Der Einfluss der Industrialisierung auf die klimatische Weltlage ist für die westlichen Gesellschaften ein sehr junges politisches Thema. Als Anfang der Neunzigerjahre die Verhandlungen über ein globales Klimaschutzabkommen begannen, hatten selbst die Grünen das Thema nicht auf ihrer Agenda. Noch im Wahlprogramm 1994 spielte Ökologie eine sehr untergeordnete Rolle, andere Themen wie Sozialpolitik und Feminismus erschienen wichtiger. Das Bundesumweltministerium werkelte an einem Konzept, in dem eine CO2-Steuer für einzelne Wirtschaftsbereiche eingeführt werden sollte, also ungefähr der Stand, den die Grünen 2021 erreichten. Klimaschutzpolitik ist sehr langwierig, sie hat weitreichende Auswirkungen auf Wirtschaftsstrukturen und gesellschaftliches Verhalten. Positionswechsel nach politischer Opportunität sind Gift für die eigentlichen Ziele.
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Als Armin Laschet im Angesicht der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal erklärte, ein einziges Ereignis sei kein Grund, die Klimapolitik zu verändern, sondern sie wie geplant beizubehalten, schäumten die Klimaaktivisten. Annalena Baerbock, die grüne Kanzlerkandidatin, vereinnahmte mit zeitlichem Abstand das Hochwasser für das Konto ihrer Partei. In der Interpretation der Parteivorsitzenden seien die Überschwemmungen Beleg für den Klimawandel auch in Deutschland.
Die Akzeptanz des Klimawandels als ein im wesentlichen menschengemachten Problem wird außerhalb der AfD von keiner Partei bestritten. Die im Klimaabkommen von Paris vereinbarten Ziele gelten verbindlich für die Europäische Union, die an dieser Stelle Vertragspartner der UN ist. Die EU legt damit die Reduktionsziele der Gemeinschaft bis zum Jahr 2050 fest. Die Staaten sind frei, eigene Selbstverpflichtungen einzugehen.
Klimaschutz ist abseits dessen die Domäne der EU. Gut 80% der Treibhausemissionen betreffen den Sektor Energie, den Brüssel mit dem europäischen Emissions Trading System (ETS), einem Handelssystem für CO2-Zertifikate, regelt. Der ebenfalls in diesen Bereich fallende Verkehr wird von Brüssel durch Grenzwertvorgaben für die Automobilindustrie gesteuert. Die restlichen knapp 20% verteilen sich auf industrielle Prozesse, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. Mit anderen Worten, die deutsche Politik will einen Bereich regulieren, der bereits von der supranationalen Ebene EU reguliert wird.
Überdeutlich wird das beim Ausstiegsabkommen für die Kohleindustrie. Bis 2038 sollen alle Kohlemeiler in Deutschland vom Netz genommen sein, wodurch Zusatzkosten von bis zu 70 Milliarden Euro entstehen. Nach dem Willen der Grünen soll der Ausstieg sogar auf 2030 vorgezogen werden. Die politischen Parteien suggerieren dabei, dass durch den Verzicht auf die Kohleverstromung weniger Emissionen in der EU anfielen.
Tatsächlich zählt der Kohlekompromiss zu den vielen deutschen Torheiten in der Klimapolitik. Durch die vom Gesetzgeber verfügte Abschaltung der Kraftwerke werden nach Schätzungen über 500 Millionen Zertifikate im ETS frei. Diese werden nach geltender Rechtslage umverteilt, andere Unternehmen können diese ersteigern. So entgehen dem Staatshaushalt pro Handelszyklus Einnahmen in Milliardenhöhe. Bei der angenommenen Höhe und einem aktuellen Preis von 50 Euro belaufen sich die Verluste für die Staatskasse auf vorsichtig geschätzt 25 Milliarden Euro. Im Gegenzug werden polnischen und tschechischen Kraftwerksbetreibern die schmutzige Stromerzeugung erleichtert.
Die nationalen Anstrengungen hätten nur dann Auswirkungen auf das Einsparvolumen in Europa, wenn die auf deutsche Kohlekraftwerke entfallene Zertifikate stillgelegt würden. Berlin müsste in Brüssel einen entsprechenden Antrag stellen, der anschließend ggf. mit Mehrheitsbeschluss der europäischen Partner verabschiedet werden müsste. Mehr Nationalismus lässt sich nicht demonstrieren.
