Scholz erklärt zölibatären Managern und Whoopi Goldberg vertrauensvoll in der Downing Street die MMT und duzt sie dabei – Vermischtes 11.02.2022

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Wie lang kann sich Scholz durch Krisen murmeln?

Der Bundeskanzler ist ein stilles, norddeutsches Gemüt, und als Schleswig-Holsteiner fühle ich das. Doch die ewige Fragerei nach seinem Aufenthalt und, vermutlich, die Androhung von Waffengewalt durch sein PR-Team, haben ihn dann doch noch vor eine Kamera gezerrt. Mit einem Gesicht wie ein Fünfjähriger vor einem dampfenden Teller voll Spinat murmelte sich Scholz durch die Kriegs- und Pandemiefragen des „Heute Journal“. Dort beantwortete er auch die sich aufdrängende Frage, wer denn eigentlich grad Kanzler ist, er oder der überaus präsente Gerhard Schröder. Scholz antwortete zuversichtlich, „das bin ich“. Er klang wie ein Chef-Beamter aus dem Kanzleramt, nicht wie ein Machtpolitiker mit Richtlinienkompetenz. Hat denn bei ihm wirklich noch niemand „Führung bestellt“? […] Richtig ist: Wenn Scholz sämtliche taktischen Erwägungen im Umgang mit Russland auf den Tisch läge, wäre das so dumm wie eine verspiegelte Sonnenbrille im Poker-Spiel. Außerdem verlangt die Machtarchitektur der Ampel einen moderierenden Kanzler. Er wolle andere glänzen lassen, hatte Scholz versprochen. Das Drei-Parteien-Bündnis ist eine historische Premiere. Sie muss starke Fliehkräfte aushalten […] Der Kontrast zu Angela Merkel fällt auf. Die frühere Kanzlerin als Rampensau zu bezeichnen, wäre sehr unhöflich und falsch: Die Politikerin duldete und nutzte Kameras, aber sie suchte sie nicht. Doch sie kommunizierte hochprofessionell. (Hendrik Wieduwillt, NTV)

Ich finde diese Kritik an der Sichtbarkeit Scholz‘ auf eine gewisse Art infantil. Der Punkt ist ja gerade, dass die diplomatische Strategie der Bundesregierung auf einer gewissen Arbeitsteilung beruht. Baerbock ist für die großen, klaren Ansagen zuständig (Stichwort wertebasierte Außenpolitik), während Scholz Hinterzimmerdiplomatie betreibt. Der wird nicht gerade durch große Gesten geholfen. Dieser Wunsch nach solchen Gesten ist da wenig zielführend.

Spannend ist übrigens auch, wie nach gerade drei Monaten bereits die Verklärung von Angela Merkel einsetzt. Nachdem 16 Jahre lang an ihrer Kommunikation herumgemäkelt wurde, wird sie jetzt als positive Kontrastfolie zu Scholz angebracht. Man kann vieles über Merkel sagen, aber eine große Kommunikatorin war sie sicherlich nicht. Das ist Scholz auch nicht, aber deswegen wurde er ja letztlich gewählt. Er trat als Merkel 2.0 an, dafür wurde er gewählt, und da kann man sich jetzt nicht überrascht zeigen, dass er auch so regiert. Für einen anderen Stil hätten Laschet oder Baerbock Kanzler*in werden müssen. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass das Gemecker da aber mindestens das Gleiche wäre.

2) Revealed: The 11 slides that finally convinced Boris Johnson about global warming

However, just a few years earlier, Johnson was publicly doubting established climate science. For example, in a Daily Telegraph column published in 2015 he claimed unusual winter heat had “nothing to do with global warming”. And, in 2013, he said he had an “open mind” to the idea that the Earth was heading for a mini ice-age. Last year, acknowledging his past climate scepticism, Johnson told journalists that he had now changed his mind, largely due to a scientific briefing he received shortly after becoming prime minister in 2019. Johnson admitted he had been on a “road to Damascus” when it comes to climate science: „I got them [government scientists] to run through it all and, if you look at the almost vertical kink upward in the temperature graph, the anthropogenic climate change, it’s very hard to dispute. That was a very important moment for me.” The Sunday Times later reported that this briefing had been given by Sir Patrick Vallance, the government’s chief scientific advisor, and, according to one of the prime minister’s close allies, it “had a huge impact”. Using a FOI request submitted to the UK’s Government Office for Science (“GO-Science”), Carbon Brief has now obtained the contents of this pivotal scientific briefing, which took place on 28 January 2020 inside 10 Downing Street. Below, Carbon Brief reveals the 11 slides that were used to “teach” Johnson about climate change, as well as the email correspondence exchanged between leading scientists and advisors as they prepared the prime minister’s briefing. (Carbon Brief)

Wenn man sich die Slides anschaut, die Boris Johnson von der Gefährlichkeit des Klimawandels überzeugt haben, kann man nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Das sind Informationen, die lernen bei uns die Schüler*innen in Klasse 11 und 12. Das ist Basiswissen. Auf der anderen Seite ist es natürlich positiv zu werten, dass er, mit Informationen konfrontiert, wenigstens lernfähig ist; das kann man ja über Trump nicht eben sagen. Aber das Ausmaß des Unwissens für einen Staatenlenker, gerade einer so wichtigen Nation wie Großbritannien, ist absolut erschreckend. Die Unseriosität der ganzen Johnson-Regierung ist wirklich von einem beängstigenden Ausmaß.

3) Wie wichtig sind Manager für den Firmenerfolg?

Heute sehen wir, dass zahlreiche Führungskräfte zwar nicht gegenüber Göttern, aber gegenüber der Allgemeinheit und den Anspruchsgruppen ihres Unternehmens ein übersteigertes Selbstbewusstsein an den Tag legen. Sie zahlen überhöhte Preise für Akquisitionen, investieren zu viel in ihre Lieblingsobjekte und beziehen hohe Gehälter, die in keinem vernünftigen Verhältnis zu ihrer Leistung stehen. Immerhin liegt die Misserfolgsquote bei Firmenübernahmen laut empirischen Studien relativ stabil bei 50 Prozent. Selten wird jedoch infrage gestellt, ob Spitzenmanager den Erfolg oder auch den Misserfolg einer Firma wirklich wesentlich beeinflussen. Die wissenschaftliche Managementforschung hat sich intensiv mit dieser Frage beschäftigt – mit dem Ergebnis, dass Topmanager den Firmenerfolg weit weniger beeinflussen als üblicherweise angenommen. […] Jedoch schreiben sich Führungskräfte Erfolg gerne selber zu – unterstützt von den Medien. Für diese ist es besonders attraktiv, den «Manager des Jahres» oder die «beste Unternehmerin der Schweiz» herauszustellen, weil dies von hohem Unterhaltungswert für Leserinnen und Leser ist. […] Am häufigsten unterläuft uns der sogenannte Attributionsfehler. […] Verstärkend wirkt der sogenannte Matthäus-Effekt: Wer hat, dem wird gegeben. […] Leider wendet sich der Zeitgeist gegenwärtig gegen solche sinnvollen Massnahmen, welche die Selbstherrlichkeit von Führungskräften einschränken. (Margit Osloh/Bruno S. Frey, NZZ)

Ich sage schon seit Langem, dass viele Führungskräfte sich in einer gewissen Hybris selbst überschätzen. Am krassesten ist das bei diesen Spitzengehältern von dreistelligen Millionen im Jahr; die Vorstellung, dass jemand so viel bessere Arbeit leistet als andere ist einfach völlig lächerlich und war schon immer eine der größten offenen Flanken des modernen Kapitalismus (modern hier im Sinne 1990er Jahre und folgende). Linke haben auch seit 20 Jahren den Finger in die Wunde gelegt und auf die schlechten incentives und vieles mehr hingewiesen. Besonders bei einer Klasse, die so gerne so pauschal über andere urteilt, ist diese Art der Kritik überfällig.

4) Auch Bischof Georg Bätzing für Abschaffung des Pflichtzölibats

Marx hatte am Mittwoch der Süddeutschen Zeitung gesagt, „bei manchen Priestern wäre es besser, sie wären verheiratet“. Er denke, es könne so nicht weitergehen. Er mache ein Fragezeichen, ob der Zölibat für jeden Priester Grundvoraussetzung sein solle. […] Auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, stellte sich hinter die Forderung von Marx. „Es gibt sicherlich weiter auch einen Wert eines zölibatären Lebens“, sagte sie im Deutschlandfunk. „Das mit dem Amt zwingend zu verbinden, da gibt es doch bei vielen Zweifel.“ Stetter-Karp sagte, ihr sei sehr wohl bewusst, dass sowohl die Frage nach dem Zölibat als auch die Frage nach dem Priesteramt für Frauen „hohe Hürden“ für die Weltkirche seien. […] Stetter-Karp stellte sich auch hinter die Forderung von Bischof Bätzing an Papst Benedikt XVI., sich für seinen Umgang mit Missbrauchsfällen zu entschuldigen. Die Laienvertreterin sagte, „es wäre bitterschade, wenn er nicht zu seiner Verantwortung steht“. Viele Gläubige würden sich nach der Falschaussage Benedikts für das Münchner Gutachten zum Missbrauch von der Kirche abwenden. (AFP/dpa, ZEIT)

Diese Verknüpfung des Zölibats mit den Missbrauchsskandalen ist ungemein problematisch. Sie unterstützt die Narrative toxischer Maskulinität, die die Idee vertreten, dass in jedem Mann eine Art Monster lebe, das nur auf die Gelegenheit warte, auszubrechen; dass Männer einen unstillbaren Sexualtrieb hätten, der einfach nach einem Ventil suche und der sich bei Frauen nicht finde; und was des Unsinns mehr ist. Es ist auch eine absurde Entwertung nicht nur von Männern, sondern auch Frauen. Die werden nämlich in dieser Sicht zu einem Garant für die Domestizierung des Mannes, quasi mit verantwortlich dafür, das Monster im Mann zu zähmen. Das ist eine Sicht, die sonst Incels vertreten, und deren Tendenzen kennen wir. Nein, die Verantwortung dürfen die betroffenen Männer schon gerne selbst übernehmen. Die Aufgabe von Frauen ist es nicht, Männer zu domestizieren, und die der Ehe schon gleich dreimal nicht. Das Zölibat gehört weg, aber nicht, damit weniger Priester sich an kleinen Kindern vergehen. Diese Argumentation nimmt die Täter nur aus der Verantwortung.

5) What’s driving the remarkable decline of urban sprawl in the US? // Tweet

Finally, they used a mathematical model to tease apart how three important drivers of land development – population growth, income, and commuting costs – contributed to these changing rates of land conversion. “We find that rising incomes and low gas prices helped spur the increasing development rates in the 1980s and 1990s, while rising gas prices were the largest factor that helped bring land development rates back down from 2000-2015,” Bigelow says. The findings have an intriguing implication for climate policy: “Our results highlight an important mechanism through which a tax on carbon would discourage new development, namely by reducing incentives for people to live relatively far from their place of work,” says study team member David Lewis, an economist at Oregon State University in Corvallis. “We estimate that a $0.03/gallon annual price increase lowers land development rates by about 2.84% per year.” (Sarah deWeerdt, Anthropocene Magazine)


Was man an beiden Quellen sehen kann, wenngleich aus sehr unterschiedlichen Perspektiven, ist, dass höhere Benzinpreise einen ziemlich direkten Einfluss auf die Lebensbedingungen der Menschen haben. Schon allein deswegen ist die Idee, die aktuell so stark gestiegenen Treibstoffpreise durch Senkung der entsprechenden Steuern oder gar gezielte Subventionen zu senken, völlig widersinnig. Wir WOLLEN doch, dass Benzin teurer wird. Wenn, dann muss das Geld an anderer Stelle umverteilt werden, etwa durch kostenlosen oder subventionierten öffentlichen Nahverkehr bzw. Ausbau desselben, Prämien für Fahrräder und Ausbau der Fahrradinfrastruktur, etc. Das ist ja auch meine Dauerkritik an der CO2-Steuer, dass genau solche Forderungen politisch erhoben und auch umgesetzt werden. Und das ist halt völlig kontraproduktiv. Wenn die Preise eine Steuerungsfunktion haben sollen, wie sich das in der Marktwirtschaft gehört, dann muss man sie auch steigen lassen, sonst hat das ja überhaupt keinen Sinn.

6) Die Sache mit Whoopi Goldberg

Nicht, dass die Mini-Debatte um Whoopi Goldberg sonderlich relevant wäre, aber sie zeigt schön auf, warum die Theorien von Intersektionalität und die Critical Race Theory so wertvoll sind: sie verhindern nämlich Irrtümer wie den Goldbergs, weil sie ein anderes Framework für die Beschäftigung mit Rassismus bieten und differenziertere Zugänge ermöglichen. Es wäre also durchaus im Interesse aller Beteiligten, das nicht als linkes Teufelszeug in die Ecke zu stellen, sondern sich damit zu beschäftigen.

Um noch einmal auf die Debatte selbst zurückzukommen: Whoopi Goldberg hat sich entschuldigt. Sofort und ohne große Umschweife. Von daher begrüße ich es, dass da nicht die Cancel-Culture-Debatte draus wurde. Genau so sollte es nämlich sein: man macht einen Fehler, gesteht den ein und lernt dann daraus. Da könnten sich diverse andere Leute eine Scheibe abschneiden, und so darf das in diesen Fällen gerne immer sein. Anstatt da dann immer gleich die Riesenkeulen rauszuholen.

7) War Hitler ein Linker? Stellen Sie die Frage nur, wenn Sie nicht an Ihrem Job hängen

Wie viel Sozialismus steckte im Nationalsozialismus? Keine ungefährliche Frage. […] Das Ende des Dritten Reichs liegt 77 Jahre zurück, doch das Thema ist immer noch gut, einen Empörungssturm auszulösen. Da sich diese Kolumne der Bildung und Aufklärung verpflichtet fühlt, wollen wir ausnahmsweise einen Abstecher ins historische Fach unternehmen. […] Man sieht, je genauer man sich mit dem braunen Erbe beschäftigt, umso schillernder wird es. Bis heute werden gewaltige Anstrengungen unternommen, um jede Verwandtschaft zwischen rechtem und linkem Kollektivgeist in Abrede zu stellen. Da nützt es auch nichts, dass es die inzwischen zur Spätheiligen verklärte Hannah Arendt war, auf die die Erkenntnis zurückgeht, dass alle totalitären Regime mehr miteinander zu tun haben, als den jeweiligen Adepten lieb sein kann. Diesen Teil ihres philosophischen Erbes lässt man gerne unter den Tisch fallen. Was lehrt uns das Ganze? Dass Vorsicht angebracht ist, wenn an so schwammige Begriffe wie gesellschaftlicher Zusammenhalt oder soziale Gleichheit appelliert wird. Manchmal ist es durchaus nützlich, sich daran zu erinnern, dass Deutschlands Unglück nicht der übertriebene Freiheitswille seiner Bürger und ein Übermaß an Individualismus und Eigensinn war. Wenn zu viele Leute plötzlich hurra schreien, sollte man skeptisch werden, und nicht umgekehrt, wenn die Hurrarufe zu schütter ausfallen, wie einem immer wieder nahegelegt wird. (Jan Fleischhauer, Focus)

Umgekehrt zu Goldberg in Fundstück 6 ist Jan Fleischhauer genauso wie Ulf Poschardt oder Harald Martenstein völlig unbelehrbar. Das nicht Belehrbare ist sogar das große Verkaufsargument. Dieser große Cancel-Culture-Gestus ist einfach nur noch unerträglich. Da wird eine schräge, blödsinnige und einfach nur auf Provokation gebürstete These rausgehauen, in der vollen Absicht, damit Widerspruch zu provozieren, genau damit man sich dann in die Rolle des Opfers begeben kann. Ulf Poschardt hat sogar extra einen Artikel darüber geschrieben, dass er das macht, und trotzdem fallen die Leute ständig drauf rein!

Das Thema ist auch langweilig. Es ist eine uralte Frage, zig mal gestellt, tausendmal beantwortet. Vor Jahren hat Erika Steinbach schon damit zu provozieren versucht, und es war schon da altbacken. Dass Fleischhauer das jetzt wieder gelangweilt rauszieht zeigt auch nur, dass dem die Ideen ausgehen. Der ganze Vorwurf ist eine reine politische Kampfvokabel, genauso wie wenn heute Linke der CDU vorwerfen, Nazi-Partei zu sein, weil Globke. Das ist genauso langweilig und ausgelutscht, nur gibt es keine hoch bezahlten linken Kolumnisten, die diesen Mist raushauen, das findet sich nur noch bei jungeWelt und Co.

Das Einzige, was diese Argumentationslinie zeigt, ist, dass die von Fleischhauer aufgelisteten Politiken eben nicht exklusiv links sind. Und das sollte niemand überraschen, der je über den Geschichtsstoff der 8. Klasse hinausgekommen ist. Es mag für Fleischhauer neu sein, aber der Sozialstaat, den er triumphierend als Beweis für Hitlers Links-Sein heranzieht wurde von Bismarck gegründet. Ist der jetzt neuerdings auch Sozialist? Letzthin waren seine Statuen noch Opfer der Cancel Culture, aber in diesem ideologischen Fiebersumpf verliert man so schnell den Überblick.

8) The Covid Policy That Really Mattered Wasn’t a Policy

You know what’s better than a vaccine mandate? A society that doesn’t need one. […] The Global Health Security Index was measuring the wrong things. The researchers later noted that tucked inside the report was a finding about the United States that would prove more predictive of our response: “It had the lowest possible score on public confidence in the government.” […] More unexpected was what the researchers found when they looked at the factors that predicted how many people got infected. Some of the obvious candidates — population density, G.D.P. per capita, and exposure to past coronaviruses — failed to predict much in the way of outcomes. But both trust in government and trust in fellow citizens proved potent. […] The Japanese government, he said, understood that the virus was airborne, and they made sure their citizenry knew it. The message became that “People should avoid the three C’s, which are closed spaces, crowded places and close-contact settings. The Japanese government shared this advice with the public in early March, and it became omnipresent. The message to avoid the three C’s was on the news, variety shows, social media and posters. ‘Three C’s’ was even declared the buzzword of the year in Japan in 2020.” What struck me about this, when I first read it, was what it left unsaid. Japan was much quicker to understand airborne transmission than the United States, but we knew it soon enough. We certainly knew it by the time of the Delta surge, when Japan again performed far better than we did. We know it now, and Japan is still performing better than we are. It is what we do with what we know that matters. Trust is regularly polled in international surveys, and so the researchers had access to those numbers. (Ezra Klein, New York Times)

Diese Erkenntnis formuliere ich auch bereits seit einiger Zeit; ich habe das etwa in meinem Artikel „Wir erwarten zu wenig“ ausdiskutiert. Tatsächlich ist der Vertrauensverlust ein Riesenproblem, und er betrifft die ganze westliche Welt. Historisch gesehen sehe ich ihn seit den 1960er Jahren schleichend und seit den frühen 2000er Jahren deutlich beschleunigt ablaufen; mich überzeugen deswegen nationalstaatliche Erklärungsversuche nicht – ob Kevin Drum mit seinem Steckenpferd vom Aufstieg von FOX News oder die Kritik von rechts an den Öffentlich-Rechtlichen hierzulande -, weil sie alle nicht erklären können, warum in anderen Ländern dasselbe passiert.

Aber: es passiert eben nicht überall. Die asiatischen Länder etwa fallen, wie Ezra Klein ausführt, aus dem Schema heraus, aber auch in Ländern wie Dänemark ist das Vertrauen wesentlich höher als hier. Woran das liegt? Keine Ahnung. Aber irgendwie muss dieses Vertrauen wieder aufgebaut werden, denn ich halte es für das größte Gift, das an unserer pluralen Demokratie nagt, noch vor Pluralisierung und Aufstieg von Extremisten wie der AfD. Irgendwelche Ideen?

