Ein Beitrag von Erwin Gabriel
„Herausgepickt“ stellt, wie „Vermischtes“ von Stefan Sasse, eine Ansammlung von Nachrichten und Themen dar, die mich persönlich bewegen. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. So fleißig wie der Hausherr werde ich aber nicht sein.
Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist – neben der vorherigen Lektüre des verlinkten Artikels – auch mein politischer Standpunkt (konservativ/rechts der Mitte) hilfreich. Auch ich fasse die Quelltexte nicht zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte gebt bei Euren Antworten die entsprechende Nummerierung mit an, um mir und den anderen die Zuordnung zu erleichtern.
Vielen Dank an Stefan Sasse für die Einladung, und vielen Dank auch an Stefan Pietsch für die Unterstützung.
1) 5 years of the refugee crisis: did Merkel ‘manage’?
But to portray Merkel as the winner of a ‘refugee gamble’ is misleading. Firstly, because the successes are not Merkel’s. It was the people working at the coalface in regional and local governments, schools, hospitals, police stations and social institutions who were left to maintain a measure of control. Even the much-maligned LaGeSo staff had to work under dire conditions, starting at 6am and closing late at night.
Consciously or not, much of the pro-Merkel commentary is little more than propaganda. Instead of presenting the public with a balanced and sober reflection of the past five years, journalists are trying to score points for the chancellor. So keen are they to defend her, that they are even willing to omit facts or bend the truth to make the picture look rosy.
…
Unfortunately, the refugee debate now seems to have very little to do with how best we should deal with serious humanitarian crises. It is much more about scoring points. Presenting oneself as pro-migrant or pro-refugee has become a way of distinguishing oneself from the supposedly evil populists like Trump or the AfD.
Klare Antwort meinerseits: Nein!
Ein Punkt, der mich seit 2015 immer wieder ärgert: Anstatt in der Politik und in den Medien über konkrete Probleme und konkrete Lösungen zu debattieren, geht es von beiden Seiten meist um ‚Haltung‘. So kommt nichts voran.
2) Spiel mit dem Feuer – die Einflussnahme der Türkei im Südkaukasus birgt Gefahren
Während die Welt die Konfliktparteien mit Friedensappellen an den Verhandlungstisch zu bringen versucht, blockt Ankara diese Bemühungen ab. Erdogan fordert den aserbaidschanischen «Bruder» demonstrativ auf, keinerlei Kompromisse einzugehen, und sichert dabei Unterstützung jeglicher Art zu. Damit verleiht er dem Konflikt eine neue Dimension und lässt die unmittelbare Mitverantwortung der Türkei an der gewaltsamen Eskalation als unbestritten erscheinen.
Wie auch im östlichen Mittelmeer, wo türkische Forschungsschiffe unter dem Schutz von türkischen Kriegsschiffen in griechische Gewässer begeben, um vermutete Erdgasvorkommen aufzuspüren und später auszubeuten, scheut der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan vor Gewalt nicht zurück, um seine Einflusssphäre auszuweiten. Und wie immer steht Europa hilflos daneben. Man braucht sich nicht wundern, dass dieser EU trotz enormer wirtschaftlicher Kraft ein jeder auf der Nase herumtanzt.
3) Das schmerzliche Fehlen von Wille und Mut
Stattdessen immer fragende Blicke gen Außenamt. Papiere? Ideen? Gibt es bestimmt, bei den Tausenden von Mitarbeitern, den Profis zuhauf. Nur bleiben sie im Haus. Schade. Dabei wäre so viel an Belebung nötig, auch damit Deutschlands Außenwirkung nicht allein vom Kanzleramt dominiert wird. Europa, China, die USA, Russland, Großbritannien (ja, den Brexit gibt es noch!), Nato, Abrüstung – sage keiner, es gäbe hier keinen Raum für einen Außenminister.
