Die Nachricht, dass nach einer Wahl die Partei des amtierenden Präsidenten eine Wahlniederlage nicht anerkennt und mit Gewalt und Leugnung reagiert, kennt man zur Genüge. Normalerweise wird sie mit irgendwelchen Diktaturen oder Autokratien verbunden. Kaum jemand entlockt sie mehr als ein Schulterzucken, wenn sie aus der „Demokratischen Republik Kongo“ kommt, oder einer ähnlichen Nation. Aber aus den USA? Dem Geburtsort der modernen Demokratie? Das ist neu. Das Wort „Putsch“ trägt eine Menge von Konnotationen mit sich. Glitzernde Uniformen, Fliegerbrillen, Truppen auf den Straßen, Gewalt. Der Kalte Krieg hat uns daran gewöhnt, Putsche als ein Merkmal der Republica de las Bananas zu sehen, als ein Folgeprodukt der Dekolonialisierung. Genauso wie bei Corona müssen wir zunehmend feststellen, dass nicht nur die meisten Nationen der Welt mittlerweile diesen Klischees deutlich entwachsen sind, sondern dass der Westen eine Rückwärtsbewegung durchmacht.
Nennt es beim Namen
Es war von Anfang an absehbar, dass eine Niederlage Donald Trumps zu einer Verfassungskrise führen würde. Es brauchte dazu keine brillanten analytischen Fähigkeiten; man musste nur zuhören, was der Mann sagte. Bereits 2016 hatte Trump angekündigt, eine Wahlniederlage nicht zu akzeptieren. Was das bedeuten würde, musste man damals nicht herausfinden. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände gewann er zufällig die Wahl. 2020 verlor er, ironischerweise auf ähnliche Weise. Trotzdem ist es atemberaubend zu sehen, wie die Normen zusammenbrechen und eine noch vor etwas über einem Jahrzehnt noch normal demokratische Partei nun einen Putschversuch unternimmt.
Und machen wir uns nichts vor. Was dieses Jahr passiert und sich noch weiter ziehen wird, ist ein Putschversuch. Kein sonderlich guter und, wie es aktuell aussieht, auch keiner, der von Erfolg gekrönt sein wird. Aber man erlaube mir die krude historische Parallele wenn ich feststelle, dass die generelle Inkompetenz und das Scheitern des Putschs von 1923 auch nicht unbedingt Grund für Sorglosigkeit und Entspannung waren. Der nächste Autokrat aus den Reihen der GOP wird uns vermutlich nicht den Gefallen tun, ein fauler, inkompetenter Vertreter seiner Art zu sein. Und der nächste Putschversuch wird kommen. Es ist nicht nur Trump, es ist nicht nur seine nächste Umgebung. Fast die gesamte republikanische Partei steht hinter diesem Putschversuch.
Stand 7. Dezember erkennen nur 27 republikanische Abgeordnete Bidens Wahlsieg an. Man hat sich an Ungeheuerlichkeiten aus dieser Partei schon so gewöhnt, dass das kaum mehr eine gehobene Augenbraue hervorruft. In den Medien finden sich zahlreiche Artikel, die analysieren, dass die Nicht-Anerkennung des Wahlergebnisses zum neuen Lackmustest für die Vorwahlen 2022 und 2024 werden wird und sich fragen, welche Auswirkungen es auf die innerparteiliche Dynamik haben wird. Spannende Fragen, sicherlich. Aber könnten wir vielleicht für einen Moment innehalten und feststellen, dass eine der beiden Parteien der USA einen Putschversuch unternommen hat und offen erklärt, das auch in Zukunft wiederholen zu wollen?
Der kalte Putsch
Anders als in der Ikonographie von Putschen mit ihren Panzern auf den Straßen, den Reden uniformierter Staatsoberhäupter und der Errichtung von Lagern stützt sich die GOP für die Durchführung ihres Putsches auf die Gerichte und die von ihnen kontrollierten Kammern.
Die Vorbereitungen hierfür laufen in den Gerichten bereits seit langem. In den letzten Jahren haben die Republicans tausende von RichterInnenstellen mit streng loyalen, jungen ExtremistInnen besetzt, die in mehr als nur einigen Fällen grob inkompetent waren – auf deren Urteile man sich allerdings verlassen zu können glaubte. Die Früchte dieser Strategie konnte man, was die Aufhebung unangenehmer Wahlergebnisse angeht, dieses Jahr noch nicht ernten. Das hat zwei Ursachen.
Einerseits sind die höheren Appellationsstellen noch immer von Leuten besetzt, die ein grundsätzliches Bekenntnis zum Rechtsstaat aufweisen. Auch der Extremismus vieler GOP-KandidatInnen hat sich überraschend oft als durch die Traditionen der institutionalisierten Ausbildung von Juristen zügelbar erwiesen. Dieses Standhalten von Normen ist allerdings eine dünne Schutzwand, die jederzeit brechen kann.
Andererseits aber profitiert die Demokratie von der eingangs erwähnten Inkompetenz, mit der das Trump-Team an die Sache herangeht. Trump sieht die Sache wie so ziemlich alles, an das er herangeht: als eine Möglichkeit, sich selbst zu bereichern. Mittlerweile hat sein Fond für die Anfechtung der Wahlen bereits eine gute Viertelmilliarde Dollar eingesammelt – von denen bisher kaum 10% tatsächlich ausgegeben wurden. Ich habe schon öfter die Parallele zu Jill Steins gleichartiger Abzocke von 2016 gezogen. Wer solchen Figuren Geld spendet, dem ist nicht zu helfen.
Neben dieser persönlichen Korruption aber ist auch das (natürlich unterfinanzierte und unterbesetzte) Anwälteteam ein Faktor, der die Demokratie sichern hilft. Um Trump selbst zu zitieren: „When Trump is sending his people, he’s not sending his best. He’s sending people hat have a lot of problems, and they’re bringing those problems with them. They’re bringing crime. They’re bringing drugs. And some, I assume, are good people.“ Aber Scherz beiseite, wer glaubt, Rudy Giuliani könnte einen Putsch anführen, der glaubt auch, dass solche Unternehmungen am besten in Bierkellern beginnen.
Die andere Ebene, auf der dieser kalte Putschversuch abläuft, ist die politische. Die Republicans versuchen, ihre Mehrheiten in den Staatenhäusern zu nutzen, um die Wahlen zu hintertreiben. Die Häufigkeit, in der dabei schon die Frage aufgetaucht ist, ob ein Staatenhaus nicht per einfacher Mehrheitsentscheidung die Wahl aufheben und eigene Elektoren bestimmen kann, spricht für einen konzertierten Test der öffentlichen Meinungen und der Grenzen des Möglichen. Die Verfassung ist in dem Fall keine Hilfe. Das archaische Gesetzeswerk lässt die Wahl der Elektoren nämlich tatsächlich völlig bei den Bundesstaaten. Diese haben die Entscheidung zwar bereits im 19. Jahrhundert in die Hände der Wählenden gegeben. Aber das ist nur eine Norm, die eine einfache Mehrheitsentscheidung davon entfernt ist, einfach beiseite gewischt zu werden. Aktuell aber, so das Ergebnis dieses Stresstests, hält sie noch.
Wesentlich erfolgreicher sind die Maßnahmen zur Wahlunterdrückung, die durch republikanische Staatenhäuser initiiert wurden. Dazu gehört aggressives Gerrymandering, das Einführen von allerlei Gesetzen, mit denen potenziellen WählerInnen der Gegenseite das Wahlrecht entzogen oder der Zugang dazu erschwert wird sowie das bewusste Zerstören der Infrastruktur von Wahlen.
In vielen republikanisch dominierten Bundesstaaten etwa wurde die Infrastruktur so stark heruntergekürzt, dass das nächste Wahllokal teilweise Stunden entfernt ist und dass sich kilometerlange Schlangen bilden, in denen man sieben, acht oder mehr Stunden ausharren muss. Das mag in einer so polarisierten Wahl wie der um die Abwahl Trumps nicht schlimm sein, wo sich zahlreiche Progressive nicht entblödeten, die kilometerlangen Schlangen als Ausweis demokratischen Geistes zu feiern. Aber in den entscheidenden sonstigen Wahlen nehmen die meisten Menschen diese Belastungen nicht auf sich, während die republikanische Kernwählerschaft bequem ohne Wartezeit um die Ecke ihre Stimme abgeben kann.
Es ist durchaus nicht unrealistisch, dass die Republicans über die kommenden Jahre die Grenzen des Möglichen weiter ausdehnen werden. Sie haben die Mehrheiten dazu. Den politischen Willen haben sie hinreichend bewiesen. Alles, was zwischen ihnen und dem nächsten Putschversuch steht, ist eine letzte Restscham bei einigen Akteuren und ein Mangel an gut finanzierten, gewissenlosen Anwälten. Beides sind nicht unbedingt Faktoren, auf die man in der republikanischen Partei vertrauen sollte.
Diese Fragen sind nicht akademisch. Abseits der durchsichtigen politischen Manöver und albernen Prozesse haben der Putschversuch und die Radikalisierung der Republicans konkrete Konsequenzen und einen Preis, der auf kurz oder lang in Blut bezahlt werden wird.
Eine Spur der Gewalt
Sehen wir uns einmal an, was alleine in den letzten Wochen passiert ist. In Georgia forderten diverse Redner eine „Entfernung“ der frisch gewählten Biden-Regierung, da diese „das Militär nicht auf ihrer Seite“ habe, während im Publikum Schreie von „Sieg oder Tod“ erklangen. Auf einer von Donald Trump, Jr., angeführten Wahlkampfveranstaltung warnte ein Redner, „Wir sind bereit zu schießen”. Am letzten Wochenende jubelte eine große Zuschauermenge einem Mitglied der Proud Boys zu, der verkündete: „Wir wollen keinen Bürgerkrieg, aber wir sind bereits in einem. Und wir werden ihn gewinnen.“ In Florida wurde die offizielle Anerkennung des Wahlergebnisses von einem Republican als „Krieg gegen das Vaterland” bezeichnet, verbunden mit der Erklärung, man werde „niemandem erlauben, einen Mann dafür zu feuern dass er seinen Job perfekt gemacht hat“. In Arizona verlangte ein Redner die Verhaftung von Joe Biden, Barack Obama und Hillary Clinton mit den Worten „Wir müssen Trump um jeden Preis verteidigen!„. Auf derselben Veranstaltungen beschimpfte ein anderer Redner Nancy Pelosi und den Gouverneur von Arizona, Doug Ducey, bevor er die Anwesenden mit den Worten „Ich würde diese Leute nur zu gerne hängen sehen“ zur „Rebellion“ aufforderte. Die Menge brüllte begeistert.
Trump hat alle diese Veranstaltungen öffentlich gelobt. Er hat verlangt, dass die Bundesstaaten „die Auszählung stoppen” sollen. In Tweets forderte er, ein klarer Rechtsbruch, dass „jede Stimme die nach dem Wahltag ankommt nicht gezählt werden soll”. „Hunderttausende“ von Stimmen, die für Biden abgegeben worden waren, sollten „für null und nichtig erklärt“ werden, oder gleich direkt „für uns gewertet”, weil sie ohne Kontrolle durch seine eigenen Leute gezählt worden waren. Er bestand darauf, dass republikanische Abgeordnetenhäuser oder der Supreme Court —dessen Loyalität er sich sicher glaubte — “die Ergebnisse bestimmter Swing States aufheben sollten, und zwar sofort”.
Es blieb nicht bei Beschwerden über Twitter oder auf Wahlkampfveranstaltungen. Er entließ den Direktor der Bundes-Cybersicherheit, Christopher Krebs, weil er seine Lügen über angebliche Wahlfälschungen nicht bestätigen wollte. Er attackierte das FBI und das Justizministerium — sowie den Bundesstaatsanwalt William Barr in einem persönlichen Treffen. “Vielleicht sind sie auch verwickelt” sagte Trump über beide Behörden auf, wo auch sonst, Fox News. Auf Twitter drohte er, Bidens Amtsantritt zu blockieren: “Biden wird das Weiße Haus nur als Präsident betreten, wenn er beweisen kann, dass seine lächerlichen „80.000.000 Stimmen“ nicht fälschlich oder durch Betrug erlangt wurden“. In weiteren Tweets erklärte er, Biden “Kann nicht als Präsident angesehen werden” und sollte als illegitimer “präsidentieller Besetzer“ gesehen werden.