9) Who’s Afraid of MMT?

As anyone who has ever been responsible for legislative oversight of central bankers knows, they do not like to have their authority challenged. Most of all, they will defend their mystique – that magical aura that hovers over their words, shrouding a slushy mix of banality and baloney in a mist of power and jargon. […] In our day, the voices of Modern Monetary Theory perturb the sleep not only of present central bankers, but even of those retired from the role. They prowl the corridors like Lady Macbeth, shouting “Out damn spot!” […] MMT shares Keynes’s view that a proper goal of economic policy in a sovereign and developed country is to achieve full employment, buttressed by a to all who may need them. This is a goal that I helped write into law in the US under the Humphrey-Hawkins Full Employment and Balanced Growth Act of 1978, along with balanced growth and reasonable price stability. With occasional successes in practice, this policy objective, known as the “dual mandate,” has been the law of the land in the US ever since.In short, as an example of good economics made popular, accessible, and democratic, MMT represents what central bankers have always feared – as well they might. (James K. Galbraith, Project Syndicate)

Ich finde Galbraiths These, warum die MMT die klassischen Zentralbanker*innen so triggert, völlig überzeugend. Das ist die Antithese zu deren ganzen Identität, Habitus, raison d`être. Ich kann immer noch nicht wirklich sagen, wie viel da wirtschaftswissenschaftlich gesehen dran ist, aber ich bleibe dabei, dass MMT für die Linke eine Chance ist, das Gegenstück zur Laffer-Kurve zu schaffen. Es wird eh kein Staat das jemals in Reinkultur machen, genauso wenig wie irgendein Staat je den Neoliberalismus à la Friedman in Reinkultur gemacht hat (nein, auch die USA unter Reagan und das UK unter Thatcher nicht).

10) The End of the Republicans’ Big Tent

Once upon a time, not so long ago, the Republican Party prided itself on being a big-tent party. This didn’t mean that anything went—generally, members were expected to adhere to a philosophy of free markets and small government—but the party tolerated the left-leaning Nelson Rockefeller as well as the rock-ribbed Barry Goldwater, the conservative Ronald Reagan and the moderate Arlen Specter. The GOP no longer has many coherent policy goals, mixing free traders and tariff fanatics, entitlement-cutters with populists. The single unifying requirement is paying fealty to Donald Trump. Pretty much anyone willing to do that is welcome. This resolution is a demonstration of that fealty. […] Once you start looking for Trump service in today’s Republican Party, you can see it everywhere. The phenomenon of smart, ambitious politicians clumsily attempting to appeal to Trump and earn his endorsement, which I noted recently, is one example. Even politicians who are toying with challenging Trump for the 2024 GOP presidential nomination are engaged in Trump service. Former New Jersey Governor Chris Christie, who has been bolder than most, criticized Trump for refusing to acknowledge defeat in 2020 but hastened to add that he agrees with Trump on policy. […] In 2016, Republican primary voters drove Trump’s success, even as party leaders were horrified by him. Six years later, the voters have cooled a bit on Trump, but the party apparatus has turned itself over to placate him. (David A. Graham, The Atlantic)

Ich finde diese These nicht sonderlich überzeugend. Über die letzten Jahre wurde sie von verschiedenen Autor*innen in verschiedenen Publikationen geäußert. Aber: Wenn das stimmt, warum gewinnen die Republicans dann? Klar, sie sind eine Minderheitenpartei, daran kann kein Zweifel bestehen, aber ihre Minderheit ist verdammt groß. Sie erreichen verlässlich 40%+. Das ist schon ein ziemlich großes Zelt, das kann man doch nicht einfach wegreden.

Klar, die Republicans sind nicht in dem Ausmaß Big Tent wie die Democrats – letztere gewinnen Wahlen nur dann, wenn sie ihr Zelt aufspannen, und wenn sie das nicht schaffen, was leider viel zu oft passiert, verlieren sie – aber wir reden hier nicht von Bundeswehrhütte vs. Partyzelt, sondern wir haben ein Partyzelt und ein bisschen größeres Partyzelt. Das scheint mir schon eher wishful thinking hier.

11) Duzen auf Twitter – über Normen im Netz

Duzen ist mir also als Element der Netzkultur wie auch im sozialen Umgang mit Mitmenschen sehr vertraut, ich habe mich daran gewöhnt. So stark, dass mir Siezen nicht mehr als eine Form von Respekt erscheint, sondern – wie im Wikipedia-Zitat erwähnt, als Zeichen einer »schroffen Distanzierung«. Auf Twitter treffe ich nun auf Profile, hinter denen möglicherweise Menschen stehen, die das anders wahrnehmen. Die mich siezen, es aber gar nicht als Distanzierung meinen – und von mir auch gesiezt werden möchten. Gleichzeitig gibt es auch Profile, die aushandeln wollen, welche Norm sich durchsetzt: Die von mir ein Zugeständnis möchten, dass siezen korrekt ist und ich sie auch dann siezen muss, wenn mir das weder angebracht noch sinnvoll erscheint. Sie setzen siezen passiv-aggressiv ein und nutzen die unterschiedlichen Normen, um auch auf einer Meta-Ebene eine konfrontative Diskussion führen zu können. Ich meine mein Duzen als freundliche Geste in der Netzkultur, als Bereitschaft, allen auf Augenhöhe zu begegnen. Das versuche ich durchzuziehen – aber es gelingt mir nicht immer. Erstaunlich ist das nicht: Netzkommunikation erschöpft sich oft darin, zwischen sich fremden Menschen Normen auszuhandeln. (Philippe Wampfler, Schule Social Media)

Ich bin völlig bei Wampfler. Im Netz wird geduzt. Meine Sicht ist gerade hier im Blog die: der Blog ist mein digitales Wohnzimmer. In meinem Wohnzimmer duze ich Leute. Wer also in mein Wohnzimmer kommt, der wird geduzt, und wem das nicht passt, der hat die Möglichkeit, jemanden anderen zu besuchen. Das Netz ist ja recht groß. Ich hab das jetzt noch nie so ausführlich durchdacht wie Wampfler, aber es hat sich immer richtig angefühlt. Ich empfinde es schon als passiv-aggressiv, wenn mich Leute auf meinem Blog siezen, weil es so was Distanziertes hat.

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  • Ariane 11. Februar 2022, 09:21

    1) Ach das ist für mich so Langeweile-Journalismus nach der Art „Irgendwas müssen wir ja schreiben“ (und ich fang jetzt nicht noch mit dem Pulli an, aber #woistscholz gehört da zb auch mit rein).
    Das fand ich noch verrückter, gerade weil man bei Merkel zwischendurch ja vergessen konnte, dass sie Kanzlerin ist. Und Scholz war ja sogar im ZDF!

    Und ja, Scholz ist ja gerade wegen seiner Zurückhaltung so beliebt geworden. Ist halt bei Leuten beliebter als bei Journalist*innen.

    4) Zölibat

    Ich hab die Debatte nur am Rande verfolgt, weil hier Katholiken (zum Glück) nicht so die große Rolle spielen. Aber diese Kausalkette aufzumachen und das Zölibat (natürlich kann das weg btw) mit den Missbrauchsfällen zu verknüpfen, halte ich auch für absolut katastrophal. Wie kommt man auf so eine Idee? Das hat überhaupt nichts miteinander zu tun.

    7)
    Ja. Das ist Trollen auf pseudointellektuellem Niveau, obwohl ich Poschi da auch ähm merkwürdig finde. Wenn jeder über seinen Blödsinn einen Scherz macht, bindet das jetzt nicht zwangsläufig Kräfte um weniger über die Springerskandale zu reden. Das hat eher was Narzistisches, oh guck mal, soviele Replys! Die finden mich alle so wichtig!

    Das Problematische ist eher, dass das eine Eskalationsspirale gibt und man immer noch eine steilere These drauflegen will. Und dann zb bei der Idee landet, dass Judensterne zwar den Holocaust verharmlosen, aber nicht antisemitisch sind.
    https://www.juedische-allgemeine.de/politik/harald-martenstein-und-die-judensterne-bei-corona-demos/

    8)Tatsächlich ist der Vertrauensverlust ein Riesenproblem, und er betrifft die ganze westliche Welt. Historisch gesehen sehe ich ihn seit den 1960er Jahren schleichend und seit den frühen 2000er Jahren deutlich beschleunigt ablaufen

    Ich denke da auch immer wieder mal dran rum. Bin mir nicht mal sicher, dass es da wirklich eine Veränderung gab. Kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Leute in den 50ern soviel Vertrauen in die Politiker hatten, dass die schon alles richtig machen. Gegen „die da oben“ wurde halt schon immer gerne geschimpft.

    Ich kann mir auch vorstellen, dass das durchaus was mit Medienrevolutionen zu tun hat, eventuell hat man sich einfach weniger gekümmert und war halt mit seinem eigenen Privatleben beschäftigt und hatte jetzt zb nicht so die Möglichkeit, sich zb über den Pulli von Scholz aufzuregen oder eher nicht. Da hat man morgens die Zeitung gelesen oder die Tagesschau geguckt und das wars dann.
    Und das heißt dann eben auch, dass der ganze Kleinkram, mit dem wir so bombardiert werden (und den wir in Echtzeit kommentieren können!) gar nicht vorkam.

    Das ist schon eine Veränderung, auch wenn ich nicht weiß ob das wirklich kausal zusammenhängt und ändern lässt sich das auch nicht. Ich denke, man muss da eher an den Erwartungshaltungen schrauben. Politiker sind halt keine Halbgötter, sondern Leute, die auch mal einen Pulli anziehen.

    11) Duzen im Netz

    Ich glaube, das hängt auch damit zusammen, wielange man schon Zeugs ins Internet schreibt. Bei mir ist es auch so, dass man im Netz halt duzt und ich empfinde Siezen da auch tatsächlich als unhöflich.

    • Stefan Sasse 11. Februar 2022, 09:59

      1) War bei Merkel ja nicht anders. Deren Beliebtheitswerte haben auch keine Korrelation zur Berichterstattung.

      4) Ja.

      7) Exakt, diese Eskalationsspirale hab ich auch auf Twitter angesprochen gehabt.

      8) Geschimpft ja, aber man hat den Autoritäten in den 1950er Jahren (und selbst den 1980er Jahren) noch viel mehr vertraut. Wenn was in der Zeitung stand, war das wahr. Wenn ein Politiker was gesagt hatte, war das richtig. Und so weiter.

      11) Digital Natives? 😀

    • Erwin Gabriel 11. Februar 2022, 11:07

      @ Ariane 11. Februar 2022, 09:21

      1) Wie lang kann sich Scholz durch Krisen murmeln?

      Und ja, Scholz ist ja gerade wegen seiner Zurückhaltung so beliebt geworden. Ist halt bei Leuten beliebter als bei Journalist*innen.

      🙂 Das ist wohl wahr

  • Erwin Gabriel 11. Februar 2022, 10:59

    1) Wie lang kann sich Scholz durch Krisen murmeln?

    Der Punkt ist ja gerade, dass die diplomatische Strategie der Bundesregierung auf einer gewissen Arbeitsteilung beruht. Baerbock ist für die großen, klaren Ansagen zuständig (Stichwort wertebasierte Außenpolitik), während Scholz Hinterzimmer-Diplomatie betreibt.

    Zutreffend; aber zumindest sollte – etwa in der Ukraine-Krise – soviel Kante gezeigt werden, dass Russland versteht, DASS die Möglichkeit, NordStream 2 zu kippen, WIRKLICH mit auf dem Tisch liegt. Das hat ihm nun Joe Biden aus der Hand genommen.

    Ein Wort zu unserer Außenministerin: Sie hat in dr4ei Monaten schon Dinge geschafft, die ihr jämmerlicher Vorgänger in vier Jahren nicht hinbekommen hat. Sie hat nicht nur Lawrow beeindruckt, sondern gleichzeitig die Beziehungen zu Israel gestärkt und die Regierung sachlich und freundschaftlich kritisiert. Hätte ich ihr bei Amtsantritt nicht zugetraut. Ich will mich nicht zu früh freuen, aber bei mir keimt Hoffnung …

    2) Revealed: The 11 slides that finally convinced Boris Johnson about global warming

    Aber das Ausmaß des Unwissens für einen Staatenlenker, gerade einer so wichtigen Nation wie Großbritannien, ist absolut erschreckend.
    Glaubst Du das? Ich halte Politiker nicht für so blöd. Für arrogant, machtbesessen, korrupt – ja, aber nicht für blöd.

    Ich will nicht ausschließen, dass Johnson nur einen Aufhänger gefunden hat, aus einer für ihn blöden Situation rauszukommen (so wie Fukushima nur ein Vorwand für Merkel war, sich mit halbwegs weißer Weste von Versprechungen gegenüber der Wirtschaft und von einer Politik zu verabschieden, die die Bevölkerung nicht wollte).

    3) Wie wichtig sind Manager für den Firmenerfolg?

    Ich sage schon seit Langem, dass viele Führungskräfte sich in einer gewissen Hybris selbst überschätzen.

    Einige tun das, sicherlich; man braucht vermutlich auch eine gehörige Portion Narzissmus, um sich da hochzukämpfen. Auch nicht hilfreich, dass man meist nur unter sich ist – Politiker haben das gleiche Problem.

    Ein Grund für diese distanzierte Abgehobenheit vieler ist aber auch, dass jeder meint, den Chef beurteilen zu können, während man gleichzeitig davon ausgeht, dass der weder weiß noch versteht, welch tolle Leistung man Tag für Tag selbst erbringt.

    Meine Erfahrung ist, dass ich nicht mal genau die Kriterien erkennen kann, die die Hierarchestufe über mir zum Handeln treibt bzw. zwingt; konnte ich jedes Mal nur, wenn ich dann selbst in den Schuhen lief.

    Am krassesten ist das bei diesen Spitzengehältern von dreistelligen Millionen im Jahr; die Vorstellung, dass jemand so viel bessere Arbeit leistet als andere ist einfach völlig lächerlich und war schon immer eine der größten offenen Flanken des modernen Kapitalismus.

    Wenn Du darauf schaust, was Führungskräfte wie Wolfgang Reitzle (Linde), Ferdinand Piëch (Volkswagen) oder Bill McDermott (SAP) mit ihren jeweiligen Unternehmen leisteten – stets gemessen an Vorgängern und Nachfolgern –, dann bin ich nicht ganz bei Dir.

    Dass es Führungskräfte gibt, die deutlich zu viel (oder deutlich zu wenig) bekommen, ist aber genauso normal wie bei normalen Angestellten; nur eben ein oder zwei Ebenen höher. Ausschlaggebend ist hier die potentielle Wirkmacht, die sich nicht nur auf den Umsatz bzw. den Gewinn beschränkt, sondern auf den Aktienkurs.

    4) Auch Bischof Georg Bätzing für Abschaffung des Pflichtzölibats

    Sie unterstützt die Narrative toxischer Maskulinität, die die Idee vertreten, dass in jedem Mann eine Art Monster lebe, das nur auf die Gelegenheit warte, auszubrechen; dass Männer einen unstillbaren Sexualtrieb hätten, der einfach nach einem Ventil suche und der sich bei Frauen nicht finde; und was des Unsinns mehr ist.

    Ja, Unsinn, doppelt verschachtelt. Natürlich haben praktisch alle Männer einen Sexualtrieb, was nicht heißt, dass in jedem Mann ein Monster lauert. Das gleiche gilt für Frauen, oder für andere Triebe wie Essen, Trinken, Schlafen etc. – was Vater Natur uns eben mitgegeben hat. Kritisch wird es, wenn „Triebe“ unterdrückt oder missbraucht werden; auch Schlaf- oder Nahrungsentzug kann erstaunliche Persönlichkeitsveränderungen auslösen.

    Das Zölibat gehört weg, aber nicht, damit weniger Priester sich an kleinen Kindern vergehen. Diese Argumentation nimmt die Täter nur aus der Verantwortung.

    Ich bin bei Dir: Das Zölibat gehört weg, AUCH, damit sich Priester nicht an kleinen Kindern vergehen. Das Problem ist in der katholischen Kirche systemisch angelegt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand sich sagt „ich bin Kinderschänder; ich werde Priester, da kann ich mich austoben“. Ich kann mir viel eher vorstellen, dass jemand aus guten Gründen Priester wird, und die Kraft seiner Persönlichkeit, was die Auswirkungen des zölibatären Lebensstils angeht, überschätzt. So zu leben ist gegen die Natur.

    Das soll – um Himmels willen – die Täter nicht entschuldigen. Die sollten wissen, was sich in Ihnen anbahnt, und entsprechend handeln können.

    Dass die Kirche mit ihrer kompletten Unterdrückung des Themas ‚Sexualität‘ Missbrauch aktiv fördert, steht auf einem anderen Blatt. Wenn ich jetzt die ganzen sich windenden Bischöfe sehe, ihre lahmen Entschuldigungen höre (vielleicht – aber nur ein einziges Mal – nicht so genau hingeschaut), könnte ich vor Wut und Empörung kotzen.

    Die Täter gehören weggesperrt – je nach individueller Situation in den Knast oder in die Klinik. Die hohen Herren, die stets wegschauten, denen die Opfer egal oder deutlich weniger wichtig als der eigene Ruf waren, haben viel Schlimmeres verdient.

    7) War Hitler ein Linker? Stellen Sie die Frage nur, wenn Sie nicht an Ihrem Job hängen

    Stimme zu, ist weitgehend Provokation, nur Augenpulver. Weitgehend …

    Die NSDAP war ursprünglich genau das: eine in erster Linie nationalistische, teilweise auch sozialistische Partei (Göbbels startete meines Wissens als Linksextremist und wurde nach München geschickt, Hitler wieder einzufangen; klappte nicht so gut). Aber es war Hitler, der die Partei auf völkisch-nationalistisch drehte, so dass der Vorwurf, Hitler sei ein Linker gewesen, absurd ist.

    So wie (meiner unbedeutenden Meinung nach) Einordnungen wie ‚links‘ und ‚rechts‘ nur in einem halbwegs normalen Umfeld Sinn ergeben. Unterschiede zwischen Stalin und Hitler sind schwerer zu finden, da beide uneingeschränkte Diktatoren, rücksichtslose Soziopathen und komplett größenwahnsinnig waren. Ob ihr Lendenschurz dann rot oder braun ist, macht da keinen Unterschied mehr.

    Was die Hurra-Rufe angeht, hat Jan Fleischhauer natürlich Recht.

    • Stefan Sasse 11. Februar 2022, 13:26

      1) Baerbock ist die positivste Überraschung der Regierung für mich; ich hatte aber auch sehr niedrige Erwartungen.

      2) Ich glaub das tatsächlich, ja. Die bisherige Performance von den Tories im Allgemeinen und Johnson im Speziellen scheint das zu bestätigen. Ich würde es nicht von Laschet glauben, oder von Merz. Aber Johnson? Ja.

      3) Mal ehrlich, es meint auch jeder, Lehrkräfte beurteilen zu können, und wir sind auch nicht abgehoben. Das taugt mir als Erklärung viel weniger als Narzismus.

      4) Bei dir.

      7) Jein, Stalin und Hitler haben schon Unterschiede. Aber wesentlich weniger, als sowohl die Linken als auch Putin heute gerne einsieht…

      • Erwin Gabriel 11. Februar 2022, 14:48

        @ Stefan Sasse 11. Februar 2022, 13:26

        3) Das taugt mir als Erklärung viel weniger als Narzismus.

        Du bist immer wieder schwarzweiß unterwegs. Nicht alle sind gleich, nicht alle haben die gleichen Gründe. Und manche sind einfach verdammt gut.

