NASA schreibt mit KI Stellenprofile für das BVerfG und prüft die Fakten von Körpern – Vermischtes 05.08.2025

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Wir haben keine Vorstellung davon, was auf uns zukommt

Die Kolumne von René Pfister warnt vor den gesellschaftlichen und zivilisatorischen Folgen der ungebremsten Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI). Pfister kritisiert, dass Medien und Öffentlichkeit die Risiken zu lange ignorierten, ähnlich wie beim Aufstieg sozialer Medien, die Polarisierung und gesellschaftliche Zerrissenheit verstärkt hätten. Er beschreibt, wie KI bereits im Bildungsbereich genutzt wird, um Schülern und Lehrern Arbeit abzunehmen, wodurch wichtige Kulturtechniken wie eigenständiges Schreiben verloren gehen könnten. Pfister verweist auf den Essay des Princeton-Professors D. Graham Burnett, der die tiefgreifende Veränderung in der Geisteswelt betont, und auf Warnungen von Whistleblowern wie Daniel Kokotajlo, die vor katastrophalen Szenarien einer unregulierten KI-Entwicklung warnen. Er äußert Zweifel an Optimisten, die vor allem Chancen wie bessere Bildung, medizinische Durchbrüche und effizientere Roboter betonen. Stattdessen plädiert er für eine ernsthafte gesellschaftliche und politische Auseinandersetzung mit KI, um Gefahren wie Arbeitsplatzverluste, den leichten Zugang zu Massenvernichtungswaffen und die Manipulation menschlicher Emotionen zu verhindern. Ohne Regulierung drohe die Menschheit „die Kontrolle über eine Technik zu verlieren, die uns bald besser kennt als wir uns selbst“. (René Pfister, Spiegel)

Ich glaube, das ist alles etwas übertrieben. Wir hatten dieselbe Panik schon öfter. Im Bildungsbereich speziell darf ich darauf verweisen, welcher Buhai um Wikipedia gemacht wurde. Zu meiner Zeit war das DAS Thema, ständig mit den Befürchtungen, dass die Leute da nur rauskopieren. Inzwischen haben wir uns darauf eingestellt, dass das existiert, und Wege zum Umgang gefunden. Die LLMs sind natürlich nochmal eine Stufe krasser in den Auswirkungen, aber so verheerend, wie Pfister das hier darstellt, wird das nicht werden. Wir müssen „nur“ einen Umgang damit finden. Auch werden mit Sicherheit Jobs durch die LLMs wegfallen. Aber es ist gut möglich, dass das ähnlich laufen wird wie bei der Einführung von Excel und Co: wir haben heute wesentlich mehr Buchhalter*innen als vorher, obwohl ein Großteil der klassischen Buchhaltungstätigkeiten dadurch überflüssig wurde. Die Technik hat neue und produktivere Jobs ermöglicht. Das wird, hoffentlich, bei LLMs auch so sein.

2) Die zwei Gesichter der Ann-Katrin Kaufhold

Der Artikel beschreibt die Positionen der SPD-Kandidatin Ann-Katrin Kaufhold für das Bundesverfassungsgericht. Kaufhold, Staatsrechtslehrerin an der LMU München, wird vorgeworfen, Klimapolitik zu stark mit richterlicher Arbeit zu verknüpfen. Kritiker sehen sie als „Klima-Aktivistin“, die Gerichte und Zentralbanken als Mittel nutzen wolle, um „unpopuläre Maßnahmen“ durchzusetzen, wenn Politik und Parlamente zu langsam handelten. Kaufhold äußerte, dass Institutionen wie Gerichte unabhängig seien und daher besser in der Lage, Klimaschutzmaßnahmen anzuordnen. Sie sieht Klimaklagen als „mächtigen Hebel“, um Unternehmen und Staaten zu disziplinieren. Gleichzeitig betont sie, dass das Bundesverfassungsgericht nicht dauerhaft gegen Mehrheitsmeinungen agieren könne und dass der Gesetzgeber handeln müsse, um drastische Freiheitsbeschränkungen zu vermeiden. Ihre Positionen, die mitunter der Post-Wachstums-Idee nahestehen, stoßen auf Widerstand. Gegner befürchten, dass sie wirtschaftliche Einbußen in Kauf nehmen würde, um Klimaziele zu erreichen. Der Artikel zeigt die Spannung zwischen juristischer Neutralität und politischem Engagement auf und verweist darauf, dass Kaufhold selbst auf diese Zielkonflikte hinweist. (Axel Bojanowski, Welt)

Das klassische Phänomen aller Aktivisten: Erfolg gebiert neue Ambitionen, und irgendwann überzieht man. Bojanowski hat hier an und für sich eine gute Recherche zu den Positionen einer Kandidatin, nur: seine Unterstellung, das disqualifiziere Kaufhold eventuell, basiert ausschließlich auf seinen politischen Präferenzen. Der Cicero ist gleich wesentlich offener und startet die nächste Delegitimierungswelle. Der Versuch, nach FBG gleich die nächste Kampagne gegen eine Mitte-Links-Kandidatin loszutreten, belegt unfreiwillig auch, worum es bei FBG eigentlich ging. Diese Politisierung des Bundesverfassungsgerichts ist ein schwerer Fehler. Es zeugt auch von einem geradezu grotesken Unverständnis über Verfassungsrechtsprechung und -interpretation, aber das ist ein ganz eigenes Thema. – Noch während ich diese Zeilen schreibe, radikalisiert die Welt den Diskurs weiter: jetzt streitet sie nicht mehr ab, dass es eine Kampagne um FBG gebe, sondern erklärt, dass es eine der Öffentlich-Rechtlichen Medien FÜR sie gebe. Wow.

3) NASA and the End of American Ambition

Der Artikel zeichnet den Niedergang von NASA und den parallelen Aufstieg von Elon Musk und SpaceX nach. Einst Symbol staatlicher Kompetenz und technischer Vision, ist NASA heute stark von privaten Unternehmen abhängig. Seit SpaceX 95 Prozent der US-Raketenstarts durchführt und über fast 8.000 Satelliten verfügt, ist Musk ein unverzichtbarer Partner der US-Regierung. Er kann staatliche Programme beeinflussen und internationale Politik mitbestimmen – wie etwa die Starlink-Nutzung im Ukrainekrieg zeigte. Die Erzählung kontrastiert die humanistische NASA-Ära mit Musks technokratischem, egozentrierten Ansatz. NASA stand einst für Forschung „für alle Menschen“, während Musk seine Mission, den Mars zu kolonisieren, als Schicksal begreift – ein Projekt, das Trillionen verschlingen könnte. Politische Konflikte, wie jüngst mit Donald Trump, zeigen die problematische Machtkonzentration. Während NASA wissenschaftliche Entdeckungen vorantreibt und globale Umweltprobleme dokumentiert, verdrängt SpaceX mit seiner Dominanz den ursprünglichen, kooperativen Geist der Raumfahrt. Die US-Regierung hat – aus Effizienzgründen – die Kontrolle über ihre Weltraumambitionen weitgehend an Musk abgegeben. (Franklin Foer, The Atlantic)

Dieser lange und grandiose Artikel lohnt die ausführliche Lektüre; diese Zusammenfassung kann ihm kaum genüge tun. Ich finde besonders interessant, wie beim Aufbau von NASA eine Monsterbehörde ins Leben gerufen wurde, in der Effizienz und Kompetenz massiv vorhanden waren – und wie beides dann in den 1970er Jahren verloren ging. Der Artikel stellt effektiv die These auf, dass dafür das Outsourcing verantwortlich war: je weniger NASA die Kompetenz besaß, die Dinge selbst zu tun, desto vorsichtiger wurde sie, gerade weil sie nicht mehr in der Lage war, überhaupt abzuschätzen, was die Folgen waren, und weil man zwar die volle Verantwortung besaß, aber keine Handlungsfähigkeit. Dazu kam die Feindschaft der Administration (und zunehmend auch der Medien), die Vorsicht ebenfalls extrem inzentivierte. Diese fehlenden Kompetenzen einerseits und die fehlende Handlungsfähigkeit andererseits, also dieses permanente Sich-Absichern, halte ich auch für einen zentralen Punkt, der sich auf die meisten Behörden erstreckt. Keine Handlungsfähigkeit, mangelnde Kompetenzen, aber gewaltiger Rechtfertigungsdruck. Das nur als einen Aspekt aus dem Artikel.

Der andere ist natürlich die Abhängigkeit von einem erratischen Privatmann, in die der Staat sich hier mit Kernkompetenzen begibt. Dass die Erreichung des Weltalls oder das Aufrechterhalten unserer Kommunikation von den erratischen Wünschen eines Exzentrikers (milde ausgedrückt) abhängen, ist ein riesiges Problem, gerade was die Sicherheitspolitik anbelangt. Diese Abhängigkeit wird über kurz oder lang noch zu einem riesigen Problem werden. Ich glaube zwar weiterhin, dass auch in demokratischen Staaten die Politik gegebenenfalls am längeren Hebel sitzt, aber die Disruption ist absehbar.

4) Was noch gutes Leben ist – und was schon ein Verbrechen

Der Gastbeitrag von Hedwig Richter thematisiert die weitreichenden Konsequenzen des jüngsten Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zum Klimawandel. Dieses Gutachten, auf Initiative Vanuatus von den Vereinten Nationen beauftragt, stellt klar, dass Staaten künftig gegen internationales Recht verstoßen könnten, wenn sie keine Maßnahmen zum Klimaschutz ergreifen. Richter betont, dass die fortgesetzte Nutzung fossiler Energien die Menschenwürde angreife, da sie die Grundlagen für Leben, Gesundheit und Demokratie zerstöre. Die Autorin verknüpft historische Entwicklungen mit der aktuellen Klimakrise und erinnert daran, dass Demokratie und Grundrechte immer auch an körperliche Unversehrtheit gebunden seien. Während Industrialisierung und Wohlstand die Demokratie gestärkt hätten, hätten sie gleichzeitig ökologische Zerstörungen vorangetrieben. Heute seien „Menschenrechte und Demokratie durch neue existenzielle körperliche Bedrohungen in Gefahr“. Richter fordert eine neue Definition von Wohlstand und ein Ende der „destruktiven Normalität“. Das Gutachten zeige, dass fehlender Klimaschutz nicht nur moralisch, sondern juristisch als „Verbrechen“ einzustufen sei. Nur durch ein post-fossiles Leben könne Demokratie langfristig gesichert werden. (Hedwig Richter)

Ich halte Richters Herausarbeitung der Bedeutung von Körpern und der Verfügbarkeit über Körper, die sie schon in ihren beiden Geschichten der Demokratie (hier, hier und hier rezensiert) thematisiert hat, für absolut brillant. Ich würde vermuten, dass es in ihrem aktuellen Forschungsprojekt (auf dessen Buchform ich sehnlichst warte) auch wieder eine Rolle spielen wird. Gleichzeitig muss ich sagen, dass ich mit Richters Degrowth.Radikalismus nichts anfangen kann. Es mag sogar sein, dass eine Bekämpfung der Klimakrise die Art von Verzicht erfordern würde, die sie einfordert, aber ich halte sie unter den aktuellen Umständen für politisch überhaupt nicht umsetzbar und zudem eher für kontraproduktiv, einmal abgesehen davon, dass niemand begeistert „hier“ schreien wird. Ich will diese Einschränkungen des „post-fossilen Lebens“ ja auch nicht, und ich stehe ihr glaube ich offener gegenüber als der Großteil der Bevölkerung.

5) Wir brauchen Strategien gegen die Bullshitflut

Die Kolumne von Christian Stöcker beleuchtet die zunehmende strategische Verbreitung von Falschinformationen in der Politik und deren schädliche Wirkung auf die Demokratie. Er verweist auf das psychologische Phänomen der „Wahrheitsillusion“: Je häufiger eine Behauptung wiederholt wird, desto glaubwürdiger erscheint sie. Dieses Prinzip werde von populistischen und rechtsextremen Akteuren wie der AfD gezielt genutzt, etwa durch falsche Aussagen über Migration oder Energiepreise. Stöcker kritisiert, dass Faktenchecks meist zu spät und mit geringerer Reichweite erfolgen. Selbst nachträgliche Korrekturen („Debunking“) hätten oft wenig Effekt, da viele Menschen lieber an Falschinformationen festhielten, die in ihr Weltbild passen. Hoffnung gebe das Konzept des „Prebunking“: Aufklärung vorab könne die Anfälligkeit für Desinformation senken. Er fordert daher insbesondere in Live-Formaten wie Talkshows obligatorische Live-Faktenchecks mit Teams und technischer Unterstützung. „Wenn die Lüge nicht sofort entlarvt wird, hat der Lügner schon gewonnen“, so Stöcker. Öffentlich-rechtliche Sender hätten dabei eine besondere Verantwortung. Live-Korrekturen könnten die Reichweite von Lügen deutlich verringern und den demokratischen Diskurs stärken. (Christian Stöcker, Spiegel)

Ich bin extrem skeptisch gegenüber der Idee dieser Faktenchecks. Dahinter liegt die Prämisse, dass sich das so einfach abprüfen und abbilden lassen würde, und die bisherige Erfahrung mit Faktenchecks zeigt eher das Gegenteil. Die Dinger haben in den USA mittlerweile eine lange Tradition, und es ist jetzt nicht eben so, als hätten sie dabei geholfen, gegen die Bullshitflut anzugehen. Im Gegenteil, der Bothsiderismus hat eher dazu geführt, dass der Eindruck von „die lügen doch alle“ sich verfestigt hat, weil die faktencheckenden Medien sich bemüßigt fühlen, bei allen Seiten etwas zu finden, um ihre scheinbare Objektivität unter Beweis zu stellen (nicht, dass das helfen würde). Stöcker imaginiert die Faktenchecks glaube ich als Waffe gegen die AfD, aber das würde nur funktionieren, wenn die Medien sie als solche einsetzen würden, und dann haben wir jeden Objektivitätsanspruch aufgegeben. Wesentlich erfolgversprechender ist schon das „Prebunking“, aber letztlich ist unser Problem mittlerweile ein ganz anderes: ein immer größerer Teil der Bevölkerung spaltet sich in eine parallele Medienwelt ab, und in der gelten ganz andere Regeln. Wir haben das ja in Fundstück 2 etwa. Welches Faktenchecking würde man denn bitte im Fall FBG machen? Wenn schon eine Zeitung wie die Welt eine komplett andere „Fakten“basis hat (erneut, ich halte Fakten für wesentlich überbewertet und weniger auffindbar als gerne getan wird), wie soll das erst mit AfD, NIUS und Co laufen?

Resterampe

a) Die Meinungsfreiheit ist immer gar nicht so sehr in Gefahr, und Störungen müssen immer gar nicht so ausgehalten werden, wenn es ins Weltbild passt. (Welt)

b) Wir müssen aufhören, das Rechtsextreme zu tätscheln. (Stern)

c) Nein, die Pressefreiheit in den USA ist nicht in Gefahr (Welt).

d) Zum vorletzten Vermischten, als ich zur Symbolpolitik bei Abschiebungen schrieb. (Spiegel)

e) Für Stefans Sozialstaatsdebatte ganz gute Ergänzung. (Wirtschaftswoche)

f) Sehr guter Artikel zu Bezos und der Washington Post. (TPM)

g) Republicans Want to Redraw America’s Political Map (The Atlantic). Wie immer.

h) Americans Are Starting to Sour on Tax Cuts (The Atlantic).

i) Interview mit Jürgen Zimmerer zur Erinnerungskultur. (DLF) Ich teile seine Kritik an Weimer, aber nicht seine Haltung zur Rolle des Kulturstaatsministers. Auch halte ich die „bottom-up“-Theorie für romantisiert.

j) Bilanz von DOGE. (Twitter)

k) Häusliche Gewalt ist auf einem Höchststand. (ZEIT)


Fertiggestellt am 02.08.2025

{ 177 comments… add one }
  • Thorsten Haupts 5. August 2025, 08:22

    Zu 3)

    Nach meiner Erinnerung aus einem Artikel vor 2 Jahren schiesst Musks Firma Satelliten für 1/10tel des Preises hoch, den das bei der NASA kostet. Ein Zehntel, 10%! Genau deshalb ist er überhaupt so gross geworden. Ich kenne tatsächlich niemanden, der ernsthaft für die Wiedergewinnung staatlicher Handlungsdähigkeit eintritt, wenn der Preis dafür eine Verzehnfachung der Preise ist.

    Besonders schräg ist darüberhinaus das Kompetenzargument. Musk und seine Firma fingen bei 0, zero, keiner Kompetenz an. Und schafften es trotzdem, Satellitenstarts zu einem Alltagsbusiness zu machen. Man sollte wohl eher untersuchen, was bei der NASA bis dahin schieflief, wenn man ähnliche Entwicklungen anderswo verhindern will.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 5. August 2025, 08:42

      Kein Widerspruch. Die Frage ist ja: warum war NASA so viel teurer? Die stellst du ja auch. Aber da sollte die Antwort halt mehr als dumpfes Behördenressentiment sein.

      • schejtan 5. August 2025, 10:12

        Ich glaub, in dem Fall liegt es einfach daran, dass NASA einfach keine Motivation fuer Einsparungen hatte und das „Unternehmen machens guenstiger, weil sie staerker auf Kosten achten muessen“ Mantra hier tatsaechlich greift.

        • Stefan Sasse 5. August 2025, 13:41

          Aber sie haben es ja in den 1960er Jahren geschafft, das ist ja das Thema.

          • Kirkd 5. August 2025, 15:20

            NASA war alles andere als billig in den 60ern. Der Wettbewerb der Systeme kostete zeitweise mehr als 4% des gesamten Bundeshaushalts allein fuer NASA.

            • Stefan Sasse 5. August 2025, 16:21

              Klar, aber da kam ja auch was raus! Ich sage ja nicht, dass sie billig waren, sondern effizient. Das sind zwei Kategorien.

              • schejtan 5. August 2025, 18:29

                Beide sind letztendlich aber auch relative kategorien und da es damals keine private raumfahrtindustrie gab, kannst du die ja auch nich gegenueberstellen.

                • Stefan Sasse 6. August 2025, 09:14

                  Ja. Souveränität ist halt auch nicht irrelevant, wie ich beschrieben habe.

                • Erwin Gabriel 6. August 2025, 09:39

                  @ schejtan 5. August 2025, 18:29

                  Beide sind letztendlich aber auch relative kategorien und da es damals keine private raumfahrtindustrie gab, kannst du die ja auch nich gegenueberstellen.

                  Sicherlich richtig, dass man so etwas wie Kosten und Effizienz in diesem Fall mangels „Herausforderer“ gegenüberstellen konnte.

                  Ich finde aber, dass losgelöst von der Kostenfrage Stefan einen Punkt hat: Es kam wirklich etwas dabei heraus. Kennedys Ankündigung kam am 12. September 1962; bereits am 21. Juli 1969, keine sieben Jahre später, standen Armstrong und Aldrin auf dem Mond.

                  Dieses Unternehmens erforderte darüber hinaus äußerste Präzision; ein Staubkörnchen an der falschen Stelle, eine lockere Nietung hätte das Projekt zerstören können.

                  Alles, was man brauchte,wurde weitgehend neu erfunden und entwickelt. So konnte der Computer der Apollo 11 nur bis zu max. 40.000 Operationen pro Sekunde ausführen (jeder halbwegs aktuelle Smartwatch schafft über eine Billion), und die Software wurde nicht auf herkömmlichen Speichermedien, sondern auf Seilen gespeichert, die mit winzigen magnetischen Eisenringen versehen waren. Die Rakete mit ihrem riesiegen Treibstoffbedarf, die Kapsel samt Landefähre und Rückflugmöglichkeit, die „IT“, die Software – so Vieles, dass neu entwickelt und erfunden werden musste; all das in nur sieben Jahren.

                  Ich kenne keine staatliche Behörde in keinem Land der Welt, die heute solche Ergebnisse in solcher Zeit produtieren könnte.

                  Space X hat.

