Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
Mark Schieritz widerspricht in seinem Kommentar dem Vorwurf, es finde keine offene Debatte über den Ukrainekrieg statt. Die Schriftstellerin Juli Zeh und andere hatten zuvor beklagt, dass Alternativen zur Regierungslinie kaum Gehör fänden und Entscheidungen als „alternativlos“ etikettiert würden. Schieritz hält dem entgegen, dass es kaum ein Thema gebe, das in den letzten Jahren so breit und kontrovers diskutiert worden sei. Er verweist auf öffentlich ausgetragene Kontroversen, hohe mediale Präsenz kritischer Stimmen wie Sahra Wagenknecht und intensive parlamentarische Debatten. Die wiederholte Forderung nach mehr Diskurs erscheine ihm daher eher als Wunsch nach größerer Sichtbarkeit bestimmter Positionen. Dass viele Fachleute militärische Unterstützung für die Ukraine befürworteten, sei kein Zeichen von Einseitigkeit, sondern möglicherweise von Sachkenntnis. Politische Entscheidungen unterlägen immer Unsicherheiten, daher seien auch Fehler unvermeidbar – dies sei kein Argument gegen den demokratischen Prozess. Die Behauptung, knappe Mehrheiten reichten bei grundlegenden Richtungsentscheidungen nicht aus, wird von Schieritz zurückgewiesen: In einer repräsentativen Demokratie wie der Bundesrepublik seien solche Mehrheitsentscheidungen legitim – auch bei weitreichenden Weichenstellungen wie Euro-Einführung oder Wiedervereinigung. Der Ruf nach mehr Debatte verkenne somit die bereits existierende demokratische Vielfalt und könne selbst zur Verharmlosung demokratisch getroffener Beschlüsse führen. (Mark Schieritz, ZEIT)
Schieritz bringt hier auf den Punkt, was ich bei diesem Gejammere von Zeh und anderen so nervig finde. Die große „nichts darf man mehr sagen!“-Pose hat nichts mit der Realität zu tun. Sowohl beim Ukrainekrieg als auch bei Corona oder bei Migration, die drei großen Themen, bei denen man laut Zeh keine offene Debatte hat, wurden zu Tode diskutiert. In den Talkshows hoch und runter. Zeh sollte das wissen, sie saß oft genug darin. Es ist ein merkwürdiges Land, in dem man sich in Leitartikeln und Talkshows darüber beklagt, dass keine Debatte stattfindet. Es ist einfach eine verlogene Behauptung. Man dominiert sie nicht, man bekommt nicht von allen Seiten Zustimmung, klar, aber das ist doch gerade die Definition einer Debatte. Alles andere ist entweder ein Konsens oder aber das Totschweigen von etwas, üblicherweise, weil ein Thema gesellschaftlich nicht als relevant betrachtet wird (so war die Flüchtlingsthematik vor 2015 in Deutschland kein breit diskutierter Gegenstand, dann gab es eine kurze Phase des Konsens‘, eine virulente Debatte und nun wieder einen recht breiten Konsens, bei dem man sich vor allem um Details streitet und nur die LINKE merklich ausschert). Schieritz trifft auch den Nagel auf den Kopf, wenn er sagt, dass dieses Gerede die Legitimität demokratischer Prozesse untergräbt. – Siehe zum Thema auch diesen Aufruf von Carlo Masala und Armin Nassehi.
2) »Das nützt der AfD« nützt der AfD
Margarete Stokowski kritisiert in ihrem Debattenbeitrag den weitverbreiteten Reflex, politische Ereignisse stets mit der Floskel zu kommentieren: „Das nützt der AfD.“ Dieser Satz sei zu einer Form politischen Fatalismus geworden, die lähmend und letztlich kontraproduktiv wirke. Was einst als kluge strategische Beobachtung begann, habe sich zu einer „vollkommen unnötigen Unterwerfung“ unter eine vermeintlich unvermeidbare Entwicklung entwickelt. Die ständige Wiederholung dieser Aussage führe zu einer mythischen Überhöhung der AfD, als sei sie eine unaufhaltsame Kraft, die jede Aufmerksamkeit – ob kritisch oder nicht – in Stärke verwandle. Stokowski betont, dass diese Haltung nicht nur resignativ, sondern auch selbstverstärkend sei: „Wenn man bei allem feststellt, dass es der AfD nützt, dann nützt das der AfD.“ Damit würden Menschen, die sich aktiv gegen Rechtsextremismus engagieren, demoralisiert. Vielmehr müsse gefragt werden, „was der AfD schadet“. Die Autorin plädiert dafür, politische Debatten wieder mit Inhalten, Kreativität, Solidarität und Mut zu füllen – statt sich im Zynismus zu verlieren. Politik sei kein Schicksal, sondern veränderbar. Die Vorstellung, dass der Aufstieg der AfD ein Naturgesetz sei, sei falsch – und gefährlich. (Margarete Stokowski, Spiegel)
Das ist so ein Artikel, bei dem ich mir wünschen würde, ich hätte ihn selbst geschrieben, weil er genau trifft, was ich wesentlich weniger elegant in zahlreichen eigenen Posts, Artikeln und Kommentaren gesagt habe und sage. Mein eigener Versuch war ja die Metapher des Spiegels, in dem jede*r nur sieht, was er oder sie sehen will. Die Masse der Erklärungen, was alles der AfD hilft, ist nur noch albern, und alle erklären ständig alles, was sie ablehnen, zur Hilfe für die AfD. Diese Erklärungen schließen sich gegenseitig auch oft genug aus. Aber die Logik – oder besser, ihr Fehlen – ist gar nicht der relevante Punkt hier. Stokowski nennt vielmehr den eigentlich wichtigen Teil, dass man die anderen damit größer macht, als sie eigentlich sind. Die AfD wird in eine Sonderrolle gehoben, die sie nicht haben sollte, nicht als Partei, sondern als Naturgewalt, wie eine Springflut oder ein Flächenbrand, gegenüber dem man hilflos ist. Diese Hilflosigkeit findet sich dann in den Erklärungen, die immer praktisch als Beleg genutzt werden, dass man ja nichts tun kann.
3) Israel Plunges Into Darkness
Der Artikel von Gershom Gorenberg beschreibt mit scharfer Kritik die geplante weitere Eskalation Israels im Gaza-Krieg. Die israelische Regierung habe beschlossen, große Teile des Gazastreifens dauerhaft zu besetzen – trotz der bereits katastrophalen Lage für die palästinensische Zivilbevölkerung. Geplant sei eine weitere Vertreibung der Menschen in eine sogenannte „humanitäre Zone“, die weder strukturell noch administrativ abgesichert sei. Der Autor warnt, dass dies auf eine „ethnische Säuberung“ hinauslaufen könne. Premierminister Netanyahu habe erneut den „absoluten Sieg“ über die Hamas versprochen – ein Ziel, das laut Gorenberg „eine Chimäre“ sei. Stattdessen drohe ein zermürbender Abnutzungskrieg ohne klare Aussicht auf Erfolg. Während die israelische Regierung das militärische Ziel betone, sehe die Mehrheit der israelischen Bevölkerung die Rettung der Geiseln als vorrangig an. Diese Kluft zwischen Bevölkerung und Regierung sei gravierend. Trotz Warnungen des Generalstabs halte Netanyahu an seinem Kurs fest. Gorenberg spricht von einem „moralischen Desaster“ und fordert, die Realität des Krieges anzuerkennen – statt sich Illusionen vom totalen Sieg hinzugeben. Sollte kein diplomatischer Durchbruch gelingen, drohe Israel weiter „in die Dunkelheit“ zu stürzen. (Gershom Gorenberg, The Atlantic)
Ich war bisher immer im „im Zweifel pro-Israel“-Camp und bin das eigentlich auch noch immer. Aber ich merke, wie ich in den letzten Monaten immer mehr den Glauben verliere. Was Netanyahu da treibt, ist einfach nicht mehr zu rechtfertigen. Die Gewalt, die Menschenrechtsverletzungen, dieses Weitertreiben, die expansiven Ziele, all das ist keine Selbstverteidigung mehr. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich darauf reagieren soll, weil die andere Seite noch krasser ist. Ich will ja nicht anfangen, „from the river to the sea“ zu skandieren, weil ich keinerlei Sympathie für die Hamas und andere Terroristen habe. Was macht man in der Situation? Noch dazu, wenn man ohnehin aus sicherer Entfernung und ohne persönliche Verbindung drauf schaut? Ich bin nur noch ratlos.