In Georgia forderte Trump vom (ohnehin auf sehr dubiose Weise an die Macht gekommenen) Gouverneur Brian Kemp und anderen Republicans “das Heft in die Hand zu nehmen”, sprach von “Notfallmaßnahmen” um ein ungeliebtes Gesetz abzuschaffen, gegen die Democrats “durchzugreifen” und forderte “die Legislatur“ (was auch immer das sein soll, vermutlich die Legislative) auf ihm “schnell und einfach den Sieg” im Bundesstaat zu geben. Er befahl Kemp “Krieg es hin!” Als Ducey Bidens Sieg in Arizona bescheinigte, platzte Trump in eine Telefonkonferenz republikanischer Abgeordneter und griff den Gouverneur an. Er tweetete Vorwürfe, Ducey habe eine “korrupte Wahl” durchgeführt und “gefälschte Ergebnisse zertifiziert” sowie “das Volk von Arizona verraten.”
“Wir werden weiterkämpfen, bis jede illegale Stimme für null und nichtig erklärt ist“, schwor Vizepräsident Mike Pence auf einer Veranstaltung für Loeffler und Perdue in Georgia. Er forderte von den Republicans, “an der Seite Trumps zu stehen“ und versprach den ZuhörerInnen: „Dieses Mal sind wir an ihnen dran.“ Das gesamte juristische Beraterteam Trumps tickt genauso. So forderten die Anwälte Sidney Powell und Rudy Giuliani in einer von Trump und dem Republican National Committee abgesegneten Pressekonferenz am 19. November die Nichtigerklärung hunderttausender von Wahlzetteln. Sie beschimpften das FBI und behaupteten, die „Drei-Buchstaben-Behörden“ würden wie in Dritte-Welt-Ländern Wahlmanipulationen vertuschen. Kurz darauf wiederholte Powell ihre Behauptungen auf einer Wahlkampfveranstaltung in Georgia zusammen mit einem anderen Trump-Anwalt, Lynn Wood, der das FBI „crooked“ nannte (dasselbe Wort, das Trump 2016 immer Hillary Clinton an den Kopf warf und das die Leitmedien damals so begeistert aufgriffen) und Trump aufforderte, CIA-Direktorin Gina Haspel zu feuern. Auch er forderte das (republikanisch kontrollierte) Staatenhaus Georgias auf, Bidens Sieg für nichtig zu erklären und neue Elektoren zu bestimmen, die für Trump stimmen sollten. Dahinter verbirgt sich die korrekte verfassungsrechtliche Einschätzung, nach der die Bundesstaaten grundsätzlich das Recht hätten, das zu tun – es kam in der US-Geschichte nur noch nie vor. Wie stets hält nur die dünne Firnis der politischen Normen das Land zusammen.
Nicht zufrieden damit, politische Normen zu brechen und auf juristischem Wege einen Staatsstreich zu betreiben, rief Trump auch zu Gewalt auf oder lobte beziehungsweise entschuldigte diese. Am 5. November etwa warf er WahlhelferInnen vor, republikanische „Beobachter“ „so zu provozieren dass sie ein bisschen gewalttätig wurden”. Am 14. November befahl er der Polizei, bei Protesten auf linke Demonstrierende einzuschlagen, die er als “menschlichen radikal linken Abfall” bezeichnete. Er befahl der Polizei weiter, sich “nicht zurückzuhalten” und gratulierte seinen AnhängerInnen dafür, “aggressiv gegen die Antifa zurückzuschlagen”. Am Thanksgiving Day erklärte Trump den Innenminister Georgias, den Republican Brad Raffensperger “einen Feind des Volkes”, weil dieser sich geweigert hatte, Trumps Anweisungen zur Wahlfälschung Folge zu leisten.
Auch hier sind natürlich rechtsextreme AktivistInnen beteiligt. Vor kurzem erklärte der rechtsextreme Radiomoderator Eric Metaxas Trump in einem Interview, er wäre “froh, in diesem Kampf fallen zu dürfen”. Der Trump-Anwalt Joe diGenova, der am 19. November die Bühne mit Giuliani und Powell in der vorher angesprochenen Pressekonferenz teilte, erklärte, Krebs solle “bei Sonnenuntergang abgeführt und erschossen werden”. Am Tag darauf unterstützten Wood, Powell und Michael Flynn — jener korrupte General im Ruhestand der von Trump letzte Woche begnadigt wurde — eine Erklärung die die Einführung des “begrenzten Ausnahmezustands” forderte. Darin wurde gesagt, Trump solle “die Verfassung und die zivile Kontrolle des Wahlprozesses außer Kraft setzen“, so dass „das Militär eine landesweite Neuwahl durchführen“ könne. Sollte dies scheitern, sollten seine UnterstützerInnen „die Sache selbst in die Hand nehmen“.
Das alles bleibt nicht folgenlos. In mehreren Staaten gab es Todesdrohungen gegen Beamte, dazu Aufrufe zu Gewalt gegen die Familie des Innenministers von Arizona und die organisierte Jagd auf einen Wahlmaschinenarbeiter, der sich aktuell verstecken muss. Die Innenministerin von Michigan, Joyce Benson, hatte bewaffnete Mobs vor ihrem Haus, während sie versuchte mit ihrem vierjährigen Kind den Weihnachtsbaum zu schmücken. Gabriel Sterling, der republikanische Zuständige für die Wahl in Georgia, berichtete von Todesdrohungen gegen einen Wahlhelfer, Belästigung seiner Familie und Androhung von Sexualverbrechen gegen Raffenspergers Frau. “Hört auf, Leute zu Gewalt anzustiften” bettelte Sterling in seiner viral gegangenen Ansprache an Trump während einer Pressekonferenz. “Jemand wird erschossen werden. Jemand wird getötet werden.” Man kann Trump nicht vorwerfen, Sterlin ignoriert zu haben. Er postete ein Video und erklärte es für bedeutungslos. Im Gegenzug warf er Raffensperger und Kemp vor, von “massiver Wahlfälschung” zu wissen und sich zu weigern, sie aufzudecken. Am Folgetag wiederholte er diese Behauptung in einer Videobotschaft aus dem Weißen Haus erneut. Einen weiteren Tag später schlossen sich Wood, Powell und Flynn den Attacken an. Wood warf Sterling eine Verschwörung mit China vor und verlangte, dass Kemp und Raffensperger ins Gefängnis geworfen werden sollten: “Wir werden Goliath, die Kommunisten und die liberals erschlagen. Joe Biden wird nie einen Fuß ins Oval Office setzen.“
Düstere Aussichten
William Saletan formulierte den Abschluss seines Artikels, der Grundlage des obigen Abschnitts bildete, folgendes Fazit: „This isn’t a party of law and order. It’s a party of civil war.“ Ich bin generell kein Freund der Bürgerkriegsrhetorik. Ich glaube nicht, dass es zu einem kommen wird. Ein Bürgerkrieg erfordert zwei Seiten, die gewaltbereit, organisiert und bewaffnet sind. Aktuell ist nur eine Seite gewaltbereit und bewaffnet und keine organisiert.
Das mag sich ändern, aber zu erwarten ist in den USA weniger der Bürgerkrieg als eine sehr einseitige Machtübernahme durch einen Putsch und ein folgender, kurzer Racheexzess an den Unterlegenen. Die permanent Republican majority, die Karl Rove 2004 vorschwebte, lässt sich offensichtlich mit demokratischen Mitteln nicht erreichen. Die Partei ist längst darauf umgeschwenkt, es auf die undemokratische Art zu versuchen. Inzwischen ist die nächste Stufe dieser Eskalationsleiter erreicht, wo selbst Legalität keine große Rolle mehr spielt.
Nach dem Putschversuch ist vor dem Putschversuch. Der Preis der Freiheit ist ewige Wachsamkeit.
„Aber man erlaube mir die krude historische Parallele“
Diese Parallele ist nicht krude. Natürlich trifft sie nicht eins zu eins, das liegt in der Natur der Sache.
Ich versuche bei Nazivergleichen sehr vorsichtig vorzugehen. Aber danke!
Kommt halt immer drauf an. Vergleiche zum Dritten Reich wären verfehlt. Vergleiche zur Zeit vorher nicht unbedingt.
Letztlich hinkt jeder historische Vergleich, wenn man genauer hinschaut ^^ Aber ich weiß was du meinst und ich denke, da liegen wir auf einer Wellenlänge.
Das ist wirklich erschreckend. Während bei uns so gut wie alle davon ausgehen, dass Biden der nächste Präsident wird und – so schwer es auch wird – die schlimmsten Auswüchse der Trump-Äre beseitigen wird.
Wie in Deinem vorherigen Artikel scheint Deine neue Strategie darin zu liegen, die Dinge möglichst einseitig und agitatorisch darzustellen im Kampf gegen rechte Umtriebe.
Gegen Ende des Artikels war ich zugegeben müde, vor dem Fazit habe ich die letzten 2, 3 Absätze nur noch übersprungen. Es ist keine Kunst, Bücher mit den Falschaussagen und aufhetzerischen Reden von Donald Trump zu füllen. Das Problem dabei: es ermüdet sehr schnell und ich finde es nicht fair, die Geduld seines Publikums so herauszufordern. Auch nicht fair ist allerdings, Entwicklungen nicht wahrheitsgetreu abzubilden. Das beginnt damit, dass Du den Justizminister (Justizminister, nicht Generalstaatsanwalt) zwar erwähnst, nicht jedoch, dass selbst dieser Getreue sich längst vom Präsidenten absetzt und Bidens Wahl als regulär bezeichnet hat. In einem Artikel, wo Du unisono gegen die Republikaner hetzt, kein ganz unwichtiger Aspekt.
Republikaner in Parlamenten, Regierungsämtern und an Gerichten – nicht zuletzt solche, welche von Trump selbst bestellt wurden – haben die Anwürfe des Präsidenten brüsk zurückgewiesen. Kein Wort davon in Deinem Artikel, es hätte Deine Legende ja gestört.
Bisher hast Du Dich auch nicht kritisch mit dem Ansinnen der Demokraten auseinandergesetzt, den Supreme Court nach Belieben aufzustocken, was diese ehrwürdige Verfassungsinstitution endgültig zum Spielball parteipolitischer Interessen machen würde. Auch nicht ganz unwichtig, zumal Du mehrere Artikel darauf verwandt hast, das vermeintlich ruchlose, zweifellos aber verfassungskonforme, Gebaren der Republikaner um die Nachbesetzung von vakanten Richterstellen zu brandmarken. Ich nenne das schon eine extrem einseitige Betrachtung der Dinge.
Und wo wir dabei sind: Du kannst kräftig gegen rechte Populisten austeilen und welche Gefahren von ihnen für Demokratie und Rechtsstaat ausgehen. Doch wenn in Italien über die Hälfte der Bürger populistisch wählt, dazu völlig unfähigen Linkspopulisten zu Ämterehren verhilft und diese Regierung dann erklärt, europäische Verträge nicht anzuerkennen, weil diese von ihren Vorgängern abgeschlossen wurden, ja dann plädierst Du für Schwamm drüber und mehr Geld in den Moloch der wegbrechenden italienischen Demokratie.
Die Rolle als Agitator bekommt Dir nicht.
Republikaner in Parlamenten, Regierungsämtern und an Gerichten – nicht zuletzt solche, welche von Trump selbst bestellt wurden – haben die Anwürfe des Präsidenten brüsk zurückgewiesen.
Wie brüsk z.B. die Republikaner im Kongress dies zurückweisen, können Sie hier sehen.
Der Rest Ihres Beitrags ist Whataboutism.
Hat der Kongress gerade etwas zu sagen? Nennt man das nicht auch Whataboutism?
Danke für die Zahlen. Ich dachte, die Republikaner hätten sich aktiv für Trump ausgesprochen, dabei hat die überwiegende Mehrheit nur geschwiegen. Das ist nicht so extrem, aber immerhin verweigern sie sich zu einer Bekenntnis zur Demokratie in einer ernsten Krisensituation.
@ Dobkeratops 8. Dezember 2020, 11:45
Der Rest Ihres Beitrags ist Whataboutism.
Das ist ein bisserl grob.