        4) Bei dir.

        Wie meinen? Den Kurs in Gedankenlesen habe ich leider nicht bestanden …

        • Stefan Sasse 11. Februar 2022, 16:34

          3) Kein Zweifel! Aber du hattest das ja auch ziemlich pauschal formuliert. Daher meine ebenfalls pauschale Reaktion. Wir reden von Durchschnitten, nicht von Individuen. Denn „einige sind auch verdammt gut“ gilt halt überall. Das war ja auch nie ein Argument bei struktureller Kritik am Bildungssystem, warum also hier?

          4) Ich bin bei dir. 🙂

    • R.A. 11. Februar 2022, 16:09

      „Sie hat nicht nur Lawrow beeindruckt“
      Dafür gibt es kein Indiz. Lawrow hat genau denselben sturen Gesichtsausdruck beibehalten, der er immer aufsetzt.
      Falls ihn Baerbock beeindruckt haben sollte, hat er das weder durch Worte oder Gesten noch gar durch Tagen gezeigt.

      „sondern gleichzeitig die Beziehungen zu Israel gestärkt“
      Behauptet die deutsche Presse.
      Die Israelis sehen das deutlich anders. Da hat Baerbock bei den Themen Iran-Deal und Palästinenser ziemlich in die Fettnäpfe getreten.

      • Erwin Gabriel 13. Februar 2022, 14:52

        @ R.A. 11. Februar 2022, 16:09

        Lawrow hat genau denselben sturen Gesichtsausdruck beibehalten, der er immer aufsetzt. Falls ihn Baerbock beeindruckt haben sollte, hat er das weder durch Worte oder Gesten noch gar durch Tagen gezeigt.

        Eher durch Unterlassung; ich habe den Vergleich zu seinem Umgang mit dem EU-Gesandten herangezogen. Im Vergleich dazu schneidet sie toll ab … 🙂

        Die Israelis sehen das deutlich anders. Da hat Baerbock bei den Themen Iran-Deal und Palästinenser ziemlich in die Fettnäpfe getreten.

        Nun, auch da gibt es geteilte Meinunegn, wie hier auch. Aber ich muss gestehen, dass in der Tat deutsche Medien die Grundlage für meine Einschätzung gaben.

        Nicht, dass das ein nennenswertes Kriterium ist: ImVergleich zu Maas um Wleten besser.

  • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 11:19

    2) Revealed: The 11 slides that finally convinced Boris Johnson about global warming

    Es ist keine Neuigkeit, dass Boris Johnson mit Fakten nicht sattelfest ist. Daraus hat er selbst nie einen Hehl gemacht. Er ist ein charismatischer, aber oberflächlicher Politiker. Das wussten die Wähler und haben ihn überzeugend bestätigt. Darüber zu lamentieren und dazu noch in Bezug auf ein einziges Thema, ist unehrlich.

    3) Wie wichtig sind Manager für den Firmenerfolg?

    Um die Frage schnell zu beantworten: sehr wichtig. Ein schlechtes Top-Management spüren die Stakeholder – von den Mitarbeitern über die Kunden und Lieferanten bis zu den Eigentümern – sehr schnell, oft binnen Wochen. Selbst Außenstehende spüren den Qualitätsunterschied, siehe Deutsche Bahn und Deutsche Bank. Das eine ist eine miserabel geführtes Unternehmen, das andere ein sehr gut geführtes.

    CEOs eines DAX-Unternehmens werden im Schnitt zwischen 2 und 12 Millionen im Jahr vergütet. Das ist in Bezug zu Gewinnen und Personalkosten nicht spürbar. Von daher: was soll wieder die Neiddebatte?

    Das Top-Management wird heute rasant ausgetauscht, die durchschnittliche Verweildauer beträgt 2-5 Jahre. Und die Ungeduld gerade der PE-geführten Unternehmen wächst stetig. CEO ist keine Lebensaufgabe. Zum Vergleich: ein Top-Bundesliga-Spieler verdient zwischen 8 und 24 Millionen Euro im Jahr. Daran gemessen sind CEOs mit Sicherheit nicht zu hoch vergütet.

    Außerdem hat es ein Geschmäckle, wenn sich Leute zu stark leistungsbezogenen Vergütung von Menschen mit extrem hohem Beschäftigungsrisiko äußern, die für sich selbst jedes Risiko und jede leistungsbezogene Vergütung ablehnen.

    4) Auch Bischof Georg Bätzing für Abschaffung des Pflichtzölibats

    Wen geht das eigentlich etwas an? Doch nur Priester, denn am Ende ist das Zölibat eine Selbstverpflichtung. Im erweiterten Sinne geht die Frage noch potentielle Priesteranwärter an und im weiten Sinne Katholiken. Aber es ist eigentlich kein Thema, das des öffentlichen Diskurses mit Atheisten, Protestanten oder Muslimen bedarf. Das hat die katholische Kirche nicht nötig.

    • Stefan Sasse 11. Februar 2022, 13:30

      2) So ein Blödsinn. Wieso sollte das unehrlich sein? Und offensichtlich ist das Ausmaß des Nichtwissens hier ungefähr auf dem Level wenn Scholz heute treudoof verkünden würde, dass ihm bis zu einer Schülerpräsentation aus der 8. Klasse nicht klar war, wie Angebot und Nachfrage funktionieren.

      3) Genauso ein Geschmäckle sich zu einer stark dienstbezogenen Vergütung äußern, die für sich selbst jegliche Berechenbarkeit ablehnen, nicht wahr?

      4) Ich zahle hunderte Euro im Jahr Kirchensteuer an den Laden. Das geht mich sehr viel an. Das solltest gerade du als „die Stakeholer haben immer Recht“-Mensch verstehen.

      • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 17:49

        2) Die meisten Deutschen haben keine Mathekenntnisse, die über das Niveau der 7. Klasse hinausgehen und keine Geographiekenntnisse, mit denen sie Zwölfjährige schlagen könnten. Was soll das also? Elitäre Politiker magst Du nicht, aber sie sollten schon schlauer sein als das gemeine Volk. Johnson ist nicht für seine überragende Unterstützung wider den Klimawandel gewählt werden noch hat er sich auf diesem Gebiet beworben.

        3) Komische Satzformulierung. Eine einfache Regel scheint Dir nicht vermittelt worden zu sein: Je höher das Risiko, desto höher der Ertrag. Völlig entgegen dieser Regel plädierst Du für hohen Ertrag ohne Risiko. So funktioniert die Welt nicht.

        4) Wieder ein Beispiel, wo Du für einen kleinen Punkt Deine strategische Argumentation opferst. Deswegen nochmal zitiert:

        Ich zahle hunderte Euro im Jahr Kirchensteuer an den Laden. Das geht mich sehr viel an.

        Du meinst also erheblich mitreden (und entscheiden) zu dürfen, weil Du viel einzahlst. Tja, wenn ich das über die Einkommensteuer sage und jenen über den Mund fahre, die wenig oder gar keine zahlen, dann findest Du das daneben. Schließlich kann es beim Mitreden nicht darum gehen, wie viel jemand einzahlt.

        Das war bis eben Deine Argumentationslinie. Die hat sich ja nun pulverisiert. Demnächst also nehme ich mir das Recht raus, kompetenter über Steuerlast reden zu dürfen als sagen wir …. Du?

        • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 09:57

          2) Ist natürlich auch ein Maßstab. Baerbock hatte sich auch als Kanzlerin und nicht als Wissenschaftsministerin beworben, aber da war es ganz schrecklich, dass ein paar Fußnoten falsch waren.

          4) Es ist deine Argumentation, nicht meine.

          • R.A. 12. Februar 2022, 17:04

            „aber da war es ganz schrecklich, dass ein paar Fußnoten falsch waren.“
            Da ging es nicht um Fußnoten. Sondern darum, daß sie wesentliche Angaben (Studienabschluß) in ihrem Lebenslauf schlicht erlogen hat.

            • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 18:22

              Nein, es ging darum, dass man was findet, das man ihr anhängen kann. Aber ist auch völlig Hupe, wir brauchen die Debatte nicht wieder aufrollen.

            • R.A. 12. Februar 2022, 18:30

              „es ging darum, dass man was findet, das man ihr anhängen kann.“
              In jedem Wahlkampf wird geschaut, ob man einem Kandidaten was anhängen kann.
              Aber so eine Steilvorlage wie einen erlogenen Lebenslauf kriegt man selten geliefert.

              • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 20:08

                Scholz hatte mit CumEx und Konsorten massig Dreck am Stecken und es hat keine Sau interessiert.

                • Stefan Pietsch 12. Februar 2022, 20:44

                  Baerbock hatte nichts vorzuweisen: keine Erfahrung, keine Reputation. Nichts, außer ihrer Glaubwürdigkeit. Genau deswegen wurde diese Glaubwürdigkeit unter die Lupe genommen und heraus kam, dass die Kandidatin sehr viel schummelt(e).

                  Deswegen hat sich alles auf das Wenige gestürzt, was von Baerbock öffentlich geworden war. Denn niemand kauft gerne die Katze im Sack. Das wurde nun oft genug durchgekaut, aber anscheinend finden es ihre Anhänger besser, einfach nur auf die Worte eines Politikers zu hören statt auf seine Taten. Schließlich lügen Politiker ja nicht, gell? Schon gar nicht, wenn sie Grüne sind.

                • R.A. 13. Februar 2022, 11:39

                  „und es hat keine Sau interessiert.“
                  Es haben sehr diverse Wahlkämpfer und Journalisten versucht, CumEx zu thematisieren. Hat aber die Wähler nicht so interessiert.
                  Einerseits weil sie es nicht verstanden haben.
                  Aber vor allem auch weil es zwar ein Minuspunkt war, aber in der Sicht der Wähler Scholz als Bürgermeister und Bundesminister ordentliche Arbeit vorzeigen konnte.
                  Wer Pluspunkte macht, kann auch Minuspunkte verkraften.
                  Aber sonst nichts vorweisen kann, bei dem schlagen die Minuspunkte besonders zu Buche.

                  Ist übrigens interessant, wie die Medien weiterhin an der pro-Baerbock-Kampagne arbeiten.
                  Ich bin ja durchaus inhaltlich der Meinung, die sie in Moskau verkündet hat. Aber es war halt ein schwerer handwerklicher Fehler das nicht vorher im Kabinett abzustimmen.

                  Und wenn die Baerbock-Fanboys in den Hauptstadtstudios schwärmen, daß Baerbocks feste Haltung bei Lawrow Eindruck gemacht hätte – dann ist das schlichte Einbildung. Es gibt nicht den mindesten Beleg dafür, wie Lawrow das eingeschätzt hat. Er hat denselben eingefrorenen Gesichtsausdruck dargeboten wie immer. Kann genausogut sein, daß der sich innerlich kaputt gelacht hat.

                  Ganz zu schweigen vom aktuellen Israel-Besuch, den die deutschen Medien als tollen Beitrag zur Verbesserung der deutsch-israelischen Beziehungen verkaufen. Was im starken Kontrast zur israelischen Sicht dieses Besuchs steht.

                  • Stefan Sasse 13. Februar 2022, 11:49

                    Das meine ich ja. Baerbock ist nicht deswegen so groß in die Negativschlagzeilen gekommen, weil ihr Vergehen besonders schlimm war, sondern weil es ein tolles Narrativ war. Während Scholz, derjenige der drei Kandidat*innen mit den meisten Leichen im Keller, am Ende AM BESTEN dastand, einfach weil seine Leichen kompliziert waren.

                    Und es gibt keine mediale Pro-Baerbock-Kampagne. Leute, ihr arbeitet euch in eine Paranoia rein.

                  • Erwin Gabriel 13. Februar 2022, 15:02

                    Ich bin da bei Stefan Sasse. Mit dem Lebenslauf hat sich Baerbock zwar erheblich blamiert, aber außer sich selbst niemandem geschadet. Der einzige Schaden war Ihr Wahlergebnbis (und das wird ja nicht von jedem hier im Forum als Schaden wahrgenommen).

                    Im Vergleich dazu hat die gesamte CumEx-Affäre den Staat einen fett dreistelligen Millionen-Betrag gekostet (nicht mitgerechnet die Aufwendungen zur Aufdeckung), und Scholz hat das Thema verstanden, hat den Betrug unterstützt und gedeckt, und anschließend gelogen („ich kann mich nicht erinnern“).

                    Die Beiträge, die Uli Hoeness angeblich der Steuer hinterzogen hat (er war ja bereits im Prozess der Aufklärung inkl. Selbstanzeige) haben ihm eine nicht zu knappe Gefängnisstrafe eingebracht.

                    Ich sehe zu beiden Fällen eine deutlich unterschiedliche Berichterstattung

      • CitizenK 13. Februar 2022, 10:03

        3) Mit hohen Managergehältern habe ich kein Problem. Wenn es denn die Besten in diese Positionen bringt. Die Leitung eines Unternehmens und besonders eines Konzerns ist eine große Leistung. In diesem Punkt mal ausnahmsweise mal beim anderen Stefan: Die Leitung ist wirklich „sehr wichtig“.

        Sieht man auch an der Institution Schule. Die Bedeutung der Schulleiter wurde lange sträflich unterschätzt. Und dass die Bezahlung auch hier eine Rolle spielt, sieht man an der Lücke bei den Grundschulen – Für eine paar hundert Euro pro Monat tun sich das nur wenige Idealisten (oder Neurotiker) an.

        • R.A. 13. Februar 2022, 11:41

          „Wenn es denn die Besten in diese Positionen bringt.“
          Wozu die Bezahlung halt nur einen Beitrag leistet. Die wichtigere Komponente wäre eine funktionierende Aufsicht.
          Das funktioniert im angelsächsischen Bereich ganz gut, in Deutschland eher schlecht.

          „Die Bedeutung der Schulleiter wurde lange sträflich unterschätzt.“
          Volle Zustimmung.

    • Erwin Gabriel 11. Februar 2022, 15:02

      @ Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 11:19

      2) Revealed: The 11 slides that finally convinced Boris Johnson about global warming

      Darüber zu lamentieren und dazu noch in Bezug auf ein einziges Thema, ist unehrlich.

      Natürlich nicht. Ist ja nicht so, dass Stefan ihn gewählt hätte, und ist ja nicht so, dass die, die ihn wählten, eine gute Wahl trafen. Bei jemanden, der sich selbst so in die Öffentlichkeit stellt, ist Meinung Meinung, Kritik Kritik, und als Kommentar nicht automatisch verlogen.

      3) Wie wichtig sind Manager für den Firmenerfolg?

      Um die Frage schnell zu beantworten: sehr wichtig.

      Zustimmung; damit ist alles gesagt.

      Außerdem hat es ein Geschmäckle, wenn sich Leute zu stark leistungsbezogenen Vergütung von Menschen mit extrem hohem Beschäftigungsrisiko äußern, die für sich selbst jedes Risiko und jede leistungsbezogene Vergütung ablehnen.

      Voll unnötiger Kommentar.

      4) Auch Bischof Georg Bätzing für Abschaffung des Pflichtzölibats

      Wen geht das eigentlich etwas an?

      Ich finde: Jeden!

      • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 18:13

        3) Voll unnötiger Kommentar.

        Du sagst selbst an anderer Stelle, Verständnis für eine bestimmte Leitungsposition ist durchaus von Vorteil. Vor allem habe ich etwas gegen die Meinung, man solle ohne Risiko viel Geld verdienen dürfen, am besten abgesichert durch staatliche Garantien.

        Ich habe hierzu schon öfters mein Prinzip angeführt: Ich arbeite nicht für den Staat, ich arbeite nicht für Gewerkschaften und ich arbeite nicht für subventionsabhängige Unternehmen. Das geht nämlich definitiv gegen meine Werte.

        4) Ich finde: Jeden!

        Mir fehlt der Grund. Ich rede auch nicht über die Transferpolitik von Bayern München mit.

        • Erwin Gabriel 15. Februar 2022, 12:52

          @ Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 18:13

          Du sagst selbst an anderer Stelle, Verständnis für eine bestimmte Leitungsposition ist durchaus von Vorteil. Vor allem habe ich etwas gegen die Meinung, man solle ohne Risiko viel Geld verdienen dürfen, am besten abgesichert durch staatliche Garantien.

          Bin ich ja grundsätzlich bei Dir. Aber die Spitze war unnötig.

  • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 11:20

    5) What’s driving the remarkable decline of urban sprawl in the US? // Tweet

    Wir wollen doch, dass Benzin teurer wird. Wenn, dann muss das Geld an anderer Stelle umverteilt werden, etwa durch kostenlosen oder subventionierten öffentlichen Nahverkehr bzw. Ausbau desselben, Prämien für Fahrräder und Ausbau der Fahrradinfrastruktur, etc.

    Ist es das? Aus ökonomischer Sicht ist daran alles falsch.

    1. Wir wollen, dass weniger Kohlendioxid emittiert wird, nicht, dass unser Leben teurer wird. Beides in einen Zusammenhang zu stellen, ist linkes Denken. (Pareto-) Optimal ist, wenn der Ausstoß von CO2 sinkt, ohne dass die Preise steigen. Von diesem Optimum sind wir weiter entfernt als der Mond von der Erde.

    2. Ein ökonomisches Problem löst man nicht dadurch, dass ein Bereich einen anderen subventioniert. Das ist Unsinn. Denn das sorgt nur für die Steigerung der Ineffizienzen. Zudem ist es sozialpolitisch zutiefst ungerecht.

    Bei Einführung der Ökosteuer 1999 galt der Spruch: Rasen für die Rente. Schnell stand im Vordergrund nicht die Reduktion des Autoverkehrs, sondern die dauerhafte Finanzierung der staatlichen Altersvorsorge. Das Problem des öffentlichen Nahverkehrs ist doch nicht eine Unterfinanzierung, sondern seine unfassbare Ineffizienz. Teuer und unmodern. Sein Angebot passt nicht auf die Bedürfnisse vieler Kunden.

    Würde beides verknüpft, wäre der Anreiz groß, den Individualverkehr stärker für den öffentlichen Verkehr zu schröpfen. Außerdem: Leute, die aus Bequemlichkeit vom Auto auf Bus und Bahn umsteigen, werden doppelt belohnt – durch Ersparnis bei der eigenen Mobilität und durch Zuschuss für die alternative Beförderung. Jemand, der einfach nur sein Leben umstellt und auf Mobilität verzichtet, bekommt nur eine Ersparnis. Einer muss also doppelt bezahlen, das ist derjenige, der weiter auf das Auto angewiesen ist: er hat höhere Kosten und finanziert noch die sich vergünstigende Alternative mit. Das ist ökonomischer Unsinn.

    • Stefan Sasse 11. Februar 2022, 13:31

      Du argumentierst wie ein Scharlatan. Klar wäre es super, wenn wir das CO2 senken könnten, ohne dass irgendwas teurer wird. Es wäre aber auch toll, wenn wir alles finanzieren könnten, was wir wollen, ohne dass der Staat Schulden machen muss. Wenn du der Realität ein libertäres Wünsch-dir-was entgegenstellst, ist das, um deine Worte zu verwenden, unehrlich.

      • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 17:24

        Du argumentierst als hättest Du keine Ahnung von der Funktionsweise von Märkten. Die Marktdenke funktioniert von den Alternativen her. Ohne Alternativen gibt es keinen echten Markt. Ist Dir das Handy bei Apple zu teuer, der Service zu unfreundlich, die Leiterin Deine Ex-Verlobte, dann kannst Du 20 Meter weiter zu Samsung gehen. Gibt es aber keine Alternativen, bist Du Deiner Ex ausgeliefert.

        Das ist der Grund, warum ich gegen jede Staatsvereinnahmung ablehnend eingestellt bin. Der Staat lässt nämlich keine Alternative.