Der Artikel beschreibt das politische und juristische Dilemma der neuen Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz in der Migrationspolitik. Merz hatte angekündigt, Asylsuchende bereits an der Grenze abzuweisen, was jedoch mit europäischem Recht kollidiert. Denn laut Dublin-Verordnung darf eine solche Zurückweisung nur nach Einreise und Zuständigkeitsprüfung erfolgen. Gleichzeitig hat Merz einen „Neustart für Europa“ versprochen, was Zurückweisungen ohne Abstimmung problematisch erscheinen lässt. Im Koalitionsvertrag wurde eine vage Formulierung gewählt: Zurückweisungen sollten „in Abstimmung“ mit europäischen Partnern erfolgen. Innenminister Dobrindt legte dies weit aus und berief sich auf Artikel 72 AEUV, was in der Öffentlichkeit als Ausrufung eines Notstands interpretiert wurde. Merz musste anschließend klarstellen, dass kein nationaler Notstand erklärt worden sei. Rechtlich genügt allerdings bereits eine Notlage-Begründung gegenüber der EU-Kommission, etwa mit Verweis auf überlastete Kommunen. Ein Vertragsverletzungsverfahren durch die Kommission ist möglich, aber nicht zwingend. Merz könnte die Zeit bis zum Inkrafttreten neuer EU-Asylregeln nutzen, solange er außenpolitische Eskalation vermeidet. Entscheidend sei daher kommunikative Disziplin, um den Spagat zwischen europäischer Kooperation und innenpolitischem Druck durchzuhalten. (Paul Middelhoff/Mark Schieritz, ZEIT)
Ich habe das bereits im Wahlkampf immer wieder gesagt: die Forderungen Merz‘ und Konsorten sind rechtlich überhaupt nicht umsetzbar. Und nun, an der Regierung, surprise surprise, stellt die Regierung fest, dass es rechtlich nicht umsetzbar ist. Der neue Innenminister erklärt einen Notstand, den der Kanzler dann als rhetorische Spitze ohne rechtliche Qualität umdeutet, und so geht es gerade weiter. Hätte man mit den konkret möglichen Dingen – wie Dobrindts Anweisung an die Polizei, bestimmte Regeln wieder nach den Buchstaben des Gesetzes auszuführen – gesprochen, wäre das eine andere Geschichte, aber diese Machbarkeitsillusion führt nur zu willkürlichen Grausamkeiten und übersteigerten Hoffnungen, die nur enttäuscht werden können. Das Glück für Merz ist – auch das habe ich bereits vor der Wahl gesagt -, dass die Zahlen ohnehin rapide sinken und dass die Maßnahmen der EU Deutschland weitgehend davon entheben werden, konkrete Dinge zu tun, und er das dann wird als seinen Erfolg reklamieren können.
5) „Das ist Terror! Alle hier fürchten sich!“
Der Artikel schildert die dramatische Eskalation an der Columbia University in New York nach der Rückkehr Donald Trumps ins Präsidentenamt. Die Regierung hat der Universität Forschungsgelder in Höhe von 400 Millionen Dollar entzogen und deren Rückgabe an weitreichende politische Auflagen geknüpft. Diese umfassen die Kontrolle über das Curriculum, die Überwachung von Studierenden und Lehrenden sowie den Zugriff auf interne Kommunikationsdaten – offiziell im Namen des Kampfes gegen Antisemitismus und für Meinungsfreiheit. Tatsächlich gehe es aber, so kritisieren viele Professorinnen, um die gezielte Ausschaltung akademischer Freiheit. Proteste auf dem Campus werden von Sicherheitskräften unterdrückt, internationale Studierende festgenommen oder abgeschoben. Die Columbia habe dem Druck zunächst nachgegeben, um ihre Forschung zu sichern, was jedoch als Kapitulation interpretiert werde. Professorinnen wie Marianne Hirsch warnen: „Das ist Terror! Alle hier fürchten sich!“ Die Regierung betreibe laut Kritikern eine Strategie autoritärer Gleichschaltung, orchestriert von Trump-Berater Christopher Rufo, der offen eine ideologische Säuberung der Universitäten anstrebe. Zunehmend formiere sich jedoch Widerstand innerhalb der Hochschulen, auch juristische Schritte wie an der Harvard University seien in Vorbereitung. Columbia könnte – so die Hoffnung – vom Symbol der Anpassung zum Ausgangspunkt eines neuen Protests werden. (Carlotta Wald, ZEIT)
Es ist beeindruckend, wie still konservative Blätter angesichts dieser Entwicklungen sind, wo sie noch jede Hörsaalbesetzung durch pro-palästinensische Idioten mit Leitartikeln adelten. Das hier ist die wahre Cancel Culture, die wahre Gefahr für Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit. Wird die Trump-Regierung damit durchkommen – und danach sieht es aus – wird die reine Drohung genügen, um andere Universitäten ebenfalls an die Kandare zu nehmen, von den viel weniger mit Meinungsmacht und Aufmerksamkeit ausgestatteten schulischen Institutionen ganz zu schweigen. Hier entsteht ein Klima von Furcht und Repression, das institutionalisiert und zehntausend Mal gefährlicher als dumme Studierendenproteste sind.
Resterampe
a) Shot and Chaser. (Twitter)
b) Aktuelle Prognosen für den Senat 2026. Bleak. (Crystal Ball)
c) Beeindruckende Prognosefähigkeit. (Corrigenda)
d) Zu der Dauerdiskussion um die richtige Anti-AfD-Strategie kriegen wir immerhin mal eine kleine Empirie. (Twitter)
e) Interessanter Thread zur Papstwahl. (Twitter)
f) Katherina Reiche zeigt mit Lob für Robert Habeck, wie Demokratie funktionieren kann (Spiegel)
g) Aufruf zu einer europäischen Verteidigungsunion. (Welt)
h) Handelsbilanz, Defizit, alles dasselbe. (Twitter) Dahinter steckt Strategie. Vance mag den Unterschied durchaus begreifen, aber es ist irrelevant, weil die Wählenden es nicht tun. MAGA lässt sich nicht davon beeindrucken, dass CNN im Interview entlarvt, dass das dummes Geschwätz ist. Die sind dagegen völlig isoliert.
i) Wie die Linke ihre Coolness verlor (Spiegel). Was für ein ahistorischer Unfug.
j) Die AfD ist zur Radikalität verdammt (Welt).
k) Die LINKE und Antisemitismus… (Twitter)
l) Der Jacobin beklagt die „Establishmentisierung der LINKEn“ (Jacobin). Oh Mann, das wäre so witzig, wenn es nicht so traurig wäre.
m) Bericht über Erfolge von Reform in Großbritannien (Spectator). Das Entscheidende: die übernehmen physische Orte.
n) Leute, die von „Mineralölkonzerne sprechen Preise ab“ überrascht sind, kaufen auch das. (Journal)
o) Die AfD und das Lachen. (Twitter) Auch auf TikTok.
Fertiggestellt am 12.05.2025
e) Ich bin bislang ueber den neuen Pabst begeistert auf sehr vielen Ebenen… und ich konnte den argentinischen Vorgaenger ueberhaupt nicht leiden.
Wenn der so weitermacht, trete ich wieder ein, ohne je wirklich katholisch gewesen zu sein.
Die katholische Amtskirche hat in durchgeknallten Regimen wie Ostblock, cono sur Militaerdiktaturen und Suedafrika erstaunlich effektiv Faehigkeiten zur Verteidigung von Menschlichkeit bewiesen.
Wir benoetigen das dringend. Seit Covid ist ein Grossteil der gesamten Welt durchgeknallt.
5) Das finde ich auch schrecklich, aber in einem gewissen Mass vielleicht auch ein Backlash zu Universitaeten, die sich in einigen Bereichen zu stark nach links bewegten.
Niall Ferguson -> https://www.youtube.com/watch?v=l9Q-MZjGXG0
Zu 5) Hier entsteht ein Klima von Furcht und Repression,…
Das ist glatt gelogen. Das Klima entstand vorher universitätsintern, unkontrolliert und OHNE die Möglichkeit der Gegenwehr. Jetzt macht es der Staat umgekehrt genauso, was ich massiv ablehne. Ich sehe nur keine Alternative – die Universitäten bewiesen über 10 Jahre hinweg, dass sie ebenso unfähig wie unwillig waren, ihr offenkundiges Problem selbst zu lösen. Mein persönlich Highlight war das Hearing von 3 Universitätspräsidenten renommierter Universitäten, die es auf offener Bühne ablehnten, Aufrufe zum Genozid für unvereinbar mit ihren Universitätsregeln zu erklären.
Gruss,
Thorsten Haupts
Hier mein Highlight:
Ich kenne eine deutsche Uni, an der es zwei voneinander völlig unabhängige Abendveranstaltungen gab.
Auf Veranstaltung A sagt die vortragende Person etwas rechts Klingendes – sofortige Diskussion, Aufschreie noch und nöcher hinterher, Stellungnahmen aller möglichen Gremien, Rundmails.
Auf Veranstaltung B treten bekennend linksextreme Personen auf, verbreiten falsche Fakten und fordern ausdrücklich den Umsturz. Publikum stört das nicht. Anwesendes Unipersonal toleriert dies bzw. fördert den Eindruck, dies zu unterstützen. Herzliche Einigkeit, Schweigen im Walde. Auf Nachhaken – alles von der Wissenschaftsfreiheit gedeckt.
Ich will deshalb weder MAGA noch AfD, aber ich will auch, dass das aufhört. Ganz dringend.