Es erstaunt aus umweltökonomischer Sicht, warum die Klimapolitik in Deutschland so einen breiten Raum einnimmt. Der Einfluss Berlins auf die Reduzierung von Treibhausemissionen ist vergleichsweise gering. Entsprechend wird mit viel Geld und Verteuerungen für die Bürger Symbolpolitik betrieben. Zwei Spielfelder sind dabei ausgemacht.
Der Primärenergiebedarf soll allein durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Auf Seiten der linken Parteien soll dafür der Staat den Ausbau administrieren. Er vergibt Fördergelder, er erteilt Auflagen (z.B. für Solarpanels auf Hausdächern), er investiert selbst, er entschädigt durch Strukturhilfen. Bei Union und FDP wird das abgestuft völlig anders gesehen. Bei den Liberalen setzt man auf die Ausweitung des Emissionshandels auf sämtliche Sektoren und internationale Kooperation. Von der Deckung des Primärenergiebedarfs allein durch nationale Erzeugung, wie von den Grünen beabsichtigt, hält man im Lager Christian Lindners gar nichts.
Der hohe Anteil der individuellen Mobilität soll nach den Wünschen der Grünen deutlich reduziert werden. An die Stelle automobiler Fahrzeuge soll der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs treten. Busse und Bahnen sollen einen wesentlichen Teil des Verkehrsaufkommens auffangen. Dazu wollen sie Bahnstrecken ausbauen, wobei die heutigen fundamentalen Probleme bei den Planfeststellungsverfahren und langwierigen rechtlichen Genehmigungen in den Programmen von SPD und Grünen nicht vorkommen. Nach öffentlichen Äußerungen von Baerbock soll im rechtlichen Bereich nicht reformiert werden, das Verbandsklagerecht bleibt unangetastet.
Liberale und Union, die anders als die Grünen ihre Wähler vor allem in der Fläche finden, stehen für die Beibehaltung des Individualverkehrs. Anders als insbesondere die Grünen, die einseitig auf E-Antriebe setzen, zeigen sich die Liberalen technologieoffen. Zum Erhalt des PKWs als zentrales Fortbewegungsmittel bleibt Raum für alternative Antriebsformen wie Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe. Das linke Lager möchte sich dagegen technologisch festlegen, die marode und streikanfällige Bahn sowie das Lastenfahrrad dienen als Ersatzvehikel.
Die Unterschiede zwischen Rechts und Links sind damit maximal groß. Grüne und Sozialdemokraten – die Linkspartei ohnehin – setzen zur Bekämpfung des Klimawandels weitgehend auf den Staat als großen Designer. Unternehmen und Bürger unterstützen, aber sie gestalten nicht. Sie sind im Bild der linken Parteien abhängig von Vorgaben der Behörden und Antragsteller für Zuschüsse, Subventionen und Berichterstatter über korrektes Vorgehen.
Autarkie und Reglementierung stehen gegen Internationalität und Glauben an die Innovationskraft der Gesellschaft. Die Grünen als Vorreiter schaffen da neue Ansätze. Schon Robert Habeck formulierte beim Wahlparteitag im Juni, Freiheit brauche Verbote und nahm damit das Wort vom Index. Seitdem darf bei der selbsternannten Klimaschutzpartei wieder über Verbote sinniert werden. Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock setzte im Bundestag dazu die Punkte und coverte dabei den Arzt und Kabarettisten Eckart von Hirschhausen:
“Und die Klimakrise regelt kein Markt, weil dem Markt sind die Menschen herzlich egal.
Christian Lindner konnte angesichts solcher Auswüchse nur die Hand vor den Kopf schlagen. Vor den Augen der Nation ging an der Stelle eine Beziehung zu Bruch, die eigentlich erst im Spätherbst beginnen sollte. Tage später legte Baerbock im TV-Triell nach:
“Jedes Verbot ist auch ein Innovationstreiber.
Die linke und die rechte Seite des politischen Spektrums haben völlig gegensätzliche Vorstellungen, wie Politik unter dem Zeichen der Klimakrise zu gestalten ist. Grüne, SPD und die Linkspartei schon gar nicht lehnen den Markt als Regulativ ab. Erfindungsreichtum, Innovationen sind Nice to have, mit ihnen planen sollte die Politik nicht, zu unberechenbar. Unternehmen und Bürger benötigen Vorgaben, damit sie sich innerhalb der vorgezeichneten Linien zu einer klimaneutralen Gesellschaft entwickeln. Für die Freiheitsgläubigkeit der Liberalen und Konservativen bleibt da nur Spott.