Was die Situation zwischen den beiden Ländern unterscheidet, ist, dass ein Teil der amerikanischen Bevölkerung in den Bürgerkrieg gehen würde; das wäre wohl mit der italienischen Bevölkerung nicht machbar. Und die Republikaner gehen halt über den Regierungsapparat hinaus, und involvieren die Gerichtsbarkeit.
Aber hier wie da vergehen sich die Regierungen an bestehenden Gesetzen; verhalten sich undemokratisch, scheren sich nicht um Vereinbarungen der Vorgängerregierung, bzw. versuchen, die zurückzudrehen. Gemessen an den unterschiedlichen Strukturen der beiden Länder und den Wirkungsmöglichkeiten der Präsidenten liegt das Ganze nicht so weit auseinander. Die Auswirkungen auf die Welt werden natürlich bei Amerika DEUTLICH stärker und intensiver wahrgenommen.
Selbst wenn wir diesen krassen Fall USA außen vorlassen, besteht Pietschs Vorwurf dahingehend zu Recht, dass die (besser mit der Situatin in Italien vergleichbaren) Länder Polen und Ungarn von Stefan S. schon öfter thematisiert wurden, Italien in der Form noch nicht.
Es geht auch nicht darum, das Austeilen gegen rechte Populisten einzustellen, sondern sich eben auch den gleichen Bestrebungen von anderer Seite zu widmen.
Es gibt keine gleichen Bestrebungen der anderen Seite. Nirgendwo fordern demokratische Amtsträger zu Gewalt auf, zur Missachtung von Wahlen, zum Militärputsch.
@ Stefan Sasse 8. Dezember 2020, 15:43
Es gibt keine gleichen Bestrebungen der anderen Seite. Nirgendwo fordern demokratische Amtsträger zu Gewalt auf, zur Missachtung von Wahlen, zum Militärputsch.
Unbestritten; nur zu Gesetzesbrüchen, ich weiß.
Das war aber auch nicht mein Punkt.
Ich verstehe den anderen Stefan dahingehend, dass Du Dich über rechte Populisten wie Trump (aktuell sicherlich der Worst Case), über Erdoğan, Johnson, Kaczyński und Orban auslässt, aber Dich in der anderen Richtung bedeckt hältst. Das kann ich nachvollziehen.
Dass das, was in den USA abgeht, eine Klasse für sich ist (nun ja, Erdoğan ist zumindest in die gleiche Richtung unterwegs), sehe ich wie Du.
Ich wüsste halt aktuell auch keinen, wo das eine Gefahr ist. Die linken Diktaturen, die wir haben – Venezuela, Kuba, Nordkorea, etc. – müssen wir ja nicht drüber reden, ob die vielleicht Autokraten haben oder so was. Ich meine, da leidet die Bevölkerung schon ziemlich lange unter Diktatoren, das ist ja gar keine Frage mehr. Ich debattiere ja auch nicht, ob Russland noch eine funktionierende Demokratie ist. Das ist durch. Vielleicht kommt es daher. Wenn wir irgendwo mal wieder einen erfolgreichen Linkspopulismus haben, der bedrohliche Ausmaße annimmt, werde ich mich hoffentlich dagegen stellen. Aber ich sehe den aktuell einfach nicht.
@ Stefan Sasse 9. Dezember 2020, 14:31
Vielleicht kommt es daher.
Ja, vielleicht.
Wobei auch die
Trump’scherepublikanische Variante der USA nicht an Nordkorea heranreicht, und durch Populismus getriebene Angriffe auf den Rechtsstaat grundsätzlich gefährlich sind, auch wenn sie „nur“ im Rahmen von Italien ablaufen.Aber ich bin absolut bei Dir: Die aktuelle Entwicklung in den USA sehe ich auch als Bedrohung für die westliche Welt.
Danke!
Der Artikel ist keine Agitation gegen Rechte. Interessant, dass Sie sich angesprochen fühlen. Und kein Wort der Verurteilung, die Fakten bestreiten sie ja offenbar nicht. Offene Aufrufe nicht nur zum Verfassungsbruch, sondern zu Gewalt, gar zum Mord – und Ihnen fällt als Replik nur die Linke in Italien ein.
Die aufrechten und gesetzestreuen Republicans, die den Putsch bisher verhindert haben, werden im Artikel ja durchaus gewürdigt. Als dünner Firnis, was wohl eine zutreffende Einschätzung ist. Ich habe Hochachtung und großen Respekt auch vor ihrem Mut.
Meine Befürchtung ist, das ein Zwischenfall (etwa ein echter oder fingierter Terrorakt), die Führungsmacht der westlichen Welt ins vollends Chaos stürzen könnte.
Doch ist es. Stefans tiefe Abneigung gegen die Republikanische Partei ist hinlänglich bekannt. Dazu noch die Abfolge. Schon am Wochenende trat er ein Pamphlet los, das an Einseitigkeit und Behauptungen kaum zu überbieten war. Das ist ein Wiederholungsfall binnen Tagen.
Nein, wurden sie nicht. Sie wurden dargestellt als ein paar wenige. Dabei stand die Front gegen Trump praktisch geschlossen. Was man über Linke z.B. in Deutschland nicht sagen kann, wenn es um offenen Verfassungsbruch geht.
Tatsächlich bewegt sich die Republikanische Partei gerade in die entgegengesetzte Richtung, in Richtung Emanzipation von Trump. Nicht zuletzt Barr steht dafür, was Stefan in die Gegenrichtung umdeutet. Trump geht das schon so gegen den Strich, dass er die Tage zwar davon sprach, 2024 nochmals anzutreten, dies aber mit dem Zusatz versah, er hoffe es nicht tun zu müssen. Das konnte man auch dahingehend interpretieren, dass er seiner Partei nicht sehr vertraut, sein „Erbe“ wahren zu können.
Apropos: FOX News hat Trump längst verstoßen, trotzdem meint Stefan, den Murdoch-Sender nochmal als Getreuen des abgewählten Präsidenten erwähnen zu müssen. Auch hier: die Richtung passt überhaupt nicht mit den Fakten überein.
Waren Sie schon mal in den USA? Kennen Sie mehr als einen Amerikaner?
„Apropos: FOX News hat Trump längst verstoßen, trotzdem meint Stefan, den Murdoch-Sender nochmal als Getreuen des abgewählten Präsidenten erwähnen zu müssen. Auch hier: die Richtung passt überhaupt nicht mit den Fakten überein.“
Das ist so einseitig auch falsch. Man muss zwischen den „Talking Heads“, die Trump weiterhin weitestgehend stützen, und den Nachrichtenleuten, die weitestgehend Fakten vermitteln, unterscheiden.
Die Absatzbewegungen gegen Trump sind bei Fox genauso wie bei den Republikanern zu beobachten, aber sehr zaghaft und definitiv (noch?) nicht prägend.
Einer Partei, in der Mann schon ein mutiger Kämpfer für die Demokratie ist, wenn man nur bestätigt, dass Biden die Wahl gewonnen hat, würde ich nicht zur Seite springen wollen.
Stefans Analyse ist alles in allem schon treffend für die aktuelle Situation, während ihre eher von Wunschdenken für die Zukunft und Erinnerung an die alte republikanische Partei getrübt erscheint. Ich hoffe auch, dass die wieder zu Sinnen kommen, aber die Zeichen sind schwach und der Umfang enttäuschend.
Zu Barr: er wäre nicht der erste der abspringt ohne das sich dansch großartig etwas geändert hätte.
Nehmen wir einen Zeugen, der Glaubwürdigkeit besitzt. Donald Trump selbst hat mehrfach geäußert, FOX habe sich von seiner goldenen Gans abgewandt. Die von Ihnen angesprochenen Talking Heads sind stark im Sinkflug. Übrigens soll Murdoch selbst den Daumen gesenkt haben. Oder wie es ein Analyst beschrieb: Murdoch erkennt einen Loser, wenn er ihn sieht.
Das scheint eben zunehmend auch bei der GOP um sich zu greifen. Und Barr ist keine Lappalie. Es ist einfach aus dem Homeoffice zu räsonieren, Biden sei gewählt. Etwas anderes ist es schon, wenn Sie das sagen, während ein Burger-schmeißender Wüterich neben Ihnen steht und bei einer solchen Falschaussage droht, Sie und ihre Familie zu vernichten. Ich habe schon Menschen neben ihrem Vorgesetzten aus weit nichtigeren Anlässen lügen sehen.
Stefan betrachtet jeden republikanischen Präsidenten kritisch bis ablehnend, während er einem doch relativ schwachen, aber rhetorisch brillanten demokratischen Amtsinhaber in den Himmel lobt. Er betrachtet die amerikanische Demokratie eben trotz seiner dortigen Kontakte allein aus der linken europäischen Perspektive. Das ist eine ziemlich verzehrte, einseitige und unfaire Betrachtungsweise.
„Nehmen wir einen Zeugen, der Glaubwürdigkeit besitzt. Donald Trump selbst hat mehrfach geäußert, FOX habe sich von seiner goldenen Gans abgewandt.“
Was Donald Trump äußert ist für die Wahrheitsfindung völlig irrelevant.
„Die von Ihnen angesprochenen Talking Heads sind stark im Sinkflug.“
Im Moment sind Hannity, Ingraham, Carlso usw. immer noch die erfolgreichen Zugpferde des Senders und, bis auf wenige Ausnahmen, klar im Team Trump.
Die Einschaltquoten sind auch noch super. Wo erkennen Sie denn einen Sinkflug?
https://www.newsweek.com/fox-news-hannity-sets-ratings-record-november-amid-trumps-voter-fraud-push-1551935
„Übrigens soll Murdoch selbst den Daumen gesenkt haben. Oder wie es ein Analyst beschrieb: Murdoch erkennt einen Loser, wenn er ihn sieht.“
Betonung auf „soll“. Ich bin da gespannt. Ich hatte das auch gehofft, aber habe mich wohl von der Nachrichtenabteilung im Wahlstudio und tatsächlich kritischen Leuten wie Chris Wallace täuschen lassen.
„Das scheint eben zunehmend auch bei der GOP um sich zu greifen. Und Barr ist keine Lappalie.“
Bolton, Mattis und wie sie alle heissen, waren auch keine Lappalien.
„Es ist einfach aus dem Homeoffice zu räsonieren, Biden sei gewählt. Etwas anderes ist es schon, wenn Sie das sagen, während ein Burger-schmeißender Wüterich neben Ihnen steht und bei einer solchen Falschaussage droht, Sie und ihre Familie zu vernichten. Ich habe schon Menschen neben ihrem Vorgesetzten aus weit nichtigeren Anlässen lügen sehen.“
Von einer Partei und ihren wichtigsten Vertretern, die sich doch ständig auf Patriotismus, Stärke usw. usf. berufen darf man schon erwarten einen President Elect auch so zu nennen.
Dass sie das aus Angst vor Trump nicht tun, zeigt doch genau das Problem. Sie werfen selbst absolut fundamentale demokratische Grundsätze über Bord, weil sie Angst vor einem bösen Tweet von ihrem, bald Ex-, Präsidenten haben. Das ist unentschuldbar.
„Stefan betrachtet jeden republikanischen Präsidenten kritisch bis ablehnend, während er einem doch relativ schwachen, aber rhetorisch brillanten demokratischen Amtsinhaber in den Himmel lobt. Er betrachtet die amerikanische Demokratie eben trotz seiner dortigen Kontakte allein aus der linken europäischen Perspektive. Das ist eine ziemlich verzehrte, einseitige und unfaire Betrachtungsweise.“
Anders als Stefan sehe ich z.B. Bush in einem ganz anderen Licht als Trump, das stimmt. Bush’s Transfer of Power zu Obama war vorbildlich.
Aber ansonsten ist das keine europäische Perspektive sondern eine die von der Mehrheit der Amerikaner, und einer deutlichen Mehrheit gebildeter Amerikaner, geteilt wird.
Ich kümmere mich doch nicht um die Einschaltquoten von FOX News! Das scheint derzeit eher eine amerikanische Staatsangelegenheit zu sein, wenn ich dem Präsidenten aufmerksam folge.