                  • schejtan 6. August 2025, 12:22

                    Um vielleicht erst mal ein paar Punkte aufzufuehren, warum die Mondlandung geklappt hat:

                    1) Es war halt kalter Krieg, die Sowjets haben als erste nen Satelliten und nen Menschen ins All geschossen. Das wollt sich die USA halt nicht gefallen lassen, weshalb es dann halt auch den politischen Willen hab, grosse Mengen an Ressourcen darauf zu verwenden.

                    2) Es war ja letztendlich kein rein staatliches Unterfangen; NASA hat ja eher als ne Art Projektleitung fungiert and die Entwicklung und Konstruktion vieler Einzelteile privaten Unternehmen ueberlassen. Und da haben sie sich aus den Details auch rausgehalten und einfach nur zum Beispiel gesagt „Wir brauchen ne Kapsel, die den Anforderungen genuegt, wie das im Detail aussieht, ueberlassen wir euch“

                    Und jez warum es heute nicht mehr funktioniert:

                    1) Der politische Wille ist einfach nicht da.

                    2) Ich wuerde auch sagen, dass es einen groesseren Hang zu Micromanagement gibt, sodass Leute ohne Expertise in Details reinreden, von denen sie keine Ahnung haben.

                    3) Als eher linksgerichteter Mensch muss ich natuerlich auch darauf hinweisen, dass durch Privatisierungen und Outsourcen an Beratungsunternehmen, staatliche Institutionen auch einfach weniger Ressourcen und Expertise fuer solche Projekte haben.

                    Und zum Theme Space X kann das: Du musst ja schon bedenken, dass ihre Raketen auch nichts grossartig anders koennen als die alten NASA Raketen oder Space Shuttles; letztendlich transportieren die auch nur Satelliten, Menschen etc. ins Weltall. Der wesentliche Unterschied ist, dass sich mehr Teile von Space X Raketen wiederverwerten lassen und nicht fuer jeden Start ne komplett neue Rakete gebaut werden muss, was das ganze guenstiger macht und mehr Starts im gleichen Zeitraum ermoeglicht.

                    • Erwin Gabriel 6. August 2025, 22:32

                      @ schejtan

                      1) Kalter Krieg
                      Ist eigentlich egal; der Staat hat, mit welchem Druck auch immer, Erfolge hingelegt, duejetzt so nicht mehr möglich scheinen.

                      2) kein staatliches Unterfangen
                      Die NASA hatte damals den Daumen auf dem, was die Industrie zuarbeitete. Das wurde Stück für Stück aufgegeben, die Abhängigkeiten sind größer geworden

    • Erwin Gabriel 5. August 2025, 10:43

      @ Thorsten Haupts 5. August 2025, 08:22

      zu 3) NASA and the End of American Ambition

      Ich kenne tatsächlich niemanden, der ernsthaft für die Wiedergewinnung staatlicher Handlungsfähigkeit eintritt, wenn der Preis dafür eine Verzehnfachung der Preise ist.

      Wahr! 🙂

  • Thorsten Haupts 5. August 2025, 08:25

    Zu 5)

    Ich habe – leider – zu viele tendentiöse bis schlicht faktisch falsche „Faktenchecks“ gesehen, um irgendeinen „Faktenchecker“ noch ernst zu nehmen. Den Leuten – die meist auch noch klar erkennbar links ticken – ist schlicht nicht zu trauen, das ist alles, was ich zu dem Thema wissen muss.

    • Stefan Sasse 5. August 2025, 08:44

      Jo, das sehe ich auch so. Und das ganz ohne, dass es dafür einen linken Einschlag braucht, die meisten sind eher zu mittig – und dann kommt Bothsiderismus raus, mit dem du halt keine Faktenchecks betreiben kannst. Und wenn du das nicht machst, wird es IMMER für eine Seite negativ laufen.

  • Erwin Gabriel 5. August 2025, 10:32

    1) Wir haben keine Vorstellung davon, was auf uns zukommt

    Ich glaube, das ist alles etwas übertrieben.

    Ich glaube nicht. Wie so häufig scheint es mir, dass Du von einer „guten Welt“ (Klassenraum etc.) ausgehst; belanglose Scheuklappensicht. Das Gegenteil ist der Fall – wo der Westen (Europa, Nordamerika, Australien) ihre Kräfte darauf konzentrieren, KI zu Geschäftsmodellen zu entwickeln, denkt man in anderen, durchaus befähigten Gegenden der Welt viel stärker darüber nach, wie man KI zu einer Waffe machen kann. KI wird den normalen Menschen zukünftig eine Realität vorspiegeln, in der es keine Verlässlichkeit mehr gibt.

    • Lemmy Caution 5. August 2025, 21:13

      Vielleicht ueberschaetzt Du die Macht der KI. Ich habe schreckliche Bilder ueber Horden von verarmten und schlecht ausgebildeten Menschenmassen im Sahel gesehen, die die letzten Reste der Praesens Frankreichs in der Region rauskicken. Das geht auch ohne KI. Oder die maga-crowd in den USA, die Landeier im Osten Frankreichs.
      Wenn ich an meinen Faehigkeit im spontanen Sprechen der Franzoesischen Sprache arbeite, mache ich das mit Lehrern oder Leuten, die in dafuer voice chats auf discord servern abhaengen und nicht mit einem KI-Avater.

      • Erwin Gabriel 6. August 2025, 10:07

        @ Lemmy Caution 5. August 2025, 21:13

        Vielleicht ueberschaetzt Du die Macht der KI.

        Ich bin sicherlich nicht der Meinung, dass die KI in den nächsten zwei Jahren die Weltherrschaft an sich reissen wird. Aber wir müssen festhalten, dass wir die langfristigen negativen Auswirkungen (ich weiß, dass es auch positive Auswirkungen gibt) des Internets oder von Social Media auf unsere Gesellschaft immer noch nicht erfassen können. Wir sehen aber, dass und wie z.B. Fake News die Wahrnehmung der Menschen verändern, dass Extremisten und Populisten diese Tools nutzen, um zu Zielen zu gelangen, die sie sonst nicht erreichen würden.

        Mir ist auch klar, dass (nicht nur) unser Land und unsere Unternehmen um Beispiel ständig Cyber-Attacken ausgesetzt ist, denen wir uns nur mit Mühe halbwegs erwehren können (noch – wenn ich aus meiner kargen militärischen Ausbildung einen Satz mitgenommen habe, ist es der, dass über kurz oder lang eine panzerbrechende Waffe den Panzer knackt – ist nur eine Frage der Zeit).

        Mit KI erhalten alle diese Tools einen enormen Booster, dessen Stärke wir noch nicht abschätzen können, weil sie sich jedes Jahr potenziert. Man wird mit Bildern, mit Videos alles beweisen können: etwa einem aufrechten Politiker Sex mit Kindern; Sahel-Elend mit verbundenen Spendenaufrufen in einer Gegend, der es gut geht; friedliche, gut versorgte Menschen im Gaza-Streifen, ein Partner, der fremdgeht – meine Fantasie reicht vermutlich bei weitem nicht für alles aus.

        Aber wer wird bei solch einer Flut von Lügen Wahrheit erkennen können? Wer wird Erpressung oder Manipulation widerstehen und trotzdem an der Welt teilnehmen können? Wer wird noch vertrauen können?

        Ich denke, dass da gerade die Axt an unsere Gesellschaft gelegt wird. Und wie beim ersten Messer, dass dazu diente, ein Tier zu zerlegen, wird auch dieses Tool unvermeidbar zur Waffe werden.

        • Lemmy Caution 7. August 2025, 11:36

          Für mich funktioniert Propaganda andersrum. Wer an Propaganda glauben WILL, glaubt ihr. Ob die Belege gut gemacht sind, ist letztlich nicht so entscheidend.
          Marina Weissband hat das zu Beginn des Angriffs Russlands sehr klar dargelegt. Das war das, was mich getriggert hat.
          Wir sind nicht in der Lage, die absolute Wahrheit zu sehen. Realität setzt sich aus verschiedenen Perspektiven zusammen. Die Propgandisten, wenn Menschen sich freiwillig einer gelenkten Weltsicht ergeben.

          • Erwin Gabriel 7. August 2025, 21:10

            @ Lemmy Caution 7. August 2025, 11:36

            Wer an Propaganda glauben WILL, glaubt ihr. Ob die Belege gut gemacht sind, ist letztlich nicht so entscheidend.

            Ich will Propaganda nicht glauben. Doch wenn ich das Gefühl habe, dass beide Seiten Propaganda verbreiten, falle ich bei der Beurteilungen von Situationen auf mein Weltbild zurück. Dann liefere ich mir meine Propanganda selbst, wenn Du so willst.

            Ist mir eigentlich nicht so recht, aber darauf läuft es (Beispiel Israel) immer öfter hinaus. Das gibt mir ein Gefühl von Ohnmacht.

            • Lemmy Caution 8. August 2025, 09:02

              Wie viel Menschen hatten KEINE Ohnmacht bezueglich der Ereignisse in einer anderen Kultur 2.000 bis 5.000 Kilometer entfernt? Der Glaube, der Westen haette da einen entscheidenden Einfluss ist eigentlich vielleicht nicht so realistisch. Ich hing dem im Grunde auch an.
              Es muss ja auch nicht eine Seite voellig Recht haben. Viele Konflikte sind halt nicht sofort zu loesen.

    • cimourdain 6. August 2025, 09:35

      Meinen Sie mit „wie man KI zu einer Waffe machen kann“ Palantir oder autonome Kampfdrohnen?

      • Erwin Gabriel 6. August 2025, 10:12

        @cimourdain 6. August 2025, 09:35

        Meinen Sie mit „wie man KI zu einer Waffe machen kann“ Palantir oder autonome Kampfdrohnen?

        Nicht nur die Überwachung und absolute Kontrolle von Menschen, sondern auch ihre Manipulation durch Fake News in bislang ungekannter Qualität. Schon jetzt ist ein Problem, dass mit Hilfe von KI Promis oder Mitschüler(innen) als Nacktaufnahmen im Internet oder über Social Media verteilt werden. Und wir haben noch nicht einmal richtig angefangen, sondern stehen trotz aller bisherigen Fortschritten erst am Anfang.

        • CitizenK 6. August 2025, 18:06

          Ja, sehr richtig beschrieben. Schon heute muss man sich bei jeder Rede, jedem Foto, jedem Video in den Medien fragen: Echt oder manipuliert/gefälscht. Eine sichere Methode zur Detektion ist nicht in Sicht.

          Das ist nicht nur eine weitere Industrielle Revolution. Da ist Gefahr, und das Rettende sehe ich nicht.

  • Erwin Gabriel 5. August 2025, 10:33

    2) Die zwei Gesichter der Ann-Katrin Kaufhold

    … seine Unterstellung, das disqualifiziere Kaufhold eventuell, basiert ausschließlich auf seinen politischen Präferenzen.

    Gilt das für Deine Einschätzung nicht genauso?

    Ich bin da in der Tat sehr skeptisch; ich möchte keine politischen Eiferer (egal welcher Couleur) im Bundesverfassungsgericht sitzen haben.

    • Stefan Sasse 5. August 2025, 13:42

      Ja aber klar, das ist doch mein Punkt. Wir machen das alle. Und ich sehe da auch keine politischen Eiferer. Das ist soweit bloße Behauptung.

      • Erwin Gabriel 6. August 2025, 00:15

        @ Stefan Sasse

        Ja aber klar, das ist doch mein Punkt. Wir machen das alle.

        Aber Du schreibst nur darüber, dass die anderen das machen.

        Und ich sehe da auch keine politischen Eiferer.

        Du nicht.

        Das ist soweit bloße Behauptung.

        Was meinst Du mit „Das“? Sind die politischen Vorstellungen der Juristin falsch wiedergegeben?

        • Stefan Sasse 6. August 2025, 09:18

          Ich schreibe ständig, dass das normal ist und dass alle das machen. Wirklich ständig.

          Dass sie eine Eiferin wäre und sich davon leiten lassen würde.

          • Erwin Gabriel 6. August 2025, 09:47

            @ Stefan Sasse 6. August 2025, 09:18

            Ich schreibe ständig, dass das normal ist und dass alle das machen. Wirklich ständig.

            Das antwortest Du nur, wenn der Vorwurf an links bzw. an rechts geht. 😉

            Dass sie eine Eiferin wäre und sich davon leiten lassen würde.

            Das sind zwei unterschiedliche Punkte. Nach dem, was sie so gesagt hat, würde ich „Eiferin“ (zugegeben: eine sehr wenig passende Beschreibung für „explizite politische Meinungen, die über den Standard hianusgehen“) stehen lassen.

            Zum zweiten Punkt? Das sieht man erst, wenn sie im Amt ist. Selbst wenn ich der Meinung bin, dass durch Berufungen von Frauke Brosius-Gersdorf oder Ann-Katrin Kaufhold die Welt (oder nur Deutschland) nicht untergehen wird, bin ich mit meinem konservativen Naturell eher der Meinung, dass man sich bestimmten Herausforderungen nicht stellen muss, nur weil sie da sind.

            • Stefan Sasse 6. August 2025, 22:06

              Nein, das ist einfach nicht wahr.

              • Erwin Gabriel 7. August 2025, 21:11

                @ Stefan Sasse 6. August 2025, 22:06

                Nein, das ist einfach nicht wahr.

                Was jetzt?

                • Stefan Sasse 10. August 2025, 14:02

                  Dass ich das nur dann antworten würde, sorry.

                  • Erwin Gabriel 11. August 2025, 23:45

                    @ Stefan Sasse 10. August 2025, 14:02

                    Dass ich das nur dann antworten würde, sorry.

                    Bleiben wirhöflich:Es fällt Dir (wie jedem anderen) eher auf, wenn es die Gegenseite macht.

                    • Stefan Sasse 12. August 2025, 09:09

                      Das unterschreibe ich dir sofort. Aber ich sage wirklich pausenlos und ständig, dass es ALLEN passiert und dass es MIR auch passiert. Meine Beispiele sind nur öfter von der Gegenseite, keine Frage.

  • Erwin Gabriel 5. August 2025, 10:34

    3) NASA and the End of American Ambition

    Dieser lange und grandiose Artikel lohnt die ausführliche Lektüre …

    Unbedingt! Vielen Dank für den Link!

    … je weniger NASA die Kompetenz besaß, die Dinge selbst zu tun, desto vorsichtiger wurde sie, gerade weil sie nicht mehr in der Lage war, überhaupt abzuschätzen, was die Folgen waren, und weil man zwar die volle Verantwortung besaß, aber keine Handlungsfähigkeit.

    Ich möchte das um eine Wahrnehmung bereichern: Dieser Weg ist in der Regel nicht reversibel.

    Dass die Erreichung des Weltalls oder das Aufrechterhalten unserer Kommunikation von den erratischen Wünschen eines Exzentrikers (milde ausgedrückt) abhängen, ist ein riesiges Problem, gerade was die Sicherheitspolitik anbelangt. Diese Abhängigkeit wird über kurz oder lang noch zu einem riesigen Problem werden.

    Die Alternative wäre nicht, dass der Staat das wieder in die Hand nimmt; das kann er nicht. Die Alternative wäre, weder das Weltall erreichen zu können noch diese Art von Kommunikation zu haben.

    Den Rest hat Thorsten (wie immer knapper als ich) auf den Punkt gebracht.

  • Erwin Gabriel 5. August 2025, 10:35

    5) Wir brauchen Strategien gegen die Bullshitflut

    Hier möchte ich kurz auf Deine rosa getönte Sicht in Sachen KI bzw. meinen Kommentar weiter oben in 1) verweisen.

    • Stefan Sasse 5. August 2025, 13:43

      In welchem Kontext?

      • Erwin Gabriel 6. August 2025, 10:13

        @ Stefan Sasse 5. August 2025, 13:43

        In welchem Kontext?

        KI wird ein hervorragendes Tool sein, um „Bullshit“ zu erzeugen und zu verteilen.

  • Erwin Gabriel 5. August 2025, 10:39

    b) Wir müssen aufhören, das Rechtsextreme zu tätscheln. (Stern)

    Eine gut funktionierende Demokratie müsste in dieser Situation dem Extremismus den Kampf ansagen. Unsere derzeit mittelgut funktionierende Demokratie tut hingegen oft so, als löste sich das Rechtsextreme in Luft auf, wenn man die AfD tätschelt, als wäre sie eine normale Partei, ach was, ein Chihuahua der Politik. (Jagoda Marinić, Stern)

    Ich kriege echt einen dicken Hals, wenn ich so etwas lese. Irgendwelche Schicki-micki links-grüne Gesinnungs-Journalist:innenX* (* das X, damit sich niemand ausgegrenzt fühlt) ballern ohne Sicht und Verstand einen selbstgerechten Mist heraus, dass es kracht.

    Die AFD war eine konservative, von mir aus auch rechte Partei, die sich in erster Linie mit Wirtschaftsthemen beschäftigte; zur Bundestagswahl 2013 lag sie unter der Fünf-Prozent-Hürde. Die Zuwanderungspolitik Merkels, das Ausbleiben einer ordentlichen Debatte zum Thema Flüchtlinge, die heftigen ausgrenzenden Reaktionen auf Kritik daran haben die AfD immer größer und immer radikaler gemacht.

    Diese Art von (sorry für die harte Wortwahl) sich selbst am Gutmenschentum besaufende Journaille hat sehr stark mitgeholfen, die AfD groß zu machen. Auf (nicht nur) meine Argumentation, dass man sich mit den Themen auseinandersetzen müsse, die die AfD groß gemacht haben (und darüber sollte sich jeder klar sein: die AfD spricht – auf welche Scheiß-Art auch immer – Probleme an, die es wirklich gibt), wurde auch mir hier im Forum unterstellt, Nazi zu sein.

    Jetzt ist der Jammer so groß wie die Selbstgerechtigkeit. Aber diejenigen, die sich heute so stark über die AfD echauffieren, haben am stärksten geholfen, sie zu dem werden zu lassen, was sie heute ist.

    • Floyd 7. August 2025, 22:27

      „Jetzt ist der Jammer so groß wie die Selbstgerechtigkeit. Aber diejenigen, die sich heute so stark über die AfD echauffieren, haben am stärksten geholfen, sie zu dem werden zu lassen, was sie heute ist.“

      Ich lese Ihre Beiträge hier oft mit Gewinn und halte Sie nicht für einen AfD-Sympathisanten oder gar – da Sie es selbst ansprachen – für einen Nazi. Ich schicke das vorweg, weil mich ihr Beitrag geärgert hat, ich aber nicht möchte, das meine Widerrede als persönlicher Angriff wahrgenommen wird.

      Die AfD ist zu dem geworden, was sie heute ist, weil es ihr von Anfang an nicht gelungen ist, den Aufstieg der rechtsextremen Kräfte innerhalb der Partei zu verhindern. Björn Höcke war von Beginn an Parteimitglied, und er war schon damals ein seit langem gefestigter Rechtsextremist. Keiner der „konservativen, meinetwegen auch rechten“ Parteiführungen ist es gelungen, den Mann aus der Partei auszuschließen; stattdessen gingen nacheinander Lucke, Petry und Meuthen, während Höcke stets blieb und seinen Einfluss in der Partei ausbaute. Auch Alice Weidel, die zunächst für ein Ausschlussverfahren gegen ihn gestimmt hatte, sah im Laufe der Zeit davon ab und näherte sich ihm an; sei es durch die Übernahme des Begriffes „Remigration“ oder die Aussage, sie halte Höcke für geeignet für ein Ministeramt.

      Die immer weiter fortschreitende Radikalisierung der AfD geht nicht auf das Konto einer „sich selbst am Gutmenschentum besaufende Journaille“, sondern ist ein eklatantes Versagen der sogenannten „konservativen“ oder „bürgerlichen“ Kräfte in der Partei. Welcher echte Konservative bleibt so lange in einer Partei mit einem offen rechtsextremen Politiker bleiben, der seinen Einfluss immer weiter ausbaut, ohne etwas dagegen zu unternehmen oder irgendwann die Konsequenzen zu ziehen und auszutreten? Wer heute immer noch dabei ist, ist in meinen Augen nicht konservativ, sondern Feigenblatt und möglicher Steigbügelhalter – wer die Verantwortung für diese Blindheit und Rückgratlosigkeit an „Schicki-micki links-grüne Gesinnungs-Journalist:innenX*“ delegiert, macht es sich aus meiner Sicht entschieden zu einfach und vermeidet es, sich auch selbst ein paar unangenehme Wahrheiten einzugestehen.

      Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die merkelsche Asylpolitik seit 2015, der allgemeine „Linksruck“ der CDU, die in vielen Bereichen desaströse Performance der Ampel sind Hauptfaktoren für den Stimmenzuwachs der AfD – aber die AfD wäre nicht da, wo sie heute ist ohne die echten und angeblichen Konservativen, die sich nicht zu schade dafür waren, zum Deckmantel einer rechtsextremen Partei zu werden.

      • Erwin Gabriel 12. August 2025, 00:02

        @ Floyd 7. August 2025, 22:27

        Ich schicke das vorweg, weil mich ihr Beitrag geärgert hat, …

        Das war nichtmeine Absicht – sorry

        … ich aber nicht möchte, das meine Widerrede als persönlicher Angriff wahrgenommen wird.

        Keine Bange 🙂

        Die AfD ist zu dem geworden, was sie heute ist, weil es ihr von Anfang an nicht gelungen ist, den Aufstieg der rechtsextremen Kräfte innerhalb der Partei zu verhindern.

        Dem will ich nicht widersprechen, zumal ich keinen Widerspruch zu meiner Aussage lese. Aber ich nehme das als Henne-Ei-Problem wahr.

        Wahr ist sicherlich, dass die AfD spätestens seit dem „Widerstand“ gegen den verstärkten Flüchtlingszustrom (also ab 2015) regelmäßig als Nazi-Partei bzw. als rechtsextrem diffamiert wurde (soll heißen: 2015 war das Gros der Partei nicht derart unterwegs, und auch Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel passen nicht in diese Kategorie). Das hat unzweifelhaft zu einem Zustrom von Mitgliedern geführt, die politisch rechtsextrem waren, und das Kräfteverhältnis immer stärker ins Extreme gezogen und den Höcke-Flügel gestärkt haben. VieleKonservative sind dem Druck gewichen.

        Es ist natürlich nur meine subjektive Wahrnehmung, und ob eine Auseinandersetzung der etablierten Parteien mit den von der AfD angesprochenen Problemen (ohne gleichzeitige Diffamierung der AfD auf Dauer zu einer anderen Situation geführt hätte, ist ein Stück weit spekulativ).

        Aber ich sehe zwischen unseren unterschiedlichen Beschreibungen keinen Widerspruch, eher eine Wechselwirkung.

  • Erwin Gabriel 5. August 2025, 10:40

    e) Für Stefans Sozialstaatsdebatte ganz gute Ergänzung. (Wirtschaftswoche)

    Dabei kann man schon mal leicht vergessen, dass der soziale Steuer- und Abgabenstaat noch immer auf die Solidarität derer angewiesen ist, die ihn bezahlen: Sie haben einen Anspruch darauf, dass der Staat mit ihrem Geld treuhänderisch umgeht, dass er es in echtes Sozialkapital verwandelt, dass es sichtbare Dividenden abwirft. Sie dürfen darauf drängen, dass ihr Geld sparsam, effizient und sachgerecht eingesetzt wird. Sie dürfen kritisieren, dass „der Staat“ sich heute als amtliche Distributionsstelle begreift, die sich ihrer, der Steuerzahler, geliehenen Großzügigkeit schmückt – und dass diesem Staat daher die „Tendenz zur Ausbeutungsumkehrung“ … innewohnt: weil die Reichen in ihm nicht mehr wie im 19. Jahrhundert „unmittelbar auf Kosten der Armen“ leben, sondern „die Unproduktiven mittelbar auf Kosten der Produktiven“.

    Zustimmung!

  • Erwin Gabriel 5. August 2025, 10:41

    g) Republicans Want to Redraw America’s Political Map (The Atlantic).

    Wie immer.

    Wenn es eine Republikaner-freundliche Aufteilung gibt, gibt es auch eine Demokraten-freundliche. Es gibt offenbar keine neutrale Aufteilung, weil jede beliebige Aufteilung die eine oder andere Seite bevorzugt. Und dann ist es ein „normaler“ Teil der politischen Auseinandersetzung, ist es nicht?

    • Thorsten Haupts 5. August 2025, 12:44

      Nein. Du kannst Dir den zum Teil einfach bizarren Zuschnitt amerikanischer Wahlkreise irgendwo online ansehen – das sind geometrisch abenteuerliche Figuren, die nur dem Zweck dienen, möglichste viele eigene Wähler zu sammeln und andere auszuschliessen. Das haben bisher beide politischen Parteien gemacht, um Sitze sicher (saprich wettberbsfrei) zu machen, aber bisher selten so unverschämt und offen wie die Trumpisten jetzt.

      Und doch, Du kannst (halbwegs) neutrale Zuschnitte sehr wohl berechnen und danach umsetzen. Nachteil ist dann, dass Du bei jeder Wahl um den Sitz kämpfen musst – und der Mensch ist nun einmal ein Faultier, weshalb weder Demokraten noch Republikaner in „ihren“ Wahlkreisen daran genuines Interesse haben.

      Weiterführender englischsprachiger Artikel:
      https://www.brennancenter.org/our-work/research-reports/gerrymandering-explained

      Gruss,
      Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 5. August 2025, 13:44

      Nein, nicht so, wie die das machen. Wir in Deutschland ziehen Wahlkreise ja auch halbwegs fair. In den USA ist das extrem, und die Republicans sind wesentlich schlimmer als die Democrats. Gibt es auch zig politikwissenschaftliche Untersuchungen zu.

      • Thorsten Haupts 5. August 2025, 14:35

        „Schlimmer als der andere“ ist vielleicht sicherheits- und aussenpolitisch ein Argument, aber nicht, wenn es um Grundsätze fairer Wahlen geht. In den USA betreiben beide Parteien Gerrymandering, weshalb die Aufregung um den neuesten Vorstoss der Republikaner nach Heuchelei geradezu stinkt!

  • Erwin Gabriel 5. August 2025, 10:41

    k) Häusliche Gewalt ist auf einem Höchststand. (ZEIT)

    „Höhere Bereitschaft zur Anzeige“ kann ich mir gut vorstellen. Wenn es andere Gründe gibt, sollte man die erforschen. Ansonsten: Stets schlimm.

  • Stefan Pietsch 5. August 2025, 11:17

    2) Die zwei Gesichter der Ann-Katrin Kaufhold

    Nüchtern betrachtet wären Kandidatinnen wie Ann-Katrin Kaufhold und Frau Brosius-Gersdorf in anderen Zeiten niemals in die Nominierungsauswahl gekommen. Anfang der Neunzigerjahre, als die SPD ebenfalls geschwächt war, versuchte Oskar Lafontaine eine Politisierung des Verfassungsgerichts:

    Die SPD, nach der ersten Bundestagswahl im vereinigten Deutschland im Parlament deutlich geschwächt, setzte unter geistiger Führung des saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine auf Konfrontation. Zu besetzen war die Nachfolge des Verfassungsrichters Ernst Gottfried Mahrenholz, der seit 1981 in Karlsruhe tätig war, seit 1987 zudem als Vorsitzender des Zweiten Senats und Vizepräsident. Diese Funktion galt als besonders wichtig, denn zuständigkeitshalber kommen diesen acht Richter die Entscheidungen in staatsrechtlichen Fragen zu. Beispielsweise hatte Mahrenholz mit seinen sieben Kollegen über Parteienfinanzierung, den Vertrag von Maastricht und die ewige Streitfrage des Schwangerschaftsabbruchs geurteilt.

    Die SPD, nach der ersten Bundestagswahl im vereinigten Deutschland im Parlament deutlich geschwächt, setzte unter geistiger Führung des saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine auf Konfrontation. Zu besetzen war die Nachfolge des Verfassungsrichters Ernst Gottfried Mahrenholz, der seit 1981 in Karlsruhe tätig war, seit 1987 zudem als Vorsitzender des Zweiten Senats und Vizepräsident. Diese Funktion galt als besonders wichtig, denn zuständigkeitshalber kommen diesen acht Richter die Entscheidungen in staatsrechtlichen Fragen zu. Beispielsweise hatte Mahrenholz mit seinen sieben Kollegen über Parteienfinanzierung, den Vertrag von Maastricht und die ewige Streitfrage des Schwangerschaftsabbruchs geurteilt.

    Stattdessen präsentierte die SPD nun zwei Kandidatinnen parallel. Einerseits die Berliner Justizsenatorin (und politische Quereinsteigerin) Jutta Limbach, andererseits Herta Däubler-Gmelin. Sie hatte sich im Gegensatz zum ehemaligen Minister im Kabinett von Helmut Schmidt als links profiliert und war zudem stellvertretende Vorsitzende der Bundes-SPD.
    https://www.welt.de/geschichte/plus256409180/wahl-von-verfassungsrichtern-nicht-vertreter-irgendeiner-politischen-richtung.html

    Das kommt einem sehr bekannt vor. Geschichte wiederholt sich oft. Dann allerdings als Farce.

    Die SPD möchte mit ihrem schwindenden politischen Gewicht die aufsteigende AfD verbieten. Rein zufällig präsentiert sie für das Verfassungsgericht die passende Kandidatin, die zufällig für das Verbotsverfahren zuständig wäre. Die SPD lebt zunehmend Enteignungsphantasien aus. In Berlin strengt die Regierungspartei einen Gesetzgebungsprozess an, breite Teile der regionalen Unternehmen weitgehend entschädigungslos verstaatlichen zu können. Zur gleichen Zeit will sie eine Kandidatin wählen lassen, die sich in der jüngeren Vergangenheit aufgeschlossen gezeigt hat, dass breite Enteignungen in Deutschland möglich wären.

    Entweder ist das Koinzidenz oder strategisches Vorgehen. Es zeigt aber, dass die Sozialdemokraten bei weniger Zuspruch vom Wähler ihren Einfluss in der Judikative ausweiten wollen.

    • sol1 5. August 2025, 12:38

      „Entweder ist das Koinzidenz oder strategisches Vorgehen.“

      Es sind einfach nur Wahnideen, die durch den Hirn spuken.

      Worauf es bei Verfassungsrichtern tatsächlich ankommt, hat Ronen Steinke in diesem Satz zusammengefaßt:

      „Das Einzige, was ein Verfassungsrichter und eine Verfassungsrichterin niemals sein kann: Parteipolitikern hörig.“

      https://www.sueddeutsche.de/meinung/verfassungsrichterwahl-unabhaengigkeit-justiz-deutschland-kommentar-li.3284126 (Paywallumgehung: https://archive.ph/7rgIn)

    • Floyd 6. August 2025, 08:54

      „Rein zufällig präsentiert sie für das Verfassungsgericht die passende Kandidatin, die zufällig für das Verbotsverfahren zuständig wäre.

      Brosius-Gersdorf sagte meiner Kenntnis nach, sie sei für ein AfD-Verbotsverfahren, wenn es „genügend Material gibt“. Welche Position sollte eine Verfassungsjuristin denn sonst vertreten?

      Und wenn ich mich nicht falsch erinnere, hatten Sie hier vor Kurzem auch gefordert, dass das Verfahren kommen müsse, um die Angelegenheit zu klären (sinngemäß aus der Erinnerung zitiert; finde den Beitrag gerade nicht. Korrigieren Sie mich also bitte, falls ich falsch liegen sollte).

      Was genau werfen Sie ihr also vor?

      • Stefan Pietsch 6. August 2025, 12:05

        Zum AfD-Verbotsverfahren sagte sie in einer Markus Lanz-Sendung, damit seien ja nicht die Wähler der Partei „beseitigt“. Und ansonsten formulierte sie:

        „Wenn nach einer sehr sorgfältigen Prüfung das Ergebnis ist, dass es gute Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Voraussetzungen erfüllt sind, dann sehe ich als Rechtswissenschaftlerin auch keinen Grund, so einen Antrag nicht zu stellen.“

        Als Professorin an einer Uni kann sie so eine Einschätzung vornehmen. Als Richterin ist sie damit befangen, denn sie zeigt ja schon auf, was sie für richtig hielte, nämlich dass die zuständigen Verfassungsinstitutionen einen Antrag in Karlsruhe einreichen. Schon Finanzbeamten ist es verboten, Steuerpflichtigen Empfehlungen zu geben. Richter dürfen sich in einer Sache im Vorfeld gar nicht einlassen, nicht einmal Handlungsempfehlungen geben. Das erfahren Sie spätestens dann, wenn Sie mal mit Gerichten zu tun hatten.

        Ein Richter, der sich in Fachzeitschriften äußert, gerade bei Millionären sollte der Gesetzgeber im Falle von Steuerhinterziehungen den Strafrahmen verschärfen, kann kein Strafverfahren gegen einen wohlhabenden Steuerhinterzieher leiten. Eigentlich Selbstverständlichkeiten, oder?

        Zum Verbotsverfahren: Im Prinzip bin ich gegen ein Parteiverbot. Das ist Sache des Souveräns, nicht der um seine Stimmen konkurrierenden Parteien. Nun hat die Politik in Gestalt der abgehalfterten ehemaligen Innenministerin Nancy Faeser Fakten geschaffen, in dem sie das Gutachten des ihr unterstellten Verfassungsschutzes publizierte, in dem die AfD als gesichert verfassungsfeindlich eingestuft wird.

        Wenn der Staat – und Faeser vertrat an dieser Stelle die Regierung – Beweise hat, dass eine Partei nach Artikel 21 GG verboten werden müsste, dann hat sie die Verpflichtung ein entsprechendes Verfahren auch einzuleiten. Es gibt hier nur ein Entweder oder. So geht es jedenfalls nicht weiter. Entweder wird das Verbotsverfahren unverzüglich eingeleitet oder die Regierung zieht das Gutachten zurück und entschuldigt sich in der Öffentlichkeit.

        So ist das eine unwürdige Situation. Eine demokratisch gewählte Partei wird geschnitten und von politischer Einflussnahme abgeschnitten. Sie wird in der Öffentlichkeit beschimpft und geächtet. Entweder oder. Kommt das Verfassungsgericht zu der gegenteiligen Einschätzung, muss das Ganze aufhören, dessen Zielsetzung ohnehin nicht zu erkennen ist. Selbst die glühendsten Befürworter der Ächtung konnten, als ich diese Frage aufwarf, nicht erklären, was das eigentliche Ziel sei.

        So geht es nicht in einem demokratischen Rechtsstaat. Das ist nur noch Agitation und unserer Demokratie unwürdig. Das gibt es in keiner anderen westlichen Demokratie. Übrigens auch nicht, dass andere Parteien ernsthaft Überlegungen verfolgen, die größte Oppositionspartei verbieten zu wollen.

        • Floyd 7. August 2025, 21:49

          „„Wenn nach einer sehr sorgfältigen Prüfung das Ergebnis ist, dass es gute Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Voraussetzungen erfüllt sind, dann sehe ich als Rechtswissenschaftlerin auch keinen Grund, so einen Antrag nicht zu stellen.“

          Als Professorin an einer Uni kann sie so eine Einschätzung vornehmen. Als Richterin ist sie damit befangen, denn sie zeigt ja schon auf, was sie für richtig hielte, nämlich dass die zuständigen Verfassungsinstitutionen einen Antrag in Karlsruhe einreichen.“

          Sehe ich anders: Sie sagt, dass sie keinen Grund gegen einen Verbotsantrag sieht, falls die Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Option sieht das Grundgesetz ja auch ausdrücklich zum Schutz der Demokratie vor Extremisten vor – wie sollte eine Juristin an dieser Stelle also zu einem anderen Schluss kommen, als im Grunde banal zu wiederholen, was die Verfassung vorsieht?

          Aber nehmen wir mal an, Brosius-Gersdorf wäre tatsächlich befangen, wenn es um ein AfD-Verbotsverfahren ginge. Sie schreiben:

          „Die SPD möchte mit ihrem schwindenden politischen Gewicht die aufsteigende AfD verbieten. Rein zufällig präsentiert sie für das Verfassungsgericht die passende Kandidatin, die zufällig für das Verbotsverfahren zuständig wäre.“

          Im zehnköpfigen SPD-Fraktionsvorstand sitzen nach meiner Zählung 5 RechtswissenschaftlerInnen. Möglicherweise sind das alles IdiotInnen, die nicht wissen, das ihre Verschwörung zum AfD-Verbot wegen Befangenheit scheitern könnte – dann ist die Gefährlichkeit dieser Verschwörung wegen Unfähigkeit überschaubar. Alternativ könnte man schließen, dass es diese Verschwörung eventuell gar nicht gibt. Was finden Sie wahrscheinlicher?

          • Stefan Pietsch 7. August 2025, 23:42

            Wenn nach einer sehr sorgfältigen Prüfung das Ergebnis ist, dass es gute Anhaltspunkte dafür gibt (..).

            Was ist das? Eine These. Es ist, was am Beginn einer Klage (oder Verteidigung einer Partei vor Gericht steht. Sie ist weder das Ergebnis (Urteil) noch selbst ein Beweis. Die andere Partei, in diesem Fall die AfD, hat mit Sicherheit eine andere Position.

            Aus einer Norm und der eigenen Interpretation dieser folgt noch längst nicht, dass man diese zu Gericht bringen muss. Als Prinzip. Die Verfassungsinstitutionen Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat waren auch im Fall der NPD der Ansicht, die Partei wäre nach Artikel 21 verfassungswidrig. Dem war nicht so. Die Arbeitshypothese hat sich als nicht zutreffend erwiesen.

            Frauke Brosius-Gersdorf übernahm damit als die Position einer Partei. Wie gesagt, völlig zulässig als Professorin an einer Uni wie auch als freie Meinungsäußerung. Für die Position einer Richterin aber eben völlig daneben. Niemand, der vor Gericht prozessiert, würde eine solche Richterin akzeptieren.

            Die These von der (rechten) Verschwörung kam von den linken Parteien und ihren Milieus. Diese These haben sich hier mehrere Kommentatoren zu eigen gemacht. Auf mich trifft das nicht zu. Aber Fakt und keine Verschwörungstheorie ist nunmal, dass die SPD gleich zwei Kandidatinnen präsentierte, die laufende Vorhaben bzw. Kampagnen der Partei erst kurz zuvor supported haben. Und die in den nächsten Jahren in Karlsruhe zur Entscheidung landen werden.

            Übrigens haben die linken Parteien SPD und Grüne für jeweils die Hälfte der Richterposten das Vorschlagsrecht. Von den anderen Richtern weiß man immerhin nicht, wo sie stehen und sie sind klug genug, sich jeder öffentlichen Äußerung zu enthalten. Aber die Grünen haben eine ziemlich knallharte Feministin durchbekommen.

            • Floyd 8. August 2025, 14:31

              „Wenn nach einer sehr sorgfältigen Prüfung das Ergebnis ist, dass es gute Anhaltspunkte dafür gibt (..).

              Was ist das? Eine These. Es ist, was am Beginn einer Klage (oder Verteidigung einer Partei vor Gericht steht.“

              Nein, das ist es nicht. Es ist eine Beschreibung der Voraussetzungen, unter denen ein Gericht eine Klage annehmen und ein Verfahren eröffnen könnte (nicht: müsste!):
              Gibt es brauchbare Indizien bzw. Beweise oder nicht? Wenn ja, kann man ein Verfahren eröffnen, wenn nicht, würde das Gericht die Klage nicht zur Verhandlung zulassen.

              Wäre Brosius-Gersdorf Richterin am BVerfG, müsste sie eine solche Entscheidung (mit-)treffen, weshalb die zitierten Überlegungen sie nicht disqualifizieren.

