöglichen.

                      See what I did there?

                    • Thorsten Haupts 28. Oktober 2023, 15:04

                      Klar – Ihren BS nicht zugeben 🙂 . Es gibt einen Unterschied zwischen „verhungern und erfrieren“ – Ihre Referenz zur Behandlung von Obdachlosen – und „niedrigerer oder höherer Lebensstandard – die Situation der Griechen in der Krise. Aber bitte halten Sie an Ihrer Position fest, sie vereinfacht meine Argumentation.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Ralf 28. Oktober 2023, 15:16

                      Zügel mal Deinen Ton. Du bist hier nicht am Stammtisch. Ich nenne Deine Meinung schließlich auch nicht “Bullshit”, nur weil ich sie nicht teile.

                      Zum Thema: Analogien haben immer Grenzen. In der Praxis stellt sich die Frage, wie groß das Leid von Menschen werden muss, dass es angemessen ist, dass wir von “verweigerter Hilfeleistung” sprechen. Ich halte das im besprochenen Falle für klar angemessen. Du bist anderer Meinung. Da finden wir halt nicht zueinander. Das kann man auch ausdrücken, ohne sich gegenseitig zu beleidigen.

                    • Thorsten Haupts 28. Oktober 2023, 16:51

                      Gut, dass wir da mal drüber sprechen. Sie beharren auf verweigerter Hilfeleistung, obwohl es – objektiv und faktisch nachweisbar – Hilfe gegeben hat, die Sie als unzureichend bewerten und ich nicht.

                      Ich hätte kein Problem damit, wenn wir uns in der Bewertung der geleisteten Hilfe streiten würden und hätte dann auch auf Ausdrücke wie BS verzichtet. Aber Sie haben meine, Ihre eigene und die Intelligenz anderer beleidigt, indem Sie darauf beharrten, dass unzureichende Hilfeleistung (Bewertungsfrage) = KEINE Hilfeleistung (Faktenfrage) ist.

                      Ich bitte für meinen Ton trotzdem um Verzeihung und werde versuchen, das zukünftig subtiler auszudrücken.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Erwin Gabriel 28. Oktober 2023, 22:58

                      @ Ralf 27. Oktober 2023, 22:36

                      Das ist selbstverständlich eine Bewertungsfrage.

                      Nein. Du hast gesagt, dass es keine Hilfe gab; das ist falsch. Du kannst die hohen Milliardenbeträge als zu gering einschätzen, aber zu sagen, dsas es „nichts“ ist, ist halt falsch.

                    • Ralf 28. Oktober 2023, 23:38

                      Ab wann man von “Hilfe” sprechen kann (und wem ist eigentlich “geholfen” worden? Den griechischen Jugendlichen, die vor dem Schritt in die Arbeitswelt standen? Oder den Banken, damit die ihre Schulden weiter bedienen konnten?), ist sehr wohl eine Bewertungsfrage.

                    • Stefan Pietsch 29. Oktober 2023, 09:56

                      Ein Drittland kann den Bürgern eines anderen Landes nicht helfen. Das verbietet schon das internationale Recht.

                      Die Europäischen Partner haben demzufolge dem griechischen Staat geholfen, liquide zu bleiben um so seine gesamtstaatlichen Verpflichtungen erfüllen zu können. Hätten sie es nicht getan, wäre Griechenland pleite gegangen, wäre aus dem Europäischen Währungssystem ausgeschieden, hätte mit galoppierender Inflation und ungekannter Armut kämpfen müssen. Das alles hat die linke Syriza-Regierung ja ausrechnen lassen und deswegen davon Abstand genommen, aus dem Euro auszutreten.

                      All dies, eine nationale Katastrophe ungeahndten Ausmaßes (neben dem Krieg) haben die europäischen Partner unter Führung der deutschen schwarz-gelben Regierung verhindert. Das bezeichnen Sie als Nichts. Unterschiedliche Maßstäbe, wie Sie sagen.

                    • Erwin Gabriel 29. Oktober 2023, 16:10

                      @ Ralf 28. Oktober 2023, 23:38

                      Ab wann kann man von “Hilfe” sprechen …

                      Wenn sie einen Unterschied ausmacht; in diesem Fall einen großen.

                      … (und wem ist eigentlich “geholfen” worden)? Den griechischen Jugendlichen, die vor dem Schritt in die Arbeitswelt standen? Oder den Banken, damit die ihre Schulden weiter bedienen konnten?), ist sehr wohl eine Bewertungsfrage.

                      Das würde ich eher unter Fakten einordnen.

                      Geholfen wurde nicht dem Rentner, nicht dem Jugendlichen; das ist auch nicht Aufgabe der EU (die auch keine entsprechenden Strukturen haben), sondern Aufgabe des Staats. Geholfen wurde in dem Staat, die Hilfen lagen deutlich über 300 Mrd. Euro. Soweit die Fakten. Das pauschal als „keine Hilfe“ zu bezeichnen, würde ich zwar nicht als „Bullshit“ bezeichnen, aber als bewusste, faktenverdrehende Lüge. Thorsten war hier höflich, nebenbei bemerkt.

                      Nun kannst Du aus Deinem Standpunkt heraus (der sich von meinem sicherlich deutlich unterscheidet) die Bewertung vorbringen, dass diese Hilfen in erster Linie gegeben wurden, um die Zahlungsfähigkeit Griechenlands im Euro-Verbund sicherzustellen und so das Überleben zahlreicher (hauptsächlich französischer
                      und italienischer) Banken scherzustellen. Da würde ich nicht mal widersprechen.

                      Aber gleichzeitig hat man damit Griechenland die Möglichkeit gegeben, im Euro-Verbund zu bleiben, und das ist – für den Staat und die Bevölkerung – im Gegensatz zum Rückschritt auf die Drachme ein guter Deal.

                      Keine Frage, die Situation in Griechenland war Scheiße. Die haben die gleichen unsinnigen Entscheidungen getroffen wie die Regierungen Merkel, nur ohne eine vergleichbar leistungsstarke Wirtschaft an der Hacke. Wenn jetzt unsere Straßen, Brücken und Schulen vor die Hunde gehen, wenn Kranken- und Pflegesystem grob schwächeln, der Markt bezahlbarer Wohnungen zusammengebrochen ist, wenn die Gliederungen der öffentlichen Hand, von kleinen Kommunen über (z.B.) die Polizei bis hin in die Bundesministerien in jeder Hinsicht (besonders in technischer) vielen anderen Ländern hinterher hinken, ist es nicht die Aufgabe der EU, einzelnen Menschen hier einen kita- oder Ausbildungsplatz oder eine Wohnung zu besorgen. Das ist und bleibt die Aufgabe des Staats, der Bundesländer und der Kommunen.

                      Läuft also darauf hinaus, dass Du der Meinung bist (bzw. die Bewertung triffst), dass man die enormen Hilfsgelder gezielter zum Wohle der Bevölkerung hätte einsetzen können. Diese Meinung halte ich für legitim, selbst wenn ich sie nicht teile.

                      Aber zu sagen, dass es KEINE Hilfe gab, ist schlichtweg falsch, und stimmt mit den Fakten nicht überein.

                      PS (zu Deinen 50 ct im Hut eines Bettlers): Die Griechenland-Hilfen haben von der Größenordnung her das griechische Bruttosozialprodukts übertroffen. Wenn ich dem Bettler also eine Summe in den Hut schmeiße, die seinen Jahreseinnahmen entspricht, ist das ebenfalls relevant.

