Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.
1) The Story of How Same-Sex Marriage Went From Fringe to Mainstream (Interview mit Jesse Eisenberg)
I wrote about how, in 2005, a group of lawyers and representatives of the big gay-rights organizations met in Jersey City to set a national strategy. And they laid out a plan where they thought that they could win marriage nationwide by 2025. But at that point, they were already catching up to the emergence of this as an issue. In 2005, gay couples were already marrying in Massachusetts. The president of the United States had already campaigned for re-election supporting a constitutional amendment to ban same-sex marriage. Nearly 20 states had already banned it in their constitutions. So the strategy followed, rather than catalyzed this movement. […] One thing is understanding the intersection of political and legal activity. The early victories were won through the courts, and in the case of Hawaii and Vermont were lost through the political process [in Hawaii, a court decision on marriage was over turned via referendum, and in Vermont, the legislature passed civil-unions legislation] , because there hadn’t been the political organizing and lobbying ahead of time to keep politicians out of a constitutional process. For gay marriage activists, they have to fight really hard at the legislature to basically just keep politicians from amending the state’s constitution to ban something after the top court has ruled. So I think that there are areas where — because of the structure of interest groups — the people who do lawsuits and the people who do campaigns are fairly far apart from one another. And I think this is just a really instructive lesson that strategies need to take both those things into consideration and anticipate. A big thing that happened was the development of a single-issue group called Freedom to Marry whose only objective was marriage equality. One of the critiques of existing LGBT groups — most notably the Human Rights Campaign — was that they hadn’t fought hard enough for marriage. I don’t think it was that they necessarily were wimping out. I think the issue was that they had defined a very broad coalition whose interests they served, and that forces them to be concerned about long-term relationship building. […] Cannabis legalization feels pretty similar to me. I think 20 years ago, there wasn’t a politician in the United States that was in favor of legalizing any drugs. (Ben Jacobs, New York Magazine)
Ich sag’s immer wieder, der einzige Grund, dass Marijuana nicht legal ist, ist dass niemand das politische Kapital investieren will. Von allen demokratischen Parteien ist nur die CDU dagegen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass die ernsthaft dagegen kämpfen würde, wenn die FDP das zu einer Koalitionsbedingung machen würde. Nur macht sie das natürlich nicht, genausowenig wie die SPD das tat oder die Grünen tun werden, obwohl alle drei Parteien die Legalisierung im Wahlprogramm stehen haben. Das Thema kommt mit schöner Regelmäßigkeit im Unterricht hoch, und ich sage den Schüler*innen immer dasselbe: mir persönlich ist das völlig Hupe. Wenn man mich zwingt, bin ich dafür, dass es illegal bleibt, aber wenn es legalisiert wird, fine by me. Ich denke, die breite Mehrheit der Deutschen fühlt recht ähnlich, was die Wichtigkeit des Themas angeht. Da die junge Generation sehr für die Legalisierung ist, und die alte kaum großen Widerstand leisten wird, ist die Legalisierung nur eine Frage der Zeit. Eine ähnliche Dynamik trieb auch die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe: erst wurde es für eine Mehrheit akzeptabel (und Homophobie mit verblüffender Geschwindigkeit inakzeptabel, siehe etwa in Bullys Umschwung bezüglich „Schuh des Manitu“), dann immer mehr zu einem Bürgerrechts-/Freiheitsthema, und dann abgeräumt. Die Dynamik in den USA war, die Eisenberg das oben beschreibt, teils eine andere, aber diese Grundlage war ähnlich.
2) Leftists and Liberals Are Still Fighting Over the Cold War
This divide between anti-communists and anti-anti-communists is sufficiently profound that, even 30 years after the end of the Cold War, it continues to animate bitter debates among progressive intellectuals. “Cold War liberalism is now a zombie ideology,” Michael Brenes and Daniel Steinmetz-Jenkins argued in a Dissent essay earlier this year. “It offers preparedness as politics: a desire to inculcate a wartime urgency in the body politic, demanding sacrifice without solidarity and individual introspection as a path to freedom.” […] There is a tendency on the center-left to dismiss these sorts of critiques from the left as simply unserious — to mock them as idealists with politically unrealistic demands, or perhaps they haven’t gotten over the 2016 Democratic primary. But the belief system undergirding these critiques is completely serious. The left is making a profound accusation: that liberalism remains deformed by anti-communism, and only by expurgating this fear of left-wing authoritarianism can it become worthy of progressive ideals. That charge needs to be answered on its own terms. […] Today’s left-wing intellectuals have revived the Cold War–era critique of liberals, who stand accused of glorifying existing political and economic institutions in general and the security state in particular. […] While the critics of Cold War liberalism exaggerate its hostility to aggressive government action, and minimize the authoritarian danger against which it defines itself, they do correctly identify its definitional core. The Cold War liberals (or their heirs) place more value on democracy than on advancing the progressive agenda. Liberals respect their opponents’ political rights and are not willing to cast them aside in pursuit of power. As a result of this commitment, they consider it necessary to criticize political allies, especially on questions of democracy and liberal values. (Jonathan Chait, New York Magazine)
Ich finde die Tankies (der Internet-Fachbegriff für die pro-kommunistischen Linken, keine Ahnung wo der herkommt) ja unglaublich bescheuert. Mir ist völlig unklar, wie man heutzutage noch kommunistische Diktaturen wie Nordkorea, Kuba oder Venezuela verteidigen kann. Aber offensichtlich ist dieses „Feind meines Feindes ist mein Freund“-Denken recht weit verbreitet.
Ein Superbeispiel für diese Übertragung von Mustern aus dem Kalten Krieg ist die Positionierung der Linken gegenüber Israel und das ständige Problem damit. Weil in den Frontstellungen des Kalten Krieges Israel ein Verbündeter der USA und die Sowjetunion ein Verbündeter der mit ihm verfeindeten arabischen Staaten war, landeten viele Linke automatisch auf der israelfeindlichen Seite, eine Haltung, die sich auch mit dem Untergang der Sowjetunion nicht mehr geändert hat. Es ist faszinierend und erschreckend zugleich, wie sich solche Muster reproduzieren.
Die Grünen und ihre Kanzlerkandidatin sind zwei Monate vor der Bundestagswahl das mit Abstand beliebteste Angriffsziel in- wie ausländischer Akteure, belegen SPIEGEL-Recherchen. Autoritäre Staaten wie Russland und China, die Desinformationskampagnen gern einsetzen, haben die Grünen wegen ihrer Außenpolitik und der Kritik an Menschenrechtsverstößen womöglich im Visier. Extreme Rechte und Verschwörungsideologen versuchen, den Wahlkampf zu torpedieren und zu verhindern, dass die Grünen ihre Themen setzen können. […] Die Akteure haben dabei eines gemeinsam. Es geht ihnen nicht nur darum, die Bundestagswahl zu beeinflussen. Sie wollen das Vertrauen in demokratische Institutionen zerstören, die Gesellschaft polarisieren und letztendlich spalten. Sicherheitsbehörden und Fachleute beobachten die Entwicklungen mit großer Sorge. Die Attacken gegen die Grünen mehrten sich auffällig, als für eine Weile das Kanzleramt in greifbarer Nähe schien. […] Aus den Kommentaren wurden mithilfe künstlicher Intelligenz diejenigen 50.000 herausgefiltert, die potenziell strafbaren Hass beinhalten. Davon beziehen sich 174 auf die SPD, 265 auf die CDU und 1535 auf die Grünen. Die kleinste der drei Parteien bekommt also sechsmal so viel Hass ab wie die Volkspartei CDU und fast zehnmal so viel wie die Sozialdemokraten. Schaut man auf die Kandidatin und die Kandidaten fürs Kanzleramt, wird der Unterschied noch deutlicher. Hierfür wurden rund 75.000 Beiträge aus besagten Facebook-Gruppen ausgewertet. Da das Teilen die Reichweite am meisten erhöht und somit am aussagekräftigsten ist, wurde dann analysiert, bei welchen Shares die Kandidierenden erwähnt werden. Baerbock liegt mit mehr als 63.000 weit vorn, vor ihr sind nur noch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn. Unionskandidat Armin Laschet wird dagegen nur bei gut 21.000 Beiträgen erwähnt, für Olaf Scholz interessieren sich die extrem Rechten und Verschwörungsideologen noch weniger, er wird lediglich in etwas mehr als 4000 Shares benannt. […] Von den 50 Facebook-Profilen, die am meisten Hass verbreiten, sind nach SPIEGEL-Recherchen mindestens zehn offenbar Fake, mit unklaren Hintermännern. Zu den echten Profilen zählen ein erfolgreicher Selbstheilungscoach, eine pensionierte Opernsängerin, eine Sozialberaterin. Fünf Accounts sind aus dem Milieu der AfD und Querdenker. Die Erhebung ergibt auch, dass sich der Hass seit Corona besonders stark Bahn bricht. Zwischen April 2020 und März 2021 hat sich die Anzahl der toxischen Kommentare mehr als verdoppelt. Besonders häufig geteilt wurden die verschwörungsideologisch geprägten »Nachdenkseiten« sowie das neurechte Blog »Tichys Einblick«, aber auch Links der »Bild«-Zeitung und Storchs »Freier Welt«. (Maik Baumgärtner/Roman Höfner/Max Hoppenstedt/Ann-Katrin Müller/Jonas Schaible/Wolf Wiedmann-Schmidt, SpiegelOnline)
Mich wundert keine Sekunde, dass die Grünen die größten Opfer von russischer Agitation sind. Sie sind schließlich aktuell die Partei, die den Interessen des Kremls am ablehnendsten gegenübersteht, vor allem, was die Ukraine und Nordstream 2 anbelangt. Wir haben bereits im Wahlkampf in den USA 2016 und auch Frankreich 2017 gesehen, dass die Russen bereit sind, diejenigen Kandidat*innen, die sie als ihren Interessen am ehesten entgegengesetzt sehen, anzugreifen und die jeweiligen Gegner*innen zu stärken.
Auch dass die „normalen“ Hasspostings in den sozialen Medien sich einerseits auf die Grünen und andererseits auf die einzige Kandidatin konzentrieren, ist wenig überraschend. Die entsprechenden Milieus sind ohnehin eher rechts orientiert (die in Fundstück 2 bereits angesprochenen Tankies sind glücklicherweise eine kleine Minderheit) und der große Überlapp zwischen Pegida, AfD-nahen Gruppen, den Querdenkern etc., aus deren Milieu dieser Hass überwiegend stammt, macht diese Gegnerschaft auch nicht eben verwunderlich.
Dazu kommt, dass weder Laschet noch Scholz Personen sind, die aktuell sonderlich viel Hass auf sich ziehen könnten. Das galt natürlich 11 Jahre lang auch für Angela Merkel, bevor sie plötzlich für die Rechten zum absoluten Magneten ihres Hasses wurde; man sollte nicht annehmen, dass Langeweile davor schützte. Aber verwunderlich ist wirklich nichts an den erschreckenden Zahlen, die der Spiegel recherchiert hat.
4) FDP-Chef Lindner macht beim CO2-Preis einen Denkfehler
Doch das ist eine Milchmädchenrechnung oder, besser, eine SUV-Fahrer-Rechnung: Als Beweis von Wirtschaftskompetenz wird vor allem der „Markt“ ins Feld geführt. Doch Lindners Schlussfolgerung hat Denkfehler. Die CO2-Bepreisung ist nämlich gerade ein Instrument, um Marktgeschehen zu ermöglichen. Es handelt sich nicht um Mehrkosten, sondern um die Sichtbarmachung bereits anfallender Kosten. Die Kosten der klimaschädlichen CO2-Emissionen waren viele Jahre unbepreist und deswegen unsichtbar. Doch schon seit Jahrzehnten steigen die Folgekosten des Klimawandels. Wenn wir so weitermachen wie bisher, könnten sie in den kommenden Jahrzehnten in die Billionen gehen. […] Wenn man das Budget schon 2030 aufgebraucht hat, mutet man den Menschen für die Jahre nach 2030 unzumutbare Lasten und – aufgemerkt, liebe FDP! – Freiheitsbeschneidungen zu. Damit Freiheit von heute nicht die Freiheiten von morgen kostet, ist es schlauer, die Kosten von morgen zu den Preisen von heute zu machen. […] Wirklich freier Markt hieße: Wir berechnen Deutschlands Weltanteil am globalen CO2-Budget, welches bei einem „Weiter so“ in sieben Jahren aufgebraucht wäre. Da wir zu lange gezögert haben beim Klimaschutz, schmilzt das verfügbare CO2-Budget immer weiter ab. Damit wird CO2 marktwirtschaftlich schon heute eine Mangelware. Folge: Der Preis würde in die Höhe schießen. Und zwar sofort. […] Wenn die FDP eine CO2-Preissteigerung verhindern will, widerspricht sie ihrem Markenkern doppelt: Statt freien Markt fordert sie einen Kostendeckel für fossile Energie, statt Freiheit beschert sie der nächsten Generation zwangsweise Einschränkungen. Lindners Taschenrechnerübung ist weder der Sorge um die bürgerliche Kleinfamilie geschuldet noch dem Mantra vom alles regelnden Markt. Die Liberalen zielen darauf, den Preis künstlich niedrig zu halten und so der eigenen Wählerschaft möglichst lange ihre Profite zu sichern, Klientelpolitik also. (Claudia Kemfert, Handelsblatt)
Ich komme immer wieder darauf zurück, aber wie sollte das jemals funktionieren? Wenn wir ein Cap einführen – und ich sehe nicht, wie das je passieren sollte – und Deutschland beim aktuellen Verbrauch 2030 seinen „Anteil“ aufgebracht hat – was bei unserer aktuellen Debatte und Politik passieren wird – was genau soll dann passieren? Wird Deutschland dann zum 1.1.2031 kein CO2 mehr ausstoßen? Quatsch. Wir werden weitermachen, halt ohne CO2-Zertifikat. Wer sollte uns daran hindern? Wer glaubt, dass das so möglich ist, glaubt auch daran, dass der Vertrag von Maastricht die Fiskalpolitik der EU-Staaten verlässlich in Fesseln legt. Es sind ordoliberale Fantasien, die nichts mit der Realität zu tun hat und von denen zuerst gebrochen werden, die jetzt am lautesten ihre Einführung fordern, sobald sie sie selbst betreffen. Noch schlimmer sind dagegen Leute wie Österreichs Kanzler Kurz: Der stellt sich einfach hin und erklärt, dass wir nichts, aber auch gar nichts ändern müssen, um die Klimakrise zu bekämpfen. Stattdessen werden irgendwelche Technologien es richten. Na dann.