Für die rechte Seite ist der CO2-Handel zentral. Die Union könnte sich auch eine Steuer vorstellen, die allerdings nicht ins System passt. Der Markt wird es regeln, auf die einfache Formel lässt sich die Position von Schwarz-Gelb bringen. Hier ist der Staat nicht der bessere Unternehmer, nicht derjenige, der noch zur Tränke getrieben werden muss. Was aus umweltökonomischer Sicht der bessere, weil erfolgreichere Weg ist, wurde hier hinlänglich debattiert.
Wer den Positionen von Rot-Grün zuneigt, lässt für Alternativen wenig Raum. Unter dem Druck von Klimaaktivisten muss Deutschland seinen Primärenergiebedarf vollständig auf Eigenerzeugung umstellen. Sich auf internationale Zusammenarbeit zu verlassen, hieße in dieser Welt, eigene Probleme auszulagern.
Die Grünen waren schon mal woanders. 2002 schrieben sie in ihrem Wahlprogramm:
“Umweltfreundliche Technologien, die unser Klima schonen, werden dringend benötigt. (..)
Für die nächste Verpflichtung des Kyoto-Protokolls sind deutliche Minderungen der klimaschädlichen Emissionen nötig. Wir werden uns dafür ein setzen, dass besonders die Industriestaaten, aber auch die Schwellenländer ihren Beitrag dazu leisten. Deutschland und die Europäische Union müssen mit dem guten Beispiel einer anspruchsvollen Zielsetzung und wirksamer Instrumente vorangehen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die zügige Einführung des Emissionshandels.
Sie haben die Wahl. Strenge Regulierung versus der Überzeugung in Innovationen.
Hallo Stefan,
In Grenzen kann ich zustimmen – zumindest soweit, dass Frau Baerbock gerade alle potentiellen Koalitionspartner vor den Kopf stößt.
Ansonsten halte auch ich die Überschwemmungen im Ahrtal – nicht das Stattfinden, aber die brutale Stärke – durch den Klimawandel beeinflusst. Ich habe das Umweltthema das erste mal in den 70ern kennengelernt (Club of Rome“), und nachdem mehrere Vorhersagen nicht eintrafen, als irrelevant aus den Augen verloren. Als ich mich wieder damit beschäftigte, wurde mir sehr schnell klar, dass meine Enkel und Urenkel eine harte Zeit kriegen werden. Ich sehe nun, dass ich selbst noch die Folgen mitbekomme, und habe Kinder, die darunter leiden werden. nicht unbedingt unter einem Hochwasser, eher unter Dürren, die wir hier kriegen, oder Wanderbewegungen aus Afrika, die hier landen werden. Für mich hat das Thema oberste Priorität.
Und selbst wenn die EU regelt (wie immer zu wenig und zu langsam, da steht sie unserer Kanzlerin nicht nach), muss man auch hier vor Ort Lösungen finden – wirklich rasche, wirklich schnelle, wirklich wirksame Lösungen.
Dass Deutschland sich nicht strapsen braucht, weil es ja nur 6 % des weltweiten CO2-Ausstosses produziert, ist für mich genauso wenig ein Argument wie das von China oder Indien, dass ihre Bevölkerung ja pro Kopf nur einen Bruchteil von Amerikanern oder Deutschen an CO2 produzieren.
Sie haben die Wahl. Strenge Regulierung versus der Überzeugung in Innovationen.
Ganz klar: Beides!
Baerbock hat Recht, wenn sie sagt, dass Regulierungen auch Innovationstreiber sind – wenn sie nicht nur Verbote, sondern auch Förderungen einschließt! Und Lindner hat Recht, dass die Wirtschaft ohne zu viel Einfluss von außen sehr kreativ und innovativ sein kann – wenn sie davon profitiert!
