Joe Biden raucht in Maske im Schlachthof auf der Westbank eine Zigarette und denkt über die Zukunft nach – Vermischtes 07.12.2020


Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Israel Tries To Kill The Nuclear Deal

Iran has made the political choice not to pursue nuclear weapons because its leadership has concluded that the price of obtaining them is not worth paying, but with each new attack their thinking could begin to change. In addition to being illegal and outrageous, murdering Iranian scientists makes acquiring a nuclear deterrent more appealing to their leaders rather than less. Contrary to disingenuous Iran hawks like Max Boot, killing Fakhrizadeh has hurt the cause of diplomacy with Iran just as it was meant to. We need only imagine how our government would respond if the positions were reversed and Iranian agents murdered an American or Israeli official. Boot would not be suggesting that this paves the way to new negotiations. He would be predictably agitating for war. The assassination was an outrageous and unjustified attack, and the Israeli government that carried it out is guilty of sponsoring terrorism. There can be no excuse for attacks like this no matter who the target is, and it ought to be just as widely condemned as any other attack would be. […] We are used to having every aggressive Israeli action outside Israeli borders relabeled as “self-defense,” but there is no whitewashing this one. A U.S. client state carried out a heinous attack on another country’s soil for the purpose of undermining the foreign policy of the next American administration at the risk of sparking a regional conflagration. There have to be consequences for that behavior, or there will be even more of it in the years to come. The lack of any public response from the Biden camp so far has not been encouraging. (Daniel Larison, The American Conservative) 

Die Aggressivität, mit der Israel gegen den Iran vorgeht, ist Besorgnis erregend, aber auch konsistent. Bereits zu Zeiten von George W. Bush drängte das Land stets in Richtung einer möglichst kriegerischen Haltung gegenüber Teheran. Ich finde das beunruhigend, aber auf der anderen Seite werde ich auch nicht ständig durch das Mullah-Regime bedroht. An dieser Stelle will ich daher vor allem bemerken, wie effektiv Israel darin ist, seine bevorzugte Sicherheitspolitik in der Region durchzusetzen und sowohl den Kurs der USA zu bestimmen als auch, und das ist neu, Allianzen mit muslimischen Ländern in der Region zu schmieden. Das ist ein volatiler Mix mit vielen Playern, die bereit zur Eskalation sind.

2) Vom Schlachthof bis ins Homeoffice

Endspurt in der GroKo: Sechs Koalitionsvorhaben, die der SPD am Herzen liegen, sollen noch durchs Parlament. Doch die Union hat die Lust an Kompromissen verloren. In Umfragen ist sie mehr als doppelt so stark wie die SPD. Sie kann die Sozis am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Ihr Restprogramm heißt deshalb: verzögern, verwässern, verhindern. […] Da wäre das Arbeitsschutzkontrollgesetz, mit dem Hubertus Heil (SPD) die Fleischindustrie zu besseren Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen zwingen will. […] Ausnahmen sind das erprobte Mittel, um Gesetze, die man innerlich ablehnt, ins Leere laufen zu lassen. Das Führungspositionen-Gesetz, mit dem Franziska Giffey und Christine Lambrecht (beide SPD) eine verbindliche Frauenquote in Unternehmensvorständen einführen wollen, wird kommen, doch betroffen sind davon nicht mal hundert Betriebe […] Das Lieferkettengesetz, mit dem der Arbeitsminister Unternehmen verpflichten will, auch bei ausländischen Zulieferfirmen auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards zu achten, wird von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) blockiert, […] Das Recht auf Homeoffice für 24 Arbeitstage im Jahr, das Minister Heil gesetzlich verankern will, hat Altmaier bereits kassiert […] Ebenso mau sieht es beim Demokratiefördergesetz aus, […] Sogar das Lobbyregistergesetz – seit zehn Jahren diskutiert – ist von der Union so abgemildert worden, dass es sich nur noch auf den Bundestag bezieht […] Nur einmal im Finaljahr der GroKo hat die Union die SPD nicht ausgebremst, sondern vorwärts getrieben: beim Infektionsschutzgesetz. Während die Genossen einen Parlamentsvorbehalt für Grundrechtseingriffe verlangten, wollte die Union ihrem schneidigen Gesundheitsminister freie Hand geben. Die SPD gab klein bei. Nach diesem Muster werden wohl sämtliche noch ausstehenden Gesetzesvorhaben realisiert werden. Denn anders als die SPD ist die Union bereits im Wahlkampf. (Wolfgang Michal, Freitag)

Man muss das so hart sagen, aber die SPD verdient ihre Niederlage einfach. In der Partei existiert keinerlei Machtinstinkt. Wie kann man sich so vorführen lassen? Das war bereits in der letzten großen Koalition völlig absurd. Da hat die SPD es geschafft, nach der Beinahe-Krise um den Parteivorsitz geeint hinter Olaf Scholz zu stellen und ihn mit ernsthaftem Gesicht als Kanzlerkandidaten zu präsentieren, Monate bevor die CDU ihre Streitigkeiten – vielleicht! – beilegen kann. Und seither machen sie…was? Diese Leute glauben doch gar nicht daran, dass sie jemals ernsthaft wieder Macht haben könnten. Da ist ja die FDP fordernder, was ihre Rolle in einer Koalition angeht, und die ist nicht mal halb so groß!

Ich erinnere mich noch daran, was ich vor dem Wahlkampf 2017 geschrieben habe: Dass die SPD in eine große Koalition gehen soll mit einem Kernanliegen, das sich dann dazu eignet, den Wahlkampf gegen die CDU aus der Koalition heraus zu führen. Die Vorlage dafür war der Konflikt um die D-Mark-Aufwertung, der 1969 als großes Spalterthema diente und half, die SPD an die Regierung zu bringen. Welches Thema genau spaltet denn gerade CDU und SPD? Was würde ein Kanzler Scholz anders machen als eine Kanzlerin Merkel? Der Kampf um den CDU-Parteivorsitz ist aktuell wesentlich folgenreicher als der um die Frage, ob CDU oder SPD den Kanzler stellen – was ohnehin nur eine intellektuelle Fingerübung ist, wenn man sich die Umfragewerte der Sozialdemokratie so anschaut.

3) Comparing Biden’s administration picks to Obama’s is revealing

For the Bernie Sanders wing of the Democratic Party, the Joe Biden presidential transition is what losing looks like. It is also, for better or for worse, what incremental progress looks like. Whether it’s enough to match the scale of the overlapping crises or to stave off a midterm wipeout remains to be seen, but a comparison to the transition of President Barack Obama reveals the distance the party has traveled over the past 12 years. […] That Biden is staffing his White House with fewer ghouls than his former boss is a function of both internal and external factors. The party broadly has shifted left, with ideas like Medicare for All and a Green New Deal gaining serious traction. Biden, who has consistently positioned himself in the center of the party, whichever direction the party went, has moved with it, as evidenced by the progressive drift of his presidential platforms from 1988 to 2008 to 2020. But it also involved a long-running research and advocacy campaign that sprang up as a reaction to the failure of the left to influence Obama’s transition on personnel. The Revolving Door Project, helmed by Jeff Hauser, a former AFL-CIO official, was built to influence a Hillary Clinton administration and has worked in collaboration with the group Demand Progress, which has similarly focused on the importance of personnel as policy. Clinton’s loss gave the outfits an extra four years to continue compiling research documents on dozens of potential Democratic appointees. Just on Tuesday, RDP was featured in both the New York Times and Politico. (Ryan Grim, The Intercept)

Biden war schon immer ein absoluter Zentrist, der sich geschmeidig mit seiner Partei bewegte. Im Kabinett Obama stand er leicht zur Rechten seines Bosses; nun, vier Jahre später, haben sich die Democrats so weit nach links bewegt dass er leicht zur Linken seines früheren Chefs steht. Das spiegelt sich auch in den Personalentscheidungen wieder. Ich denke aber auch, dass es eine gewisse Schwäche Bidens gegenüber seiner Partei zeigt, die nicht bereit ist, ihm, anders als Obama, praktisch freie Hand bei der Auswahl des Personals zu lassen. Das ist eine Lektion, die die GOP schon vor 40 Jahren gelernt hat. Biden könnte der erste in einer Reihe demokratischer Präsidenten sein, bei denen letztlich die Person nicht sonderlich wichtig ist, weil die Mächtegruppen innerhalb der Partei die Personalauswahl und darüber das Programm maßgeblich mitbestimmen. Das ist natürlich seine sehr frühe Einschätzung; aktuell ist alles noch sehr im Fluss und schwer zu sagen. Seht das daher als zu überprüfende These und weniger als belastbare Analyse.

4) Zigaretten sind Massenvernichtungs-Waffen

Die Meldung mit den 127.000 Toten ist nur eine Randnotiz, viele Onlinemedien ignorieren sie an diesem Nachmittag komplett. Diese Toten werden nicht täglich gezählt, Landkreis für Landkreis. Es gibt keine weltweiten Datenbanken, die alle Fälle erfassen, keine Sterbekurven. Kaum ein Politiker spricht von ihnen. Es sind die alltäglichen Toten. Die Tabak-Toten. […] Eine Prohibition wäre wohl nicht mehrheitsfähig, vielleicht auch überzogen. Aber der Staat würde schon viele Leben retten, wenn er das Produkt Zigarette unattraktiver machen würde. Laut der »Tobacco Control Scale« wird die Zigarettenindustrie von keinem EU-Staat so lax reguliert wie hierzulande. Deutschland ist der Paria in der Tabakkontrolle. […] Andere Länder sind uns weit voraus: Etwa Großbritannien, wo die Kippen fast das Doppelte kosten wie bei uns. Im Vereinigten Königreich bekommen Jugendliche die Tabakwaren im Supermarkt gar nicht erst zu sehen. Schließlich dürfen die Verkaufsstellen die Tabakwaren nicht so offen auslegen wie hierzulande. Sie müssen sie hinter abschließbaren Türen aufbewahren – und dürfen sie nur auf gezielte Nachfrage der Kundinnen und Kunden herausholen. […] All das scheint Wirkung zu zeigen: In Australien, das als Erstes eine umfassende Anti-Tabak-Politik startete, wie auch in Großbritannien sind die Raucherquoten über die Jahre drastisch zurückgegangen. Millionen Jugendliche haben gar nicht erst angefangen. […] Vielleicht an einer weiteren deutschen Besonderheit: Selbst nach dem Ende der Plakatwerbung im übernächsten Jahr soll Sponsoring erlaubt bleiben – etwa von Parteitagen. Die lassen sich CDU und SPD noch immer von der Zigarettenlobby mitfinanzieren. (Claus Hecking, SpiegelOnline)

Der zähe Kampf gegen Alkohol und Zigaretten wird bereits seit langer Zeit ausgefochten. Jeder kleine Sieg auf diesem Gebiet muss hart erkämpft werden, aber immerhin: Der Konsum beider Rauschmittel geht seit ebenso langer Zeit langsam, aber stetig zurück. Auch wenn es das Komasaufen von Jugendlichen noch gelegentlich als moralinsaurer Aufreger in die Schlagzeilen schafft, wenn es sonst nichts zu berichten gibt, so trinken Jugendliche heute doch insgesamt weniger als in früheren Generationen, rauchen weniger Jugendliche. Gleiches gilt logischerweise für die Gesellschaft als Ganzes. Sowohl das Nicht-Trinken als auch das Nicht-Rauchen sind gesellschaftlich wesentlich akzeptierter als sie das vor 20 Jahren noch waren. Das alles macht Hoffnung. Es wäre schön, wenn man weitere Schritte in diese Richtung gehen würde, denn letztlich sind und bleiben beide ungemein schädliche Rauschmittel.