              „Aber Fakt und keine Verschwörungstheorie ist nunmal, dass die SPD gleich zwei Kandidatinnen präsentierte, die laufende Vorhaben bzw. Kampagnen der Partei erst kurz zuvor supported haben. Und die in den nächsten Jahren in Karlsruhe zur Entscheidung landen werden.“

              Sehen Sie da keinen Widerspruch zu Ihren bisherigen Ausführungen? Wäre Brosius-Gersdorf tatsächlich in diesen Angelegenheiten befangen, würde die SPD sich doch selbst ins Knie schießen würde, sollte sie die von Ihnen unterstellten Absichten verfolgen, da ihre Kandidatin gar nicht zum „Einsatz“ käme.

              Der SPD-Fraktionsvorstand besteht zu 50 % aus JuristInnen: sind die alle dämlich und wissen das nicht, ist Brosius-Gersdorf doch nicht befangen oder gibt es gar keine SPD-Verschwörung?

              • Stefan Pietsch 8. August 2025, 15:05

                Sie hat die Warte des Staates, der Regierung. So argumentiere ich dort. Noch einmal: Wo wägen Sie bzw. Frauke Brosius-Gersdorf die Position der AfD? Überhaupt nicht. Die Professorin resümiert, die AfD sei eine gefährliche Partei. Die Position kann man haben, aber nicht als Richterin und nicht als Kandidatin.

                Der Aufbau eines juristischen Prozesses ist: Die Anklage baut Beweise auf um ein Urteil zu erreichen. Im Schriftsatz argumentiert sie und begründet damit ihre Forderung nach Verurteilung. Das Gericht verhandelt auf der Basis der vorgebrachten Argumente – weswegen es so wichtig ist, vorurteilsfrei als Richter in eine Verhandlung zu gehen. Die Meinung haben Ankläger und Verteidiger. Am Ende müssen vom Richter (nicht dem Ankläger und dem Verteidiger) die Argumente gewogen werden. Das Urteil wird verkündet beginnend mit dem Ergebnis, bevor aufgeführt wird, welche Argumente dazu geführt werden. Der Verlauf ist also spiegelbildlich zum Aufbau der Argumentation durch Ankläger und Verteidiger.

                Frauke Brosius-Gersdorf hat in diesem Bezug ihr Urteil, sie ist bereit den Erkenntnissen des weisungsgebundenen Bundesamtes für Verfassungsschutz zu folgen. Das ist voreingenommen.

                Noch einmal: Die Verschwörungstheorie kommt nicht von mir, sondern sie kam von linken Kommentatoren. Und das gilt ja bis heute, wie wir am linken Furor nach dem Rückzug der Kandidatin sehen. Mir fehlt einfach jedes Verständnis für die Nominierung wie an dem wochenlangen Festhalten an Frau Brosius-Gersdorf.

                Ich habe von Anfang an geschrieben, die Professorin vereint alles, was Linke bis hin zu Heidi Reichinnek glücklich macht: Abschaffung von 218 (damit begann die Diskussion!), Gendern des Grundgesetzes, Parität bei Listenaufstellungen, Impfpflicht während Corona und eben auch AfD-Verbot. Zu all diesen Themen hat sich sich bereits öffentlich klar positioniert.

                Was wissen Sie eigentlich von den Positionen des gescheiterten Kandidaten Stegmüller und des aktuellen Kandidaten Spinner? Eben.

                • Floyd 8. August 2025, 17:29

                  „Sie hat die Warte des Staates, der Regierung. So argumentiere ich dort. Noch einmal: Wo wägen Sie bzw. Frauke Brosius-Gersdorf die Position der AfD?“

                  Und eben das bestreite ich: wir sind hier nach meinem Verständnis im Vorfeld eines möglichen Prozesses, also bei der Frage, ob überhaupt eine Hauptverhandlung eröffnet wird. Und entscheidend dafür ist, ob es belastbare Indizien bzw. Beweise gibt. Ist das so, kann der Prozess stattfinden, ist das nicht so, sollte ein Gericht die Klage abweisen. So verstehe ich Brosius-Gersdorf, wenn sie sagt: „„Wenn nach einer sehr sorgfältigen Prüfung das Ergebnis ist, dass es gute Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Voraussetzungen erfüllt sind“. Das beinhaltet nämlich auch den Umkehrschluss – wenn die Beweise nichts taugen, sind die Voraussetzungen eben nicht erfüllt.

                  Positionen der Prozessparteien müssen an dieser Stelle noch nicht abgewogen werden, da der Prozess ja noch gar nicht begonnen hat.

                  „Die Professorin resümiert, die AfD sei eine gefährliche Partei.“

                  An welcher Stelle der zitierten Äußerung kommt sie zu diesem Schluss? Sorry, ich stelle mich nicht absichtlich dumm, verstehe Brosius-Gersdorf aber komplett anders als Sie und würde gern nachvollziehen, wie Sie zu dieser Behauptung kommen.

                  „Was wissen Sie eigentlich von den Positionen des gescheiterten Kandidaten Stegmüller und des aktuellen Kandidaten Spinner? Eben.“

                  Nix bis oberflächlichen Krimskrams. Aber darum geht’s hier ja gerade auch nicht.

                  • Stefan Pietsch 9. August 2025, 16:47

                    Und eben das bestreite ich: wir sind hier nach meinem Verständnis im Vorfeld eines möglichen Prozesses, also bei der Frage, ob überhaupt eine Hauptverhandlung eröffnet wird.

                    Und all das stimmt ja nicht. In einigen Parteien mit relativ geringem Stimmengewicht hat sich die Mehrheitsmeinung gebildet, ein Verbotsverfahren einzuleiten. Das ist aber völlig unerheblich, denn sie sind eben eine kleine Gruppe und nicht antragsberechtigt.

                    Tatsächlich sind die Verfassungsorgane Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat und Bundespräsident in Karlsruhe antragsberechtigt. Keiner der Verfassungsorgane hat bisher erkennen lassen, ein Verbotsverfahren auch nur zu erwägen. Es gibt bisher auch keine öffentlich gewordenen Beweise. Es gibt eine Stellungnahme der alten Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz. Aber die ist ja bekanntlich abgewählt.

                    Sie können doch nicht bestreiten, dass Frauke Brosius-Gersdorf eine parteiische Position eingenommen hat. Dazu reicht schon, dass sie ja nicht die Position der AfD in ihre Meinungsäußerung einbezog, die sie – Vorverurteilung – für „gefährlich“ hält. Die Äußerung tätigte sie in einer Lanz-Sendung, ist einfach im Netz zu finden. Wenn das nicht parteiisch ist – was bitte dann?

                    Doch. Richter sollten sich grundsätzlich nicht zu politischen Sachverhalten einlassen bis sie selbst darüber zu entscheiden haben. Es gibt einige hervorragende Richterpersönlichkeiten in Deutschland, die sich grundsätzlich nicht öffentlich äußern und nicht in Regierungskommissionen mitarbeiten, weil das eben nicht zu ihrem Jobprofil gehört. Das einer Professorin ist nicht so öffentlichkeitsbeschränkt und deswegen ist die Brandenburgerin ja auch bekannt. Aber jemand, der Recht für die Bürger sprechen will politisierend in einer Talksendung? Bitte.

                    Die Hauptaufgabe jeden Gerichts ist auch nicht zu prüfen, ob eine (An-) Klage zulässig ist – das ist eine formale Prüfung – sondern dass es nach ordentlicher Beweisführung zu einem angemessenen, unabhängigen Urteil kommen kann.

                    Sie können das ja selbst überprüfen: Wenn Sie Vorsitzender der AfD wären, würden Sie Frau Brosius-Gersdorf als ihre Richterin akzeptieren?

                    • Floyd 11. August 2025, 08:53

                      Bin gerade etwas verwirrt; habe bisher kein Zitat gefunden, in dem Brosius-Gersdorf die AfD als „gefährlich“ bezeichnet, bin aber auf der Suche auf verschiedene Versionen dessen gestoßen, was sie bei Lanz gesagt haben soll.

                      Ich schaue mir die Sendung in den nächsten Tagen mal selbst an und melde mich dann wieder.

                    • Floyd 18. August 2025, 16:06

                      Sorry für die Verzögerung; kam für ein paar Tage nur sehr eingeschränkt ins Internet.

                      Ich habe mir die Lanz-Sendung vom 25.7.24 angesehen, in der Brosius-Gersdorf sich zu einem Parteiverbotsverfahren folgendermaßen äußert (ungefähr ab Minute 18):

                      „Das zweite NPD-Verbotsverfahren ist gescheitert, weil das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung aus 2017 das Kriterium der notwendigen Gefährlichkeit der Partei entwickelt hat, die sogenannte Potentialität, also die Partei muss gefährlich genug sein, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung wirklich zu beseitigen, und daran ist es gescheitert. Wir wollen uns nicht ernsthaft darüber streiten, dass die AfD angesichts der Erfolge, die sie bei Landtagswahlen schon erzielt hat und angesichts der Prognosen, die sie hat, dass es da an der Gefährlichkeit scheitern würde – die Frage ist, ob es genug Material der Verfassungsschutzbehörden gibt – die steht als Beobachtungsfall unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes – dass sie verfassungsfeindliche Ziele erreicht. Ein Satz noch: Wenn es genug Material gibt, wäre ich auch dafür, dass der Antrag auf ein Verbotsverfahren gestellt wird.“

                      Sie bezeichnet die AfD hier nicht im Sinne eines eigenen Urteils als „gefährlich“, sondern konstatiert, dass eine Partei mit diesen Wahlergebnissen und -prognosen die vom Bundesverfassungsgericht für ein Parteiverbotsverfahren geforderte Potentialität aufwiese.

                      Ich gestehe gern zu, dass Brosius-Gersdorf sich hier, anders als im von Ihnen angeführten Zitat, weniger vorsichtig äußert und somit möglicherweise als befangen gelten könnte.

                      Ich sehe in den Äußerungen aber keinen Beleg für Ihre Behauptung, Brosius-Gersdorf habe sich bereits inhaltlich festgelegt, dass die AfD eine „gefährliche“ und damit zu verbietende Partei sei. Sollten Sie einen Beleg hierfür haben, wäre ich interessiert; ich selbst habe keinen finden können.

    • DerDieDas 8. August 2025, 10:29

      Frauke Brosius-Gersdorf ist Opfer geworden einer beispiellosen Hetzkampagne, wie man sie mit diesen konkreten politischen Folgen in Deutschland wohl bisher nicht erlebt hat. Rechtspopulistische Medien und Aktivisten haben es in einer gemeinsamen Desinformationskampagne geschafft, das Zerrbild einer linksradikalen Juristin zu schaffen, die zu extreme Thesen vertrete für das höchste deutsche Gericht. … Dass Frauke Brosius-Gersdorf, wie sie in ihrer Stellungnahme an diesem Donnerstag schrieb, bis zuletzt nicht die Chance bekam, in der Unionsfraktion über sich, ihre Kandidatur und ihre Positionen zu sprechen, ist eine unglaubliche Respektlosigkeit.

      • Stefan Pietsch 8. August 2025, 11:21

        Die Fachexperten der Unionsfraktion kennen Frauke Brosius-Gersdorf seit Jahren, insbesondere durch ihre Arbeit in der Kommission zur Reform des § 218 StGB. Sie ist keine Unbekannte. Wenn sie in Jahren nicht überzeugt hat, was sollte das Ziel der Vorstellung in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sein?

        Das wäre einmalig und das war eine Kampagne der SPD. Die Bewerbung war in dem Moment tot, als die Abstimmung abgesetzt wurde. Wer politisch nicht völlig blind ist, wusste das.

      • Stefan Sasse 10. August 2025, 14:08

        Opfer einer Kampagne war sie, aber weder beispiellos noch demokratiegefährdend oder so.

    • DerDieDas 8. August 2025, 11:04

      Stellungnahme zur Causa „Frauke Brosius-Gersdorf“
      Als Vertreterinnen und Vertreter der universitären – insbesondere rechtswissenschaftlichen – Forschung und Lehre sowie der Justiz protestieren wir nachdrücklich gegen die Art und Weise, wie im Rahmen der Richterwahl zum Bundesverfassungsgericht in der Politik und in der Öffentlichkeit mit Frauke Brosius-Gersdorf umgegangen wurde. Dieser Umgang ist geeignet, die Kandidatin, die beteiligten Institutionen und mittelfristig über den Verfall der angemessenen Umgangskultur die gesamte demokratische Ordnung zu beschädigen.

      Zunächst ist zu betonen, dass Frauke Brosius-Gersdorf eine hoch angesehene Staatsrechtslehrerin ist. Das ist in Fachkreisen völlig unstreitig. Alle Äußerungen, die ihre wissenschaftliche Reputation in Frage stellen, sind daher schlicht unzutreffend und unsachlich. Das schließt es selbstverständlich nicht aus, dass man einzelne ihrer juristischen Positionen kritisieren oder andere Meinungen vertreten kann. Darstellungen aber, die diese Positionen als von vornherein abseitig oder radikal einordnen, sind jedenfalls durch Unkenntnis der rechtswissenschaftlichen Diskussion geprägt. Äußerungen einzelner Bundestagsabgeordneter, ihre Universität möge aufgrund dieser Positionen Maßnahmen gegen Frauke Brosius-Gersdorf ergreifen, stellen einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit selbst dar.

      Im Rahmen des Nominierungsprozesses können zwar selbstverständlich sowohl die – hier aber ohne Zweifel bestehende – fachliche Qualifikation als auch einzelne zuvor geäußerte Ansichten der Kandidatinnen und Kandidaten zum Gegenstand gemacht und kritisiert werden. Umso wichtiger ist es dann aber, dass im Zuge dieses Prozesses die beteiligten Personen und Institutionen nicht beschädigt werden. Im Richterwahlausschuss eine Kandidatin zunächst zu bestätigen, um dann gegenüber ideologisierten Lobbygruppen und mit Unwahrheiten und Diffamierungen gespickten Kampagnen zurückzurudern, zeugt zumindest von fehlendem politischem Rückgrat und mangelnder interner Vorbereitung. Dass dann ausgesprochen unglaubhafte Plagiatsvorwürfe als Vorwand für eine Vertagung herhalten müssen und dadurch eine weitere Beschädigung der Kandidatin in Kauf genommen wird, ist ein Angriff auf das Ansehen der Wissenschaft und ihrer Vertreterinnen und Vertreter.

      Das Bundesverfassungsgericht und die deutsche Staatsrechtslehre haben ihr hohes – auch internationales – Ansehen nicht zuletzt durch die wohl einzigartige Verbindung von Verfassungspraxis und Verfassungsrechtswissenschaft gewonnen. Dies setzt aber voraus, dass Rechtswissenschaftler und Rechtswissenschaftlerinnen, die sich an dieser Praxis beteiligen sollen, von der Politik vor Herabwürdigung geschützt werden. Im Fall von Frauke Brosius-Gersdorf ist dies den dafür verantwortlichen Personen und Institutionen bisher nicht gelungen.
      Unterzeichnet von über 300 ProfessorInnen

      • Stefan Pietsch 8. August 2025, 11:23

        Wir debattieren hier. Wir geben keine Stellungnahmen von Parteien, Personen oder Organisationen ab. Das ist respektlos den anderen Teilnehmern gegenüber.

  • Stefan Pietsch 5. August 2025, 11:27

    a) Die Meinungsfreiheit ist immer gar nicht so sehr in Gefahr, und Störungen müssen immer gar nicht so ausgehalten werden, wenn es ins Weltbild passt. (Welt)

    Die Fakten:
    a) Die Störer befanden sich in der Bannmeile des Regierungsviertels. Sie behaupteten wahrheitswidrig, sie hätten eine Demonstration angemeldet.

    b) Der Bus stand im absoluten Halteverbot, wo er in jeder Staat Deutschlands binnen Minuten abgeschleppt würde.

    c) Der Lärm verstieß gegen die Lärmschutzverordnung.

    Allein diese Fakten machen unverständlich, warum die Polizei die Störung nicht unterbunden hat. Denn es geht nicht um freie Meinungsäußerung. Das kann kaum in Anspruch genommen werden, wenn man im öffentlichen Raum die Meinung des anderen unterbinden und gar nicht hören will.

    b) Wir müssen aufhören, das Rechtsextreme zu tätscheln. (Stern)

    Das eigentlich Verräterische steht im Postskriptum. Eigentlich wollte die Autorin unterstellen, bei der AfD handele es sich um eine gerichtsfest gesicherte rechtsextreme, demokratiefeindliche Partei. Tatsächlich wird es der Partei sehr schwer gemacht, sich gegen behördliche Aussagen zur Wehr zu setzen. Schöner Beweis für die Voreingenommenheit und Staatsnähe der Journalistin.

    k) Häusliche Gewalt ist auf einem Höchststand. (ZEIT)

    Interessant, dass solche Artikel völlig darauf verzichten können, auf die Gründe der Entwicklung einzugehen. Denn tatsächlich steigen nicht die Gewalttaten von Einheimischen, sondern die Massenmigration schlägt sich auch hier nieder. Die „patriarchalischen Strukturen“ finden sich nämlich bei eingewanderten syrischen und afghanischen Flüchtlingen. Sie treiben die Statistik.

    • BIS 5. August 2025, 20:17

      Wem beim Thema häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder als erstes irgendein rassitisches Geschwurbel über Migration einfällt, interessiert sich einen Dreck für die Opfer und ist an der Lösung eines gesellschaftlichen Problems das seit Jahrhunderten besteht überhaupt nicht interessiert.

      Häusliche Gewalt ist überall, in allen Bildungs- und Herkunfsbereichen. Die ganze Gewalt ist jedenfalls zum Kotzen.

      • Stefan Pietsch 5. August 2025, 21:04

        Jede Problemlösung setzt die detaillierte Analyse der Entwicklung und die Kategorisierung der Verursacher voraus. Wer das unterlässt, wird nie nur einen Millimeter ein Problem lösen können.

        Der Artikel stellt die Entwicklung eines Problems („häusliche Gewalt“) heraus, unterlässt aber die Analyse, was zu der Entwicklung geführt hat noch wie sich die Tätergruppen zusammensetzen. Da liegt die Frage auf der Hand: Was soll das? So ein Artikel ist für den Papierkorb. Muss meine Frau jetzt Angst haben, dass ich sie verprügeltes? Muss sie sich in Acht nehmen? Sind deutsche Muttersöhnchen gewalttätiger geworden?

        Sie scheinen sich auch nicht für solche Fragen zu interessieren. Ich finde Morde auch schlimm. Und andere Gewaltdelikte. Und Steuerhinterziehungen. Und Schwarzarbeit. Und Sozialbetrug. Und und und. Dann schreiben Sie mal schön.

      • Stefan Sasse 6. August 2025, 09:15

        Fairerweise ging es ihm nur um den ANSTIEG, nicht Gewalt an sich.

      • Erwin Gabriel 6. August 2025, 22:39

        @ BIS
        Wem beim Thema häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder als erstes irgendein rassitisches Geschwurbel über Migration einfällt, interessiert sich einen Dreck für die Opfer und ist an der Lösung eines gesellschaftlichen Problems das seit Jahrhunderten besteht überhaupt nicht interessiert.

        Das scheint mir eine leicht böswillige Interpretation zu sein.

        Häusliche Gewalt ist überall, in allen Bildungs- und Herkunfsbereichen. Die ganze Gewalt ist jedenfalls zum Kotzen.

        Volle Zustimmung!!

    • cimourdain 6. August 2025, 08:45

      a) Gratuliere, Sie haben sich gerade als voll integriert geoutet: Bei einer Protestaktion nach Parkverbot und Lärmschutz fragen, dass ist Peak-deutsch. (Hier bitte Lenin-Zitat über Deutsche und Bahnsteigkarten dazudenken).

      • Stefan Sasse 6. August 2025, 09:20

        😀

      • Stefan Pietsch 6. August 2025, 10:33

        Objektiv betrachtet war das keine Protestaktion, sondern das Lärmen von Menschen, die nie in ihrem Leben erwachsen worden sind. Als Kinder hätte es da gefehlt, den Schnuller reinzustecken oder eins hinter die Löffel zu geben. Für Erwachsene gibt es da andere Methoden.

        Es war also keine Demo und keine Protestaktion. Genau so ist es zu behandeln. Falschparken, Lärmbelästigung. Alles andere ist Lyrik und Schönreden. Wie Kinder das eben so tun.