…
Maas mahnt mal hier und mal da, China wegen Hongkong, die USA wegen ihrer Geringschätzung von friedenssichernden Abkommen wie „Open Skies“, aber kein Wort will haften bleiben. Zeichen auf Twitter sind noch kein Programm.
Eigentlich ist das alles ja nicht ganz neu. Aber die Überschrift bringt das Versagen wenigstens gut auf den Punkt.
4) Die Grünen auf dem Weg in die Regierung. Und vielleicht ins Kanzleramt
Schwarz-Grün oder Grün-Rot-Rot: Andere Konstellationen sind nach der nächsten Bundestagswahl nicht realistisch. Die deutsche Politik würde sich in beiden Fällen deutlich nach links verschieben. Auch wegen einer Union, die grüne Positionen mit atemberaubender Geschwindigkeit übernimmt.
Ich wundere mich stets, wenn der Union ‚Anbiederung‘ an die AfD unterstellt wird. Die Gefahr der Anbiederung an die Grünen ist aus meiner Wahrnehmung viel größer. Und wenn gilt, was Stefan Sasse immer wieder predigt, dass nämlich die Annäherung an die Themen anderer dazu führt, dass der Wähler anschließend zum Original greift, schießen sich CDU und CSU gerade heftig in den eigenen Fuß. Eine klare Abgrenzung, zur AfD, zu den Grünen, wäre der bessere Weg. Aber dazu fehlt es nach den sedierenden Merkel-Jahren an Ideen und Konzepten.
5) Die grüne Apokalypse ist die einzige gesellschaftspolitische Botschaft
Im Grunde gibt es nur noch eine gesellschaftspolitische Botschaft – und das ist die grüne Apokalypse. Alle anderen Parteien, sei es die CDU oder die SPD, passen sich da an. Egal, wer eine Regierung bildet, es wird eine Regierung aus diesem Geist sein, meint Norbert Bolz im Gespräch mit The European.
Die zunehmende Meinungsverengung in der deutschen Politik, ob sie sich nun aus Mangel an eigenen Ideen oder aus mainstream-moralischer linker Anpassung ableitet, halte ich zunehmend für problematisch. Immer stärker dominiert die richtige Haltung über einen problemlösungsorientierten Pragmatismus. Man wird sich immer einiger darüber, dass etwas getan werden muss, verkündet das lautstark, spart das „was“ aus (erst recht, wenn es den „richtigen“ Wählern wehtun könnte), und hält die Arbeit damit für erledigt. Nicht nur bedauerlich, sondern schädlich ist, dass die Medien dieses traurige Spiel weitgehend akzeptieren, anstatt den Regierenden Feuer unter dem Hintern zu machen.
6) Berlin-Mitte kuscht vor Tokio
Wegen „erheblicher Belastungen des deutsch-japanischen Verhältnisses“ hat der Fachbereich Straßen- und Grünflächenverwaltung im Bezirksamt Mitte von Berlin die Entfernung einer „Friedensstatue“ genannten Skulptur bis zum 14. Oktober verlangt. Die Bronzestatue, die eine koreanische Zwangsprostituierte des japanischen Militärs im Zweiten Weltkrieg symbolisiert, wurde am 28. September von der Berliner Nichtregierungsorganisation Korea Verband e.V. an einer Straßenecke im Stadtteil Moabit aufgestellt.
Ein aus meiner Sicht unmöglicher Vorgang. Ähnlich wie die Türkei den Völkermord an den Armeniern vor gut 100 Jahren leugnet, vermag sich Japan den durch japanische Truppen im zweiten Weltkrieg verübten Kriegsgreueln nicht zu stellen. Speziell die Tausendfache Versklavung von koreanischen und chinesischen Frauen in Soldatenbordelle ist ein Schandfleck, für den von offizieller japanischer Seite bis heute jede Entschuldigung oder gar Entschädigung fehlt.