Mir fällt in deinem Vergleich auf, dass anwesendes Unipersonal auch in Beispiel A toleriert.
Na, eben nicht. Es gab Diskussionen, Gespräche und Zerknirschungsrunden und Ansehensverlust (kein Rauswurf – Verbeamtung). Bei B fand niemand (außer mir anscheinend) irgendwas seltsam. Zumal bei B die Einladenden den Inhalt des Vortrags gestützt haben.
Mach das mal in der Jura- oder BWL-Fakultät.
Ach so, ich wusste nicht, dass es ne Richtlinie gibt, dass die Fakultäten dazu angehalten sind, einander in Rumpolitisiererei ideologisch auszugleichen. Dann ist ja alles in bester Ordnung.
PS: Ich fand beide Äußerungen auf beiden Veranstaltungen völlig panne und dämlich (wobei A immerhin nicht in die Nähe des Verfassungsfeindlichen schlitterte).
Das meine ich nicht. Ich kenne den konkreten Vorfall nicht. Mein Punkt ist, dass das kein umfassendes Phänomen ist. Immer hochpubliziert, aber du wirst an vielen Fakultäten gar keine solchen Sachen finden und an anderen auch nur sehr eingeschränkt. Ein paar Lärmmacher sind kein genereller Trend für „die Universitäten“. Die allermeisten Leute studieren einfach nur ruhig ihr Zeug runter.
Wahrscheinlich. Ändert nur überhaupt nichts daran, wie sich Fachbereiche und die Universitätsleitung schon in Deutschland dazu verhalten. In den USA ist es – dafür gibt es jetzt hunderte von Beispielen – noch viel schlimmer.
Die Universitätsleitungen verhalten sich als Alliierte ausschliesslich der progressiven Lärmmacher – und genau das ist das Problem, das Du … einfach nicht sehen willst.
Damit bist Du natürlich nicht alleine. Weshalb sich jetzt in den USA Leute der Sache angenommen haben, die man von der Sache besser ferngehalten hätte. So ist das, wenn Selbstkontrolle offenkundig dauerhaft versagt.
Der des Rechtsextremismus unverdächtige Steven Pinker schrieb neulich auf twitter, er setze sich jetzt seit 10 Jahren gegen illiberale Tendenzen in US-Universitäten ein. Und bekam prompt die korrekte Antwort, das habe bisher eben zero Ergebnisse produziert.
Gruss,
Thorsten Haupts
Der Witz ist, dass die uniinterne Person, die ich zu B befragt habe, genau diese Besorgnis auch hatte (i.e. Versagen der Selbstkontrolle und welche Konsequenzen das haben kann [dass dann eben irgendwann die noch Falscheren den Laden durchfegen wollen]), nur machen könne man eben nichts, hihi, das sei halt so, seufz, andere sähen das zwar auch so, aber das sei eben der Trend.
Ich bezweifle ja nicht, dass die als Institution eine progressive Schlagseite haben. Aber schau mal etwa auf Polizei oder Bundeswehr. Wie viel Liebe finden progressive Ideen und Krach denn da?
Sach ma …
Mir wäre völlig neu, dass es in Polizei- oder BW-Einrichtungen – sagen wir – zu judenfeindlichen Demonstrationen mit rechtsextremem Hintergrund kommt, die von der jeweiligen Leitung gestützt werden? Oder dass linke oder linksradikale Redner von Gruppen in der Polizei öffentlich defamiert und ausgeladen werden? Oder dass Polizisten, die sich privat auf twitter kritisch zur AfD äussern, danach gemobbt und entlassen werden? Aber Du hast bestimmt Beispiele, hmmm?
Und auch neu ist mir, dass man die (vermutete) politische Ausrichtung in bestimmten Berufen vergleichen kann mit der in vielen höheren US-Bildungseinrichtungen systematischen und nachweisbaren Diskriminierung von 50% des politischen Spektrums. Aber ich lerne gerne dazu, mit welchen Verrenkungen man den Spuk rechtfertigen kann.
Gruss,
Thorsten Haupts
Erneut: mir geht es NICHT um antisemitischen Kram. Ich mag den Bezug missverstanden haben, ich dachte es geht generell um linke oder rechte Meinungen und Unmutsäußerungen etc.
Nun, die Polizisten haben halt täglich mit der „kulturellen Bereicherung“ wie Talahons und Drogendealern gerade aus dem afrikanischen und islamischen Raum zu tun. Und die machen weit, weit mehr Probleme als White-Collar-Worker Joachim, auch wenn Progressive den für die Wurzel allen Übels halten.
Ach was. Das ist genau mein Punkt. Institutionen und ihre Erfahrung prägen.
Hübsches neues Beispiel als Kommentar zu muslimischer Immigration und dem Klima an US-Iniversitäten:
https://x.com/karenalainehunt/status/1924230320699937241
Mir ist völlig unklar, was diese Leute reitet, und ich werde diese „Pro-Palästina“-Crowd nicht in Schutz nehmen.
@ Stefan Sasse
Aber schau mal etwa auf Polizei oder Bundeswehr. Wie viel Liebe finden progressive Ideen und Krach denn da?
Boah, echt jetzt? Seit dem Ende der praktizierten Wehrpflicht gibt es z.B. keine „Progressiven“ mehr bei der Bundeswehr. Die gehen danach hin und jammern nun, dass sie nicht vertreten sind. Und erinnerst Du dich noch an die Verteidigungsministerin Ursula von der
LeyenLauen, die in Nacht- und Nebelaktionen die Durchsuchung ALLER Bundeswehrspinde durchsuchte und bis zum Bastelflugzeug alles wegräumen (teilweise stehlen) ließ, was sich auch nur annähernd mit halbwegs rechtem Gedankengut ansatzweise erklären ließ?Auch bei der Polizei, wo das eine oder andere (aber bei weitem nicht alles) im Argen liegen mag, stehen öffentliche Empörung und Reaktionen der Führungsebenen WEIT über allem, was bei vergleichbaren Verstößen in die andere Richtung dort passiert.
Vielleicht hab ich die Vorfälle zu schlecht beschrieben, aber siehst du wirklich keine augenfällige und für eine liberale und wissenschaftliche Universität ungute Diskrepanz in den Reaktionen?
„Ein paar Lärmmacher sind kein genereller Trend für „die Universitäten“.“
Halte ich für eine Unterschätzung.
1) Ich rede hier nicht von Studenten, sondern vom Lehrpersonal! Das hat sich gefälligst in der Hinsicht zurückzuhalten.
2) Sakra, es geht ja gerade darum, dass bei A alle Organe und Pressestellen direkt einen Herzinfarkt gekriegt haben, über B aber nirgends ein Sterbenswörtchen zu lesen ist.
3) Habe ziemlich lange an mehr als einer Uni mehr als 2 Fächer betrieben (Wechsel bliblablub). Warum mir sowas mittlerweile wohl auffällt und mich sehr nervt?
4) Dass die Ingenieure und die medizinische Fakultät und die Informatiker sich zurückhalten, macht nicht besser, dass zu viele Studenten gerade an der PhilFak von Dozenten à la Fall B unterrichtet werden.
1) Wir reden doch schon!
Selbst der britische Economist attestiert der EU im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen ein Problem mit der Meinungsfreiheit. Wer hierzulande einen Bundesminister als „Schwachkopf“ zeichnet, muss nicht nur mit Hausdurchsuchung und Strafverfahren rechnen. Soweit er obsiegt, verfolgt ihn der Staat eben weiter. Und diesen Fleiß der Staatsanwaltschaften gibt es seltsamerweise nur gegen rechte Positionen, während auf den Straßen unbehelligt Israelfahnen verbrannt und Juden von Linken und Muslimen verfolgt werden können.
3) Israel Plunges Into Darkness
Die unbestreitbaren Fakten sind:
I) Es befinden sich über 1 1/2 Jahre nach dem Terrorakt immer noch israelische Geiseln in der Gewalt der Hamas / Palästinenser.
II) Die große Mehrheit der Araber im Gazastreifen unterstützt die Hamas und steht ausdrücklich hinter den Massakern auf die israelische Zivilbevölkerung.
III) Ohne Unterstützung der Palästinenser könnte die Hamas weder die Geiseln so lange festhalten noch den Krieg gegen Israel führen.
1) Nicht, dass es darum im Artikel oder meinem Kommentar gehen würde.
3) Kein Zweifel. Nur…das widerlegt ja nichts vom Gesagten.
Ratlosigkeit was eine Lösung betrifft, ja. Aber auch Ratlosigkeit über die mediale Verurteilung Israels. „Verhältnismäßig“?
Das Ziel der Hamas, Israel (und überhaupt die Juden) zu vernichten, ist unverändert. Das Opfer der Zivilbevölkerung wird bewusst eingesetzt, es gibt Aussagen von Hamas-Führern dazu. Die weltöffentliche Reaktion zu dieser nun wirklich Menschen (die eigenen) verachtenden Haltung ist sehr verhalten. Die Geiselnahme, ein besonders grausames Verbrechen, wird als legitimes Mittel gesehen.