        So, erste Lektion gelernt, Alternativen. Alternativen sorgen dafür, dass der Preis nicht steigen kann. Das hat übrigens beim FCKW hervorragend funktioniert. Die Staaten haben sich erst an ein Verbot getraut, als es Alternativen gab. Der Verbraucher merkte praktisch nichts.

        Ich liebe es, wenn jemand seine eigene Argumentation zerlegt. Dann weiß ich, dass ich es mit ideologischer Voreingenommenheit zu tun habe. Die Grünen und die Klimaaktivisten behaupten ja, dass Stromer im Betrieb viel günstiger seien. Die Alternative zum Verbrenner steht also bereit, folge ich diesen Leuten (und Dir!).

        Dann muss man fragen: warum sollte Benzin im Preis eigentlich erheblich steigen, wenn die mit einem BEV zurückgelegte Strecke ohnehin kostengünstiger ist? Da kann die Argumentation, Benzin müsse erheblich teurer werden um die Menschen zum Umstieg zu veranlassen, nicht stimmen.

        Zu der Frage, warum die Grünen und Klimaaktivisten tatsächlich Benzin verteuern wollen und die offene Frage der Mineralölsteuer kommen wir dann im zweiten Seminar.

        • CitizenK 11. Februar 2022, 20:53

          „beim FCKW hervorragend funktioniert.“

          Ursache und Wirkung?
          Montreal-Protokoll – September 1987
          Deutsche FCKW-Verbots-VO – August 1991
          Erster FCKW-freier Kühlschrank – August 1993

  • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 11:20

    7) War Hitler ein Linker? Stellen Sie die Frage nur, wenn Sie nicht an Ihrem Job hängen

    Fakt ist, dass viele sozialpolitische Leistungen auf die Nazis zurückgehen. Und tatsächlich haben beide Ideologien enorm viel gemeinsam. Es ist eben kein Zufall, dass die Nazis den Sozialismus mit im Namen trugen. Bismarck übrigens hatte die gesetzliche Rente als Ansparleistung konstruiert.

    Leider werden einem profilierten Kolumnisten wieder vor allem ideologische Vorwürfe an den Kopf geworfen als Fakten.

    11) Duzen auf Twitter – über Normen im Netz

    In mein Wohnzimmer kann nicht jeder reinschauen. Das mag bei der nach mir folgenden Generation anders sein. Die Duz-Kultur ist nervig. Und sie ist oftmals heuchlerisch. Unternehmen, wo das Duzen zum Geschäftston gehört, haben nicht eine bessere Kultur des gegenseitigen Umgangs. Es ist wie mit dem Gendern: Unterschiede, die qua Natur bestehen, werfden sprachlich eingeebnet und die Anhänger dieser Art der Gleichmacherei glauben dann auch noch, damit wären alle gleich(er).

    Es lässt sich auch fragen, ob nicht die Duzkultur im Internet erst den bösärtigen, verleumderischen Ton befördert hat.

    • Stefan Sasse 11. Februar 2022, 13:32

      7) Das ist unhistorischer Blödsinn.

      11) Lässt sich natürlich fragen, ist aber Unsinn.

      • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 17:10

        7) Wie meist an der Stelle überzeugend argumentiert.

        Ich stelle immer wieder mal fest, dass die Geschichtslehrer in den Achtzigerjahren weit weniger Ahnung hatten als anscheinend die Klasse der heute Mitte Dreißigjährigen. Und selbst das Internet hat die Fakten falsch. Bemerkenswert!

        11) Tja, was soll man dazu noch sagen?

      • R.A. 11. Februar 2022, 17:33

        „Das ist unhistorischer Blödsinn.“
        Jetzt bin ich als Historiker aber gespannt.
        Wir reden über diese 4 Sätze:

        – Fakt ist, dass viele sozialpolitische Leistungen auf die Nazis zurückgehen.
        – Und tatsächlich haben beide Ideologien enorm viel gemeinsam.
        – Es ist eben kein Zufall, dass die Nazis den Sozialismus mit im Namen trugen.
        – Bismarck übrigens hatte die gesetzliche Rente als Ansparleistung konstruiert.

        M. E. sind die Aussagen alle richtig. Einen Bewertungsspielraum gibt es nur bei „enorm viel“ im zweiten Satz.

        Wo also soll der Blödsinn sein?

        • Dennis 12. Februar 2022, 12:31

          Wenn das Ansparmärchen mit Bismarck und Rente zuträfe, hätte es so sein müssen, dass der erste Rentner wegen Alters gemäß dem System ca. anno 1920 auftaucht. Die Mindestversicherungszeit war 30 Jahre. So war es aber nicht. Bereits zum Startzeitpunkt wurden weit über 100.000 Altersrenten gezahlt. Wie kam das denn? Nu ja, „Sonderregelung“. Auf die „Ansparung“ wurde zunächst großzügig verzichtet. Es gab IMMER einen gesetzlichen „Zuschuss“ aus Haushaltsmitteln, also aktuellen Steuern.

          Die angebliche Ansparerei war ZU KEINEM ZEITPUNKT systemtragend. Die Umlage war stets die hidden Agenda und tatsächlich systemtragend. Die Ratio 1957 war: Wir machen das nicht mehr heimlich und verdeckt, sondern offen.

          Bei den restlichen drei Kernsätzen: Meinerseits grüner Haken 🙂 Stimmt schon. „Enorm viel“ würd ich eher weglassen.

          • R.A. 12. Februar 2022, 17:02

            „Bereits zum Startzeitpunkt wurden weit über 100.000 Altersrenten gezahlt.“
            Als Beihilfe, nicht in der Höhe wie sie bei bereits getätigter Beitragsleistung gezahlt worden wäre.
            Und ja, da ein Generationensystem Zeit braucht um in Gang zu kommen und der Staat regelmäßig per Krieg die Ersparnisse der Rentenversicherung vernichtet hat konnte das nie komplett umgesetzt werden.
            Aber „als Ansparleistung konstruiert“ stimmt m. E. schon.

    • Lemmy Caution 11. Februar 2022, 19:40

      zu 7) Die angebliche Nähe von Faschismus und Kommunismus ist ein Apfel mit Birnen Vergleich.
      Es lassen sich auch Parallelen zwischen Faschismus und Liberalismus konstruieren. Während der Kommunismus eine egalitäre Gesellschaft als Endziel anstrebte, haben Liberalismus und Faschismus ein positives Verhältnis zu Hierarchien.
      Die Verbindung der Chicago Boys mit den konservativen Kräften in Chile fand 1973 bis etwa 1985 auf dieser Basis statt: Die neoliberale Ideologie bot Raum für Hierarchien, die in Chile im bis weit ins 20. Jhdt viel prägender blieben als etwa in Argentinien und Uruguay.

      • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 20:06

        Während der Kommunismus eine egalitäre Gesellschaft als Endziel anstrebte, haben Liberalismus und Faschismus ein positives Verhältnis zu Hierarchien.

        Wo hast Du denn das her? Nicht aus den Theorieseminaren.

        • Lemmy Caution 11. Februar 2022, 21:55

          Was für Theorie-Seminare?
          Ich mag politische Philosophie, bin aber kein Experte.
          Der bürgerliche Liberalismus des 19. Jahrhunderts betonte, das Menschen individuell und unterschiedlich sind. Daraus ergeben sich Hierarchien. Der Sozialismus strebte nach Egalité, auch mit Hilfe eines starken Staats.
          In der Pinochet Diktatur verstanden sich ultra-konservative franquistische Denker wie Jaime Guzmán prächtig mit den Chicago Boys. Eins der Lieblingsthemen der chilenischen Rechten bildet heute die „Gleichmacherei“, besonders markant bei Axel Kaiser.
          Franco schwenkte 1960 sehr erfolgreich von den falangistischen Ideen von integrierten vertikalen berufsständigen Organisationen auf eine liberale Wirtschaftspolitik um. Im stark vom Liberalismus geprägten England waren Klassenschranken eher ausgeprägt als auf dem Kontinent. Murray Rothbard schätzte Herbert Spencer. Spencer ist in dem Kontext interessant: https://en.wikipedia.org/wiki/Herbert_Spencer#Political_views Unsere FDP beheimatete bis in die 60er eine Menge Nazis.

          Ich mein das aber eher provokativ, so viel sei verraten. Das ist natürlich auch ein Apfel mit Birnen Vergleich. Anknüpfungspunkte habe ich aber aufgezeigt.

          • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 22:46

            Der bürgerliche Liberalismus des 19. Jahrhunderts betonte, das Menschen individuell und unterschiedlich sind. Daraus ergeben sich Hierarchien.

            Das ist Deine Interpretation. Das ist aber keine anerkannte Definition. Hierarchien sind institutionell determiniert. Sie beziehen sich auf Organisationen und Institutionen. Ansonsten hättest Du eine Tautologie: Es ist ja unbestreitbar, dass Menschen unterschiedlich und individuell sind. Daraus ergibt sich jedoch keine Hierarchie. Ob Deine Fähigkeiten besser oder schlechter sind als meine, Deine Charaktereigenschaften positiver oder negativer als meine, bestimmt sich durch die Tätigkeiten, für die wir angefragt werden. Aber auch das ist noch keine (institutionelle) Hierarchie.

            Also nein, es dürfte sehr schwer sein, Parallelen zwischen Liberalismus und (National-) Sozialismus zu finden. Zwischen den beiden Sozialismen fallen jedoch eine Reihe Gemeinsamkeiten ins Auge.

            • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 09:59

              Der BÜRGERLICHE Liberalismus kann nur mit Hierarchien funktionieren, sonst wäre er ja nicht bürgerlich. Das ist ja schon fast eine Tautologie.

              • Stefan Pietsch 12. Februar 2022, 10:32

                Irgendwie ist da schon wieder kein einziges Argument drin.

                • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 12:59

                  Das ist doch völlig offensichtlich? Das Bürgertum des 19. Jahrhunderts verstand sich als eine Klasse. Es konstituierte eine Klassengesellschaft. Was ist denn das, wenn nicht hierarchisch? Der moderne Liberalismus ist nicht hierarchisch, aber des 19. Jahrhunderts, da brauchen wir doch nicht drüber diskutieren? Bis in die 1940er, 1950er Jahre war die gesamte Gesellschaft in Hierarchien gedacht. Unser heutiges egalitäres Verständnis ist sehr jung.

                  • Stefan Pietsch 12. Februar 2022, 13:19

                    Die Ständegesellschaft war doch keine Vorstellung des Liberalismus, ich bitte Dich Stefan! Das darf Dir als Historiker nicht unterlaufen! Die Stände war das Ideal der Konservativen und wird heute von Teilen der Grünen, ihrer Anhänger und Klimaaktivisten verfolgt. Mit Liberalismus hat das nichts zu tun und hatte nie etwas zu tun.

                    Echt, so viel Geschichtsfälschung ist schon unglaublich.

                    • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 13:31

                      Ich rede nicht von Ständen, ich rede von Klassen.

                    • Stefan Pietsch 12. Februar 2022, 13:57

                      Du redest vom Bürgertum des 19. Jahrhunderts und setzt das mit dem Liberalismus (selbst der damaligen Zeit) gleich. Das geht nicht.

                    • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 18:21

                      Alter, wenn ich vom BÜRGERLICHEN LIBERALISMUS DES 19. JAHRHUNDERTS spreche, was soll ich denn sonst verwenden? Das ist ja wie vom Sozialismus des 19. Jahrhunderts reden und dann sagen dass das nichts mit der Arbeiterklasse zu tun hat.

                    • Stefan Pietsch 12. Februar 2022, 19:38

                      Zu Deiner argumentativen Bastelleistung:

                      Der BÜRGERLICHE Liberalismus kann nur mit Hierarchien funktionieren, sonst wäre er ja nicht bürgerlich.

                      Was ist bürgerlicher Liberalismus?

                      Das Bürgertum des 19. Jahrhunderts verstand sich als eine Klasse. Es konstituierte eine Klassengesellschaft.

                      Da ist es „nur“ das Bürgertum des 19. Jahrhundert. Stefan, es ist vermessen, von der Bürgergesellschaft im 19. Jahrhundert von einem „liberalen“ Bürgertum zu sprechen.

                      Du hast zwei Aussagen zusammengepappt und meinst, daraus wäre eine messerscharfe Argumentation entstanden. Die würde aber nur Sinn ergeben, wenn a) es im 19. Jahrhundert eine irgendwie ausgeprägte Bürgergesellschaft gegeben hätte und b) diese liberal geprägt gewesen wäre. Um Deine Geschichtskenntnisse aufzufrischen: beides trifft nicht zu.

                    • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 20:09

                      Das 19. Jahrhundert kennt eine ausgeprägte Bürgergesellschaft. Es war das Jahrhundert des Bürgertums. Natürlich war das Bürgertum nicht komplett liberal, es waren ja auch nicht alle Arbeiter Sozialisten. Aber der Liberalismus war bürgerlich.

                    • Stefan Pietsch 12. Februar 2022, 20:55

                      Im 19. Jahrhundert entwickelten sich erst die Nationalstaaten, die Ständegesellschaft löste sich langsam auf. Stände haben nichts mit einer bürgerlichen Gesellschaft zu tun. Und wieso das liberal gewesen sein soll, darauf bleibst Du die Antwort einfach schuldig.

                      Wikipedia schreibt:
                      In der bürgerlichen Gesellschaft hatten alle prinzipiell die gleichen Rechte und Pflichten, wovon auch Minderheiten wie die Juden profitierten. Die Möglichkeiten zur Nutzung der Rechte hing jedoch stark vom Geschlecht, dem Ansehen des Elternhauses, ethnischen Gesichtspunkten, Bildung, Einkommen und Vermögen ab. So bildeten sich neue Soziale Schichten, die sich häufig stark voneinander abgrenzten. Insbesondere vor dem Hintergrund der Industrialisierung waren die Gesellschaften des 19. Jahrhunderts weiterhin von großer sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit geprägt.

                      Der Adel behielt in seiner Mehrheit in vielen Ländern eine bedeutende Stellung, die sich zunehmend auf wirtschaftliche Grundlagen und gesellschaftliche Konventionen stützte.

                      Nichts davon korrespondiert mit dem, was Du erzähltst. Damit habe ich deutlich ein Problem. Vor allem hat das nichts mit dem Urspung und den Prinzipien des Liberalismus zu tun.

                    • Stefan Pietsch 12. Februar 2022, 20:58

                      Aber der Liberalismus war bürgerlich.

                      Auch eine schöne Verdrehung. Das Bürgertum ist nicht eine Teilmenge vom Liberalismus, sondern umgekehrt. Liberale Menschen sind immer bürgerlich, ohne eine zivile Bürgergesellschaft ist Liberalismus nicht möglich. Das macht die Bürgergesellschaft aber noch lange nicht liberal.

                    • Stefan Sasse 13. Februar 2022, 11:43

                      Das sag ich doch?

          • Dennis 12. Februar 2022, 11:04

            Schnittmengen mit den vermeintlichen Feinden und häßliche versteckte Agenden gibt’s natürlich bei allen Ideologen. Offiziell ist es der „Markt“, der die Wohlhabenden wohlhabend macht. Im richtigen Leben kommen aber heftige Anteile politischer Protektion dazu. Bezüglich des Letzteren muss manfrau halt einfach die Augen zumachen oder solche Systematiken als unbedeutend herunterspielen.

            Idealerweise sind Märkte nicht vermachtet. Dass das i.d.R. trotzdem der Fall ist, weil das von den Marktteilnehmern (natürlich nicht für die jeweils anderen) unentwegt angestrebt wird, z.B. durch politisches Antichambrieren, gehört zu den „bedauerlichen“ Unfällen des Liberalismus, allerdings mit dem Kennzeichen, dass es mehr Unfälle gibt als Nichtunfälle.

      • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 09:58

        Exakt. Es ist einfach nur politische Kampfvokabel, mehr nicht.

      • Erwin Gabriel 15. Februar 2022, 13:02

        @ Lemmy Caution 11. Februar 2022, 19:40
        zu 7)

        Während der Kommunismus eine egalitäre Gesellschaft als Endziel anstrebte, haben Liberalismus und Faschismus ein positives Verhältnis zu Hierarchien.

        Das ‚Anstreben‘ des Kommunismus ist doch auch nur sinnlose Theorie. In der sind alle Tiere gleich, in der Praxis einige etwas gleicher.

        Die Parallelen zwischen Kommunismus und Faschismus sehe ich ein Stück weit durchaus in den Hierarchien. Bei beiden war die Partei-Hierarchie mächtiger als die staatliche Hierarchie; beide Richtungen hätten eigentlich auf den Staat verzichten können.

        Hier liegt auch nach meiner Wahrnehmung der große Unterschied zum Liberalismus, der sich auf staatliche bzw. gewählte Hierarchien stützt.

        • Stefan Sasse 15. Februar 2022, 14:46

          Der Kommunismus hat die Abschaffung des Staates ja sogar explizit zum Ziel, allerdings auch die der Partei. In der Theorie jedenfalls.

          Klar, deswegen nennen wir die beiden ja auch „totalitäre Systeme“ und den Liberalismus nicht.

  • Masin AD 11. Februar 2022, 12:51

    Diese Verknüpfung des Zölibats mit den Missbrauchsskandalen ist ungemein problematisch. Sie unterstützt die Narrative toxischer Maskulinität, die die Idee vertreten, dass in jedem Mann eine Art Monster lebe, das nur auf die Gelegenheit warte, auszubrechen; dass Männer einen unstillbaren Sexualtrieb hätten, der einfach nach einem Ventil suche und der sich bei Frauen nicht finde; und was des Unsinns mehr ist.

    Ich denke, die Argumentation ist eher, dass das Zölibat die Berufung zum Priester für viele Männer unattraktiv macht. Es wirkt wie ein Filter und lässt hauptsächlich Männer durch, die ihre sexuellen Probleme hinter dem priesterlichen Zölibat zu verstecken suchen. Eine gewagte These vielleicht, aber ich denke, der Anteil an Pädophilen und Pädosexuellen dürfte unter der katholischen Priesterschaft höher sein als in der Bevölkerung.

    Ohne eine Verbindung zu Schwulen ziehen zu wollen: Aus ähnlichen Gründen dürfte _früher_ der Anteil Schwuler unter den Priestern ebenfalls erhöht gewesen sein. Mit der gesellschaftlichen Liberalisierung nahm die Notwendigkeit ab, sich gesellschaftlich zu verstecken, so dass der Kirche dieser Anteil an Kandidaten fürs Priesteramt fehlt.

    Würde das Zölibat vom Priesteramt entkoppelt, würden mehr theologisch engagierte, männliche Gläubige diesen Beruf für sich in Betracht ziehen. Die Kirche wäre weniger auf die Problemfälle unter den Kandidaten angewiesen.

    • Stefan Sasse 11. Februar 2022, 13:33

      Das geht mir viel zu weit. Sicherlich zieht das Priesteramt solche Problemfälle an, aber die Feuerwehr zieht auch Brandstifer*innen an, der CEO-Beruf Psychopathen, und so weiter und so fort.

      • Erwin Gabriel 11. Februar 2022, 14:56

        @ Stefan Sasse 11. Februar 2022, 13:33

        … der CEO-Beruf Psychopathen …

        Was soll denn das? Willst Du als Brandstifter ins Feuer schauen, kannst Du das bei der Feuerwehr. Aber für CEO brauchst Du einen langen Anlauf, und musst viele Hindernisse überwinden, nicht nur eine (Einstellungs-)Hürde, und das gegen starke Konkurrenz.

        Dass ein leichter psycho soziopathischer Einschlag gelegentlich helfen kann, die teilweise erforderlichhen harten Entscheidungen zu treffen, ist ein anderes Thema, und deckt Deinen verbalen Ausfall keinesfalls ab.