Der Vorgang, diese Gedenkstatue zu entfernen, zeigt für mich die Scheinheiligkeit deutscher Moral. Wie gerne man auch den offiziellen Bösewichten entrüstet den moralisch erhobenen Zeigefinger entgegenreckt, so still und leise wird es stets, wenn es gegen (Geschäfts-)Partner geht. Wenn sich die Deutschen so gerne als Gewissen der Welt aufspielen, dann bitte auch mit der dazugehörigen Konsequenz.
7) Tweet
Christian Lindner:
In der ersten Phase der Pandemie-Bekämpfung wurden die Vorsitzenden der Fraktionen des Bundestages nach jeder Bund-Länder-Runde von Frau Merkel persönlich informiert. Das war zumindest noch eine informelle Beteiligung. Selbst das passiert seit Monaten nicht mehr.
Unbestritten ist Covid-19 ein kleines, fieses Arschloch, und unbestritten ist Corona eine sehr gefährliche Krankheit. Unbestritten ist auch, dass das Maß, in dem die Regierung sich über Gepflogenheiten, Gewohnheiten und sogar Rechte hinwegsetzt, auch nicht gerade harmlos.
Mag sein, dass es nur die Merkel-typische Arroganz gegenüber „kleineren“ ist; schlimmer wäre, aus Bequemlichkeit Informationen nicht weiterzugeben. Wahrscheinlicher scheint mir aber auch im Hinblick auf das Timing und die eingeleiteten Maßnahmen, dass man in Berlin immer noch keine Ahnung hat, wie man auf was reagieren soll; der Affront des/der Fraktionsvorsitzenden mag da ein praktikables Mittel sein, unangenehmen Fragen auszuweichen.
Fast stündlich neue Maßnahmen anzudrohen oder zu verkünden, obwohl man weiß, dass sich die Wirksamkeit einer jeden Entscheidung erst nach zehn Tagen absehen lässt, ist sinnlos. Kommt mir vor, als würde ein Amateur im Cockpit einer führerlosen Maschine sitzen und der Reihe nach alle Knöpfe drücken in der Hoffnung, dass die Sirene dann irgendwann zu heulen aufhört. Es sieht jedenfalls nicht so aus wie das, was man gemeinhin einen Plan nennt.
8) Bei Anschlag getöteter französischer Lehrer „wurde Opfer einer Fatwa“
Der bei einem islamistischen Anschlag getötete französische Lehrer ist nach Angaben des französischen Innenministers Opfer einer Fatwa geworden. Der Vater einer Schülerin und ein bekannter militanter Islamist hätten die Fatwa, ein religiöses Rechtsgutachten, ausgesprochen, nachdem der Lehrer im Unterricht umstrittene Mohammed-Karikaturen verwendet hatte, …
Stets, wenn es zu rechtsextremer Gewalt kommt, folgt automatisch die Diskussion, ob der „verirrte Einzeltäter“ nicht doch irgendwie in ein umfassenderes, rechtsextremes System eingebunden war – wenn schon nicht mit aktiver Unterstützung, dann zumindest mit rassistischen, gewaltfördernden „Werte“-Systemen. Wenn also in solchen Fällen die Einzeltäter-These abgelehnt wird, muss man auch hier attestieren, dass konsequent gelebter Islam eine potentielle Gefahr für unsere Gesellschaft darstellt.
8) Da muss man gar keinen Vergleich zu andern Extremisten Bemühen.
Wer spricht denn bei islamischem Terror ernsthaft von Einzeltätern? Dass es sich um terroristische Netzwerke handelt ist doch spätestens seit 9/11 hinreichend bekannt.
Der Punkt mit dem Islam ist ganz interessant. Die, an sich richtige, Antwort lautet ja oft, dass die große Mehrheit der Gläubigen friedlich sei, und man deshalb nicht „den Islam“ verurteilen dürfe.