„Zivilbevölkerung“? Die IDF hat Uniformen, die Hamas nicht. Wer den Jubel am 7. Oktober vergessen hat – bei der Geisel-Übergabe gab es den wieder. Jeglicher Protest wird durch die Hamas durch brutalen Terror (demonstrativen Mord) unterdrückt.
Niemand will die Verantwortung und die Verwaltung nach einem möglichen Ende des Krieges übernehmen. Auch die arabischen „Bruderländer“ nicht. Was sollen die Israelis also tun? Abziehen und warten, bis Iran die Hamas wieder aufgerüstet hat?
Alles total korrekt. Ich stelle keinerlei Äquivalenz her. Ob allerdings, was israelische Regierungspolitiker offen erklären, die komplette Zerstörung und Besetzung Gazas dazu in irgendeiner Weise im Verhältnis stehen, darf man zumindest bezweifeln. Dass es massive Menschenrechtsverstöße sind, kann man als gesichert annehmen. Two wrongs don’t make a right.
2) Die Einschränkung der Meinungsfreiheit – und die Leugnung dessen – hilft der AfD.
3) Die Palästinenser sind nicht einfach Zivilisten, sondern Kriegspartei. Ohne jeden Zweifel ist das bei solchen, die Geiseln festhalten, Räumlichkeiten zur Verfügung stellen oder durch aktives oder passives Unterstützen der Hamas deren verbrecherische Akte fördern oder ermöglichen.
4) Im Migrationsdilemma
Die Zurückweisungen an den Grenzen sind in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz. Sie stehen im Konflikt mit Europarecht. Die Frage ist, welches Recht steht höher? Die Europäischen Verträge haben dafür einen Ausgang gelassen – und den nimmt die Bundesregierung, ohne es so zu nennen.
Bisher haben sich die europäischen Partner zurückgelehnt, selbst Europarecht gebrochen und darauf vertraut, dass Deutschland jeden aufnimmt, sie sich selbst also auf elegante Art dem Flüchtlingsproblem entledigen können.
Merz nutzt ein Prinzip, das bei Linken sehr beliebt ist: Symbolik. Natürlich erwartet niemand, dass Deutschland jährlich 200.000 Migranten an den Außengrenzen zurückweist. Aber wenn erst klar wird, dass die Migration ein gesamteuropäisches Problem ist und beispielsweise Italien Flüchtlinge nicht einfach mehr durchwinken kann, ändert das auch die Politik vor Ort.
Und genau das wollen die Linken und ihre vielen flüchtlingsfreundlichen NGOs nicht. Wir erinnern uns: die Ampel hat die private Seenotrettung durch solche Weltverbesserer mit Steuergeld gefördert.
Sorry, ich hab vergessen, dass alles ok ist, wenn es das eigene Lager im Interesse der eigenen Sache macht. Kommt nicht wieder vor.
Nein, ist es nicht. Nur wenn praktisch alle das Recht brechen, existiert das Recht faktisch nicht mehr – und der letzte Rechtstreue ist dann der leidtragende Idiot. Exakt das aber ist die Migrationslage in Europa.
Ich teile Ihre Sicht auf die Situation und denke auch, dass der deutschen Regierung momentan kaum eine andere Möglichkeit bleibt.
Blöderweise entstehen dadurch neue Probleme: Wie kann man künftig von anderen erwarten, sich an die Regeln zu halten, wenn man sie selbst bricht? Im Extremfall bricht so nach und nach die europäische Rechtsordnung zusammen.
Auch das „Einstimmen“ in den Rechtsbruch löst das Problem nur kurzfristig: es zwingt alle Länder, die bisher nach Deutschland „durchgewunken“ haben, jetzt ebenfalls zurückzuweisen, was zu einer Kettenreaktion führt, an deren Ende fast keine Asylsuchenden mehr nach Europa kommen können. Die Menschen verschwinden dadurch aber nicht; stattdessen werden jetzt Staaten an der EU-Peripherie destabilisiert, was nicht in unserem mittelfristigen Interesse sein kann.
Ich sehe in der Theorie keine andere Lösung als gemeinsame europäische Asylverfahren kombiniert mit einem gesamteuropäischen Verteilmechanismus für die bleibeberechtigten Menschen; gleichzeitig sehe ich momentan keinen praktischen Weg dahin.
Nein. Aber es ist ein Grundsatz auch unseren Rechts, dass derjenigen keinen Rechtsschutz genießt, der selbst außerhalb des Rechts handelt. Das Mitglied einer Räuberbande kann vor keinem Gericht der Welt seinen „Anteil“ an einer Beute einklagen.
Die EU-Partner haben die Dublin-Regeln außer Kraft gesetzt. Sie winken Flüchtlinge einfach nach Deutschland durch. Deutschland darf nur Teil einer supranationalen Organisation sein, wenn deren Regeln nicht im Konflikt mit dem Grundgesetz stehen. Das würdest Du immer so akzeptieren – Deutschlands Mitgliedschaft in einer euroasiatischen Gemeinschaft unter Führung Russlands wäre nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Bei Migranten aber hast Du nicht nur kein Problem damit, dass elementar gegen Artikel 16a Abs. 2 GG verstoßen wird, sondern Du erwartest, dass sich Deutschland selbst dann an Europarecht hält, wenn die anderen Mitglieder der EU das nicht tun.
Lange haben Kommentatoren wie CitizenK das rechtlose Verhalten Italiens damit begründet, dass sich Deutschland mit den Dublin-Regeln und Artikel 16a Abs. 2 GG einen schlanken Fuß gemacht hätte. Das sei praktische Notwehr gewesen. Nun dreht die Bundesregierung den Spieß um und will mit dem Berufen auf die Notlage eine Verhaltensänderung der Anrainer und Anpassung des EU-Rechts erzwingen. Und das ist nicht nur das gute Recht der Regierung, es ist ihre verfassungsrechtliche Pflicht.
«Die Zurückweisungen an den Grenzen sind in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz» ist wie immer kompletter Bullshit. Aber da ist der Peitsch ja Trumps Musterschüler: Flute den Diskurs mit Bullshit …
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 16a
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist.
Lesen Sie dieses Grundgesetz bei Gelegenheit mal. Kann ganz erhellend sein 🙂 .
@ DerDieDas
Lass das Pöbeln („wie immer kompletter Bullshit“), sprich Leute mit ihrem Namen an (Stefan P gibt hier seinen Klarnamen an, was Du Dich nicht traust), und versuch es mal mit Argumenten. Schult das Denken
5) „Das ist Terror! Alle hier fürchten sich!“
Es handelt sich bekanntlich um private Hochschulen. Als zuletzt viele Rechtsanwaltskanzleien in den Fokus der Trump-Administration geriet, wurde hier gespottet, wie anbiedernd sich die vermögenden Juristen verhalten würden.
Das Eigene ist immer besonders.
Ich verstehe nicht, was du mir sagen willst.
… dass Du ein netter Kerl bist. 😉
Trumps Politik ist doch nicht speziell gegen Hochschulen gerichtet oder gegen Rechtsanwaltskanzleien. Seine Aktionen haben weder etwas mit rechtstaatlichem Verhalten noch mit politischen Zielen zu tun. Sie sind allein persönlich motiviert.
Wenn Du das anprangerst, trifft es den Kern. Wenn Du über die Aktionen gegen einzelne Gruppen beklagst, ist das Parteipolitik.
Das gleiche galt auch für Hitler. Der hat seine Repressionen auch persönlich motiviert durchgeführt. Genauso wie Stalin. So what?
Dein Punkt war ein anderer: Den Kanzleien geschieht Recht, sollen sie doch Haltung zeigen. Die (privaten) Hochschulen sind Opfer, das darf eine Gesellschaft nicht zulassen.
Das ist überhaupt nicht mein Punkt?
k) Die Linke ist leider unwählbar … https://www.miersch.media/die-neuen-nazis-glauben-linke-zu-sein/
Tolles Interview, danke.
c) Weil dieser Artikel – wie andere auch auf den Papstnamen „Leo“ abzielt und dabei spezifisch Leo XIII erwähnt (nebenbei noch Leo I und Leo III), hier noch zwei andere interessante Namensvettern nennen:
Leo IX. , der direkt von Kaiser Heinrich III (HRR) installiert wurde und als DER „deutsche Papst“ gilt.
Leo X. , unter dessen Pontifikat das Auseinanderdriften verschiedener Strömungen zu stark wurde und es deshalb mit der Reformation zur Spaltung kam.
ich mag diese Referenzen auf das Mittelalter.
1) Das kann man sich als Paartherapie vorstellen. Wenn von einer Seite kommt „Wir reden nicht miteinander über X“ und die andere mit „Wir reden dauernd darüber und außerdem habe ich recht“ antwortet, weiß der Therapeut, dass da noch viel Arbeit dahintersteckt.