5) Die eigentlichen Corona-Opfer kommen in den Medien viel zu kurz

Moderator Ingo Zamperoni fragt mit sorgenvollem Blick: „Womit müssen wir nun rechnen?“ Ich denke nach: Nein, ins Krankenhaus will ich nicht. Ich möchte auch niemanden anstecken, mache mir Sorgen um die Eltern und Freunde mit gefährlichen Vorerkrankungen. Die psychisch Kranken fallen mir ein: Wie viele werden jetzt noch schwermütiger oder abhängiger? Oder die Kinder, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind: Wie sollen sie das überstehen? Wir sollten mit dem Schlimmsten rechnen. Aber um all das geht es im folgenden ARD-Beitrag nicht. Ein Reporter fragt Passanten in einer Einkaufsstraße. „Wir befürchten leider das Schlimmste“, antwortet eine Frau. Sie meint die Verschärfung des Lockdowns. […] Könnte es also sein, dass die Medien ein Problem mit der Corona-Berichterstattung haben? Könnte es sein, dass sie sich vor ihrem eigentlichen Berichtsgegenstand drücken? Sind wir alle zu bequem und tragen lieber das hirnbefreite Geschwätz von Querdenkern an die Öffentlichkeit als die O-Töne einer Corona-Patientin, die sich in der Rehaklinik vom zweimonatigen Koma erholt? Ist es uns wirklich wichtiger, zu erfahren, was verhinderte Restaurant-Gäste, Sportler, Nikoläuse denken, als der Mann, der auch noch sechs Monate nach einer eher milde verlaufenen Infektion mit SARS-CoV-2 unter Herzschwäche, Kurzatmigkeit und chronischer Müdigkeit leidet? Ist es wichtiger, wie sich eine Bahnreisende nach dreistündiger Zugfahrt mit Maske fühlt als ein ermatteter Pfleger auf der Corona-Intensivstation nach seiner Nachtschicht oder die Medizinerin, die plötzlich selbst am Virus erkrankt, nachdem sie einen Notfall retten musste und zu wenig auf Vorsichtsmaßnahmen geachtet hatte? Diese wahren Geschichten aus der echten Corona-Krise laufen an uns vorbei. Natürlich ist es mühsam, an sie heranzukommen. Aber das sollte kein Hinderungsgrund für guten Journalismus sein. Im Gegenteil. […] Doch nicht nur die Geschichten und Erkenntnisse der Betroffenen kommen in den deutschen Medien zu kurz. Auch die Corona-Wissenschaft an sich. Themen wie die Erforschung der Krankheit oder die Prognosen zum Verlauf der Pandemie wurden längst in die Spezialsendungen und auf die Wissens-Seiten zurückgedrängt. Wissenschaftsjournalist*innen oder Epidemiolog*innen sitzen nur in Ausnahmefällen in Talkshows. […] Kann es sein, dass wir – warum auch immer – viel zu wenig über die eigentliche und viel zu viel über die uneigentliche Krise berichten? Kann es sein, dass wir dadurch womöglich dazu beitragen, dass mehr Menschen sterben oder leiden, als nötig gewesen wäre? (Peter Spork, Übermedien)

Ich kann dieser Kritik nur unterschreiben. Ich habe bereits öfter beschrieben, dass in der Pandemie ein gesamtgesellschaftliches Versagen vorliegt (wobei, das sei noch einmal betont, die Hauptverantwortung bei der Politik liegt). Die Berichterstattung aber zählt da sicherlich mit hinein und unterstützt diese allgemeine Geisteshaltung des nicht komplett ernst Nehmens der Pandemie, das resignierte Erfüllen der Auflagen, ohne sie wirklich zu durchdringen oder abseits befürchteter Sanktionen auch weiter umzusetzen. Weite Teile der Bevölkerung betrachten etwa die Maskenpflicht ähnlich wie das Tempolimit. Man hält sich dran, wenn man beobachtet wird, aber man hat auch kein Problem, „wenn niemand gefährdet wird“ dagegen zu verstoßen und da der Überzeugung zu sein, eigenständig entscheiden zu können, wann Verordnungen gelten und wann nicht. Der verschobene Fokus der Berichterstattung ist sicherlich ein Teil dieses Puzzles.

6) Politik der Zukunftsvergessenheit

Die deutsche Politik – hier ist nicht nur, aber vor allem die schwarz-rote Bundesregierung gemeint – hatte im Sommer genug Zeit, nachdem die erste Welle abgeflaut war, den allgemeinen Gebrauch der Ordinalzahlen ernst zu nehmen und sich Gedanken für die zweite (und dritte) Welle zu machen. Stattdessen, während die Kontaktverfolgung kollabierte, rechnete uns die Kanzlerin vor, wie exponentielles Wachstum geht – und wird dafür gefeiert: „Wow, die Frau ist Naturwissenschaftlerin! Das hat der Trump aber nicht zu bieten!“ Vor allem ist die Frau im Moment und schon seit einigen Jährchen aber unsere Regierungschefin. Und genau da fängt das Problem an. […] Dabei möchte man doch meinen, ja, hoffen, dass auf den ganzen langen Gängen der zuständigen Bundesministerien wenigstens ein Büro als winzig kleines Frühwarnsystem fungiert – ein, zwei Menschen mit funktionierenden Instinkten, Neugierde und ohne Twitter-Account, die Zeitung lesen, wissenschaftliche Periodika, Fachaufsätze. Wahrscheinlich gibt es dieses gedruckte Wissen in den Bibliotheken der Ministerien, wird sorgfältig von erstklassigen Bibliothekaren erfasst und für den Abruf bereitgestellt. Doch der Abruf kommt nicht. Man ist in den Büros, Fluren und Etagen anscheinend mit der Kommunikation untereinander beschäftigt, mit dem politischen Gegner oder einem Fall möglicher Diskriminierung bei Markus Lanz. Und was nützen all die Kommissionen, Ausschüsse und Referate, wenn die Zukunft als etwas verstanden wird, das einen nichts angeht, weil es unbekannt, unberechen- und unvorhersehbar ist. Eine Politik, die keine Zukunftspolitik ist, taugt nichts. Desinteresse, Versäumnisse, Gleichgültigkeit schlagen als schlimme Folgen zurück. Man kann auf die Zukunft warten oder sich auf sie vorbereiten. Denn ist immer gewiss, dass sie kommt. Am Ende müssen wir auch im jetzigen Fall, in unserer Corona-Gegenwart, die Hoffnung teilen, die Matt Damon als zurückgelassener Astronaut Mark Watney auf dem Mars ungefähr so formulierte: „Letztlich können wir uns nur mit Wissenschaft aus der Scheiße ziehen.“ Doch auf die Dauer ist es auch notwendig und zudem kostengünstiger, neben dem Gemein- auch einen Zukunftssinn zu entwickeln. Er sollte unser politisches Bewusstsein prägen. (Bernd Rheinberg, Salonkolumnisten)

Ich kann Rheinbergs Kritik nur teilen. Merkels Kanzlerschaft steht für Vieles, aber mit Sicherheit nicht für Zukunftsgewandtheit und Aufbruch. Dabei gäbe es vom Klimawandel über die rapide sinkende Biodiversität zur Herausforderung des Arbeitsmarkts wegen technologischen Fortschritts sehr vieles, was angegangen werden müsste. Natürlich sollte man diesen toten Hund nicht alleine der Regierung vor die Füße legen, denn es ist ja nicht gerade so, als ob es an den Wahlurnen belohnt würde, wenn Politik für die Zukunft betrieben werden würde. Vermutlich kann das in der Politik kaum anders sein. Wenn wir ehrlich sind, ist es in der Wirtschaft ja meist auch nicht anders; die großen Unternehmen sind ja auch nicht sonderlich auch Entwicklungen in zehn oder zwanzig Jahren fokussiert, sondern verwalten vor allem den Status Quo, bis die Marktdisruption sie zum Handeln zwingt. Das Denken in sehr überschaubaren Zeiträumen ist sehr menschlich, aber es könnte uns noch um die Ohren fliegen.

7) Anticipating Senate bottlenecks, Biden races to fill agency jobs

The shift in focus to filling positions that do not require confirmation reflects the urgency with which the Biden team sees its staffing conundrum — especially in the realm of national security, where there’s little room for error. It also signals Biden’s anxiousness to replace Trump appointees and fill long-empty positions as soon as possible so he can enact his agenda. The strategy is an explicit effort to overcome a common hurdle of the early months of a new administration: The middle tier of political appointees often don’t take up their posts until well into the first year. “You get into this weird situation where a lot of times you’ll have the top people confirmed and in place basically right away and the non-confirmed people at a whole lower level,” said Richard Fontaine, chief executive officer of the Center for a New American Security. Those in between “can take literally months to get through the confirmation process.” […] The Biden team is aiming to replace “every political appointee of Trump immediately,” with a particular emphasis on national security positions, said a former U.S. official involved in the transition. “They have people identified all the way down to the [deputy assistant secretary] level.” (Nahal Toosi, Tyler Pager/Andrew Desiderio, Politico)

Ich habe schon während des Vorwahlprozesses die Hoffnung geäußert, dass wer auch immer PräsidentschaftskandidatIn der Democrats wird, sich darüber im Klaren ist, dass es keine Kompromisse mit der GOP, keine überparteiliche Zusammenarbeit gegen wird. Die naive Hoffnung darauf war der größte Fehler der Obama-Ära. Biden „has to hit the floor running„, wie man im Englischen so schön sagt. Ich bin daher sehr erfreut zu sehen, dass das Biden-Team Pläne in der Schublade hat, die Posten so schnell wie möglich zu füllen. Beachtlich ist, dass sie dabei ALLE politischen Beamten auswechseln wollen. Obama hat seinerzeit signifikante Teile der Bush-Beamtenschaft behalten.

Die Notwendigkeit eines solchen Komplettaustauschs erwächst sicherlich nicht nur aus der Erkenntnis, dass eine Zusammenarbeit mit der GOP ausgeschlossen ist, oder aus den bitteren Erfahrungen, die einige dieser überparteilichen Ernennungen mit sich brachten (man denke nur an James Comey). Im Falle Trumps ist es nun eben auch so, dass praktisch alle diese Leute erschreckend inkompetent und korrupt sind, eine aktive Gefährdung für Demokratie und Rechtsstaat oder beides zugleich. Hoffen wir, dass Bidens Team auch eine gute Liste von executive orders und ähnlichen Projekten bereit liegen hat.