Die Frage ist nur, ob man nicht eher die extremen Ränder Vergleichen sollte als die Mitten. Denn dort sticht der Islam, so weit ich das beurteilen kann, verglichen mit anderen Religionen im Moment klar heraus.
Alle haben einen großen friedlichen Kern. Aber keine andere hat einen derart gefährlichen Rand.
@ derwaechter 20. Oktober 2020, 11:38
zu 8) Der Punkt mit dem Islam ist ganz interessant. Die, an sich richtige, Antwort lautet ja oft, dass die große Mehrheit der Gläubigen friedlich sei, und man deshalb nicht „den Islam“ verurteilen dürfe.
Die Frage ist nur, ob man nicht eher die extremen Ränder Vergleichen sollte als die Mitten. Denn dort sticht der Islam, so weit ich das beurteilen kann, verglichen mit anderen Religionen im Moment klar heraus.
Alle haben einen großen friedlichen Kern. Aber keine andere hat einen derart gefährlichen Rand.
Das meinte ich, und Du hast das klarer formuliert als ich.
Danke 🙂
Die US-Evangelikalen sind alles, aber nicht ungefährlich.
Aber Terroristen? In dem Ausmaß?
Das Ausmaß der Gewalt ist nicht abhängig von der Religion. Einfach mal in ein Geschichtsbuch schauen. Aber auch aktuell gibt es genügend Anschauungsmaterial. Wenn wir Glück haben, wird uns die nächste US-Wahl einen bürgerkriegsähnlichen Ausbruch bescheren. Gewalt ist jederzeit überall möglich. wo Menschen egal welcher Religion sind.
Ja, aber AKTUELL ist der Islam gefährlicher. Da haben Erwin und Wächter Recht. Die Maßstäbe müssen wir schon behalten.
Nein, es ist der Islamismus, nicht der Islam! Bitte rücke deine Maßstäbe zurecht!
Jein. Die Terroristen sind Islamisten, klar, aber worum es hier geht ist die Duldung dieser Leute in ihrer Mitte.
Islam und Islamismus hängen ja durchaus zusammen.
Der Islamismus ist der extreme Rand. Den gibt es in dieser Form bei den modernen Religionen gerade nicht.
Es wurde in den letzten Jahren häufiger als früher von Gewaltakten hinduistischer oder buddhistischer Gruppen in Südostasien gegen lokale (zumeist muslimische) Minderheiten berichtet.
Danke für den Hinweis. Ein Monopol auf religiös motivierte Gewalt haben die Islamisten natürlich auch nicht.
Irritierend vor allem von Buddhisten, die doch immer als vollkommen friedfertige Religion/Philosophie galten.
Schließe ich mich an. Die übersieht man gerne, weil sie weit weg in Asien morden…
Gute PR. Unsere Sicht ist halt vom Dalai Lama und Filmen wie „Sieben Jahre in Tibet“ geprägt.
Dass die Gelbmützen (der Orden des Dalai Lama) vor dem Einmarsch der Chinesen auch ziemlich übel gehaust haben und das Land alles andere als ein esoterisches Paradies war, wird kaum kommuniziert.
Die Verherrlichung des Dalai Lama bringt mich immer wieder zum Kotzen.
In Religion liegt halt kein Segen.
@ Marc 20. Oktober 2020, 12:59
Wenn wir Glück haben, wird uns die nächste US-Wahl einen bürgerkriegsähnlichen Ausbruch bescheren. Gewalt ist jederzeit überall möglich. wo Menschen egal welcher Religion sind.
Grundsätzlich stimme ich zu. Aber wenn es nach der US-Wahl dort zu Gewaltausbrüchen kommt, wird der Grund nicht darin liegen, dass ein Demokrat oder Republikaner ein „falsches“ Bildchen von Jesus hochhält. Das hat dann ganz andere Gründe.
Eben.
Habe letztens einen guten Vergleich gesehen, finde ihn aber nicht wieder.