        • Stefan Sasse 11. Februar 2022, 16:35

          Als ob du für Feuerwehr nicht auch Kompetenzen bräuchtest. Psychpathen sind ja nicht Totalspinner wie in Hollywood. Und dass solche Führungspositionen einen höheren Anteil dieser Leute anziehen, ist ziemlich klar. Genauso wie jeder Beruf eine bestimmte Gruppe anzieht, die du da nicht willst. Das heißt nicht, dass die die Mehrheit sind, oder nur eine größere Pluralität. Aber die Fähigkeit, ohne jede Rücksicht auf die Interessen und Gefühle anderer was durchzuziehen ist schon ziemlich nützlich als CEO. Das kannst doch nicht bestreiten.

          • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 18:08

            Das Anforderungsprofil an einen CEO:

            – Enorme Durchsetzungsstärke, um die Interessen des Unternehmens gegenüber mächtigen Gruppen wie Lieferanten, Gewerkschaften, staatlichen Stellen, Kunden zu wahren.

            – Große Entscheidungsfreude (mit dem Risiko, falsch zu liegen), um Wettbewerbsvorteile zu sichern ohne die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu gefährden.

            – Überragende Auffassungsgabe, um komplexe Zusammenhänge zu durchschauen, analysieren und darauf eine rationale Entscheidung treffen zu können.

            – Charisma, um Anleger, potentielle Investoren und Kunden begeistern zu können.

            – Hohe soziale Kompetenz, um die tausende Führungskräfte des Unternehmens auf neue Linien einschwören und begeistern zu können, aber auch die Flexibilität besitzen, Strukturen an die Bedürfnisse der Mitarbeiter anzupassen.

            Es gibt wenig Menschen, die alle Kriterien in hoher Qualität erfüllen. Entsprechend klein ist der Markt für jene Führungskräfte, die befähigt sind, Aktiengesellschaften im Premiummarkt zu führen.

            Mit Rücksichtslosigkeit jedenfalls kommt man heute nicht weit, wer so denkt, denkt sehr unterkomplex.

          • Erwin Gabriel 15. Februar 2022, 13:19

            @ Stefan Sasse 11. Februar 2022, 16:35

            Als ob du für Feuerwehr nicht auch Kompetenzen bräuchtest.

            Habe ich nicht bestritten. Aber wenn man die hat, kommt man da leicht rein. Wer die Kompetenzen für einen CEO-Job hat, kommt deshalb noch lange nicht in solche Funktion.

            Psychpathen sind ja nicht Totalspinner wie in Hollywood. Und dass solche Führungspositionen einen höheren Anteil dieser Leute anziehen, ist ziemlich klar.

            Ja, und Soldaten sind verkappte Mörder, und Alterspfleger:nnen und Gefängnisaufseher:innen sind häufig Menschen, die über andere Macht ausüben wollen. Ja, nee, is‘ klar.

            Aber die Fähigkeit, ohne jede Rücksicht auf die Interessen und Gefühle anderer was durchzuziehen ist schon ziemlich nützlich als CEO. Das kannst doch nicht bestreiten.

            Oh, das tue ich (Dein manager-Bild scheint doch aus Hollywood zu stammen). Du hast Private-Equity-Fonds, für die das gelten mag. Aber der „normale“ CEO ist darauf angewiesen, Leute mitzunehmen – von Investoren, Bankern, Aufsichtsrat, Vorstandskollegen bis hin zu Betriebsrat, Mitarbeitern und Kunden. Das von Dir beschriebene „rücksichtslose Durchziehen“ ist überaus seltene Ausnahme, und findet sich genauso unter ’normalen‘ Angestellten.

            • Stefan Sasse 15. Februar 2022, 14:47

              Nein, sie SIND das nicht häufiger, sondern solche Personen sind in diesen Gruppen häufiger vertreten. Die Berufe sind attraktiver für die. Das heißt NICHT, dass die Mehrheit das deswegen wäre.

              Das Managerbild, auf das ich mich beziehe, ist das, das die selbst gepflegt haben. Wir reden hier von Leuten wie Ackermann, Thiel, Musk und Konsorten.

              • Erwin Gabriel 22. Februar 2022, 12:01

                @ Stefan Sasse 15. Februar 2022, 14:47

                Die Berufe sind attraktiver für die. Das heißt NICHT, dass die Mehrheit das deswegen wäre.

                Das liest sich schon etwas besser.
                Aber nochmal: CEO kannst Du nicht studieren. Betriebswirtschaft, Controlling, Finanzen, Technik etc. kann man studieren, aber für Führungspositionen wird man von oben ausgewählt.

                Das Managerbild, auf das ich mich beziehe, ist das, das die selbst gepflegt haben. Wir reden hier von Leuten wie Ackermann, Thiel, Musk und Konsorten.

                • Stefan Sasse 22. Februar 2022, 14:21

                  So war es gemeint, sorry wenn das nicht rauskam.
                  Und klar. Leute wählen aber generell solche aus, die ihnen ähnlich sind.

        • Masin AD 11. Februar 2022, 16:43

          Dazu gibt es nicht wenige Untersuchungen, die einen erhöhten Anteil von Psychopathen unter Managern belegen. Ich denke, du missverstehst Stefans Aussage – er verwendet „Psychopath“ im psychologischen Sinne, nicht als Beleidigung.

          • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 09:52

            Exakt.

          • Erwin Gabriel 22. Februar 2022, 12:18

            @ Masin AD 11. Februar 2022, 16:43

            Dazu gibt es nicht wenige Untersuchungen, die einen erhöhten Anteil von Psychopathen unter Managern belegen.

            Keine Einwände dazu.

            Mein Punkt ist: CEO kann man nicht studieren – obwohl es in Deutschland zwischen 15.000 und 18.000 verschiedene Bachelor-Lehrgänge gibt, ist kein CEO, BA dabei 🙂 . Man studiert Betriebswirtschaft, Controlling, Maschinenbau – whatever.

            Und Fachwissen alleine reicht auch nicht; was es darüber hinaus braucht, ein guter erfolgreicher CEO zu sein, kann man nicht studieren. Um an die Spitze einer Hierarchie zu kommen, muss man sich gegen Wettbewerb durchsetzen. Dass dabei eine gewisse Rücksichtslosigkeit hilfreich sein kann, bestreite ich nicht – ‚gut‘, wenn das bereits in der Persönlichkeit angelegt ist.

            Auch dass nach den zahlreichen Aussiebeverfahren für den Weg an der Spitze mehr ‚durchsetzungsfähige‘ als ’normale‘ Kandidaten überbleiben, bezweifle ich nicht. Aber auch dann muss man, wie bei allen anderen Jobs auch, von einer übergeordneten Funktion berufen werden.

            Ich denke, du missverstehst Stefans Aussage – er verwendet „Psychopath“ im psychologischen Sinne, nicht als Beleidigung.

            Ich bin halt nur nicht der Meinung, dass ein Psychopath sagt „Ich bin Psychopath, also werde ich CEO“. So klang es, aber so einfach ist das nicht. Stefan hat seine Aussage inzwischen so umformuliert, dass ich ihm folgen kann.

  • Lemmy Caution 11. Februar 2022, 13:08

    zu 1) Ich versteh auch nicht was die wollen. Träte heute so ein Kanzler wie Helmut Schmidt auf, würde nach ein paar Wochen aus allen Ecken zurückgeschossen. Letztlich konnte sich der Hamburger mit Prinz Heinrich Mütze nach innen auf eine sehr breite treue Mehrheit verlassen. So etwas existiert heute einfach nicht mehr.
    Außenpolitisch können wir als Nation auch nicht dominant auftreten sondern moderierend gemeinsam mit den Nachbarn und dem langjährigen Bündnispartner auf der anderen Seite des Atlantiks.

    • Stefan Sasse 11. Februar 2022, 13:33

      Es wird immer gemeckert, egal, was es ist. Hauptsache meckern. Ich hab das so satt langsam.

  • Sebastian 11. Februar 2022, 13:28
  • Lemmy Caution 11. Februar 2022, 14:02

    zu 3) Zum einen stimme ich da Erwin sehr zu. Ich persönlich kann in so einem Unternehmenskontext ziemlich contrarian werden. Nicht immer, aber wenn ich über eine längere Zeit durch bestimmte Dinge getriggert werde. Nicht selten agiert man dann auch nicht gerecht, weil man halt nicht den vollen Überblick über die Gründe des anderen hat. Wenn man an die Kultur der Organisation nicht glaubt, kann man auch leise ausscheiden.
    Aus meiner persönlichen und IT geprägten Sicht gründeten die größten Desaster in Sachen IT-Führung aus einer zu geringen Distanz zu unseren Hype-Zyklen. Ich hörte dann ein paar Monate nach meinem Ausscheiden von Katastrophen, d.h. massive Umstruktruierung oder Teil-Verlust des Geschäfts mit dem entscheidenden Kunden: Einmal wars ein völlig aus dem Ruder gelaufener Scrum-Prozesse im zentralen Projekt mit entsprechendem narzisstischen Scrum-Master und das andere Mal hatten ex-IBMer mit einer SOA-Ideologie-ohne-Grenzen die gesamte IT eines Versicherungskonzerns gekapert. Da muss es auf der obersten Ebene an gesundem Menschenverstand gefehlt haben, weil ich in 2 Monaten begriffen hatte, dass ich jeden Arbeitstag-Morgen ein Irrenhaus betrat.
    In den meisten Unternehmen ist das aber nicht so.
    Die seltenen extrem erfolgreichen Gründer machen oft viel richtig. Google oder Amazon sind in vielen Details absolut beeindruckend. Ein Top Manager, der ein traditionsreiches Schiff übernimmt, ist in seiner gestalterischen Macht und Kompetenz da natürlich deutlich eingeschränkt.

    Gerade im Kontext mit der immer wichtigeren Elektronischen Datenverarbeitung erhöhen sich die Möglichkeiten so eine Organisation vor den Baum zu fahren. Den besten polemischsten politischen Text, den ich seit langem gelesen habe, war erstaunlicherweise gestern das Vorwort zu dem 1300 Seiten Handbuch „Skalierbare Container-Infrastrukturen. Das Handbuch für Administratoren“.
    Der wunderbare Text endet in den Sätzen:
    „Aber wie dem auch sei – haben Sie schon was gemerkt?
    Richtig. Hat Methode, die ganze Nummer. Denn: Bremsen und Überdenke ist was für Weicheier und längst nicht mehr angesagt.
    Der Wille zum Wahnsinn muss einfach hartverdrahtet sein, dann geht vieles einfacher.
    Wie auch immer – es hat eine Menge in Containerland getan.
    Wieder.
    Also gehen wir ans Werk. Wieder.
    Runde 3. Oder 4, je nachdem…

    • Erwin Gabriel 11. Februar 2022, 15:12

      @ Lemmy Caution 11. Februar 2022, 14:02

      Zustimmung.

      Ich arbeite in einem Unternehmen mit vielen kleinen Einheiten. Da denkt jeder in den beschränkten Abmessungen seiner Schublade, keiner interessiert sich für den Schrank. Fragt der Geschäftsführer, glaubt jeder Befragte, dass der Chef nun tut, was ihm gesagt wurde; die meisten fühlen sich berufen, dem Chef eine fertige Lösung zu präsentieren statt Informationen, Gedanken oder (andere) Sichtweisen. Und wird dann nicht eins zu eins umgesetzt, heißt es gelegentlich: der hat nicht verstanden. Da sind sich dann gerne alle einig, ohne dass man die vorgeschlagenen Lösungen mal nebeneinanderlegt und schaut, was eigentlich alles zugeraten wurde.

      Doch, der Chef hat in der Regel verstanden, er hat nur andere Informationen und Kriterien, von denen der erste nichts weiß.

      • Lemmy Caution 11. Februar 2022, 19:12

        Bei mir ist das so nicht mehr gegeben.
        Dass Leute klare und nicht selten auch verbohrte Vorstellungen von dem hatten, für das sie verantwortlich sind. Chefs lassen es ab einer gewissen Ebene laufen.
        Früher gabs Datenbank-Administratoren, die wirklich „ihre“ Datenbank-Plattform echt gut kannten. Die nervten zwar oft, weil der ihre Vorstellungen von Datenbank-Design nicht selten in einem Widerspruch dazu stand, was gut für eine Anwendung ist. Oder unglaublich arrogante System-Administratoren. Aber diese Leute nahmen uns am Ende des Tages auch Verantwortung ab.

        Heute agieren diese Abteilungen zunehmend nach dem shit in shit out Prinzip. Wenns dann kracht, warens die nicht, weil die haben ja nur das gemacht, was von den Werkzeugen des „selbstveratwortlichen“ Entwicklungsteams angeliefert wurde.

        Arbeitsteilung wird nach einer pervertierten aber erstaunlich verbreiteten Interpretation der agilen Ideenwelt als sowas wie Komfort-Zone für warmduschende Frührentner angesehen.

        • Erwin Gabriel 22. Februar 2022, 12:28

          @ Lemmy Caution 11. Februar 2022, 19:12

          Früher gabs Datenbank-Administratoren, die wirklich „ihre“ Datenbank-Plattform echt gut kannten. Die nervten zwar oft, weil der ihre Vorstellungen von Datenbank-Design nicht selten in einem Widerspruch dazu stand, was gut für eine Anwendung ist. Oder unglaublich arrogante System-Administratoren. Aber diese Leute nahmen uns am Ende des Tages auch Verantwortung ab.

          Da kann ich folgen. Nervte, aber …

          Heute agieren diese Abteilungen zunehmend nach dem shit in shit out Prinzip. Wenn’s dann kracht, waren’s die nicht, weil die haben ja nur das gemacht, was von den Werkzeugen des „selbstverantwortlichen“ Entwicklungsteams angeliefert wurde.

          Ich bin nicht in der Software-Entwicklung, aber was ich so von meinen Töchtern höre …
          Ich finde immer irritierend, dass so häufig von oben aus einer Laune heraus Anforderungen kommen, die weder durchdacht sind, noch ins Gesamtkonzept passen. Ist immer Schuld der Programmierer. Oder auch gerne genommen: Zeiten so knapp setzen, dass man nur mit ‚Abkürzungen‘ pünktlich ans Ziel kommt. Die fliegt einem aber bei der ersten Funktionserweiterung um die Ohren. Und wenn dann nicht mehr die alten Programmier am Projekt sitzen, sondern neue Leute, wird es hart.

          Arbeitsteilung wird nach einer pervertierten aber erstaunlich verbreiteten Interpretation der agilen Ideenwelt als sowas wie Komfort-Zone für warmduschende Frührentner angesehen.

          🙂 🙂 🙂

          Viele Grüße von einem warmduschenden Fast-Rentner
          E.G.

  • R.A. 11. Februar 2022, 16:05

    3.) „dass Topmanager den Firmenerfolg weit weniger beeinflussen als üblicherweise angenommen.“
    Vielleicht – kommt darauf an, was man als „üblicherweise angenommen“ definiert.
    Meine persönliche Erfahrung ist (nicht nur in Firmen): Der Fisch stinkt immer vom Kopfe her.
    Ob ein Team, eine Abteilung oder eben eine Firma gut läuft oder sich in Frust und Unübersichtlichkeit verzettelt – das hat ganz entscheidend mit dem Chef zu tun. Und der Effekt kumuliert sich, weil der oberste Chefs eben auch ganz wesentlich für die Qualität der unteren Chefs verantwortlich ist.

    Natürlich schafft die Arbeit der Mitarbeiter den wesentlichen Teil des Erfolgs einer Firma.
    Wenn man Firmen einer Branche vergleicht, mit ähnlichen Rahmenbedingungen, und eben auch im Schnitt ähnlich qualifizierten und fleißigen Mitarbeitern – dann macht eben das Management den wesentlichen Unterschied, wenn eine Firma jährlich neue Erfolge hat und die andere mühsam dahindümpelt.

    „die Vorstellung, dass jemand so viel bessere Arbeit leistet als andere ist einfach völlig lächerlich“
    So lächerlich nicht. Schon bei ganz normalen Arbeiten ist es normal, daß jemand das zwei- bis dreifache an Leistung bzw. verwertbaren Arbeitsergebnissen abliefert als Andere. Das Gehaltssystem spiegelt das nicht ansatzweise wieder, da kriegt man bei doppelter Leistung kaum mal 10% mehr.
    Je höher die Stellung, desto größer ist die Hebelwirkung. Natürlich arbeitet der gute Manager nicht doppelt so lange wie der schlechte. Aber wenn seine Einheit doppelt so viel Gewinn macht, kann das enorme Unterschiede machen.

    Gott sei Dank werden Managergehälter aber nicht von Journalisten oder Politikern festgelegt, sondern bilden sich am Markt. Und wenn ein Konzern gerne eine Milliarde mehr Gewinn einfahren möchte, dann legt er auch mal 100 Millionen mehr Gehalt auf den Tisch.

    4.) „dass Männer einen unstillbaren Sexualtrieb hätten“
    Nun ja, den Trieb kann man wohl nicht wegdiskutieren. Und den sollte man natürlich beherrschen. Gelingt ja üblicherweise auch.
    Aber daß das Risiko die Selbstbeherrschung zu verlieren größer wird, je länger der Verzicht dauert, das ist wohl so falsch nicht.
    Aber trotzdem ein blödes Argument in Bezug auf das Zölibat.

    5.) „Wenn, dann muss das Geld an anderer Stelle umverteilt werden,“
    Nein. Wenn es um Steuerungswirkung geht, dann müssen die Leute das Geld zurückbekommen. Damit die Kaufkraft und das Wohlstandsniveau unverändert bleibt, aber eine Lenkung weg vom CO2-Verbrauch erfolgt.
    Einfach die Staatskasse füllen und dann neue teure Politikerideen zu finanzieren, das ist genau das was die Leute zu Recht so wütend macht.

    6.) Goldbergs Denkfehler ist schlicht mit normaler Logik zu widerlegen, und genau deswegen hat sie sich ja auch korrigiert. Die rassistische CRT braucht man auch dafür überhaupt nicht.

    7.) Ja, Fleischhauer erzählt da nichts Neues. Aber wie der aktuelle Fall zeigt ist das Thema eben immer noch strittig.
    Und bei diesem Fall (Anna Dobler) war der Job halt weg – wegen der angeblich langweiligen alten Behauptung.
    Ob man das jetzt „Cancel Culture“ nennen will ist da nebensächlich. Den Betriff hat nicht Fleischhauer benutzt, sondern Du.
    Auf jeden Fall finde ich nicht eine Zeile in seinem Beitrag, bei der ich die von Dir angemahnte Lernfähigkeit vermisse. Das stimmt einfach.

    8.) Es ist schwer zu sagen was alles zum Vertrauensverlust beigetragen hat.
    Aber ein wesentlicher Faktor ist m. E. eine Politik, die selber sehr wenig kompetent agiert – aber gleichzeitig den Leuten bis ins Detail ihr Verhalten vorschreiben will.
    Wenn ich das richtig verstehe, hat die japanische Regierung die 3C kommuniziert – aber nicht mit kleinteiligen Maßnahmen, Verboten und Regeln versucht das zu erzwingen.
    Was halt dann auch nicht dazu führt daß viele dieser Maßnahmen etc. sich als falsch, unangemessen, kontraproduktiv oder gar verfassungswidrig erweisen.

    Man müßte mal versuchen vergleichend zu betrachten, wie in den verschiedenen Ländern Politiker rekrutiert werden. Vielleicht wird ja in Asien immer noch Wert auf Ausbildung, Berufserfahrung und Kompetenz gelegt – das schafft natürlich Vertrauen.
    Während umgekehrt oben das Beispiel Johnson oder die aktuelle grüne Führungsriege eher nahelegen, daß man sich als Bürger nicht gerne etwas von Leuten vorschreiben läßt, die selber im Leben so versagt haben.