Das entscheidende Missverständnis ist, dass es nicht am „Reden“ mangelt, sondern am „miteinander“. Sieh dir allein die Kommunikationsfehler an, die hier zu finden sind:
i) kein Zuhören: Bezeichnend ist, dass du zwei Erwiderungen verlinkst, aber nicht den Originalbeitrag:
https://www.zeit.de/2025/18/kriegsgefahr-aufruestung-russland-nato-angst-rhetorik/komplettansicht
ii) Eskalation: Ich zähle in deinem kurzen Absatz ein halbes Dutzend wertende Vokabeln, von „Gejammere“ bis „verlogen“
iii) „Du-Kommunikation“: Unterstellen von (unlauteren) Motiven (Schieritz. „Wunsch nach größerer Sichtbarkeit)
iv) und v) „Angstkommunikation“ und „Alternativlosigkeit“ sind im Originalbeitrag besprochen worden.
Hier mal dieses Muster gespiegelt (nicht persönliche Meinung): Der eigentliche Fehler ist, dass die Autoren so naiv sind zu glauben, dass man mit Schieritz, Sasse oder Masala überhaupt sinnvoll reden kann. Zeigt sich bei diesen Heuchlern doch, dass ihnen die Folgen ihres Handelns egal ist. Wenn wir keinen Weltuntergang wollen, müssen solche Leute zum Schweigen gebracht werden…
Das Ding ist: auch bei erfolgreicher Kommunikation und gegenseitigem Verstehen kann am Ende ein inhaltlicher Dissens stehen und bestehen bleiben. Es muss keinen Konsens geben, dem alle zustimmen können, damit gehandelt werden kann; stattdessen bestimmt in einer Demokratie die Mehrheit, was konkret gemacht wird.
Die „unterlegene“ Seite kann weiter ihre Sicht verbreiten und versuchen, Mehrheiten zu gewinnen, aber wenn das nicht klappt, ist das kein Zeichen dafür, dass man ihnen nicht zuhört, sondern dass die Mehrheit eben nicht ihrer Meinung ist.
Die Trennung von Kommunikation und Entscheidungsprozess ist ein guter Punkt. Kommunikation dient womöglich noch mehr dazu, eine grundlegende Akzeptanz zu schaffen, ohne dass der „Empfänger diesen zustimmen muss. Auch hier im Forum sind sich die meisten klar, dass sie (unabhängig vom Thema) die Diskutanten der „anderen Seite“ nicht grundsätzlich zum „Seitenwechsel“ bringen werden. Vielmehr wollen sie ein Verständnis für die eigenen Sichtweisen schaffen.
Das ist, wie Sie schreiben, in der Demokratie wichtig, da diese eben nicht die oft zitierte „Unterdrückung von Minderheiten durch die Mehrheit“ sein will. Im Repräsentativsystem kommt noch erschwerend hinzu, dass die Entscheidungen nicht durch die Mehrheit sondern durch Vertreter gefällt werden. Gerade im konkreten Beispiel (Ukrainekrieg) wurden viele Entscheidungen nicht nach Popularität gefällt.
Was passiert nun, wenn diese Kommunikation keine (Akzeptanz schaffende) offene ist, sondern sich dem „Unterlegenen“ wie „Bullying“ anfühlt? Dann wird dieser dies auch so als Teil seiner Kommunikationsstrategie inkorporieren und laut (und nicht einmal unberechtigt) „Propaganda“ rufen.
Aber reicht das subjektive Gefühl der „Unterlegenen“ als Kriterium aus, um gerechtfertigt von „Bullying“ oder, viel weitreichender, Propaganda zu sprechen?
Der verlinkte Aufruf heißt „Lassen Sie uns bitte reden“. Ich bin etwas ratlos, wer da konkret mit wem reden soll:
Die Abgeordneten miteinander? Tun sie, in Plenardebatten, Ausschüssen und diversen öffentlichen Formaten.
Die „Öffentlichkeit“? Geschieht auch, unter anderem durch solche Artikel und die Reaktionen auf diese.
Oder erwarten die AutorInnen, dass die Politik konkret mit ihnen redet und ihre Position berücksichtigt? Fände ich etwas vermessen und demokratisch fragwürdig.
Ich stimme den AutorInnen zu, dass die Entscheidung zur unbegrenzten Verschuldung für Rüstung unter extrem problematischen Bedingungen zustande gekommen ist. Ich glaube zwar, dass die Entscheidung richtig war, aber ich kann jeden verstehen, der das nicht so sieht und sich hier überrumpelt fühlt.
Schwierigkeiten habe ich mit der Art, in der die AutorInnen die öffentliche Debatte zum Thema „Russland“ darstellen: Sie suggerieren, es würden nur ExpertInnen gehört, die von einem russischen Angriff auf Europa in naher Zukunft ausgehen. Aus ihrer Sicht müssten Gegenstimmen wie die von Erich Vad oder Wolfang Richter ebenso gehört werden.
Google-News oder MediathekView zeigen mir aber für beide diverse Auftritte und Nennungen an, und das nicht nur in „Randmedien“, sondern im Mainstream. Beide werden also durchaus gehört.
„kein Zeichen von Einseitigkeit, sondern möglicherweise von Sachkenntnis.“
Ha, schön, den übernehm ich ab jetzt! Danke.
Zu 1)
Beim Argument „Wir diskutieren doch in Talk-Shows darüber, alles kein Problem, nein eigentlich diskutieren wir zuviel darüber! Am Besten nur noch Anpalagan und Schieritz einladen!“ muss ich mich immer an eine Sendung mit Thilo Sarrazin im Jahr 2010 bei Beckmann erinnern.
Ja, Sarrazin wurde eingeladen. Aber Aufbau, Verhalten des Moderators plus gesamter Aufbau nebst Einladung und Verhältnis der Gäste suggerierten relativ klar: Es ging nicht wirklich um eine faire Diskussion (die Sarrazin auch verlieren könnte), sondern vor allem darum, Sarrazin möglichst lächerlich zu machen. Der Blog „Zettels Raum“ hat das damals gut dokumentiert:
https://zettelsraum.blogspot.com/2010/08/thilo-sarrazin-gestern-bei-beckmann.html
Darüberhinaus gibt es, was die Parteilichkeit des ÖRR angeht, halt auch so „klein“ Dinge wie das etwa bei den Wahlarenen im Bundestagswahlkampf gerne mal vor allem Studenten von großen Berliner Unis als Publikum eingeladen wurden. Natürlich klatschen die bei van Aken und Reichinnek weit mehr als beim CDUler. Sind aber nicht repräsentativ. Alles natürlich nur Zufall.
Zu 3)
Mir sind die Israelis grundsätzlich auch sympathischer als die Palästinenser. Nur habe ich kein Problem zu sagen, dass der Gazakrieg inzwischen an einem Punkt angekommen sein könnte, an dem man von israelischer Seite von einer klaren Überreaktion sprechen kann.
Mir ist vor allem das Endziel nicht klar: Israel will die Hamas vollständig vernichten und muss dazu einen Großteil ihrer Kämpfer töten. Dies ist aber nach eineinhalb Jahren nicht gelungen. Zudem hat der Rest der Hamas ein Interesse, niemals alle Geiseln freizulassen, weil dies ihr letztes Faustpfand ist. Gleichzeitig: Solange die Geiseln nicht alle frei sind, fällt es Netanyahu leicht, weiterzumachen.
Man mag hier einwenden, die im Gaza-Streifen lebenden palästinenser müssten einfach gegen die Hamas aufbegehren, aber selbst nach mehreren Zehntausend Toten tun sie es nicht. Wie hoch will man den Leidensdruck noch setzen? Für welches Endergebnis? Die Spekulation, dass die Bewohner des Gaza-Streifens gegen die Hamas aufbegehren?
Am Schluss läuft das doch sowieso drauf hinaus, dass der Abzug 2005 hinfällig ist und Israel Gaza militärisch okkupiert. Niemand sonst will Gaza haben, man wird dort keine internationale Koalition hinsenden (würde Trump das wirklich mit US-Soldaten machen? Wie soll das enden? Wie Libanon 1983), die arabischen Staaten wollen das auch nicht. Trotzdem macht Israel für unwahrscheinliche Ziele weiter.
Zu 4)
Ein Artikel in der FAZ beschrieb im Februar, dass Frankreich seit langem Zurückweisungen im großen Stil macht und sich da nicht sonderlich groß um EU-Recht schert.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/wie-frankreich-illegale-migranten-an-der-grenze-zurueckweist-110268288.html
Die EU-Kommission hat kein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Entweder Frankreich macht hier wirklich rechtlich etwas anderes als Deutschland – wenn dann: Was? Können wir das auch so machen?
Oder Frankreich hat mal wieder hintenrum diplomatisch klargemacht, dass es „not amused“ wäre, wenn die EU hier zicken würde. 2016 hatte Jean-Claude Juncker ja auch schon mal gesagt, dass die Kommission bei Defizitverfahren gegenüber Frankreich gnädiger ist – „weil es Frankreich ist“. Ups.
Natürlich interessiert das Pro-Europäer Sasse weniger, weil Frankreich scheinbar Sonderrechte genießt, während Deutschland wegen alles und jedem auf die Finger geschaut wird und zur masochistischen Einhaltung europäischer Regelungen gezwungen sein soll.