              • Tim 27. Oktober 2023, 18:40

                @ Ralf

                CDU und FDP waren aber auch diejenigen Parteien, die sich in der Eurokrise jedweder Solidarität mit unseren “griechischen Brüdern” verweigert haben.

                Reichlich off-topic, aber: FDP-Mitglieder gehörten zu den wenigen Politikern, die Griechenland damals einen Ausstieg aus dem Euro mit anschließendem Schuldenschnitt ermöglichen wollten. Praktisch alle anderen Parteien waren für Banken-Bailouts.

                Was Du hier „Solidarität mit unseren griechischen Brüdern“ nennst, war de facto Solidarität mit den Banken.

                • Ralf 27. Oktober 2023, 18:55

                  Ist nicht falsch.

                  Aber die Entscheidung damals war nicht binär. Es gab nicht nur die Alternativen “EU-Austritt mit Schuldenerlass” und “Verbleib in der EU mit Bestrafung einer ganzen Generation”. Es gibt immer auch Mittelwege. Wege, die menschliches Leid minimieren. Aber diese Wege wollte – insbesondere in der CDU und in der FDP – niemand beschreiten.

                  Ich bin jetzt zu faul den Link herauszusuchen, aber der Stefan Sasse hat irgendwann mal einen passenden Artikel zur “Lust am Strafen” bei Konservativen geschrieben. Und das ist ein großer Teil des Problems …

                  • Thorsten Haupts 27. Oktober 2023, 19:35

                    Es gibt immer auch Mittelwege. Wege, die menschliches Leid minimieren.

                    „Leid“, dass die demokratisch (!) gewählten Politiker Griechenlands vorsätzlich und ohne Not über ihre eigene Bevölkerung brachten. Und die Mittelwege wären sehr, sehr teuer gewesen – und praktisch die Belohnung für einen nach gängigen Masstäben kriminellen Betrug.

                    “Lust am Strafen”

                    Bisher ist der Menschheit historisch (nein, nicht nur den Konservativen) kein besserer Weg eingefallen, geschweige denn, ein besserer praktisch durchexerzierter Weg, a-soziales Verhalten nachhaltig zu minimieren. Das hat mit irgendeiner „Lust“ nichts zu tun und ich empfehle den Unterstellern von „Lust“, ihren Kopf bei Gelegenheit aus dem Gully zu ziehen.

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

                  • Erwin Gabriel 28. Oktober 2023, 16:59

                    @ Ralf 27. Oktober 2023, 18:55

                    Ich bin jetzt zu faul den Link herauszusuchen, aber der Stefan Sasse hat irgendwann mal einen passenden Artikel zur “Lust am Strafen” bei Konservativen geschrieben. Und das ist ein großer Teil des Problems …

                    Ein großer Teil des Problems ist, das verhängen von Strafe als „lustvoll“ zu bezeichnen. Ein weiterer großer Fehler ist, es nur den Konservativen zuzuschreiben. Die Linken strafen mit gleicher Wonne Vorstellung von der Notwendigkeit von Konsequenzen bei Fehlverhalten wie die Rechten, nur bei anderen Themen.

                    Während Konservative dem Steuerbetrüger „nur“ Geld abknöpfen wollen, rufen Linke nach Knast. Während Konservative diejenigen Menschen, die etwa gegen Polizei massive Gewalt ausüben, einsperren wollen, haben Linke hier „Verständnis“ und plädieren für gut Zureden.

                    Solche Sätze von Dir zeigen einmal mehr, wie einseitig Du die Welt wahrnimmst.

                    • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 17:50

                      Ein weiterer großer Fehler ist, es nur den Konservativen zuzuschreiben. Die Linken strafen mit gleicher Wonne Vorstellung von der Notwendigkeit von Konsequenzen bei Fehlverhalten wie die Rechten, nur bei anderen Themen.

                      Volle Zustimmung, das sag ich immer und immer wieder. Diese Regungen sind allesamt universell, und dieses Zuschreiben auf „das machen Linke“, „jenes machen Rechte“ ist oft nur Projektion.

                    • Ralf 28. Oktober 2023, 20:01

                      Nenn mal ein paar konkrete Beispiele für Deine pauschale Behauptung, Linke hielten “gut zureden” für eine adäquate Antwort des Rechtsstaats auf Gewalttäter.

                      Am Rande noch: Steuerbetrüger kommen in der Regel aus der bürgerlichen Mitte bis hin in die Oberschicht. Für die ist Knast eine massive Abschreckung. Gewalttäter hingegen kommen oft aus verrohten, bildungsfernen Milieus ohne Zukunftsperspektive. Knast ist da wesentlich weniger abschreckend, wenn es überhaupt abschreckend ist.

                      Und die Antwort auf die Frage, was man anschließend an die Haft mit den im Gefängnis weiter radikalisierten, weiter verhärteten Gewalttätern, die dort oft erst die Verbindungen für eine vertiefte kriminelle Karriere finden, machen soll, bleibt ebenfalls offen …

                    • Thorsten Haupts 28. Oktober 2023, 20:18

                      Knast ist da wesentlich weniger abschreckend, wenn es überhaupt abschreckend ist.

                      Solange Sie bei schweren Gewalttätern keine praxiserprobte Methode vorzeigen können, die langfristig nachweisbar deutlich weniger Rückfall-/Widerholungstäter produziert, werden Sie damit leben müssen, dass die Menschheit die einzige jahrtausendelang halbwegs funktionierende Methode nicht aufgeben wird.

                    • Stefan Pietsch 28. Oktober 2023, 20:22

                      Da kann ich noch aushelfen:
                      a) Klimaaktivisten. Obwohl sie stete Wiederholung ihrer Straftaten erklären und keine Reue reklamieren, erwarten Linke wie CititzenK die Aussetzung ihrer Strafen zur Bewährung – selbst bei Wiederholung. Das bedeutet nichts anderes als dass Straffreiheit stehen sollte.

                      b) Abgelehnte Asylbewerber, die bereits zur Ausreise aufgefordert wurden, sollten nicht in Abschiebehaft genommen werden dürfen.

                      Steuerbetrüger kommen in der Regel aus der bürgerlichen Mitte bis hin in die Oberschicht.

                      Sehr witzig. Das sind ja auch jene, die praktisch ausschließlich Stueuern zahlen.

                      Nehmen wir das Feld der Schwarzarbeit, sieht das Bild genau umgekehrt aus. Schwarzarbeiter sind fast ausschließlich Menschen im Bereich der unteren 40 Prozent der Einkommenspyramide. Der Unterschied: Steuerhinterzieher nehmen wir des öfteren in Haft, Schwarzarbeiter praktisch nie.

                      Quintessenz: Was sollen wir also mit Gewalttätern machen, mit Mördern, Vergewaltigern, Serienschlägern?

                    • Ralf 29. Oktober 2023, 00:31

                      Erwin Gabriel sprach von Menschen, die (Zitat) “massive Gewalt gegen die Polizei ausüben”. Ich bezweifele, dass er damit Klimaaktivisten und/oder abgelehnte Asylbewerber gemeint hat.

                      Bezüglich Steuerbetrüger habe ich konkret auf seinen Post geantwortet, in dem er sich explizit auf Steuerbetrüger und nicht auf Schwarzarbeiter bezogen hatte.