8) Tausende abgelehnte Asylbescheide aufgehoben

Die Verwaltungsgerichte haben einem Medienbericht zufolge in den ersten neun Monaten des Jahres 5644 ablehnende Asylentscheidungen für afghanische Flüchtlinge aufgehoben. Afghanische Asylbewerber hatten wegen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 9557 Mal die Gerichte angerufen – in 59,1 Prozent der Fälle mit Erfolg, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichteten. Das gehe aus der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke sagte den Zeitungen, „wenn 59 Prozent der BAMF-Bescheide sich nach einer gerichtlichen Überprüfung als falsch erweisen, ist das ein inakzeptables Ergebnis“. Hier müsse gründlich umgesteuert werden. Das BAMF solle fehlerhafte Bescheide von sich aus überprüfen und korrigieren, um die Verwaltungsgerichte zu entlasten, forderte Jelpke. (Tagesschau)

Das ist leider ein Muster, das wir auch in der Sozialgesetzgebung beobachten konnten. Die Zahl fälschlich ausgestellter Bescheide ist extrem hoch, so hoch, dass sie in fast keinem anderen Feld einfach achselzuckend akzeptiert werden würde. Aber sowohl Asylanträge als auch Hartz-IV-Anträge betreffen die Schwächsten der Gesellschaft, die keine Lobby haben und keine Aufmerksamkeit bekommen. Dass hier die Faust des Staates grob und oft verfehlend zuschlägt, stört keinen von denen, die sonst das Banner des Rechtsstaats schwingen. Als es schien, als ob das BAMF zu viele Asylberechtigungen ausgestellt hat, war das Geschrei groß. In die andere Richtung interessiert es keinen.

9) Corona: Traditionelle Aufgabenverteilung im Haushalt belastet Frauen stark

In der Corona-Krise lastet die Haus- und Familienarbeit zum überwiegenden Teil auf den Schultern der Frauen. So geben 69 Prozent der Frauen an, dass sie die generelle Hausarbeit erledigen, während das unter den Männern gerade einmal elf Prozent von sich behaupten. Ähnlich verhält es sich bei der Kinderbetreuung und beim Homeschooling: Während laut Auskunft der Frauen jeweils mehr als die Hälfte von ihnen die hier anfallenden Aufgaben übernimmt, sind es bei den Männern nur 13 und 15 Prozent. Demnach finden sich Männer und Frauen bei der Bewältigung der zusätzlichen häuslichen Aufgaben, die mit den Einschränkungen des öffentlichen und beruflichen Lebens einhergehen, häufig in traditionellen Rollen wieder. Auffällig ist, dass Frauen und Männer die Hausarbeit und die damit verbundene Arbeitsbelastung stark unterschiedlich wahrnehmen. Obwohl den Männern auffällt, dass viele der genannten Aufgaben bei den Frauen liegen, sind sie dennoch zu 66 Prozent der Ansicht, die Aufgaben der Kinderbetreuung und Hausarbeit seien gerecht aufgeteilt. Die Antworten der Frauen vermitteln hingegen ein anderes Bild: Noch nicht einmal jede zweite Befragte ist der Meinung, dass die Hausarbeit gerecht verteilt sei. 43 Prozent geben an, dass es ihnen schwerer als zu normalen Zeiten falle, Familie und Beruf zu vereinbaren. Fast die Hälfte der Frauen fühlt sich außerdem durch die Situation an ihre körperliche, psychische und emotionale Grenze gebracht. Unter den Männern räumen dies 30 Prozent ein. […] Jede zweite Frau ist der Auffassung, dass Hausarbeit und Kinderbetreuung schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie ungleichmäßig zwischen ihr und dem Partner aufgeteilt gewesen seien. Von den Männern äußern immerhin 39 Prozent dieselbe Meinung. Insofern hat die Corona-Krise weniger einen Rückfall in traditionelle Rollen verursacht, sondern scheint vielmehr ans Licht zu bringen, dass die traditionelle Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen in Deutschland bisher so gut wie gar nicht aufgebrochen war. (Barbara von Würzen, Bertelsmann-Stiftung)

Wir können einmal mehr den Mythos ad acta legen, die Frauen wöllten das so. Es sind die Männer, die das so wollen. Das erkennt man eindeutig an den entsprechenden Umfragen. Die Zahl von 66%, die die ungleiche Aufteilung als gerecht betrachten, ist absolut erschreckend, vor allem wenn man es mit der Zahl der Frauen kontrastiert, die dieser Einschätzung zustimmen würden. In Corona-Zeiten wird diese Belastung nur noch größer. Auffällig finde ich im Artikel auch die merkwürdige Nutzung des Passivs, von wegen „Frauen finden sich wieder“, als ob das eine Naturgewalt sei, die sie in eine Situation bringt, in der man sich dann wiederfindet, statt einer, die auf aktiven Entscheidungsprozessen innerhalb der Partnerschaft beruht.

10) Joe Biden should do everything at once

What we do know is that Republicans will wage full-on war on Biden from the second he takes office. They will generate fake conspiracies and controversies through right-wing media and social media. Conservative voters will be told again and again that Biden and Kamala Harris are uniquely dangerous traitors engaged in all sorts of elaborate evil plots. The entire conservative movement, from top to bottom, will view limiting Biden to one term as its primary strategic objective. And the movement will engage in misinformation, norm violation, procedural fuckery, and outright lawbreaking, if necessary, to achieve that objective. […] The theme of these stories is that Democrats relied on clever sequencing over and over again, imagining some amount of political capital (“credibility”) that they could husband and spend strategically to get assistance across the aisle, at every juncture underestimating the ferocity and unanimity of Republican opposition. They kept behaving as though they would find good-faith negotiating partners, as though they were still in the postwar American era of relatively low (or at least manageable) polarization. […] Here we return to the lesson that Trump has to teach Biden about life in hyperpolarized politics. To wit: blitz. Do everything at once. No matter what the Biden administration does, it will be accused of socialism and corruption by the right. […] By constantly blundering forward, Trump has helped chart which US institutions and norms provide real resistance and which don’t. The courts have tangibly restrained Trump; they have been the primary bulwark against him. But the chattering of the media and the political classes? Moral outrage? Precedent and tradition? Civil protest? All of these have proven gossamer. Trump charged right through them like they were cotton candy. By constantly acting, being on the offensive, generating new stories and controversies, he simply overwhelmed the ability of the system to fasten on any one thing. Biden should learn the lesson. All that matters is what gets done, put on paper and into law. The rest is vapor. (David Roberts, vox.com) 

In einem Rückgriff auf Fundstück 7 möchte ich diesem Artikel von David Roberts, den ich seiner Gänze zur Lektüre dringend anempfehlen möchte – ich habe hier nur einen sehr kleinen Ausschnitt zitieren können – von ganzem Herzen zustimmen. Wenn die Präsidentschaften Obamas und Trumps im Vergleich eines gezeigt haben, dann, dass die Legenden von überlegter, pragmatischer Politik, dem Abwägen von Für und Wider, dem gewissenhaften Ausarbeiten von Initiativen, genau das sind – Legenden. Niemand kümmert sich darum. Trump stattdessen log im Schnitt mehrmals am Tag, produzierte Korruption in einem seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr dagewesenen Ausmaß und wurde dafür wieder und wieder belohnt. Biden sollte es genauso halten und die Kanäle einfach mit Initiativen überfluten. Die GOP und die Medien (siehe Fundstück 11) werden ihn ohnehin kritisieren.

11) Tweet


Wo wir gerade bei den Medien sind, wir sehen schon, wie es los geht. Während unter Trump die krassesten Skandale als News des Tages betrachtet und innerhalb kürzester Zeit vergessen waren, wird im genau selben Tonfall nun über den kleinsten Mist bei den Democrats berichtet. Es gibt keinerlei Gewichtung, alles ist gleich aufregend, alles ist irgendwie ein Skandal. In dieser von Medien geschaffenen Umwelt ist völlig egal, was man tut. Biden kann daraus eigentlich nur den Schluss ziehen, dass es irrelevant ist, was er tut. Die Medien werden die Sozialismus-Vorwürfe ungefiltert senden, sie werden das Narrativ der außer Kontrolle geratenen linken Basis drücken und generell alles zu einem Skandal hochkochen. Warum also darauf irgendwie Rücksicht nehmen? Es ist ein Trauerspiel.

{ 81 comments… add one }
  • GerdHeiner 7. Dezember 2020, 08:53

    „EinE demokratischer PräsidentIn“- wie lange bist du an dem gesessen?

    • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 08:56

      Drei oder vier Sekunden.

      • GerdHeiner 7. Dezember 2020, 09:59

        Stefan, bitte kläre mich auf (nicht ironisch gemeint):

        Ist „demokratischer“ korrekt oder sollte da so was wie „demokratische/r“ oder ähnliches stehen?

        • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 10:19

          Ups, my bad. Korrigiere ich.

          • GerdHeiner 7. Dezember 2020, 10:54

            “ dass wer auch immer Präsidentschaftskandidat der Democrats wird“
            soll sicher
            „dass wer auch immer PräsidentschaftskandidatIn der Democrats wird “ heissen?

            • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 11:26

              Jepp.

              • GerdHeiner 7. Dezember 2020, 11:37

                Bei „„EinE demokratische/r PräsidentIn“ hätte mich als Linguist die phonetische Transkription brennend interessiert, eine Audiodatei von dir tät’s aber auch.

                • derwaechter 7. Dezember 2020, 12:22

                  Ich frage das ja in schöner Regelmäßigkeit und nehme GerdHeiners Kommentar als erneuten Anlass: Wenn es Dir so viel Schwierigkeiten bereitet und es Deinen Lesern ebenso geht und es doch nach Deiner eigenen Aussage gar nicht so ein wichtiges Thema ist, sondern nur von den Rechten als Identitätspolitik missbraucht wird, warum lässt Du es nicht einfach?

                  • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 14:09

                    Weil ich es wichtig finde.

                    • derwaechter 7. Dezember 2020, 14:30

                      Wenn Du es wichtig findest, warum unterstellst Du dann eigentlich den Gegnern diese Schreibweisen, es sei ihnen eigentlich gar nicht wichtig?

                • Dennis 7. Dezember 2020, 12:50

                  IMHO: Einfach so ablesen, wie es da steht. Satzzeichen beim Lesen weglassen; das soll – so viel ich weiß – üblich sein. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum die generische Auffassung, namentlich in der gesprochenen Form, nicht gleichermaßen für die maskuline UND die feminine Sprachform gelten soll; wenn schon denn schon ^

                  Ich empfehle hier im Übrigen „eine Präsidentin bzw. ein Präsident der demokratischen Partei“. Ferner ist es kein Fehler, sich in dieser Causa Mühe zu geben, was ich meist nicht mache 🙁 , auch wenn das nicht immer gut klappt.

                  Man kann es natürlich auch so machen wie der olle Adenauer, der sich im Hinblick auf das gewohnte „meine Herren“ im Bundeskabinett nicht mehr umgewöhnen wollte, das die erste Frau überhaupt in diesen erlauchten Kreis einzog.

                  Es schlug folgende Lösung vor:

                  https://www.kas.de/de/statische-inhalte-detail/-/content/-in-diesem-kreis-sind-auch-sie-ein-herr-

                  Mittlerweile ist allerdings auch so was wie „Frau Minister“ vom Tisch oder „der Bundeskanzler, Frau Merkel“ . Die AWM-Bastionen werden also nach und nach geräumt^.

                  • derwaechter 7. Dezember 2020, 14:38

                    „eine Präsidentin bzw. ein Präsident der demokratischen Partei“

                    Ich für meinen Teil hoffe, dass auch nichtbinäre Menschen in Zukunft eine reelle Chance auf das Amt haben könnten.

