Die folgenden Sätze habe ich so oder so ähnlich in mehreren Interviews gelesen:
„Die Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien steigt in erster Linie übrigens nicht aufgrund der starken Zunahme der erneuerbaren Energien, sondern weil der Börsenpreis so stark gesunken ist – und die Umlage errechnet sich aus der Differenz zum Börsenpreis. Zudem gibt es zu viele Ausnahmeregelungen. Wäre der Börsenpreis nicht so niedrig, könnte die Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage sogar sinken.“
Aha, soll der geneigte Leser denken, die EEG-Umlage könnte auch sinken und alles liegt nur am Börsenpreis! Keiner der Interviewer hakte an dieser Stelle nach, was der sinkende Börsenpreis vielleicht über den Ausbau der erneuerbaren Energien aussagt.
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- Zunächst ist es natürlich faktisch völlig richtig, dass die Höhe der EEG-Umlage sich aus der Differenz zum Börsenpreis berechnet. Anders formuliert: Produzenten erneuerbarer Energien erhalten einen garantierten Mindestpreis. Die Differenz aus dem erzielten Börsenpreis und dem Mindestpreis wird aus der EEG-Umlage finanziert. Der zitierte Satz möchte dieses Modell selbst sicherlich nicht kritisieren, denn die garantierten Mindestpreise machten die Investitionen in erneuerbare Energien kalkulierbar und sorgten für den raschen Ausbau derselben.
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- Was bedeutet aber der gesunkene Börsenpreis? Er könnte bedeuten, dass die Stromproduktion in bestimmten Zeiten aufgrund der erneuerbaren Energien zugenommen hat und das diesem schwankenden Angebot nur eine geringe Nachfrage entgegensteht. In diesem Modell produziert der Markt am Bedarf vorbei, weil es an geeigneten Speichertechnologien im großen Maßstab fehlt. Stromspeicher wären nötig um mit Strom zu spekulieren und hier fehlt es ausnahmsweise an Spekulation: Der billige Strom wenn die Sonne scheint kann nicht aufgenommen werden, um in Zeiten größerer Nachfrage verkauft zu werden.
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- Umgekehrt könnte der sinkende Börsenpreis auch bedeuten, dass die erneuerbaren Energien nicht komplementär zu konventionellen Energieerzeugern eingesetzt werden. Die Erzeuger konventioneller Energien fahren nicht schnell genug herunter, wenn die Sonne scheint und der Wind bläst und das würde ein Überangebot erzeugen. Das könnte technische Ursachen haben, weil die Kraftwerksleistung sich nicht schnell genug regulieren lässt. Es könnte auch wettbewerbliche Gründe haben: Wenn die Produzenten konventioneller Energie nicht gleichzeitig erneuerbare Energien produzieren, fahren sie ihre Produktion absichtlich nicht herunter.
- Und schließlich könnte es auch sein, dass der Börsenpreis auf lange Sicht wirklich gestiegen und nicht gesunken ist:
Der Chart zeigt die durchschnittlichen Quartalspreise für Baseload-Strom. Die langjährigen Durchschnittspreise für Strom zu Spitzenzeiten sind leider nicht als Tabelle verfügbar, scheinen sich aber in die gleiche Richtung zu bewegen.