5) The Board Games That Ask You to Reenact Colonialism
In practice, that means the mechanics of “Puerto Rico” are centered around cultivation, exploitation, and plunder. Each turn, a player takes a role—the “settler,” the “builder,” the “trader,” the “craftsman,” the “captain,” and so on—and tries to slowly transform their tropical enclave into a tidy, 16th-century imperial settlement. Perhaps they uproot the wilds and replace them with tobacco pastures or corn acreage, or maybe they outfit the rocky reefs with fishing wharfs and harbors, in order to ship those goods back across the ocean. All of this is possible only with the help of a resource that the game calls “colonists,” —represented by small, brown discs in the game’s first edition, which was published by Rio Grande Games and is available in major retailers—who arrive by ship and are sent by players to work on their plantations. So that’s “Puerto Rico,” the game. In Puerto Rico, the real place, the Spanish empire started enslaving the indigenous Taíno people shortly after Columbus arrived on the island during his second voyage, in 1493. The first African slaves arrived in 1517. By 1560, the total population of captives numbered about 15,000, and in 1560, plantation holders started branding slaves’ foreheads with hot irons in order to adjudicate any potential kidnapping cases. It’s all a little uncanny when you set down a brown “colonist” marker, but the original instruction manual for “Puerto Rico” offers no commentary on the terror of human displacement that it echoes. The game’s animating principle—as much as it has one—is that this island was empty and dormant until the West arrived, bringing with it a golden age. And yet, “Puerto Rico” is still considered to be one of the greatest board games of all time. (Luke Winkie, The Atlantic)
Die Diskussion über den Kolonialismus in Brettspielen ist ziemlich überfällig. Das Motiv ist unglaublich beliebt. Der Grund dafür liegt im selben Prinzip das erklärt, warum so viele Videospiele sich damit befassen, eine Waffe auf etwas zu richten und abzudrücken: der Input bestimmt das Design. Die Verwendung von Tastatur und Maus beziehungsweise eines Controllers bei Videospielen fördert intuititv Designs, bei denen die Interaktion mit der Spielwelt durch Zielen erfolgt – wenig überraschend, dass da Waffen als häufigstes Problemlösungsmittel auftauchen.
Gleiches gilt bei Brettspielen. Hier wird üblicherweise, sofern wir nicht von primitiven Fortbewegungsspielen à la „Mensch ärgere dich nicht“, „Monopoly“ oder „Snakes and Ladders“ sprechen, irgendetwas aufgebaut. Es existieren verschiedene Ressourcen, die miteinander kombiniert neue Ressourcen ergeben. Das kann man natürlich abstrakt machen, aber normalerweise werden die mit realen Ressourcen wie Holz, Lehm, Wolle, Getreide und Erz symbolisiert, die dann wiederum dem Bau von Infrastruktur dienen. Und da das Auge mitspielt und Spiele mehr Spaß machen, wenn sie eine auch noch so primitive Hintergrundgeschichte haben (denke: „Siedler von Catan“), drängt sich die Kolonialisierung scheinbar leerer Räume geradezu auf.
Nur waren diese Räume eben nicht leer. Diese Lüge haben die Kolonisierenden Nationen Jahrhunderte erzählt, und in ihrer Designstruktur reproduzieren die Brettspiele sie immer und immer wieder, weil die Spielmechanismen entweder gar nicht in der Lage sind, indigene Einwohner mit einzubeziehen (die werden ja von niemandem gespielt) oder das nicht wollen, weil „Puerto Rico“ nicht der Familienspielhit wäre, der es ist, wenn man dort Sklaven unter Kontrolle halten müsste.
6) „Mehr Klimakrise zuzulassen, ist das Teuerste und Unsozialste“
Die Flutkatastrophe sei „nicht nur großes Unglück und dummer Zufall, sondern auch Konsequenz einer politischen Weigerung, wissenschaftliche Warnungen ernstzunehmen“, meinte dann Luisa Neubauer. Die Aktivistin machte den Regierungen von Bund und Ländern scharfe Vorwürfe. Es sei „wahnsinnig zynisch und verlogen“, jetzt zu sagen, man hilft den Leuten, um dann am Regierungstisch die gleiche Politik weiter zu betreiben. Das galt natürlich vor allem NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Ihrer „Fridays for Future“-Bewegung werde von Politikern immer gesagt, man müsse vorsichtig sein beim Klimaschutz, weil er sich mit der Bewahrung des Wohlstands nicht vertrüge. Nun aber wurde durch Wassermassen „innerhalb von wenigen Stunden über Jahrzehnte erarbeiteter Wohlstand zerstört“, lautete eines der besten ihrer scharf formulierten Argumente. (Christian Bartels, T-Online)
Das ist das mit Abstand beste Argument dieser ganzen Auseinandersetzung in meinen Augen. Ich bin nicht Politikexperte genug um abschätzen zu können, wie erfolgreich es hinsichtlich des politischen Marketings sein kann, aber zumindest für mich ist intuitiv überzeugend, vor allem angesichts der Schäden durch die Flutkatastrophe, dass Nicht-Handeln wesentlich teurer ist als Handeln. Dass damit Schwarze-Null-Fans nicht überzeugt werden können ist klar, aber die lassen sich wie alle Fundamentalisten auch von gar nichts überzeugen.
7) China könnte die Welt ins Chaos stürzen
Letztlich lässt sich die Kriegsgefahr schwer einschätzen, dafür ist China unter Xi zu unberechenbar. Viel wird davon abhängen, wie viel Selbstvertrauen die chinesische Führung in die eigene Stärke hat. Rhetorisch läuft der chinesische Präsident allerdings immer weiter in eine Sackgasse. Zu oft wird die notfalls gewaltsame Wiedervereinigung zur entscheidenden Frage erklärt, so dass ein Rückzieher nur mit einem großen Gesichtsverlust möglich wäre. Außerdem könnte die chinesische Führung einen Krieg nutzen, um von innenpolitischen Problemen abzulenken. Das hat China mit anderen Autokratien gemein. Eine entscheidende Frage wird sein, wie teuer ein Krieg für Peking wäre. Dabei spielt auch die internationale Gemeinschaft eine Rolle. Wenn die Verteidigung der demokratischen Idee ernst genommen wird, könnten viele EU-Staaten und auch die USA Taiwan aus der diplomatischen Isolation befreien. Denn das kleine Land verkörpert die Ideale der politischen Mitbestimmung der Bevölkerung, der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit. Einen mutigen Schritt ging in der vergangenen Woche Litauen: Taiwan durfte dort eine diplomatische Vertretung eröffnen. Damit geht das EU-Mitglied auf Konfrontationskurs zu China, Peking bezeichnete die Ankündigung als „Farce“ und erinnerte an das Ein-China-Prinzip. Die Konfrontation mit China auf ideologischer Ebene erscheint für den demokratischen Westen unausweichlich. Die Regierungen in Europa und Nordamerika müssen sich entscheiden, zu wie vielen wirtschaftlichen Zugeständnissen sie in diesem Konflikt bereit sind. Nicht nur zur Verteidigung von Taiwan, sondern auch im Ringen für eine demokratische Weltordnung. Die Taiwan-Frage ist lediglich ein Brennglas eines viel größeren Kampfes. (Patrick Dieckmann, T-Online)
Es ist wirklich bedauerlich, dass sich alle Hoffnungen auf eine Liberalisierung Chinas durch die Einbindung in die weltweite Marktwirtschaft zerschlagen haben, wie sie noch in den 2000er Jahren vorgeherrscht haben. Inzwischen ist das Land unübersehbar ein aggressiver Rivale um Vorherrschaft, ein systemischer Konkurrent. Dieser Wettkampf beschränkt sich auch nicht auf die Wirtschaft und Technik. Anders als die Sowjetunion hat China in seiner Herausforderung Hollywoods und der massiven Beeinflussung der Unterhaltungsbranche sogar Aussichten, den Kulturkampf mit den USA zu gewinnen.
Ob China tatsächlich Krieg über Taiwan riskieren würde (oder Nepal), kann ich nicht beurteilen. Möglich ist es durchaus. Der einzige Silberstreif am Horizont diesbezüglich ist, dass es anders als im Kalten Krieg hinreichend Szenarien eines bewaffneten Konflikts zwischen der Volksrepublik und den USA gibt, die nicht in einem nuklearen Höllenfeuer enden. Das allerdings ist nur ein kleiner Trost. Die Aussichten in der Sicherheitspolitik sind für die nächste Dekade alles andere als rosig.
„The admissions in your letter corroborate and explain numerous credible accounts by individuals and firms that they had contacted the FBI with information ‚highly relevant to … allegations‘ of sexual misconduct by Justice Kavanaugh, only to be ignored,“ Whitehouse and Coons wrote in a Thursday response, signed by five other senators. „Your letter confirms that the FBI’s tip line was a departure from past practice and that the FBI was politically constrained by the Trump White House,“ they added earlier, on Wednesday. The lawmakers called on the FBI to answer a „range of outstanding questions“ regarding the tip line and „the relevant information it yielded.“ The Trump administration reportedly „carefully controlled“ the inquiry into Kavanaugh’s confirmation, writes the Times. Although it later allowed the FBI to „conduct a more open investigation,“ the White House initially tried to limit the number of people the agency could interview. Read more at The New York Times. (Brigid Kennedy, The Week)
Ich erinnere mich noch gut an die Diskussionen bei Kavanaugh. Wie viele damals für ihn in die Bresche gesprungen sind, weil über 20 Frauen, die ihm sexuelle Belästigung vorwerfen, und seine unglaubwürdigen Verteidigungen dazu ja nicht ausgereicht haben, um ihn als ungeeignet erscheinen zu lassen. Dass die Trump-Administration in einem solchen Ausmaß eingriff zeigt einmal mehr ihre Gesetzlosigkeit – und dass sich die gemäßigten Rechten am Nasenring durch die Manege führen und für widerwärtige Menschen wie Kavanaugh instrumentalisieren ließen.
9) Merkel: Germany has not done enough to hit Paris climate targets
The 67-year-old nonetheless conceded that “what has been achieved is not sufficient” when measured against the Paris agreement’s target to limit global warming to well below 2C, preferably to 1.5C, compared with pre-industrial levels. Not just Germany, but the whole world had failed to meet its targets, she said. […] “I am equipped with sufficient sense for science to see that objective circumstances demand that we can’t continue at the current pace but have to up the tempo,” Merkel said. While Germany alone could not change the world climate, she argued, “the manner in which we do it can set an example that others follow”. Merkel, who was environment minister under Chancellor Helmut Kohl from 1994 to 1998, said the fight for joint global steps towards more efficient climate protection had “shaped my entire political work”. She defended her government’s 2011 decision to phase out nuclear power by 2022, which critics say has made the country more reliant on coal power. “For Germany, the die has been cast,” she said. “I don’t see a government of the future changing anything in that respect.” (Philipp Oltermann, The Guardian)
„Germany has not done enough„, als ob Merkel nicht für 16 Jahre selbst Regierungschefin gewesen wäre. Es ist unglaublich wie sie es seit 16 Jahren schafft, sich selbst von dem Land, das sie regiert, abzusetzen und in der Lage ist, einen Aufruf an sich selbst zu starten, mehr zu tun. Es ist eine völlige Diffusion von Verantwortung, und aus unerfindlichen Gründen funktioniert es ein ums andere Mal.