                    • derwaechter 7. Dezember 2020, 18:12

                      Darf ich euer Schweigen so wie das sprachliche Betonen des Binären (in diesem Fall Präsidentin und Präsident bzw. PräsidentIn) dahin deuten, dass ihr das anders seht?
                      Wäre PräsidentX eine gute Lösung?

                • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 13:50

                  Immer eine kurze Pause vor dem Großbuchstaben.

    • Erwin Gabriel 7. Dezember 2020, 12:22

      @ Stefan Sasse

      „EinE demokratischer PräsidentIn“

      Sehr schwer lesbar. Wenn jeder jeden Artikel so schreiben würde, bleibt in Zukunft vermutlich viel Verständnis auf der Strecke.

  • CitizenK 7. Dezember 2020, 11:29

    2) Warum die SPD „die Niederlage verdient“, erschließt sich mir nicht aus dem Text. Hat auch etwas von Nachtreten.

    Man kann das auch anders sehen: Die Einflussmöglichkeiten schwinden von Tag zu Tag – das Ende der Regierungsbeteiligung ist absehbar. Eine „Machtoption“ nicht in Sicht. In dieser Situation noch so viel wie möglich für die Zielgruppe herauszuholen, ist rational. Bieder, typisch sozialdemokratisch, in meinen Augen auch sympathisch.

    7) Eine Folge der gesellschaftlichen Verdrängung der Gefahr. Die ist zum Teil notwendig um weiterzumachen. Da sie aber auch vom Handeln abhält, ist sie gefährlich. Wie wurde (auch hier) im Sommer über eine mögliche zweite Welle gehöhnt, Lauterbach verspottet. Wir wollten die Bilder aus den Intensivstationen nicht sehen, lieber diese Pillepalle-Interviews über Homeoffice und Langeweile. Tips für das Überstehen des Zuhausebleibens (Netflix gucken) standen höher im Kurs als Druck auf die Regierung zu machen, sich auf Herbst und Winter einzustellen.

    • Erwin Gabriel 7. Dezember 2020, 12:34

      @ CitizenK 7. Dezember 2020, 11:29

      zu 2) Vom Schlachthof bis ins Homeoffice

      Warum die SPD „die Niederlage verdient“, erschließt sich mir nicht aus dem Text. Hat auch etwas von Nachtreten.

      Weil sie nichts fürs Siegen tut.

      In dieser Situation noch so viel wie möglich für die Zielgruppe herauszuholen, ist rational. Bieder, typisch sozialdemokratisch, in meinen Augen auch sympathisch.

      Durchaus, da bin ich bei Dir. Aber das ist normaler Job. Entweder will die SPD die Herzen ihrer Wähler nicht gewinnen, oder sie scheitert beim Versuch, weil sie weder versteht, wer ihre Wähler sind, noch, wie man sie anspricht.

      zu 5) Die eigentlichen Corona-Opfer kommen in den Medien viel zu kurz
      (zu 5, nehme ich an, nicht zu 7, Joe Biden …)

      Wir wollten die Bilder aus den Intensivstationen nicht sehen, lieber diese Pillepalle-Interviews über Homeoffice und Langeweile. Tips für das Überstehen des Zuhausebleibens (Netflix gucken) standen höher im Kurs als Druck auf die Regierung zu machen, sich auf Herbst und Winter einzustellen.

      Bei allen Fehlern, die die Medien machen (da bin ich von Dir oder Stefan Sasse nicht sooo weit weg) muss eine (Bundes- oder Landes-)Regierung auch ohne Mediendruck ihre Bevölkerung schützen. Das haben die Beteiligten für die zweite Welle nicht gut hingekriegt.

      • CitizenK 7. Dezember 2020, 13:50

        Zu 2) Was müsste die SPD deiner Meinung tun „fürs Siegen“? Sie hat – unter Selbstüberwindung – den zweitbeliebtesten Politiker als Kanzlerkandidaten aufgestellt. Angesichts der Zahlen aber wohl eher aus Gründen der Gesichtswahrung als ehemals „große und stolze“ Partei, so auch konservative Medien. Umweltfreunde von den Grünen zurückholen – im Moment wenig aussichtsreich. Eher, wenn die nach einiger Zeit in der Regierung Ernüchterung auslösen. Von der AfD wie die dänischen Sozis – ein paar Prozent – unter Aufgabe ihrer Überzeugungen?
        Bleibt die Union – aber erst nach Merkel.
        Man sollte nicht vergessen: Die SPD ging in diese Regierung nur, weil sie weit überproportional viel von ihren Zielen in den Koalitionsvertrag einbringen konnte. Dass die CDU das jetzt nicht mehr einlösen will ist nicht fair, aber Fairness ist auch keine Kategorie im politischen Machtkampf

        Zu 5 (danke für die Korrektur):
        Leider wahr. Unter dem Druck von verschiedenen Zeiten aber auch nicht einfach. Und eine treibende Kraft war die Kanzlerin (das könntest du auch mal anerkennen). Sie konnte sich leider nicht durchsetzen – lame duck halt.

        • Stefan Pietsch 7. Dezember 2020, 14:01

          Die Union wollte Vereinbarungen mit der SPD nicht einlösen? Das halte ich für ein Gerücht. Im Gegenteil, zum zweiten Mal nach der Mindestrente (Verzicht auf Bedürftigkeitsprüfung) bringt das Arbeitsministerium einen Gesetzentwurf in Umlauf, der deutlich über das Vereinbarte hinausgeht.

          Dagegen muss die Union den wesentlichen Posten kippen, der noch etwas mit konservativer Politik zu tun hat, der Verzicht auf die Schuldenbremse. Wer ist hier nicht vertragstreu?

          • CitizenK 7. Dezember 2020, 15:04

            Aber doch wohl aus Einsicht wegen der Pandemie, nicht als Konzession an die SPD.

            • Stefan Pietsch 7. Dezember 2020, 15:25

              Ach so, deswegen setzt man mitten in der Pandemie eine kostspielige und in dieser Form unnötige Mindestrente durch? Alles klar. Eine gute Partnerschaft basiert darauf, dem anderen Zugeständnisse zu machen. Die SPD macht keine, sondern versucht noch mit Moralisieren mehr durchzusetzen, als vereinbart war. Das ist keine Partnerschaft. Sie haben umgekehrt lamentiert.

              • CitizenK 7. Dezember 2020, 15:51

                „….in dieser Form unnötige Mindestrente“

                Haben Sie nicht immer gefordert, die eigene Einschätzung nicht absolut zu setzen?

                • Stefan Pietsch 7. Dezember 2020, 16:08

                  Ich kenne (kaum) keinen seriösen Ökonomen, der die Mindestrente so empfiehlt. Der Verzicht auf die Bedürftigkeitsprüfung macht das System um Milliarden teurer, bringt aber Betroffenen nichts. Finanzwirtschaftlich ist das rausgeschmissenes Geld.

        • Erwin Gabriel 7. Dezember 2020, 16:21

          @ CitizenK 7. Dezember 2020, 13:50

          Was müsste die SPD deiner Meinung tun „fürs Siegen“?

          Sie müsste Strahlen. Sebastian Kurz, Emmanuel Macron, Friedrich Merz, Robert Habeck, Barack Obama,Donald Trump – alle diese Leute vermitteln das Gefühl, einen Plan, eine Vision, ein Ziel zu haben. Alle vermitteln das Gefühl, dass sie irgendwo hinwollen und den Weg kennen (es muss ja nicht zwangsläufig Dein Weg sein). Angela Merkel kann das zwar auch nicht, vermittelt zumindest aber das Gefühl, dass sie weiß, was sie tut, und dass sie im Großen und Ganzen alles im Griff hat.

          Die SPD vermittelt nicht das Gefühl, dass sie irgendwo hin will, dass sie ein bestimmtes Ziel einschlägt. Sie hat kein Ziel. Sie vermittelt nicht, dass sie alles im Griff hat – im Gegenteil: Die schärfsten Kritiker von SPD-Politikern sind SPD-Politiker.

          Sie hat – unter Selbstüberwindung – den zweitbeliebtesten Politiker als Kanzlerkandidaten aufgestellt.

          Olaf Scholz wurde neulich gefragt, wer denn die ganzen Schulden bezahlen soll, die man jetzt aufnimmt. Seine Antwort: „Ja, da fragen Sie mich was…“.

          Scholz ist der Kandidat für Leute, die wollen, dass alles so bleibt wie bisher, nur etwas schlechter.

          Umweltfreunde von den Grünen zurückholen – im Moment wenig aussichtsreich. Eher, wenn die nach einiger Zeit in der Regierung Ernüchterung auslösen.

          Was die SPD machen müsste, wäre, eigene Öko-Konzepte zu entwickeln, die besser sind als das, was die Grünen machen, bzw was besser ankommt. Wer nicht gegen den Klimawandel kämpfen will, landet bei der AfD. Wer gegen den Klimawandelkämpfen will, ohne dass es wirklich wehtut, ist bei der CDU.Wer glaubt, dass richtig durchgezogen werden muss (aber möglichst nicht bei ihm selbst), landet bei den Grünen. Wer ernsthaft durchziehen will,liegt bereits am äußeren Rand des Spektrums.

          Wo immer sich sich die SPD positionieren will, es sitzt schon einer dort und macht es besser.

          Und eine treibende Kraft war die Kanzlerin (das könntest du auch mal anerkennen).

          Habe ich schon, mehrfach (Stefan Sasse sei mein Zeuge), dass ich in Sachen Corona der Kanzlerin keine Kommunikationsfehler vorwerfen kann. Das die erwartbare zweite Welle so aus dem Ruder läuft, hat verschiedene Gründe, die meiner Meinung nach (ausnahmesweise 🙂 ) nicht oder bei weitem nicht nur in der Person der Kanzlerin zu finden sind.

          • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 16:53

            Scholz ist der Kandidat für Leute, die wollen, dass alles so bleibt wie bisher, nur etwas schlechter.

            Das.

            Und auch zum Rest volle Zustimmung.

            • Dobkeratops 7. Dezember 2020, 17:43

              Exakt. Die SPD inszeniert sich schon viel zu lange als das kleinere Übel. Diese Taktik kann aber (wenn überhaupt) nur in einem Zweiparteiensystem funktionieren.

              Wen wollen sie mit der Botschaft „mit uns wird es marginal langsamer/weniger scheiße als mit der CDU“ denn erreichen? Wer die grobe Richtung gut findet, kommt mit dem Original schneller zum Ziel. Und wer die Richtung nicht gut findet… warum soll der die SPD wählen?

              • Erwin Gabriel 9. Dezember 2020, 13:06

                @ Dobkeratops 7. Dezember 2020, 17:43

                Wer die grobe Richtung gut findet, kommt mit dem Original schneller zum Ziel. Und wer die Richtung nicht gut findet… warum soll der die SPD wählen?

                Genau das.

            • Erwin Gabriel 7. Dezember 2020, 23:05

              Merci

    • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 13:45

      2) Bis 2017 dachte ich so auch. Aber seither? Na, sorry. Irgendwann ist gut.

      7) Nein, nicht „wir“.