Leider ist das „Umfeld Deutschland“ für Innovationen sehr schlecht aufgestellt, was kaum einer mitkriegt. Im heutigen „Morning Briefing“ ist zu zu lesen:
Entweder die deutsche Volkswirtschaft schafft den Sprung von der traditionellen Industriegesellschaft in die Moderne – oder die Zukunft findet ohne uns statt. Die Merkel-Bilanz nach 16 Jahren vorsätzlicher Schläfrigkeit fällt in dieser Angelegenheit trostlos aus: Deutschland ist vom industriellen Führer zum digitalen Follower abgestiegen.
…
Dass viele diesen Abstieg nicht sehen und nicht spüren, liegt daran, dass wir in den Städten und Firmenzentralen, aber auch in unserem Privatleben, umgeben sind von den Vermögenswerten einer anderen, einer untergegangenen Zeit.
Ich habe die Erfahrung gemacht (Du ja wohl auch, Du bist ja auch rumgekommen), dass man den wahren Zustand Deutschlands besser erkennt, wenn man sich nicht dort aufhält. Ob übermäßige Bürokratisierung, Faxe statt Mails, altmodische Infrastruktur und einer ausgeprägten Ideenlosigkeit in Richtung Zukunft (Einäugiger unter den Blinden: die FDP) – wir sind nicht gut vorbereitet und ausgerüstet, um Krisen wir Corona oder gar dem Klimawandel entgegenzutreten.
Und dem Satz „Merkel in lustig und Raute in Rot ist kein Versprechen, sondern eher eine Drohung“, ebenfalls aus dem heutigen „Morning Briefing“, ist nichts hinzuzufügen.
Komplette Zustimmung.
Merkel ist humorvoll.
Das Hochwasser wurde durch ein wochenlanges Tief verursacht, das die Wolken einklemmte. Solche Lagen sorgen für stabiles Wetter, wie wir es die vergangenen Jahre häufiger genießen konnten. War das Wetter noch in den Nullerjahren sehr unstet, hatten wir in den Zehnerjahren häufig Sommer mit längerer Abfolge von Sonnentagen. Dies ist gerade für das Wohlbefinden der Menschen ein großer Vorteil – und rettet auch Menschenleben. Denn in tristen Zeiten werden mehr Selbstmorde begangen.
Eine solch stabiles Tief gab es immer. Sie sind später ursächlich für starke Regenergüsse. Die Stabilisierung der Wetterlagen gerade in Mitteleuropa – in Südeuropa war das praktisch schon immer so – ist in der Häufung eine Auswirkung des Klimawandels. Nur eben lässt sich das Juli-Hochwasser nicht explizit darauf zurückführen, von daher erzählen die Grünen Unsinn.
Es gibt mehr Hitzetote, ja. Aber Kälte fordert weit mehr Tote. Erwärmt sich das Klima, so werden per Saldo mehr Menschen geschützt. Der Klimawandel wirkt sich hier positiv aus.
Nochmal: Allein in den USA 9.000 Hitzetote gegen 144.000 Kältetote. Preisfrage: Welche Gruppe ist größer? Google-Suche ist da schwer, die meisten Links thematisieren allein den Anstieg von Hitzetoten infolge des Klimawandels.
Deutschlands Anteil an den globalen Emissionen liegt bei 1,7%, Tendenz fallend. Du hast eine mehr als dreifach so hohe Zahl im Kopf, überzeichnest bei Deiner Meinungsbildung das Problem. Dazu ist Deutschland aufgrund seines technologischen Vorsprungs enorm energieeffizient. Die deutschen Verhältnisse zugrunde gelegt, könnten knapp 9 Milliarden Tonnen CO2 eingespart werden, von 46 Milliarden Tonnen. Das ist zehnmal so viel wie Deutschland überhaupt emittiert. Kann der deutsche Beitrag zum Schutz des Klimas also eher darin liegen, unser Know-how zu exportieren oder unabhängig von anderen Ländern auf Null zu kommen? Der Ökonom weiß die Antwort.
Tesla, Amazon, Google und Apple sind also wegen der strengen Verbote in den USA entstanden? Interessante Sichtweise. Europa hat seit Generationen (!) kein Unternehmen von Weltgeltung mehr hervorgebracht, offensichtlich haben wir zu wenig Verbote. Mann, Mann, Mann, Baerbock ist schon eine ökonomische Ahnungslose, aber da ist sie nicht allein.