10) The Real Source of America’s Rising Rage
So far there are a few things we can say with some confidence: Collectively, we are no more conspiracy-minded today than we have been in the past. Social media makes it harder to ignore this aspect of American society, and may have even accelerated it, but there’s little evidence that social media is the main driver. In general, people are about as satisfied with their jobs and their lives as they have been in the past. Adjusted for inflation, incomes of the working and middle classes haven’t gone up a lot over the past few decades, but they have gone up. This is true for all racial groups and all income groups. Quite a few social trends have gotten steadily better over the past three decades. Nonetheless, there are a few things that have notably changed for the worse. From a political standpoint, the critical one is trust in government. As we all know, trust in government plummeted during the ’60s and ’70s thanks to Vietnam and Watergate, and then flattened out for the next few decades. […] To find an answer, then, we need to look for things that (a) are politically salient and (b) have changed dramatically over the past two to three decades. The most obvious one is Fox News. […] A more recent study estimates that Fox News produced a Republican increase of 3.59 points in the 2004 share of the two-party presidential vote and 6.34 points in 2008. That’s impact. […] For the past 20 years the fight between liberals and conservatives has been razor close, with neither side making more than minor and temporary progress in what’s been essentially trench warfare. We can only break free of this by staying clear-eyed about what really sustains this war. It is Fox News that has torched the American political system over the past two decades, and it is Fox News that we have to continue to fight. (Kevin Drum, Mother Jones)
Ich empfehle die komplette Lektüre dieses langen und ausführlichen Artikels, einerseits wegen Drums Widerlegung beliebter Narrative zur Quelle der tiefen Polarisierung – Internet und Verschwörungstheorien – und andererseits wegen seines wohl begründeten Fokus‘ auf die rechte Hetzpresse. Wir haben ein ähnliches Phänomen ja auch in Großbritannien. Auch hier gibt es eine ziemlich aggressive Rechts-Presse, und auch hier haben wir es mit Spaltung, Populismus und so weiter zu tun. Deutschland dagegen, in dem ein vergleichsweise objektiver öffentlich-rechtlicher Rundfunk immer noch dominant ist, hat dieses Problem nicht. Gerade deswegen ist es so gefährlich, dessen Legitimität zu untergraben.
11) Die Pandemie als Ausrede für leere Supermarktregale
Aber es ist nicht nur die Pingdemic, die in Großbritannien – trotz Öffnung – die Wirtschaft bremst, während das Wachstum in der EU wieder anzieht. Lieferengpässe gibt es bereits seit Beginn des Jahres. Und vieles von dem, was jetzt auf die neuerliche Infektionswelle geschoben wird, ist tatsächlich eine Folge des Brexits. Etwa der schmerzende Personalmangel: In zahlreichen Branchen fehlen die kontinentaleuropäischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sonst im Hotel- und Gaststättengewerbe, in der Landwirtschaft, der Fleischindustrie, den Schlachthöfen, den Lagerhäusern und Geschäften tätig waren. Während der Pandemie sind viele in ihre Heimat zurückgekehrt und kommen nun nicht wieder. Auch weil sie nach dem neuen Einwanderungsgesetz kein Visum mehr erhalten: Viele erfüllen die Qualifikationsstandards oder Einkommensanforderungen nicht. Solange die Restaurants geschlossen waren und große Teile der Wirtschaft im Lockdown auf Sparflamme liefen, fiel der Mangel an Arbeitskräften nicht so ins Gewicht. Jetzt ist er überall zu sehen. […] Viele Unternehmen, die früher nach Großbritannien lieferten, haben sich mittlerweile zurückgezogen oder decken nur noch eine eingeschränkte Produktpalette ab. Der Grund: Es lohnt sich nicht. Die EU-Firmen müssen Rechnungen mit Zolltarifnummern für jedes einzelne Produkt im Laderaum vorbereiten. Das ist für viele Unternehmen zu viel Arbeit, zumal ihre bestehende Software oft auch gar nicht darauf ausgelegt ist. […] Viele europäische Unternehmen wollen da nicht mitziehen; und britische Importeure streichen die Produktvielfalt für die Einfuhr zusammen. Die Corona-Lage ist also nicht die Ursache dafür, dass die Menschen vor leeren Regalen stehen. (Bettina Schulz, ZEIT)
Der Brexit kommt genau so, wie es die Kritiker*innen von Anfang an vorhergesagt hatten. Chaos, hohe Opportunitätskosten, Vernichtung von Werten. Wie hätte es auch anders sein sollen, wenn eine globalisierte, verflochtene Wirtschaft ohne Vorbereitung (trotz vier Jahre Vorbereitungszeit, ein Hurra auf populistische Regierungen und ihre generelle Inkompetenz) aus einem seit fünf Jahrzehnten bestehenden, zutiefst komplexen integrierten System herausgerissen wird?
Zu 3): Wenn ich das am Rande richtig wahrgenommen habe, ist das ein schlechter Scherz? Man hat bei der Auswertung rechtsradikaler und rechtsextremistischer (!) Gruppen festgestellt, dass Linke und Grüne die bevorzugten Ziele waren – wer hätte das geahnt. Auswertungen aus der Journalistenhölle.
Gruss,
Thorsten Haupts
Zu 5: Wenn sich Nicht- oder Gelegenheitsspieler zu Spielen äussern … Das mit Abstand erfolgreichste Computerspiel aller Zeiten zur Zweitbesiedelung Amerikas war und bleibt Sid Meiers „Colonization“ – und selbstverständlich kommen indigene Völker in diesem Spiel prominent vor und der Spieler muss aktiv entscheiden, ob er sie auslöscht oder seine Siedlungen entsprechend einschränkt.
Unabhängig davon hat sich die Zivilisation auf allen Kontinenten (mit der Ausnahme Südamerikas) gegen Nomadenvölker durchsetzen müssen – praktisch waren die ersten Bauernsiedliungen bereits ein Akt der „Kolonisation“, weil Land der nomadischen Nutzung entzogen wurde. Nur können Nomaden keine Zivilisation entwickeln und wir wären ohne die fast immer brutalen Vertelungskämpfe des Alterums nie zu irgendeiner Form von Zivilisation gekommen. Das zu verdrängen nehme ich den Anti-Kolonialisten übel.
Gruss,
Thorsten Haupts
Das kann man zu Südamerika so nicht generalisieren. Die sesshaften Inca haben sich ja 100 Jahre vor den Spaniern in den Norden des Valle Central in die Gegend des heutigen Santiago de Chile gegen die nomadischen Mapuche ausgedehnt.
Die Mapuche nannten dann die Spanier Hu-inca (ausgesprochen etwa W’inca), was übersetzt etwa „Neue Inca“ bedeutet.
Bei colonization ist dafür interessant, in welchem Maße die schwarze Besiedlung Amerikas ausgeblendet wurde. Nicht nur ist im Spiel der transatlantische Sklavenhandel nichtexistent ( dafür kam die ‚light Version‘ von Sklaverrei Indentur vor ), heutztage würde das Spiel auch durch Maroon Siedlungen oder zumindest schwarze Persönlichkeiten (Toussaint Louverture) ergänzt.
Dafür haben Sie es geschafft mit nur einem halben Satz „Nur können Nomaden keine Zivilisation entwickeln“ gleichzeitig Hebräer, Mongolen und Türken zu beleidigen.
Nö, habe ich nicht. Die Mongolen übernahmen die Zivilisation von den eroberten Völkern, die Türken vom Byzantinischen Reich (Ostrom). Das waren vorher Nomadenstämme ohne Städte – und die Entwicklung von Zivilisaation ist ohne Städte schwer vorstellbar und praktisch auch niemals passiert. Mit der Geschichte der Hebräer bin ich nicht ausreichend vertraut.
Zustimmung zu der Auslassung in Colonization, aber das ist für Spiele auch eine schwer überwindbare Hürde – die realistische Integration bestimmter historischer Grausamkeiten (Töten geht offenbar immer) würde vorhersehbar einen öffentlichen Aufschrei auslösen.
Gruss,
Thorsten Haupts
Da ist so viel falscher Unfug drin, das bräuchte einen Riesenartikel um das zu widerlegen.
Da wäre ich ja mal richtig gespannt :-).
Gruss,
Thorsten Haupts
Zu 10): Nee, is klar. Die eigene Weltsicht zur neutralen „Objektivität“ zu erklärten war und bleibt ein Herrschaftsinstrument der jeweiligen Funktionseliten seit Beginn historischer Aufzeichnungen. Sie bestätigen hier nur erneut, dass die Linksliberalen zur neuen Hegemonie wurden – und diese jetzt mit altbekannten Argumenten verteidigen.
Nur zur Erinnerung an alle Nichtmitglieder dieser hegemonie – die Kulturkämpfe der Vereinigten Staaten wurden ausgelöst und werden vorangetrieben durch linksradikale Progressive INNERHALB der amerikanischen Traditionsmedien, von diesen widerstands- und kritiklos als bewundernde Unterstützer begleitet.
Gruss,
Thorsten Haupts
Natürlich kann eine zentristische Position auch problematisch sein. Neues entsteht halt oft an den Rändern. Vieles „neue“ erweist sich aber halt auch einfach als Sackgasse.
Jeder hält seine eigene Weltsicht für objektiv richtig.
Genau.
Ausser man hat die Fähigkeit zur Selbstreflexion.
Selbst dann. Ich bin dann nur in der Lage, sie anzupassen. Aber niemand vertritt eine Weltsicht, die er selbst für objektiv falsch hält.
Mit Selbstreflexion weiss man, dass die eigene Weltsicht nicht so objektiv sein kann. Und vielleicht hat man dann auch gar keine konkrete Weltsicht. Das meinte ich.
Ich weiß; mein Punkt ist vielmehr: das geht nicht. Du musst eine Weltsicht haben. Jeder hat eine. Da kommst du gar nicht nicht drumrum.
4) Wir berechnen Deutschlands Weltanteil am globalen CO2-Budget, welches bei einem „Weiter so“ in sieben Jahren aufgebraucht wäre. Da wir zu lange gezögert haben beim Klimaschutz, schmilzt das verfügbare CO2-Budget immer weiter ab. Damit wird CO2 marktwirtschaftlich schon heute eine Mangelware. Folge: Der Preis würde in die Höhe schießen.
Ein auf dieser Basis statt findende CO2-Zertifikate-Handel mit Spekulanten wäre der Weg in die perfekte Anarchie. Aber im Ernst: Gewollt ist natürlich eine Simulation eines Zertifikaten-Handels, der den Spieltrieb und Geldbeutel von Spekulanten füllt, aber wenig am CO2 Ausstoß ändert.
9) „Germany has not done enough„, als ob Merkel nicht für 16 Jahre selbst Regierungschefin gewesen wäre. Es ist unglaublich wie sie es seit 16 Jahren schafft, sich selbst von dem Land, das sie regiert, abzusetzen und in der Lage ist, einen Aufruf an sich selbst zu starten, mehr zu tun.
So agiert sie ja auch auf anderen Politikfeldern. Stichwort Digitalisierung, Bürokratieabbau, Katastrophenschutz, …
Ich verstehe nicht, wie man Merkel jemals als gute Politikerin sehen konnte.
Ein auf dieser Basis statt findende CO2-Zertifikate-Handel mit Spekulanten wäre der Weg in die perfekte Anarchie.
Ich würde vorschlagen, Sie wenden sich an die Umweltorganisationen, die ihre Aktionen darauf richten, Zertifikate aufzukaufen um sie damit ungenutzt stillzulegen. Böse Spekulanten, die mit dem Geld ihrer Spender Anarchie verursachen. Böse Spekulanten!
Ich verstehe nicht, wie man Merkel jemals als gute Politikerin sehen konnte.
1) Sie eckt nicht an
2) Ihr Habitus ist anständig-kleinbürgerlich
3) Viele Vergleichs-Premierminister des Auslandes fielen öffentlich (negativ) auf
4) Journalisten verfügen nicht über die Kompetenz, Praxis beurteilen zu können, also urteilen sie ausschliesslich über die Performance
5) Merkel bewegte sich seit 2005 immer in der Komfortzone der veröffentlichten Mehrheitsmeinung, die letzte Irritation (Kernkraft) wurde 2011 abgeräumt
6) Merkel hatte nie einen profilierten Herausforderer
Ausreichend Gründe?
Gruss,
Thorsten Haupts
4) Das gilt für alle, immer.
5) Das ist auch eine Kunst.
6) Merz, Wulff, Koch, Oettinger?
6) ROFL. Ein Fraktionsvorsitzender, der bei der Herausforderung durch die Parteichefin kampfos den Schwanz einzieht. Und drei Ministerpräsidenten (zwei davon profillos), die sich nie trauten, Merkel offen herauszufordern.
Also gut, Koch lasse ich als „profiliert“ durchgehen, aber nicht als Herausforderer.