    9.) Es ist nebensächlich was die Zentralbanker von MMT halten. Natürlich sind die dagegen – aber die spielen in der Debatte keine Rolle.
    Die wesentlichen Gegner von MMT sind die normalen Steuerzahler und ihre Vertreter.

    • Stefan Sasse 11. Februar 2022, 16:42

      3) Kein Problem mit dreifachen Gehältern. Kein Problem mit zehnfachen Gehältern. Kein Problem mit HUNDERTFACHEN Gehältern. Aber wenn jemand 100 Millionen bekommt – sorry, das KANN nicht mehr realistisch sein. Du kannst das dann natürlich mit „Markt“ erklären und dadurch quasi das religiöse Seal of Approval geben, aber das ist Quatsch.

      4) Und Frauen nicht?

      5) Nein, das will ich auch nicht und dagegen habe ich auch ausdrücklich dagegen argumentiert. Aber wie bescheuert ist es denn, das Benzin durch CO2-Bepreisung zu verteuern und das durch Subventionen dann direkt wieder zu verbilligen?! So ein Quatsch!

      6) Ich würde auch nie rassistische CRT anwenden, sondern die normale, wissenschaftliche CRT.

      7) Ich hab schon oft genug gesagt, dass ich es unendlich scheiße finde, den Leuten die wirtschaftliche Existenz wegen so was zu rauben.

      8) Ich hab von Anfang an gesagt dass es ein Riesenfehler ist, dieses kleinteilige Pandemiemanagment zu betreiben.

      9) Sicher. Aber das war am Anfang beim Monetarismus auch nicht anders.

      • Stefan Pietsch 11. Februar 2022, 17:54

        3) Aber wenn jemand 100 Millionen bekommt – sorry, das KANN nicht mehr realistisch sein.

        Das spricht nicht dafür, dass Du rational entscheiden könntest. Du lässt Dich zu sehr von Deinen Gefühlen leiten. Wenn ein Konzern gerade 5 Milliarden Euro Verlust macht, ist es ökonomisch durchaus ratsam, jemanden 100 Millionen zu zahlen, wenn er dafür das Ergebnis in eine 10 Milliarden Euro-Rendite dreht. Da sind die 100 Millionen nämlich Nix. Aber Du würdest lieber das große Nix behalten (und die 5 Milliarden Verlust), als Dich von Deiner Ideologie zu lösen.

      • Lemmy Caution 11. Februar 2022, 20:02

        9) würde ich challengen.
        Ehrhards Ordoliberalismus war näher am Liberalismus als am Keynesianismus. Die Bundesbank hat 1949 bis weit in die 60er eine restriktive Geldpolitik betrieben. Die D-Mark wertete im Bretton Woods System mehrmals gegenüber dem Dollar auf. Die Hochzeiten des Keynesianismus in der BDR waren kürzer als viele denken. Von der vergessenen Plisch und Plum Phase (FJ Strauß + Schiller) zur Überwindung der 66/67 Krise bis etwa Ende der 70er. Da begann die Wirtschaftsliberalisierung unter Schmidt mit der FDP gegen weite Teile der eigenen Partei.
        Länder, die ab Ende der 70er sehr strikt dem neoliberalem Zeitgeist folgten, hatten zuvor eine starke Krisenerfahrung gemacht. UK, USA, Chile, Neuseeland.

        • Thorsten Haupts 13. Februar 2022, 00:24

          Die wesentlichen Gegner von MMT sind die normalen Steuerzahler und ihre Vertreter …

          und vermutlich nur rein zufällig auch nahezu alle namhaften Ökonomen – weltweit. MMT ist das ökonomische Gegenstück zu Astrologie :-).

          Gruss,
          Thorsten Haupts

    • R.A. 11. Februar 2022, 16:55

      3) „Aber wenn jemand 100 Millionen bekommt – sorry, das KANN nicht mehr realistisch sein.“
      Warum nicht? Ich sehe jetzt kein Argument, daß da „realistisch“ abgrenzen könnte.
      Die Eigentümer des Unternehmens zahlen ihm das nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern weil sie dadurch ein Mehrfaches dieses Gehalts selber mehr kassieren. Halte ich für eine sehr realistische Überlegung.

      „Du kannst das dann natürlich mit „Markt“ erklären“
      Das ist Markt. Die Eigentümer hätten beliebig viele Manager kriegen können, die den Job für 10% dieses Geldes machen.
      Sie wollten aber einen Spitzenmann – siehe den Vergleich mit Fußballern. Ronaldo schießt nicht 100mal so viel Tore wie der normale Bundesligaspieler. Aber er schießt die entscheidenden Tore, die seinem Verein Rieseneinnahmen bringen.
      Angebot und Nachfrage bestimmen diese Gehälter. Das ist Markt pur.

      4) „Und Frauen nicht?“
      Offenbar anders bzw. nicht mit dieser Priorität.

      5) „Aber wie bescheuert ist es denn, das Benzin durch CO2-Bepreisung zu verteuern und das durch Subventionen dann direkt wieder zu verbilligen?! So ein Quatsch!“
      Völlig richtig, da sind wir uns einig.
      Mir ging es nur um den Vorschlag, die Mehreinnahmen für schöne neue Ausgabeideen zu verwenden.

      6) „Ich würde auch nie rassistische CRT anwenden“
      CRT ist inherent rassistisch. Nur eben gegen als „weiß“ definierte Menschen.

      7) Ich hab schon oft genug gesagt, dass ich es unendlich scheiße finde, den Leuten die wirtschaftliche Existenz wegen so was zu rauben.

      8) Ich hab von Anfang an gesagt dass es ein Riesenfehler ist, dieses kleinteilige Pandemiemanagment zu betreiben.

      9) Sicher. Aber das war am Anfang beim Monetarismus auch nicht anders.

      • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 09:54

        3) wie gesagt, du kannst es gerne erklären mit „die kriegen das halt“, aber zu versuchen, das damit zu begründen, dass die Arbeit ein so Vielfaches der Arbeit der anderen wert wäre, ist Käse.

        5) Ja, das verstehe ich ja. Deswegen gib die Kohle wieder zurück, z. B. durch kostenlosen ÖPVN.

        6) Ist sie nicht.

        7)-9) Sind Zitate?

        • R.A. 12. Februar 2022, 17:13

          „das damit zu begründen, dass die Arbeit ein so Vielfaches der Arbeit der anderen wert wäre, ist Käse.“
          Es haben hier mehrere Leute dargelegt, daß der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten CEO beim Konzerngewinn schnell in die Milliarden gehen kann. Dem hast Du inhaltlich auch nicht widersprochen.
          Und dieser Unterschied ist der Wert seiner Arbeit. Wenn er davon einige Prozent ausbezahlt bekommt ist das durchaus in Relation.

          5) „Deswegen gib die Kohle wieder zurück, z. B. durch kostenlosen ÖPVN.“
          Mal abgesehen davon, daß „kostenloser ÖV“ eine umweltpolitische Sauerei wäre – so eine zusätzliche staatliche Subvention hätte nichts mit „Kohle zurück“ zu tun. „Kohle zurück“ hieße daß die durch die CO2-Abgabe belasteten Steuerzahler das Geld in ihr Portemonnaie bekommen und es nach ihrer Wahl ausgeben können.

          „7)-9) Sind Zitate?“ Habe ich übersehen wegzulöschen

          • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 18:22

            Umweltpolitische Sauerei? Warum das denn?

            Ah ok, kein Ding.

          • R.A. 12. Februar 2022, 18:29

            „Umweltpolitische Sauerei?“
            Freibier erhöht die Nachfrage. „Kostenloser“ ÖV steigert massiv die Zahl der nachgefragten Fahrten. Das führt dazu daß a) mehr Busse/Bahnen fahren müssen als eigentlich nötig (was ökologisch schädlich ist) und b) daß der ÖV streckenweise überfüllt ist und damit unattraktiv wird für Leute, die vom Auto umsteigen könnten.

            • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 20:07

              a) Wann bist du zum letzten Mal ÖPVN gefahren? den fährt keiner freiwillig mehr als nötig 😀
              b) Ja, da muss logischerweise auch das Angebot besser werden, was Teil 2 meiner Argumentation war. Aber auch sonst ist dein Argument quatschig. Wir wollen, dass Leute vom Auto umsteigen, aber wenn sie es tun, wird das unattraktiv, weil zu viele Leute es machen, aber ausbauen darf man es auch nicht, also bleibt alles beim Alten…?

              • Stefan Pietsch 12. Februar 2022, 20:48

                Meine Frau und ich waren heute in Frankfurt im Kino (Tod auf dem Nil). Normalerweise ist es bequem, ein Stück der umfangreichen Kreuzungen über die Unterführung zu nehmen. Nicht diesmal. In der vor Jahren sauberen Underground lagerte heruntergekommene Obdachlose. Wer möchte da mit der U-Bahn fahren?

                Das hat nichts mit Geld zu tun. Das hat damit zu tun, solche Bereiche einfach sauber und ordentlich zu halten. In Kopenhagen ist das eben anders.

              • R.A. 13. Februar 2022, 11:47

                „Wann bist du zum letzten Mal ÖPVN gefahren?“
                Mehrmals diese Woche. Ist bei uns durchaus zumutbar, aber nur wenn die Verbindungen halbwegs passen.

                „den fährt keiner freiwillig mehr als nötig“
                Das ist nachgewiesenermaßen falsch. „Kostenlose“ Tickets sorgen dafür, daß mehr gefahren wird. Einerseits geht das zu Lasten des Radverkehrs, andererseits gibt es viele zusätzliche Freizeitfahrten.

                „Wir wollen, dass Leute vom Auto umsteigen, aber wenn sie es tun, wird das unattraktiv, weil zu viele Leute es machen“
                Um die geht es beim Freibier-Problem nicht. Wenn der ÖV voller Studenten sind, die keine Lust zum Radeln haben, dann bleibt der Arbeitnehmer lieber im Auto.

                Ich habe es schon mal geschrieben: Ein gutes Tarifsystem sieht so aus wie in Holland.
                Ein billiges Monatsticket als Basis (das die Verwaltungskosten deckt), das leistet sich dann ziemlich jeder, auch parallel zum Auto.
                Und dann kilometergenaue Abrechnung der tatsächlichen Fahrten. So daß nur die nötigen Fahrten gemacht werden, aber die Einzelfahrt billiger ist als mit dem Auto.

        • Thorsten Haupts 13. Februar 2022, 00:22

          Zu 3)
          … dass die Arbeit ein so Vielfaches der Arbeit der anderen wert wäre …

          Etwas ist so viel wert, wie jemand dafür zu zahlen bereit ist. Es gibt kein objektives Kriterium für den Wert einer Arbeit (mit dem entgegengesetzten Axiom im Kern von Marx „Kapital“ ist viel Murks in die Welt hekommen). Und wenn die Anteilseigner eines Unternehmens beschliessen, dass ihnen die Person X 100 Millionen wert ist, dann ist das deren Entscheidung, weil es ihr Geld ist, dass dafür ausgegeben wird. Jede Diskussion darüber, ob das nun „richtig“ sein kann, ist ziemlich sinnlos.

          Zu 6)
          Für die wissenschaftliche CRT ist das vermutlich richtig. In der Öffentlichkeit wirksam ist aber die Vulgärvariante von Kendri oder Di Angelo et al – und die ist allerdings inherent rassistisch.

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • Stefan Sasse 13. Februar 2022, 11:47

            6) Aber das verdreht Ursache und Wirkung. Wenn ich einen Artikel nach dem anderen schreibe, was für ein schlimmer Mensch Thorsen Haupts ist, und dann nachher sage: „Ja, der echte Thorsten Haupts, der ist nicht schlimm, aber die in der Öffentlichkeit wirksame Persona, die schon“, dann ist das nicht deine, sondern meine Schuld. Und bei der CRT, die komplett von den Konservativen als Boogeyman aufgebaut wurde, ist das genauso.

            • Thorsten Haupts 14. Februar 2022, 10:23

              Ersten kann es einen Bastard-Klon einer Theorie geben, aber keinen Bastard-Klon eines Menschen, weshalb der aufgemachte Vergleich einfach Unsinn ist.

              Albern ist es, so zu tun, als hätte es je eine öffentliche Debatte über die wissenschaftliche Reinform einer Theorie gegeben und als wäre die Diskussion über eine CRT, die ganz genau genommen keine CRT ist, irgendwie etwas ganz mieses Neues. Die öffentliche Reuzeption von Theorie war schon immer „bsatrdisiert“ und bezog sich schon immer auf eine Vulgärvariante der Ursprungstheorie. CRT wird öffentlich ja nicht über die Fachveröffentlichungen seriöser Wissenschaftler, sondern eben über die äusserst populären Kendris und DiAngelos transportiert – und gegen deren CRT-Variante ist jede Kritik ebenso legitim wie notwendig. Das „Muh, Kritik unfair weil CRT eigentlich porentief rein“ ist dementsprechend ein Ablenkungsmanöver – man könnte ja auch die Bastard-Varianten der CRT öffentlich denunzieren. Das aber macht erstaunlicherweise keiner der seriösen Wissenschaftler, ein Schelm, wer Böses dabei denkt …

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Stefan Sasse 14. Februar 2022, 10:43

                Das ist doch gerade mein Punkt: diskutiert wurde nie die wissenschaftliche Theorie, sondern nur ein politischer Boogeyman. Deswegen ist die Kritik auch Unfug.

                • Thorsten Haupts 14. Februar 2022, 12:12

                  Wenn der politische Bogeyman in der Öffentlichkeit enorme Wirkung entfaltet, ist seine Kritik notwendig, berechtigt und geboten.

                  • Stefan Sasse 14. Februar 2022, 14:21

                    Man könnte auch diejenigen kritisieren, die ihn erfunden haben.

                    • Thorsten Haupts 14. Februar 2022, 15:16

                      Wäre er frei erfunden – aber ja doch. Ist er nur beobachtbar nicht :-).

                    • Stefan Sasse 14. Februar 2022, 16:54

                      Jetzt bin ich gespannt. Die Rechten erfinden einen Boogeyman. Der wird hochgejazzt. Und dann sind die Linken schuld? Mir ist die Logik unklar.

                    • Thorsten Haupts 14. Februar 2022, 18:29

                      Nein, die Rechten haben keinen Bogeyman erfunden, sondern ein echtes Problem zusätzlich hochgejazzt. Dass sie das Problem als CRT identifizieren, ist ihnen nicht vorzuwerfen, sie dürften CRT überwiegend auch nur in der Bastard-Variante öffentlicher Diskussion kennen.

                      Falls Sie darauf hinauswollen, es gebe eigentlich überhaupt kein Problem – tja, die Wahrnehmungsdifferenz haben wir ja schon einige Zeit, nicht wahr?

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 14. Februar 2022, 18:57

                      Nein, das ist definitiv ein Problem. Mir ist nur die Argumentation unklar. CRT kam in der Debatte überhaupt nie vor, BEVOR es als Bastardversion von den Rechten hochgejazzt wurde. Es taugt einfach nicht als Beispiel für das, für das du es hernimmst. Anders als etwa das Canceln.

                • Erwin Gabriel 22. Februar 2022, 12:38

                  @ Stefan Sasse 14. Februar 2022, 10:43

                  Das ist doch gerade mein Punkt: diskutiert wurde nie die wissenschaftliche Theorie, sondern nur ein politischer Boogeyman. Deswegen ist die Kritik auch Unfug.

                  Ich verstehe Thorsten da schon. Ist ein bisschen wie mit dem theoretischen und dem realen Sozialismus / Kommunismus. Manchmal klaffen Theorie und Praxis auseinander.

                  • Stefan Sasse 22. Februar 2022, 14:24

                    Ich versteh nicht genau, was du mit dem Vergleich meinst.

            • Thorsten Haupts 14. Februar 2022, 10:42

              Und bevor ich das vergesse – das ist der neueste Auswuchs von CRT in den USA: Eine der ältesten Menschenrechts-Organisationen, die ADL, hat ihre Rassismus-Definition vor kurzem mehrfach geändert.

              https://twitter.com/NeilShenvi/status/1488979557055176705

              Zur Zeit gültig:
              Systemic Racism: A combination of systems, institutions and factors that advantage white people …

              Gehen Sie weiter, es gibt hier nix zu sehen …

              Gruss,
              Thorsten Haupts

  • Thorsten Haupts 11. Februar 2022, 17:07

    Zu 8) Irgendwelche Ideen?

    Yup. Erstmal eine: Politiker und Journalisten: Klartext reden, Preise einer Entscheidung klar benennen (!) – there ain´t no such thing as a free lunch, Unsicherheiten nicht verschweigen, Pathos und grosse Worte nur bei wirklich wichtigen Entscheidungen benutzen (also max. einmal im Jahr). Das exakte Gegenteil von alternativlos, win-win (existiert in der Praxis nicht), Euphemismen, Hochjubeln von Belanglosigkeiten etc. pp

    Die Leut werden sich immer über Politik aufregen. Aber die Aufregung vervielfacht sich, wenn sie sich verarscht vorkommen.

    Zu 11)

    Alles gut und das Sagen hat der Blogbetreiber, aber – man kann das (aus Sicht meiner Generation) auch genau umgekehrt sehen. Standardmässiges Duzen ist passiv-aggressiv (es stellt Nähe her, wo keine existiert), aufgringlich und reale Distanz ebenso wie reale Machtverhältnisse (z.B. in Firmen) verschleiernd.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 09:55

      8) Wäre zumindest einen Versuch wert.

      11) Naja, die Machtverhältnisse hier im Blog sind dann doch überschaubar 😉

      • R.A. 12. Februar 2022, 17:16

        8.) Jeder Politiker der das versucht wird scheitern.

        Das zentrale Problem ist der schlechte Journalismus. Der sorgt dafür daß im Wettbewerb der Politiker die Lügner, Schwurbler und Inkompetenten gewinnen.

        • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 18:23

          Weiß nicht. Offensichtlich wird der schlechte Journalismus ja massiv nachgefragt und guter nicht, das lässt mich schon vermuten, dass das Problem schon auch bei den Leuten ist, die den Kram lesen.

        • R.A. 12. Februar 2022, 18:26

          „Offensichtlich wird der schlechte Journalismus ja massiv nachgefragt und guter nicht“
          Guter Punkt. Am Ende wären wir dann wieder bei: „Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient“.
          Wobei der massive Qualitätsverfall der staatlichen Sender ja nicht durch entsprechende Nachfrage verursacht wurde …

          • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 20:05

            Effektiv schon. Das ist ein race to the bottom. Und sag mir, welcher private Sender besser ist. In einer Marktwirtschaft müsste ja sonst jemand großen Reibach mit gutem, anspruchsvollen Journalismus machen. Sehe ich nirgends.

  • Thorsten Haupts 11. Februar 2022, 17:15

    Zu 3)

    Die Eigentümer eines Unternehmens sind offenbar anderer Auffassung – es ist deren Geld. Und Meinungen aus der öffentlich-rechtlichen Sphäre zu Tätigkeit in der freien Wirtschaft haben bisher fast nie zu mehr getaugt als zu Partygesprächen.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • Dennis 11. Februar 2022, 18:29

    Was zu Herrn Fleischhauer, der ja vom Schreiben leben muss. Nicht im Gespräch bleiben würde den Marktwert absenken. Irgendwas mit „umstritten“ ist also unverzichtbar.

    Zitat Stefan Sasse:
    „Dieser große Cancel-Culture-Gestus ist einfach nur noch unerträglich. “

    Dieser Gestus wäre leicht zu verhindern, indem „Fälle“ wie bei Dobler tatsächlich nicht stattfänden. Sie finden aber statt.