                    • Stefan Pietsch 29. Oktober 2023, 09:59

                      Schwarzarbeiter sind fast immer Steuerhinterzieher. Nur überwiegt das Delikt des Sozialbetrugs, weshalb es strafrechtlich anders einsortiert wird. Das ändert aber nichts am kriminellen Potential.

                      Wer Straftaten begeht, hat ein gewisses kriminelles Potential und Naturell. Und das hängt nicht – wie das in Ihrem Post anklang – vom Geldbeutel ab, sondern verteilt sich gleichmäßig über alle Schichten.

      • Stefan Sasse 28. Oktober 2023, 09:05

        Ja. Danke!

  • Thorsten Haupts 27. Oktober 2023, 18:14

    Eine Evakuierung palästinensischer Zivilisten auf israelisches Territorium sei Israel nicht zuzumuten.

    ????? Gibt es daran irgendwelche begründeten Zweifel? Das „sei nicht zuzumuten“ deutet darauf hin?

  • CitizenK 28. Oktober 2023, 18:29

    @ Ralf

    Dieses Modell lehne ich doch nicht ab. Ich meine mich aber zu erinnern an einen Beitrag von Dir: Abschaffung (Verbot) der „privaten“ Sender und Plattformen wie Facebook und Twitter.

    Ich bin ein stetiger Verteidiger der ÖR-Medien. Als Gegengewicht sind sie unverzichtbar. Reformen sind notwendig, aber die Versuche sie abzuschaffen, lehne ich entschieden ab.

    • Ralf 28. Oktober 2023, 19:52

      Ich bin nach wie vor dafür soziale Netzwerke abzuschaffen oder zumindest dramatisch einzuschränken und zu zensieren. Die Chinesen machen das eigentlich sehr schlau. Also sowohl was die Kontrolle ihres eigenen Internets angeht, als auch was das Ausnutzen unserer Kontrollunfähigkeit beim westlichen Internet angeht, mit dem Ziel uns aktiv politisch zu schaden. Natürlich nicht nur China. Auch Russland, Iran, Saudi Arabien und andere Diktaturen lachen sich kaputt, wie einfach es ist unsere Demokratie zu zersetzen und dabei unser eigenes Internetmedium gegen uns zu verwenden, das wir aus Profitgier nicht abschalten können.

      Aber meine Frage an Dich ist mehr, worin Du die Gefahr siehst bei einem öffentlich-rechtlichen Medienmonopol (de facto wie in den 80er Jahren), wenn diese öffentlichen Medien dezentral organisiert und kontrolliert werden und wenn mehrere öffentlich rechtliche Sender unabhängig voneinander sind und miteinander im Wettbewerb stehen?

      • CitizenK 29. Oktober 2023, 06:11

        „Die Chinesen machen das eigentlich sehr schlau“

        Das kann nicht Dein Ernst sein. Dort wären Diskussionen wie diese gar nicht möglich oder hätten zumindest gravierend-negative Folgen für uns.

        • Ralf 29. Oktober 2023, 09:45

          Dass Diskussionen wie diese nicht möglich wären, ist sowohl richtig als auch schade. Aber Diskussionen wie diese sind nicht kritisch für unsere Gesellschaft. Remember -> Vor 30 Jahren gab es kein Internet in Deutschland und damit auch keine Online-Diskussionen und die Demokratie war unendlich lebendiger als heute. Statt mit fremden Leuten im Netz haben die Menschen halt mit Freunden, Nachbarn, Arbeitskollegen oder Familienmitgliedern diskutiert.

          Diskussion wie diese zu opfern, wäre ein kleiner und zumutbarer Preis, wenn dafür auch all der Hass, die demokratiezersetzende Propaganda, die Fake-News, die politische Einflussnahme von Diktatoren, das Mobbing, das Darknet, die Hyperpolarisierung etc. verschwinden. Insgesamt würde das ein MEHR an sachlichen Diskussionen zur Folge haben, nicht ein WENIGER. Erinner Dich mal an die 60er und 70er Jahre zurück. Wieviel da diskutiert worden ist …

          • Thorsten Haupts 29. Oktober 2023, 11:06

            Dass jemand wirklich meint, ein Überwachungsapparat in Staatshand wie der chinesische – den man brauchen würde, um das Indernet Social-Media-frei zu halten – wäre ein GEWINN für die Demokratie, ist eine … interessante Perspektive. Und Gott sei Dank ohne jede Chance auf Umsetzung in einem demokratischen Rechtsstaat.

            • Ralf 29. Oktober 2023, 11:33

              Deine Aussage ist leider ziemlich argumentfrei und setzt irgendwie voraus, dass wir derzeit in einer Demokratie leben, die blüht und gedeiht und bei der wir allen Grund haben zu rufen “Never change a running system”. Tatsächlich aber stehen wir mit dem Rücken zur Wand, die Demokratie unter Angriff wie nie zuvor, Hass und Desinformation allgegenwärtig, während multiple schwere Krisen unser Gesellschaftssystem erschüttern, von denen einige erst vorsichtig spürbar sind und ihre volle Wucht noch garnicht entfaltet haben (z.B. Klimakrise, Arbeitsweltkrise durch AI, Demographischer Wandel) und andere bereits in vollem Gange sind (z.B. die kürzliche Initiation des zweiten Krieges der Achse China-Russland-Iran gegen den Westen). Die Folgen unseres “Weiter so” werden unsere Kinder bezahlen.

              • Thorsten Haupts 29. Oktober 2023, 12:16

                Deine Aussage ist leider ziemlich argumentfrei …

                Meine Argumente hier waren erkennbar, (1) dass ich einen massiven Überwachungs- und Unterdrückingsapparat in Staatshand für eine Schnapsidde halte und (2) die Diskussion nicht mal mehr akademisch ist, so gering sind die Chancen der Umsetzung Ihrer illiberalen Ideen durch Demokraten.

                … und setzt irgendwie voraus,

                Keine Voraussetzungen. Ich kam nie auf die absurde Idee, wir lebten im Schlaraffenland, halte aber ebensowenig von Hysterie wegen einiger Herausforderungen, die wir zu bewältigen haben.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • Ralf 29. Oktober 2023, 13:24

                  Dass Du (1) einen Vorschlag für eine Schnapsidee hältst, konstituiert kein Argument.

                  Dass mein Vorschlag (2) unrealistisch ist, ist zumindest fragwürdig im Lichte der Tatsachen, dass (a) manche Länder – wie z.B. China – das Internet bereits erfolgreich zensieren, was die praktische Machbarkeit demonstriert; (b) die Stimmen zur Zerschlagung der großen sozialen Netzwerke selbst in den USA lauter werden (z.B. Elizabeth Warren); (c) die Regulation der großen sozialen Netzwerke auch in der EU Fahrt aufnimmt; und (d) massive Eingriffe in das, was noch ins Netz gestellt werden darf, auf gewissen Feldern (Stichwort Copyright bei Musikstücken und Texten) bereits bei uns gang und gäbe sind.

                  • Thorsten Haupts 29. Oktober 2023, 14:26

                    Dass mein Vorschlag (2) unrealistisch ist, ist zumindest fragwürdig …

                    Aha. Argument ist also: Da das Indernet kein völlig rechtsfreier Raum ist, kann es auch so total überwacht und reguliert werden, wie die chinesische Zensur es exerziert. Und dafür existieren deswegen Mehrheiten, weil eine US-amerikanische Aussenseiter-Senatorin die Zerschlagung (nicht etwa Abschaffung) der grossen sozialen Netzwerke befürwortet. Ja, sehr überzeugend. Jetzt weiss ich, was Sie für ein Argument halten.