Gruss,
Thorsten Haupts
Auch hier gilt: es ist schon merkwürdig, dass die CDU, SPD und alle anderen weltweiten Staatenlenker zwischen 2005 und 2021 Pfeifen gewesen sein sollen, nur damit man die Fiktion aufrechterhalten kann, Merkel könne nix.
Wollte ich nie? Ging nur um die Frage, warum alle Welt Merkel für eine „gute“ Politikerin hält.
Finde Ihre Definition von „gut“ übrigens seltsam. Stehvermögen und Machtkämpfe gewinnen machen fähigen Machtpolitiker aus. Genau das.
Gruss,
Thorsten Haupts
Darum geht es mir. Sie ist offensichtlich eine ausgezeichnete Politikerin in dem Sinne, als dass sie Macht erobern und, vor allem, verteidigen kann. Der Rest macht ja eher „eine gute Bundeskanzlerin“ oder „ein guter Finanzminister“ etc. aus.
Einverstanden.
@ Stefan Sasse 3. August 2021, 19:55
Auch hier gilt: es ist schon merkwürdig, dass die CDU, SPD und alle anderen weltweiten Staatenlenker zwischen 2005 und 2021 Pfeifen gewesen sein sollen, nur damit man die Fiktion aufrechterhalten kann, Merkel könne nix.
Ich sage nicht, dass frau merkel nichts kann, und dass sie eine „gute“ Politikerin ist (in dem Sinne, sich an der Macht zu halten), habe ich nie bestritten.
Ich sage nur, dass Ihre „Politik“ für unser land ein Riesen-Problem ist, da sie
keines der wichtigen Probleme angepackt bzw. gut gelöst hat. Für die eine Ausnahme mag, wer immer will, die „Ehe für alle“ nehmen, die sie den Grünen mit hoheer Eleganz vom Teller gezogen hat.Aber von Außenpolitik, Atomaustieg, Bildung, Bundeswehr, Digitalisierung und Flüchtingskrise bis hin zu Polizei und Wohnraum haben wir nur teure und schlechte oder gar keine Lösungen bekommen. Da hätten die Nachfolger einiges aufzuräumen, aber bei den Kandidaten mache ich mir keine großen Hoffnungen.
Korrekt. An dich geht das auch nicht. Wer aber ernsthaft argumentiert, dass 20 Jahre lang nur Pfeifen gegen Merkel angetreten sind – sorry, das ist keine analyse mehr.
9) Merkel war 16 Jahre lang Kanzlerin und noch länger CDU-Vorsitzende. Das wird man nicht, weil man keine gute Politikerin ist. Ob sie damit was Gutes gemacht hat ist was anderes, aber zu denken sie sei keine gute Politikerin ist absurd.
@ Stefan Sasse 3. August 2021, 14:24
Merkel war 16 Jahre lang Kanzlerin und noch länger CDU-Vorsitzende. Das wird man nicht, weil man keine gute Politikerin ist. Ob sie damit was Gutes gemacht hat ist was anderes, aber zu denken sie sei keine gute Politikerin ist absurd.
Wenn Du unter „PolitikerIn“ eine Person verstehst, die sich an der Macht halten kann (und sonst nichts), stimme ich Dir zu.
Politik ist die Kunst, Macht zu gewinnen, zu erhalten und für die eigenen Ziele zu nutzen. Ich denke das muss man zumindest zu gewissen Teilen schon trennen.
9) So unerfindlich finde ich die Gründe nicht. In einer politischen Kultur, in der eine Entschuldigung schon als Großtat gefeiert wird und ein Minister wie Scheuer im Amt bleiben kann, wundert einen doch nichts mehr.
„set an example that others follow“
Kann das wirklich das Ziel sein?
Oder ruinieren wir damit die Wirtschaft, während andere die Kosten sparen und D auf dem Weltmarkt ausbooten?
Oder stimmt es, dass die anderen sehr wohl auf D schauen und reagieren, wenn es hier funktioniert?
Alles ernst gemeinte Fragen.
Der Ökonom fragt, ob es einen Markt gibt, von dem andere von der Nutzung ausgeschlossen werden können, wenn sie nicht bezahlen. Nehmen Sie Sicherheit: Wenn eine Gruppe einen Sicherheitsdienst engagiert, um die Wohnanlage zu schützen, so profitieren davon auch Anwohner, die sich finanziell nicht engagieren wollen. Schließlich schauen die Sicherheitskräfte auf die Anlage und nicht einzelne Häuser.
Unter solchen Bedingungen kann sich kein Markt bilden, weil es zu viele Trittbrettfahrer gäbe, die ohne zu zahlen ein Produkt oder eine Leistung nutzen würden. Das Ausschlussprinzip ist ganz elementar für die Bildung eines Marktes.
Gibt es eine solche Situation, dann ruinieren Sie diejenigen, denen sie eine Abgabepflicht auferlegen. Nur wenn diese für alle gilt, sind die Bedingungen fair.
Die Politik von Gesellschaften wird nach Kosten / Nutzen-Erwägungen gesteuert. Das schließt moralisches Verhalten keineswegs aus, aber es muss für die große Mehrheit deutliche Vorteile bieten. Wenn ein Staat umfangreiche Belastungen / Einschränkungen für seine Bürger durchsetzt, von den Maßnahmen aber vor allem andere Regionen / Länder profitieren, wird der Rückhalt für eine derartige, nur auf moralischen Prinzipien gründende Politik gering sein.
Da die Welt globaler geworden ist, sehen wir solches Trittbrettfahrertum inzwischen häufiger. In der Pandemie kamen die Vorteile einschränkender Maßnahmen direkt der eigenen Bevölkerung zu gute, während Ausländer ausgeschlossen blieben. Entsprechend hoch war die Akzeptanz. Das Akzeptanzproblem rührt aus der Güterabwägung. Bei Impfungen haben wir übrigens wieder das Trittbrettfahrerproblem.
Bei der Behandlung von Flüchtlingen profitieren hauptsächlich Staaten von einem rigiden Grenzregime, die nicht unmittelbar von dem Problem konfrontiert sind. Und genauso verhält es sich in Extension beim Klimaschutz. Hauptprofiteure von Emissionsbegrenzenden Maßnahmen sind Länder und Regionen, die selbst kaum Mittel und Wohlstand haben, allerdings auch vergleichsweise wenig emittieren. Entsprechend waren Drittwelt- und Schwellenländer sehr leicht bereit, bei Klimaschutzverhandlungen weitreichende Ziele anzustreben.
Kyoto scheiterte, weil die Industrieländer darauf beharrten, dass die Schwellenländer (nicht Dritte Welt) nicht mehr von den kostenintensiven Maßnahmen ausgeschlossen blieben. Folgerichtig scheiterte der Klimaschutzgipfel von Heiligendamm. In Kopenhagen 2009 stellten die Schwellen- und Entwicklungsländer entsprechend hohe Forderungen. Aus Wikipedia:
Boliviens Präsident Evo Morales verlangte, dass die Industriestaaten gegenüber den Ländern des Südens ihre „Klimaschuld“ begleichen. Zudem müsse die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf maximal ein Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit beschränkt werden. Er schlug vor, einen internationalen Gerichtshof für Klimarecht einzurichten. Venezuelas Präsident Hugo Chávez betonte, dass es die reichen Staaten seien, die diesen Planeten zerstören.
https://de.wikipedia.org/wiki/UN-Klimakonferenz_in_Kopenhagen_2009
Ich denke, man kann Morales nicht auf diese einzelne Äußerung festnageln, zumal die Intention der Äußerung ja darin bestand, so etwas wie innere Geschlossenheit zu erzeugen. Wirklich ernst war das nie gemeint. Morales hat eine Menge „extravistischer“ Projekte an den Start gebracht. Das führte auch zum Bruch mit wichtigen Indigenen-Gruppen. Bei Bolivien nie vergessen, dass wir über das einzige südamerikanische Land mit einer indigenen Mehrheit sprechen.
Es ging mir nicht um Morales. Es ging um das Argument,
Kyoto scheiterte, weil die Industrieländer darauf beharrten, dass die Schwellenländer (nicht Dritte Welt) nicht mehr von den kostenintensiven Maßnahmen ausgeschlossen blieben.
2008 rechnete noch niemand mit dem Auslaufen von Kyoto. Ich habe damals für ein Unternehmen gearbeitet, das im Zertifikatehandel unter dem UN-Regime engagiert war. Man ging allgemein davon aus, dass es ein Nachfolgeprotokoll geben würde.
Doch dann eskalierte der Streit zwischen den bisherigen alleinigen Zahlern, den Industrieländern, und den großen Profiteuren ohne Eigenleistung, den Schwellenländern. Nicht nur Morales zogen dann noch die Moralkarte. Im Prinzip hat sich daran bis heute nichts geändert.
Die Industrieländer profitieren doch eindeutig mit, indem sie Technologie verkaufen. China hat insbesondere in der Solartechnologie eine riesige Anschubfinanzierung geleistet.
Der CO2 Ausstoss pro Einwohner der Industrie-Länder ist deutlich höher.
Nun ja, verkaufen war da relativ. Die Schwellenländer profitierten von einem günstigen Technologietransfer, denn westliche Firmen generierten durch den Bau von Wasserkraftwerken und Windparks in Pakistan und Indien CO2-Zertifikate, die von der UN kontrolliert und für den Handel im EU ETS zugelassen wurden. D.h., die Industrieländer subventionierten den Technologietransfer. Wenig verwunderlich wollten die Schwellenländer von diesem Boost für ihre Industrie nicht lassen.
Der Pro-Kopf-Ausstoß ist nicht wirklich relevant. Deutschland kann nichts dafür, dass Indien so überbevölkert ist. Am Ende zählt, dass allein in der Einflusssphäre der indischen Gesellschaft 13% der weltweiten Emissionen entstehen, in der deutschen Einflusssphäre jedoch nur 1,7%. Pro-Kopf-Betrachtung hätte dann eine Bedeutung, wenn es eine einheitliche Gesamtheit, sei es in Form eines Marktes oder eines politischen Regimes gäbe. Das ist aber nicht der Fall.
Für die Atmosphäre spielt es in der Tat keine Rolle, wohl aber für die politischen Möglichkeiten. Die Länder mit dem niedrigen Pro-Kopf-Verbrauch werden immer auf die Industrieländer zeigen. Der einzelne Inder wird wenig Verständnis dafür haben, dass er CO2 einsparen soll, solange wir es nicht tun.
Nein, das ist falsch. Den Inder interessiert sich herzlich wenig, was wir in Deutschland machen und welche moralischen Einstellungen wir haben.
Es ist im Westen und vor allem in Deutschland seit 50 Jahren ein beliebtes Argumentationsmuster, aber Sie können kein einziges Beispiel nennen, wo die Welt die Vorbildfunktion angenommen hätte. Wofür es in der Politik kein empirisches Beispiel gibt, ist es Ideologie.
Seit über 20 Jahren senken die Europäer und Nordamerikaner ihre Pro-Kopf-Emissionen. Sie sind dazu im Rahmen des Kyoto-Protokolls für damalige Verhältnisse weitreichende Verpflichtungen eingegangen. Einseitig. Die Verabredung war jedoch, dass in einem Folgeabkommen auch die Schwellenländer sich verpflichten müssten.
Diese sahen sich aber nicht in einem Prozess, sondern die Verpflichtungen der westlichen Welt zum Klimaschutz als eine Art Entwicklungshilfeprojekt für aufstrebende Länder. Darüber kam es wie mehrfach erwähnt, Ende der Nullerjahre zum Zerwürfnis.
Das moralische Argument funktioniert für die größten Emittenten als Schutzbehauptung. China sagt ja ganz frech, wenn sie sich dem westlichen Pro-Kopf-Ausstoß angenähert haben, dann werden sie sich zu Reduzierungen verpflichten. Sie wenden das moralische Argument einiger hier zu nationalistischer und Industriepolitik.
Übrigens emittiert auch in Indien und China nicht jeder Einwohner das Gleiche. Viele Chinesen haben längst einen CO2-Abdruck wie gut Situierte im Westen. Oder was meinen Sie, was allein die Flüge chinesischer Touristen nach Europa verursachen? China erzeugt im Flugverkehr inzwischen die meisten Emissionen.
Das ist das nationalistische Element der Argumentation nach dem nationalen Pro-Kopf-Ausstoß. Und deutsche Aktivisten besorgen noch das Geschäft von autokratischen Regimen.
Morales hat die Argumentationskette doch schon 2009 aufgezeigt. Exorbitante Ziele für die anderen und dazu Hilfen und Ausgleichszahlungen für die Schwellen- und Entwicklungsländer. Und nicht zu vergessen, den Technologietransfer zu Niedrigpreisen.
Das ist Nationalismus. Es ist vor allem keine Linie, die uns hilft, das vereinbarte Ziel zu erreichen. Aber im Grunde sind die Grünen und die ihnen angeschlossenen Aktivisten auch Nationalisten.