Sinngemäss solle man mal die Reaktionen der Mormonen auf das Musical Book of Mormon damit vergleichen. Da kann man wirklich nicht mehr davon reden, dass alle Religionen gleich friedlich seien.
Da muss man aber sehr aufpassen, nicht von der aktuellen Situation auf einen „Charakter“ einer Religion schließen zu wollen.
Die christlichen Kirchen (hierzulande) sind so (vergleichsweise) zahm, weil sie nicht anders können und die Gesellschaft sie erfolgreich an die Leine gelegt hat. Als sie noch konnten, wie sie wollten, sah das auch anders aus.
Der andere Punkt ist, dass von den Extremisten auf das Ganze schließen auch nicht unproblematisch ist.
Ja, der Islamismus ist von den religiösen Extremismen in Europa aktuell der Gefährlichste.
„Die christlichen Kirchen (hierzulande) sind so (vergleichsweise) zahm, weil sie nicht anders können und die Gesellschaft sie erfolgreich an die Leine gelegt hat. Als sie noch konnten, wie sie wollten, sah das auch anders aus.“
Ja.
Allerdings sind die christlich Gläubigen auch eher gemässigt heutzutage.
Hier in Norwegen gibt es eine handvoll Bekloppte die einen islamfeindlichen Verein gegründet haben und auf öffentlichen Plätzen den Koran schänden ( Seiten ausreissen, anzünden usw.)
Die brauchen massiven Polizeischutz vor aufgebrachten Gläubigen.
Das wäre bei einer öffentlichen Bibelschändung glaube ich anders. Aufgebrachte, gewaltbereite Christen würde man kaum finden.
Hier in Norwegen gibt es eine handvoll Bekloppte die einen islamfeindlichen Verein gegründet haben und auf öffentlichen Plätzen den Koran schänden ( Seiten ausreissen, anzünden usw.)
Die brauchen massiven Polizeischutz vor aufgebrachten Gläubigen.
Das wäre bei einer öffentlichen Bibelschändung glaube ich anders. Aufgebrachte, gewaltbereite Christen würde man kaum finden.
Dafür würde es mich nicht überraschen, wenn gewaltbereite Rechtsextremisten aufmarschieren würden. Kein Dissens, dass der gewaltbereite Islamismus aktuell die größte religiöse Gefahr ist und das Christentum weit von solchen Zuständen entfernt ist. Nur hat nach eigener Darstellung die extreme Rechte die Rolle als Verteidigers christlichen Abendlandes übernommen.
Ja. Wobei Christentum und christlichen Kirchen zumindest in weiten Teilen Europas kaum auf Seiten rechtsextremer Gewalttäter stehen.
Und umgekehrt diese sich zwar irgendwie auf das christliche Abendland beziehen, aber jetzt auch nicht gerade als „Jesus lebt!“ schreiende Attentäter auf den Plan treten.
@ TBeermann 20. Oktober 2020, 16:41
Da muss man aber sehr aufpassen, nicht von der aktuellen Situation auf einen „Charakter“ einer Religion schließen zu wollen.
…
Der andere Punkt ist, dass von den Extremisten auf das Ganze schließen auch nicht unproblematisch ist.
So viel Feingefühl und Differenzierungsvermögen wünsche ich mir von Dir zu Weihnachten, wenn es das nächste Mal um „rechts“ geht. 🙂
Die Chancen sind eher begrenzt.
Die meisten Muslime, die als solche in Erscheinung treten, tun niemandem etwas und leben friedlich vor sich hin. Die meisten Rechten, die als solche in Erscheinung treten, erwarten in der Regel mindestens, dass alle nach ihren Maßstäben leben.
@ TBeermann 21. Oktober 2020, 17:19
Die Chancen sind eher begrenzt.
Hätte mich auch ewundert…
Die meisten Muslime, die als solche in Erscheinung treten, tun niemandem etwas und leben friedlich vor sich hin. Die meisten Rechten, die als solche in Erscheinung treten, …
… auch. Ich kenne keine anderen.