Deutschland erstickt in Bürokratie. Selbst in einer Notlage wie der Corona-Pandemie schaffte es der Staat nicht, schnell und unbürokratisch Hilfen zukommen zu lassen. Antragsteller mussten Monate – in Quartalen und Halbjahren gerechnet – auf Genehmigung und Auszahlung warten. Wenn wir nichtmal in Krisen schnell handeln können – wann überhaupt? Dazu hat der Staat auch in den letzten 4 Jahren bei den Berichtspflichten von Bürgern und Unternehmen wieder ordentlich draufgesattelt. Es ist fast unmöglich, den Dschungel zu lichten, weil die Normen so verflochten sind. Am besten wäre ein Moratorium, so lange keine neuen Vorschriften, bis wir in der Lage sind, Auflagen auch wieder abzuschaffen.
@ Stefan Pietsch 17. September 2021, 19:12
Merkel ist humorvoll.
Humorvoll und lustig sind nicht das Gleiche
Das Hochwasser wurde durch ein wochenlanges Tief verursacht, das die Wolken einklemmte.
…
Das Unwetter wurde durch ein Tief verursacht, wie wir schon viele hatten. Normalerweise ziehen die durch Deutschland, und gut ist. Dieses Tief wurde von zwei Hochdrucklagen eingekeilt, und solche Situationen gibt es erst in den letzten Jahren häufiger.
Deutschlands Anteil an den globalen Emissionen liegt bei 1,7%, Tendenz fallend.
Stimmt, Du hast Recht, da lag ich falsch. Habe ich mit Platz 6 der größten CO2-Erzeugerländer durcheinandergebracht. Ändert nichts an meiner Argumentation.
Wenn ich reduzieren will, finde ich einen Grund. Wenn ich nicht reduzieren will, finde ich eine Ausrede. Für beides gibt es Argumente, aber eine Richtung ist hilfreich, die andere schädlich.
Tesla, Amazon, Google und Apple sind also wegen der strengen Verbote in den USA entstanden?
Dreh mir doch das Wort im Mund nicht um, so etwas habe ich nie behauptet. Dass Tesla, Google, Amazon in den USA entstanden sind und nicht hier, liegt weniger an strengen Verboten hierzulande (wenn überhaupt, an unserer überbordenden Bürokratie), und mehr am entspannten Umgang mit Investitionsbereitschaft in Start-ups.
Baerbock ist schon eine ökonomische Ahnungslose, aber da ist sie nicht allein.
Nein, mit Helmut Kohl, Angela Merkel und Armin Laschet in guter Gesellschaft.
Deutschland erstickt in Bürokratie.
…
Keine Frage, volle Zustimmung.
Ändert nichts an meiner Argumentation.
Hängt an Deinem subjektiven Empfinden. Objektiv war es eine Überzeichnung, wenn es jedoch einfach ein Versehen war und Du die Relationen für Dich im Kopf hast, dann stimmt es.
Deutschland reduziert seine Emissionen. So wie die Europäische Union und Nordamerika. Alle anderen haben eine wachsende Tendenz. Das ist fatal, denn die „Sparer“ können das Wachstum der anderen nicht genügend kompensieren. Was ist Deine Lösung?
In der gesamten (!!!) EU ist seit SAP kein Unternehmen von Weltgeltung mehr entstanden. Kein.Einziges. In 50 Jahren. Der Grund kann kaum in einer etwas fehlenden Start-up-Mentalität liegen. Was eint Europa? Hohes Maß an Regulierung, starke Industriepolitik, hohes Steuer- und Abgabeniveau, hoher Grad an Umverteilung und Sozialleistungen. Eventuell wird hier der Grund dafür liegen, dass Europa jegliche Dynamik fehlt.
Kohl hat eine in 50 Jahren beispiellose Steuerreform zustandegebracht. Laschet hat in seinem Bundesland in vier Jahren eine bessere Wirtschafts- und Finanzbilanz geschafft als die Vorgängerregierungen in 30 Jahren. Solche Ahnungslosigkeit gefällt mir.
Die Abgas-Vorgaben der EU waren auch technologie-offen – das Ergebnis ist bekannt. Wer es vergessen hat: Der Prozess hat begonnen.
Wie will man verhindern, dass die Kreativität bei den globalen Vorgaben des Zertifikate-Handels nicht auch illegale Wege geht?