Oder stimmt es, dass die anderen sehr wohl auf D schauen und reagieren, wenn es hier funktioniert?
Dafür gibt es – bisher, d.h., in den letzten 30 Jahren – überhaupt keine Anzeichen. Das ist zur Zeit eine absolut hasenreine Wunschvorstellung. Ich persönlich halte sie für Grössenwahn.
Gruss,
Thorsten Haupts
Diesem Größenwahn frönt ihr, wo immer es um Wirtschafts- und Finanzpolitik geht, ohne jegliche Hemmungen.
Wer ist „Ihr“?
Das liberal-konservative Spektrum.
Aha.
Bitte nicht immer Kommentare lang rumquatschen. Beispiele nennen oder Argument akzeptieren. So macht man das zumindest in konservativen und liberalen Elternhäusern.
CitizenK: China gibt ja auch sehr viel Geld für die Entwicklung von Umwelttechnologien aus. Unsere und die dänischen Windräder sind ein echter Exportschlager. In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern gibt es Gegenden, in denen die Technologien zur sauberen Stromerzeugung einen wesentlich höheren Effizienzgrad haben als bei uns oder im Reich der Mitte.
Dass die sich etwa den Umstieg unserer Automobil-Konzerne auf E-Antrieb anschauen, um dann selbst auf dem Weltmarkt mit einem eigenen 5er BMW mit Benzin-Motor aufzutrumpfen, halte ich für extrem unwahrscheinlich.
DAS aktuell viel Geld einsammelnde chilenische Start-Up der Geschichte hat selbst ein Öko Thema -> https://notco.com/us/ (englisch)
Außerdem wirkt sich etwa die Regenwald-Abholzung in Brasilien viel schneller auf das chilenische Klima aus als auf das europäische. Die Pegel-Stände der andinischen Staudämme sind sehr oft sehr erschreckend.
1) The Story of How Same-Sex Marriage Went From Fringe to Mainstream (Interview mit Jesse Eisenberg)
Die Legalisierung von Drogen mit dem Grundrecht auf Ehe gleichsetzen. Darauf muss man erstmal kommen. Drogen als Grundrecht … Linke.
4) FDP-Chef Lindner macht beim CO2-Preis einen Denkfehler
Der große Denkfehler der Steuer- und Subventionsbefürworter: Eine Steuer erlaubt auch ein „Freikaufen“ des SUV-Fahrers, wenn er nur vermögend genug ist. Das Klimabudget trägt es doch bereits im Wort: Ein Budget ist begrenzt, das schreibst Du ja auch selber. Doch wie um Himmels Willen soll man von einer Verteuerung dazu kommen, dass das Budget eingehalten wird? In der Wüste wird einem Wasserhändler jeder Preis bezahlt, nur werden die Menschen nicht auf Wasser verzichten und nicht ihren Konsum des Nass einschränken. Das funktioniert nur, wenn der Wasserhändler eben täglich nur 1 Liter verkaufen kann.
Das mag in Bezug auf das Wüstenbeispiel zynisch klingen, aber so funktioniert es. Wenn es in der Wüste nur 1 Liter Wasser gibt, heißt es: Get out of the Desert! Ausgerechnet dem Staat die Hoheit über Preise zu übertragen, von denen man so etwas Elementares wie den Klimaschutz abhängig macht, kann nur mit der Naivität eines Kleinkindes verglichen werden.
„Drogen als Grundrecht … Linke.“
Welche Rechtfertigung gibt es für ein Cannabis-Verbot, wenn die weitaus gefährlichere Droge Alkohol legal ist?
Das war nicht der Punkt, sondern die Gleichsetzung des Grundrechts auf Ehe mit dem Verbot einer Droge. Letzteres fällt vielleicht unter das Grundrecht der Vertragsfreiheit, nur dann könnte man auch Crystal Meth und Kokain freigeben.
@ sol1 2. August 2021, 22:52
Welche Rechtfertigung gibt es für ein Cannabis-Verbot, wenn die weitaus gefährlichere Droge Alkohol legal ist?
Ich denke, dass es auch hier auf die Dosis ankommt. Ich kenne Leute, die regelmäßig rauchen. Die sind, wenn auch auf eine andere Art, genauso wenig zu gebrauchen wie Leute, die regelmäßig trinken. Die Annahme, dass Cannabis „harmlos“ ist, birgt eine Gefahr.
Aber (nicht, dass ich das medizinisch wirklich beurteilen kann) ich glaube dennoch, dass gelegentlicher Genuss von Cannabis nicht mehr oder weniger schädlich ist wie der von Alkohol.
Weil Akohol schon immer legal ist, ganz schlicht.
Viele Drogen waren legal, bevor sie verboten wurden. So einfach ist das auch nicht. Wobei das natürlich eine wichtige Rolle spielt und Alkohol wohl kaum erlaubt würde, würde er heute erfunden.
Alkohol ist auch kulturell verankert. Mein Lieblingssatz aus einem Artikel zum Thema (https://www.sueddeutsche.de/panorama/debatte-um-legalisierung-von-marihuana-jesus-und-der-joint-1.1267508), den ich im Deutschunterricht immer verwende:
„Die grundsätzliche Frage aber heißt: Will man das? Ist es Ausdruck der Liberalität eines Landes, wenn künftig nicht mehr nur die Alkohol- und Zigarettenabhängigen, sondern auch die Cannabis-Süchtigen legal tun, was sie nicht mehr lassen können?
Ist es nicht. So wie es auch keine Frage der Gerechtigkeit ist, dass der Alkohol seit ein paar tausend, der Tabak seit ein paar hundert Jahren in Deutschland inkulturiert sind, der Hanf aber nicht. Es ist Pech für die Freunde des gepflegten Joints, dass Jesus Wasser in Wein und nicht trockenes Gras in schwarzen Afghanen wandelte. Nicht weniger, nicht mehr.“
Klingt zwar gut, ist aber arg kurz gesprungen, und erklärt überhaupt warum dass den nicht liberal sein soll.
Aus liberaler Sicht stellt sich die Frage, ob man Menschen Dinge verbieten sollte die anderen nicht, oder wenig, schaden. Eher nein würde ich sagen. Deshalb bin ich auch für härtere Strafen und Verfolgung von z.B. zu schnellem fahren, aber gegen (harte) Strafen für Drogenkonsum.
Ausserdem muss der Schaden durch Verbote und ihre Durchsetzung (Kriminaliserung, fehlende Regulierung etc.) mit dem Nutzen abgewogen werden.
Auch wird Ungleichbehandlung nicht allein dadurch besser oder gar gerechtfertigt, dass sie historisch gewachsen ist.
Mit dem Argument könnte man viele, wenn nicht alle, progressiven Themen einfach abbügeln. Pech für Frauen, dass in Deutschland seit Jahrhunderten der generische Maskulin inkulturiert ist. Nicht weniger, nicht mehr…
Hätte Jesus halt eine Frau sein müssen…
You get my point
Ich weiß, der Satz ist brillant. Super nützlich im Unterricht.
Es ist auch nicht, dass ich das gutheißen würde. Ich finde nur, es erklärt den Sachverhalt sehr gut (also warum Alkohol und Tabak erlaubt sind). Ich erkläre das meinen Schüler*innen auch immer am Beispiel Auto: niemals würde diese Erfindung heute noch zugelassen werden. Aber es gibt Autos nun mal, deswegen sind sie erlaubt. Und so ist es auch hier.
Es erklärt den Sachverhalt nicht gut, sondern nur zum Teil. Wenn auch einem wichtigen Teil.
Es gab viele Dinge und Tatbestände die legal waren, bis sie eben illegal wurden.
Das gilt für alles mögliche (Prügelstrafe, Waffen, gefährliche Chemikalien, Kinderehe, you name it), und sogar für Drogen. Kokain war bis in die 20er oder 30ger relativ weit verbreitet und legal. Amphetamine wurden glaube ich sogar erst lange nach dem zweiten Weltkrieg verboten. Absinth war beliebt und legal, dann verboten und dann wieder legal.
Die Liste ist sicherlich noch länger.
Das Alkohol oder Autofahren weiter legal sind hat viele andere Gründe, z.B. der Grad der Verbreitung, kulturelle Bedeutung, wirtschaftliche Bedeutung, praktischer Nutzen usw usf.
Korrekt.
> Wenn man mich zwingt, bin ich dafür, dass es illegal bleibt, aber wenn es legalisiert wird, fine by me.
Würde mich mal interessieren: warum eigentlich? Mir geht Gras massiv am Arsch vorbei, es nervt sogar regelrecht, wenn jeder zweite davon erzählt, wie geil und ungefährlich das alles ist, aber ich finde das wesentliche Argument für die Legalisierung, dass man die illegalen Märkte ausdünnt und die Herstellung kontrollieren und besteuern kann (s. Alkohol und Tabak) massiv überzeugend, quasi eine Win-Win-Win-Situation für alle (bis auf die ganze Schattenseite natürlich). Also: warum wärst du gegen Legalisierung?
https://de.wikipedia.org/wiki/Opioidkrise_in_den_USA
Sehr vereinfacht und verkürzt – selbstverständlich wird eine Legalisierung den Konsum erst einmal deutlich erhöhen. Deutlich wie verdoppeln oder verdreifachen. Ja, auch bei Jugendlichen. Und ebenso selbstverständlich ist Haschisch/Marihuana für zu viele eine Einstiegsdroge. Ich kenne einige Sozialarbeiter aus Drogenmilieus, die genau deshalb massiv gegen die Legalisierung sind.
Ich bin trotzdem durchaus für Legalisierung, mache mir aber (anders, als die Masse der Befürworter) über den zu zahlenden Preis überhaupt keine Illusionen.
Gruss,
Thorsten Haupts
In der Pubertät ist Hasch für einige eben keine harmlose Droge. Die konsumieren dann riesige Mengen und selbst ehemals sehr aktive Jugendliche verlieren mit den Jahren jeden Antrieb. Manche nehmen dann LSD und sogar Heroin. So beobachtet in einer „gut behüteten“ Jugend in den 80ern.
Selbst von denen, die vom harten Zeug weitgehend die Finger lassen, wachen manche irgendwann mit Ende 20 auf, um dann festzustellen, dass da einige Züge abgefahren sind. Viele packten wohl auch die Kurve im Zivildienst und kurz danach, aber ich kenn da 2, 3 Fälle, die eben nicht.
Wäre aber wie Thorsten Haupts auch für eine Legalisierung.
In einigen US-Staaten ist es schon länger legal. Da gibt es doch Erfahrungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtliche_Stellung_des_Cannabisgebrauchs_in_den_USA
Ich bin generell gegen Drogenkriminalisierung. Wenn es nach mir ginge wären auch Alkohol und Tabak nicht legal. Da das nicht geht, machen die Argumente für die Gleichbehandlung Marijuanas Sinn.
OK, danke, nachvollziehbar, auch wenn die Haltung natürlich zum Scheitern verurteilt ist, hat die Menschheit ja schon mal probiert. Aber eine Einschränkung nicht nur aufs Käuferalter, sondern auch auf Kauforte könnte schon das eine oder andere bringen. Wenn wir Marijuana künftig aus Apotheken beziehen können, spräche aus meiner Sicht nichts dagegen, Tabakerzeugnisse auf Tabakläden und Spirituosen auf Spirituosen-Läden zu beschränken. Und dann endlich mal diese gottdämlichen Zigarettenautomaten an jeder Ecke abbauen!
Voll dabei.
3) und 10)
Daß sich auch hierzulande die neurechte Presse radikalisiert, hat sich gerade heute gezeigt, als Roland Tichy in diesem Tweet Partei für Terroristen genommen hat:
„Berliner Polizei drischt auf Bürger ein und blockiert die Stadt. Mit Demonstrationsverboten wird man dem wachsenden Unmut nicht Herr. Wie wärs mal mit Dialog?“
https://twitter.com/RolandTichy/status/1422087683522891777
2017 schrieb er übrigens anläßlich der Demonstrationen gegen den G20-Gipfel:
„Die Täter des Schwarzen Blocks schwimmen wie einst Maos Mörder in der Bevölkerung mit. Wer in Hamburg weiterhin auf die Straße geht, macht sich mitschuldig.“
Partei für Terroristen
Bin neugierig: Was haben die Terroristen in die Luft gesprengt, wen haben sie ermordet oder schwer verletzt?
Weder noch? Dann war der Begriff vielleicht … unpassend?
Gruss,
Thorsten Haupts
/// Am Sonntag hatten es die „Querdenker:innen“ offenbar besonders auf Journalist:innen abgesehen. Jörg Reichel, der Berliner Landesgeschäftsführer der Deutschen Journalisten- und Journalistinnen-Union Verdi, hatte tagsüber immer wieder über Flaschenwürfe, Pöbeleien und Angriffe auf Kolleg:innen berichtete. Als am Abend einer der unangemeldeten Demozüge durch Kreuzberg zog, wurde er von mehreren „Querdenker“-Aktivist:innen von seinem Fahrrad gezerrt, geschlagen und zusammengetreten. Nur das Eingreifen von Passant:innen konnte Schlimmeres verhindern. Reichel erlitt Verletzungen an der Schulter und an den Beinen und musste im Krankenhaus behandelt werden.