    Zitat Stefan Sasse:
    „Da wird eine schräge, blödsinnige und einfach nur auf Provokation gebürstete These rausgehauen, in der vollen Absicht, damit Widerspruch zu provozieren,“

    Also, „Widerspruch provozieren“ is ja grundsätzlich nicht verboten^ und die These ist IMHO weder schräg noch blödsinnig, sondern seit Jahr und Tag Gegenstand der Faschismusforschung, nachlesbar z.B.bei Zeev Sternhell……

    https://de.wikipedia.org/wiki/Zeev_Sternhell

    ….Zitat über diverse prä-faschistische Ideologen des späten 19. Jahrhunderts:

    „Eine Spielart des Sozialismus, die weder marxistisch noch internationalistisch war, sondern ausdrücklich national….übernommen wiederum später durch die Anhänger Sorels und Mussolinis……und brachte schließlich eine vollständig ausgebildete faschistische Ideologie zur Welt.“

    Natürlich ist eine Schnittmengentheorie Sozialismus/Faschismus differenziert und detailorientiert auszuarbeiten (eine Schnittmenge ist etwas anderes als zwei deckungsgleiche Mengen, denn es gibt da auch Teilmengen, die nicht übereinstimmen), was u.a. bei Sternhell auch geschieht (er beschäftigt sich natürlich noch mit zahlreichen weiteren Aspekten) und was manfrau von Fleischi nitt unbedingt erwarten kann^. Ob dessen Rechnung aufgeht hängt im Übrigen davon ab, wie intelligent der Widerspruch ist. Bei seiner schlichten Sozialstaat-These ist der Widerspruch leicht. Bei der Grundthese „Nationalsozialismus einerseits und Sozialismus allgemein andererseits“ ist das schon nicht mehr so einfach. Da hat er Punkte, IMHO.

    Der Ursprung in dieser Causa war ja – wie so oft – auf Twitter. Indem dort fetziges Auftreten zum System gemacht wird (Ausführlichkeit geht nicht und ist systemwidrig) und genau dieses sich ja offenbar tatsächlich einer gewissen Beliebtheit erfreut^, sollte manfrau sich über die Folgen nicht sonderlich aufregen. Wer im Instant-Meinungsmarkt nicht ständig aufrüstet, hat verloren.

    Zitat Stefan Sasse:
    „Das Thema ist auch langweilig.“

    Kann manfrau so sagen, aber warum wurde Dobler dann entlassen ? Aus einem wahrscheinlich schlecht bezahlten Job zwar, und selbst wenn es so ist, dass sie das Theater provozieren wollte, um sich interessant zu machen, kann manfrau sie zu ihrem Erfolg nur beglückwünschen. Es hat ja funktioniert.

    Entweder langweilig oder provokativ. Beides zugleich geht ja schlecht^.

    • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 09:58

      Ich kann es nur wieder und wieder sagen: ich bin grundsätzlich gegen Entlassungen bei so was.

      • Stefan Pietsch 12. Februar 2022, 10:40

        Das glaubt Dir wahrscheinlich jeder. Nur, was Du scheinbar nicht sehen willst, obwohl ist immer häufiger passiert: Was Du angeblich nicht willst, ist die Konsequenz von dem, wofür Du eintrittst.

    • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 12:58

      Ich hab Sternhell mal nachgelesen, das ist ja nun eine eher randständige Meinung, die er hat.

  • schejtan 12. Februar 2022, 11:11

    2) BoJo ist ja vor allem mal ein Oppurtunist, der es mit Wahrheit und Fakten nicht ganz genau nimmt und, um es wohlwollend auszedruecken, eher einen Blick auf das grosse Ganze als auf die Details hat. Koennt mir daher schon vorstellen, dass er sich mangels Interesse der Problematik wirklich nicht bewusst war. Aber auch, dass er es nur als Vorwand genommen hat, nen oeffentlichen Gesinnungswechsel zu begruenden.

    Zumindest steigt ja mitterweile auch innerhalb der Tories der Widerstand gegen ihn. Vielleicht sind wir ihn bald los. Frage ist nur, ob sein eventueller Nachfolger tatsaechlich besser ist.

    3) Ich hab das Gefuehl, die Leute die sich bisher dazu geaeussert haben, den entscheidenden Punkt nicht ganz verstanden haben. Der is nicht:

    – Ist gute Fuehrung wichtig fuer ein Unternehmen? Ja.
    – Duerfen Unternehmen solch hohe Gehaelter zahlen? Natuerlich.
    – Ist es unmoralisch, wenn Menschen so viel mehr Geld verdienen? Muss jeder fuer sich entscheiden.

    Die Frage ist: Ist die Position des CEOs wirklich von so ueberragender Bedeutung und sind die „Star“ CEOs wirklich so viel besser als der Rest, dass es sich Unternehmenssicht lohnen denen so hohe Gehaelter zu zahlen. Klar, jedes Unternehmen zahlt lieber 100 Millionen und macht 1 Milliarde Gewinn als 1 Million und Verlust. Aber noch besser waere halt eine Million zu zahlen und 1 Milliarde Gewinn machen. Rein vom Bauchgefuehl wuerde ich schon sagen, dass es die Unterschiede zwischen CEOs kleiner sind als sie dargestellt werden und da auch viel Personenkult eine Rolle spielt. Wie uebrigens im Fussball auch.

    11)

    Definitiv ne Sache, die ich in England nicht vermisse. Einfach alle „you“ und alle mit Vornamen ansprechen, fertig. Wobei ich auf Heimatbesuchen auch so gut wie nie auf die Idee kommen, jemanden zu siezen. Aber ist ja auch tiefster Ruhrpott, wo man eher schraeg angeguckt wird, wenn man es tut 😉

  • cimourdain 12. Februar 2022, 17:49

    4) a) Eines verbindet den Zölibat mit dem Missbrauchsskandal: Die rechtliche Sonderstellung der Kirchen. Im einen Fall das Privileg, Angestellten die Familienführung vorzuschreiben, im anderen Fall, Verbrechen ‚intern‘ aufzuklären.
    b) Der Pfarrberuf ist ziemlich familienfeindlich wegen Residenzpflicht, Feiertagsarbeit und Priorität der Gemeinde. Bei evangelischen Pfarrern ist die Scheidungsrate deutlich überdurchschnittlich – trotz der dienstrechtlichen Hürden, die immer noch in der EKD bestehen (wenn auch nicht mehr so krass wie noch in den 80ern, als eine Scheidung oft mit Strafversetzung verbunden war.)
    c) Historische Kuriosität: In der BRD gab es noch in den 50ern das Lehrerinnenzölibat, dass Frauen nur unverheiratet als Lehrerin zugelassen hat, damit deren Einsatz nicht durch Familie gebremst wird.

    7) Gegenthese: Hitler war ein Liberaler. Die Namensähnlichkeit seiner Partei mit dem nationalsozialen Verein Friedrich Naumanns (der ursprünglich sogar national-sozialistischer Verein heissen sollte), beweist es und ist mindestens genauso plausibel wie die (auch hier von Pietsch und R.A. angebrachte) Sozialismus-Semantik.

    • R.A. 12. Februar 2022, 18:13

      „das Privileg,… Verbrechen ‚intern‘ aufzuklären.“
      Es gibt kein solches Privileg.
      Was die Kirche intern aufklärt ist immer zusätzlich zur normalen staatlichen Strafverfolgung. Und für diese Aufklärung darf sie nur die normalen Möglichkeiten benutzen die auch jeder Verein oder jede Firma hat, um Verstöße ihrer Mitglieder/Mitarbeiter zu klären oder zu ahnden.

      „Hitler war ein Liberaler.“
      Jo klar, extrem lustig. So auf dem Kindergartenniveau von „Du auch“.
      Über die sozialistischen Anteile des Nationalsozialismus gibt es genug seriöse wissenschaftliche Arbeiten. Wie stark man diesen Anteil dann gewichten will hat einen großen Ermessensspielraum.
      Bei Hitler und liberal ist dieser Spielraum Null.

      • cimourdain 13. Februar 2022, 17:09

        Bitte lesen Sie meine Antwort auf Herrn Pietsch weiter unten…

    • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 18:24

      4) a) Ja, sicher. b) Danke für die Info! c) Das kommt noch aus Weimar.

      7) Eben. Ich kann solchen Blödsinn ad infinitum treiben.

    • Dennis 13. Februar 2022, 11:50

      4a)
      Mit dieser Argumentation verklebst zu unterschiedliche mehrere Dinge zu einem nicht existierenden Zusammenhang, IMHO.

      4 c)
      Ja klar, und die Lehrerinnen hießen i.d.R. „Fräulein“. Mein Fräulein in der ersten Klasse war so ca. zwischen 50 und 60; die Zölibatsregel war da allerdings auf dem Papier schon aufgehoben.

      7)
      Die Frage an dieser Stelle ist ja eher, ob der Naumann den Liberalen zur Zierde gereicht^. Steht immerhin bei der FDP-Stiftung auf dem Türschuld, weil der Heuss seinen alten Mentor und Freund von früher verewigen wollte. Ideologisch muss die FDP diesbezüglich eine schwierige Akrobatik hinlegen.

      Was halt generell fehlt sind Priester, die amtlich die Lehre rein halten. So muss manfrau mit nicht-amtlichen Interpretationen leben, namentlich auch mit nicht autorisierten Nachkochern ideologischer Rezepte, die sodann kreative Erweiterungen erfahren.

      Der angeblich liberale Naumann sah die Dinge u.a. jedenfalls so (O-Ton) :

      „Nationalsozial? Weil wir glauben, dass das Nationale und das Soziale zusammengehören. Was ist das Nationale? Es ist der trieb des deutschen Volkes, seinen Einfluß auf der Erdkugel auszudehnen. Was ist das Soziale? Es ist der Trieb der arbeitenden Menge, ihren Einfluß innerhalb des Volkes auszudehnen. Wie hängt beides zusammen? Die Ausdehnung des deutschen Einflusses auf der Erdkugel ist unmöglich ohne Nationalsinn der Masse.“

      Draußen Kolonien okkupieren war also angeblich auch irgendwie „liberal“ .

      Und die Tatsache, dass in er Hitlerei in der Tat nichts Liberales zu entdecken ist, hat liberale Parteigänger ja nicht daran gehindert, dem Hitler die Füsse zu küssen, gerne auch um anschließend in der FDP weiter zu machen.

      • R.A. 13. Februar 2022, 13:04

        „Draußen Kolonien okkupieren war also angeblich auch irgendwie „liberal“ .“
        Wie man das von den liberalen Gesellschaften in England und Holland gelernt hatte.
        Die Crux war eben, daß die Europäer (aller politischen Lager) die Einheimischen lange nicht als Menschen mit Bürgerrechten gesehen haben. Erst als das akzeptiert wurde, wurde Kolonialismus inkompatibel mit Liberalismus.

        „gerne auch um anschließend in der FDP weiter zu machen.“
        Daß sich manche Altnazis nach dem Krieg in die FDP geflüchtet haben und dort in einigen Landesverbänden einige Zeit dominierten ist ein peinliches Kapitel Parteigeschichte. Aber liberal waren diese Figuren natürlich nicht.

        • Stefan Sasse 13. Februar 2022, 19:05

          Korrekt. An der Stelle darf man übrigens gerne auch sagen, dass der Sozialismus da stets weiter war 😉

          Das war ja schon mehr als ein Einzelfallphänomen. Die FDP der 1950er Jahre hatte einen „Gauleiter-Flügel“!

      • Stefan Sasse 13. Februar 2022, 19:03

        Die FDP war am Anfang eh ein Nazi-Abklingbecken vor dem Herrn.

    • R.A. 13. Februar 2022, 12:59

      „Der Pfarrberuf ist ziemlich familienfeindlich wegen Residenzpflicht, Feiertagsarbeit und Priorität der Gemeinde.“
      Sehe ich eigentlich nicht. Er muß nicht pendeln, ist oft zu Hause, kann sich die Zeit weitgehend frei einteilen – und die Priorität gilt de facto nur in Notfällen, da sind andere Berufe fordernder.

      „Bei evangelischen Pfarrern ist die Scheidungsrate deutlich überdurchschnittlich“
      Das hat m. E. aber nichts mit „familienfeindlichen“ Arbeitsbedingungen zu tun. Im Gegenteil: Wenn sich die Pfarrersfrau auf Familie konzentrieren will, kann sie das im Pfarrhaushalt sehr gut.
      Das Problem dürfte eher sein, daß zu wenige Pfarrersfrauen wirklich bereit sind, die eigenen beruflichen Ideen zugunsten des Engagements in der Pfarrei zurückzustellen.
      Und das gilt noch mehr für die Ehemänner von Pfarrerinnen.

      „Die Namensähnlichkeit seiner Partei mit dem nationalsozialen Verein“
      Der Unterschied zwischen „sozial“ und „sozialistisch“ sollte aber schon bekannt sein.
      Ich würde ja sogar von einem Gegensatz sprechen …

      • Stefan Sasse 13. Februar 2022, 19:04

        Finde auch den Punkt relevanter, dass die Erwartung an den Beruf „ganzheitlich“ ist – du bist halt immer Herr bzw. Frau Pfarrer, auch wenn eigentlich nur der jeweilige Ehegatte den Beruf hat. Aber ich hab keine persönlichen Einblicke, ist nur mein Verdacht.

  • Stefan Pietsch 12. Februar 2022, 18:20

    4a) Viele Organisationen haben eine Sonderstellung. Greenpeace braucht keine Atomkraftbefürworter einzustellen, beim BVB arbeitet niemand, der das Bayern-Trikot trägt und Parteien dürfen Mitglieder und Mitarbeiter kündigen, die bei einer anderen Partei eingeschrieben sind oder nur sich gegen die Parteisatzung (oder ungeschriebene Gesetze) äußern.

    Das Strafgesetzbuch gilt auch für die katholische Kirche. Erzählen Sie bitte keinen Unsinn.

    7) Apropos Unsinn. Es muss Linke unheimlich schmerzen, auf Basis ihrer sozialistischen Ideologie noch mit dem Feind in Verbindung gebracht zu werden, hat man sich doch dem Kampf gegen den Faschismus und Nazis auf die Fahnen geschrieben. Da werden selbst Geschichtslehrer geschichtsvergessen und mögen nicht mehr zwischen Bürgertum und Liberalismus unterscheiden, lieber eine Soße, die man anrühren kann zu einem unappetitlichen Brei, weil der Schmerz sonst unerträglich wäre.

    Wer nur 45 Minuten Vorlesung über den Vergleich von Ideologien gehabt hätte, wüsste, dass das überwölbende Merkmal von Sozialismus und Nationalsozialismus die Gemeinschaft ist, das WIR, und diese hat möglichst homogen zu sein. Arbeiter und Bauern gegen die Kapitalisten, das Volk gegen das Judentum. Der Liberalismus definiert sich dagegen von der ersten Stunde an durch das Individuum, was immer wieder verbrämt wurde mit den Egoisten, der Ego-Gesellschaft u.ä.

    Die Geschichtsrevisionisten wischen das vom Tisch, da generiert das Ich zum Wir, wie wir leider auch in der Pandemie beobachten mussten. Da wurde die Intension des Grundgesetzes umgekehrt, wenn wir alles von der Gemeinschaft betrachten würden, wäre den Individualrechten doch am besten geholfen.

    Ich empfehle noch einmal einen Grundkurs in Geschichte. Vielleicht schützt das davor, die Geschichte umzuschreiben, weil sie einem nicht passt oder man einfach missliebige Freiheitsliebhaber diskreditieren will.

    • cimourdain 13. Februar 2022, 17:08

      Sie reden in wolkigen Alllgemeinplätzen, unten auf der Erde sind Dinge etwas differenzierter.

      Beginnen wir mit den personellen Überschneidungen, von den Märzgefallenen bis zum (Werner)Naumann-Kreis. Auch konkretes Verhalten von der Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz bis hin zur Verjährungsdebatte spricht eine klare Sprache.

      Aber Sie wollten ja über Ideologie debattieren. Da gibt es einige interessante konkrete Überschneidungen.
      – Am offenkundigsten ist natürlich der Antisozialismus. Der Feind meines Feindes… gegen die Arbeiterbewegung war dem liberalem Bürgertum jeder Verbündete recht, ob das die Freikorps waren, die Ordnungszelle oder die Faschisten.
      – Der von Lemmy Caution angesprochene Sozialdarwinismus der Wirtschaftsliberalen und Libertären ist existent und imho. ein wichtiger Grund, warum Liberale Parteien nicht selten ein Einfallspunkt für neue rechte Bewegungen darstellt.
      – Ein wesentliches Element bei Naumann war dessen Vorstellung eines gegen Osten gerichteten ‚Festlandimperialismus‘ . Diese Vorform der ‚Lebensraum‘ – Ideologie wurde auch von seinen Epigonen mitvertreten, viele engagierten sich im Alldeutschen Verband.
      – Der Begriff der Volksgemeinschaft wurde um 1900 von den verschiedensten politischen Richtungen verwendet, aber bei Naumann spielt der völkische Aspekt eine klar herausgehobene Rolle. Götz Aly hat seinen ’national-sozialen Katechismus‘ diesbezüglich aufgespiesst: https://www.fr.de/meinung/leiche-keller-11405849.html

      Summa summarum ist es ganz einfach: jedes Mal, wenn Liberalkonservative den ‚Sozialismus‘-Unsinn kolportieren, werde ich einen nationalistisch-völkischen Dreck ausgraben – und das begründet.

      • Stefan Pietsch 13. Februar 2022, 18:03

        Beginnen wir mit den personellen Überschneidungen, von den Märzgefallenen bis zum (Werner)Naumann-Kreis.

        Wieso? Da ist keine argumentative Linie drin. Zur Erinnerung: Die Verteidiger des Sozialismus wollten zeigen, dass die Theorie des Liberalismus wesentlich mehr mit dem Nationalsozialismus zu tun habe als das Lieblingsprojekt der Linken – ungeachtet der Millionen Toten. Parallel zum Aufhänger Jan Fleischhauer bietet es sich da an, die Analogie theoretischer Konzepte und politischer Forderungen aufzuzeigen.

        Vorsichtig ausgedrückt: daran haperte es die letzten Tage maßgeblich und Sie machen jetzt keine Ausnahme. Stattdessen veranstalten Sie Kindergarten, der nicht einmal die qualitativen Anforderungen der Sekundarstufe erfüllt. Ich führe das weiter aus.

        Am offenkundigsten ist natürlich der Antisozialismus.

        Ich sag’s ja, es wird nicht besser. Ich stehe den Grünen im Habitus extrem fern. Ich muss AfD-Anhänger sein. Ich liebe Blondinen. Anscheinend verachte ich Brünette. Eben Argumentation auf Kindergartenniveau.

        Der von Lemmy Caution angesprochene Sozialdarwinismus der Wirtschaftsliberalen und Libertären ist existent

        Selbst wenn wir das für die Anfänge der liberalen Wirtschaftstheorien gelten ließen, zeigt sich darin eben keine Parallele zum Nationalsozialismus. Hier dominiert die Gemeinschaft, das Herdenverhalten. Das Wirtschaftsmodell der Nazis gründete nicht auf Wettbewerb, sondern Monopolen und Wirtschaftsmacht. Damit unterschieden sich die Ideologien in einem ganz zentralen Punkt, wo Sozialismus und Nationalsozialismus große Deckungsgleichheit aufweisen.

        Die Nazis liebten wie die Sozialisten gestern und heute die Staatsnähe. Der Bürger ist nichts ohne den Staat, die Gemeinschaft. Der Liberalismus sieht es genau entgegengesetzt. Wie sagten Sie? Der Feind meines …

        Jahrtausendelang hegten Herrscher die Ideologie, durch Landeroberungen den Reichtum ihrer Länder zu mehren. Anscheinend waren schon die Ägypter und die Griechen Nazis. Diese Vorstellung galt bis zum zweiten Weltkrieg, als noch viele Länder Kolonien besaßen. Das ist also nicht Merkmal einer Ideologie, sondern allgemeine Weltanschauung gewesen.