…erwarten in der Regel mindestens, dass alle nach ihren Maßstäben leben.
Das trifft vielleicht für das andere „rechts“ zu. Du nimmst Dir hier – zugegeben, nich ganz ungeschickt gemacht – mit Formulierungen wie „in Erscheinung treten“ die Spielräume, die Du brauchst, um Deinen Vorurteilen zu frönen.
Auch ich bin eher ein Stück rechts der Mitte angesiedelt, aber das merkt niemand daran, dass ich „allen anderen“ vorschreibe, wie sie zu leben haben.
„Die meisten Muslime, die als solche in Erscheinung treten, tun niemandem etwas und leben friedlich vor sich hin. Die meisten Rechten, die als solche in Erscheinung treten, erwarten in der Regel mindestens, dass alle nach ihren Maßstäben leben“
Du meinst bei so Sachen wie Homosexualität, Freizügigkeit, Drogenkonsum, Gotteslästerung, Ernährungsvorschriften?
Ja, da sind Rechte immer sehr rigide und Muslime geradezu legendär liberal.
Autsch.
Was meinst Du mit „Autsch“?
Der saß 🙂
Ich stand aber auch frei vorm Tor
„Gewalt ist jederzeit überall möglich. wo Menschen egal welcher Religion sind“
Stell dich mal mit einer Jesuskarikatur auf den evangelischen Kirchentag und mit einer Mohammedkarikatur vor die Zentralmoschee. Ich vermute stark, dass sich die Reaktionen massiv unterscheiden werden.
Zustimmung
„Einfach mal in ein Geschichtsbuch schauen.“
Kreuzzüge oder Hexenverbrennungen sind halt hunderte von Jahren her. Das macht schon einen Unterschied.
Ich vergleiche ja auch nicht heute Norweger mit Warlords weil Wikinger vor 1000 Jahren an den Europäischen Küsten gewütet haben.
Über die gesamte Geschichte hinweg war im Verhältnis zur Verbreitung wohl der Tengrismus die gewalttätigste Religion. Aktuell (seit 2000 ) ist es – wenn man nicht nur Terror, sondern auch Kriege und Aushungern betrachtet – die protestantisch-kapitalistische Ausprägung des Christentums.
Sorry, aber der Vergleich hinkt derart böse, der kommt gar nicht mehr voran.
@ cimourdain 20. Oktober 2020, 22:17
Aktuell (seit 2000 ) ist es – wenn man nicht nur Terror, sondern auch Kriege und Aushungern betrachtet – die protestantisch-kapitalistische Ausprägung des Christentums.
Au weia
Selbst wenn die meisten Kapitalisten vermutlich weiß und vom Namen her christlich sind, hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Wo das Geld regiert, hat der liebe Gott seine Macht verloren, ob die bösen Kapitalisten nun aus dem fernen oder nahen Osten kommen, oder eben aus der westlichen Welt.
@Sasse, Gabriel
Lasst mich doch auch einmal Pöbelkommentare abgeben. Zur differenzierten Sicht ist manchmal ein Infragestellen von Denkgewohnheiten nützlich. Hier in meinen Augen in zweifacher Hinsicht :
– Wie und Warum die Abgrenzung zwischen Krieg und Terror bei Gewalt? Messen „Wir“ da systematisch mit zweifachen Maß ? Bonusfrage: Warum sind ‚extraterritoriale Tötungen‘ nur im Fall Russland Staatsterror ?
– Ist die Grenze zwischen Religion, Weltanschauung und Ideologie so klar, wie es den Anschein hat? (Wir hatten hier z.B. vor kurzem den US-Exzeptionalismus) Es gibt gute Gründe, die ideengeschichtliche Wurzel des Rentenkapitalismus im Protestantismus zu sehen, auch wenn er im Lauf der Geschichte zum einen eklektisch-synkretistisch fremde Elemente aufgenommen hat und zum anderen weltweit missioniert hat.