An unterschiedlichen Stellen in der ganzen Stadt wurden immer wieder Polizist:innen angepöbelt, bespuckt und angegriffen. Videos belegen, wie hemmungslos die „Querdenker:innen“ dabei vorgehen. Auch auf Beamt:innen, die bereits auf dem Boden liegen, wird weiter eingeprügelt. In einem Video ist zu sehen, wie ein Journalist versucht, einen am Boden liegenden Polizisten vor dem wütenden Mob zu schützen. (…)
Heinrich Fiechtner, ein ehemaliger AfD-Abgeordneter aus Baden-Württemberg und Anheizer der radikalen Bewegung, sagt in einem der Streams: „Der Staat zeigt immer mehr seine hässliche diktatorische Fratze. Letztlich wäre es ein Anlass an Stauffenberg zu denken […], um den Bürgern wieder Freiheit zu schaffen und sie von dieser Tyrannei zu befreien. Man kann diese Tyrannei ja an einzelnen Personen festmachen und hier ist dringende Abhilfe geboten“.
Fiechtner, der in seiner Funktion als Arzt mittlerweile selbst Impfungen durchführt, sagt die Bewegung solle Konsequenzen für „jeden einzelnen derer, die sich Polizisten nennen“ ziehen.
Und auch die Zuschauer:innen der Streams rufen immer wieder zu Gewalt auf. Im Chat des Streams des rechtsradikalen YouTubers „Aktivist Mann“ schreibt ein Zuseher: „eine Attacke und die Bullen liegen auf dem Bauch“, ein anderer schreibt: „Wenn die Demonstranten nicht so friedlich wären, wären die Bullen schon lange weg“. Einordnungen oder gar eine Zurechtweisung seiner Fans gab es keine.
Im gleichen Chat wird dazu aufgerufen, das Kanzleramt zu stürmen oder zum Reichstag zu ziehen, um Galgen aufzubauen. ///
https://www.belltower.news/querdenken-brutal-und-hemmungslos-durch-berlin-119417/
Dass die Mitglieder dieser Aggro-Variante der Querdenker Spinner sind, ist klar (
sicherlichhoffentlich auch Tichy). Das Gros der Demonstranten wird nicht ganz so wüst unterwegs sein, selbst wenn die Grobiane das Bild bestimmen. Aber das gilt in der anderen Richtung genauso: Auch Heiko Maas oder Sigmar Gabriel haben schon lobende Worte für Demonstranten gefunden, von denen Gewalt ausging.„…hoffentlich auch Tichy…“
Offensichtlich ist ihm das nicht klar. Wieso sonst schiebt er die Schuld auf die Polizei?
„Das Gros der Demonstranten wird nicht ganz so wüst unterwegs sein…“
Das hemmungslose Verbreiten von Viren ist schon schlimm genug.
„Auch Heiko Maas oder Sigmar Gabriel haben schon lobende Worte für Demonstranten gefunden, von denen Gewalt ausging.“
Wenn schon Whataboutismus, dann bitte mit Quelle.
Feine Sahne Fischfilet 🙂
Alles bekannt. Macht die Leute, die sich daran beteiligt haben, zu pöbelnden Gewalttätern, aber immer noch nicht zu Terroristen. Auch der schwarze Block war und bleibt ein Gewalthaufen, es sind trotzdem keine Terroristen.
Woher kommt eigentlich die neumodische Angewohnheit, immer mit verbalen Kanonen auf Spatzen zu schiessen?
Gruss,
Thorsten Haupts
Die Demos des eigenen Teams sind immer gut.
Aber was bringt einen einstmals etablierten Journalisten wie Tichy dazu, Reichsbürger und QAnon-Anhänger als Angehörige des „eigenen Teams“ zubetrachten?
Wir haben es mit einer ähnlichen Radikalisierung zu tun wie bei den US-Konservativen, die ins Trump-Lager übergewechselt sind.
Exakt.
Ich finde viele Demos von meinem „Team“ ziemlich Scheisse. Besonders dann, wenn es gewalttätig wird oder gegen Unbteiligte Sachschäden verursacht wurden (Autos anzünden, Geschäfte plündern etc.)
Du weißt was ich meine.
Offenbar nicht, aber jetzt glaube ich schon 🙂
@ Stefan Sasse 3. August 2021, 14:30
Die Demos des eigenen Teams sind immer gut.
Nein. ^^
Alle erlaubten Demos sind gut, die gewaltfrei ablaufen.
Schau in beliebige Stellungnahmen zu Demos. Es wird immer entschuldigt und relativiert, was beim eigenen Team schief läuft und harsch verurteilt, was beim anderen läuft.
@ Stefan Sasse 4. August 2021, 14:26
Schau in beliebige Stellungnahmen zu Demos. Es wird immer entschuldigt und relativiert, was beim eigenen Team schief läuft und harsch verurteilt, was beim anderen läuft.
Ich sehe keinen, der Schlägertrupps der Rechten relativiert und verharmlost. Ich sehe aber viele Linke (auch linke Politiker), die viel Verständnis für 1. Mai- oder G20-Krawalle aufbringen (bis hin zum depperten Ralph Stegner, der erklärte, dass linke Gewalttäter nicht links sein könnten, weil sie Gewalt ausüben, und die Linke ja gewaltfrei sei).
Was ich für grenzwertig halte, sind diese Querdenker-Demos, wo man die gesetzlichen Vorgaben zum Gesundheitsschutz nicht einhält. Wer versucht, den Reichstag zu stürmen, ist ein Gewalttäter und gehört eingesperrt. Hast von mir nie etwas anderes gehört, und von Stefan P., Hanni, Jens oder Thorsten auch nicht.
Ich habe null Verständnis für die linken Krawallheinis, ich hoffe das hier deutlich gemacht zu haben. Stimme dir aber völlig zu, dass das ein Riesenproblem ist.
@ Stefan Sasse 6. August 2021, 09:38
Ich habe null Verständnis für die linken Krawallheinis …
Das sagst Du ja genauso wenig zum ersten Mal wie ich. Wer Gewalt aus „seiner“ Gruppe gut findet, ist Extremist oder zumindest Sympathisant. Von „bürgerlich“ rechts bis links wird Gewalt klar abgelehnt.
Ich sage nicht, dass Du mit Gewaltausbrüchen sympathisierst, sondern ich widerlege Deine allzu pauschale Behauptung mit Dir als Beispiel. 🙂
Fair enough 😉
zu 2) Diese tiefe Liebe zu den südamerikanischen Spielarten der Marx-Adaption braucht man einfach nicht ernst nehmen. Weitgehend erkärt es sich aus meiner Sicht daraus, dass diesen Regimen in Kuba, Nicaragua und Venezuela PR-Projektionen ihrer dollen „Revolutionen“ nach Nord-Amerika und West-Europa immer sehr wichtig waren. Diese vorgefertigten Pseudo-Argumentationen werden einfach unkritisch übernommen.
China und Vietnam war das nicht so wichtig und deren KPs erscheinen mir deutlich erfolgreicher, auch wenn ich natürlich kein Fan dieser Systeme bin.
Viele der Kalte Krieg Revanchisten leiden aus meiner Sicht an nicht vorhandenem Interesse an Lateinamerikanischer Geschichte. Sehr oft sind deren Positionen einfach nur rein polemisch-rechthaberisch.
In der Entstehung der Neuen Linken Ende der 60er spielten sogenannte Befreiungsbewegungen einen wichtige Rolle. Man schaue sich etwa Goddards „Week end“ von 1967 an*. Raf etc bezog sich explizit auf die Stadt-Guerrilla im Cono Sur, die Mitte der 70er jämmerlich zusammenbrach. Da ist leider einfach viel romantisierende, unaufgeräumte Geschichte, die von manchen Agit-Prop Veteranen (und nicht so Veteranen) ausgeschlachtet wird.
* Toller Film, aber am Stück kann ich das nicht sehen.
1) Statt über das leidige ‚Hanf legalisieren‘ zu diskutieren, wäre es viel interessanter nach ‚Alkohol verbieten‘ zu fragen:
https://www.youtube.com/watch?v=FD1HikaELK4
2) und 3) ‚Tankies‘ kommt m.W: nach von Personen, die den Einsatz von Panzern zur Aufstandsbekmpfung seitens der kommunistischen Staaten (Berlin, Budapest, Prag, Beijing) guthießen.
Aber hast du mal dich selbst gefragt, wie sehr du selbst den antirussischen Denkmustern aus dem kalten Krieg (und auch davor) aufsitzt, wenn du Verschwörungstheorien wie in 3) unhinterfragt wiedergibst?
5) Ein Brettspiel kann nur eine begrenzte Anzahl an Mechanismen sinnvoll widerspiegeln. Da aus rein politischer Motivation noch Themen einzubringen ist nicht unbedingt dem Spielspass zuträglich. Deshalb die leeren Karten bei Aufbauspielen. Von diesen fallen mir im übrigen spontan drei mit dezidiert europäisch mittelalterlicher ‚innerer Kolonisation‘ zum Thema ein: Carcassonne, El Grande, Carolus Magnus (Warum fragst du nicht nach den dort zuvor vertriebenen Katharern, Mauren oder Sachsen?)
Und wo wir bei Spieletips sind ‚Terraforming Mars‘ thematisiert nicht nur (ohne Gewissensbisse) die Kolonialisierung einer leeren Welt (allerdings durch Großkonzerne) sondern auch einen anthropogenen Klimawandel 😉 .
7) „Der einzige Silberstreif am Horizont diesbezüglich ist, dass es anders als im Kalten Krieg hinreichend Szenarien eines bewaffneten Konflikts zwischen der Volksrepublik und den USA gibt, die nicht in einem nuklearen Höllenfeuer enden.“ klingt wie die tollen Strategen, die Szenarien entwickelt haben, einen Atomkrieg zu gewinnen. Die einzige wirkliche Hoffnung ist, dass Biden sein rhetorisches Säbelrasseln als solches verbleiben lässt. Aktuell ist er in meinen Augen gefährlicher für den Weltfrieden als Trump jemals war.
10) Darf ich darauf hinweisen, dass wir in manchen Bereichen auch gemäßigte Presse ganz schön hetzen kann (z.B. Geopolitik). Dir fällt es nur nicht so auf, weil es deiner Meinung entspricht.
„… den antirussischen Denkmustern aus dem kalten Krieg (und auch davor) …“
Es ist halt eine Tatsache, daß Putin als KGB-Offizier dem kommunistischen Dreckssystem gedient hat und heute ein anderes Dreckssystem mit einer anderen ökonomischen Grundlage, aber ähnlichen Herrschaftsmechanismen leitet.
Sehen Sie, das ist exakt die undifferenzierte Sichtweise, die Analysen behindert:
a) Dass Putin KGB-Offizier war, ist unbestreitbar. Auch dass alle Geheimdienste grundsätzlich skrupellos agieren (Umso mehr, je mehr Macht man ihnen gibt), bestätige ich ohne Zögern und teile Ihre Vorbehalte gegen Geheimdienstleute in politischen Positionen.
b) Die Sowjetunion hatte nach innen komplett menschenverachtend agiert. Dieses Maß an Brutalität sehe ich gottseidank beim Putin-Staat (noch) nicht.
c) Grundsätzlich unterscheidet sich die Machtbasis der Sowjeteliten von der des aktuellen russlands: Erstere begründeten sich auf technokratische Parteiapparate, Putin kombiniert ein nepotistisches Netzwerk mit einem Teil der Superreichen mit einem (angesichts seiner Mentalität überraschenden) Populismus.
Putins Russland ist bei weitem nicht so schlimm wie die Sowjetunion, das sollte außer Frage stehen. Aber das macht sie nicht zu einem begehrenswerten Partner für die deutsche Sicherheitspolitik.
2/3) Ah danke! Und ja, habe ich tatsächlich. Ich komme ja genau von der anderen Seite her. War ja mal selbst im Tankie-Umfeld unterwegs.
5) Die von dir genannten Spiele sind alle auf ihre Art problematisch, völlig korrekt.
7) Quatsch.
10) Gut möglich.
5) Carcassonne ist problematisch?
Ich kenne Carcassonne nicht, daher kann ich mich nicht äußern. Ich finde aber die Kategorisierung „problematisch“ problematisch. Jedes Spiel abstrahiert und macht Prämissen und Aussagen durch diese Abstrahierung. Darüber zu reden ist legitim.
Jetzt bin ich verwirrt. Hast du nicht den Begriff „problematisch“ gerade für Brettspiele, und zwar ausdrücklich auch Carcassonne, benutzt?