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

                    • Ralf 29. Oktober 2023, 15:51

                      Gewöhn Dir mal an, nicht in bad faith zu argumentieren. Ich habe nirgendwo behauptet, dass Mehrheiten für Zensur in Deutschland deswegen existieren, weil eine amerikanische Senatorin die Zerschlagung großer sozialer Netzwerke fordert, sondern ich habe ihre Forderung – gemeinsam mit der Tatsache, dass auch die EU auf mehr Regulierung drängt, z.B. was Fake-News und Internet-Hass angeht – als Indiz gewertet, dass sich die Gesellschaft langsam in meine Richtung bewegt und auf jeden Fall mal der Trend weg vom “anything goes”-Internet der 2000er Jahre geht.

                      Warren ist übrigens keine Außenseiterin, sondern eine der bekanntesten und profiliertesten Senatoren und Mitglied der Partei, die gegenwärtig die Präsidentschaft stellt und die Mehrheit im Senat hat.

                    • Thorsten Haupts 30. Oktober 2023, 10:10

                      Gewöhn Dir mal an, nicht in bad faith zu argumentieren.

                      Gerne, sobald Sie sich angewöhnen, Argumenten nicht auszuweichen. Mein Argument war widerholt, dass es für Indernet-Zensur im chinesischen Vollüberwachungs-Modus überhaupt keine erkennbare Mehrheit gibt, dem Sie mit schwachen Indizien dafür begegneten, dass einige in der westlichen Politik etwas mehr Regulierung befürworten.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Ralf 30. Oktober 2023, 12:57

                      Dass es gegenwärtig keine Mehrheit gibt für eine Beschränkung des Internets bestreitet doch überhaupt niemand. Ich werbe, dafür dass sich Mehrheiten ändern. Dafür sind wir doch letztlich hier und diskutieren …

              • CitizenK 29. Oktober 2023, 17:27

                „die kürzliche Initiation des zweiten Krieges der Achse China-Russland-Iran gegen den Westen“

                Das wird, fürchte ich, das beherrschende Thema der nächsten Zeit sein. Und das Internet ist ein Teil davon. AfD, „Querdenker“, Wagenknecht und jetzt auch noch FFF.

                Eine Internetsperre jetzt nach Deinen Vorstellungen würde inneren Konflikte auslösen. Diktaturen können das, Demokratien nicht.

                • Ralf 29. Oktober 2023, 19:48

                  Diktaturen können das, Demokratien nicht.

                  Merkwürdigerweise kann man dann, wenn es um kommerzielle Interessen und Profit geht, schon zensieren. Frag mal den Stefan Sasse, der sich fürchtet, wie früher Textschnipsel aus Originalen in seinem “Vermischten” zu publizieren und deshalb lieber ChatGPT-erstellte Texte postet. Nur wenn es um die Demokratie geht, ist Zensur irgendwie tabu. Da haben die Rechte der Demokratiefeinde Vorrang.

                  Irgendwie genauso, wie wir in der Covid-Pandemie wegen dem Datenschutz viele Maßnahmen, die unsere Gesundheit geschützt hätten, nicht haben durften. Aber Facebook und Co dürfen mit unseren Daten machen, was sie wollen.

                  Profit vor Gesundheit und Demokratie. Schöne neue Welt!

                  Das Internet ist übrigens kein Menschenrecht. Noch vor zwanzig Jahren hatte kaum jemand Internet.

                  • Stefan Sasse 30. Oktober 2023, 12:59

                    Urheberrecht und Zensur sind aber schon zwei Paar Stiefel.

                    • Ralf 30. Oktober 2023, 14:33

                      Das Auflösen von sozialen Netzwerken bzw. die Wegnahme Deiner Möglichkeiten Dich online mitzuteilen ist aber nicht “Zensur”. Es wird ja nicht einfach selektiv eine bestimmte nicht gefällige Meinung unterdrückt, sondern es wird schlicht allen der Zugang genommen. Deine Meinung kannst Du trotzdem sagen. Du kannst Dich auf dem Marktplatz neben den Bretzelverkäufer stellen und Broschüren an Passanten verteilen. Du kannst wie die Zeugen Jehovas von Haustür zu Haustür gehen und versuchen Leute zu finden, die mit Dir diskutieren wollen. Du kannst in eine Partei eintreten und bei den wöchentlichen Mitgliederversammlungen mit den Genossen debattieren. Du kannst am Arbeitsplatz mit Kollegen streiten. Du kannst mit Freunden oder Nachbarn Gespräche führen. Zuhause. Im Garten. Am Stammtisch. Niemand zensiert Dich.

                    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 09:02

                      Ja eben.

                    • Thorsten Haupts 30. Oktober 2023, 19:46

                      Solange es in Ihrer „Utopie“ noch immer Massenmedien gibt, in denen Meinungen verbreitet werden, ist die Beschränkung aufs Lokale natürlich Zensur.

                    • Ralf 30. Oktober 2023, 20:34

                      Nö, ist es nicht.

                      Zensur ist, wenn ich Dir verbiete zu sagen, dass Olaf Scholz eine Pflaume ist. Dir schlicht nicht die Möglichkeit einzuräumen Deine Meinung, dass Olaf Scholz eine Pflaume ist, im Fernsehen einem Millionenpublikum kundzutun, ist keine Zensur.

                    • Thorsten Haupts 2. November 2023, 11:38

                      Solange bestimmte Leute noch immer die Möglichkeit zur Massenkommunikation von Meinungen behalten, die Technik bereitsteht, diese Möglichkeiten allen zu öffnen und jemand versucht, diese Möglichkeit nur für diiese bestimmten Leute offenzuhalten, ist das natürlich Zensur und in Deutschland mit ziemlicher Sicherheit grundgesetzwidrig.

                      Was Sie möchten ist ganz einfach – Meinungen dürfen nur zwangsgebührenfinanzierte ÖRRs in die Öffentlichkeit tragen, jede/r andere muss sich auf die Kneipe beschränken. Der feuchte Traum jedes autoritären Staates.

                      Illiberal, undemokratisch, paternalistisch, bevormundend und entmündigend.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 2. November 2023, 14:28

                      Zensur ist nur ,wenn der Staat mir verbietet was zu veröffentlichen. Im Privatrecht oder auf privaten Plattformen gibt es keine Zensur.

                    • Thorsten Haupts 2. November 2023, 15:24

                      Das vollständige Abschalten jeder existierenden und erwiesenermassen praktisch nutzbaren technischen Möglichkeit für alle ausserhalb eines exklusiven Medienzirkus, sich politisch zu äussern – darauf läuft Ralfs Idee der Social Media Abschaltung hinaus – erfüllt die Anforderung „staatliches Verbot“.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 2. November 2023, 17:23

                      Ja, sicher. Ich war nur bei einem völlig anderen Thema, da haben wir aneinander vorbei geredet.

                    • Ralf 2. November 2023, 16:41

                      Zunächst einmal ist es falsch, dass es Zensur ist, wenn der Staat nicht allen Bürgern jede technische Möglichkeit zur Kommunikation zur Verfügung stellt, die effektiv wäre. Ansonsten hättest Du auch das Recht und den Zugang den Inhalt der Tagesschau mitzubestimmen. So könntest Du immerhin Millionen Deutsche erreichen. Wäre super effektiv, um Deine Meinung zu verbreiten. Aber die Editoren der Tagesschau sagen Dir: “Nope”. Und das ganz verfassungskonform.