Barr ist noch der Minister, der am längsten neben Trump gestanden hat (und Pompeo). Was bleibt dann noch? Der Vizepräsident, ja. Der weiß aber, dass er sich jede Kandidatur 2024 oder 2028 abschminken kann, wenn er sich jetzt auch noch auffällig distanziert. Dezent hat er das ja sehr früh getan, was Stefan allerdings auch nicht aufgefallen ist.
Wir streiten doch gar nicht darüber, dass sich viele Republikaner derzeit nicht honorig verhalten und wenig demokratisches Verhalten an den Tag legen. Aber das ist in der Politik auch nicht wie beim Stromkreislauf, dass ein Klick auf den Schalter alles umwirft. Verantwortliche der Republikaner müssen erstens beachten, dass am 05. Januar 2021 noch zwei sehr wichtige Wahlen in Georgia stattfinden und da können 20 verkrätzte Trump-Sympathisanten sehr wohl den Ausschlag geben, in welche Richtung die Waage sich neigt. Zweitens sollte die GOP nicht sämtliche von Trump gewonnenen Wähler umgehend wieder verlieren und sei es ans Lager der Nichtwähler, wenn sie kurz- und mittelfristig eine Chance um die Vormacht in der amerikanischen Politik haben will. Denn zwei blaue Parteien benötigt das Land wirklich nicht.
Letzter Punkt, wo gerade Stefan von „Putsch“ fabuliert: es war Trump selbst, der zwar sehr spät aber immerhin den Transitionprozess angestoßen und damit implizit seine Wahlniederlage eingestanden hat. Mehr kann man von dem Nazisten nicht erwarten. Alle anderen Beschwerden bitte an die Adresse jener Amerikaner, die so jemanden je für präsidentenwürdig befunden haben. Es soll einige in der GOP gegeben haben, die sich dagegen gewehrt haben.
Ich würde George W. Bush nun nicht gerade zu den großen amerikanischen Präsidenten zählen, auch wenn er sich honorig verhalten hat. Seine Präsidentschaft ist in meinen Augen das Negativ zu der seines Vorgängers. Aber, ich betrachte heute Ronald Reagan als einen wahrhaft großen Präsidenten, der visionär Entwicklungen angestoßen hat, von denen die USA sehr lange zehren konnten.
„Die von Ihnen angesprochenen Talking Heads sind stark im Sinkflug.“
„Ich kümmere mich doch nicht um die Einschaltquoten von FOX News!“
Wie kommen sie denn dann auf Sinkflug?
„Wir streiten doch gar nicht darüber, dass sich viele Republikaner derzeit nicht honorig verhalten und wenig demokratisches Verhalten an den Tag legen. Aber das ist in der Politik auch nicht wie beim Stromkreislauf, dass ein Klick auf den Schalter alles umwirft. Verantwortliche der Republikaner müssen erstens beachten, dass am 05. Januar 2021 noch zwei sehr wichtige Wahlen in Georgia stattfinden und da können 20 verkrätzte Trump-Sympathisanten sehr wohl den Ausschlag geben, in welche Richtung die Waage sich neigt. Zweitens sollte die GOP nicht sämtliche von Trump gewonnenen Wähler umgehend wieder verlieren und sei es ans Lager der Nichtwähler, wenn sie kurz- und mittelfristig eine Chance um die Vormacht in der amerikanischen Politik haben will.“
Wir streiten über die Bedeutung. Ich verstehe die machttaktischen Überlegungen durchaus. Genau da liegt ja das Problem, dass die Republikaner solche Überlegungen über den Erhalt der Demokratie stellen.
Ich hatte mich als Quelle hierauf bezogen:
Letztere Interpretation ist wahrscheinlicher, und so lässt sich erklären, warum der Nachrichtensender jetzt von Trump abrückt. Die enge Verbindung zwischen Fox und Trump war eine Allianz auf Zeit, und mit der Niederlage des verhaltensauffälligen 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika hat Fox diese Allianz offenbar einseitig aufgekündigt oder zumindest gelockert.
Zwar gibt es weiterhin Meinungsmacher wie Sean Hannity, Tucker Carlson und Laura Ingraham, die Trump die Stange halten – was dieser wiederum auf Twitter mit Anfeuerungen würdigt, so werde Hannity den behaupteten Wahlbetrug aufdecken. Doch Kommentatoren wie Hannity, die bei Fox „opinion hosts“ heißen, also „Meinungs-Moderatoren“, haben ihre eigene Agenda, die sich einige Jahre mit der von Fox deckte, und jetzt eben offensichtlich nicht mehr.
Rupert Murdoch, der australische Medienmogul, schien nie ein überzeugter, sondern eher ein pragmatischer, auf das Ergebnis konzentrierter Trump-Unterstützer zu sein. Man gab und man nahm. Dass er Trump einmal einen „verdammten Idioten“ genannt habe, wie Michael Wolff in einem Enthüllungsbuch schrieb, dementierte Murdoch; hart kritisiert hat der Medienunternehmer aber beispielsweise bereits Mitte 2015 Trumps abwertende Kommentare über mexikanische Migranten.
Am Ende ist Murdoch Geschäftsmann, und in dieser Rolle müssen er und seine Manager, darunter sein Sohn Lachlan als Vorstandschef der Fox Corporation, die Positionierung des Senders überdenken. Gleiches tun seine Zeitungen, darunter das Boulevardblatt „New York Post“ und das „Wall Street Journal“, das dem Präsidenten empfahl, eine Niederlage mit Anstand zu tragen.
Obwohl Fox News nah dran war an der kompletten Einseitigkeit zugunsten von Trump, nah dran an der Verbreitung von Falschnachrichten, die aus dem Weißen Haus kamen, darum zuweilen sogar als „Staatssender“ kritisiert wurde, zeichnen sich in der Niederlage Trumps die Sollbruchstellen ab. Für eine journalistisch seriöse Arbeit steht beispielsweise der Moderator Chris Wallace, der nicht zu den eben genannten „opinion hosts“ gehört, sondern zu den Vertretern der Nachrichtenredaktion, und der als Moderator der ersten Kandidatendebatte zwischen Trump und Biden zwar überfordert war, aber der Begünstigung von Trump keineswegs bezichtigt werden kann.
https://www.welt.de/politik/ausland/plus220144696/Warum-Fox-News-mit-Donald-Trump-bricht.html?cid=onsite.onsitesearch
ich glaube der Machtkampf innerhalb Fox bleibt spannend. Den diese Opinion Hosts haben halt mit Abstand die erfolgreichsten Sendungen bei Fox.
Andererseits hat Fox sich auch früher schon im Stande gezeigt, sich von solchen zu trennen ohne dauerhaft Schaden zu nehmen.
Ich denke es gibt keinen Machtkampf. Der Sender wird streng nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt. Trump ist Vergangenheit und ich habe große Zweifel, dass er nochmal Gegenwart und Zukunft wird.
Na klar, streng betriebswirtschaftlich.
Trump war für Fox nur ein Vehikel ihrer rechtsextremen Agenda, das stimmt wohl. Sobald er dafür nicht mehr taugt, wird man ihn fallen lassen.
„ich denke es gibt keinen Machtkampf. Der Sender wird streng nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt.“
Genau deshalb sind die Trumpy Opinion Hosts doch so wichtig. Die bringen die Quote und damit die Einnahmen.
Ich glaube mit der Marke Trump kann ein Sender wie Fox noch lange Geld verdienen.
Genau das denke ich nicht. Comeback Kids sind selten. Und nie so alt. Vor 4 Jahren besaß Trump Faszination. Bis November konnte er auf blinden Gehorsam vertrauen. Aber ohne Macht, ohne die Faszination des Neuen, des Unerwarteten fehlt die Story.
Ehemalige Politker sind eine gute Story und verdienen damit einen Haufen Geld. Siehe Obama. Ich sehe nicht, warum Trump aus seiner blinden Gefolgschaft nicht mindestens genauso viel Geld herausholen können sollte.
Aber wir werden sehen.
Mit wäre nichts lieber als wenn er von der Bildfläche verschwände und die prä-tea Party Republikaner wieder an die Macht kämen.
Ja, aber er kehrt nicht mehr in den Wahlkampf zurück. Bernie Sanders war 2016 auch faszinierend. 2020 hatte er diese Faszination verloren und war nur noch ein alter Bewerber.
Und das ist doch die gute Perspektive: Trump wird nicht mehr ins Weiße Haus zurückkehren.
Es ging um Fox, nicht ums weisse Haus.
Das Trump einen Cleveland macht halte ich auch für eher unwahrscheinlich. Ich könnte mit vorstellen, dass eine erneute Kandidatur in den Primaries die Republikaner richtig kosten würde und er bei einer eventuellen Wahl 2024 wieder krachend scheitern würde. Aber das hängt natürlich auch davon ab wie Biden und Harris sich in den nächsten vier Jahren schlagen werden.
Jede Spekulation zu dem Thema ist gerade völlig nutzlos. Es ist völlig unabsehbar, was sich bis dahin tut.
Wenn es wirklich parallel zu Bidens Inauguration seine Kandidatur verkündete und dann vier Jahre lang Wahlkampf betriebe wäre das unmittelbar relevant.
Ja, sicher. Nur jetzt Prognosen abgeben zu wollen was das in vier Jahren bedeutet halte ich für Quatsch. Wenn du darüber redest, wie eine solche Dauerkandidatur sich generell auf das System auswirkt, auf die kommende Präsidentschaft etc. – ok. Aber jetzt sagen zu wollen, wie es die chancen der primaries 2024 beeinflusst ist…gewagt.
Ich finde es bedenklich und nicht klug, Politik, Wirtschaft und Entwicklungen ohne Menschen zu denken. Anders formuliert: In vielen Denkweisen kommen die handelnden Personen nur als Maschinen vor.
Nun mutmaßt jeder, Trump könne sofort in den Wahlkampf 2024 einsteigen und mit seinen Tweets und Veranstaltungen seine Partei und die Regierung Biden vor sich hertreiben.
Dabei hat Trump selbst für seine Verhältnisse tief blicken lassen. Im Grunde hofft er, 2024 nicht antreten zu müssen. Stefan, der der GOP einen Putsch in den kommenden Jahren unterstellt und dies mit Trump-Tweets begründet, glaubt ja an den Dauerwahlkampf des Donald Trump.
Tatsächlich benötigte Trump schon in der immer noch sehr warmen Phase des Nachwahlkampfes Wochen, bis er wieder eine Großveranstaltung ausrichtete. Am G20-Gipfel nahm er kaum noch teil, sondern ließ sich vertreten und ging Golf spielen.
Oder wie es jemand aus seinem Umfeld ausdrückte: Der Kerl ist doch viel zu faul. Sein geringer Arbeitseifer ist das Eine. Ich verstehe, dass sich ein Mitte 30jähriger nicht in ältere Menschen reinversetzen kann, das, Gefühl, wenn mit jedem Monat, jedem Jahr die Kräfte schwinden.
Weder ein Bernie Sanders noch ein Joe Biden strahlten die Kraft und Energie aus wie vor 4 oder 6 Jahren. Dabei ernährt sich der künftige Präsident gesund und betätigt sich noch sportlich. Solche Verhaltensweisen lassen sich dem stark übergewichtigen Amtsinhaber nicht zuschreiben. Trump in 2, 3 Jahren wird nicht der gleiche, energiegeladene Wüterich von 2016 sein.
Die Welt wird weiter vor den Tweets des Präsidenten zittern? Quark, Twitter hat angekündigt, Trump mit Ausscheiden aus dem Amt seinen Sonderstatus zu entziehen. Mit anderen Worten: Dem New Yorker droht die Sperrung, wenn er seinen Ton nicht mäßigt und seinen Stil entscheidend ändert.
Ich gehe nicht von einem 4jährigen Dauerwahlkampf aus, wie kommst du darauf? Ich habe festgestellt, dass das eine Möglichkeit ist und mich EXPLIZIT dagegen verwahrt, Prognosen für die nächsten vier Jahre abzugeben. Ich habe das JETZT analysiert. Aber argumentiere gerne weiter gegen Strohmänner.
Die Idee, dass Trump zu faul wäre, ist teilweise richtig. Das hat ihm, wie ein Artikel am Freitag genauer zeigen wird, auch viel gekostet. Aber man sollte nicht den Fehler machen den Mann zu unterschätzen.