  • Erwin Gabriel 7. Dezember 2020, 12:18

    @ Stefan Sassa on 7. DEZEMBER 2020

    zu 1) Israel Tries To Kill The Nuclear Deal

    Ich finde das beunruhigend, aber auf der anderen Seite werde ich auch nicht ständig durch das Mullah-Regime bedroht.

    Das ist ein ganz entscheidender Punkt, den Du (im Gegensatz zu vielen, vielen anderen) wahrnimmst. Israel ist etwa so groß wie Hessen, durchs etwas länge, aber auch deutlich schmaler, und von Ländern umgeben, in denen es nur so von Feinden wimmelt.

    An dieser Stelle will ich daher vor allem bemerken, wie effektiv Israel darin ist, seine bevorzugte Sicherheitspolitik in der Region durchzusetzen und sowohl den Kurs der USA zu bestimmen als auch, und das ist neu, Allianzen mit muslimischen Ländern in der Region zu schmieden. Das ist ein volatiler Mix mit vielen Playern, die bereit zur Eskalation sind.

    Ja / ja / vermutlich

    zu 2) Vom Schlachthof bis ins Homeoffice

    Man muss das so hart sagen, aber die SPD verdient ihre Niederlage einfach.

    Zustimmung. Ich habe keine Ahnung, was diese Partei eigentlich will. Ich sehe keine klare Linie, sondern nur Definitionen der Abgrenzung zu anderen.

    Der Kampf um den CDU-Parteivorsitz ist aktuell wesentlich folgenreicher als der um die Frage, ob CDU oder SPD den Kanzler stellen – was ohnehin nur eine intellektuelle Fingerübung ist, wenn man sich die Umfragewerte der Sozialdemokratie so anschaut.

    Auch hier: Zustimmung. Ich halte es immer noch für einen großen Fehler der SPD, Olaf Scholz so früh als Kanzlerkandidaten nominiert zu haben.
    Die CDU erzählt gerade drei bis vier Geschichten gleichzeitig, jede von ihnen mit eigenen Wendungen, spannend wie eine gut gemachte Soap. Jeder, der sich für Politik interessiert, verfolgt gespannt die Storylines und diskutiert mit: Kriegt Friedrich Merz diesmal die Kurve, oder schafft es Merkel einmal mehr, ihn zu verhindern? Bleibt Armin Laschet am Ball, oder muss er Jens Spahn den Vortritt lassen? Was treibt auf einmal Norbert Röttgen? Und, als Spoiler für die nächste Staffel: Schmeißt Markus Söder seinen Hut für die Kanzlerkandidatur in den Ring? Und gegen wen tritt er unions-intern an?

    Für welche unterschiedlichen Zielgruppen will dagegen die SPD noch Projektionsflächen bieten? Welche Geschichte will die SPD noch erzählen? Da ist nichts mehr …

    zu 5) Die eigentlichen Corona-Opfer kommen in den Medien viel zu kurz

    Ich habe bereits öfter beschrieben, dass in der Pandemie ein gesamtgesellschaftliches Versagen vorliegt (wobei, das sei noch einmal betont, die Hauptverantwortung bei der Politik liegt).

    So formuliert, kann ich mich anschließen.

    … diese allgemeine Geisteshaltung des nicht komplett Ernstnehmens der Pandemie, das resignierte Erfüllen der Auflagen, ohne sie wirklich zu durchdringen oder abseits befürchteter Sanktionen auch weiter umzusetzen.

    Die allermeisten Menschen können sich intellektuell und emotional (gleichzeitig!) nur im Rahmen ihres eigenen Erlebens bewegen. Wer beispielsweise wie ich auf dem Land wohnt und keine schulpflichtigen Kinder mehr im Haus hat, kann die Belastungen (bzw. den Terror) nur theoretisch nachvollziehen, die Corona für eine alleinerziehenden Mutter zweier Kinder bedeutet, die in einer kleinen Stadtwohnung gleichzeitig Home-Office und Home-Schooling unter einen Hut bringen muss, während dem Nachwuchs der Auslauf fehlt. Das Gleiche gilt natürlich auch für gefährdete Angehörige, demenzerkrankte Eltern oder andere Verwandte etc. Wessen größtes Problem es ist, dass der wöchentliche Kneipenabend ausfällt, versteht nicht, was gerade passiert.

    Wiederum: Wer ins Home-Office ausweichen kann oder gar im öffentlichen Dienst steht, vermag auch bestenfalls nachrichtlich zu verarbeiten, welches Ausmaß die Vernichtung von Existenzen in Bereichen der freien Wirtschaft erreicht hat.

    Zu 6) Politik der Zukunftsvergessenheit

    Eine Politik, die keine Zukunftspolitik ist, taugt nichts. Desinteresse, Versäumnisse, Gleichgültigkeit schlagen als schlimme Folgen zurück. Man kann auf die Zukunft warten oder sich auf sie vorbereiten. Denn ist immer gewiss, dass sie kommt.

    Mein Reden seit Jahren.

    Mit schönem Gruß an all die vielen Merkel-Versteher auch hier im Forum: Wer nichts tut, eckt auch nicht an. Davon kann man sich einlullen lassen, oder man erkennt das unglaubliche Versagen, praktisch jeden sinnvollen Akzent, jede offensichtlich erforderliche Entwicklung für die Zukunft verbockt zu haben.

    Zu 9) Corona: Traditionelle Aufgabenverteilung im Haushalt belastet Frauen stark

    Wir können einmal mehr den Mythos ad acta legen, die Frauen wollten das so. Es sind die Männer, die das so wollen.

    Jein, bzw. das ist zu kurz gesprungen.

    Ich bin seit meiner Bundeswehr- und Studienzeit in Bürojobs, die gutes Geld brachten, aber auch zeitlich ziemlich anspruchsvoll waren. Irgendwann entschied sich meine Frau dafür, Kinder zu kriegen. Ich wurde nicht wirklich gefragt, hatte aber auch keine Einwände. Aufgrund unserer Situation habe ich mich ums Geldverdienen gekümmert, während meine Frau Finanzminister wurde; sie hat die Kinder (und mich) versorgt, aber am Wochenende war ich unrettbar fällig. Über die Jahrzehnte hat sich diese Situation (die auch Situation unserer Eltern war) festgeschrieben.

    Nun sitze ich daheim im Home-Office, und meine Frau möchte mich verständlicherweise gerne einbinden. Problem ist: Sie ist (u.a.) auf Haushalt inzwischen derart konditioniert, dass sie ständig alle möglichen Sachen sieht, die ihr auffallen, die ihrer Meinung nach gerichtet und geputzt gehören. Ich sehe vieles nicht und manches anders, denn ich wurde in meinem fast vierzigjährigen Berufsleben auf andere Dinge konditioniert.

    Nun möchte meine Frau mir gerne vorschreiben, was ich wann auf welche Art und Weise zu machen habe; mein Maßstab spielt keine Rolle, meine Zeitplanung spielt keine Rolle, meine Methodik (Staubsaugen, Bügeln, Wäsche zusammenlegen, einkaufen etc.) spielt keine Rolle – ihr Wille geschehe.

    Das funktioniert natürlich nicht. Wenn ich als gleichberechtigter Hausmann neben meiner Frau stehen soll, dann muss sie in Grenzen meine Standards akzeptieren. Dort, wo sie das kann (etwa beim Wäsche zusammenlegen oder Kochen, wenn sie Besseres zu tun hat), funktioniert es ganz ordentlich. Da, wo sie es nicht kann (etwa beim Wäsche zusammenlegen oder Kochen, wenn sie nichts Besseres zu tun hat), gibt es eben Diskussionen, die meist damit enden, dass ich ihr ihren Willen und die dazugehörige Arbeit überlasse.

    • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 14:09

      1) Danke.

      2) Und oft nicht mal Abgrenzung!
      Ich denke nicht, dass der Nominierungstermin ein Fehler war, das war das Einzige, was sie richtig gemacht haben. Der Fehler war, nichts damit zu machen. Oder erinnerst du dich an die gewaltige Spannung 2017, wer wohl Kanzlerkandidat werden möge? Da haben sie kein halbes Jahr vor der Wahl überraschend Schulz rausgerollt…

      5) Stimme dir zu was die Psychologie angeht, aber wäre nicht genau hier eine Aufgabe der Medien, anzusetzen?

      6) Das schließt ja nicht aus, Merkel mal zu loben wenn man denkt, sie habe was richtig gemacht.

      9) Ich verstehe dich völlig! Das ist ein langfristiger Prozess. Haushalt ist auch komplex, da kannst als Mann nicht einfach kommen und sagen „ich mach jetzt ein bisschen was“ und dann läuft das. Gleichberechtigte Haushaltsführung muss gelernt und eingeübt werden, über lange Zeit.

      • Erwin Gabriel 7. Dezember 2020, 16:48

        @ Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 14:09

        zu 2)
        Ich denke nicht, dass der Nominierungstermin ein Fehler war, das war das Einzige, was sie richtig gemacht haben. Der Fehler war, nichts damit zu machen.

        Bin halt ganz anderer Meinung.

        Was soll die SPD draus machen? Je lauter sie den Kandidaten feiern würden, desto lauter würde die hauseigene Kritik. Und dennoch kämen sie nicht gegen die große Samstag-Abend-Show („Einer wird gewinnen“) an. Jedenfalls nicht mit positiven Nachrichten: Dass sie ihn feiern,ist normal und nciht berichtenswert; er ist der Kandidat der SPD. Offenbar aber nicht der ganzen SPD, denn die schimpfen ja wie die Rohrspatzen – wir haben eine Nachricht.

        Und die CDU hat alle Zeit der Welt, den SPD-Kandidaten auf Schwachstellen zu durchleuchten, während dem die Hände gebunden sind.

        zu 5)

        Stimme dir zu was die Psychologie angeht, aber wäre nicht genau hier eine Aufgabe der Medien, anzusetzen?

        Ja, unbedingt. Ich sage ja nicht, dass die Medien gut arbeiten, überhaupt nicht. Ich möchte aber deren schlechte Arbeit nicht als Entschuldigung für schlechtes Verhalten der Regierung interpretiert wissen.

        zu 6)

        Das schließt ja nicht aus, Merkel mal zu loben wenn man denkt, sie habe was richtig gemacht.

        Habe ich doch; passiert halt nur selten.

        zu 9)

        Ich verstehe dich völlig! Das ist ein langfristiger Prozess. Haushalt ist auch komplex, da kannst als Mann nicht einfach kommen und sagen „ich mach jetzt ein bisschen was“ und dann läuft das.

        Ich rede nicht von Haushalts“führung“ … 🙂

        Ich habe mal eine kleine Geschichte gehört. Ein Unternehmensberater erzählt einem Kollegen, wie seine Frau den Frühstückstisch abräumt: „jeden Morgen nimmt sie die Teller und packt sie in die Spülmaschine. Sie holt die Tassen, und packt sie in die Spülmaschine, holt das Besteck und packt es in die Spülmaschine. Sie nimmt den Käse und packt ihn in den Kühlschrank…
        Ich habe mal die Zeit gestoppt, sie braucht immer 12 Minuten, bis sie fertig ist. Dann habe ich die ABläufe analysiert und ihr gezeigt, wie das schneller geht, wenn man alles auf ein Tablett stellt.“
        „Und“, fragt der Kollege, „wie schnell ist sie jetzt?“
        „Jetzt brauche ich nur vier Minuten.“

        Wenn sie den Tisch abräumt,macht sie das, wie sie will.Wenn ich den Tisch abräume (sauge, bügle, Wäsche zusammenlege, koche, die Spülmaschine einräume …), will ich das machen, wie ich will. Sonst muss sie ihre Fertigkeiten selbst einsetzen.

        • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 16:55

          2) Ok, aber was ist dann deine Theorie warum 2017 danebenging?

          5) Ich auch nicht, da sind wir uns absolut einig.

          6) 🙂

          9) Anekdotische Evidenz ist beste Evidenz.

          • Erwin Gabriel 9. Dezember 2020, 13:29

            @ Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 16:55

            2) Ok, aber was ist dann deine Theorie warum 2017 danebenging?

            Die SPD hat keine brauchbaren Kandidaten, nirgendwo.

            Mit Scholz, Schulz oder Steinbrück hat man durchschnittliche Kandidaten, die für fast alle wählbar wären, nur nicht für die SPD-Basis). Die Kandidaten, die für die Basis wählbar wären, reißen den Rest nicht mit.

            Und stets werden nach kurzer Zeit die Schwächen der Kandidaten vorgebracht: Peer Steinbrück stolpert über seine kostenpflichtige Vorträge (die ich für legitim halte, aber der deutsche Neid …); Martin Schulz wirkt nach nur kurzer Zeit als Luftikus ohne bundespolitische Erfahrung, der mit Sigmar Gabriel nicht mithalten kann; Olaf Scholz hat in Sachen Cum-Ex aus Hamburger Bürgermeister-Zeiten zu viel Dreck am Stecken, und wenn Du Deine Nase mal etwas tiefer in den Wirecard-Skandal steckst, kannst Du sehen, dass sein Interesse dem Vertuschen und nicht der Aufklärung galt.

            Aktuell stellt er mehr Geld zur Verfügung, als irgendjemand braucht, kriegt es nicht dorthin, wo es benötigt wird, und hat keinen Plan (oder mag ihn nicht nennen) dazu, wie die horrenden Schulden auf halbwegs normalem Weg beglichen werden können. Und Scholz ist aus Wählersicht einer von den wenigen guten nicht so schlechten Leuten der SPD.

            Eine kräftige Richtungsdiskussion, mit lautstarkem Richtungsstreit, mit lautstarker Annäherung und lautstarker Einigung, mit anschließender Präsentation des Kandidaten recht kurz vor der Wahl, der auf dem gefundenen Weg nun anführt, begleitet von einem persönlichkeitsstarkem Schattenkabinett, wäre deutlich besser gewesen, um mit einem sich ins positive drehende Stimmungsbild in den Medien zu bleiben.

            Aber die meisten SPD-Mitglieder und -Regionalfürsten sind zu selbstgerecht für eine solche Kampagne.

            • Stefan Sasse 9. Dezember 2020, 14:35

              Ich glaube nicht, dass Steinbrücks Problem die Vorträge waren. Die waren eher ein Symptom.

              Dass Olaf Scholz da nicht aufklärt, glaube ich unbesehen. Selbstverständlich hat der da Dreck am Stecken. Zustimmung zum Rest.

              Ich glaube, letztlich ist es auch egal, was die machen. Es interessiert sich eh keine Sau dafür.

            • CitizenK 9. Dezember 2020, 15:50

              Leider wahr, die SPD hat derzeit keine Zugpferde. Also leisten Sie Kärrnerarbeit, z. B. gegen CDU und FDP eine Lex Tönnies durchzusetzen. Also Politik für Menschen, die sie nicht wählen, aus polit-moralischem Antrieb, ihren Wurzeln verpflichtet. Für euch zählt das nicht, ich weiß. Für mich schon. You may say, I’m a dreamer….

              • Stefan Sasse 9. Dezember 2020, 17:08

                Ich halte die Frage nach den Zugpferden eh für, verzeiht mir, das Pferd von hinten aufgezäumt. SpitzenkandidatInnen sind nicht das aktuelle Problem der SPD. Die hat mit Rudolf Scharping hohe 30%-Wertungen erzielt! Und mit Hans-Jochen Vogel. Das Problem ist dass die ganze Basis dieser Geschichte verrottet ist. Die Substanz ist nicht da. Wir drehen uns immer um dieselbe Frage: Warum SPD wählen? Da kriegst doch nur ein Schulterzucken. Wer da vorne dann zuckt, ist doch egal.

              • Erwin Gabriel 13. Dezember 2020, 12:38

                @CitizenK 9. Dezember 2020, 15:50

                Leider wahr, die SPD hat derzeit keine Zugpferde.

                Das ist aus meiner Sicht nicht ihr größte Problem. Es würde nicht besser, wenn sie ein Zugpferd hätten.

                Wenn Du die Union, die Grünen, die AFD als eine Ameisentruppe anschaust, läuft jeder einzelne irgendwie kreuz und quer, aber der ganze Zug hat eine grobe Richtung. Die zielt bei einer AfD woanders hin aus als bei der Union oder den Grünen, aber es gibt eine Richtung.

                Die LINKE hat einen Standpunkt, aber keine Bewegung. SPD und FDP haben Bewegung, aber kein gerichtetes Ziel. Wann immer ich also irgendwo hin will, muss ich mich zwischen Grünen, Union oder Blau entscheiden.

                Die SPD ist immer noch eine gute (vermutlich sogar die beste) Partei, wenn man keine großen Veränderungen mag, und auf Rundumversorgung und -schutz durch den Staat steht. Aber ein „weiter so“ stößt an Grenzen, wenn sich die Erde unter den Füßen weiterdreht, und sich die Umgebungssituation verändert. Dann passen die alten Maßnahmen nicht mehr.

                Also leisten Sie Kärrnerarbeit, z. B. gegen CDU und FDP eine Lex Tönnies durchzusetzen. Also Politik für Menschen, die sie nicht wählen, aus polit-moralischem Antrieb, ihren Wurzeln verpflichtet. Für euch zählt das nicht, ich weiß. Für mich schon. You may say, I’m a dreamer….

                Die SPD war auch mal meine Partei.

                Erinnerst Du Dich ncoh an das Trio Infernale Schröder / Scharping / Lafontaine? Wenn einer von denen die klassische SPD verkörpert hat, war das Scharping.

                Ich freue mich, wenn die SPD in die Regierung kommt, da sie dort immer einen recht guten Job macht. Aber ich traue ihr mehr nicht zu.

                • CitizenK 13. Dezember 2020, 13:29

                  Wir sind da gar nicht so weit auseinander.

                  Auch als kleinere Partei hat die SPD (wie FDP und Linke) nicht nur ihre Existenzberechtigung, sondern auch eine Funktion. Dass sie auf absehbare Zeit nicht den Kanzler stellen kann, wird sie auch noch realisieren – und sollte man ihr nicht ständig zum Vorwurf machen. Auch wenn man an dieser Partei als Anhänger oft verzweifelt – das Land wäre nicht besser dran ganz ohne sie.

                • Stefan Sasse 13. Dezember 2020, 13:35

                  Ich mag deine Unterscheidung mit Bewegung, Standpunkt und Ziel, das ist eine ziemlich hilfreiche Metrik. Sehr gute Idee!

                  Meine politische Erfahrung mit der SPD startet mit Schröder. Ich kenne die „alte“ SPD nur als Historiker.

                  • CitizenK 14. Dezember 2020, 07:31

                    Jetzt verstehe ich dein harsches Urteil.

                    Vor Schröder ging es den Parteiführern grosso modo um die Sache (auch dem „Genossen Generaldirektor“), Schröder und seine Clique haben die Partei als Karrierevehikel genutzt. Verschleiert durch eine vermeintliche Modernisierung („Dritter Weg“, Schröder-Blair-Papier“, zweites Godesberg usw.) Ich bin damals auch darauf hereingefallen.

                    Und dann stellte sich noch heraus, dass sie bewusst gelogen hatten (Blair ganz schlimm, Münte schlimm genug). Pathetisch ausgedrückt: Sie haben der Partei die Seele genommen, davon hat sie sich bis heute nicht erholt.

                    • Erwin Gabriel 14. Dezember 2020, 13:22

                      @ CitizenK 14. Dezember 2020, 07:31

                      Vor Schröder ging es den Parteiführern grosso modo um die Sache (auch dem „Genossen Generaldirektor“), Schröder und seine Clique haben die Partei als Karrierevehikel genutzt.

                      Ich glaube, dass Du das falsch siehst, und bei Schröder die Persönlichkeit („laut“ und „eitel“) mit dem Verhalten mischst.

                      Etwas in Richtung Agenda 2010 war überfällig, und das musste die SPD leisten, um halbwegs Frieden im Land zu halten. Ähnliche Situationen gab es zum Jugoslawien-Krieg, bei denen die Grünen, oder in der Flüchtlingskrise, bei der die CDU über ihren Schatten springen musste.

                      Hätte Schwarz-Gelb die Agenda gemacht (Kohl hatte ja schon angefangen) oder hätte Rot-Grün die Flüchtlinge ins Land gelassen, hätte es monatelangen Krawall auf den Straßen gegeben.

                    • Stefan Sasse 14. Dezember 2020, 14:07

                      Mit sicherheit. Only Nixon can go to China.

    • Ariane 7. Dezember 2020, 15:04

      5) Richtig, das ist ja auch völllig normal. Aber gerade dafür gibt es ja die Medien, die eben unterschiedliche Betroffenen zu Wort kommen lassen (sollten). Es ist ja auch sehr auffällig, dass bei der Pandemie oft auf Abstraktes, Zahlen, Statistiken, cluster, mikrobiologische Prozesse etc. ausgewichen wird, während zb für die Gastronomiekrise in die Innenstadt gelaufen wird, um Leute zu interviewen.

      Stimme dir zu, dass die Regierung davon natürlich unabhängiger agieren sollte. Tut sie aber nicht. Es ist Politik, der Druck der Öffentlichkeit spielt eine enorme Rolle, siehe auch die Diskrepanz der Leute, die mehr oder weniger Maßnahmen befürworten. Das sorgt eher für Öffnungsdruck, obwohl das in den Umfragen nur 15% wollen.

      9)
      Sie ist (u.a.) auf Haushalt inzwischen derart konditioniert, dass sie ständig alle möglichen Sachen sieht, die ihr auffallen, die ihrer Meinung nach gerichtet und geputzt gehören. Ich sehe vieles nicht und manches anders, denn ich wurde in meinem fast vierzigjährigen Berufsleben auf andere Dinge konditioniert.

      Das ist übrigens das, was mit mental load gemeint ist^^
      Ansonsten was Stefan sagt, das ist nichts, was von selbst mal eben passiert, das ist schon ein Aushandlungs- und Lernprozess.

      • Erwin Gabriel 8. Dezember 2020, 14:54

        @Ariane 7. Dezember 2020, 15:04

        Ansonsten was Stefan sagt, das ist nichts, was von selbst mal eben passiert, das ist schon ein Aushandlungs- und Lernprozess.

        Zustimmung. Sollte es sein, für beide.

        Ich tue mich als langjährige Führungskraft schon schwer damit, dass mir nicht nur jemand sagt, WAS ich zu tun habe, sondern auch noch, WIE ich das machen soll.