                      Weiterhin ist es falsch, dass Dir nur die Kneipe bleibt, um Dir Gehör zu verschaffen. Immerhin sind auch in der vor-Internet-Zeit erfolgreiche breite Bewegungen und sogar Parteien (z.B. die Grünen) entstanden. Es ist nur mühsamer, anstrengender, langwieriger und erfordert mehr Professionalität und den langen Atem. Für die Demokratie ist das optimal, denn so schaffen es Schnellschüsse, Wutbürger und Ein-Themen-Parteien seltener in die Parlamente. Das stärkt die Arbeit derer, die Profis sind und wirkt der Zersplitterung der politischen Landschaft entgegen.

                    • Thorsten Haupts 2. November 2023, 21:25

                      Ansonsten hättest Du auch das Recht und den Zugang den Inhalt der Tagesschau mitzubestimmen.

                      Das scheitert an einem für jeden nachvollziehbaren Grund – es gibt nur eine Tagesschau, aber 60 Millionen Bürger Deutschlands mit einer Meinung.

                      Immerhin sind auch in der vor-Internet-Zeit erfolgreiche breite Bewegungen …

                      Yup. Alle mit der massiven Unterstützung von zumindest Teilen der Massenmedien, niemals gegen dieselben. Ohne ZEIT, SPIEGEL, FR und Teile des ÖRR hätte es weder eine (breite) Friedensbewegung, noch eine breite Anti-AKW-Bewegung oder die GRÜNEN gegeben.

                      Und Sie können sich Versuche bitte schenken, das zu bestreiten – ich war damals live und sehr interessiert dabei. Und habe gelernt (und danach unterrichtet), wie erfolgreich man mit Mahnwachen von 15 Leuten sein kann, wenn die Medien mitspielen – und wie aussischtslos Demos mit zehntausenden von Teilnehmern sind, wenn die Medien NICHT mitspielen.

                      Ausserdem sind Sie dem Kernargument schon wieder ausgewichen – bei Vorliegen effektiver und preiswerter technischer Voraussetzungen für N:N Kommunikation ist es Zensur, das staatlich zu unterbinden, um eine Wenige:N Kommunikation zu schützen, auf die der Staat darüberhinaus auch noch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss ausüben kann.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 3. November 2023, 12:30

                      Ohne die genannten Medien hätte es auch keine Pegida und keine Anti-Coronaproteste, keine AfD und keine Anti-Flüchtlingsbewegung gegeben. Schon Luhmann wusste, dass unsere Demokratie von Massenmedien geprägt wird.

                    • Ralf 2. November 2023, 21:54

                      Nein, es ist nicht Zensur.

                      Stell Dir ganz hypothetisch vor, die Gesellschaft käme auf die Idee, jeder Bürger solle ein Megaphon haben. Megaphone, kann man argumentieren, erhöhen die Reichweite. Mehr Menschen können Dich hören. Du kannst Deine Meinung effektiver an den Mann bringen. Der Radius Deines Wirkens erhöht sich.

                      Nach einigen Jahren stellt die Gesellschaft aber fest, dass das nicht so pralle ist, wenn jeder Bürger dauernd ein Megaphon in der Hand hält. Man kann über keinen öffentlichen Platz, über keine öffentliche Straße mehr gehen, ohne dass einem dutzende Verkäufer lärmend ins Ohr brüllen, während Sekten den Weltuntergang, Politiker ihr Wahlprogramm, Musiker ihre Lieder und Wichtigtuer allen möglichen Stuss predigen. Das Leben wird zu einer einzigen Kakophonie. Wenn der Staat den Bürgern die Megaphone dann wieder wegnimmt – ist das dann Zensur?

                      Die Antwort ist nein: Denn Du hast schlicht kein Menschenrecht auf einen großen Wirkungsradius. Völlig gleichgültig wie einfach der herstellbar wäre. Und was wäre einfacher herzustellen als ein fucking Megaphon?

                      Das Internet ist kein Recht, sondern ein Fetisch, an den wir uns gewöhnt haben. Es ist nicht essentiell für unsere Gesellschaft. Im Gegenteil – von sozialer Isolation über Mobbing bis hin zu Kinderpornographie, Terrorismus, Kriminalität und Wahlbeeinflussung durch verfeindete Staaten überwiegen bei weitem die negativen Aspekte. Am heftigsten leidet unsere Demokratie, die Schritt für Schritt vom Internet zersetzt wird. Dabei ist das Internet tatsächlich faktisch genauso wichtig für unsere heutige Gesellschaft wie das zweite Amendment für die USA, wie die Autobahnen ohne Tempolimit für Deutschland, wie das Bankgeheimnis für die Schweiz und wie die Neutralität für Österreich: Nämlich überhaupt nicht wichtig. Ein dummer, schädlicher Fetisch, der uns kaputt macht, aber von dem wir uns nicht trennen wollen, weil es bequem ist und wir uns daran gewöhnt haben.

                    • Thorsten Haupts 3. November 2023, 09:17

                      Schön. Da werden wir uns nicht mehr einig. Und die einzige Gefahr, die der Meinungsfreiheit im Internet drohte, wäre eine autoritäre oder totalitäre Regierung in Deutschland, von daher werde ich die Debatte für mich jetzt beenden.

                    • Ralf 3. November 2023, 10:09

                      Auf die autoritäre oder totalitäre Regierung arbeiten wir dank des Internets und mit eifriger Beteiligung russischer, chinesischer und iranischer Trolle mit großen Schritten hin. Und – rest assured – diese autoritäre oder totalitäre Regierung wird das Internet dann zensieren. Dann aber eben nicht auf eine dezentrale, offene und unabhängige Art und Weise, die unsere Demokratie stärkt, sondern auf eine Art und Weise, die auf den Bestand der Tyrannei bis in alle Ewigkeit hin ausgelegt ist.

          • CitizenK 30. Oktober 2023, 06:41

            „Erinner Dich mal an die 60er und 70er Jahre zurück. Wieviel da diskutiert worden ist …“

            Das stimmt. Eine Diskussion zwischen realen Menschen ist etwas anderes. Die Multiplikation-Potenzierungs-Effekte waren weitaus kleiner. Dafür waren Quellenkritik und Faktenchecks – wenn man sie denn will – nicht so leicht möglich.

            Auch Dein Utopie-Argument hat was für sich. „Alle Wirklichkeit von heute ist gestern Utopie gewesen“ (Zitat von ?). Das Internet ist ein großartiges Werkzeug, das wir uns von den Böswilligen nicht kaputt machen lassen dürfen.

            Wenn ich Dein Modell (dezentralisierte ÖR-Medien) weiter denke, bleibt das Problem der Zensur. Auch da werden extreme und falsche Beiträge gebracht, die dann „moderiert“ werden müssten. So wie ZEIT Online das macht? Wer setzt die Prüfer ein? Das gleiche Problem wie beim – eigentlich erforderlichen – Wähler-„Führerschein“. Weshalb das immer wieder thematisiert, aber niemals wirklich angepackt wird. Wie der „Eltern-Führerschein“.

            Hast Du eine Idee?

            • Ralf 30. Oktober 2023, 08:08

              Wie oft ist denn diese Zensur konkret ein Problem gewesen im prä-90er Deutschland?