Zu 1) Kann jetzt auch nur mit persönlichen Erinnerungen arbeiten, aber Sarrazin war selbst kaum an fairer und ergebnisoffener Diskussion interessiert; stattdessen unterstellte er Diskussionsgegner permanent, sein Buch nicht gelesen zu haben, auch wenn dies erkennbar nicht zutraf und konkrete Passagen bemängelt wurden. In dem Fall behauptete er durchgehend, sie hätten es halt nicht richtig verstanden, ohne das aber im Detail begründen zu können.
Ich habe Sarrazin als jemanden in Erinnerung, der gern öffentlichkeitswirksam aufsehenerregende Thesen aufstellte, dann aber nicht das Zeug hatte, mit öffentlichem Widerspruch umzugehen.
Bei Sarrazin war tatsächlich 2010 ein großes Problem, dass er einen sehr langsamen Sprachduktus hat und manchmal sehr zäh redet. Gegenüber geübten Rhetorikern wie Friedman sieht er dadurch immer schlechter aus als er vielleicht ist.
Mein Punkt war aber, dass die Beckmann-Sendung von der ganzen Konzeption, Unterbrechungen, Gästeauswahl de facto ein fast 10:1 gegen Sarrazin war. Ich halte dies für symptomatisch.
Mein Vorwurf an Sarrazin war, dass er nicht Willens oder in der Lage war, mit inhaltlicher Kritik an seinen Thesen umzugehen. Das erkenne ich sowohl bei schnell wie langsam sprechenden Menschen; ihr Verweis auf den Sprachduktus tut hier also nichts zur Sache und ist eher eine Ausflucht.
Die konkrete Beckmann-Sendung habe ich nicht gesehen; der von Ihnen als Beleg angeführte Blog ist aber alles andere als eine neutrale Analyse, sondern selbst stark parteiisch und damit recht fragwürdig.
Parteiisch ist dieser Blog hier auch. Nennen Sie mir einen Politik-Blog eines Privatmanns, der NICHT parteiisch ist, besonders wenn es um EIGENE Meinungen geht. 🙂
Wenn man sagt, alle Kritik an Sarrazin sei absolut gerechtfertigt und alles total lächerlich von Sarrazin, dann möchte man als Gegengewicht dazu möglichst ein besseres Argument als nur primitive Beschwerden auf BILD-Zeitungs-Niveau anbieten. Tut man es dann doch, wird vorgeworfen, die Quelle sei parteiisch und damit fragwürdig.
Die Analyse ist deswegen nicht neutral, weil die Aufmachung Beckmanns und der ganzen Sendung eben nicht neutral oder auch nur dem Anschein nach ausgeglichen gegenüber Sarrazin war. Das wiederzugeben, macht nicht den Feststellenden zum Buhmann.
NIEMAND ist unparteiisch. Wer behauptet, komplett objektiv zu sein, belügt sich selbst. Das Wichtige für mich ist, dass man die eigenen Wertmaßstäbe offen kommuniziert – und sich nicht hinter einer angeblichen Objektivität versteckt.
Ich glaube, Sarrazin brauchen wir wirklich nicht neu zu litigieren. Das ist 15 Jahre her.
Weswegen ich ja in Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen mich hier „AfD-Verteidiger“ nenne. Dann weißt du, woran du bist. 🙂
Sarrazin hat sich halt als weit mehr als Analyse erwiesen – eher Zukunftsprognose.
Jupp 🙂
Auch das nicht. Der Mann hat biologistischen Blödsinn von sich gewiesen. Dass Integration schwierig ist, wussten schon vorher viele. Und Sarrazin hatte die Flüchtlinge gar nicht auf dem Schirm, das war ja 5 Jahre vorher. Der hat das viel genereller gefasst. Den Trottel sollte man lieber weglassen. Selbst wenn jemand aus Versehen das richtige prophezeit, hilft das wenig, wenn die Begründungen nicht stimmen. Wenn ich heute eine Rezession vorhersage, weil wir Deutschen zu wenig Käse essen, und dann eine Rezession kommt, heißt das noch lange nicht, dass ich ein Prophet bin.
„Biologistischen Unsinn“
– Ich nehme an, wenn ich Charles Murray und „The Bell Curve“ erwähne, wirst du mir eine ganze Ladung an „Vox“, „Salon“ und „The Atlantic“ Artikeln vorsetzen, die alle zeigen, dass es absolut und ausschließlich und 100 % nur „environmental reasons“ für den „Racial IQ Gap“ gibt?
Willst du auf das hinaus? Weil dann können wir die Diskussion abkürzen.
Ich werde das nicht tun, halte Murrays Erkenntnisse allerdings auch für praktisch irrelevant – es lässt sich aus ihnen nichts politisch sinnvolles ableiten, selbst wenn sie stimmen, was ich nicht zu beurteilen in der Lage bin (und auch nicht sonderlich interessiert).
Wo Sarrazin übersimplifizierten Biologismus betrieb, war nach meiner Erinnerung a) die Fortschreibung heutiger Fortpflanzungsraten in die Ewigkeit, was a-historischer Bullshit ist und b) die Ignoranz gegenüber der Vererbung von Intelligenz und anderen persönlichen Characteristika, die alle die klare Tendenz haben, in die Mitte zu rutschen, also haben Kinder sowohl von hoch- als auch von niedrigintelligenten Eltern eine gute Chance, durchschnittlich intelligent zu werden.
Im Verein mit seinem schlampigen Umgang mit Zahlen ist Sarrazins Werk schlicht schlechte Wissenschaft und genau deswegen Basis bösartigster Polemik.
Aber wenn Sie sich besser fühlen, weil Sie weiss sind und seit 5 Jahrhunderten biodeutsche Vorfahren haben, nur zu. Dann hilft Sarrazin ungemein, das zu rationalisieren.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts:
Die Frage ist halt immer, wie hoch dieser „Regression to the mean“ ist und ob dieser genetische Faktoren der Eltern vollständig rausfiltert.
Ich brauche mich nicht stolzer gegenüber meinen Vorfahren zu fühlen als Sie. Keine Sorge.
Niemand ist völlig unparteiisch, wie es Stefan Sasse ja auch korrekt schreibt. Das heißt aber nicht, dass das ein Freibrief ist, jetzt jede Bemühung um Fairness und Ausgeglichenheit zu unterlassen.
Sie beschweren sich über mangelnde Fairness gegenüber Sarrazin und führen als Beleg dann einen Blogartikel an, in dem die anderen TeilnehmerInnen folgendermaßen beschrieben werden:
„Indiskutabler Verbandsfunktionär. Ein Berufsempörter mit lächerlicher Haartracht … ich habe mir kein Wort von dem gemerkt, was er sagte“, „Wie immer laut und quakig. Für ihre Verhältnisse aber oft zurückhaltend; mit dauerverkniffenem Gesichtsausdruck dasitzend“ oder „Ganz schlimm. Bewegt sich beruflich in einem sozio-politischen Forschungskomplex, den es ohne die Moslem-Problematik gar nicht gäbe“.
Spricht für mich nicht unbedingt dafür, dass es Ihnen um eine sachliche und faire Auseinandersetzung geht.
Ansonsten ist „Alle gegen Thilo“ eventuell „kein Zeichen von Einseitigkeit, sondern möglicherweise von Sachkenntnis“, um mal eine hübsche Formulierung aus diesem Thread zu klauen.
Sarrazin wurde damals ja selbst von diversen WissenschaftlerInnen, auf deren Arbeiten er seine Thesen stützte, attestiert, sie nicht oder falsch verstanden zu haben. Das bewirkte aber keine Korrektur; stattdessen hielt er weiterhin an seinen Thesen fest, was wiederum zeigt, dass es ihm nie um eine sachliche Diskussion ging.
Bevor wir das jetzt fortsetzen, schließe ich mich Stefan Sasse an: die Debatte ist 15 Jahre alt und muss nicht noch mal aufgerollt werden; gibt genug besprechenswerten Blödsinn in der Gegenwart.
1. Ich fand die Aussage, dass Street-Worker ohne aggressive Talahons gar nicht gebraucht werden würden, sehr angebracht. Ist mal ne neue Art, das zu bewerten. Auch wenn der Begriff Talahons 2010 noch nicht geebräuchlich war – man wusste, welche Personengruppe gemeint war.
2. Der verlinkte Blog Zettels Raum hatte ebenfalls eine deutlich seriöser formulierte Kritikreihe. Ich verlinke sie mal der Vollständigkeit halber, nur damit Sie nicht meinen, man könne das nur polemisch kritisieren.
http://83273.homepagemodules.de/t3255f28-Sarrazin-auf-dem-Pruefstand-der-Wissenschaft.html
https://zettelsraum.blogspot.com/2010/09/sarrazin-auf-dem-prufstand-der_21.html
3. Was war das Thema der ursprünglichen Diskussion? Sasse verlinkte einen Artikel von Schieritz, der sagte, wir reden doch über bestimmte Themen dauernd in den Talk-Shows. Meine Replik war daraufhin, dass ich seit Episoden wie der Sarrazin-Geschichte skeptischer bin, wie solche Dinge aufgebaut werden. Daran halte ich auch weiterhin fest: Die Akkumulation bestimmter Vorfälle, die nur in eine Richtung gehen, ist irgendwann zu groß, um sie als bloße Zufälle abzutun.