        Aber wir haben die ersten 40 Jahre durchgehalten, wie werden auch die zweiten 40 Jahre durchhalten. 🙂

  • derwaechter 7. Dezember 2020, 12:44

    9)
    „Auffällig finde ich im Artikel auch die merkwürdige Nutzung des Passivs, von wegen „Frauen finden sich wieder“, “
    Auffällig finde ich, dass bei deinem „Zitat“ Männer rausfallen.

    Aus „finden sich Männer und Frauen (..) wieder“ wird bei Dir „Frauen finden sich wieder“

    Ich zweifele die tatsächliche Verteilung der Hausarbeit nicht an und sehe durchaus, dass damit Probleme bei der Gleichberechtigung verbunden sind.

    Allerdings finde ich es bemerkenswert, dass diese Studie, die nicht tatsächliche Arbeit erfasst sondern Frauen und Männer nach ihren Ansichten fragt, den Ansichten der Frauen bei der Bewertung einen höheren Wahrheitsgehalt beimisst.

    Eine ungleiche Verteilung der Hausarbeit kann ja durchaus gerecht sein, wenn andere Arbeit ebenso ungleich verteilt ist. Und das ist in Deutschland m.W. doch auch sehr oft noch der Fall.

  • Stefan Pietsch 7. Dezember 2020, 12:49

    5) Die eigentlichen Corona-Opfer kommen in den Medien viel zu kurz

    Weite Teile der Bevölkerung betrachten etwa die Maskenpflicht ähnlich wie das Tempolimit. Man hält sich dran, wenn man beobachtet wird, aber man hat auch kein Problem, „wenn niemand gefährdet wird“ dagegen zu verstoßen

    Belege? Völlig überschätzt.

    6) Politik der Zukunftsvergessenheit

    Die großen Unternehmen sind ja auch nicht sonderlich auch Entwicklungen in zehn oder zwanzig Jahren fokussiert, sondern verwalten vor allem den Status Quo, bis die Marktdisruption sie zum Handeln zwingt.

    … was vor allem zeigt, wie wenig Du von Wirtschaft verstehst. Ich kann Dir nur einen Klassiker ans Herz legen: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie von Josef Schumpeter. Neues entsteht durch neue Unternehmen, nicht die Subventionierung von alten. Als Ausdruck dessen mischen sich die Fortune 500 in den USA wesentlich schneller und umfangreicher durch als in Europa. Ein Impfstoff gegen Corona wurde übrigens auch als erstes von dem jungen Unternehmen BionTech fertig entwickelt.

    9) Corona: Traditionelle Aufgabenverteilung im Haushalt belastet Frauen stark

    Ja, Tränen. Wer fragt eigentlich nach den Männern? In der Pandemie haben mehr Frauen als Männer ihren Job verloren, die finanzielle Last des Familienunterhalts liegt damit stärker auf dem männlichen Geschlecht. Eben traditionell. Nein, das hat wenig mit „Frauenfeindlichkeit“ in den Vorstandsetagen zu tun, sondern sehr viel mit dem Arbeitsverhalten von Frauen. Man entlässt halt schneller Teilzeit- als Vollzeitkräfte, weil man sich als Unternehmer auf letztere mehr verlassen kann.

    Ansonsten bleibt Frauen auch noch die Option Kündigung. Der Beziehung, wovon Frauen ebenfalls ganz traditionell weit häufiger als Männer Gebrauch machen. Aber das ist Dir natürlich keinen Artikel wert.

    • derwaechter 7. Dezember 2020, 14:21

      9)
      In der Pandemie verlieren übrigens mehr Männer als Frauen ihr Leben.

      • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 14:58

        Korrekt.

      • Ariane 7. Dezember 2020, 15:11

        Jep. Ansonsten leider auch.

      • Stefan Pietsch 7. Dezember 2020, 15:38

        … was damit zu tun hat, dass Männer weit häufiger Selbstmörder sind und risikobehafteten Lebensgewohnheiten nachgehen. Dazu sind sie anfälliger für das Coronavirus. Hat nur nichts mit dem Lamento von Stefan zu tun.

        • Ariane 7. Dezember 2020, 15:53

          Was wiederum damit zu tun hat, dass sie weit seltener echte Hilfe bei emotionalen Problemen suchen, was Stefan übrigens auch wieder und wieder erwähnt hat.
          Und neben dem genetischen Aspekt hat die höhere Anfälligkeit für Corona eben auch mit dem schlechteren Gesundheitszustand zu tun, die häufig auch mit zuwenig Aufmerksamkeit auf die eigene Gesundheit zusammenhängt.

          Das sind in vielen Fällen durchaus lösbare Probleme, erfordert aber eine Änderung des Denkens (auch des Umfelds).

        • derwaechter 7. Dezember 2020, 16:13

          „Hat nur nichts mit dem Lamento von Stefan zu tun.“

          Gibt der ganzen Diskussion eine etwas breitere Perspektive.

    • Ariane 7. Dezember 2020, 15:11

      Meine Güte, du merkst aber schon, dass dir die Frauenfeindlichkeit aus allen Ohren quillt? Was denn nun? Wenn Frauen selbstbestimmt ob der Probleme eine Beziehung beenden, beschwerst du dich, dass sie dadurch nur an die Kohle wollen und vielleicht sogar dafür die Kinder einsetzen, um an noch mehr Kohle zu kommen.

      Stell dir vor, es gibt kein Recht von Männern auf Partnerinnen. Dann sollen sie ganz offiziell einen Escort-Service buchen. Das scheint für dich ja keine Partnerschaft zu sein, sondern eine reine Kosten/Nutzen-Rechnung.

      • Stefan Pietsch 7. Dezember 2020, 15:36

        Klar, ich bin ja familiär nur von Frauen umgeben, bin verheiratet und habe eine Tochter. Da muss man frauenfeindlich sein. Ist Dir schon einmal der Gedanke gekommen, dass auch Frauen nicht alle gleichgerichtet und gleichförmig denken?

        Wenn Frauen selbstbestimmt ob der Probleme eine Beziehung beenden

        … was ihr gutes Recht ist. Nur muss man es dann auch so benennen: Frauen dominieren Beziehungen, sie entscheiden mehrheitlich, wann und ob sie beginnen und wann und ob sie enden. Was Du als „frauenfeindlich“ kritisierst, sind Fakten. Fakten haben nicht die Neigung, sich nach Deinen Empfindlichkeiten zu richten.

        • Ariane 7. Dezember 2020, 15:55

          Dass Frauen unterschiedliche Individuen sind, ändert ja nichts an deiner Frauenfeindlichkeit.

          Achso, Frauen dominieren Beziehungen, während Männer dem einfach hilflos als Opfer ausgeliefert sind? Man könnte natürlich auch überlegen, ob Frauen Beziehungen seltener beenden, wenn sie mit dieser zufrieden sind. Oder haben Männer damit auch nichts zu tun, sind Frauen einfach zu anspruchsvoll?

          • Stefan Pietsch 7. Dezember 2020, 16:06

            Stefan vertritt die Frauen-/ Opferposition, Du wirfst mir das Umgekehrte vor. Ich dagegen bin der Ansicht, weder Frauen noch Männer sind Opfer. So einfach ist es manchmal. Ich halte jedenfalls absolut nichts von diesem Geschlechterkampf, den Ihr immer wieder anzuzetteln versucht.

            • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 16:52

              Wenn wir nur alle so schlau, aufrecht und integer wären wie du, wäre die Welt ein besserer Ort. Leider erreichen nur die wenigsten diese luftigen Höhen des Moralismus.

              • Stefan Pietsch 7. Dezember 2020, 17:02

                Du vertrittst im Grunde ein tradiertes Frauenbild: die Frau als Opfer, aus der sie von uns Männern herausgezogen werden muss. Wir Männer müssen Frauen Rechte verleihen und sei es durch Gesetze, die ja maßgeblich von Männern zu beschließen sind.

                Ich habe ein Bild gleichberechtigter Partner. Beide müssen für ihre Interessen kämpfen, auch in der Beziehung. Das Ergebnis des Verhandlungsprozesses ist wie es ist.

                Ich halte mein Bild auf die Geschlechter für moderner.

                • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 19:10

                  lol

                  • derwaechter 8. Dezember 2020, 15:09

                    Ich teile die Auffassung zu dem Thema, und besonders den Ton, i.d.R. nicht, aber die Opferrollen-Problematik (nicht nur bei Frauen, auch bei anderen benachteiligten Gruppen) ist schon ein Problem, dass ja z.B. auch von old-school Feministen kritisiert wird.

          • Erwin Gabriel 7. Dezember 2020, 16:54

            Ariane 7. Dezember 2020, 15:04

            … das ist schon ein Aushandlungs- und Lernprozess.

            Eben; und kein Angestelltenverhältnis 🙂

            Ich sehe so etwas häufig in meinem Umfeld (wen wundert’s; geht ja bei den meisten in die gleiche Richtung).

            Wenn Frau kocht,wird Mann nicht dazwischen gehen. Wenn Frau bügelt, wird Mann nicht dazwschen gehen. Wenn Frau Klamotten kauft, wird Mann nicht dazwischen gehen.
            Umgekehrt schon.

            • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 19:10

              Sie wird dir auch nicht bei deinem Homeoffice dazwischen gehen. Was meine Aufgabe da ist, ist es abzunehmen. „Schatz, zeig mir wie man das macht, dann kann ich es ab sofort auch.“

              • Ariane 7. Dezember 2020, 19:52

                Aber nur mal warten, bis Frau mit einem Schraubenzieher oder Hammer an einem vorbeiläuft – so schnell kann man gar nicht gucken, wie Männer da dazwischengehen 😀

                • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 21:50

                  Ich sicher nicht ^^ Aber ich weiß, was du meinst. 🙁

                • Erwin Gabriel 8. Dezember 2020, 15:01

                  @Ariane 7. Dezember 2020, 19:52

                  Aber nur mal warten, bis Frau mit einem Schraubenzieher oder Hammer an einem vorbeiläuft – so schnell kann man gar nicht gucken, wie Männer da dazwischengehen

                  Mache ich auch nur, wenn ich gefragt werde. Besser ist das …

              • Erwin Gabriel 8. Dezember 2020, 14:58

                @ Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 19:10

                Sie wird dir auch nicht bei deinem Homeoffice dazwischen gehen. Was meine Aufgabe da ist, ist es abzunehmen. „Schatz, zeig mir wie man das macht, dann kann ich es ab sofort auch.“

                Ich lebe seit fast 8 Jahren die Woche über alleine in einer kleinen Wohnung, wo ich alleine einkaufe, koche, abwasche, staubsauge, putze. Und ich hatte ein Leben vor der Ehe – in vier Jahren Bundeswehr lernst Du putzen, bügeln, Knöpfe annähen etc (solltest Du jedenfalls, wenn Du an den Wochenenden nach Hause willst 🙂 ).

          • Erwin Gabriel 7. Dezember 2020, 17:07

            @ Ariane 7. Dezember 2020, 15:55

            Man könnte natürlich auch überlegen, ob Frauen Beziehungen seltener beenden, wenn sie mit dieser zufrieden sind. Oder haben Männer damit auch nichts zu tun, sind Frauen einfach zu anspruchsvoll?