Zitat:“5) Die von dir genannten Spiele sind alle auf ihre Art problematisch, völlig korrekt“
Jepp 🙂
7) kein Quatsch:
https://asiatimes.com/2021/07/seeds-of-war-in-the-south-china-sea/?mc_cid=749e8e82f6&mc_eid=f072d9574c
Und da ist das Problem, dass es die USA fast nie schaffen aus einem Konflikt auszusteigen, sondern sukzessive die Stakes immer weiter erhöhen, bis sie Erfolg haben – oder selbst dem allerletzten klar ist, dass es eine furchtbare Verschwendung von Geld, Ressourcen und vor allem Menschenleben war ( Vietnam, Afghanistan). Es gibt das alte Bonmot aus dem kalten Krieg, dass die Amerikaner Weltpolitik wie ein Pokerspiel machen und die Russen wie ein Schachspiel. Man könnte es ergänzen durch … und die Chinesen spielen Go (durch geschickt gesetzte Steine in kleinen Schritten Raumgewinne erzielen, ohne dass es zur direkten Konfrontation kommt).
Das ist einfach Unsinn und das sogar nach dem verlinkten Artikel. Einer der Haupttreiber der Spannungen ist der chinesische Versuch, sich Gewässer einzuverleiben, die viele hundert Kilometer von der chinesischen Küste entfernt liegen – und dafür Riffe und Sandbänke zu künstlichen Inseln auszubauen, die danach militärische Installationen bekommen. Von der permanenten und oft widerholten Drohung, sich eine 60 Millionen rechtsstaatliche Demokratie (Taiwan) militärisch zu unterwerfen, reden wir mal gar nicht.
Die Spannungen primär oder ausschliesslich den USA zuzuschlagen, ist naiv oder Appeasement. Sichtbar.
Gruss,
Thorsten Haupts
Sehe ich auch so.
Wie weiter oben: Bitte lassen wir die Schwarz-Weiss Malerei und bleiben bei der moralisierngsfreien Analyse. Da spielt es keine Rolle,ob die Republik China eine Demokratie oder (wie bis in die späten 80er) ein Kuomintang-Einparteienstaat unter Kriegsrecht ist. Wichtig ist nur, dass sie bis jetzt de jure kein souveräner Staat ist. Erster Schritt müsste sein, dies zu ändern. Und das Aufschütten von ‚inseln zur Raumgewinnung ist *exakt* das was ich mit Go-Spiel beschrieben habe. Wenn „wir“ darauf keine andere Antwort haben als qualitative Eskalation (Wirtschaftsblockaden, Marinepräsenz an der Grenze der Hoheitsgewässer mit gelegentlichem Eindringen, selbst ein Szenario mit Atomraketen in der Region a la Kubakrise ist nicht undenkbar), dann ist das ein tödliches Risiko.
Kommen Sie mit ner realistischen Perspektive um die Ecke? Und nur um das klarzustellen – wer irrsinnige territoriale Ansprüche mit Waffengewalt etablieren will, ist der eigentliche Zündler. Und nicht der, der ihm entgegentritt.
Ich habe die gar nicht leise Befürchtung, China versuche sich am selben Spiel, wie das Deutsche Reich vor 1914.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ne, das sehe ich nicht.
China ist kein souveräner Staat?
Das was hier als ‚Staat Taiwan‘ betitelt wird, nennt sich Republik China (ROC) und beansprucht genau wie die VRC für sich die politische Alleinvertretung für ganz China und darin liegt ja die diplomatische Krux warum nur ein dutzend oder so Staaten (und diese sind ziemlich unbedeutend) überhaupt die ROC anerkennen (und folglich auch keine diplomatische Vertretung in der VRC haben. Auch die UN hat sich in den 70ern vor dieser jeweils ausschließenden Wahl dann doch für die Anerkennung der VRC entschieden (davor war die ROC der einzige vetretene chinesische Staat).
Eine ungerechte Analogie: Stell dir vor der Reichsbürger Jean Kaschek gründet auf Rügen das kaiserreich Germania und beansprucht für sich, alle Deutschen zu vertreten…
… Taiwan‘ betitelt wird, nennt sich Republik China (ROC)
Und ist damit ein souveräner Staat.
… darin liegt ja die diplomatische Krux warum nur ein dutzend oder so Staaten (und diese sind ziemlich unbedeutend) überhaupt die ROC anerkennen
Unsinn. Wenn Deutschland auf die schräge Idee kommt, die Souveranität über die Samoa-Inseln zu beanspruchen, können dritte Staaten trotzdem mit beiden diplomatische Beziehungen aufnehmen, ohne diesen Anspruch anzuerkennen. Der einzige Grund, warum das im Falle Taiwans nicht geschieht, sind die Drohungen der Volksrepublik China – und aus wirtschaftlichen wie diplomatischen Erwägungen heraus beugt sich die Welt diesen Drohungen.
Gruss,
Thorsten Haupts
Genau
„Der einzige Grund, warum das im Falle Taiwans nicht geschieht, sind die Drohungen der Volksrepublik China – und aus wirtschaftlichen wie diplomatischen Erwägungen heraus beugt sich die Welt diesen Drohungen. “ von Drohungen weiss ich nichts und im Verhältnis dessen, was andere Großmächte mit Staaten machen, die sich gegen sie stellen (Wirtschaftsblockaden, Cyberangriffe, Regime Change, Militärinterventionen) scheinen diese Drohungen unhörbar subtil zu sein.
Aber ws richtig ist, ist dass die VRC gnadenlos ihre Wirtschaftsmacht nutzt um Staaten auf ihre Seite zu ziehen: In den 90ern und 00ern gab es eine regelrechte Bieterschlacht um einige karibische und pazifische Staaten (Dominica, Nauru, Vanuatu), und in manchen Staaten gab es eine zeitliche Nähe zwischen Anleihenkäufen oder Hilfsgeldern und dem Wechsel ins Team VRC.
Aber auch die Diplomatie ‚light‘ in Form von wirtschaftlichem und kulturellem Austausch nutzt nur eine MInderheit der Staaten weltweit – die meisten davon dem Westen zugehörig.
China droht offen mit Krieg und Annexion.
Ah jetzt weiß ich worauf du raus willst. Aber die Anerkennung Taiwans hängt weniger an diesem Anspruch sondern an der aggressiven Variante der Hallstein-Doktrin Chinas.
Danke. Hallstein-Doktirn ist genau die richtige Analogie, obwohl diese vernünftigerweise nie so verbiestert durchgesetzt wurde (ich glaube in den 50ern hat die BRD die diplomatischen Beziehungen zu Jugoslawien genau aus den Gründen abgebrochen, und es wurde bei irgendwelchen Sportveranstaltungen versucht, die Präsentation von DDR Hoheitssymbolen zu verhindern, aber das wars dann schon)
Jein, in den 1950er Jahren wurde sie extrem verbiestert durchgesetzt. In den 1960er Jahren haben immer mehr Staaten sie ignoriert. Beziehungen mit Jugoslawien abbrechen ist ja eine Sache, aber sobald es ans Geld ging – sprich, Exportmärkte – war das nicht mehr aufrechtzuerhalten und wurde immer löchriger.
Wenn sie es „nie schaffen aus einem Konflikt auszusteigen“, dann müsste es deutlich mehr Vietnams und Iraks geben.
… nach ‚Alkohol verbieten‘ zu fragen …
Wie das ausgeht, wissen wir nach dem sehr interessanten sozialen Grossexperiment „Prohibition in den USA“ nun hinlänglich genau. Ich wäre dafür, es zu lassen, aber jedem das Seine.
Gruss,
Thorsten Haupts
Wobei die Prohibition in den USA auch atemberaubend schlecht geplant und durchgeführt wurde.
Aber es reicht auch schon auf die Erfahrung mit der Prohibition in Norwegen zu schauen, um zu sehen, dass das nicht gut geklappt hat.
Die Prohibition war erfolgreicher, als es das Klischee vermuten lässt. Nichts, das man noch einmal so machen sollte, aber es ist nicht so, als ob es ein einziger Fehlschlag gewesen wäre.
Nein? Na ja, ich betrachte einen Feldzug gegen eine Droge, der das Kernziel weit verfehlte, die Polizei bei normalen Bürgern unbeliebt und das organisierte Verbrechen beliebt machte, tatsächlich als Fehlschlag. Aber andere haben da andere Masstäbe.
Gruss,
Thorsten Haupts
Die Prohibition ist schon insgesamt gescheitert, gar keine Frage. Aber der Alkoholkonsum ist deutlich runtergegangen in jener Zeit.
Was war denn erfolgreich?
Ich habe letztens erst gelesen (komme gerade nicht auf die Quelle), dass der Alkoholkonsum sogar höher war als vor der Prohibition.
Und die anderen negativen Effekte (organisiertes Verbrechen, Korruption etc.), Pleiten und Arbeitsplatzverlusten, sowie Gesundheitsgefahren und Todesfälle durch gepanschten oder staatlich vergiftetem Alkohol sind doch hinreichend bekannt.
In Norwegen waren zur Prohibitionszeit Trunkenheitsdelikte wohl auch häufiger als vorher und nachher.
Ich weiß, dass während der Prohibitin der Alkoholkonsum um rund ein Drittel niedriger war als vorher. Ich würde erwarten, dass der danach nicht direkt höher wurde, schon allein, weil bei Aufhebung die Weltwirtschaftskrise herrschte.
Es gibt da wohl verschiedene Angaben Ber mittlerweile geht man wohl von einem Rückgang aus. Ich hatte da wohl ältere Infos gelesen.
Allerdings wird in der Prohibition wohl eher harter Alkohol konsumiert (einfacher zu verbergen). Das könnte auch die Trunkenheitsdelikte erklären…
Und illegal gebrannter Fusel, super gesundheitsgefährdend. Wie gesagt, die Prohibition hat nicht funktioniert. Was den Alkoholkonsum wesentlich nachhaltiger reduziert hat ist der gesellschaftliche Wandel.
Der Fluch des knackigen One-Liners…
Mir geht es nicht darum, Alkohol zu verbieten. Ich finde nur, dass es viel interessanter ist, die Drogendiskussion so herum aufzuziehen. Das zeigt nämlich direkt, wie arbiträr jede Regelung ist und sein muss (unter anderem wegen den im Artikel beschriebenen Opportunitätskosten).
Zu 2) Leftists and Liberals Are Still Fighting Over the Cold War
… Tankies (der Internet-Fachbegriff für die pro-kommunistischen Linken, keine Ahnung wo der herkommt) …
Tank = engl. Begriff für Panzer.
Keine Ahnung, wie man darauf kommt; muss wohl mal in Ungarn oder in China nachfragen, warum man Freunde kommunistische Diktaturen so nennt.
Zu 4) FDP-Chef Lindner macht beim CO2-Preis einen Denkfehler
Die CO2-Bepreisung ist nämlich gerade ein Instrument, um Marktgeschehen zu ermöglichen.
Vorab: Dir ist hoffentlich die Schizophrenie klar, dass man zwar Geld einsammelt, aber weder in der Lage ist, CO2 aus der Luft zu holen, noch, Klimawandel-Schäden (Abschmelzen von Gletschern, Nord- und Südpol, Dürren in Afrika, El Nino im Südpazifik) wiedergutzumachen.
Der einzige Weg, der bleibt (bzw. den ich erkennen kann), ist, die Erzeugung von Schadstoffen mit Gebühren zu belegen, so dass Alternativen billiger sind. Was sonst?
Es sind ordoliberale Fantasien, die nichts mit der Realität zu tun haben …
Das mag böser klingen, als es gemeint ist – Du als Linker sprichst über Fantasien, die nichts mit der Realität zu tun haben? Die Leute, die ich kenne und die den Klimawandel und seine Bekämpfung realistisch einschätzen, sind nicht links. Die Linken, die ich kenne und die sich für Klimaschützer halten, wollen wie gewohnt bei den anderen mit der Rettung der Welt anfangen.
Sorry, bei dem Thema bin ich einfach nur frustriert …
Zu 6) „Mehr Klimakrise zuzulassen, ist das Teuerste und Unsozialste“
Die Flutkatastrophe sei „nicht nur großes Unglück und dummer Zufall, sondern auch Konsequenz einer politischen Weigerung, wissenschaftliche Warnungen ernstzunehmen“, meinte dann Luisa Neubauer.
Obwohl ich aufgrund des zögerlichen Handelns und des Aussitzens aller relevanten Akteure mehr als frustriert bin und den Zielen von FfF sehr aufgeschlossen gegenüberstehe, ärgern mich solche Kommentare. Überschwemmungen und Flutkatastrophen hat es immer wieder gegeben, auch dort. Meist ist der Hauptgrund für die Zerstörung menschlichen Eigentums durch Fluten, dass man der Natur den Platz nicht zugesteht, den sie braucht, um sich auszutoben – etwa durch Begradigen von Flüssen, durch dass Verbauen von natürlichen Überlaufgebieten etc.
Selbst wenn der Klimawandel dafür gesorgt haben mag, dass diese Überschwemmung etwas stärker als normal ausfiel, so ist es doch albern, für alles immer nur diesen einen „passenden“ Grund zu suchen. Hier bilden mehrere Gründe die Ursache.