4. Die Prämisse, die Auswahl der Talkshow-Experten sei unantastbar und dadurch würde automatisch kein Bias entstehen, steht hier ebenfalls unwidersprochen im Raum.
5. Das erinnert mich an Folgendes: Um diese Zeit gab es auch eine Talkshow bei Anne Will, wo sich Norbert Bolz und Göring-Eckardt stritten. Bolz warf Anne Will implizit vor, man würde gezielt positive Integrationsbeispiele wie eine türkische Studentin einladen, was beim Publikum natürlich den Eindruck erwecken sollte „na Integration ist doch gelungen!“
Ich kann mir schon vorstellen, was Sie und Sasse darauf antworten würden: „Natürlich lädt man keine arabischen Pöbler ins Studio ein, man kann ja schlecht wegen sowas die Sendung ins Lächerliche ziehen und diese Leute nur mit Security ins Studio begleiten. Hat !!alles seine Gründe!!, warum eben nur positive Integrationsbeispiele ins Studio eingeladen werden. “ 🙂
Wir reden auch ständig über misslungene und nicht gelungene Integration. Soll nun eine Position, die unterbeleuchtet ist, auch beleuchtet werden, oder nicht? 😉
Zu 1) Die Aussage, dass diejenigen, die sich um Probleme kümmern, nicht benötigt würden, wenn es diese Probleme nicht gäbe, ist nicht originell, sondern maximal banal.
Dieses „Argument“ wird meist verwendet, wenn suggeriert werden soll, dass bestimmte Gruppen „in Wirklichkeit“ gar kein Interesse an der Lösung eines Problems hätten oder gar aktiv verhindern würden, dass es gelöst wird.
Komischerweise wird dieser Vorwurf stets Gruppen gemacht, die man ohnehin ablehnt, nie aber den „eigenen Leuten“. Oder würden Sie sagen, dass die AfD in Wahrheit gar keine andere Migrationspolitik will, weil dann ihre Existenzgrundlage wegfiele?
Wenn Sie’s neutraler wollen, können Sie auch überlegen, ob Feuerwehrleute in Wahrheit kein Interesse am Brandschutz haben oder Rettungssanitäter und Polizisten sich insgeheim freuen, wenn Menschen sich am Wochenende krankenhausreif prügeln.
Zu 2) Ich nehme zur Kenntnis, dass der Blogbetreiber auch sachlicher arbeiten kann; inhaltlich ist für mich die Sarrazin-Debatte aber abgeschlossen.
Zu 3) Da kommen wir wohl nicht zusammen; Sie sehen Sarrazin ungerecht behandelt, ich sehe ihn angesichts der Qualität seiner Arbeit gerechtfertigt kritisiert (s. Kommentar von Thorsten Haupts).
Zu 4 und 5) Nehmen Sie’s mir nicht übel, aber ich verteidige keine Aussagen, die hier keiner gemacht hat (4) oder von denen Sie sich vorstellen können, dass ich sie möglicherweise machen würde (5); vor allem Letzteres scheint mir doch recht abseitig.
Wenn eine Union unter Druck der AfD eine andere – wirklich deutlich andere – Immigrationspolitik machen würde und dies merkbare Folgen hätte…
Würde dies für mich persönlich den Grund die AfD zu wählen, *senken*. Nicht auf ewig verstärken.
Mag sein, dass das in Ostdeutschland anders ist, aber inzwischen sind 3/4 aller AfD-Wähler im Westen. Bei den Ostdeutschen spielt sicherlich nach-Wende-Frust eine weit größere Rolle als in Kaiserslautern oder Pforzheim.
Sie müssen keine Aussagen machen, die keiner gemacht hat. Es ging mir darum, dass Sasse sich nach stillem Folgen dieses Blogs seit einiger Zeit hartnäckig weigert, den offensichtlichen grünen und linken Bias des ÖRR anzuerkennen. Dieser tritt so deutlich zutage in verschiedenen Formen, dass eine Lanz-Sendung wo Reichinnek mal härter ausgefragt wird den Gesamteindruck NICHT zunichtemachen kann. Aber es wird jeder Strohhalm genommen, um das nicht anzuerkennen. Von daher habe ich ironischerweise eine absehbare fiktive Reaktion mal ausgedacht.
Warum genau würdest du deine Partei nicht mehr wählen, wenn ihre Ziele umgesetzt werden…?
„Wenn eine Union unter Druck der AfD eine andere – wirklich deutlich andere – Immigrationspolitik machen würde und dies merkbare Folgen hätte…
Würde dies für mich persönlich den Grund die AfD zu wählen, *senken*.“
Darum ging es an der Stelle nicht. Die Frage war, ob Sie glauben, dass die AfD in Wahrheit gar keine andere Migrationspolitik will, weil dann ihre Existenzgrundlage wegfiele?
Denn so funktioniert der von Ihnen für gut befundene Vorwurf gegenüber dem Streetworker: „Ist aber ein Vertreter einer Zunft, die direkt davon abhängig ist, dass das Problem nicht verschwindet, sondern dass man ewig weiter an den Symptomen rumdoktern kann.“ (Zitat aus dem verlinkten Blog)
Also noch mal: Glauben Sie, dass die AfD eigentlich nur so tut, als wolle sie eine andere Migrationspolitik, in Wirklichkeit aber nichts ändern würde, weil dann ihre Existenz gefährdet wäre?
Und wenn Sie das für die AfD nicht glauben – warum glauben Sie es dann für den Streetworker?
Es macht aber auch keinen Sinn, false equivalency aufzubauen. Du kannst nicht jedes Thema 50:50 besetzen. Und Sarrazin mag eine rhetorische Niete sein, aber die Kritik ist trotzdem gerechtfertigt. Auch inhaltlich.
„Darüberhinaus gibt es, was die Parteilichkeit des ÖRR angeht, halt auch so „klein“ Dinge wie das etwa bei den Wahlarenen im Bundestagswahlkampf gerne mal vor allem Studenten von großen Berliner Unis als Publikum eingeladen wurden. Natürlich klatschen die bei van Aken und Reichinnek weit mehr als beim CDUler. Sind aber nicht repräsentativ. Alles natürlich nur Zufall.“
Auf einer Kursfahrt nach Berlin wurde unsere Schülergruppe vor dem Brandenburger Tor angesprochen und gefragt, ob sie heute Zeit und Lust hätte, bei einer Phoenix-Diskussionsrunde im Publikum zu sitzen. Die meisten sagten ja, weil sie’s spannend fanden und noch nichts anderes zu tun hatten. Ist bei Studenten ähnlich: interessiert, viel Zeit und müssen morgens nicht früh raus. Hätte man mich als Student gefragt, wäre ich hingegangen; würde man mich heute fragen, müsste ich an den meisten Terminen aus Zeitgründen passen. Ich vermute mal, dass das nicht nur mir so geht.
Müssen nicht immer finstere Verschwörungen sein; manchmal ist’s auch ganz banal…
Exakt. Die haben es echt nicht leicht, diese Dinger vollzukriegen.
1) Ich will auf keinen Fall nur noch Schieritz und Anpalagan überall sehen. Mal davon abgesehen, dass die Talkshows eh scheiße sind.
3) Jepp. Sackgasse.
4) Mir war das nicht bekannt. Natürlich ist das abzulehnen.
Keine Sorge, dass mit Schieritz und Anpalagan war nicht ganz ernst gemeint. Das war eher ein Aufziehen.
Bezüglich der Studenten in den Shows: Das sorgt halt trotzdem dafür, dass „das Publikum“ eine relativ klare Richtung hat. Und das halt bei bestimmten Statements geklatscht wird, aber bei Lindner und Chrupalla weniger. Selbst wenn man sagt: Das ist keine Absicht der Sender, so sollte man auch sagen: Das Geklatsche ist nicht repräsentativ für einen Querschnitt der Bevölkerung.
„Selbst wenn man sagt: Das ist keine Absicht der Sender, so sollte man auch sagen: Das Geklatsche ist nicht repräsentativ für einen Querschnitt der Bevölkerung.“
Sie versuchen gerade, im Nachhinein Ihre ursprüngliche Aussage zu ändern:
Ihr Vorwurf war nicht die (möglicherweise) mangelnde Repräsentativität des Publikums; stattdessen suggerierten Sie, es handele sich dabei um Absicht und führten es als Indiz für die Parteilichkeit des ÖRR an.
Wenn die Zusammensetzung des Publikums plausibel deutlich harmloser erklärt werden kann, ist ihr Argument hinfällig, weshalb das schon relevant ist.
Exakt.