Ich verstehe immer noch nicht, worauf Du Dein Putschgerede aufbaust. Trump redet die ganze Zeit so, ja, geschenkt. Auf der anderen Seite wagst Du keine Prognose. Ja, was denn nun? Welchen dunklen Gestalten der Macht in der GOP sagst Du Putschgerüchte nach?
Die entscheidende Perspektive ist doch nicht Dezember 2020, sondern die weitere Positionierung der GOP. Das ist, anders als Stefans Grundtenor, bei weitem nicht entschieden. Hat übrigens Bolton mehrfach betont. Solche Töne kann man hören – wenn man nicht nur in einer Blase lebt.
Und deshalb jetzt Schwamm drüber, dass sich die Partei drei Jahre an den Möchtegern-Diktator gekettet, jede seiner Launen bereitwillig mitgetragen hat und das demokratische System so weit ausgehöhlt hat, wie man eben konnte? Nichts für ungut?
In einer Demokratie werden Entscheidungen getroffen. Der Souverän, der Bürger, hat den Republikanern eine totale Niederlage erspart, das Gesamturteil fällt also anders aus als Sie das sehen. Demokraten akzeptieren das Urteil.
Das hat nichts damit zu tun, dass man den Republikanern jetzt nach dem Motto „im Zweifel für den Angeklagten“ einen Vertrauensvorschuss geben müsste.
Das steht da nirgends. Nur sollte jeder frisch Gewählte einen Vertrauensvorschuss erhalten. Von allen Demokraten. Alles andere wäre auch ziemlich widersinnig.
Ich lebe in keiner Blase. Ich hatte Bolton noch im Kopf weil ich mir ein längeres Interview mit ihm angehört habe.
Ich glaube er ist viel zu optimistisch, was die zukünftige Positionierung seiner Partei angeht. Ebenso wie sie. Aber ich lasse mich da gerne positiv überraschen.
Die Blase war nicht auf Sie gemünzt, sorry wenn das so rüberkam.
Wir beide können die inneren Prozesse der GOP nicht kennen, noch weniger als bei deutschen Parteien. Erfolg spült fühle Opportunisten und Karrieristen nach oben, aber das sind nie die Grundströmungen einer Organisation, egal ob Unternehmen, NGO oder Partei. Schwindet der Erfolg, verschwinden die Opportunisten und Karrieristen.
Ich habe den Republikanern einen blauen Durchmarsch gewünscht. Der Wähler hat anders entschieden. Ich finde es nur wahnsinnig verzehrt – und auch unehrenhaft (schönes altes Wort) – hier davon zu reden, über kurz oder lang käme es in den USA zu einem Putsch, wenn nicht die Demokraten für die nächsten 50 Jahre aufpassen. Dieses Narrativ hat mich sehr geärgert, das gestehe ich.
Trump hatte ja zuletzt keinen Auftritt mehr bei FOX News und der Sender wurde von Trump auch nicht mehr lobend erwähnt, was zeigt, dass die Entscheidung der Senderspitze, sich vom Loser im Weißen Haus zu emanzipieren, absolut richtig war. FOX News ist nicht Trump. Und selbst die interne Anweisung von Anfang November, Biden nicht als „President elect“ zu bezeichnen, hielt keinen Trump-Tweet lang.
Wenn „zuletzt“ heißt, seit etwas mehr als einer Woche, dann ist das korrekt. Allerdings hat Trump allgemein seit der Wahl vorher keine TV-Interviews mehr gegeben.
Bushs Transfer of Power habe ich auch immer gelobt. Ich glaube, wir haben da keinen großen Dissens.
Sorry, dann habe ich da was falsch erinnert.
Die Vorstellung, FOX habe Trump verstoßen, ist völlig wirr.
@ Stefan Pietsch
Sie sind doch sonst ein vehementer Verfechter von Anstand und Höflichkeit. Aber was aus dieser Formerly GOP an Schmähungen, Lügen, Verdrehungen und sogar Drohungen kommt, ungerügt von den Oberen, ist Ihnen kein Wort der Kritik wert?
Sie haben lange von mir nichts mehr gelesen, oder? Richtig ist, dass ich nicht jedes Statement Catomäßig einleite. Aber sonst nichts.
Zu den Höflichkeitsregeln gehört auch, Fragen zu beantworten. Sie kennen also keinen Amerikaner live und waren noch nie drüben, richtig? Denn Ihre Sicht ist allein deutsch.
Die Frage war erkennbar rhetorischer Natur. Zum Thema hätte eine Beantwortung rein gar nichts beigetragen.
Mittlerweile ist Pietsch eher der Pöbler vom Dienst als Verfechter von Höflichkeitsregeln.
Insgesamt ist ja schon recht deutlich klar, dass das kein Trump-Problem ist. Dann wären auch die Absetzbewegungen viel vehementer und zahlreicher, eher sieht es ja so aus als wäre Trump nur einer von vielen, die das tote Putschpferd reiten. Das finde ich im Übrigens auch fragwürdig, weil ich eigentlich erwartet hätte, dass die Oppurtunisten schneller auf Abstand gehen. Das spricht auch ein bisschen dafür, dass sie da eben nicht mehr rausfinden (wollen).
@ CitizenK 8. Dezember 2020, 12:08
Der Artikel ist keine Agitation gegen Rechte.
Lustig 🙂 . Na klar ist er das auch.
Und kein Wort der Verurteilung, die Fakten bestreiten sie ja offenbar nicht. Offene Aufrufe nicht nur zum Verfassungsbruch, sondern zu Gewalt, gar zum Mord – und Ihnen fällt als Replik nur die Linke in Italien ein.
Das Stefan Pietsch kein Trump-Freund ist, hat er hier doch schon mehrfach kund getan (das ihm eine ausgewogene Darstellung am Herzenliegt, auch). Muss jetzt jeder, wenn der 100ste Ausruf „Trump ist Scheiße“ erfolgt, jedesmal jeder „finde ich auch“ posten?
Meine Befürchtung ist, das ein Zwischenfall (etwa ein echter oder fingierter Terrorakt), die Führungsmacht der westlichen Welt ins vollends Chaos stürzen könnte.
Absolut! Das wäre für die westliche Welt der Horror. Die Vorstellung, dassdie EU ohne die ungeliebten Amerikaner im Rücken eigene Positionen entwickeln und vertreten müssten, jagt auch mir Angst ein.
Es erschließt sich mir nicht. Es geht nicht um bzw. gegen „Rechte“ allgemein, sondern konkret gegen eine aus allen demokratischen Fugen geratene Partei. Und es geht auch (und ging) nicht in erster Linie um Trump, sondern um seine Unterstützer: Anwälte, Spitzenpolitiker (Senatoren!), die diesen zutiefst anti-demokratischen Spuk mitmachen oder gar aktiv unterstützen.
Aber wenn ihr es unbedingt auf diese Ebene bringen wollt: Dass die akute Gefahr für die Demokratie in den USA von „Rechten“ und nicht von „Linken“ ausgeht, steht doch wohl außer Frage.
@ CitizenK 8. Dezember 2020, 15:17
Dass die akute Gefahr für die Demokratie in den USA von „Rechten“ und nicht von „Linken“ ausgeht, steht doch wohl außer Frage.
Ja, auf jeden Fall. Ich glaube auch nicht, dass irgend jemand diesen Punkt bestreitet.
„Ausgewogene Darstellung“ bei einem Putsch? Wie soll das denn aussehen?
Fine people on both sides^^
VERY fine people. The finest!
Biedermann und die Brandstifter?
Biedermänner wohin man blickt.
Ach so, noch etwas zum Bruch des Rechtsstaates in den USA: Organisationen sowie Funktionäre und Sympathisanten der Demokraten betreiben gerade einen neuartigen Pranger. Sie sammeln Daten über ehemalige und Noch-Trump-Mitarbeiter, auf das diese bei zukünftigen Bewerbungen gebrandmarkt werden und, so zumindest die Hoffnung der Betreiber, nie wieder einen Job bekommen.
https://www.welt.de/politik/ausland/plus219979328/USA-nach-Biden-Sieg-Demokraten-legen-Pranger-fuer-Trump-Mitarbeiter-an.html
Liest man halt so wenig von Stefan darüber. Oder er findet das durchaus im Rahmen demokratischer Auslese.
Cancel Culture ist ein Bruch des Rechtsstaates? Ohje
Niemand redet von Cancel Culture. Vorsätzlich verfassungswidrige Wahlgesetze wäre ein Stichwort.
Sie sammeln Daten über ehemalige und Noch-Trump-Mitarbeiter, auf das diese bei zukünftigen Bewerbungen gebrandmarkt werden und, so zumindest die Hoffnung der Betreiber, nie wieder einen Job bekommen.
= Cancel Culture
Entschuldigung, ich bezog das auf eine andere Äußerung von mir.
Zivilrechtlich ist das, wenn es zum Tragen kommt, eine Straftat. Wenn Politiker das tun oder mittragen, ist es der Bruch mit Verfassungsgrundsätzen. Egal, wie Sie es umgangssprachlich nennen.
Die Cancel Culture im Politikbetrieb ist absoluter Standard, das hat exakt Null Komma Null mit Brüchen irgendwelcher Verfassungsgrundsätzen zu tun.
Ich habe begründet um was es sich handelt. Trump verkündet ja auch allenthalben alternative Fakten.
@ Stefan Pietsch 8. Dezember 2020, 15:25
Ach so, noch etwas zum Bruch des Rechtsstaates in den USA: Organisationen sowie Funktionäre und Sympathisanten der Demokraten betreiben gerade einen neuartigen Pranger. Sie sammeln Daten über ehemalige und Noch-Trump-Mitarbeiter, auf das diese bei zukünftigen Bewerbungen gebrandmarkt werden und, so zumindest die Hoffnung der Betreiber, nie wieder einen Job bekommen.
Hatten wir hier auch schon, als „Entnazifizierung“ und als „Radikalenerlass“.
So undemokratisch und verlogen, wie sich die Administration in weiten Teilen gegeben hat, halte ich das für angebracht, sinnvoll, erforderlich. Vielleicht nicht unbedingt für jeden Büroboten, aber für Leute ab einem gewissen Level von Verantwortung schon.
Die, die sich halbwegs korrekt verhalten haben, wurden bereits von Trump gefeuert.
Die USA sind aber keine Diktatur, die USA sind ein Rechtsstaat!
Die Trump Administration war eine legitime Regierung. Es gibt keinen Grund, Leute, die für eine demokratische Regierung gearbeitet haben, beruflich zu verfolgen. Soweit es zu gesetzeswidrigen Handlungen kam, ist dies von Gerichten aufzuarbeiten, nicht von Aktivisten.
Klar waren die eine legitime Regierung, das hab ich nie bezweifelt.
Was meinst du mit „beruflich verfolgen“?
Rund eine Woche nach der amerikanischen Präsidentschaftswahl ist der Burgfrieden der Demokratischen Partei vorbei. Der designierte Präsident Joe Biden – ein Mann der Mitte – will zwar laut Ansagen das Land einen. „Lasst uns diese düstere Ära der Dämonisierung hier und jetzt zu Ende gehen lassen“, sagte er kurz nach seinem Wahlsieg. Aber der linke Flügel seiner Partei sieht das anders.
„Legt irgendjemand ein Archiv dieser Trump-Speichellecker an? Für die Zukunft, wenn sie versuchen, ihre Mittäterschaft zu leugnen oder herunterzuspielen“, schrieb Alexandria Ocasio-Cortez, die Galionsfigur der „Progressiven“, auf Twitter. Sie befürchte, dass viele Unterstützer des amtierenden Präsidenten Donald Trump entsprechende Fotos und Beiträge im Internet löschen könnten.
„Ja, wir machen das“, antwortete Michael Simon, ein Unternehmer, der einst für die Obama-Wahlkampagne arbeitete. Und verlinkte auf das um den Wahltermin herum gestartete „Trump Accountability Project“ („Trump-Rechenschaftsprojekt“).
Eine anonyme Denunziations-Webseite
Die Webseite verriet kaum Details über das Vorhaben der Aktivisten, die Urheber wurden nicht genannt. Nur so viel: „Wir dürfen niemals vergessen, wer die Trump-Agenda vorangetrieben hat.“ Diejenigen, die für die Regierung oder Trumps Kampagne arbeiten, dürften nicht „profitieren von ihren Bestrebungen, die amerikanische Demokratie zu zerreißen“, so hieß es.