              Die Antwort auf Einseitigkeit ist übrigens Wettbewerb. In den 80ern hatten wir bereits ARD, ZDF und ein drittes Programm. Wenn tatsächlich einer der drei Sender gewisse Inhalte “zensiert” hätte, wären da immer noch zwei andere gewesen. In der heutigen Situation wären – anders als früher – nicht nur ein “drittes Programm”, sondern alle “dritten Programme” bundesweit verfügbar. Theoretisch könnten es 16 Sendeanstalten sein, wenn nicht viele aus Kostengründen zusammengelegt und/oder geschlossen worden wären. Im übrigen gibt es auch senderintern Meinungspluralismus – manchmal sogar innerhalb derselben Sendung (z.B. das Magazin Frontal mit Kienzle und Hauser). Wem das alles nicht reicht, der kann in einer zusammenwachsenden EU noch die öffentlichen Sender unserer Nachbarn dazu nehmen. Da sind etwa die deutschsprachigen Sender ORF1 und 2 aus Österreich und auch in der Schweiz gibt es öffentliche Sender. Langfristig wird es in der EU möglicherweise zunehmend Angebote auf Englisch geben. Da hättest Du dann noch Informationsquellen und Perspektiven aus Spanien, Schweden, Polen und Irland.

              Man müsste schon Verschwörungstheoretiker sein, anzunehmen, dass sich all diese Sender mit ihren unterschiedlichen politischen Ausrichtungen und ihren jeweils lokalen Besonderheiten auf ein allgemeines Zensurprogramm verständigen können, um die Bürger in die Irre zu führen.

              • CitizenK 30. Oktober 2023, 14:18

                Radio und TV habe ich nicht gemeint. Deren Bedeutung geht weiter zurück. Sondern Social Media.

                Wie ich eben gelesen habe, mussten einige deutsche Großunternehmen die Kommentarfunktion schließen wegen heftiger Kommentare zu Israel/Gaza.

                • Ralf 30. Oktober 2023, 16:53

                  Ich bin wie gesagt für die Abschaffung von Social Media. Großunternehmen sollten garnicht erst in der Lage sein, Kommentarspalten zu sperren. Braucht die Meinungsfreiheit wirklich Debatten zu Gaza im Danone-Forum?

                  In meinem Modell der dezentral organisierten öffentlichen Medien haben die verschiedenen öffentlichen Sender jeweils ein eigenes unabhängiges Internetangebot. Also so wie jetzt. Die ARD hat ein Portal. Das ZDF hat ein Portal. Bayern 3 hat ein Portal. Der WDR hat ein Portal. In Österreich haben ORF1 und ORF2 jeweils voneinander unabhängige Portale. Und die österreichischen Sender sind definitiv maximal unabhängig von den deutschen. Die öffentlichen Medien der Schweiz haben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls ihre eigenen Portale. Und das sind nur die deutschsprachigen öffentlichen Medien.

      • CitizenK 29. Oktober 2023, 09:56

        Eine Gefahr sehe ich darin nicht, aber diese Zeit ist vorbei kommt nicht wieder. Auch den Runkfunk konnte und wollte man nicht wieder abschaffen – trotz des Missbrauchs durch Nazis und Stalinisten.
        Dein Plan ist utopisch. Wir sollten über realistische Konzepte diskutieren.

        • Ralf 29. Oktober 2023, 10:59

          “Utopisch” ist ein großes Wort. “Utopisch”erschien nach dem Zweiten Weltkrieg die Deutsch-Französische Aussöhnung. “Utopisch” war noch Mitte der 80er Jahre die Wiedervereinigung. Und auch Maßnahmen gegen den Klimawandel waren noch vor 10 Jahren “utopisch”.

  • CitizenK 29. Oktober 2023, 06:05

    „CitizenK ….nichts anderes als dass Straffreiheit stehen sollte.“

    Eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen (der Verdienst eines Vierteljahres) ist keine „Straffreiheit“. Autokriminelle kommen sehr oft mit Bewährung = Straffreiheit davon.

    • Stefan Pietsch 29. Oktober 2023, 09:51

      Wie die meisten Menschen werde ich ziemlich sauer, wenn man mich für dumm verkaufen will. An Ihrer Einlassung ist alles falsch bis auf die Rechtschreibung. Und ich gehe davon aus, das wissen Sie.

      „Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Meinung. Und was machen Sie?“
      John Maynard Keynes

      90 Tagessätze bedeuten vorbestraft. Das kommt in ein Polizeiliches Führungszeugnis und verschärft in Wiederholungsfällen das Strafmaß, meist, dass dann keine Bewährung mehr ausgesprochen werden kann.

      Klimakriminelle werden typischerweise nicht so hoch bestraft. Hier liegt das Strafmaß zwischen 20 und 50 Tagessätzen. Der Tagessatz bemisst sich dabei nach dem Nettoeinkommen des Angeklagten. I.d.R. folgt das Gericht dabei den Angaben des Angeklagten ohne eigene Überprüfung. Auf diese Weise sind die verhängten Strafen dann – zumal unter Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse – oft nur ein Bruchteil des tatsächlichen Nettoeinkommens des Deliquenten. Bei Menschen ohne eigenes Einkommen – wie z.B. bei Vollzeitklimakriminellen – haben die Tagessätze eher einen symbolischen Wert.

      Kleiner Ausflug: Autofahrer werden für Vergehen spürbar bestraft. Zu schnelles Fahren oder das Überfahren einer roten Ampel werden mit 1 Monat Führerscheinentzug geahndet. Die Geldstrafe kommt oben drauf und liegt teilweise über den finanziellen Strafen einer Straßenbelagerung von Klimakriminellen.

      Im Gegensatz zum Ordnungsrecht ist das Strafrecht dazu da, den Bürger dahin zu bringen, diese Taten nie (wieder) zu begehen. Daher kann es kein „Freikaufen“ geben. Natürlich hat es sich inzwischen bis in Justizkreise herumgesprochen, dass die Geldstrafen der Klimakriminellen häufig von potenten Spendern übernommen werden. Damit verwirkt sie jedoch jede strafende Wirkung.

      Wer vor Gericht möchte, dass die im Raum stehende Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird, muss grundsätzlich den Richter von seiner Reue und Läuterung überzeugen. Er muss darlegen, dass er nicht zur Wiederholung neigt. Das gilt selbst für solche Delikte, wo der Gesetzgeber einen niedrigen Strafrahmen vorsieht. I.d.R. gehen Richter in solchen Fällen von der Reue und Läuterung aus. Damit ist es jedoch vorbei, wenn jemand mehrmals wegen der gleichen Sache vor dem Kadi landet. Wer dreimal wegen geringfügiger betrügerischer Sachen angeklagt wird, muss schon starke Argumente vorbringen, um noch eine Bewährung zu erhalten.

      Boris Becker wurde auch wegen seiner Jahrzehnte zurückliegenden Steuerstrafsache in Deutschland von einem Londoner Gericht zu einer relativ harten Gefängnisstrafe verurteilt. Ein Teil der Gefängnisstrafe von Uli Hoeneß konnte zur Bewährung ausgesetzt werden, weil sicher heute keiner mehr davon ausgeht, dass der Ehrenpräsident ds FC Bayern noch einen Cent Steuern hinterziehen wird.