In einem Punkt stimme ich Ihnen zu: Der Eifer und der Glaube deutscher Klimaschützer, durch extreme Maßnahmen hier die Welt retten zu können, ist verstörend. Gestern im TV: In Sichtweite eines stillgelegten Kohlekraftwerks in Brandenburg (?) wird jenseits der Grenze ein wesentlich größeres ausgebaut – mit längerer Laufzeit. Ähnlich in Tschechien.
@ Erwin Gabriel
Die Sorge um unsere Kinder und Enkel teile ich. Wir müssen etwas tun. Staatliche Regulierung und Innovationen sind kein Gegensatz. Der blinde Glaube, der Markt werde es schon richten, ist genau so falsch wie der Aktionismus, den man beobachten kann. Die richtige Mischung müssen wir noch finden.
Welchem Ziel dienten die Abgasvorgaben? Wie viel CO2 soll dadurch eingespart werden? Die Antwort auf diese elementaren Fragen ist: es gibt keine. Es ist unmöglich das einigermaßen exakt vorherzusagen. Die EU-Regulierungen hatten zwei Effekte: Emissionsarme Kleinst-Wagen wie der FIAT 500 verschwinden ersatzlos vom Markt, weil sich bei ihnen als erstes sparsame Technologien nicht lohnen. Und: BEVs (Battery Electric Vehicle), aber vor allem Hybrid-Fahrzeuge breiten sich aus, unabhängig von der CO2-Bilanz. Dagegen können die immer strengeren Vorgaben nicht den Boom von schweren SUVs verhindern.
Entsprechend ist die Öko-Erfolgsbilanz von 20 Jahren EU-Abgasnormen überschaubar: EU-weite CO2–Emissionen seit 1990 um 24 % gestiegen
Nochmal zurück zu den Eingangsfragen: Wieviel CO2 sollten die Abgasregulierungen einsparen?
Betrug
Betrug gibt es überall dort, wo Geld und Menschen im Spiel sind. Lemmy Caution konnte mir auch nicht die Frage beantworten, inwieweit Subventionen und Verbote zu weniger Betrugsversuchen führen. Als Experte für Prüfungen und Kontrollen kann ich eins sagen: Je komplexer das System, desto betrugsanfälliger. Je einfacher, desto schwerer für Betrüger.
Als Wirtschaftsprüfer habe ich gesehen, wie hemmungslos und ohne Rücksicht auf die Erfüllung der Zielkriterien Unternehmen Subventionen und Zuschüsse beantragt und genehmigt bekommen haben. Einer der Gründe, warum ich seit Jahrzehnten Subventionen und Investitionszuschüsse politisch bekämpfe. Und wer glaubt, ein Unternehmen, das zu Unrecht Zuschüsse erhalten hat, müsste diese zurückzahlen, wenn Arbeitsplätze dadurch bedroht werden? Nie erlebt.
Ja, auch beim ETS gibt es Betrug. Ja, auch beim ETS haben Mitgliedstaaten (GB, Rumänien) versucht, einzelne Unternehmen rauszupauken, weil sonst die Insolvenz drohte. Das lässt sich mit keinem System der Welt verhindern. Aber: Es ist schwerer, einen 50seitigen Zuschussantrag mit Verweis auf 20 Gesetzesquellen zu prüfen und zu kontrollieren, als den Ausstoss des jährlichen CO2 und den Abzählappell für die notwendigen Zertifikate.
Ich bin der Überzeugung, dass das Klima Thema ja eigentlich ein Strohmann ist für das Thema Systemwechsel. Eine auf ständiges Wachstum und eine alle Lebensbereiche durchzuziehende wirtschaftliche Fokussierung beißt sich eben mit dem Thema Ressourcenschonung und Klimaschutz. Unter dem Banner „mehr Klimaschutz wagen“ sollen nach Vorstellung einiger Aktivisten ganze Lebensgewohnheiten und kulturell geprägte Verhaltensweisen im Turbogang verändert werden. Der Weg zu Widerstand und Polarisierung ist vorgezeichnet. Der Ruf nach Verboten ist vielfach ein arroganter Versuch sich mit den Herausforderungen vor denen viele Menschen stehen nicht auseinandersetzen zu müssen, bzw. die schmerzlichen Diskussionen um Prioritätensetzung nicht zu führen.