Das ist das mit Abstand beste Argument dieser ganzen Auseinandersetzung in meinen Augen.
Dass Du das so siehst, liegt an Deiner eingeschränkten Wahrnehmung.
… dass Nicht-Handeln wesentlich teurer ist als Handeln.
Das ist etwas, was unsere noch-Kanzlerin seit Jahren betreibt, was mich seit Jahren mit zunehmendem Entsetzen erfüllt, und dem Du zumindest in früheren Jahren immer große Toleranz entgegengebracht hast.
Dass damit Schwarze-Null-Fans nicht überzeugt werden können ist klar, aber die lassen sich wie alle Fundamentalisten auch von gar nichts überzeugen.
Solch ein Blödmann-Spruch kann nur von einem linken Steuererhöhungs-Enthusiasten kommen, der weder die Situation der Steuereinnahmen kennt noch die Tatsache versteht, dass mehr Geld nicht automatisch bessere Problemlösungen bedeutet.
Und bevor Du darauf antwortest, schalte bitte wieder Deinen Verstand ein.
Zu 9) Merkel: Germany has not done enough to hit Paris climate targets
Merkel, who was environment minister under Chancellor Helmut Kohl from 1994 to 1998, said the fight for joint global steps towards more efficient climate protection had “shaped my entire political work”.
Ja, nee, is’ klar. Das Problem ist, dass sie das selbst zu glauben scheint.
Sie hält die flammenden Aufrufe für Klimapolitik, während Peter Altmaier und Helge Braun alles niedermachen, was auch nur ansatzweise in die Richtung geht.
Tolle Kanzlerin …
Zu 11) Die Pandemie als Ausrede für leere Supermarktregale
Da ist von unserer Seite aus kein Spott und kein Hohn angebracht; es war die Politik unserer Kanzlerin, die die entscheidenden Punkte für den brexit lieferten. Außerdem ist es – meiner Meinung nach – noch etwas zu früh, schon jetzt ein Urteil zu fällen. Mal sehen, wie es in zwei, drei jahren aussieht.
2) Ja, das klingt sinnig.
4) Gebühren: Klar, das wäre super. Und wie wird das durchgesetzt?
Fantasien: Ja, tu ich. Weil das zwar Linken permanent vorgeworfen wird, aber die Fantasien von CDU und FDP sind teils noch viel abstruser.
9) Jepp, furchtbar.
11) Stimme dir zu, aber ich denke es ist fair darauf hinzuweisen dass die Populisten totales Chaos anrichten und dass ihre tollen Szenarien nicht gekommen sind.
zu 7)
Gibt es eigentlich eigentlich ausser von denen dir Genannten Beispielen irgendwelche Brett- oder Computerspiele, bei denen ich nicht irgendwas „kontroverses“ finden kann, wenn ich nur will?
Abgesehen davon: Ich muss nun mal immer ne gewisse Balance zwischen Spielmechanik, Realismus und Spielspass finden. Nimm doch zum Beispiel mal quasi jedes pseudo-mittelalterliches Fantasy – RPG, in denen zumindest bezueglich der PCs keinerlei Unterschied zwischen den Geschlechtern gemacht wird oder auch Staende hoechstens uber die Startausruestung beachtet werden. Die tatsaechlichen sozialen Umstaende des Mittelalters werden da ja auch einzig und allein beiseite gewischt, um die Spieler nicht in der Charaktererstellung einzuschraenken.
Ansonsten: Wuerde mich ja auch schon mal interessieren, was in der Regel bei Brettspieldesigns zu erst kommt: Die Spielmechanik zu der dann ein Hintergrund gesucht wird? Oder der Hintergrund, um den herum die Spielmechanik erstellt wird? Weiss da jemand was?
zu 11)
Brexit – Befuerworter Roger Daltrey hat ja mittlerweile dafuer plaediert, dass fuer Kuenstler Ausnahmen gemacht werden, nachdem er gemerkt hat, dass er nun nicht mehr einfach so in Kontinentaleuropa touren kann.
Der Chef der Pubkette Wetherspoons will eine Ausnahme fuers Gastronomiegewerbe, weil er auf einmal weniger Mitarbeiter findet. Jedenfalls ohne Loehne zu erhoehen.
Man koennst fast auf die Idee aufkommen, dass einige Leute dass nicht ganz zu Ende gedacht haben.
7) Ich empfinde die Unterstellung, ich „wolle“ nur „etwas finden“ ziemlich daneben.
Zu deiner Frage: es gibt keine fixe Regel dafür. Eurogames sind in der Regel mehr Mechanik-fokussiert. Bei Sachen wie „Agricola“ oder „Puerto Rico“ etc. kommt die Mechanik zuerst, dann das Theme. Bei Ameritrash-Games ist es tendenziell eher umgekehrt. Aber ist natürlich individuell. Nur bei abstrakten Spielen ist Mechanik zuerst da, aber da kommt halt auch sonst nichts nach 😉
11) Könnte man 🙂
War ja auch gar nicht an dich persoenlich gerichtet und auch nicht auf das konkrete Beispiel bezogen, sonder allgemein.
Ich finde aber das trifft auch allgemein nicht zu. 🙂
… bei denen ich nicht irgendwas „kontroverses“ finden kann, wenn ich nur will?
Tschuldigung – aber das ist exakt der Sinn von Politisierung von Privatleben oder Freizeitvergnügen, sprich, dafür wird das gemacht. Es gibt exakt KEIN Verhalten in irgendeiner denkbaren Situation (selbst bei Einsiedlern), das ich nicht politisieren könnte.
Wer das also ernsthaft betreibt, wie die heutige progressive Linke, will die Weltgenauso brennen sehen, wie jeder beliebige Rechtsradikale. Weil die Leute sich das üblicherweise nicht gefallen lassen. Für das konkrete Thema Spiele – gamergate sollte den Kennern Warnung genug sein.
Gruss,
Thorsten Haupts
Brauchst dich nicht entschuldigen, darauf sollte die Frage ja hinaus. Wobei ich konkret in der Gamerszene die reaktionaere Ecke deutlich problematischer and vor allem alberner ansehe. Also die Leute, die sofort auf die Barrikaden gehen, reviewbomben und „Propaganda“ schreien, wenn in Spielen homosexuelle Charaktere vorkommen (Mass Effect, Overwatch), weibliche Charaktere weniger aufreizende Kleidung als in Vorgaengern tragen (Mortal Kombat, Dead or Alive) oder ein Alien im Trailer das Pronomen „they“ benutzt (Star Wars: Squadrons).
Exakt.
Wobei ich konkret in der Gamerszene die reaktionaere Ecke deutlich problematischer and vor allem alberner ansehe.
Versteh ich, kann man aber IMHO auch nur durchhalten, wenn man nur bestimmte Ecken wahrnimmt. Ich folge seit Urzeiten einigen interessanten (bis hin zu bizarren) Accounts auf twitter aus reiner Neugier – und lerne dabei ganz nebenbei, wie der „Kampf “ der Woken in Spielereviews (aktuell z.B. kotaku und Cyberpunk 2077) geführt wird. Oder wie auch weibliche Spieler davon genervt sind, dass man ihnen schöne Ärsche, Muskeln und Titten in Spielen oder animes wegzensieren will.
Musste leider feststellen, dass die Linksbizarren mit den Reaktionären der siebziger in Deutschland einen Verein aufmachen könnten – sie würden sich glänzend verstehen :-).
Und das ist natürlich rein persönlich, aber – wenn ich heute von den EXAKT gleichen Typen (vorwiegend Frauen) mit dämlichen Forderungen nach mehr feminismusgerechten Spielen genervt werde, die vor 20 Jahren Spiele als freizeitbeschäftigung und Spieler als sozial gestörte Vollidioten öffentlich runtermachten, reagiere ich aggressiv. Und das gerne. Das geht – soweit ich das überblicken kann – sehr vielen Spielern ähnlich …
Gruss,
Thorsten Haupts
5) Ich hätte da einen Spielevorschlag:
„WOKE – the Boardgame“
(Warnhinweise: Galle, in Teilen ungerechte Satire, Trollcharakter)
Ziel des Spiels, ist mittels einer Agenda, die jede/r Spieler*in selbst wählt (z.B. Geschlechterverhältnis, Religion, Moral…), möglichst viele ‚Werke‘ (die Anführungszeichen sind wichtig) aus dem Verkehr zu ziehen.
In einer Spielrunde zieht ein/e Spieler*in eine Anzahl Tokens (‚Follower‘) vom Pool (genannt ‚Real World Problems‘ ) ab und platziert sie auf einem der ausliegenden Werke aus den Bereichen Buch/Comic, Film , Spiel/Computerspiel und Musik (v.a. Heavy Metal und Rap) [In der Pandemieedition kommt noch ‚Freizeitaktivitäten‘ dazu]. Je nach Begründung (z.B. ‚Durch den Themenschwerpunkt Roboter werden nichtbinäre Personen diskriminiert) werden diese gewichtet. Sind genügend Token auf einem ‚Werk‘, wird dieses mit Warnhinweis versehen (1Punkt), teilzensiert (2 Punkte) oder vom Markt genommen (5 Punkte).
Sonderregel 1: Es können Follower auch direkt gegen Produzenten von ‚Werken eingesetzt werden. Kommen genügend zusammen, wird dieser ‚gecancelt‘, d.h. alle ausliegenden oder künftigen ‚Werke‘ werden aus dem Spiel entfernt. Bisher erzielte Punkte gegen ihn zählen doppelt.
Sonderregel 2: Manche Werke zeichnen sich durch eine geringe Beliebtheit aus, entsprechen aber einer Spieler*innenagenda (‚Qualitätswerke‘). Diese können mittels Followern in der Auslage gehalten werden (wo sie Plätze für andere ‚Werke‘ blockieren). Durch genügend eingesetzte Follower können damit auch Sonderpunkte (Awards) erzielt werden.
Das Spiel endet, wenn eine saubere Kultur erreicht ist (nur noch Qualitätswerke ausliegen).
Viel Vergnügen an alle Spieler*innnen – natürlich nicht für die anderen.
Ich schlage als Titel einen Tippfehler vor, den ich in einem anderen meiner Kommentare noch rechtzeitig entdeckt habe: Moral Kombat
Ausgezeichnet. Das wäre dann das einzige Spiel, das ich kenne, das genau so in der Realität abläuft :-). Für die Umsetzung schlage ich slitherine vor.
Gruss,
Thorsten Haupts
Weil das zujm Thema passt und für Leute, die noch immer bestreiten, die Wokies seien mehr als eine Randerscheinung oder völlig machtlos:
„Es sollen nur noch Schauspieler engagiert werden, deren Identität (Geschlecht, Geschlechtsidentität, Nationalität, Ethnizität, sexuelle Orientierung, Behinderung) mit den Figuren, die sie spielen, übereinstimmt.“
https://taz.de/Neue-Richtlinien-von-Amazon-Studios/!5786500/
Freu mich über die Dikussion, wer Darth Vader spielen darf. Wird interessant.
Gruss,
Thorsten Haupts
Vader ist vergleichsweise leicht. Ein Verbrennungsopfer mit zwei Kindern sollte genügen. Aber welche Gruppierung darf Yoda repräsentieren ?
Und wenn du wirklich Probleme willst, frage, ob im nächsten Bibelfilm Jesus durch einen Palästinenser, Juden oder Christen (alles irgendwie gerechtfertigt) dargestellt werden darf.
Passend hierzu:
https://www.youtube.com/watch?v=KJEiDRi4Itc
@ cimourdain 4. August 2021, 11:32
5)
Ich hätte da einen Spielevorschlag:
„WOKE – the Boardgame“
🙂 🙂 Brilliant
PS:
Das Spiel endet, wenn eine saubere Kultur erreicht ist (nur noch Qualitätswerke ausliegen).
Die Bibel?
Sonderregel 3: Die Bibel ist eine Jokerkarte, die bereitsvor Spielbeginn ausliegt. Jede Agenda darf Follower gegen sie aufstellen. Es findet sich garantiert eine Begründung (Sex, Gewalt, sexuelle Gewalt, Frauen- und Minderheitenrechte,…). Insbesondere fundamentalistische Christen sollten davon Gebrauch machen. Kein Buch widerspricht häufiger der Bibel als die Bibel und verletzt damit ihre religiösen Gefühle.
Allerdings wirken sich gegen die Bibel aufgestellte Follower nicht bei der Punktwertung aus, da die Bibel mehr Unterstützer aufbringt, als alle Spieler*innen zusammen.
@ cimourdain 4. August 2021, 20:11
Sonderregel 3: Die Bibel ist eine Jokerkarte, die bereits vor Spielbeginn ausliegt. …
Du hattest was Vernünftiges aus Deinem Leben machen können – Spiele-Entwickler, zum Beispiel
So gut 🙂
Vielen Dank!!