        • CitizenK 6. August 2025, 18:14

          „Objektiv betrachtet“ heißt, es so zu sehen wie Stefan Pietsch.
          Merkt euch das!

          • Stefan Pietsch 6. August 2025, 18:52

            Nett können Sie nicht sein, gell?

            Was war das für Sie, warum und aufgrund welcher Indikatoren?

            • Thorsten Haupts 7. August 2025, 12:36

              Mann! Objektive Betrachtungen gibt es bei Menschen schlicht nicht, also auch nicht bei Ihnen.

              • Stefan Pietsch 7. August 2025, 14:33

                Dann können wir den Begriff aus unserem Sprachschatz streichen? Wer informiert die Dudenredaktion? Meine KI sagt:

                objektiv: nicht von Gefühlen, Vorurteilen bestimmt; sachlich, unvoreingenommen, unparteiisch

                Ihre Position: Da jeder Mensch Gefühle hat und parteiisch ist, kann er nicht objektiv sein. Dann können wir uns natürlich auch Studien schenken. Und ich habe völlig umsonst Jahre meines Lebens in ein Studium investiert um etwas unabhängig von der Meinung anderer einen Sachverhalt begreifen zu können. Schade, wo kann ich Regress für verlorene Lebenszeit nehmen?

                Okay, ernsthaft: Menschen versuchen, einen Untersuchungsgegenstand objektivierbar zu machen, in dem Sie sich ihm mit den immer gleichen Kriterien und Maßstäben nähern und untersuchen. Oft sind diese entweder von der Allgemeinheit (z.B. Gesetze) oder entwickelten wissenschaftlichen Methoden vorgegeben. Wo diese nicht vorhanden, lassen sie sich entwickeln – eben nach der gleichen Methodik: immer gleich.

                Denn, wissen Sie: In vielen besser bezahlten Berufen außerhalb von Lehrerkollegien kommt es meist sehr teuer, voreingenommen an die Arbeit ranzugehen und sich von seinen Gefühlen leiten zu lassen.

                • CitizenK 7. August 2025, 16:06

                  Naturwissenschaftlich, also ganz (na ja: ziemlich) objektiv betrachtet, handelt es sich bei dem Ereignis lediglich um Interferenzen von Schallwellen. Alles sonst ist Interpretation.

                • Thorsten Haupts 7. August 2025, 20:23

                  Okay, ernsthaft: Menschen versuchen, einen Untersuchungsgegenstand objektivierbar zu machen, in dem Sie sich ihm mit den immer gleichen Kriterien und Maßstäben nähern und untersuchen.

                  Falsch! In den harten Wissenschaften entwickeln sich aus Theorien Prognosen, die man beliebig oft und beliebig häufig experimentell testen kann, um gültige von ungültigen zu trennen. Weshalb unsere gesamte Technik darauf beruht und sie nur wenige Zweifler hat, selbst unter politisch Radikalen.

                  In den weichen Wissenschaften entwickelt man Axiome und richtig/falsch unterscheidet sich nur darin, ob Ereignisse zu den Axiomen passen oder nicht. Weshalb die Ergebnisse dieser Wissenschaften zu Recht deutlich umstrittener sind.

                  Last but not least kann man sich natürlich bestimmte Kriterien zurechtlegen, um Ereignisse anhand exakt dieser Kriterien zu vergleichen. Das heisst „objektivierbar“. Aber eben nicht „objektiv“. Niemand muss nämlich den verwendeten Kriteriensatz akzeptieren und es ist wissenschaftlich nicht zwingend, genau diesen Kriteriensatz zu verwenden. „Objektivität“ ist in historischen politischen, soziologischen oder ökonomischen Zusammenhängen nicht erreichbar. Genau daran ist letztlich schon Karl Marx gescheitert.

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

                  • CitizenK 8. August 2025, 06:47

                    Noch nicht mal in der Physik, wie die anhaltenden Diskussionen in der Quantentheorie zeigen.

                    • Thorsten Haupts 8. August 2025, 14:52

                      Na ja. Quanten sind schon ein ziemlich esoterisches Randgebiet der Physik, sind nur über reine höhere Mathematik verständlich und man braucht für Experimente und Überprüfung sündhaft teure und aufwendige Technik. Aber das Prinzip gilt selbst hier – Theorien gebären Prognosen, die man experimentell überprüfen KANN und damit einen Rückschluss auf die Gültigkeit der Theorie zulassen. Die Vorhersagekraft der Quantentheorie ist mittlerweile längst unstrittig, die anhaltenden Diskussionen drehen sich um die Meta-Ebene (Was ist Realität? Kann Realität durch reine Beobachtung verändert werden? Etc.), im Popper´schen Sinne Metaphysik.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                • Stefan Sasse 10. August 2025, 13:59

                  Ich zweifle nicht, dass das die Definition von objektiv ist, sondern dass sie dich wiederspiegelt.

        • Stefan Sasse 6. August 2025, 22:07

          „Objektiv betrachtet“, ich kringel mich.

  • Lemmy Caution 5. August 2025, 13:54

    zu c) Die beste Möglichkeit, um die AfD zu einer demokratischen Partei zu machen oder sie langsam zu zersetzen, sind sachliche Argumente. Wir werden dafür neben besserer Politik auch sehr viel Geduld benötigen.
    Der Aktionismus a la „Zentrum für Politische Schönheit“ halte ich für kontraproduktiv. Intelligent an den Bruchlinien der Meinungen innerhalb der AfD arbeiten und die vertiefen.

    • sol1 5. August 2025, 14:18

      Sachliche Argumente kommen bei notorischen Lügnern an ihre Grenzen:

      https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2025/07/22/gehalt-kriminalitaet-und-merz-aussagen-von-alice-weidel-beim-sommerinterview-im-faktencheck/

      Einen Anti-AfD-Jodler populär zu machen bewirkt da mehr als Faktenchecks, deren Wirksamkeit Stefan in 5) nicht ganz zu Unrecht anzweifelt.

      • Lemmy Caution 5. August 2025, 15:22

        Uns bleibt nur Geduld. Meine Referenz sind die letzten Chávez-Jahre als der Dauer-Aktivismus der Opposition immer irgendwann versandete.
        Die Frage ist, ob man einen AfD-Jodler wirklich populär konstruieren kann.
        Ich persönlich versuche diese Rechte besser zu verstehen. Die haben schon mehrere interne Bruchstellen, an denen sich ansetzen ließe.
        Im europäischen Ausland mag ich weder Monsieur Badella noch Madame Le Pen noch die Signora Meloni, aber manches von den katholischen Nationalisten in Frankreich finde ich interessant und bedenkenswert. Aber halt auch manches Blast, Picketti und französisch-nordafrikanisches Zeug.
        Bezüglich Russland bin ich hysterisch, sonst eigentlich nicht so.

    • Stefan Sasse 5. August 2025, 16:19

      Ich glaube, das widerspricht sich gar nicht.

      • Lemmy Caution 5. August 2025, 20:48

        Fuer mich ist diese Aktion des „Zentrums fuer politische Schoenheit“ nach hinten losgegangen.
        Die Ukraine-Aktivistin Pummelzacke (von twitter) geht mit einem ukraine-T-Shirt in einen von Russen gefuehrten Penny-Markt und keift zurueck, wenn sie verbal angegriffen wird. Das ist ok, weil „deep behind enemy lines“, aber mit sich neben einem ZDF-Gelaende hinstellen und pfeifen… da geht man kein Risiko ein. Damit gehoert man sozusagen zum Establishment und die man ansprechen will, fuehlen sich bestaetigt.

        • Stefan Sasse 6. August 2025, 09:17

          Die Sache ist: jede Aktion hat ihr eigenes Publikum. Fact checking hat ein Publikum, Themen aufgreifen hat ein Publikum, so Aktionen haben ein Publikum. Die überlappen sicherlich, aber manche stehen auch recht allein. Ich bin sicher nicht die Zielgruppe vom ZpS, aber mag schon sein, dass das andere mobilisiert. Und die Gegenseite. (Was der Grund ist, warum ich nicht so der Fan bin)

  • sol1 5. August 2025, 14:32

    b) Tatsächlich läßt sich eine Normalisierung auch nicht rückgängig machen:

    https://bsky.app/profile/elvirarosert.bsky.social/post/3lvnafc5lck2x

    • Lemmy Caution 5. August 2025, 21:01

      Wenn sich Menschen wegen der Ueberfremdung bedroht fuehlen, sollte es ernst genommen werden.
      Ich persoenlich habe keine Probleme mit Leuten aus dem Nahen Osten. Ich verlagere nun mein Franzoesisch lernen auf Sprechgruppen auf Discord Servern. Da gibts so viele Nordafrikaner… und die sind in aller Regel besser in Franzoesisch als ich. Ich habe Kollegen aus der Region. Ich mag Leila Slimani als Roman-Autorin. Ich lese nun 600 Seiten ueber Algerische Geschichte.
      Aber trotzdem finde ich es nicht abwegig, wenn Bio-Deutsche klarere Grenzen fordern. Wir sollten das ernst nehmen, ohne dass direkt die „Annaeherung an AfD-Positionen“ Karte gezogen wird.
      In jedem Fall sollten die Leute, die hier sind, mit Respekt behandelt werden. Da gibt es natuerlich auch Grenzen.

  • Thorsten Haupts 5. August 2025, 14:38

    Zu 2) Gleichzeitig betont sie, dass das Bundesverfassungsgericht nicht dauerhaft gegen Mehrheitsmeinungen agieren könne

    Wenn sie das so – sinngemäss oder wortwörtlich – gesagt hat, ist sie als Verfassungsrichterin automatisch untauglich. Erschliesst Euch das „warum“ bitte selbst!

    • sol1 5. August 2025, 15:22

      Einfach mal das Original recherchieren, anstatt sich über die Stille Post der KI aufzuregen:

      /// Inwiefern ist gesellschaftliche Zustimmung Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit von Institutionen?

      Keine Institution kann auf Dauer gegen eine Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung agieren. Auch das Bundesverfassungsgericht etwa ist darauf angewiesen, dass die anderen Institutionen seine Entscheidungen umsetzen. Es fällt seine Urteile unabhängig, aber wenn die Umsetzung auf massiven Widerstand stößt, ist das auf Dauer nicht durchhaltbar. Damit will ich natürlich nicht sagen, Gerichte sollten darauf schielen, was die Mehrheit von ihnen erwartet. Aber ob ihre Urteile verstanden und akzeptiert werden, entscheidet mit darüber, wie groß ihr Einfluss ist. ///

      https://www.lmu.de/de/newsroom/newsuebersicht/news/klima-wer-kann-es-soll-es-richten.html

      • Thorsten Haupts 6. August 2025, 07:40

        Prima. Dann wird sie ja auch zu einer Revision der BVerfG-Rechtsprechung zum Asyl- und Flüchtlingsrecht bereit sein, schliesslich verstösst diese ja sichtbar gegen Mehrheitsmeinungen in der Bevölkerung. Und dann ist es offenbar zweitrangig, inwieweit es um Verfassungsgrundlagen geht?

        • Dennis 6. August 2025, 08:52

          Diese Fragestellung könnte man weiterführen, denn ich hab da einen dunklen Verdacht:

          Es könnte doch sein, dass das, was unter „liberaler Demokratie“ so verhandelt wird, draußen im Lande nur unter seltenen günstigen Bedingungen (die Leute sind vollgefressen, erwarten für morgen und übermorgen noch mehr davon und sind generell optimistisch) toleriert, aber ansonsten mehrheitlich abgelehnt wird.

          Und ja, Kaufhold argumentiert völlig widersprüchlich. Aber anders als in der Mathematik führen Widersprüche in der Politik ja auch keineswegs zum Zusammenbruch eines Systems. Eher im Gegenteil
          🙂

          • Thorsten Haupts 6. August 2025, 13:49

            Diesen dunklen Verdacht haben Sie nicht exklusiv 🙂 . Auch wenn ich die Basis der Ablehnung anders verorten würde.

        • Stefan Sasse 6. August 2025, 09:18

          Schau bitte einfach nochmal auf das Zitat, worum es ging.

          • Thorsten Haupts 6. August 2025, 13:47

            Völlig irrelevant. Sie hat eine Generalaussage zu der Funktionsfähigkeit von Institutionen gemacht, ohne diese Generalaussage bspw. mit einem Nebensatz einzuschränken.

            • DerDieDas 7. August 2025, 15:48

              Lesekompetenz und Aussagenlogik ist echt nicht ihr Ding …

              • Thorsten Haupts 7. August 2025, 20:14

                Den Fehler in der Aussagelogik können Sie ja bestimmt – bei Benutzung der korrekten Nomenklatur, die mir bekannt ist – nachweisen? Ich nehm das Ergebnis mal vorweg: Natürlich nicht. Sie sind ein jugendlicher grossmäuliger Schwätzer 🙂 .

  • Andreas 5. August 2025, 15:30

    Zu 4. :

    ‚Ich halte Richters Herausarbeitung…‘

    Der Satz ist nicht richtig zuende geführt, jedenfalls erschließt er sich mir nicht.

  • cimourdain 6. August 2025, 08:41

    3) Zur NASA in den 70ern: Was verstehst du unter Effizienz? Dass der Haushaltsanteil gegenüber der 60er-Hochzeit wesentlich geringer (1/3) war, hat Kirkd schon erwähnt. Aber wie wurden die Mittel verwendet: Statt eines PR-Stunts (man on the moon) wurde Wissenschaft betrieben: Skylab, Voyager (die Sonden funken übrigens immer noch Daten zur Erde, 2024 gab es eine Antennenkorrektur) und die Entwicklung des Space Shuttle (gewissermaßen die Grundlage für die wiederverwertbare SpaceX Rakete).

    4) Immer wieder: Die Atmosphäre lässt nicht mit sich verhandeln. Ihr ist komplett egal, was deutschen Kommentatoren politisch durchsetzbar erscheint und welche anderen (maximal klimaschädlichen) Prioritäten gerade auf der Tagesordnung stehen.

    5) Das Problem bei Faktenchecks ist, dass sie sich nicht damit zufrieden geben, eine Korrektur von überprüfbar falschen Angaben vorzunehmen, sondern häufig vor allem ein Framing liefern sollen, in das die Zahlen eingebettet werden.

    b) Das entscheidende ist, dass diese (konkrete) Rechtsextreme(?) auch Oppositionsführerin ist.

    • Stefan Sasse 6. August 2025, 09:19

      3) PR-Stunts kann man effizient und ineffizient schaffen. Und die Mondlandung war eine Meisterleistung.

      4) Jo, aber was hilft das?

      5) Fakten sind immer in einem Framing.

      • Erwin Gabriel 6. August 2025, 10:20

        @Stefan Sasse 6. August 2025, 09:19

        3) PR-Stunts kann man effizient und ineffizient schaffen. Und die Mondlandung war eine Meisterleistung.

        Oh ja! Hab’s damals als 11jähriger Bub im Fernsehen gesehen, zusammen mit über 100 anderen Leuten, die sich auf dem Campingplatz mit ihren mitgebrachten Klappstühlen vor einem kleinen, aufgehängten Fernseher versammelt hatten. Wir Kinder wurden dafür mitten in der Nacht geweckt.

        5) Fakten sind immer in einem Framing.

        Ja.

  • cimourdain 6. August 2025, 09:21

    g) Eine Bemerkung zu Stefan Sasses „Wir in Deutschland ziehen Wahlkreise ja auch halbwegs fair.“ Das liegt am priorisierten Verhältniswahlrecht, Gerrymandering lohnt sich bei Mehrheitswahlrecht mehr. Es gibt allerdings auch ein paar deutsche Beispiele (Berlin, München, Münster) und ich wage zu prognostizieren, dass durch die Wahlrechtsreform Direktmandate mehr Bedeutung haben und deshalb auch ein Neuziehen von Wahlkreisen politischer wird.

  • cimourdain 6. August 2025, 09:31

    2) Ich finde es etwas „erstaunlich“, dass diejenigen, die jetzt darauf bestehen, dass Verfassungsrichter möglichst unumstritten sein sollen, diesen Maßstab bei einem Stephan Harbarth noch nicht angelegt haben, obwohl dessen Wikipedia-Eintrag zur Hälfte aus der Kategorie „Kritik“ besteht.

    • Stefan Pietsch 6. August 2025, 11:47

      Wenn man Vorwürfe erhebt, sollte man sich zuvor zumindest etwas kundig machen. Ich habe genau das vor Jahren kritisiert in Artikeln und Kommentaren, genau den Namen Harbarth, der sich als treuer Diener von Angela Merkel in Karlsruhe bewehrt hat.

      Also bitte das nächste Mal erst informieren, dann schreiben.

      • cimourdain 6. August 2025, 12:47

        Der Faktenchecker aus 5) würde schreiben „teilweise richtig“.
        Der „Richtig“ Teil: Sie haben in zwei Artikeln zum „Corona Urteil“ 2021 das BVerG deutlich kritisiert und dabei auch den „umstritten“ Status des Vorsitzenden thematisiert.
        Der „falsch“ Anteil“: Als die Richterwahl selbst kurz thematisiert wurde (Vermischtes vom 25.11.2018) hat das Stefan Sasse ausdrücklich als positives Gegenmodell zur US-Politisierung vermerkt, aber es gab keine Leseräußerung dazu – auch nicht von Ihnen.

        • Stefan Pietsch 6. August 2025, 13:48

          Das ist weit mehr als jeder andere in Anspruch nehmen kann. Und wie gesagt, in Kommentaren habe ich das ebenfalls sehr kritisiert. Aber gerne fürs Protokoll: Ich bin Gegner, Politiker zu Richtern zu machen.

          Der Grund ist denkbar einfach: Die Aufgaben von Politikern und Verfassungsrichtern stehen sich diametral gegenüber. Der Politiker muss sich im Vorfeld einer Maßnahme eine Meinung bilden und er muss für sie, häufig mit all seiner verfügbaren Emotionalität, für sie kämpfen. Der Richter steht für das genaue Gegenteil: Er darf sich erst ganz am Ende, wenn von allen Seiten die Argumente und Beweise vorgebracht sind, seine Meinung und damit Urteil bilden. Er hat genau dies so lange zurückzustellen. Er muss möglichst nüchtern und unemotional an den Prozess herangehen und darf sich nicht für eine Seite verkrampfen.

          Wir Menschen sind entweder das Eine oder das Andere. Es gibt genügend Menschen, die sich für die Karriere als Politiker und solche, die sich für den Richterberuf entscheiden. Wenn Sie ihre Aufgabe ausfüllen wollen, müssen sie die jeweiligen Bedingungen akzeptieren. Und sie leben.

  • cimourdain 6. August 2025, 18:13
  • Sören Schmitz 6. August 2025, 18:57

    Zu 4
    Ich schätze Hedwig Richter. Ihr Wort hat Gewicht. Aber dieser Spiegel Artikel ist meiner Meinung symptomatisch für viele Artikel dieser Art. Die Hoffnung, dass internationales Recht doch die Staaten endlich aufrütteln möge, wirksames für den Klimaschutz zu tun.

    Ich fürchte dieses IGH Urteil wird dazu führen, dass noch mehr Staaten nach Wegen suchen werden, die internationale Ordnung zu unterlaufen. Glaubt man wirklich Indien, China, die USA werden wegen dem IGH ihre Unweltpolitik ändern? Im neuen KI-Rennen ist Energie-Trumpf – Schätzungsweise werden bis 2040 fast 40 bis 50 % mehr Energie benötigt als heute. Diese Energie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht regenerativ erzeugt werden. Wird Europa diesem Wettrennen zuschauen? Wohl kaum – ich fürchte wir werden auch in Deutschland im Zuge des CO2 Preises Konzessionen sehen, um diese Auswirkung auf die Verbraucher abzupuffern. Spannend wird dann zu sehen sein, wie die Politik mit dem
    Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts umgehen wird.
    Für Vanuatu und die anderen Pazifikinseln sind das sehr schlechte Nachrichten.