Regulierung entfaltet eben nur dann seine Wirkung, wenn Sie das gewünschte Verhalten mehr fördert, als ungewünschtes Verhalten sanktioniert und die Wirksamkeit sichtbar wird. Das vermisse ich aktuell im Wahlkampf in den Erzählungen der Parteien beim Thema Klimaschutz.
Man spricht über Windkraftsausbau hier, über Lastenfahrräder, über Pflicht für Photovoltaik auf Dächern. Was aber ist das übergeordnete Ziel (abgesehen von der Abstraktheit von 1,5 Grad)?
Die Herausforderung sind doch ganz andere? Wir brauchen ein völlig neues Verständnis von Individualmobilität, von Wohnen und Ressourcennutzung. Insbesondere müssen die ideologischen Scheuklappen weg, die vielfach einer Lösung von rechts, oder auch links im Wege stehen. Sklavisches Feshalten an der schwarzen Null, wird angesichts der infrastrukturellen Herausforderungen ebenso wenig zu erreichen sein, wie ein (preisgetriebenes) Autofahrverbot, durch immer höher werdende Preise für Kraftstoff.
Kning4711 17. September 2021, 14:12
Sklavisches Feshalten an der schwarzen Null, wird angesichts der infrastrukturellen Herausforderungen ebenso wenig zu erreichen sein, …
Ich habe immer wieder Bauchweh an der Stelle.
Will man die „schwarze Null“ in Frage stellen, muss man auch in die Gegenrichtung denken. Wo steht geschrieben, dass der Staat alles Geld ausgeben muss, was er verdient?
Wir hatten in den Vor-Corona-Jahren extrem hohe Steuereinnahmen. Was hat man gemacht, die Ausgaben so erhöht, dass vom Speck nichts übrig blieb. Um dieses hohe Niveau auch in einer Krise zu halten, wenn der Bedarf steigt und die Einnahmen sinken, sollen Schulden her.
So funktioniert das auf Dauer nicht.
Wenn man Schulden aufnehmen möchte, um Bedafrspitzen in Norfällen zu bewältigen, muss man, wenn die Steuereinnahmen sprudeln, diese Schulden wieder herunterfahren.
Dann bin ich dabei
Wer fordert denn Geld auszugeben, dass ausgegeben ist? Es geht ja um die Finanzierung konkreter maßnahmen, vor allem dem Kampf gegen die Klimakrise.
Kning4711 17. September 2021, 14:12
Vergessen: Ansonsten volle Zustimmung!
Sie haben die Wahl. Strenge Regulierung versus der Überzeugung in Innovationen.
Was mir unklar bleibt: Warum nicht beides? Ich sehe nicht, wo sich das ausschließt.
Anscheinend unklar formuliert. Natürlich braucht ein Markt Regulierung. Worum es mir mit dem Schlussstatement ging: Rechts und Links haben völlig konträre Politikvorstellungen beim Klimaschutz. Die einen setzen (fast) ausschließlich auf marktwirtschaftliche Instrument, die anderen (fast) auschließlich auf Ordnungsrecht und Investitionslenkung.
In den Artikeln formuliere ich so neutral wie möglich. Ich will keine Meinung machen, sondern die Alternativen zeigen. Entscheiden muss dann jeder selber, was ihm mehr behagt und mehr überzeugt.
Bin ich grundsätzlich bei dir, ich argumentiere ja seit Längerem für die Synthese, daher auch meine Hoffnung auf Ampel.
Da kannst Du (können wir uns) jetzt sogar auf den CEO von VW berufen. Diess: Die Klimakrise kann nicht allein von der Marktwirtschaft gelöst werden. (Quelle: podcast politikum/wdr vom 22.09.21)
Diess leitet ein vom Staat und Betriebsrat beherrschtes Unternehmen. Wieso geht so jemand jetzt als großer Liberaler und Mann mit der Glaskugel durch?
Neben dem politischen Diskurs, ob man lieber energiepolitisch unabhängig bleibt/wird und den benötigten Strom selbst erzeugt und ob das über den Markt oder Verbote geschieht vermisse ich die Diskussion über konkrete Konzepte.