Offenbar wollten die Aktivisten erreichen, dass niemand, der mit der Trump-Maschinerie zu tun hatte, jemals wieder einen Job findet, ein erfolgreiches Buch schreibt oder auf einem Podium spricht. „Sollten Sie Softwareentwickler sein oder uns anderweitig dabei helfen können, eine große Anzahl Tweets von Mitarbeitern der Trump-Kampagne/-Verwaltung zu archivieren, schreiben Sie uns“, lautet ein Beitrag auf dem Twitter-Account des Projekts.
Außer Michael Simon steht ein weiterer ehemaliger Berater Barack Obamas mit der Initiative in Verbindung: Hari Sevugan. Einen Bericht, laut dem derzeit Mitarbeiter aus dem Weißen Haus beginnen, nach neuen Stellen zu suchen, kommentierte der 45-Jährige so: „Es hat Konsequenzen, jemanden einzustellen, der Trump dabei geholfen hat, amerikanische Werte zu attackieren.“ Sevugan war einst der Pressesprecher des Democratic National Committee, der Parteiorganisation der Demokraten, und Sprecher für Obamas Wahlkampagne. (..)
Sevugan störte sich offenbar sehr am Buchprojekt Parscales. Seinen Unmut tat er in einem Tweet kund. „Eine Warnung an alle Verleger, die jemanden unter Vertrag zu nehmen erwägen, der eine Kampagne mit dem Ziel geführt hat, dass Amerikaner sich gegenseitig hassen“, schrieb er. „Sie werden einem gewaltigen Boykott ausgesetzt sein, der vom Trump Accountability Project angeführt wird.“ Nicht nur besagtes Buch werde boykottiert, sondern alle Bücher, die im selben Verlag erscheinen würden.
Der ehemalige amerikanische Arbeitsminister Robert Reich forderte bereits Mitte Oktober eine „Wahrheits- und Versöhnungskommission“ für die Zeit nach Trump. Solche Gremien wurden um die 90er-Jahre vor allem in Ländern Südamerikas eingesetzt, die nach dem Sturz menschenrechtsverletzender Regimes die Verbrechen der ehemaligen Herrscher aufarbeiten und darüber aufklären sollten.
Reich, der auch Professor an der kalifornischen Berkeley-Universität ist, schreibt, man müsse die Leute „zur Rechenschaft ziehen“ für das, was geschehen sei. Eine Wahrheitskommission würde „Trumps Lügen auslöschen, die Verletzungen durch seinen Hass lindern und jeden Beamten, Politiker, jede Führungskraft und jeden Medienmogul beim Namen nennen, dessen Gier und Feigheit diese Katastrophe ermöglicht haben“, so Reichs Empfehlung.
Ein Kolumnist der „Washington Post“ nannte die Forderung Reichs „den neuen McCarthyismus“. Die Ära bezeichnet die Anfangszeit des Kalten Krieges in Amerika, in der Kommunisten, ob wahrhaftige oder vermeintliche, und deren Sympathisanten mit einer Vehemenz verfolgt wurden, in der glaubhafte Beweise eher zweitrangig waren. In anderen Worten: eine Hexenjagd. (..)
Marsha Blackburn, eine republikanische Senatorin aus dem Bundesstaat Tennessee, bezeichnete die Initiative des Trump Accountability Project als den „Inbegriff der ,Cancel Culture‘“. „Unser Land lebt seit Langem von einer robusten politischen Debatte; und dieses Bemühen, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die unseren Präsidenten unterstützen, ist abscheulich“, schreibt Blackburn auf Twitter.
Anfangs war auf der Webseite des Projekts noch eine grüne Schaltfläche zu sehen. „Schau die Liste an“, stand darauf. Wer klickte, wurde auf eine Online-Excel-Tabelle mit acht Registerkarten weitergeleitet. Sieben davon standen für je eine Personengruppe: Wahlkampfmitarbeiter zum Beispiel, Anwälte oder Spender. In jeder Kategorie waren Namen aufgelistet, Namen von Menschen, die in irgendeiner Form für Trump tätig waren. Und die jetzt dafür bestraft werden sollten.
Einige Tage später wurde die Verlinkung gelöscht; sie ist nur noch über digitale Archive auffindbar. Simon, der demokratische Unternehmer, der das Trump Accountability Project unter dem Tweet der Abgeordneten Ocasio-Cortez bewarb, hat seinen Beitrag mittlerweile gelöscht – wohl, weil seine Aussage einigen zu weit ging. Denn er sprach davon, „jeden Verwaltungsangestellten, jeden Kampagnenmitarbeiter, jeden Veranstalter von Spendensammelaktionen, jeden Anwalt, der sie repräsentiert hat – einfach jeden“ dokumentieren zu wollen.
Auch auf der Internetseite der Initiative bemühte man sich indes um eine versöhnlich klingende Präambel. „Wir sollten unsere amerikanischen Mitbürger, von denen uns politische Differenzen trennen, willkommen heißen“, hieß es dort.
Doch die Kritik an der Initiative ließ nicht nach – sowohl von republikanischer als auch von demokratischer Seite. Eineinhalb Wochen nach der US-Wahl gaben die Initiatoren nun nach und nahmen die Website offline. Stattdessen ist dort eine Stellungnahme zu lesen.
Das Ziel des Projekts sei gewesen, zur Wiederherstellung der Seele der Nation beizutragen. Man werde nun dem Beispiel des designierten Präsidenten Biden folgen, um dieses Ziel zu erreichen. Doch die Überzeugung hinter dem Projekt hat sich nicht geändert – auch das machen die Verfasser der Botschaft deutlich.
Mitarbeiter der Trump-Regierung seien „für die Lockerung der Leitplanken unserer Demokratie verantwortlich“. Damit das Land nie wieder in eine solche Lage komme, müsse man sicherstellen, dass diese Menschen „nicht mit Buchverträgen, Fernsehverträgen oder sechsstelligen Gehältern in der Privatwirtschaft belohnt werden“.
Das klingt nicht nach einem Sinneswandel. Bleibt die Frage, ob die von Biden angemahnte Versöhnung möglich ist in einem Land, in dem einigen eine Beschäftigung für Trump als lebenslanges Stigma gilt.
Ah, jetzt weiß ich was du meinst. Ich finde das wahnsinnig kompliziert. Ich habe kein Problem damit, wenn die Leute bereuen. Nimm John Bolton oder so was. Ich halte zwar nichts von ihm, aber er hat wenigstens aufgearbeitet. Aber einer Kellyanne Conway jetzt erneut eine Bühne zu bieten, nachdem sie jahrelang gewerbsmäßig und nachweislich durch Lügen Geld verdient hat – mir ist völlig unklar, was der Blödsinn soll. Man muss die Schuldigen nicht auch noch belohnen. Die können ja gerne irgendwo ihre Verbindungen versilbern, in Aufsichtsräten Millionen verdienen oder was weiß ich. Aber warum um Gottes Willen sollte man ihnen ein Podium bieten, solange sie weiterhin die Demokratie attackieren? Das ist mir völlig unklar. Auf der anderen Seite – deswegen kompliziert – ist McCarthyismus keine sonderlich gute Handlungsanleitung, und die Grenze zu finden ist super schwierig. Im Prinzip teile ich daher die Forderung, sehe aber Probleme bei der Durchsetzung in der Praxis. Kannst nachvollziehen was ich meine?
Nein.
Es geht ja nicht darum, den Mitarbeitern der Trump-Administration eine Bühne zu bereiten. Es geht darum, dass sie ganz normal wieder ins Berufsleben zurückkehren. Hier Jagd auf Ex-Regierungsmitarbeiter zu machen, ist eben McCarthy 4.0.
Überraschung: Handeln hat Konsequenzen.
Es ist nicht die Aufgabe von Politik und politischen Organisationen, dafür zu sorgen. Auch ehemalige Trump-Mitarbeiter haben Anspruch gleichberechtigt behandelt zu werden. Im Gegenteil: wenn eine Partei das in Deutschland machen würde, würde sie klar verfassungswidrig handeln.
Natürlich können auch politische Organisationen daran erinnern, wer sich in der Vergangenheit an was beteiligt hat. (Wenn man das in Deutschland mal getan hätte…)
Und ich finde es vollkommen richtig, dass Personen, die bestimmte Dinge getan haben, in bestimmten Bereichen keine Tätigkeit mehr ausführen sollten.
Vor allem ist die Trump-Ära ja noch nicht mal vorbei und es kommt jetzt schon das Schlussstrich-Gerede. Diese Leute sind jetzt gerade noch aktiv dabei, die Wahl zu unterminieren.
??? Was haben denn bestimmte Personen getan?
Menschen haben vier Jahre für eine demokratisch gewählte Regierung gearbeitet. Wer ihnen danach versucht Steine in den Weg zulegen, wenn sie wieder einer Beschäftigung in der Privatwirtschaft nachgehen wollen, ist kein Demokrat.
Vielleicht sollten sämtliche Mitarbeiter, die für Wirecard gearbeitet haben, mit einem lebenslangen Berufsverbot belegt werden. Und anfangen sollten wir mit der Spitze der Bafin und das Bundesfinanzministerium. Und wenn wir schon dabei sind, können wir sämtliche Ingenieure bei den Automobilherstellern mit einem Bann belegen, da sie alle irgendwie in den Diesel-Skandal verwickelt sind. Da es gerade so Spaß macht: jeder, der in irgendeiner Form, und sei es als Handlanger, in die Skandale in der Fleischwirtschaft wickelt ist – und das beginnt beim einfachen Fleischermeister – sollte lebenslang geächtet werden.
Cortez ging es in ihrem Tweet um etwas ganz anderes, nämlich öffentliche Aussagen zu dokumentieren, bevor sie jetzt gelöscht werden und niemand dabei gewesen sein oder von etwas gewusst haben will.
Davon abgesehen muss man natürlich abgrenzen, wer auf welcher Ebene aktiv war, aber auch wie sich die Einzelpersonen verhalten haben. Es gibt sicher auch genug „normale“ Beamte, sie einfach nur getan haben, was sie unter jeder Administration getan hätten. Es gibt aber auch genug Hardliner, die Trumps Agenda mitgetragen und umgesetzt haben. Und daran darf man ruhig erinnern. (Abgesehen davon muss sich zeigen, ob das bei knapp der Hälfte der Bevölkerung nicht eher eine Auszeichnung sein wird.)
Du nennst ja hier mit dem Manipulationsskandal bei Dieselfahrzeugen und der Fleischindustrie gerade selbst Beispiele, wo auch bei uns lächerlich wenig Rechenschaft für Vergehen verlangt oder übernommen wird.
Übrigens: In Deutschland übernimmt diese Rolle gerne die Polizei, zumindest wenn man sich im linken Spektrum bewegt oder in anderen Gefilden, die den „Bürgerlichen“ suspekt sind. Da kommen dann schon mal Beamte zur Arbeitsstelle oder zum Vermieter und fragen: „Wissen Sie eigentlich, wen Sie da…“
Genau, und das finde ich legitim.
Das kommt sicher mal vor, aber ist das ein Massenphänomen? Wage ich zu bezweifeln.
Ich hoffe doch mal nicht.
Wenn es um herausgehobene Personen ginge, bräuchte es die Datenbank nicht. Spitzenpersonen sind in jeder Branche bekannt: Headhunter kennen hunderte Führungskräfte im Premiumsegment wie im Mittelstand oft persönlich und so sieht es auch im Sport aus. Und natürlich in der Politik. Die Demokraten werden auf lange Zeit nicht in Versuchung stehen Trump-Parteigänger einzustellen. Ähnliches dürfte für eine neue konservative Administration unter Führung von beispielsweise Marco Rubio gelten.
Nein, die Betreiber hatten anfangs die Absicht ja auch klargemacht: es ging darum, Dienern des Systems Trump bis ins Berufliche zu verfolgen.
Der Dieselskandal wird ja noch von der Justiz aufgearbeitet. Dass diese in Deutschland nicht besonders schnell arbeitet (was generell gilt), das kritisiere ich oft.
Das ist eine absolute Unsitte, die auch hier anfägt um sich zu greifen.
Das ist total Demokratie schädigend. De facto entscheided die Mehrheit, was falsch oder richtig ist.