    • Stefan Sasse 6. August 2025, 22:08

      Ich halte bekanntlich wenig von der Verrechtlichung politischer Fragen.

      • cimourdain 7. August 2025, 09:51

        Du musst nur hinsehen, was genau in diesem Fall die Sphären Politik, Recht und Diplomatie bedeuten: Das Gutachten (nicht Urteil) des IGH verteilt diese Sphären: Staaten können für die Folgen ihrer (Klima-)POLITIK im Rahmen des RECHTS haftbar gemacht werden. Dieses recht rührt aus Verträgen die im Rahmen der Klima-DIPLOMATIE geschlossen werden (konkret wurde das Pariser Klimaabkommen erwähnt).

        Und die Erfahrungen mit anderen Verfahren zeigt auch deutlich, welche Staaten dies nicht akzeptieren würden:
        – Russland würde Urteile genauso ignorieren wie die Unterlassungsaufforderung des IGH in Sachen Ukrainekrieg
        – Israel würde Anklägern Antisemitismus vorwerfen und die Geheimdienste auf sie ansetzen wie auf Karim Khan
        – Die USA würden Sanktionen gegen beteiligte Ankläger und Richter erheben
        – Indien und China kämen nicht in die Situation, weil sie ihren Anteil (gemäß des Abkommens) erfüllen
        https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/energie-revolution-kommt-indien-erreicht-klimaziele-f%C3%BCnf-jahre-zu-fr%C3%BCh-die-eu-sieht-alt-aus/ar-AA1IPEW9?ocid=BingNewsSerp

        • Thorsten Haupts 7. August 2025, 12:46

          Staaten können für die Folgen ihrer (Klima-)POLITIK im Rahmen des RECHTS haftbar gemacht werden.

          Das beruht auf einer derartig irrsinnigen Selbstüberschätzung der Gutachter, dass mir dazu nichts mehr einfällt. Weisen Sie doch mal nach, dass durch Verzögerungen von Klimaschutzmassnahmen in Luxemburg Pazifikinseln versunken sind? Hier wären das Gericht weit besser beraten gewesen, sich Selbstbeschränkung aufzuerlegen, aber diese Fähigkeit geht Gerichten im Westen zunehmend verloren. Zum Schaden der Rechtstreue und des Rechtsvertrauens.

        • Lemmy Caution 7. August 2025, 16:35

          Hätte. hätte. Fahrradkette.
          Das Internationale System ist in seinem Wesen anarchistisch, weil es keine Polizei gibt, die da irgendwas durchsetzt.
          Die Internationalen Vertraege funktionieren eher wie der Piratenkodex von „Fluch der Karibik“, d.h. mehr eine Verhaltensrichtlinie.

          Der IGH kann da alles moegliche entscheiden. Wer soll denn die Strafen durchsetzen? International werden die Europaer ausgelacht, weil hier erstaunlich viel Politiker und Akademia solche Selbstkasteiungen scheinbar gut finden.

          • Stefan Sasse 10. August 2025, 14:00

            Guter Vergleich. Barbossa scheitert mit seinen Plänen immer wieder daran, dass seine Mannschaft ihn an die Regeln des Kodex erinnert und sie einfordert.

        • Stefan Sasse 10. August 2025, 13:56

          Ja, deswegen ja auch meine Kritik an der Vorstellung, man könnte das durch Verrechtlichung in den Griff bekommen. Aber ich würde das Völkerrecht auch nicht komplett als wertlos verwerfen.

  • Ralf 6. August 2025, 22:13

    zu 1) “mit KI leben”

    Wir müssen „nur“ einen Umgang damit finden

    Du redest Dir da aus meiner Sicht die Welt schön. Bereits jetzt sind viele Tätigkeiten durch KI ersetzbar. Das merkt nur im Augenblick noch nicht wirklich Deine Generation. Erst kürzlich habe ich zwei Artikel gelesen – einen im Spiegel über die Situation in Deutschland und einen im Guardian über die Situation in den USA: Der Einstieg ins Berufsleben ist für junge Menschen bereits jetzt in mehreren Feldern schwierig. Auch weil Firmen bereits den weiteren Erfolg von KI antizipieren und sich verschlanken.

    Und im Augenblick leistet sich KI noch viele Fehlgriffe. Das wird aber absehbar abnehmen. Und kombiniert mit bestehenden Technologien – von Drohnen bis hin zu Selbst-Checkoutautomaten im Supermarkt – wird es apokalyptische Arbeitsplatzverluste bewirken. Explosiv. Nicht-linear. In größeren Unternehmen werden z.B. mit einem Schlag fast die gesamten HR-, Marketing-, Competitive Intelligence- und IT-Abteilungen überflüssig werden. Dazu große Teile von Legal. Die Buchhaltung sowieso. Meine Schwester schlug letztens in einem Gespräch vor, die ganzen Arbeitslosen könnten ja dann z.B. KI-Programmierer werden … nicht wissend, dass Programmierer gerade zu den ersten gehören, die ersetzt werden, weil bereits die derzeitige KI ausreicht einen großen Teil des Codes zu schreiben, der geschrieben werden muss.

    In 15-20 Jahren wird KI nicht nur das Wissen der gesamten Menschheit haben und dazu schnell und effizient sein. KI wird auch freundlicher, geduldiger, kreativer und empathischer sein als Menschen. KI wird menschlicher sein als Menschen. Welcher Arbeitgeber soll dann noch Menschen einstellen, wenn die doch teurer, ineffizienter und langsamer sind?

    In 15-20 Jahren werde ich mich vielleicht gerade noch so in die Rente retten können. Vielleicht – so wie viele das in den 2000er Jahren machen mussten – mit einer Überbrückung im Arbeitslosengeld I und anschließend mit Abschlägen in die Frührente. Du bist ja, glaub ich, noch ein ganzes Stück jünger. Du wirst wohl keine 12 Jahre im Arbeitslosengeld überbrücken können. Aber Du wirst wenigstens noch einen Großteil Deines Lebens in die Rente eingezahlt haben und möglicherweise hast Du auch noch was zurückgelegt. Aber Deine Kinder werden nie die Möglichkeit kriegen überhaupt Rücklagen zu bilden. Die junge Generation wird in eine Welt stolpern, in der Menschen für fast nichts mehr gebraucht werden. Arbeit die ultraschlecht bezahlt ist, wird vermutlich am längsten überleben. Die Klofrau am Bahnhof wird man vermutlich noch eine ganze Weile nicht durch einen 500.000 Euro-Roboter ersetzen. Aber was sind das für Aussichten? Ich bin heilfroh, dass ich alt genug bin, von alledem – hoffentlich – weniger betroffen zu sein. Die jungen Menschen von heute tun mir leid.

    • Thorsten Haupts 6. August 2025, 23:59

      Wahrscheinlichkeit und Fakten sprechen – extrem – gegen Ihr apokalyptisches Szenario (ich liiiiebe Apokalyptiker):
      1) Apokalyptische Prognosen gab (und gibt) es in der Menschheitsgeschichte wie Sand am Meer. Sie sind – ausnahmslos – nicht eingetroffen. Seit nunmehr 5.000 Jahren aufgezeichneter Menschheitsgeschichte.
      2) Ihr lustiges Weltbild basiert auf der Annahme, es gebe eine KI. Die existiert nicht. Es existieren LLMs. Das sind gigantische Datenbanken angereichert um ein Wortergänzungsmodell.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Ralf 7. August 2025, 00:22

        In der Menschheitsgeschichte sind zahllose Apokalypsen eingetreten. Nein, lass mich das konkretisieren: In der deutschen Geschichte sind zahllose Apokalypsen eingetreten: Von Pest bis 30-jährigem Krieg, von Hyperinflation bis Holocaust.

        • Thorsten Haupts 7. August 2025, 12:41

          Nebelkerze. Es ging nicht um eingetretene Apokalypsen, sondern um eingetretene Apokalypsen, die vorher prognostiziert wurden.

          • Ralf 7. August 2025, 13:32

            Eine schwere Pandemie ist von Experten beispielsweise seit vielen Jahren prognostiziert worden und die kam dann auch mit SARS-CoV-2. Nach dem Ersten Weltkrieg ist der Völkerbund gegründet worden, weil man vorhergesehen hat, welche Brutalität ein weiterer Weltkrieg haben würde. Und dann kam der Zweite Weltkrieg. Auch die Aggression Putins, die unsere Sicherheitslage völlig auf den Kopf stellte, ist von den EU-Ländern im Osten vielfach prognostiziert worden. Es wollte damals keiner hören.

            Dass eingetretene Katastrophen nie prognostiziert worden sind, ist folglich schlicht nicht war. Und es ist auch nicht fair einen mit Argumenten untermauerten Standpunkt auf dieselbe Stufe wie die Weltuntergangsvorhersage des Maja-Kalenders zu stellen.

            • Stefan Pietsch 7. August 2025, 18:16

              Was folgte immer auf Katastrophen? Hm?

              Corona war keine naturgegebene Katastrophe, aller Wahrscheinlichkeit nach. Und vielleicht schauen Sie sich Ihre Kommentare von 2020/2021 an. Ihren Pessimismus haben Sie auch damals über Jahre verbreitet. Und dann kam alles anders und die Pandemie wurde erstaunlich schnell überwunden.

              Wenn Sie Hilfe brauchen, ich helfe Ihnen gerne beim Suchen. Der Rückblick auf die eigenen Ansichten kann einiges zur Selbsterkenntnis beitragen.

              • Ralf 7. August 2025, 21:44

                Die Covid-Pandemie war wahrscheinlich eine naturgegebene Katastrophe … 😉

                Ich denke, dass mein Pessimismus damals angebracht war. Die Omikronvariante des Virus, die Anfang 2022 nach Europa schwappte, war ein unglaublicher und unwahrscheinlicher Glücksfall, den so niemand vorhersehen konnte. Die Variante war erheblich infektiöser als alle anderen Varianten zuvor. Höhere Infektiösität geht normalerweise Hand in Hand mit höherer Pathogenität, weil sich das Virus im Wirt schneller vermehren und somit dem Immunsystem gegenüber einen steileren Vorsprung erlangen kann. Trotzdem war die Pathogenität der Omikronvariante gegenüber dem Vorläufer, der Deltavariante, um ein Drittel abgeschwächt. Da hat die Menschheit einfach unglaubliches Glück gehabt. Ein Virus mit der Infektiösität der Omikronvariante und der Pathogenität der Deltavariante – oder sogar noch mit höherer Pathogenität – hätte ein Blutbad in Deutschland angerichtet – vor allem auch weil ein weiterer Lockdown vermutlich von der Mehrheit nicht mehr mitgetragen worden wäre. Zumindest nicht solange, bis die Todeszahlen wieder dramatisch angestiegen wären. Aber dann wäre es halt wieder zu spät gewesen. Genau wie im Spätherbst/Winter 2020, als in Deutschland um die 70.000 Menschen starben. Das mit Abstand größte Massaker auf deutschem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg.

                • Stefan Pietsch 7. August 2025, 23:27

                  Sie scheinen irgendwann um 2021/2022 ausgestiegen zu sein… Heute gilt die Labortheorie in Wuhan als die wahrscheinlichste Erklärung für die Entstehung des Corona-Virus.

                  Andere Länder waren ja immer weit schlauer als die Deutschen, obwohl die Mehrheit von uns glaubt es wäre umgekehrt. Die Briten haben sich auf Basis von Panels permanent einen detaillierten Überblick über den Stand der Pandemie und vor allem der Immunisierung der Bevölkerung verschafft. Im Herbst 2021 kamen die Wissenschaftler zu der statistischen Erkenntnis, dass 96 oder 98 Prozent der Bevölkerung immunisiert seien – entweder weil sie geimpft, (mehrmals) infiziert oder anderweitig immunisiert worden waren.

                  Wir wussten hier gar nichts. Aber es gab schon Leute, die der Ansicht waren, die damaligen Erkenntnisse der Briten ließen sich durchaus auf Deutschland übertragen.

                  Soweit Sie widersprechen wollen, sind Sie nahe dran, sich einen argumentativen Knieschuss zu verpassen. 🙂 Vorsicht.

                  • Ralf 8. August 2025, 00:13

                    Die Labortheorie in Wuhan gilt unter namhaften Experten nicht als die wahrscheinlichste Erklärung für die Covid-Pandemie. Die Labortheorie ist aber auch nicht auszuschließen.

                    Dass andere Länder immer schlauer waren als die Deutschen, stimmt so nicht. Wir haben durch intensives Sequenzieren beispielsweise einen hervorragenden Überblick über das Infektionsgeschehen gehabt, was uns insbesondere in der ersten Welle eine beeindruckende Kontrolle der Epidemie erlaubt hat, während das Virus gerade in Ländern wie Großbritannien jeder Kontrolle entglitten ist. Insgesamt ist Deutschland – gemessen an der Bevölkerungszahl – mit deutlich weniger Opfern durch die Krise gekommen als die meisten unserer Nachbarn. Insofern können wir nicht alles falsch gemacht haben.

                    Im Herbst 2021 waren in Deutschland sehr wahrscheinlich nicht 96-98% der Bevölkerung immun gegen das Virus. Es stellt sich auch die Frage, was “immun” in dem Kontext überhaupt heißen soll. Die Omikronvariante war gegenüber dem Vorläufervirus stark verändert, mit massiven immun-evasiven Mutationen im Spike-Protein. Folglich war im Herbst 2021 überhaupt nicht klar, ob Immunschutz, aufgebaut durch die Impfung oder durch eine durchlaufene Infektion, noch vor schwerer Erkrankung schützen würde – und wenn ja, in welchem Ausmaß. Letztlich haben wir auch hier einfach enorm Glück gehabt.

                    • Stefan Pietsch 8. August 2025, 09:16

                      Für einen (Natur-) Wissenschaftler bleiben Sie erstaunlich unpräzise und begnügen sich selbst bei Ihrem Steckenpferd mit Behauptungen.

                      Stichwort Herkunft des Virus:
                      Sie wissen nicht, dass es schon früh Geheimdienstberichte gab, die von einem Laborunfall in Wuhan ausgingen. Dies war vor Monaten selbst Thema für den Deutschen Bundestag, eigentlich kein Schubbler-Gremium.

                      Auch der ehemalige Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hält die Laborthese mit dem aktuellen Wissensstand für wahrscheinlicher, wie er vor einem Monat der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« sagte. Zuvor hatten »Süddeutsche Zeitung« und »Zeit« berichtet, der BND halte es bereits seit 2020 für wahrscheinlich, dass das Virus aus einem Labor stammt. Der BND sei sich bei der These gar zu »80 bis 95« Prozent sicher.
                      https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-stammt-sars-cov-2-aus-einem-chinesischen-labor-ja-sagt-das-weisse-haus-a-5dba0ba1-5d1a-4b45-9996-262151d79022

                      Genauso gibt es längst nach Regionen aufgerissene Studien zur Über-/Untersterblichkeit. Die am leichtesten zugängliche bezieht sich leider nur auf die Jahre 2020 und 2021. Doch hier finden sich keine Belege für Ihre Behauptung, Deutschland sei besonders gut durch die Pandemie gekommen. Tatsächlich sind die Schwankungen nach Regionen enorm und gerade in Skandinavien – Schweden und Norwegen – kam es in größeren Regionen sogar zu Untersterblichkeit. Ja, Schweden. Im Ergebnis jedenfalls liefern die Auswertungen keine Basis für Ihre Behauptung. Sie ist völlig unwissenschaftlich.
                      https://www.bib.bund.de/DE/Presse/Mitteilungen/2024/2024-07-31-Uebersterblichkeit-waehrend-der-Coronapandemie-Grosse-regionale-Unterschiede-in-Europa.html#:~:text=Aus%20regionaler%20Sicht%20verlagerte%20sich,Jahre%20unter%20dem%20erwarteten%20Wert.
                      https://www.tagesschau.de/wissen/uebersterblichkeit-corona-pandemie-100.html

                      Das setzt sich fort, wenn die darauffolgenden Jahre betrachtet werden. Da zeigt sich nämlich, dass gerade Schweden in Summe der Jahre besser abschnitt als Deutschland.
                      https://www.aerzteblatt.de/news/covid-19-hoehere-uebersterblichkeit-in-aermeren-europaeischen-laendern-mit-niedriger-impfquote-b971b28e-8b12-4449-a669-67a2d9d67c18

                      Am stärksten betroffen waren Bulgarien (17,2 %), Litauen (16,1 %) und die Slowakei (14,9 %). Am niedrigsten war die Übersterblichkeit in Schweden (2,2 %), Island (2,7 %) und Dänemark (4,0 %). In Deutschland betrug sie 5,6 % (Rang 6 nach Norwegen und Island).

                      In Skandinavien ist ein Vergleich zwischen den Nachbarn Dänemark und Schweden interessant. Dänemark hatte sich zum Lockdown entschlossen, Schweden setzte auf die Freiwilligkeit der Bevölkerung. Im Jahr 2020 stieg die Sterblichkeit in Dänemark um 0,3 %, in Schweden um 7,2 %. In den folgenden drei Jahren war die Mortalität in Schweden (-0,2 %, 1,6 % und 0,2 %) kaum noch erhöht. In Dänemark kam es zu einem Anstieg um 4,4 %, 7,4 % und 4,0 %).

                      Fazit: Die freiheitsbeschränkenden Pandemiemaßnahmen hatten nur im ersten Jahr sicht- und meßbare Erfolge. Statistisch wurden sie von demographischen Unterschieden deutlich überlagert. Spätestens ab Herbst 2021/ Frühjahr 2022 ergaben sie längst keinen Nutzen mehr, als Deutschland noch im Lockdown verharrte.

                      Es stellt sich die Frage, warum Sie sich damit nicht auseinandersetzen. Beide Antwortmöglichkeiten – Sie wissen es nicht oder Sie enthalten es bewusst vor – werfen kein gutes Licht auf Ihre Kompetenz.

                    • Ralf 8. August 2025, 21:20

                      Auch die Geheimdienste sind zumindest noch Mitte 2023 nicht davon ausgegangen, dass die Covid-Pandemie durch einen Laborunfall ausgelöst wurde:

                      https://www.bmj.com/content/bmj/382/bmj.p1556.full.pdf

                      Seither hat es meines Wissens nach keine signifikanten neuen Erkenntnisse zur Sache gegeben. Die Labor-Theorie ist weder bestätigt worden, noch kann sie völlig ausgeschlossen werden. Aber sie ist aus wissenschaftlichen Gründen nicht wahrscheinlich.

                      So sind auf dem Markt in Wuhan z.B. bereits im frühesten Stadium der Pandemie zwei genetisch unterschiedliche Linien des Virus nachgewiesen worden, die sehr wahrscheinlich unabhängig voneinander auf den Menschen übergesprungen sind. Das macht die Labor-Theorie weniger wahrscheinlich, denn eine solche Theorie müsste postulieren, dass nicht nur ein Virusstamm, sondern gleich zwei entkommen sind. Und die frühe Verbreitung beider Viruslinien hängt geographisch sehr stark mit dem Tiermarkt in Wuhan zusammen. Fast alle frühen Fälle lagen in der unmittelbaren Umgebung. Die Mitarbeiter des Forschungsinstituts haben aber nicht auf dem Markt gewohnt.

                      Als Argument für die Labor-Theorie ist immer wieder die synthetisch wirkende Furinspaltstelle im Spike-Protein genannt worden, also eine Sequenz, an der ein proteinschneidendes Enzym namens Furin angreift. Es wurde anfangs behauptet, dass solche Furinspaltstellen in Coronaviren untypisch seien. Das ist mittlerweile aber widerlegt. Selbst einer der in Deutschland gängigen Erkältungscoronavirenstämme besitzt eine solche Furinspaltstelle. Und im Rahmen der immensen Forschung an Coronaviren im Zuge der Covid-Pandemie sind viele weitere Beispiele entdeckt worden.