      Sie lehnen das alles ab, dass ein Straftäter sich geläutert und reuig gibt. Dass er dem kriminellen Tun abschwört. Ich frage mich da, ob Sie überhaupt einen Vergewaltiger ins Gefängnis stecken würden, schließlich müsste es auch eine Geldstrafe tun und warum sollte er bereuen? Ihre bekannte Klimakriminelle fürchtet das Gefängnis. Gut so! So soll es doch sein! Genau diese Androhung soll dazu führen, dass sie erst gar nicht daran denkt, Kriminelles zu tun. Oder wollen Sie wirklich in einem Land leben, in dem selbst Straftaten als „nicht so gemeint“ behandelt werden?

      Denken Sie einen Moment mal nach. Wie sollten die Klimakriminellen verurteilt werden, die das Brandenburger Tor schwer verschandelt haben? Sie können weder den Schaden wieder gutmachen, denn dazu fehlt ihnen jede fachliche Expertise. Sie können auch nicht finanziell für den Schaden aufkommen, denn dazu ist er viel zu groß. Sie können nichts zur Wiedergutmachung beitragen und erzählen, sie würden es immer wieder tun. Und dann kommen Sie um die Ecke und sagen: 30 Tagessätze von 150 Euro, die ein generöser Spender übernimmt.

      So kann man den Rechtsstaat auch verhöhnen.

      • CitizenK 29. Oktober 2023, 12:11

        In dem Heidelberger Fall waren es sogar 110 Tagessätze + Gerichtskosten. Für 30 Minuten Sitzblockade (ohne Festkleben).

        Ein Autokrimineller, der Menschenleben in Gefahr gebracht hat, bekam ein milderes Urteil:
        Mit Tempo 244 in Baustelle: Milde Strafe nach Geständnis
        Nach einer Fahrt mit Tempo 244 in eine Autobahnbaustelle muss ein Autofahrer 9000 Euro Geldstrafe (90 Tagessätze) zahlen und noch weitere drei Monate auf seinen Führerschein verzichten. Das Landgericht Frankfurt milderte am Donnerstag die erstinstanzliche Strafe des Amtsgerichts um 30 Tagessätze, nachdem der 43 Jahre alte Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgegeben und seinen Arbeitsplatz in der Immobilienbranche wegen des fehlenden Führerscheins verloren hatte. (Urteil Landgericht Frankfurt)

        In Heidelberg haben depperte Klimaaktivisten das Portal der Uni beschmiert. Der Schaden in Höhe von 30000 Euro wird eingeklagt. Das bedeutet jahrzehntelange Verschuldung, bei den Berlinern mit dem viel höheren Schaden am Brandenburger Tor wohl lebenslang. Plus Anzeige wegen Sachbeschädigung. Also nicht „folgenlos“.

        Bei dieser Gelegenheit gleich noch eine Richtigstellung: Bei Steuerhinterziehung habe ich damals die Überlegung in den Raum gestellt, diese nur mit Geldstrafen zu ahnden. Wer Freiheitsstrafen (wegen der Abschreckungswirkung in bürgerlichen Kreisen) vertreten hat, war Stefan Pietsch.

        • Stefan Pietsch 29. Oktober 2023, 14:30

          Nun haben Sie zwei Ausreißer genommen, den einen nach oben, den anderen nach unten. Sie werden nämlich kaum Urteile gegen Klimakriminelle finden, die über 60 Tagessätze hinausgehen.

          Zu dem Fahrer in der Baustelle: Offensichtlich ist da nichts passiert, außer dass er geblitzt wurde, denn eine direkte Gefährdung anderer hätte das Strafmaß zwangsläufig nach oben getrieben. Für das Strafrecht ist auch maßgebend, ob ein unmittelbarer Schaden für Dritte passiert. Das ist bei Blockaden immer der Fall, weshalb sie zwingend sowohl angekündigt als auch genehmigt werden müssen. Klimakriminelle wollen andere schädigen, das ist Teil des Plans.

          Der Autofahrer wurde bereits umfänglich bestraft: Jobverlust und Führerscheinverlust. Dass er die Aktion wiederholen wird, ist nicht super-wahrscheinlich. Und damit sind wir bei einem Punkt: Sie scheint es keinen Deut zu interessieren, Klimakriminelle von ihrem kriminellen Tun abhalten zu wollen. Kein Wort, kein Argument widmen Sie diesem Aspekt, der so wesentlich für das Strafrecht ist. Wenn Ihre Bekannte so Angst hat, dass sie durch ihr kriminelles Tun ins Gefängnis kommen könnte, äußern Sie gar Verständnis und argumentieren, ihr diese Angst nehmen zu wollen.

          Die Schmierer des Brandenburger Tors werden nicht zwangsläufig ihr Leben lang daran tragen müssen. Das Maximum liegt ohnehin bei 30 Jahren. Es kommt aber sehr auf die Umstände an, ggf. sind sie von der nie zu begleichenden finanziellen Last bereits nach 3 Jahren befreit. Das lässt sich jetzt nicht sagen. Die Sachbeschädigung ist da nicht der Rede wert ohne Androhung von Gefängnis.

          Es ist ein existenzielles Problem, ausgerechnet beim Strafrecht auf den Abschreckungsanspruch verzichten zu wollen. Das ist eine absolute Torheit. Bei den meisten reicht die Abschreckung. Spätestens, wenn sie mal eine Hausdurchsuchung erlebt und vor einem Richter gestanden haben, reicht ihnen das. Viele kuriert das, manche brauchen eine härtere Dosis. 20 Tage im Knast auf Diät macht ein Bürgerkind noch lange nicht zum Langzeit-Straftäter. Auch ein Uli Hoeneß oder ein Jörg Kachelmann haben da nicht die Seiten gewechselt. Nur nochmal zu meiner nicht beantworteten Frage: Wie rechtfertigt sich die Untersuchungshaft von einem Jahr für den damaligen Audi-Chef Stadler mit der Forderung nach Bewährungsstrafen für notorische Wiederholungstäter?

        • Erwin Gabriel 30. Oktober 2023, 21:22

          @ CitizenK 29. Oktober 2023, 12:11

          Ein Autokrimineller, der Menschenleben in Gefahr gebracht hat, bekam ein milderes Urteil: …

          Ja. und von ein paar jugendlichen Totschlägern mit Migrationshintergrund wurde nur einer angeklagt und mit einer Bewährungsstrafe belegt, was bei der Truppe die Reaktion auslöste, sich öffentlich über das Opfer lustig zu machen.

          In Heidelberg haben depperte Klimaaktivisten das Portal der Uni beschmiert. Der Schaden in Höhe von 30000 Euro wird eingeklagt. Das bedeutet jahrzehntelange Verschuldung, bei den Berlinern mit dem viel höheren Schaden am Brandenburger Tor wohl lebenslang. Plus Anzeige wegen Sachbeschädigung. Also nicht „folgenlos“.

          Wer außer den Verursachen soll Deiner Meinung nach für den Schaden aufkommen?

          Bei Steuerhinterziehung habe ich damals die Überlegung in den Raum gestellt, diese nur mit Geldstrafen zu ahnden.

          Ich schließe mich an. Geldvergehen sollten wenn möglich mit Geldstrafen (wie hoch auch immer) geahndet werden, Verstöße gegen die Gesundheit und Leben anderer mit Knast.

          • CitizenK 31. Oktober 2023, 06:39

            a) Sag ich ja. Die Urteile in solchen Fällen sind oft nicht nachvollziehbar milde. Nicht nur bei Migrationshintergrund. Und die Ahndung kommt viel zu spät. Die Justiz ist auch eine gewaltige Reformaufgabe, über die zu wenig geredet wird.
            b) Natürlich die. Ich sag doch nichts anderes.
            c) Dass diesen Punkt StefanP anders sieht, finde ich bemerkenswert. Ist aber auch was dran.