Die Bonusfrage habe ich mir auch schon gestellt.
Die Grenzen sind natürlich nicht scharf zu ziehen. Es gibt auch den Begriff der Zivilreligion. Alles eine Frage der Definition.
Max Webers These sollte man nicht überreizen. Manche Leute sehen auch die Wurzel des Kommunismus im Urchristentum. Oder den mittelalterlichen Islam als Bewahrer der alt-griechischen Wissenschaft. Das alles ist akademisch interessant, hat aber kaum Bedeutung für die Gegenwart.
@ cimourdain 21. Oktober 2020, 18:11
Wie und Warum die Abgrenzung zwischen Krieg und Terror bei Gewalt? Messen „Wir“ da systematisch mit zweifachen Maß?
Zumindest von der Theorie her gibt es Kriege zwischen Nationen, aber nicht zwischen Individuen. Militär versucht in der Regel, das gegnerische Militär auszuschalten, und nimmt zivile Tote billigend in Kauf, während Terroristen gezielt auf Zivilisten zielen. Insofern tue ich mich mit einer Gleichsetzung schwer.
Dass Zivilisten, die versehentlich zwischen die Kriegsfronten geraten oder bewusst vom Militär angegriffen werden, keinen Unterschied zu terroristischen Bombenattentaten sehen, ist mir aber auch klar. Aber dazu habe ich mich ja schon mehrfach hier geäußert: Ich lehne jede Gewalt strikt ab, und wer als Soldat auf Zivilisten losgeht (oder das als Politiker befiehlt), ist ein Kriegsverbrecher.
Bonusfrage: Warum sind ‚extraterritoriale Tötungen‘ nur im Fall Russland Staatsterror?
Vermutlich ein hervorragendes Beispiel für meine These, dass gleiche Fakten nicht automatisch auch für gleiche Urteile sorgen; die eigene Einordnung, das eigene Weltbild ist immens wichtig. Im Falle Russlands ist es so, dass die „exterritorialen Tötungen“, wenn Du so willst, sich gegen „persönliche Gegner“ Putins richten. Sie dienen ausschließlich Putins egoistischen Motiven. Die Drohnenattentate gegen bekannte Terroristen dienen wohl eher der Gefahrenabwehr für Institutionen und Zivilisten – hier sehe ich durchaus einen Unterschied.
Dass aber der von Bush und Obama geführte Drohnenkrieg gegen Terrorsiten zahlreiche Kollateralschäden verursachte, ist aber auch unbestritten. Mein Urteil zu militärischer Gewalt gegen Zivilisten findest Du weiter oben.
Ist die Grenze zwischen Religion, Weltanschauung und Ideologie so klar, wie es den Anschein hat?
Da ist, glaube ich, eher der Fanatismus entscheidend, mit dem man seine Religion, Weltanschauung oder Ideologie verfolgt. Wird’s extrem, wird’s gefährlich.
Es gibt gute Gründe, die ideengeschichtliche Wurzel des Rentenkapitalismus im Protestantismus zu sehen, auch wenn er im Lauf der Geschichte zum einen eklektisch-synkretistisch fremde Elemente aufgenommen hat und zum anderen weltweit missioniert hat.
Da liegen wir schon sehr weit auseinander. In jeder Religion (auch im Islam) gibt es Aufrufe, den Armen zu helfen und bescheiden zu leben, denn kein (monotheistischer) Gott duldet einen anderen neben sich, auch kein goldenes Kalb. Da, wo Geld und Kirche gemeinsam einhergehen, geht es stets um persönliche Macht und persönlichen Reichtum, nicht um Glauben und Seelenheil.
Puh, ich fürchte, die Fragen lassen sich nicht eben in nem Kommentar beantworten…
🙂
Richtig. Ich bin gerade auch am Überlegen zu dem Thema einen eigenen Artikel zu schreiben…
Norbert Bolz? Ehrlich?