Ohne die wird es weder mit Markt noch mit Verboten funktionieren. Alle mir bekannten Konzepte sind alles andere als schmerzfrei. Wer z.B. ohne Atomkraft auskommen will, wird den Bürgern sagen müssen, dass 1,8km Abstand von Windrädern zu Siedlungen (5 Häuser) nicht mit einer Energiewende harmoniert die auf Wind und Sonne setzt. OffShore Windparks hinter dem Horizont zu bauen im übrigen auch nicht. Das Thema Energiespeicher wird als ‚irgendwie mit Wassertstoff‘ angepriesen. Das ist schwierig. Dunkelflauten im Herbst und Winter (kein Wind und keine Sonne) sind in jedem Jahr gang und gäbe. Mann müßte also genug Energie für ganz Europa speichern. Den wie gesagt diese Dunkelflauten sind Grosswetterlagen, die Wind in ganz Europa für ein bis 2 Wochen knapp machen. Um dass über das Ausland zu regeln müßte man schon Wasserstoff aus Nordafrika oder sonstwo importieren.
Wie will man die dafür benötigte Menge Wasserstoff speichern und wie daraus wieder Strom machen, in diesem großen Massstab? Das läuft auf Methanisierung des Wasserstoffes und Gaskraftwerke hinaus. Wollen wir dieses Konzept? Rechnet mal aus wieviele Gaskraftwerke wir dann bis 2050 nur in Deutschland benötigen! Bei der Rechnung bitte berücksichtigen, dass der Strombedarf durch die Elektrifizierung aller Bereich massiv zunehmen wird.
Das Problem der Regelung dieses Prozesses rein über den Markt dürfte scheitern. Denn der Kohle wurde eine Garantie bis 2038 (glaube ich) gegeben. Damit dürfte der massive Aussbau von Gaskraftwerken aus marktwirtschaftlicher Sicht sehr lange unrentabel bleiben. Gleiches gilt für den Speicherausbau.
Wir brauchen ein verbindliches Konzept und die einzelnen Ausbaustufen müssen über Ausschreibungen nach marktwirtschaftlichen Prinzipien erfolgen. Die reine Regelung über den Markt dauert wahrscheinlich zu lange. Für Energieerzeuger können „kurze“ BlackOuts nämlich unter dem Strich wesentlich günstiger sein, als unwirtschaftliche Projekte über Jahre voranzutreiben. So wie beim Naturschutz die Kosten der Umweltzerstörung sich nicht negativ in den Bilanzen wiederspiegeln so schlagen sich auch die Kosten der Black Outs nicht negativ in den Bilanzen der Energieerzeuger nieder. Da ändert auch der CO2 Deckel der FDP nichts dran. Der kann auch kostengünstig für Energieerzeuger eingehalten werden, indem z.B. 2 Wochen gar kein Strom produziert wird, auch nicht aus Wasserstoff.
Deutschland diskutiert die Energiewende auf dem gleichen unterirdischen Niveau wie den Umgang mit Corona, den Flüchtlingen und der Euro- und Europakrise, ohne Berücksichtigung von ungeliebten Fakten und Daten der Kosten und vor allem ohne jeglichen konkreten Lösungsansatz.
Kurzfristige Hauruck Aktionen die im Desaster enden, können wir uns beim Euro und Corona vielleicht noch leisten, bei der Energiewende aber ganz sicher nicht.
Gruß Jens
Du bist auch beim Great Plan.
Es geht ja nicht allein um die Kohlekraftwerke in Deutschland. Die sind wesentlich sauberer als die in Polen und Tschechien. Der Deckel des ETS, der ja jährlich abgesenkt wird, erhöht den Kostendruck und vermindert die Opportunitätskosten. Sinnvoll ist aus umweltökonomischer Sicht, als erstes die polnischen Meiler vom Netz zu nehmen. Oder wollen wir tatsächlich, das die schmutzigeren Kraftwerke länger laufen als die sauberen?
Du behauptest, die Energieerzeuger könnten die benötigte Menge an Zertifikaten ja auch dadurch absenken, in dem sie einen zeitweisen Blackout herbeiführen. Really? Kleiner Tipp: Schau‘ mal, an wen Deutschland grenzt. Aus Dänemark und den Niederlanden kann Windkraft importiert werden, aus Frankreich, Tschechien und der Schweiz Atomenergie. Und wenn gar nichts mehr hilft, hilft der Ausbau der Gaskraftwerke. Ich habe gehört, Deutschland hätte da jetzt eine Pipeline, die das Land zuverlässig aus … irgendsoeinem Land versorgt.