Unter dem Strich wird das dazu führen, dass die Minderheit sich immer weniger traut ihre Meinung zu sagen oder gar für sie einzutreten, wenn man danach berufliche oder sonstige Nachteile hat.
Ich habe es schon einmal gesagt. Mit entscheidend für eine funktionierende Demokratie ist auch, dass die Gesellschaft unterschiedliche Meinungen aushält. Gelingt das nicht, führt das zwangsläufig zur Spaltung der Gesellschaft.
Etwas dass auch in Deutschland immer weiter um sich greift. Ist auch kein Wunder, wir holen fast alles mit ca. 10 Jahren „Verspätung“ nach, was in den USA passiert. Im Guten wie im Schlechten.
Gruss Jens
Jo, aber ein „normaler“ Job ohne Bühne scheint zumindest mir auch nicht das Thema zu sein.
Doch, um genau solche ging es. Steht im Artikel und ist ebenfalls durch den Verweis auf die Profile im Karrierenetzwerk LinkedIn unterstrichen. Ginge es vor allem um politische Jobs, wäre der Aufwand nicht nötig, das solltest gerade Du wissen, wo Du darauf verweist, dass die Biden-Administration alle rund 4000 politischen Helfer austauschen wird.
Ich definiere „eine Bühne geben“ mit deutlich mehr als „Jobs in der Administration“. Mir geht es um Buchverträge, KommentatorInnenjobs im TV, InterviewpartnerInnen, so was. Ich bin offensichtlich gegen eine völlige wirtschaftliche Zerstörung von Personen, das habe ich schon zigmal geschrieben.
Ich habe einen Link nebst ausführlicher Zitierung gegeben. Nur um das fragwürdige Verhalten führender Kräfte der Demokratischen Partei und ihrer Sympathisanten ging es. Nicht um Deine Einstellung. Mit der müsstest Du übrigens zu einer anlehnenden Meinung kommen.
Meine Meinung hab ich dir ja mitgeteilt. Ich verurteile es, wenn Existenzen komplett vernichtet werden sollen. Ich begrüße es, den Tätern der Ära nicht zu erlauben, einfach einen Schlussstrich zu ziehen und/oder direkt mit dem gleichen Blödsinn weiterzumachen.
Tätern?!? Laut Duden ist ein Täter jemand, der eine Straftat begangen hat. Könntest Du bitte beschreiben, welche Straftaten Du meinst, mit denen Leute nicht davonkommen sollten, weshalb sie durch solche Pranger verfolgt werden müssen?
Ich finde den Vergleich mit Kriegsverbrechern und gar dem Nazireich nicht nur nicht statthaft, sondern ungehörig und beschämend. Das muss gerade dann gelten, wenn sonst so aufs Wording geachtet wird.
Ich definiere „eine Bühne geben“ mit deutlich mehr als „Jobs in der Administration“. Mir geht es um Buchverträge, KommentatorInnenjobs im TV, InterviewpartnerInnen, so was. Ich bin offensichtlich gegen eine völlige wirtschaftliche Zerstörung von Personen, das habe ich schon zigmal geschrieben.
Keine Totale aber so eine 50% wirtschaftliche Zertsörung dann doch?
Was du sagst, ist in Deutschland nicht mal ansatzweise Verfassungskonform, und ist genau das, was die McCarthy Ära ausgezeichnet hat.
Es wurden schwarze Listen geführt und bestimmte Tätigkeiten konnten die Leute die darauf standen nicht ausführen.
Als Straßenkehrer hätte die auch noch unter MacCarthy arbeiten können, nur nicht mehr in Hollywood oder bei den meisten Zeitungen.
Du fordest unverblümbt einen Maulkorb für Andersdenkende in Kombination mit wirtschaftlichen Sanktionen.
Krass!
Gruß Jens
@ Stefan Pietsch 9. Dezember 2020, 13:49
Die USA sind aber keine Diktatur, die USA sind ein Rechtsstaat!
Waren und sind wir auch.
Die Trump Administration war eine legitime Regierung. Es gibt keinen Grund, Leute, die für eine demokratische Regierung gearbeitet haben, beruflich zu verfolgen.
Diesen Standpunkt kann ich nicht teilen. Es gibt auch in legitimen Unternehmen kriminelles Agieren oder Rechtsbrecher, es gibt auch in unserer legitimen Regierung Gesetzesverstöße.
Wenn hier die AFD an die Regierung käme, und alle erreichbaren Machtpositionen durch eigenes Personal ersetzt, das dann im Zusammenspiel versucht, Grundlagen für eine Umgehung des Grundgesetzes zu legen, hätte ich Verständnis für jeden Nachfolger, der die alle rausschmeißt.
Das System in den USA ist nicht mit unserem vergleichbar, und der Austausch des White House Personals gehört zum Alltag.
Wenn hier die AFD an die Regierung käme, ..
Wäre es gut wir hätten hier nicht bereits Strukturen und Verhaltensweisen etabliert, die es der AFD, dann als Regierung mit Mehrheit im Parlament, erlauben würde über schwarze Listen etc. ihrerseits gegen die Minderheit vorzugehen und politischen Gegenern über den Umweg der privaten Sanktionen an die Gurgel zu gehen.
Es entsetzt mich in diesem Zusammenhang immer wieder, wenn gerade Linke oder solche die sich dafür halten, von Strukturen, Mechanismen und Verhaltensweisen schwärmen um den politischen Gegener abseits des normalen politischen Diskurses zu attackieren.
Wenn die Machtverhältnise sich ändern, wird sich dass alles gegen sie richten.
In diesem Zusammenhang rege ich mich auch darüber auf, dass Linke gerade mal kein Problem mit den derzeitigen Löschungen auf Facebook, Youtube und Twitter haben. Die Meinungsfreiheit ist das Fundament jeder Demokratie, wer sie nicht vorbehaltlos verteidigt, ist kein Demokrat!
„Ich missbillige, was du sagst, aber ich werde bis zum Tod dein Recht verteidigen, es zu sagen.“ Zitat fäschlicherweise Voltaire zugeordnet.
https://tapferimnirgendwo.com/2015/10/29/dieser-satz-ist-nicht-von-voltaire/
Zwei Dinge:
1) agiert Trump aus Verletztheit und Gier, der Narzisst und Grifter. Daher wird er wohl nicht im Amt bleiben, weil das einfach keiner ist, hinter den sich viele stellen, wenn es drauf ankommt. Man kann dem nicht trauen, und das weiß auch Lindsey Graham. Der nächste Trump wird aber womöglich ein überzeugter Faschist, der die geebneten Wege nutzt.
2) auch so ist denkbar, dass das Pendel in der Wahl 2022 zur GOP schwenkt, die dann Senat und Haus kriegt und auf Dauer alle Kammern an sich zieht. Gekoppelt mit dem, was du schilderst- dass nämlich Demokraten nicht nur bei fairen Wahlen eine Mehrheit hätten, sondern selbst mit einer Mehrheit an Stimmen nicht unbedingt die Wahl gewinnen, kann es sein, dass Biden auf mittlere Sicht der letzte Demokrat im Weißen Haus sein wird.
Ach und 3) leider weiß ich nicht, ob die Demokraten sich darauf einstellen oder wie die SPD bei uns das dann verurteilen und abnicken.
1) Ja, das ist die allgemeine Befürchtung. Deswegen arbeite ich ja heraus, dass es die GOP ist, und nicht Trump, die diesen Putschversuch durchführt.
2) Das ist nicht nur denkbar, sondern sehr wahrscheinlich, dass das Haus 2022 verloren geht. Aber ich wäre vorsichtig mit zu langfristigen Voraussage, vorausgesetzt, meine Befürchtung bezüglich der GOP tritt nicht ein.
3) Ich hab nen Verdacht.
@Stefan Sasse 8. Dezember 2020, 16:54
1) Ja, das ist die allgemeine Befürchtung. Deswegen arbeite ich ja heraus, dass es die GOP ist, und nicht Trump, die diesen Putschversuch durchführt.
Ich hatte es dann falsch verstanden, eher so, als würde Trump eine Art Putsch versuchen, und die Reps folgen ihm; Du meinst aber, dass die GOP inzwischen so radikalisiert ist, dass sie in Richtung Putsch unterwegs ist, unabhängig vom Frontmann?
Das ist meine Befürchtung, ja. Aktuell ist noch – weil Trump noch der Vorsitzender GOP ist – unklar, inwieweit das getrennt ist. Meine These ist – und das wird sich in den nächsten zwei Jahren glaube ich zeigen – dass es unabhängig von Trump ist. Zumindest die Ereignisse um Kemp in Georgia deuten sehr stark in diese Richtung.
Aber Trump versuchte diesen spezifischen Putsch natürlich schon, also er ist da die treibende Kraft, und die Partei folgt ihm. Das ist auf jeden Fall richtig.
Nitpick: „República bananera“ oder „Bananen-Republik“.
„Republica de las Bananas“ existiert nicht als Ausdruck.
Auf den Akzent über dem ú kann verzichtet werden und bananera kann auch groß geschrieben werden.
Das war eine Anspielung auf https://de.wikipedia.org/wiki/Junta_(Spiel)
Mags nicht, dass der Begriff „Putsch“ heute so inflationär verwendet wird.
Ein Putsch ist der Versuch, mit der Legalität zu BRECHEN. Das erste Ziel eines Putsches besteht darin, die bestehende verfassungsmäßige Ordnung außer Kraft zu setzen. Das macht Trump nicht. Trump untergräbt das allgemeine Vertrauen in die verfassungsmäßige Ordnung einer sehr lange Zeit stabilen Demokratie. Das ist schlimm genug, aber kein Putsch.
Stimmt. Aber für diese Form der Aushöhlung der Demokratie gibt es noch keinen Begriff. Kalter Putsch? Coup d’d’Etat? Auch nicht, weil schleichend.
Mir fällt auch kein historisches Beispiel ein. Rom in der Endphase der Republik?
Nur weil etwas legal aussieht, kann es trotzdem ein Putsch sein. Die Machtübergabe an Hitler im Januar 1933 sah auch legal aus, war aber letztlich ein Putsch gegen die Weimarer Republik.
Trump fordert dazu auf, Stimmen nicht zu zählen und das tatsächlich Wahlergebnis zu drehen. Was wäre das, wenn nicht der Versuch, „mit der Legalität zu BRECHEN“?
Es wäre im Rahmen der Verfassung möglich. Aber das ist ja letztlich gerade mein Punkt. Schein-Legalität ist irrelevant.
„Irrelevant“? Vorschlag: Notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung (für Demokratie).
Irrelevant dafür, ob Demokratie überleben kann oder nicht. Schein-Legalität hat Weimar nicht gerettet, es würde auch Washington nicht retten.
Ich muss mir das zwischendurch – daher danke hier auch für die Aufzählung – immer nochmal bewusst aufsagen, weil das im Ganzen eigentlich so unvorstellbar ist. Im Ganzen ist die ganze Trump-Episode ja ein Lehrbeispiel, wie sehr man sich an Ungeheuerlichkeiten gewöhnt.
Ich finde den Vergleich mit 1923 eigentlich ganz passend. Der worst case konnte mit Müh und Not verhindert werden (vermutlich, bzw wird verhindert werden können), die Gefahr ist dadurch aber nicht gebannt.
Es ist ja auch eine Doppelstrategie, zum Einen die politische Ebene, die aber eben mit der gewaltbereiten Ebene zusammenspielt. Ich würde das nicht unterschätzen. Das ist völliger Wahnsinn und auch so eine Einschüchterungstaktik geht direkt an die Grundfesten der Demokratie. Die Parteizugehörigkeit ist hier übrigens völlig egal – genau deswegen ist das Verhalten der Republicans so verwerflich – jede Partei/person hat die Pflicht, die Demokratie an sich zu schützen und das ist eben nicht mehr gegeben.
aber zu erwarten ist in den USA weniger der Bürgerkrieg als eine sehr einseitige Machtübernahme durch einen Putsch und ein folgender, kurzer Racheexzess an den Unterlegenen. Die permanent Republican majority, die Karl Rove 2004 vorschwebte, lässt sich offensichtlich mit demokratischen Mitteln nicht erreichen.