                      Die Sequenz der Furinspaltstelle aus dem SARS-CoV-2-Virus ist identisch mit der Furinspaltstelle aus einem humanen Protein. Das wurde als Evidenz für den künstlichen Charakter der Furinspaltstelle herangezogen. „Was macht eine humane Proteinregion in einem Coronavirus?“, war die Frage. Mittlerweile hat man in freier Wildbahn aber SARS-ähnliche Coronaviren gefunden, die vier der acht Aminosäuren ebenfalls enthalten. Ähnliche Sequenzen sind also auch in der Natur entstanden.

                      Es macht auch wissenschaftlich keinen Sinn diese Furinspaltstelle aus einem obskuren Protein, zu dem es kaum Daten gibt, in ein Coronavirus einzubauen. Wenn man ein Virus wirklich infektiöser machen wollte, würde man besser charakterisierte Sequenzen verwenden, um die Erfolgsaussicht zu erhöhen.

                      Ich selbst habe im Rahmen meiner Arbeiten – nicht an einem Virus, sondern an einem Tumorantigen – eine Furinspaltstelle eingebaut. Welche ich genommen habe? Keine von einem obskuren, uncharakterisierten Protein. Sondern die vom humanen Insulinrezeptor. Die vermutlich bekannteste und am besten charakterisierte Furinspaltstelle.

                      Die Furinspaltstelle im Coronavirus ist übrigens besonders komplex. Für sie gilt nicht, dass sie umso besser für das Virus ist, je besser sie geschnitten wird. In der Tat schadet eine hochaktive Spaltstelle der Fitness des Virus. In der Praxis – wollte man einem Coronavirus, das keine Furinspaltstelle besitzt, eine solche einbauen, um die Infektiösität zu erhöhen – würde man sich in der Natur dort bedienen, wo ein System bereits funktioniert. Manche Erkältungscoronaviren besitzen, wie oben erwähnt, im Spikeprotein eine funktionierende Furinspaltstelle, die optimal an die Fitness des Virus angepasst ist. Jemand der ein Virus genetisch umbauen wollte, würde sich am ehesten dort bedient haben. Eine Furinspaltstelle aus irgendeinem Zufallsprotein einzubauen, hätte auf jeden Fall wenig Sinn gemacht.

                      Und es hat auch nicht besonders gut geklappt. Das ursprüngliche Virus war nicht besonders ansteckend, was eben an der schlecht angepassten Furinspaltstelle lag. Die erste dokumentierte Mutation, die sich im Virus nach einigen Wochen rasend schnell verfestigte – noch lange bevor die Alpha-Variante auftauchte – war eine Mutation, die das Spike-Protein strukturell so veränderte, dass die Furinspaltstelle optimaler geschnitten wurde. Und zahlreiche Folgevarianten haben die Funktion der Furinspaltstelle noch weiter modifiziert und immer besser angepasst. Selbst die Omikron-Variante hat da noch nachgelegt. Wenn also wirklich jemand das Virus im Labor synthetisch hergestellt hat, hat er keinen besonders beeindruckenden Job gemacht.

                      Noch ein letzter Punkt: Jede Aminosäure des Spikeproteins wird im Virusgenom durch drei sogenannte Nukleotide kodiert, die in vier Varianten namens A, C, G und T vorkommen. Die drei Nukleotide bezeichnet man als ein Codon. Eine der Aminosäuren in der Furinspaltstelle ist ein Arginin und es ist aufgefallen, dass das Arginin durch ein für das Virus ungewöhnliches und problematisches Codon kodiert wird: CGG. Dies wurde in der Literatur zuweilen als Hinweis auf einen synthetischen Hintergrund der Furinspaltstelle interpretiert. Tatsächlich trifft das Gegenteil zu. In der Praxis optimiert man eingebaute genetische Sequenzen. Der Aufwand ist derselbe – ob man nun das problematische CGG-Codon oder ein weniger problematisches Codon wie AGG- bzw. CGC verwendet. Alle diese Codons kodieren für Arginin. Es ist unlogisch anzunehmen, dass ein Forscher, der ein Virus infektiöser und fitter machen möchte, Sequenzen verwenden würde, die dem Virus schaden und die Fitness einschränken. In der Natur allerdings entstehen Mutationen ungesteuert nach dem Zufallsprinzip. Und die darwinsche Selektion belohnt die erfolgreichen Ergebnisse. Ein ungünstiges CGG-Codon lässt sich somit viel besser durch natürliche Mutation erklären, wenn der evolutionäre Vorteil der daraus resultierenden Furinspaltstelle mindestens schwach überwiegt.

                      Nichts von oben Geschriebenen beweist natürlich, dass das SARS-CoV-2 Virus natürlichen Ursprungs ist. Klar kann man das Virus auch durch eine Folge von Zufällen und Inkompetenz und schlechten wissenschaftlichen Entscheidungen erklären. Aber es ist vermutlich nicht die überzeugendste Erklärung.

                      Zu der Übersterblichkeit in Europa nur kurz: Wie man in den Abbildungen 3, 4 und 5 des verlinkten Artikels sieht …

                      https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Deaths_during_the_COVID-19_pandemic

                      … war die Übersterblichkeit in Schweden in der ersten Welle brutal. eine der höchsten in Europa. Die zweite Welle war furchtbar. Deutschland hat zu spät reagiert, was das schwerste politische Versagen in der deutschen Nachkriegsgeschichte war. Ein Versagen, das viele zehntausend Menschen das Leben gekostet hat. Und das nur wenige Monate bevor das rettende Vakzin zur Verfügung gestanden hätte. Aber nichtsdestotrotz ist Deutschland – verglichen mit anderen europäischen Ländern – angeschlagen, aber doch noch so irgendwie auch durch die zweite Welle gekommen. Schweden übrigens sehr ähnlich. In der dritten Welle dann war die Pandemie in Schweden vorbei – so auch wie in den anderen Ländern, die am Anfang so katastrophal betroffen gewesen waren: Italien, Frankreich, Spanien etc.. Der Grund dafür ist aber kein guter. Die besonders Vulnerablen waren halt tot. Und sterben kann man nur einmal.

                    • Stefan Pietsch 9. August 2025, 16:54

                      Wow! Und jetzt meinen Sie mich erschlagen zu müssen. Ich weiß ja, dass Sie fachlich kompetent sind. Das habe ich nie bestritten. Das steht nicht entgegen, dass Ihre politische Meinung interessengefärbt ist. So werden auch Sie möglicherweise konstatieren, dass Ihre frühere Position „NoCovid“ im Lichte des heutigen Wissens völlig überzogen war. Ich gebe Ihnen den Benefit of good Faith. Mehr aber auch nicht.

                      Selbst wenn wir uns darauf einigen würden, dass er Ursprung des Virus ungeklärt bliebe und er eben auch künstlich entstanden sein könnte, so zerfleddert das den Eingang unserer Diskussion, wo Sie das als natürliche Katastrophe aufgezählt haben. Und auch hier die Seitenbemerkung: Menschen, die genau das 2020-2024 behauptet haben, wurden als gefährliche Schwubbler und Querdenker abgetan. Im Rückblick lehrt das, in unsicheren Gewässern vorsichtig mit der Verfemung anderer Menschen und ihrer Meinung zu sein.

                    • Stefan Pietsch 9. August 2025, 16:55

                      Das Wesentliche bleibt: Die Studien folgen nicht Ihrer wiederholten Behauptung, Deutschland sei besonders gut durch die Pandemie gekommen. Durchschnitt ja, aber nicht mehr.

                    • Ralf 9. August 2025, 21:44

                      Das Fass mit der natürlichen oder nicht-natürlichen Covid-Herkunft hatten Sie aufgemacht, nicht ich. Ich hatte oben lediglich bemerkt, dass Experten seit Jahren eine Pandemie vorhergesagt hatten. Diese Vorhersage ist auch nicht sonderlich gewagt gewesen. Durch die enge globale Vernetzung der Menschen, die vielen Reisen und das dichte Zusammenleben in Ballungszentren ist die Ausbreitung von Erregern begünstigt. Ob dieser Erreger dann künstlich durch ein Laborleck oder natürlich durch eine Zoonose auf den Menschen überspringt, ist erstmal egal. Obwohl letzteres auch immer wahrscheinlicher wird, gefördert durch Massentierhaltung und das immer tiefere Eindringen des Menschen in Ökosysteme.

                      Was die “No Covid”-Strategie angeht, die halte ich nach wie vor, und auch im Rückblick, für die richtige Strategie. Ehrlich gesagt ist mir schleierhaft wie jemand, der weiß, wie eine Exponentialfunktion aussieht, das anders sehen kann. Der Ansatz der “No Covid”-Strategie, so wie sie von Wissenschaftlern in Deutschland vertreten worden ist, forderte lokal mit begrenzten Lockdowns dort zu reagieren, wo Infektionen aufflammten und solange das Infektionsgeschehen verfolgbar und kontrollierbar war. Die Alternative – die die Strategie der Bundesregierung war – war immer solange zu warten, bis die Krankenhäuser kurz vor dem Kollaps standen und die Infektionen völlig außer Kontrolle waren. Mit den Folgen, dass dann ein ein wesentlich heftigerer bundesweiter Lockdown nötig wurde. Gerade einem Liberalen sollten die wesentlich milderen und lokalen Maßnahmen der “No Covid”-Strategie eigentlich gefallen. Und ich denke, dass Ihnen das auch klar wäre, wenn Sie bei “No Covid”-Strategie nicht stets an Xi Jinping und seine bescheuerten autoritären Unterdrückungsmethoden gleichen Namens denken würden, die mit dem, was Experten in Deutschland gefordert haben null kommt null zu tun haben.

                      Zum durchschnittlichen Abschneiden Deutschlands bei der Covid-Pandemie nochmal: Wir sind hervorragend, weil sehr diszipliniert durch die erste Viruswelle gekommen. Das war nicht selbstverständlich. Anders als etwa Schweden ist Deutschland extrem dicht besiedelt, hat mehrere Millionenstädte und dazu riesige Ballungsräume wie das Ruhrgebiet. Deutschland ist auch Durchreiseland, weshalb aus allen Richtungen Menschen und Waren nach Deutschland hinein und aus Deutschland heraus transportiert werden. Außerdem ist Deutschland ein Traffic-Hub. Einer der größten Flughäfen der Welt liegt in Frankfurt. Dazu haben wir diverse andere internationale Großflughäfen. Trotzdem sind wir wie gesagt hervorragend – viel, viel besser als andere – durch die erste Welle gekommen. Dass wir einen Großteil unseres Vorsprungs wieder verloren haben, liegt an dem viel zu späten Reagieren in der zweiten Welle. In dieser zweiten Welle sind in Deutschland über 70.000 Menschen völlig unnötig gestorben. Nur Wochen bevor es ein rettendes Vakzin gab. Und diese Menschen sind gestorben, weil sich die Politik in einem medialen Umfeld, das zunehmend von Desinformation und Spaltung dominiert wurde, nicht durchringen konnte, einen Lockdown zwei, drei Wochen früher zu beginnen. Das größte und katastrophalste Versagen einer deutschen Regierung seit dem Zweiten Weltkrieg.

                    • Stefan Pietsch 10. August 2025, 10:56

                      Die Wahrscheinlichkeit einer weltweiten Epidemie wurde schon debattiert, als die Rinderkrankheit BSE die Schlagzeilen beherrschte. Der entscheidende Trigger ist die globale Vernetzung, wie sich ja dann bei Covid zeigte. Aber was ist das Problem? Die Menschheit wurde unerwartet schnell mit dieser Pandemie fertig, die 2020 als menschheitsbedrohend angesehen wurde.

                      Bereits im Frühjahr 2020 galt als herrschende Meinung, dass wir erst bei einer Immunisierung der Bevölkerungen unser normales Leben wieder aufnehmen könnten. Daraus zogen die Länder unterschiedliche Schlüsse. Die einen ließen genau deswegen das Pandemiegeschehen freier laufen mit dem kalkulierten Risiko, dass sich mehr Menschen infizieren (und erkranken). Andere wie Deutschland setzten auf eine restriktive Politik und warteten auf Impfstoffe. Dieser Zeitpunkt – so wurde bereits im Frühjahr 2020 gesagt – wäre der Wendepunkt, wo die Rückkehr zur Normalität eingeläutet werden könne.

                      In Stockholm und Teilen Großbritanniens passierte, was zu erwarten war: Mehr Menschen erkrankten und im ersten Jahr starben auch mehr Menschen. Doch der Wendepunkt war bereits Anfang 2021 erreicht. In Deutschland nicht. Und trotz breiter Impfungen hielt die Regierung fast weitere anderthalb Jahre an den Beschränkungen fest.

                      Es gibt noch eine Benchmark, die den Irrweg von No Covid zeigte. Bis zum Frühjahr 2021 marschierten Deutschland und der Nachbar Schweiz sowohl in den Maßnahmen als auch bei den Infektionszahlen im Gleichschritt. Im zweiten Quartal des Jahres, nach der gescheiterten Osterruhe, beschloss die Merkel-Regierung noch einmal ein strengeres Regime. Der Alpenstaat dagegen hob praktisch alle Maßnahmen auf. Ergebnis: Die Infektionszahlen beider Länder blieben auf dem gleichen Niveau. Die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen hatten also überhaupt keinen messbaren Effekt. Wenn es Sie interessiert, ich habe das hier ausführlich mit dem damaligen Autor Marc Schanz debattiert.

                      Die Studien zeigen, was schon vorherige Meta-Auswertungen zeigten: Die pandemischen Maßnahmen hatten für den einzelnen Schutzwirkungen, nicht für die Kontrolle der Pandemie, zumindest nicht ab dem Jahr 2021. Die Auswertungen zeigen (und so steht es auch in den Erläuterungen), dass die gr0ßen Abweichungen durch die Altersstrukturen der regionalen Bevölkerungen bedingt waren und nicht durch politische Maßnahmen.

                      In meinem Beruf ist Mathematik essentiell und ich liebe die Mathematik. Aber ich bin als Manager und Führungskraft hauptsächlich Sozialforscher. Menschen als Individuum sind oft unberechenbar und nur bedingt zu steuern. Das gilt auch für uns beide. Ich werde mit Ihnen wie mit anderen nicht über das jeweils andere Wertesystem debattieren. Das respektiere ich so lange es durch das Grundgesetz gedeckt ist.

                      Es hat seinen Grund, warum kein demokratischer Rechtsstaat eine No-Covid-Strategie versucht hat. Eben weil sie nicht mit den Prinzipien einer freien Gesellschaft vereinbar sind. Ich bin einmal an Corona erkrankt, im Spätsommer 2022. Vier Tage war mir elend, einen Monat brauchte ich bis ich ganz gesund war. Die drei Impfungen zuvor hatten mich allerdings auch vier Tage hingerafft.

                      Zur Jahreswende 2022/2023 erkrankte meine Frau erneut an Corona. Obwohl wir als Ehepaar eng zusammenleben, reichten einfache Schutzmaßnahmen, dass ich mich nicht infizierte: Abstand von 1-2 Meter, getrenntes Schlafen, regelmäßiges Lüften.

                      Mein Punkt: Wir schützten nicht wirklich die vulnerablen Gruppen, denn für sie hatten wir kein Konzept. Es wurden einfach alle über einen Kamm geschoren, irgendwas würde ja schon wirken. Auf Strecke waren viele Länder klüger.

                    • Ralf 10. August 2025, 17:44

                      Sie machen in praktisch jedem Ihrer Beiträge unter diesem Thread den gleichen Fehler:

                      Sie beklagen, dass Deutschland am Ende der Pandemie nicht besser dastand. Fordern aber gleichzeitig, es hätte damals weniger rigide Beschränkungen geben sollen, obwohl es gerade das Weniger an rigiden Beschränkungen war, das unser Land am Ende hat suboptimal dastehen lassen.

                      Nochmal: Die meisten Toten gab es in der zweiten Welle, als mehr als 70.000 Menschen in Deutschland starben. Völlig überflüssig – weil nur wenige Monate später das rettende Vakzin zur Verfügung gestanden hätte. Zu dem Massaker kam es, weil sich die Anhänger von weniger Beschränkungen – also Sie – politisch durchgesetzt hatten und – auch als kristallklar war, dass sich ein Lockdown nicht würde vermeiden lassen (wenn Sie, wie Sie sagen Mathematik mögen, dann wissen Sie, wie eine Exponentialfunktion aussieht) – warteten und warteten und warteten. Zehntausende haben das Warten mit dem Leben bezahlt.

                      Und am Ende hatte Deutschland genau deshalb den Vorsprung aus der ersten Welle verspielt. Die Abwesenheit des Vorsprungs beklagen Sie nun.

                  • Stefan Sasse 10. August 2025, 14:06
                  • Stefan Pietsch 10. August 2025, 15:13

                    Der Artikel sagt nur Nichts Genaues wissen wir nicht. Können wir uns nicht einmal einigen, dass die jahrelangen Angriffe und Herabsetzungen von Anhängern der Labortheorie überzogen waren?

                    • Stefan Sasse 10. August 2025, 16:13

                      Ich kenne diese Angriffe und Herabsetzungen nicht, aber ja, klar! Mir geht es nur darum, dass es den von dir behaupteten Konsens (noch) nicht gibt.

                    • Ralf 10. August 2025, 17:29

                      Diese jahrelangen Herabsetzungen, spezifisch gerichtet gegen Anhänger der Labortheorie, hat es nicht gegeben. In der Pandemie existierte Hysterie auf allen Seiten – gegen die Anhänger der Labor-Hypothese, gegen die Anhänger der Hypothese des natürlichen Ursprungs, für und gegen Anhänger und Gegner jeder einzelnen Maßnahme. Für alles und jeden findet man ein Beispiel. Insgesamt ist die Debatte, zumindest vonseiten der Wissenschaft, aber sehr objektiv geführt worden. Es gibt sowohl Publikationen, die der Labortheorie zuneigen, als auch Publikationen, die der Theorie widersprechen. Da ist – so wie das auch sein sollte – einfach diskutiert worden. Das galt im wesentlichen auch für den populärwissenschaftlichen Bereich. Ich hab letztes Jahr zum Beispiel nochmal alle Drosten-Podcasts (“Coronavirus-Update”) von Folge 1 an durchgehört. Da gab es auch eine Folge zur Labortheorie. Drosten fand, dass der Theorie an Überzeugungskraft fehlt. Und er begründete warum. Aber er behauptete zu keinem Zeitpunkt, dass die Labortheorie widerlegt sei oder dass ein natürlicher Ursprung des Virus bewiesen werden könne. Er setzte auch niemanden herab, griff niemanden persönlich an. Stattdessen gestand er ein, dass wir eine definitive Antwort möglicherweise nie bekommen werden.

                    • Stefan Sasse 11. August 2025, 08:29

                      Der Mann war ein Phänomen an Integrität.

                    • Thorsten Haupts 11. August 2025, 10:21

                      Und ein politischer Volltrottel. Seine Begründung, warum er die Labortheorie ablehnte, hat er vor kurzem öffentlich gemacht: Er glaubte seinen chinesischen Kollegen. So naiv kann gegenüber einer kommunistischen 100% Überwachungsdiktatur eigentlich niemand sein.

                  • Stefan Pietsch 10. August 2025, 19:05

                    Mein Punkt ist: Die pandemischen Maßnahmen, die in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich ergriffen wurden, hatten praktisch keinen wirklichen Effekt auf das Pandemiegeschehen, so man mehr als ein paar Monate in die Betrachtung nimmt. Das ist denke ich angesichts der bisherigen Erkenntnisse eine zulässige, nachvollziehbare Position und kein Fehler. Ein sehr starkes Indiz hierbei ist der von mir angeführte Vergleich Deutschland / Schweiz, dem Sie ja nichts entgegenhalten können.

                    Ihre Position zusammengefasst war ja, eine Immunisierung der Bevölkerung darf nicht zugelassen werden, weil es hierbei zu viele Opfer geben würde. Als Beweis führen Sie eine Infektionswelle an. Das ist arg wenig, zumal, anders als Sie behaupten, in der ersten Welle die Beschränkungen in Deutschland hinter denen in anderen Ländern wie z.B. Spanien deutlich zurückblieben. Wir waren hintenraus viel zu lange zu streng.