        Der Begriff der Volksgemeinschaft wurde um 1900 von den verschiedensten politischen Richtungen verwendet, aber bei Naumann spielt der völkische Aspekt eine klar herausgehobene Rolle.

        Das tat und tut es gerade im Sozialismus. Die UdSSR wurde gerade als Imperium definiert (Union der sozialistischen Sowjetrepubliken) und wird bis heute von Putin verfolgt: Volksgemeinschaft als Grund für Annexion und Kriege. Frankreich verfolgt bis heute eine völkische Politik im Familienbereich.

        Summa summarum ist es ganz einfach: jedes Mal, wenn Liberalkonservative den ‚Sozialismus‘-Unsinn kolportieren, werde ich einen nationalistisch-völkischen Dreck ausgraben

        Letzter Akt im Kindergarten: Schaufelchen Sand geworfen. Heißt das, wenn ich zurückrudere und sage, der Sozialismus hätte gar nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun, dass Sie das Gleiche über den Liberalismus sagen?

        Echt, cimourdain, mit das Schwächste, was Sie hier kommentiert haben. Damit haben Sie sich keinen Gefallen getan. Ich denke, von dem Niveauabsturz müssen Sie sich selbst erstmal erholen.

        • cimourdain 14. Februar 2022, 14:53

          Es ist schade, dass das zu nichts führt. Eigentlich ging es nur darum, Ihnen die alte Weisheit zu verdeutlichen: Wenn jemand mit einem nackten Finger auf andere zeigt, zeigen drei ebenso nackte Finger auf ihn zurück. (Oder in diesem Fall: Wer mit dem modrigen Schlamm der Hufeisentheoretiker um sich wirft, bekommt auch mal das von Ihnen erwähnte Schäufelchen Sand zurück) Und da es, wie Dennis schreibt, die reine Lehre nicht gibt, halte ich es für richtig, sich konkrete historische Wirklichkeiten anzusehen. Das wäre interessant gewesen, wenn Sie auch darauf eingegangen wären, aber leider kommen in Ihrer Antwort hauptsächlich Nebelkerzen, Allgemeinplätze und reichlich Pöbeleien (soviel zum Thema Niveau). Aber gut, die Karawane zieht weiter und beim nächsten Thema kommen wir vielleicht wieder auf einen gemeinsamen Nenner.

          • Stefan Pietsch 14. Februar 2022, 15:27

            Vielleicht war ich etwas hart zu Ihnen und im Grunde tat es mir leid, Ihnen so hart antworten (zu müssen?).

            Es geht um einen Vergleich von politischen Forderungen und Zielrichtungen. Der Liberalismus hat hier gegenüber den anderen Denkrichtungen Konservatismus und Sozialismus das Alleinstellungsmerkmal, seine Ansätze vom Individuum her zu denken und zu konzipieren. Die extreme Form sind dabei libertäre Ansätze bis hin zu dem, was Sie herabwürdigend mit „Sozialdarwinismus“ beschreiben. Nur hat selbst diese Ausprägung nichts mit Rassendenken und Rassentrennung zu tun. Im Liberalismus bleibt ein Individuum ein Individuum und nicht Teil einer wie auch immer gearteten Gemeinschaft, egal ob Rasse, sozioökonomische Gruppe oder Nationalität.

            Das ist beim Konservatismus ebenso wie beim Sozialismus (Arbeiter und Bauern) und Nationalsozialismus komplett anders, für die das Individuum nur als Teil einer Gemeinschaft funktionsfähig ist.

            Alle Ideologien haben einen nationalen Flügel (im Extremen auch völkischen Teil), auch der Liberalismus. Aber das ist eben keine Besonderheit eines Ansatzes, im Gegenteil. Im sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat wusste man sich sehr gut gegen andere Länder und nationale Gruppen („Fitschis“) abzugrenzen. In seiner modernen Ausprägung verkörpern in Deutschland Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht, in Frankreich Jean-Luc Mélenchon, Großbritannien Jeremy Corbyn diesen Bereich.

            Und niemand bestreitet, dass auch die Liberalen, in Deutschland besonders in den ersten Nachkriegsjahren, in anderen europäischen Demokratien in Formen des liberalen Populismus national konzipierte Ansätze in ihrem Politikangebot haben.

            Nur hat der Nationalsozialismus keine liberalen Elemente im Angebot, wie auch, das Individuum zählt ja nicht. Aber sehr wohl zahlreiche Positionen, die so dem Sozialismus immanent sind: Umverteilung bis hin zur gewaltsamen Wegnahme von Eigentum, Versorgung bestimmter Gruppen, die für förderungswürdig betrachtet werden, hohe Belastungen für Vermögende und Einkommensreiche.

            Zentrale Grundrechte wurden und werden von Nationalsozialisten wie Sozialisten bis in die Jetzt-Zeit immer wieder mit Füßen getreten: Versammlungsfreiheit, Religionsausübung, Familie und insbesondere Eigentum. Nur mit sozialistischem Denken kann man so umfangreichen Enteignungsphantasien frönen wie sie gerade von den linken Parteien in Berlin befördert wurden. Liberale stehen hier immer dagegen: in der Pandemie, der Einschränkung des Demonstrationsrechts, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem unbedingten Eigentumsschutz.

            Und zur Hufeisentheorie: Es ist kaum ein Zufall, dass auf dem Gebiet der ehemaligen DDR die AfD die Rolle der Ex-SED/PDS/heute LINKE übernommen hat. Wäre an dem Konstrukt nichts dran, wäre das so nicht möglich gewesen. In Griechenland regierte der Sozialist Tsipras problemlos mit Nationalisten, in Italien fanden zeitweise Populisten von Lega und 5-Sterne zusammen, in Frankreich übernahm 2017 Mélenchon problemlos Positionen und Thesen von Marine Le Pen. Wie geht das, wenn es keine ideologische Nähe gibt?

            • cimourdain 15. Februar 2022, 10:16

              Friedensangebot angenommen. Ihre Argumente hier sind bedenkens- und diskutierenswert. Es sind nur diese verkürzten Schlagwortdiskussionen („XY ist wie Nazi“), die mich unglaublich abstoßen. [Jüngstes Beispiel Amnesty International zu Israel. Selbst wenn manche der Vorwürfe im Bericht zutreffen würden, haben sie sich mit dem idiotischen ‚Apartheit‘ alles verbaut und ihrem Anliegen einen Bärendienst erwiesen. Rant Ende].
              Interessant ist aber auf der sehr abstrakten Ebene, dass wir beide im Gruppendenken die Ursache für ideologische Menschenfeindlichkeit sehen. Bei Ihnen ist es die Priorisierung der Gruppe gegenüber dem Individuum, bei mir die Abwertung Gruppenfremder.

              • Thorsten Haupts 15. Februar 2022, 11:36

                Ideologische Menschenfeindlichkeit geht nur mit Gruppendenken :-). Die einzige Ausnahme sind Misanthropen (die hassen alle Menschen) und ich selbst habe eine Neigung in die Richtung.

                Ich schätze Sie beide als interessante Diskutanten und freue mich deshalb wirklich, dass Sie zu einem zivilen Umgang gefunden haben.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

              • Stefan Pietsch 15. Februar 2022, 14:54

                froh! 🙂

      • Erwin Gabriel 22. Februar 2022, 13:00

        @ cimourdain 13. Februar 2022, 17:08

        – Am offenkundigsten ist natürlich der Antisozialismus. Der Feind meines Feindes… gegen die Arbeiterbewegung war dem liberalem Bürgertum jeder Verbündete recht, ob das die Freikorps waren, die Ordnungszelle oder die Faschisten.

        Da stimme ich zu, kann es aber als Argument nicht gelten lassen. Da das liberale Bürgertum NICHT Teil einer übergeordneten, internationalen sozialistischen Gesellschaft sein wollte, bekämpfte sie die. Wenn Du auf Freikorps abzielst – die waren ja wohl mehr monarchisch orientiert.

        Und ich kann auch (aus den damaligen Zeiten heraus betrachtet) als liberaler Bürger eine nationale Bewegung gut finden, die ‚Ordnung schafft‘. Das war – anders als man das für Sozialisten und Kommunisten annehmen konnte – anfangs nicht existenzbedrohend; man konnte bleiben, was man war.

        Die für mich große Parallele sind und bleiben aber die Personenkulte, denen sich alle zu unterwerfen hatten; Lenin, Stalin, Hitler, Mao, Pol Pot, Mussolini – die Führer hatten immer Recht. Ich habe in einer liberal orientierten Politik noch nichts Vergleichbares gesehen.

        • Stefan Sasse 22. Februar 2022, 14:26

          „Feind meines Feindes ist mein Freund“ ist eine Fehlwahrnehmung, vor der niemand immun ist, ob links, ob rechts, ob liberal.

    • cimourdain 13. Februar 2022, 17:51

      4a)i) Der FCB kann seinen Angestellten in den Diensträumen viel vorschreiben. Ob sie privatim ein 60-Shirt tragen, geht den Arbeitgeber einen Dreck an.
      4a)ii) Dies betrifft nicht das Strafgesetzbuch, sondern die Strafprozessordnung. Und wenn die Staatsanwaltschaft seit Bekannwerden der Untersuchung zum Missbrauch 2018 immer noch keinen Zugang zu den Archiven hat, dann liegt etwas im Argen.

      • Stefan Pietsch 13. Februar 2022, 18:14

        4a)i) Sagen Sie das mal den Bayern-Fans. Die hatten sogar etwas gegen Nagelsmann, weil der eine 60er-Vergangenheit hat. Gegen Manuel Neuer lief über mehr als ein Jahr ein extremes Mobbing („Koan Neuer“), weil er in seiner Jugend in der Schalker Kurve stand. Celtic Glasgow beschäftigt keine Protestanten, Atletico Bilbao keine Nicht-Basken. Okay, in dem einen Fall reden wir nicht von Arbeitgebern, im anderen von Vereinigungen außerhalb Deutschlands. Aber es zeigt, diese geduldeten und gewollten Diskriminierungen sind nicht so selten. Und ja, es sind schon zahlreiche Spieler wegen Fehlverhalten im Privaten entlassen worden, wo Sie sagen, es ginge den Arbeitgeber nichts an. So wurde der Profi Max Kruse vom Bundestrainer jahrelang geschnitten, weil sein privater Lebenswandel nicht mit den Prinzipien des DFBs im Einklang stand.

        4a)ii) Soweit Missbrauchsfälle unter dem Sakrament der Beichte bekannt wurden, entziehen sie sich der Offenlegung. Darüber hinaus wurden Fälle ab 1945 untersucht. Fast sämtliche Täter sind tot und / oder die Taten verjährt. Das ist der entscheidende Punkt, der in Medienberichten meist unerwähnt bleibt.

  • cimourdain 12. Februar 2022, 18:45

    8) Das Thema Vertrauen betrifft vor allem zum einen die Medien (darüber haben wir hier schon oft diskutiert), als auch die Politik. Damit letztere sich das Vertrauen zurückholen kann, gibt es in meinen Augen nur ein (demokratiekonformes) Mittel: Transparenz
    Nicht ohne Grund ist das von dir angeführte Beispiel Dänemark sei Jahrend führend im Korruptionswahrnehmungsindex. Also:
    – Legislativer Fußabdruck in Verbindung mit Lobbyregister
    – Absolute Transparenz bei Parteifinanzen. Eine Öffentlichkeit, die sich für Parteienfinanzierung interessiert
    – Dito für Abgeordneteneinkünfte und Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft.
    Natürlich muss die Politik dann immer noch so arbeiten, dass sie sich das Vertrauen auch verdient. Aber zumindest würden diese Punkte dem diffusen „Die da oben machen doch eh, was sie wollen“ entgegenwirken.

    • Stefan Sasse 12. Februar 2022, 20:08

      Als das Vertrauen in die Politik noch viel höher war, gab es auch wesentlich mehr Korruption. Das heißt nicht, dass das kausal ist, aber offensichtlich gibt es nicht mal ne Korrelation.

      • cimourdain 13. Februar 2022, 17:24

        Du vergleichst da unterschiedliche Situaltionen, seit damals gibt es zwei wichtige Veränderungen:
        – Durch das Internet hat eine größere Zahl von Menschen Zugang zu mehr Informationen, die Korruption wird also stärker wahrgenommen.
        – Das Versprechen, dass es der Bevölkerung immer besser geht, kann die Politik nicht mehr einhalten. Deshalb wird sie misstrauischer beäugt.

        • Stefan Sasse 13. Februar 2022, 19:08

          – Genau darauf will ich ja raus.
          – Hm, interessanter Punkt.

          • Thorsten Haupts 14. Februar 2022, 15:27

            Das Versprechen, dass es der Bevölkerung immer besser geht, kann die Politik nicht mehr einhalten. Deshalb wird sie misstrauischer beäugt.

            Das bezweifle ich energisch. Nur als Beispiele:

            – die Wohnstandards von heute sind um Grössenordnungen höher, als die von 1982
            – Frauen arbeiten fast genausoviel Vollzeit wie Männer und erreichen auch zunehmend die gleichen hierarchischen Standards (CEOs bisher ausgenommen, aber das ist auch bei Männern nur eine 1:1000 Chance)
            – in allen Lebensbereichen hat sich die Sicherheit (vor Unfall, Krankheit und Tod) noch einmal deutlich erhöht
            – unsere Lebenserwartung ist in den letzten 40 Jahren noch einmal um 7 bis 8 Jahre gestiegen
            etc.

            Dass es der Bevölkerung nicht mehr immer besser geht, ist ein unausrottbar hartnäckiger Mythos seit mindestens 30 Jahren (das könnte sich genau jetzt ändern). An dieser Märchenerzählung haben die Medien ebenso wie die Nostalgie alter Leute einen gewaltigen Anteil.

            Gruss,
            Thorsten Haupts

            • Stefan Sasse 14. Februar 2022, 16:55

              Ja, das sehe ich ähnlich. Allerdings: deine Aussagen sind im Aggregat richtig, müssten aber noch ergänzt werden: es gibt durchaus einige, denen es schlechter geht, nur verschwinden die halt im Durchschnitt.

    • Erwin Gabriel 13. Februar 2022, 17:13

      @ cimourdain 12. Februar 2022, 18:45

      8) Damit letztere sich das Vertrauen zurückholen kann, gibt es in meinen Augen nur ein (demokratiekonformes) Mittel: Transparenz
      Nicht ohne Grund ist das von dir angeführte Beispiel Dänemark sei Jahrend führend im Korruptionswahrnehmungsindex. Also:
      – Legislativer Fußabdruck in Verbindung mit Lobbyregister
      – Absolute Transparenz bei Parteifinanzen. Eine Öffentlichkeit, die sich für Parteienfinanzierung interessiert
      – Dito für Abgeordneteneinkünfte und Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft.

      Ich stimme zu. Solange die erwartungshaltung ist, dass man von allen verscheißert wird, bleibt es schwierig.

      • Stefan Sasse 13. Februar 2022, 19:07

        Kann mich da an einen Artikel erinnern, in dem ich gesagt habe, dass wir zu wenig erwarten 😉

  • Detlef Schulze 12. Februar 2022, 22:29

    3) „Am krassesten ist das bei diesen Spitzengehältern von dreistelligen Millionen im Jahr; die Vorstellung, dass jemand so viel bessere Arbeit leistet als andere ist einfach völlig lächerlich …“

    Solche Gehälter sind gaga, und warhscheinlich auch dem Betriebsklima nicht unbedingt zuträglich, kein Frage. Aber es geht ja nicht um „bessere Arbeit“ im Vergleich zu den Angestellten, sondern, dass die bessere Arbeit des Manager viel stärkere Auswirkungen hat. Wenn ein unterer Arbeiter 10% besser arbeitet, als seine 999 Kollegen hat das wirtschaftlich keinen grossen Einfluss auf die Unternehmensbilanz. Ein guter Firmenleiter kann aber 10% mehr Effektivität aus jedem der 1000 Angestellten herausholen, ist also so produktiv wie 100 zusätzliche Angestellte. Dann hat er sich zumindest einen Teil des Gehaltes dieser 100 fiktiven Angestellten verdient.

    6) bzgl. Whoopi Goldberg
    Die Dame hat weder den Holocaust im Speziellen, noch den Antisemitismus im Allgemeinen verharmlost. Sie hat lediglich gemeint, dass Antisemitismus kein Rassismus ist. Das ist erstmal eine semantische Frage, und dafür wurde sie tatsächlich von der Arbeit suspendiert. Gut, sie landet ohne Arbeit ja nicht gleich auf der Strasse, aber genau das ist diese unsägliche Cancel Culture. Im Übrigen denke ich ebenfalls, dass man zwischen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit unterscheiden sollte. Für die Betroffenen macht es wahrscheinlich wenig Unterschied, ob man auf Grund seines Aussehens, seiner Religion, oder seiner Herkunft diskriminiert wird. Für Massnahmen gegen diese Diskriminierung macht es wahrscheinlich schon einen Unterschied.

    11) Das siezen drückt für mich einen gewissen Respekt aus. Diskussionen im Internet haben das Problem, dass die Mimik und Gestik fehlt. Man kann auch Missverständnisse nicht so einfach ausräumem, wie im echten Leben. Wenn man jemanden siezt im Internet baut man auch eine kleine Hemmschwelle auf, den Gegenüber nicht zu beleidigen. Aber mir ist es wurscht wenn ich im Internet geduzt werde. Wo mich das duzen stört, ist bei Firmen, die mich als Kunden ansprechen. Das kommt völlig verlogen rüber. Ich kenne die Leute gar nicht und die machen einen auf Buddy-Buddy. Das erinnert stark an einige ganz entfernte Bekannten, die einem Finanzprodukte aufschwatzen wollen („… du bist doch nicht doof. Du lässt doch das Geld nicht einfach auf der Sparkasse verfallen …“)

    • Stefan Sasse 13. Februar 2022, 11:45

      6) Ich habe auch nie gesagt, dass sie den Holocaust oder Antisemitismus verharmlost hätte. Ich weiß nicht, wie du auf die Idee kommst. Aber es ist ein schönes Beispiel, wie diese Hysterie über CC und CRT ständig entstehen. Man glaubt, dass die Gegenseite irgendeine überdrehte Fantasieversion sagt, und dann plustert man sich groß dagegen auf.

      11) Der entscheidende Teil des Satzes ist „für dich“. Ich habe das Fundstück nicht aufgenommen, um euch allen zu sagen „duzt gefälligst!“, sondern weil es schön erklärt, was MEINE Haltung ist, und diese klarmacht. Das vermeidet Missverständnisse. Nicht mehr, nicht weniger.

      • Detlef Schulze 13. Februar 2022, 16:01

        „Ich habe auch nie gesagt, dass sie den Holocaust oder Antisemitismus verharmlost hätte. Ich weiß nicht, wie du auf die Idee kommst. “

        Nein, haben Sie nicht. Das habe ich auch nicht gemeint. Ich wollte sagen, dass ihre sofortige Suspendierung vielleicht gerechtfertigt wäre, wenn sie Antisemitismus verharmlost hätte. Sie hat aber nichts dergleichen gesagt und daher finde ich die Reaktion von den Produzenten völlig überzogen.

        • Stefan Sasse 13. Februar 2022, 19:06

          Suspendierung von was? Und welche Reaktion? Sie hat sich entschuldigt, und das war’s doch dann auch. Für mich ist das eher ein Beispiel, wie das laufen sollte. Sie hat dazugelernt, die Öffentlichkeit hoffentlich auch ein bisschen, no harm done.

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