  • CitizenK 29. Oktober 2023, 17:06

    „… wollen andere schädigen, das ist der Plan“.

    Das ist eine Unterstellung und ein Vorurteil:
    https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/mannheim/klimaaktivistin-der-letzten-generation-zu-geldstrafe-verurteilt-100.html

    • Stefan Pietsch 29. Oktober 2023, 19:02

      Jemanden in seiner Mobilität zu behindern ist, ihn schädigen zu wollen. Wenn ich Sie zeitweise daran hindere, Ihre Wohnung zu verlassen, würden Sie auch nicht behaupten, ich hätte Ihnen keinen Schaden zugefügt.

      Auf dem Niveau diskutiere ich nicht. Einige Dinge sollten grundsätzlich klar sein. Sind sie es nicht, gibt es keine Diskussionsgrundlage.

      • CitizenK 30. Oktober 2023, 06:14

        Nach dieser Logik will jeder Autofahrer, sobald er den Verbrenner-Motor startet und losfährt, andere Menshen schädigen. Dass die Abgase und Reifenabrieb gesundheitsschädlich sind, nimmt man in Kauf.
        Demonstrationen, auch angemeldete und genehmigte, führen zu Verkehrsbehinderungen, „wollen“ also nach dieser Logik andere schädigen.
        Offenbar kann man sich nur durch Diskursverweigerung vor diesen Einsichten schützen.

        • Stefan Pietsch 30. Oktober 2023, 07:19

          Sie haben wirklich nichts mit Recht zu tun, stimmt‘s? Das hat nämlich nicht die geringste Logik. Niemand dreht den Zündschlüssel, um anderen Abgase ins Gesicht zu blasen, damit er daran erstickt. Es gibt nicht einmal diesen Kausalzusammenhang „Autofahren-Lungenentzündung bei Herrn X“. Da ist Bahnfahren gefährlicher.

          Warum setzen sich Klimakriminelle auf die am stärksten befahrenen Straßen der wenigen Millionenstädte?

        • Erwin Gabriel 30. Oktober 2023, 15:19

          @ CitizenK 30. Oktober 2023, 06:14

          Nach dieser Logik will jeder Autofahrer, sobald er den Verbrenner-Motor startet und losfährt, andere Menschen schädigen. Dass die Abgase und Reifenabrieb gesundheitsschädlich sind, nimmt man in Kauf.

          Manchmal schießt Du ein wenig über das Ziel hinaus. Grundsätzlich kann man gesetzlich und gesellschaftlich akzeptierte Freiräume nutzen – darüber sollte doch Einigkeit bestehen. Dazu gehört nun mal auch grundsätzlich (soll heißen: mit nur wenigen Einschränkungen, etwa situationsbedingten Geschwindigkeitsbeschränkungen) das Autofahren. Anderen den Weg zu versperren (ob im Auto oder zu Fuß) fällt nicht in diese Kategorie.

          Demonstrationen, auch angemeldete und genehmigte, führen zu Verkehrsbehinderungen, „wollen“ also nach dieser Logik andere schädigen.

          Solange Demonstrationen und Kundgebungen angemeldet sind, fallen sie in die oben genannte Kategorie. Unangemeldete Demonstrationen eher nicht; erst recht nicht, wenn sie andere einschränken oder gefährden. Du schmeißt fälschlicherweise beides in den gleichen Topf.

          Offenbar kann man sich nur durch Diskursverweigerung vor diesen Einsichten schützen.

          Das dies bisweilen Dein Mittel ist, unangenehmen Schlussfolgerungen aus Diskussionen aus dem Weg zu gehen, ist nicht verborgen geblieben. 🙂

          • CitizenK 30. Oktober 2023, 16:43

            Es ging mir ausschließlich um die Behauptung, die (also alle) Klimaaktivisten WOLLEN andere schädigen. Als sei dies Absicht und Ziel.

            Vorweg: Ich bestreite nicht, dass es unter den Klimaaktivisten Idioten/ Ideologen gibt, bei denen sich Lust am Krawall vom Umweltmotiv abgekoppelt hat. Das ist aber eine kleine Minderheit.

            Bei den meisten geht es darum, Aufmerksamkeit zu erzeugen, um die Politik zum Handeln zu bewegen. Ich halte dieses Vorgehen für un- bzw. kontraproduktiv. Aber ich wehre mich dagegen, dass fehlgeleitete Idealisten kurzerhand zu Kriminellen erklärt werden: Mütter und Großmütter, die sich um die Zukunft ihrer Kinder und Enkel sorgen. Ich habe immer deutlich gemacht, dass ich diesen Personenkreis meine.

            Aber ich frage mich: Woher kommt der Unwille zu differenzieren, diese unverhältnismäßige Wut? Vielleicht von der unterschwelligen Ahnung, die Leute könnten eventuell doch recht haben und dass wir mehr ändern müssten? An unserer Politik, an unserer Lebensweise, unserem Verhältnis zur Natur?

            P.S. Welcher „nicht unbemerkt gebliebenen Schlussfolgerung“ gehe ich diesmal aus dem Weg? 😉

  • Erwin Gabriel 30. Oktober 2023, 21:12

    @ CitizenK 30. Oktober 2023, 16:43

    Es ging mir ausschließlich um die Behauptung, die (also alle) Klimaaktivisten WOLLEN andere schädigen. Als sei dies Absicht und Ziel.

    Wenn Du das gleichsetzt, setzt DU das gleich. DEINE Gleichsetzung ist Basis Deiner Argumention.

    Vorweg: Ich bestreite nicht, dass es unter den Klimaaktivisten Idioten/ Ideologen gibt, bei denen sich Lust am Krawall vom Umweltmotiv abgekoppelt hat. Das ist aber eine kleine Minderheit.

    Soweit ich das mitbekommen habe, ist nur davon die Rede.

    Bei den meisten geht es darum, Aufmerksamkeit zu erzeugen, um die Politik zum Handeln zu bewegen.

    Zustimmung. Manchmal mit Mitteln im Rahmen der Gesetze, mal außerhalb.

    Aber ich wehre mich dagegen, dass fehlgeleitete Idealisten kurzerhand zu Kriminellen erklärt werden: Mütter und Großmütter, die sich um die Zukunft ihrer Kinder und Enkel sorgen. Ich habe immer deutlich gemacht, dass ich diesen Personenkreis meine.

    Nur zum Provozieren: Das sind nicht diejenigen, die sich festkleben.

    Aber ich frage mich: Woher kommt der Unwille zu differenzieren, diese unverhältnismäßige Wut?

    Den Unwillen (zwischen legalem und illegalem Vorgehen) zu differenzieren, sehe ich bei Dir auch.

    Vielleicht von der unterschwelligen Ahnung, die Leute könnten eventuell doch recht haben und dass wir mehr ändern müssten? An unserer Politik, an unserer Lebensweise, unserem Verhältnis zur Natur?

    Ich bin fest überzeugt davon, dss wir deutlich mehr ändern müssten. An unserer politik, an unserer Lebensweise, unserem Verhältnis zur Natur. Das heißt weder, dass meine Meinung richtig noch maßgeblich ist. Und es entschuldigt keine Gesetzesverstöße

    P.S. Welcher „nicht unbemerkt gebliebenen Schlussfolgerung“ gehe ich diesmal aus dem Weg?

    Ausnahmen bestätigen die Regel 🙂

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