                    2020 war ich noch nicht gegen die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen. Das kam erst mit dem Jahr 2021 und das Faß zum Überlaufen brachte die Idee der Osterruhe. Hier sprang zumindest Marc Schanz auf den Zug auf (Sie glaube ich auch), zukünftig für alle (!) Jahre im Herbst und Frühjahr jeweils zwei Wochen Lock-Down einzuführen. Irre.

                    Es zählt am Ende die Bilanz. Und Sie können sowohl aus den Übersichten für das Jahr 2020, das Jahr 2021 sowie die Zusammenfassung sehr genau sehen, dass der besondere deutsche Weg keine überdurchschnittlichen Erfolge brachte. Wenn Sie das allein auf die stärkere zweite Welle zurückführen, dann ist das Beleg für die Schwäche Ihrer Position.

                  • Stefan Pietsch 10. August 2025, 19:33

                    Die zweite Welle im Herbst 20020 bis Januar 2021 verlief laut Daten der WHO global heftiger als die erste Welle. Ihre Theorie vom Vorsprung durch schärfere Beschränkungen passt somit nicht.

                    Und es bleibt dabei: Der Beweis, dass Lockdowns überhaupt einen Einfluss hatten, fehlt völlig. Erst recht der Nutzen von Schulschließungen. Eine Erinnerung an unsere Verfassungsgrundsätze: Staatliche Maßnahmen müssen geeignet, maßvoll und das mildeste Mittel sein. Die Daten über vier Jahre samt Studien zeigen, dass der deutsche Staat sich nicht daran gehalten hat. Schlimmer noch: Gerade 2022 wurde die Lage politisch bewusst völlig verzerrt und eine wirkungslose Impfpflicht ernsthaft diskutiert (zu deren Befürwortern die meisten hier im Blog gehörten). Fällt da das Eingeständnis so schwer überzogen zu haben?

            • Thorsten Haupts 7. August 2025, 20:09

              Sie haben Ihren Standpunkt nicht mit Argumenten untermauert, weil Ihre behauptete Basis dieser Argumente schlicht nicht existiert – es gibt keine KI, folglich kann sie uns nicht bedrohen.

              Ich gebe Ihnen den Punkt mit den wenigen prognostizierten katastrophalen Ereignissen, obwohl Sie auch da die für jede „richtige“ Prognose hunderte von falschen ausblenden müssen, die nicht eingetreten sind.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Ralf 7. August 2025, 22:20

                Ich halte das für Wortklauberei. Large Language Models stellen einen Zweig der künstlichen Intelligenz dar. Das sieht die übergroße Mehrheit der Experten im Feld so.

                • Thorsten Haupts 8. August 2025, 08:58

                  Ich fasse Ihre Position mal zusammen:
                  1) Experten sagen mir, LLMs sind KI
                  2) Daraus leite ich apokalyptische Vorhersagen für den Arbeitsmarkt entwickelter Staaten der nächsten 20 Jahre ab
                  3) Ich bin technikaffin genug, um den Ingenieuren und Softwareentwicklern zuzutrauen, meine Vorhersage umsetzen zu können

                  Alles klar.

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

                  • Ralf 8. August 2025, 11:35

                    Sieht aus, als ob Du den Begriff “Strohmannargument” definieren möchtest. In Deiner “Zusammenfassung” meiner Argumente finde ich mich nicht wieder.

    • Stefan Pietsch 7. August 2025, 11:24

      Ihre Darstellungen haben logische Krater größer als der Grand Canyon. Wenn Sie sagen durch die KI würde die Menschheit praktisch arbeitslos und ohne Einkommen,

      – wofür sollten Unternehmen extrem teure, kapitalintensive Computer und Roboter einsetzen, wenn sie keine Absatzmärkte haben?

      – Wer soll überhaupt die Unternehmen steuern?

      Dienstleistungen und Produkte werden völlig sinnlos, weil keiner sie nachfragt. Und wer zahlt überhaupt Steuern und finanziert die Sozialleistungen?

      So funktionieren Märkte nicht, so funktioniert nicht der Kapitalismus. Das war zwar Marx Vision. Aber 200 Jahre Geschichte des Kapitalismus sollten eigentlich etwas anderes gelehrt haben. Vor allem auch, dass „Kapital“ im volkswirtschaftlichen Sinne längst nicht mehr nur Maschinen sind. Dazu zählen neben Finanzkapital auch der Intellekt eines Ralf – wenn er sich nicht gerade mit Politik beschäftigt.

      • Ralf 7. August 2025, 12:19

        Da bin ich ganz bei Ihnen. Der KI-Boom wird zu seinem eigenen Opfer werden. Das lässt die Nachrichten nur leider nicht besser werden. Sollte die KI-Revolution Millionen Menschen ausreichend langsam und stetig aus der Arbeit verdrängen, werden wir ein riesiges Heer verarmter, entrechteter Habenichtse bekommen, deren Unterhalt für die Gesellschaft nicht mehr finanzierbar sein wird. Bei gleichzeitiger extremer Ungleichheit. Mit anderen Worten: Wir werden dann zurück ins Mittelalter treten. Alternativ, wenn die KI-Revolution plötzlich und bruchhaft kommt, werden Millionen Bürgerliche – also Wähler – mit einem Schwall aus der Mittelschicht verstoßen werden. Die werden anschließend erwartbar den Versprechungen der radikalsten und extremsten Parteien ihren Status wiederherzustellen erliegen, was zum 1933 unserer Generation werden wird. So oder so wird unsere Zivilisation am Ende sein.

        • Stefan Pietsch 7. August 2025, 18:10

          Nochmal: Ihre Darstellung beraubt dem Produzieren seinen Sinn. Kein Unternehmen produziert noch kann es überhaupt überleben, wenn es keine Kunden hat. Und damit sind nicht Kunden im Sinne von Henry Ford gemeint.

          Sie hatten das Beispiel Buchhalter genannt. Das ist ja ein Bereich, für den ich sicher als Experte durchgehe. Und da befinde ich mich in meinen Einschätzungen im Einklang mit den betreffenden Prognosen von Forschungsinstituten. Ich hatte dazu vor Jahren einen Artikel verfasst.

          Rückläufig und auf Dauer entbehrlich sind einfache und mittlere Aufgaben von Sachbuchhaltern. Das allerdings sind ohnehin mehrheitlich angelernte Kräfte, die häufig nicht die Profession von der Pike auf gelernt haben, sondern in den Job reingespielt wurden. Noch wichtiger als bisher werden jedoch komplexe buchhalterische Aufgaben, die immer individuell gelöst werden müssen, weil es dazu sehr umfangreiche Vorarbeiten und Überlegungen bedarf. Es ist bis heute nicht annähernd vorstellbar, solche Aufgaben automatisieren zu können. Weiter bestehen große Bedarfe in der Geschäfts- und Bilanzanalyse. Damit sind nicht Standardaufgaben von mittleren Controllern gemeint. KI kann hierbei unterstützen, die Hauptarbeit wird jedoch immer ein Mensch erledigen müssen.

          Gescheitert sind bisher auch alle Versuche, KI an den Finanzmärkten als automatisierte Trader einzusetzen. Das Geschäft ist einfach zu komplex und individuell als dass es sich in dieser Form in IT-Schemen pressen ließe.

          Arbeit wird nicht überflüssig. Das ist weder die Ansicht von professionellen Prognostikern noch ist dies die Erfahrung aus 200 Jahren Kapitalismusgeschichte. Würden Sie tatsächlich Ihr Vermögen auf eine solche Prognose setzen?

          • Ralf 7. August 2025, 22:17

            Es ist bis heute nicht annähernd vorstellbar, solche Aufgaben automatisieren zu können.

            Dasselbe hat man über Schach gesagt, bis Deep Blue im Jahre 1996 den Schachgroßmeister Garri Kasparow schlug. Dann war das noch viel komplexere Spiel Go die unüberwindliche Hürde. Und auch die wurde übersprungen. KI schlägt heute Pokerweltmeister, ein Spiel das unheimlich auf menschlicher Intuition beruht. Ich empfehle dazu Nate Silvers aktuelles Buch. Aus meinem eigenen beruflichen Bereich nenne ich AlphaFold, das KI-Tool, das die unglaublich komplexe Aufgabe dreidimensionale Proteinstrukturen vorherzusagen, gemeistert hat und damit eine Revolution losgetreten hat. Heutzutage werden Proteininteraktionen mit wenigen Klicks designt, deren Planung früher Jahre gedauert hätte. Und auch komplexe Aufgaben in sich ständig und unvorhersagbar verändernden Umgebungen, die schnelle Aktion erfordern, wie fahrerfreies Autofahren wird immer besser. In dem Kontext erscheint es mir völlig absurd, dass Trader oder Buchhalter nicht ersetzt werden könnten. Klar – wir reden nicht von heute oder von morgen. Es will auch, glaube ich, niemand die Haftung für einen KI-Trader übernehmen, der die falschen Entscheidungen trifft. KI macht heutzutage einfach noch viel zu viele Fehler. Aber diese Systeme können aus ihren Fehlern lernen. Und sie werden stetig optimiert. Deshalb ist absehbar – sogar relativ mittelfristig absehbar – dass diese Probleme bald gelöst sein werden.

            • Stefan Pietsch 7. August 2025, 23:19

              Beim Schach geht es um das Vorausberechnen mehrere Alternativen. Dafür sind Computer geschaffen. Für Improvisation ist beim Schach wenig Raum.

              Und genau das werden Rechnersysteme nie können: Improvisieren, Innovieren. Phantasie ist nicht programmierbar.

              Sie und ich werden es noch erleben. Nur, heften Sie sich diese Kommentare von Ihnen ab.

              • Ralf 8. August 2025, 00:21

                Und genau das werden Rechnersysteme nie können: Improvisieren, Innovieren. Phantasie ist nicht programmierbar.

                KI kreiert heutzutage Bilder und Gemälde. KI komponiert Musik. Beides lässt sich in Qualität nicht mehr von menschlichen Künstlern unterscheiden. Vor einem halben Jahr hörte ich einen Podcast an. Dort war ein berühmter Autor gebeten worden eine “Sommer-Liebesgeschichte” zu schreiben. Parallel wurde eine “Sommer-Liebesgeschichte” von einer KI erstellt. Anschließend wurden mehrere Passagen aus beiden Geschichten vorgelesen, ohne dem Publikum mitzuteilen, welche Geschichte vom menschlichen Autor und welche vom KI-Tool stammte. Das Publikum sollte am Ende raten. Auch ich habe mitgeraten. Und lag – wie zahllose andere – daneben.

                • Stefan Pietsch 8. August 2025, 11:35

                  KI nimmt Versatzstücke aus Bekanntem und setzt sie in anderen Konstellationen zusammen. Das ist keine Innovation.

                  iTunes war innovativ. Das Smartphone war es. Die Mona Lisa ohnehin. Wer glaubt ernsthaft, das könne ein Computer selbständig erschaffen? Dann braucht es keine Menschheit mehr.

                  • Ralf 8. August 2025, 21:27

                    KI nimmt Versatzstücke aus Bekanntem und setzt sie in anderen Konstellationen zusammen. Das ist keine Innovation.

                    Das macht der Mensch genauso. Beethoven hat nicht die Tonleiter erfunden, sondern die Töne einfach in neuen Konstellationen zusammengesetzt. Ich finde die 5. Sinfonie dennoch innovativ. Led Zeppelin hat auch nicht die Gitarre erfunden. Van Gogh hat weder Farbe noch Pinsel erfunden. Alle haben Bestehendes verwendet, in neuen Kombinationen, um damit etwas Revolutionäres zu kreieren.

                    Und KI macht nichts anderes. Mit Ergebnissen, die sich von vom Menschen gemachten Produkten nicht unterscheiden.

      • Thorsten Haupts 7. August 2025, 12:39

        Wenn es echte KI gäbe, würde der Kapitalismus im Verein mit den Fortschritten bei der Robotik tatsächlich sinnlos (und verschwinden), weil die komplette bisherige Wertschöpfungskette am Ende durch Roboter erledigt werden könnte (und würde), die sich selber warten und erneuern. Aber da sind wir eben noch nicht.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Ralf 7. August 2025, 13:34

          Ja – da sind wir eben noch nicht. Niemand widerspricht. Die Frage ist aber, ob und wann wir dorthin kommen werden. Du wettest gegen Wissenschaft und Ingenieure. Ich wette für sie.

          • Thorsten Haupts 8. August 2025, 00:00

            Zwei Leute mit deutlich mehr Technikaffinität als Sie haben wetten hier im Forum dagegen – Lemmy und ich.

            • Ralf 8. August 2025, 00:23

              Ich halte mich eigentlich für ziemlich technikaffin. Und dass Du und Lemmy gegen die Technik wettet, ist jetzt nicht das Killerargument für deren projiziertes Versagen.

        • Stefan Sasse 10. August 2025, 13:58

          Zu unseren Lebzeiten werden wir das auch nicht. Aber ich halte es für realistisch, dass echte KI und Roboter das Ende des Kapitalismus sein werden. Quasi Star-Trek-Utopia.

          • Thorsten Haupts 10. August 2025, 14:31

            Ganz Deiner Meinung – und das schon seit 30 Jahren. Ich bin für den Kapitalismus, weil er unter Resourcenknappheit die mit grossem Abstand bisher effizienteste Wohlstandsmachinerie war. Mit KI und flächendeckender Robotik werden seine Existenzbedingungen weitgehend entfallen.

            • Stefan Sasse 10. August 2025, 16:10

              Ich fürchte nur, dass wir das beide nicht mehr erleben werden.

              • Thorsten Haupts 10. August 2025, 23:15

                In der entwickelten Welt wäre meine Prognose (ganz vorsichtig): 50 Jahre. Ich bin dann lange tot, Du etwas kürzer 🙂 .

                • Stefan Sasse 11. August 2025, 08:32

                  Ich könnte noch Glück haben und als 91jähriger schimpfend den Stock schwingen.

  • Lemmy Caution 6. August 2025, 22:53

    Fuer die Spanisch-Duolingueros.
    Falls ihr noch Interesse Sprache habt oder ein bisschen ueber mich lachen wollt:
    Ich werde jetzt oefters zwischen 22:00 und 23:00 Uhr in dem Spanish Chanel auf diesem Discord-Server auftauchen: https://discord.gg/tPbQTtU2Zt
    Auf dem Discord findet ihr den Kanal in dem Bereich „Language Voice Channels“ relativ weit unten. Man erkennt mich daran, dass mein Spanisch nun ziemlich von Franzoesisch geflutet wurde, d.h. ich bin der Typ, der so redet: „aussi… aeh … tambien“ oder „plus … ah merde … mas …“ „il faut statt einfach hay que“ und des oefteren spanische Vokale nasaliert, aber ansonsten schon weiss, was er tut. Ok, nick ist „le canard allemand“. Ich mache den franzoesischen Akzent nicht extra. Ich arbeite dagegen.
    Ich will da jetzt auf jeden Fall etwas gegen diese fortschreitende Degradierung tun, d.h. oefters da auftauchen.
    Wenn ihr euch nicht zutraut, auf Spanisch zu reden, einfach mikro stumm lassen. Ist da voll akzeptiert.

  • Lemmy Caution 10. August 2025, 16:55

    Was macht eigentlich Milei ?
    Aktuell tendiere ich deutlich zu „The great austrian economics swindle“
    Ich bin inzwischen super-genervt ueber den Hype unter deutschen Liberalen, in dessen Zentrum ein deutscher Wirtschaftsprofessor an der zweitgroessten spanischen Uni steht. Phillip Bagus.
    Ich habe mich in den letzten Monaten alle 6 Wochen in den argentinischen Diskurs zugeschaltet und hoere denen zu. Immer mehr namenhafte argentinische Oekonomen werden immer kritischer. Beispiele: Roberto Cachanosky, Natalia Motyl, Diego Giacomini.
    Das sind jetzt keine Kritiken von Keynesianern sondern von Libertaeren/Liberalen. Die Stroeme von Direkt- und Finanzinvestitionen sind negativ. Dollarkurs als Inflationsanker und Freigabe von Kapitalsverkehrskontrollen fuer Private kann mittel- bis langfristig nur ins Desaster fuehren, zu wenig strukturelle Reformen bei extremer Fokussierung auf Inflation wird irgendwann scheitern.
    V.a. Diego Giacomini finde ich sehr auf dem Punkt. Alle Beitraege auf seinem youtube Kanal haben eine Synchronuebersetzung auf Englisch, die aber leider sehr roboterartig klingt. Sehr schade, weil seine Performance im Original immer witziger und entspannter wird. https://www.youtube.com/@DiegoGiacominiok/videos . Und es ist Oekonomen-Jargon full.
    Ich finde bei Bagus nirgendwo irgendwo einen Hinweis diese Kritik aus den liberalen und libertaeren Ecken. Von sehr bekannten Leuten mit einer guten Reputation. Die Kritik war immer da, wird aber jetzt immer staerker. Wer dermassen Dinge ausblendet, faellt bei mir sehr schnell in die Kategorie bewusster Manipulateur.

    • Stefan Pietsch 10. August 2025, 18:54

      Du kritisierst hart, bleibst aber total unspezifisch.

      Die Inflation ist dramatisch gesunken.
      Der Staat erwirtschaftet Überschüsse und die Wirtschaft wächst weit überdurchschnittlich schnell.
      Argentinien wird nach zahlreichen Defaults wieder kreditwürdig.
      Die Armut sinkt.

      Das ist ja alles objektiv belegbar. Und die bisherige Zeit von nicht einmal zwei Jahren ist außerordentlich kurz bemessen. Was also ist die konkrete Kritik?

      • Lemmy Caution 11. August 2025, 22:41

        ich wollte hier nicht zu sehr in die Tiefe gehen.
        Auf twitter habe ich gestern so einiges geschrieben.
        An anderer Stelle auch mehr als Referenzen wie hier
        https://x.com/LemmyCaution/status/1954582151883595999
        wo mich der hier geliked hat: https://x.com/StefanKooths

        Problem ist kurz- bis mittelfristig echt der ueberbewertete Peso in Verbindung mit der Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen.

        Giacomini hebt sehr auf die Geldmengensteigerungen durch die krebsartigen Leliqs-Ramsch-Wachstum auf der Passivseite der Zentralbank. Giacomini ist der heftigste Warner… und bekanntester Anhaenger der oestereichischen Schule in Argentinien nach Milei. Er hat Milei darin eingefuehrt.
        https://www.youtube.com/@DiegoGiacominiok/videos
        Man kann sich da eine englische Uebersetzung einstellen. Bei jedem Video: Settings-raedchen => English (US). Weiss aber nicht, wie gut die Uebersetzung ist. Ist ziemlich technisch. Er lehnt sich im persoenlichen sehr weit raus und wird indiskret full. So wie es unter Beratern der Spitzen der Politik niemals moeglich waere.
        Roberto Cachanosky, Diego Giacomini und auch Carlos Melconian. Das sind nicht irgendwelche Random Dudes sondern 60% der liberalen Spitzen-Oekonomen der Republik Argentinien. Die schiessen nicht einfach in einer oekonomisch instabilen Lage aus der Huefte. Natalia Motyl ist eine Nachwuchskraft, aber ich find die ehrlich und didaktisch.

    • Stefan Sasse 11. August 2025, 08:27

      Rechte:Milei=Linke:Chavez

      • Stefan Pietsch 11. August 2025, 08:53

        Der Stil jeden echten Linken: Nicht unterscheiden zu können zwischen Demokraten und Diktatoren.

        • Stefan Sasse 11. August 2025, 13:19

          Chavez war am Anfang auch kein Diktator. Damals gab es massive Begeisterung unter Linken. Inzwischen ist das…etwas abgekühlt.

  • Stefan Pietsch 12. August 2025, 12:11

    Chavez war ein Diktator. Punkt. Es gibt kein „war mal“. Hitler war als Kind sicher auch nett.

    Du setzt einen Demokraten mit einem Diktator gleich. Das ist so daneben wie es nur sein kann. Und das nur, weil Du einen Politiker, der Dir nicht zusagt, herabwürdigen willst. Siehe unten.

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