Ja, sicher, aber erneut, das ist nicht deren Schuld. Das ist wie die Gäste in den Shows: du nimmst, wer verfügbar ist. Und das sind sehr oft dieselben Leute.
Frag mich, ob draußen im Lande vor der Glotze jemand, der mit einem gegebenen Geklatsche gar nicht einverstanden ist, ob dieses Vorgangs von seinem/ihrem bisherigen Lager in das Klatschlager überwechselt. Dass die Klatschgranaten kontraindikatorisch aufgefasst werden und nach hinten losgehen, ist ja auch vorstellbar, womöglich sogar wahrscheinlicher heutzutage. Sie selbst sind ja offenbar ein gutes Beispiel für Letzteres.
Das liegt aber daran, dass das Klatschen nicht professionell genug organisiert ist. Früher gab es da noch echte Fachkräfte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Claqueur#System
@Mr. Sasse:
5: I suggest you watch some footage of those „protests“ at Columbia or any other US university (available anywhere on the internet despite Ralf’s best efforts). You can then decide for yourself how close you’d like to get to one of those „protests“ while wearing say a Star of David or a yarmulke and walking to your class.
This is not about freedom of speech, this is about intimidation and repression. Perpetrated by a small radicalized minority but tolerated by a largely passive (not to say cowardly) majority (at those universities).
On a personal note: When I was a foreign student I was scared of even getting so much as a traffic ticket – anything that might jeopardize my visa and my standing with the host university as far fetched as that might have been…
I am emphatically NOT condoning any of the antisemitic furor that’s going on there. But the accusation here was A LOT more broad.
@Mr. Sasse:
Which accusation was „a lot more broad? I am not aware of any issues other than the persistent anti-Israel/pro-Palestine „protests“ at US universities that prompted the federal government to contemplate freezing funding (which btw in the well publicized case of Harvard is barely more than a drop in the bucket).
k) Wenn man genau hinschaut, ein typischer Fall dessen, was ich zu 1) als „Bullying“-Kommunikation bezeichnet habe. Antisemitismus ist inzwischen ein reiner Kampfbegriff geworden, der den Diskurs zum Thema „Israel/Palästina“ unmöglich macht. Es geht ja in dem Post von „DemokraciaBLN (wer sind die eigentlich?) konkret darum, dass die LINKE diese trennschärfere Begriffsdefinition für Antisemitismus
https://jerusalemdeclaration.org/
übernimmt, die ein solches „bullying“ erschweren würde (und deshalb „umstritten“ ist.
Korrekt. Ich hasse diese Debatte, aber sie blutet mittlerweile einfach überall rein.
„Hineinbluten“ ist auf makabre Weise der richtige Begriff. Es hat auf beiden Seiten ein grauenvolles Übermaß an Blutvergießen stattgefunden. Nun führen beide Seiten das eigene Leid („Blut“) als Grund an, um Empathie mit der anderen Seite zu verbieten. Und auf dieses Verbot darf man sich nicht einlassen.
Erneut: mir geht es NICHT um antisemitischen Kram. Ich mag den Bezug missverstanden haben, ich dachte es geht generell um linke oder rechte Meinungen und Unmutsäußerungen etc.
Nope, es ging erkennbar darum dass die MAGAs in den USA nur – jetzt allerdings mit Staatsgewalt ausgestattet – genau das tun, was vorher universitätsintern bereits geübte Praxis war: Zu versuchen, eine ideologisch abweichende Position aus dem Diskurs zu eliminieren. Und sich genau deshalb meine Empörung darüber – und ich finde das empörend – in Grenzen hält. Die „Liberals“ in den USA hatten 10 Jahre Zeit, die offensichtlichen und vielfach dokumentierten antiliberalen Entwicklungen an ihren höheren Lehranstalten zu korrigieren. Sie haben es mit „Scheiss der Hund drauf“ nicht getan und ernten jetzt, was sie selbst gesät haben.
Gruss,
Thorsten Haupts
Wenn es die andere Seite macht, wird es nicht besser.
Stimmt absolut. Nur ist die Beschwerde der Seite, die bisher über mehr als ein jahrzehnt nichts, nada, zero gegen den Machtmissbrauch „ihrer“ Leute unternommen hat, schlicht vollständig unglaubwürdig (Stefan z.B. bestreitet bis heute unter Berufung auf Adrian Daub et al., dass es überhaupt Indizien für den flächendeckenden Machtmissbrauch gibt). Denen geht es nicht um die Bewahrung der Freiheit von Rede, Lehre und Forschung sondern ausschliesslich um die Bewahrung ihrer Machtposition. Und ich werde niemanden beim Widerstand unterstützen, der nur die autoritäre Bevormundung einer Seite gegen die der anderen tauschen will, das ist alles.
Gruss,
Thorsten haupts
Zu 3) Ich bin nur noch ratlos.
Ach? Ich nicht.
Rekapitulieren wir mal:
– Die Hamas als amtierende Regierung des Gazastreifens greift Israel an und nimmt einen Haufen von Zivilisten als Geiseln
– Israel schlägt zurück und zerstört einen Grossteil der Infrastruktur des Gazastreifens. Der mutwillig begonnene Krieg ist nach enigen Tagen verloren
– Die Hamas-Regierung der Palästinenser weigert sich trotzdem, zu kapitulieren und die noch lebenden Geiseln freizulassen
Solange das so bleibt, ist Israel (wie jeder andere Staat) berechtigt, solange weiterzukämpfen, bis die letzte Geisel (tot oder lebendig) frei ist. Tut mir Leid für die Palästinenser, die NICHT auf Hamas-Seite sind – sie haben ebenso Pech gehabt, wie die Nichtnazis unter den Deutschen oder die Nichtfaschisten unter den Japanern 1942 ff etc.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ne sorry, sehe ich anders.
Japan und Deutschland hatten 1942ff noch Millionen Quadratmeter und fremde Völker unter ihrer Kontrolle. Die Besetzung der Hamas im relativ winzigen Gazastreifen ist in der Bedrohungslage nicht mit Nazideutschland oder dem imperialen Japan vergleichbar.
Im Übrigen wäre etwa die Bombadierung von Tokyo 1945 nach heutigen Maßstäben sicherlich ein Kriegsverbrechen.
Ne sorry, sehe ich anders.
Nur zu.
Den Kern meines Argumentes haben Sie ohnehin verfehlt: Die unbestritten amtierende Regierung des Gaza-Streifens (Hamas) hat beschlossen, weiter Krieg zu führen und zivile Geiseln nicht freizulassen. Damit hat der Kriegsgegner (Israel) jedes Recht, seine Militärkampagnen fortzuführen. Dieses Recht erlischt nicht etwa mit zunehmendem Leid der Zivilbevölkerung des Kriegsgegners, sondern nur nach einer Kapitulation, in einem Waffenstillstand und nach einem Friedensschluss.
Der Frieden in Gaza ist also ganz einfach zu erreichen: Hamas lässt die noch lebenden Geiseln frei, übergibt die Toten und kapituliert im Namen der von ihr beherrschten Bevölkerung.
Womit das Thema für mich auch durch ist, kein Interesse an einer fortgesetzten Dikussion.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich war nach dem 7.10. bei der gleichen Sicht. Aber inzwischen fühlt es sich halt mehr nach etwas an, das über irgendwelche militärischen Ziele in dem Rahmen von Hamas oder Geisel-Befreiung hinausgeht. Mag aber auch sein, dass ich mich täusche. Wie gesagt, ich bin zunehmend unsicher.
Damit hat der Kriegsgegner (Israel) jedes Recht, seine Militärkampagnen fortzuführen.
Es geht doch vor allem um die Art und Weise der Kriegsführung mit unverhältnismäßig vielen zivilen Opfern. Mehr noch, die Bevölkerung wurde und wird von lebenswichtigen Dingen, wie Wasser, Nahrung und Medikamenten abgeschnitten. Das sind Kriegsverbrechen. Zumindest sieht es so der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes.
Wenn Zivilisten sich aktiv an kriegerischen Aktionen beteiligen, werden sie zur Partei und damit einem legitimen Kriegsziel. Ein Krankenhaus über einer Kommandozelle darf bombardiert werden.
Die Hamas besteht nicht aus Soldaten in Uniform, sondern nehmen den Schutz der Zivilisten. Und es gibt immer wieder plakative Beispiele, dass Palästinenser Hamas-Kader schützen. Nur deswegen sind die zivilen Opfer so hoch, das ist völlig ungewöhnlich zu typischen Kriegen in den vergangenen 70 Jahren.
4) Im Migrationsdilemma
Merz hatte angekündigt, Asylsuchende bereits an der Grenze abzuweisen, was jedoch mit europäischem Recht kollidiert.
An welcher Stelle? Ich sehe und verstehe das nicht. Ich habe hier auch oft genug Paragraphen zitiert, die klarmachen, dass sich Deutschland auch im Falle von Zurückweisungen im Rahmen gesetzlicher Vorschriften bewegt.
Was ich verstehe, ist, dass die anderen Länder ein Problem haben, mit den Folgen ihrer Unterlassungen konfrontiert zu werden.