Ja, sehe ich ähnlich und ich bin auch ein wenig ratlos, ob sich so eine Radikalisierung wieder in geordnete, demokratische Bahnen lenken lässt. Meist ist das eher eine Dynamik, die sich stetig verstärkt und auch die Democrats haben nicht unbedingt die Mittel, hier wirklich breitflächig Einfluss zu nehmen und eventuell auch den Willen dazu nicht.
„Lehrbeispiel, wie sehr man sich an Ungeheuerlichkeiten gewöhnt“.
Allerdings. Und man macht achselzuckend sogar Witze darüber. In viel kleinerem Maßstab auch bei den gezielten Grenzüberschreitungen von AfDlern. Wenn es nicht so abgedroschen klänge. Wehret….
Beim Vergleich mit 1923 bin ich allerdings skeptisch.
Es ging mir am ehesten auch darum, dass ein verhinderter/ausgefallener Putsch nicht zwingend heißt, dass alles gut wird. Obwohl interessant sein wird, zu sehen ob eine normalere demokratische Phase unter Biden da vielleicht schon etwas reparieren kann. Die Gefahr, dass die ganze Legislaturperiode hindurch seine Legitimität angezweifelt wird – ähnlich wie bei Obama – ist ja durchaus auch gegeben und gerade die gewaltbereiten Teile der Bevölkerung haben da eine viel stärkere Radikalisierung die letzten Jahre hindurch durchgemacht.
Allerdings. Und man macht achselzuckend sogar Witze darüber. In viel kleinerem Maßstab auch bei den gezielten Grenzüberschreitungen von AfDlern.
Ja.
Wie gesagt, für mich hören die Vergleichbarkeiten auf bei: Putschversuch gab’s, der scheiterte, es folgte falsches Sicherheitsgefühl und die Leute übernahmen den Laden am Ende doch.
So gesehen: Ja.
Letztlich besteht das Problem darin, dass immer mehr Menschen ihr Vertrauen in die repräsentative Demokratie verlieren. Sonst wäre eine über lange Zeit gefestigte Demokratie wie die USA überhaupt nicht so angreifbar.
Die schwere Frage, die sich mir immer mehr stellt:
Was ist, wenn die Trump-Anhänger oder AFDler inhaltlich völlig falsch liegen, aber ihrem Impuls des Misstrauens einer zu abgeklärten und elitistischen Politik auch Recht haben?
Ich krieg zum Beispiel die Krise, wenn ich mir anschaue wie der Wert meiner überschaubaren Ersparnisse satte Erträge auswirft, während mein echt mühsam erarbeitetes Arbeitseinkommen stark wegversteuert wird. Warum werden Kapitaleinkünfte nicht mehr versteuert? Viele Leute haben keine.
Standard-Antwort ist: Weil es einen internationalen Standortwettbewerb um flüchtiges Kapital gibt. Ende der Diskussion.
Ich krieg die Krise, wenn unsere Automobilkonzerne für ihre Abgas-Test-Betrügereien in Deutschland null zur Verantwortung gezogen werden.
Standard-Antwort: Weil die viele Arbeitsplätze schaffen und über eine starke Lobby-Arbeit einen kräftigen Zugriff auf politische Entscheidungen haben. Das ist halt so.
Ich verstehe was du meinst, aber ich denke, das führt in die Irre. Kritik wie die von dir geschilderte gibt es schon seit sehr langer Zeit, und sie hat sich sowohl in demokratisch gefestigten Zeiten und Gesellschaften Bahn gebrochen als auch in ungefestigten.
Es sah sehr lange so aus, als würde Demokratie und wachsender Wohlstand für Alle stets Hand in Hand gehen. In den USA setzte der Wandel mit Ronald Regan ein. Bei uns durch Rot/Grün. Das neue Programm nannte sich Neoliberalismus. Es führte hüben wie drüben zu realen Verlusten für die unteren 30% der Löhne.
https://www.nytimes.com/interactive/2017/08/07/opinion/leonhardt-income-inequality.html
https://de.statista.com/infografik/18200/entwicklung-der-haushaltseinkommen-in-deutschland/
In den USA haben die abgehängten in den Fly-Over States seinerzeit Trump den Sieg beschert. Die Gelbwesten in Frankreich gibt es aus dem gleichen Grund. In Deutschland ist es noch sehr ruhig, da wir wie bölde umverteilen. Vor Umverteilung sind wir eines der „ungerechtesten“ europäischen Ländern, nach Umverteilung eines der „gerechtesten“. (Gini)
https://think-beyondtheobvious.com/best-of-bto-2020-ungerechtes-deutschland-ein-tieferer-blick-auf-die-daten/
Blöd ist nur, dass die Umverteilung bei den Superreichen nur wenig holt und die Konzerne über die legalisierte Steuervermeidung kaum in den Gebertopf einzahlen. Die Mittelschicht alimentiert die Unterschicht.
Parallel zu dieser Entwicklung ist China angetreten und beweist, dass Wohlstand für alle hervoragend auch ohne Demokratie funktioniert, wenn man nicht gerade Uigure ist.
Der Glanz der Demokratie verblasst, was man an der sinkenden Wahlbeteiligung sehen kann.
Ich bin etwas pessimistisch was die Demokratie angeht. In Asien hat China viel Strahlkraft entfaltet. In ganz Asien wird extrem in Bildung und Forschung investiert, dies ist der Schlüssel für langfristigen Erfolg. Die USA und Europa werden immer mehr abgehängt. Parallel zum langsamen Niedergang werden die Rufe nach einem starken Mann/Frau immer lauter.
Trump ist für mich nicht das Ende der Entwicklung sondern eher der Anfang. In Polen, Ungarn und Spanien sieht es nicht viel besser aus. In allen drei Ländern erodiert der Rechtsstaat.
Das nun auch hier im Forum allen Ernstes wirtschftliche Sanktionen gefordert werden für Leute die in der demokratisch gewählten Trump Administration gearbeitet haben, ist kein gutes Zeichen für die Demokratie.
Gruß Jens
Um mich auch am Putschbegriff abzuarbeiten, möchte ich den Begriff Staatsstreich (oder ausländisch: Coup d’Etat) anbieten. Ein Putsch geht in meinen Augen von den Spitzen einer spezifischen Funktionselite (z.B. Militär) aus (oder mehreren: Junta) und gegen die Regierung. Ein Staatsstreich kommt von Herrschenden selbst und richtet sich gegen das System. Historisches europäisches Beispiel wäre der 18.Brumaire.
Passt für mich, ich hab beide Begriffe als ziemlich synonym gesehen.
Ich mach mal mit bei der Haarspalterei: aber ist ein Staatsstreich nicht eher auf das Militär basiert? So wie in der Türkei, da gab es das meine ich, dass das Militär die Herrschaft übernommen hat.
Ähnliches passiert ja gerade in Mali. Ägypten nach Mursi würde ich auch nennen.
1933 bei Hitler hat sich ja das Wort „Machtergreifung“ durchgesetzt. Ich persönlich finde Putsch da schon ok, obwohl es eben ungewöhnlich ist, dass demokratisch gewählte Personen dann einen Putsch oder eben eine Machtergreifung durchführen.
zugegeben Staatsstreich ist ein Oberbegriff für alle möglichen Formen der nicht rechtmäßigen Machtübernahme. Aber ich möchte die Begriffe halbwegs trennscharf nutzen könnenn, um verschiedene Situationen unterschiedlich zu benennen; Und der Begriff Putsch ist, wie Sasse beschreibt, sehr mit Militär verknüpft – nicht nur in Lateinamerika sondern auch in Europa (Pilsudski-Putsch in Polen oder Obristenputsch in Griechenland)
Hitler ist interessant nicht wegen der Machtergreifung (die per se kein Staatsstreich war, der kam erst mit den Ermächtigungsgesetzen), sondern wegen dem ‚Hitlerputsch‘ 1923. Diesen würde ich von Seiten HItlers selbst als Revolte bezeichnen (da er kein militärischer Funktionsträger war), aber von Seiten Ludendorffs und von Kahrs als echten Putsch. [Ein dritter Putschversuch im Zusammenhang mit Nazis war im übrigen das Stauffenberg-Attentat]
Ich fürchte, es gibt keinen definitorischen Unterschied zwischen Putsch und Staatsstreich. In beiden Fällen ist es die illegale Absetzung der Regierung. Ich glaube wir brauchen ein anderes Wort im Zweifel. Ich finde sie aber grundsätzlich passend.
Hier eine interessante Studie, die den Zerfall demokratischer Normen in der GOP in Daten faßt und ihn in Bezug zu anderen Parteien setzt, die eine ähnliche Entwicklung durchgemacht haben (Fidesz, AKP, PiS, BJP):
https://www.v-dem.net/media/filer_public/b6/55/b6553f85-5c5d-45ec-be63-a48a2abe3f62/briefing_paper_9.pdf
Wirklich neu ist der Trumpismus in den USA allerdings nicht. Der McCarthyismus hatte eine ähnliche Durchschlagskraft – und Nachwirkungen, die in der Rückschau unterschätzt werden:
https://www.washingtonpost.com/outlook/joseph-mccarthy-movement-trumpism/2020/12/04/d6e807ee-3460-11eb-b59c-adb7153d10c2_story.html
Nichts für ungut, aber deine erste Quelle wirkt wie ein verzweifelter Versuch, aus weit gestreuten Messpunkten einen Trend zu lesen :
https://xkcd.com/1725/
Was genau hast du auszusetzen? Ein Link auf xkcd ersetzt kein Argument.
Konkret betrachte ich z.B. Grafik 3, wo die Datenpunkte so gestreut sind und so wenig korreliert, dass a) der weit überwiegende Teil der Datenpunkte außerhalb des Ungenauigkeitsstreifens liegt und b) ohne die suggestiv eingezeichnete Trendlinie ‚mit bloßem Auge‘ für mich kein Trend ersichtlich ist.
Du hast also nur etwas an der Gestaltung einer Graphik auszusetzen, die obendrein völlig unwichtig für den von mir angeführten Punkt ist?
Da schließe ich mich an. Hinzufügen möchte ich noch die Kritik wie die Daten des Charts überhaupt generiert wurden.
In January 2020, 665 carefully selected country experts have assessed the identity of the political parties in their country of expertise with a vote share of more than 5% in a legislative election between 1970 and 2019 across 169 countri
„Carefully selected“ klingt für mich wie das genaue Gegenteil von objektiv oder statistisch representativ.
Wenn es mal wieder heisst hier würde es nur um linke oder deutsche Perspektiven gehen.
Viele amerikanische Konservative sehen es genauso wie Stefan.
https://twitter.com/ForTheRuleOfLaw/status/1336797461122326534?s=20
Dass die GOP sich reformieren und verändern muss, ist doch Mehrheitsmeinung unter Politologen und natürlich auch unter vielen Konservativen weit verbreitet. Nur, auch von diesen behaupteten wenige, was Stefan behauptet. Dass die Grand Old Party eine im Kern undemokratische Partei sei und führende Kader nah am Staatsputsch.
Stefan geht einfach viel zu weit mit seiner „Einschätzung“.
„The Republican party is, in this iteration, a danger to American democracy.“
„the conspiracists are in the driver’s seat of the Republican party.“
Speziell für Stefan, das hier ist ein Konservativer:
https://twitter.com/dandrezner/status/1336722479398719492
Eine Zeitung in Florida entschuldigt sich dafür, den republikanischen Kongreßabgeordneten Michael Waltz unterstützt zu haben:
https://archive.is/Arw0j
Ja, auch schon gelesen. Davon braucht es viel mehr.
Noch so ein Linker der die USA nur aus deutschen Medien kennt
https://twitter.com/SteveSchmidtSES/status/1337521801329569794?s=20
lol
Manchmal ist es doch schön, nicht recht zu behalten.
https://www.faz.net/aktuell/politik/von-trump-zu-biden/amerika-supreme-court-weist-klage-von-texas-ab-17098484.html
Das stimmt!
Die Klage war aber auch einfach zu absurd und das Wahlergebnis zu deutlich. Wenn es enger gewesen wäre (und damit meine ich gar nicht mal soo eng wie Florida damals), würde es mich wundern, wenn der SCOTUS die Chance nicht genutzt hätte.
Da brauchen wir gar nicht im Konjunktiv zu bleiben, der SCOTUS HAT ja 2000 die Chance genutzt. Und da war er deutlich weniger hart rechts als heute.