            Das denke ich, dass Frauen in vielerlei Hinsicht anspruchsvoller sind. Die Beziehungen, die gut laufen, gehen meist nach dem Motto „Happy wife, happy life“ – frei übersetzt: wenn Du Ruhe haben willst, stell Deine Frau zufrieden.

            Ich hatte das schon an anderer Stelle ausgeführt: Es würde mir nie in den Sinn kommen, meiner Frau Kleidung auszusuchen; ich würde es als anmaßend empfinden. Wenn es nach meiner Frau ginge, würde sie mich von oben bis unten einkleiden. Entsprechend werde ich gelegentlich mit einer neuen Hose, mit Pullovern oder mit Schuhen überrascht (die Schuhe passen nie, weil ich Einlagen trage).

            Wehre ich mich gegen „guten Rat“, gibt es Streit; sie weiß doch wie ich gut negben ihr aussehe. Will ich alleine losfahren, gibt es Streit; ich kaufe „immer“ das „Falsche“, man muss also auf mich aufpassen (würde ich ungefragt mit einer Kollegin losziehen, weil die eine Rabattkarte hat,würde sie die Scheidung einreichen 🙂 )

            Das grundsätzliche Diskussionsschema ist: Mach es doch, wie ich es will, es läuft aufs Gleiche hinaus. Es so zu machen, wie ich es möchte, geht wiederum nicht, selbst, wenn es auf das Gleiche herauslaufen würde. So sind sie halt, fast alle …

            • Ariane 7. Dezember 2020, 19:49

              Nein, ich denke, das gleicht sich aus. Fragt man deine Frau, würde man vermutlich Klagen darüber hören, dass du dir über Kleidung, den Haushalt, whatever einfach zuwenig oder keine Gedanken machst und ihr diese Denkarbeit überlässt.

              Und dann der Diskussion aus dem Weg gehst und es einfach so machst, wie sie will, anstatt den Dialog zu suchen. Das ist aber nicht zwingend anspruchsvoller, sondern zeugt nur von unterschiedlichen Ansprüchen an Partnerschaft.

              Es könnte auch ein gewisser Stoizismus bei Männern mit dazugehören, wir haben ja auch eine Diskrepanz, wenn es darum geht, mit welchem Alter man von zu Hause auszieht, das ist bei Männern um etliche Jahre später.

              Was ich aus eigener anekdotischer Erfahrung weiß und auch neulich irgendwo ein ganz spannendes Interview dazu gelesen hab, ist auch, dass Männer mit Trennungen auch häufig schlechter zurechtkommen. Hier war auch ganz spannend, dass es da einen Zeitverzug gibt. Während Frauen eher am Anfang der Trennungsphase leiden, suchen Männer eher nach ca einem Jahr dann Hilfe. (Gefühlsmanagement usw)

              • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 21:50

                Sehe ich genauso.

              • Erwin Gabriel 8. Dezember 2020, 15:35

                Ariane 7. Dezember 2020, 19:49

                Nein, ich denke, das gleicht sich aus. Fragt man deine Frau, würde man vermutlich Klagen darüber hören, dass du dir über Kleidung, den Haushalt, whatever einfach zuwenig oder keine Gedanken machst …

                Ich vermute eher, dass Frauen lieber mit Puppen spielen 🙂
                (sorry, der musste raus).

                Ich habe meine Frau mal für eine gute Stunde von ihrer überaus energischen Beratungspolitik abbringen können, als ich ihr androhte, sie in ein Trachtengeschäft zu schleppen und ihr ein Dirndl zu verpassen; dabei müsste sie still dem Dialog lauschen, den ich mit dem männlichen Verkäufer darüber führen würde, welches Modell ihre „Persönlichkeit“ am besten zum Ausdruck bringt.

                Als ihr klar wurde, dass sie genau das mit mir gemacht hat, konnte ich in Ruhe aussuchen.

                Und dann der Diskussion aus dem Weg gehst und es einfach so machst, wie sie will, anstatt den Dialog zu suchen. Das ist aber nicht zwingend anspruchsvoller, sondern zeugt nur von unterschiedlichen Ansprüchen an Partnerschaft.

                Wenn eine Partnerschaft ernst gemeint ist, legen beide die Rahmenbedingungen fest. Du folgst hier dem typisch weiblichen Anspruch, den Maßstab festlegen zu wollen, in dem sich beide bewegen sollen. Wenn meine Frau etwas als unordentlich empfindet, was mir normal scheint, muss ich mich nicht nach ihr richten. Wenn mir etwas als unordentlich vorkommt, was sie für normal hält, ist es schließlich genauso (wir sind an unterschiedlichen Stellen pingelig).

                Wo sie gleiche Pflichten fordert, fordere ich gleiche Rechte.

                Es könnte auch ein[e] gewisser Stoizismus Weisheit bei Männern mit dazugehören, …

                Meine Frau sagt über sich selbst, dass sie zwar keinen Streit anstrebt, ihm aber auch nicht aus dem Weg geht, wenn er droht. Die Anstrengungen, Diskussionen und gelegentlichen Auseinandersetzungen im Büro reichen mir aber schon. Ich bin daheim also stark harmoniebedürftig, und solange ihr Weg genauso zum Zielführt wie meiner, gehen wir halt ihren (und sollte mal mein Weg genauso zum Ziel führen wie ihrer, wird sie trotzdem auf ihrem Weg bestehen). Magst Du als partnerschaftliche Rücksichtnahme ansehen, hat aber wenig mit Gleichberechtigung zu tun. Ist mir halt lieber als der permanente Kampf. Da zahlt also jeder sienen Preis.

                Wir haben ja auch eine Diskrepanz, wenn es darum geht, mit welchem Alter man von zu Hause auszieht, das ist bei Männern um etliche Jahre später.
                Was ich aus eigener anekdotischer Erfahrung weiß und auch neulich irgendwo ein ganz spannendes Interview dazu gelesen hab, ist auch, dass Männer mit Trennungen auch häufig schlechter zurechtkommen. Hier war auch ganz spannend, dass es da einen Zeitverzug gibt. Während Frauen eher am Anfang der Trennungsphase leiden, suchen Männer eher nach ca einem Jahr dann Hilfe. (Gefühlsmanagement usw).

                Das habe ich auch so gelesen und gesehen. Ist (nicht, dass ich hier eine neue Diskussion auslösen möchte), vermutlich nicht nur über Sozialisierung begründbar.

  • Lemmy Caution 7. Dezember 2020, 13:03

    zu 1) Auf jeden Fall ist der staatliche Einsatz von terroristischen Mitteln extrem gefährlich. Auf der anderen Seite war es das Opfer auch.
    Die im Artikel angedeutete engere Zusammenarbeit zwischen den Emiraten und Israel kam insgesamt in der hiesigen Berichterstattung zu kurz. Mein Cousin hat lange Jahre für einen staatlichen Technologie-Konzern in den Emiraten gearbeitet und der war über diese Entwicklung geradezu euphorisiert. Weiß nicht inwieweit aus der Sicht der Emiratis da die Furcht vor dem Iran oder Hoffnung auf wirtschaftliche Zusammenarbeit eine Rolle spielte.
    Letzteres macht auf dem ersten Blick eine Menge Sinn: Länder, die immer weniger mit Erdöl verdienen werden und mit Israel einen hochinnovativen Partner in der unmittelbaren geographischen Nachbarschaft haben. Der gemeinsame Aufstieg läuft in Ostasien sehr gut. Das wären dann mal gute Nachrichten aus der Region.

    • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 14:12

      Ja. Ich habe kein Mitleid, wenn die Extremisten in Teheran dabei auf der Strecke bleiben.

  • Ariane 7. Dezember 2020, 15:49

    1) Dieser Kampf dauert ja schon sehr lange an, ich meine, es starben auch schon etliche (Atom-)wissenschaftler aus dem Iran unter verdächtigen Umständen. Ebenfalls gut möglich, dass die Feindschaft mit dem Iran hier auch hilfreich für die Zusammenarbeit mit sunnitischen, muslimischen Staaten war.

    Kein Mitleid mit mir mit iranischen Extremisten, ich bin allerdings doch besorgt, ob man so zu einer nachhaltigen Entwicklung kommen kann, insgesamt hat mir der Friedensdeal doch besser gefallen. Gerade weil die Gemengelage eben gerade den Hardlinern im Iran helfen könnte. Insgesamt wäre es aber nötig, dass im Iran selbst Änderungen einsetzen.

    2)
    Dass sie sich da irgendwo nicht durchsetzen können – geschenkt. Aber sie machen ja nichts draus, das merkt überhaupt keiner, weil das meist irgendwo in Nebensätzen erwähnt wird. Es liegen eigentlich soviele wichtige und gutverkäufliche Themen auf der Straße rum, aber da kommt nichts bei rum. Die haben weniger Kommunikationsgefühl als ein Stück Toastbrot.

    Ich würde 5) und 6) hier gerne zusammen, es sind auch schon faszinierende Verdrängungsprozesse, die da stattfinden. Durchaus menschlich natürlich, aber man kann auch gut sehen, wie das eben zu schädlichen Entwicklungen führt. Und wie wichtig Kommunikation da auch ist. Gerade um vom Abstrakten (was Zukunft ja immer irgendwie ist) ins Konkrete zu kommen und das funktioniert meiner Meinung nach am ehesten über Geschichten, deswegen sehe ich die Entwicklung wie in 5 beschrieben, auch so kritisch.

    Das funktioniert nämlich nicht auf rein rationaler Ebene, wir sind ja keine KIs, sondern eben auch über Emotionen und die bleiben bei diesem Abstrakten auf der Strecke und erreichen dadurch nie diese Dringlichkeit, die sich sonst ergibt. Hier gibt es meiner Meinung nach auch deutliche Parallelen zwischen der Pandemiesache und dem Klimawandel.

    9)
    Die Zahl von 66%, die die ungleiche Aufteilung als gerecht betrachten, ist absolut erschreckend, vor allem wenn man es mit der Zahl der Frauen kontrastiert, die dieser Einschätzung zustimmen würden

    Das ist echt krass, siehe auch die erschreckend hohe Zahl an Frauen, die angibt, an ihre Belastungsgrenze zu stoßen, reiner Irrsinn. Übrigens etwas, was man evtl mal genauso in die psychischen Belastungen der Coronakrise reinrechnen sollte wie Schließungen.

    • Stefan Sasse 7. Dezember 2020, 16:52

      1) Ich bin inzwischen drüber hinweg, auf Frieden im Nahen Osten zu hoffen. Und während Israel da auch genug Scheiße baut ist einfach offensichtlich, dass die politische Vertretung der Palästinenser in bad faith handelt. Da ist kein Friede möglich.

      2) Jepp.

      9) ja.

  • CitizenK 14. Dezember 2020, 14:39

    Wenn du mit „Krawall“ Proteste und Demonstrationen meinst: Ja, sicher, dann wäre etwas Besseres dabei herausgekommen.

    Aber ich meinte eigentlich gar nicht die Agenda-Politik. Sondern in der Tat das Verhalten, das Auftreten, die Lügen. Ein anständiger Politiker wäre nach der Niederlage Oppositionsführer geworden und nicht Manager in einem korrupten diktatorischen Regime.

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