@ Mikefromffm 20. Oktober 2020, 12:40
Sagen wir mal so: Ich weiß, was Du meinst.
Mir ging es (wie weiter unten bei Stefan erklärt) eher darum, aufzuzeigen, das die CDU eher in Richtung Grüne als in Richtung AfD unterwegs ist. Ich habe dafür kein besseres beispiel gefunden.
1) Stimme ich dir zu. Problem ist halt, dass diese Haltungsdebatte dazu zwingt, selbst Stellung zur Haltungsdebatte zu beziehen, damit man nicht instrumentalisiert wird. Verzwickt.
2) Wie üblich blockieren sich die EU-Staaten auch gegenseitig, und alle zusammen scheuen den Aufwand des Engagements.
3) Ja.
4) Wie würde die aussehen? Ernsthafte Frage.
5) Welche grüne Apokalypse? Die Grünen reden extrem moderat und weichgezeichnet.
6) Wir spielen uns ja nicht mal als das Gewissen der Welt auf! Das wäre ja wenigstens was! Ich weiß gar nicht, wo dieses Klischee herkommt. Aber Aussagen aus Deutschland sind immer nur dieses wachsweiche Kompromissgesäusel. Wenn irgendwo ein Völkermord passiert, ist das schlimmste, was aus Deutschland kommt, ein Aufruf zur diplomatischen Beilegung. Wenn die Außenpolitik den moralischen Anspruch wenigstens rhetorisch verträte! Nicht mal das passiert.
7) Auf wen bezieht sich der Amateur?
8) Siehe Kommentare oben.
@ Stefan Sasse
Zu 1) 5 years of the refugee crisis: did Merkel ‘manage’?
Stimme ich dir zu. Problem ist halt, dass diese Haltungsdebatte dazu zwingt, selbst Stellung zur Haltungsdebatte zu beziehen, damit man nicht instrumentalisiert wird. Verzwickt.
Ja, durchaus. Mich hat ja, wenn Du meine Kommentare der letzten Jahre hier verfolgt hast, vor 2015 aufgeregt, dass man Griechenland so hat vor die Wand fahren lassen. 2015 hat mich geärgert, dass trotz aller Ankündigungen angeblich jeder in Berlin „überrascht“ und das Gegenteil von vorbereitet war, dass die auf einmal alle vor der Tür standen. Danach hat mich geärgert, dass man die Tür trotz anfänglicher Ansagen nicht mehr zu gekriegt hat, und dass bis heute immer noch kein tragfähiges Konzept vorhanden ist, mit Migration umzugehen. Da hat der eine oder andere auch getan, als wolle ich persönlich ins Mittelmeer springen, um den kleinen Kindern die Schwimmwesten herunterzureißen. War natürlich auch Quatsch.
Wie auch immer – ob Wohnungsbau, Bildung, Krankenversorgung, es sind die Leute vor Ort, die all das „schaffen“. Merkel ist es jedenfalls nicht.
Zu 4) Die Grünen auf dem Weg in die Regierung. Und vielleicht ins Kanzleramt
[Eine klare Abgrenzung, zur AfD, zu den Grünen, wäre der bessere Weg. Aber dazu fehlt es nach den sedierenden Merkel-Jahren an Ideen und Konzepten.]
Wie würde die aussehen?
Back tot he roots. Grundsätzlich erstmal schauen, wo wen der Schuh drückt, und sich dabei nicht weiter drum kümmern, ob schon jemand das Gleiche oder das Gegenteil sagt. Ich würde in den Kreisverbänden zu fragen anfangen: Welche Probleme gibt es, wie kann man helfen, was brauchen eure Wähler. Ich würde in die Schulen und Kindergärten gehen und dort fragen (nicht im Kultusministerium). In den Städten in die Kieze; in einem Viertel stört vielleicht die Kriminalität, im anderen vielleicht der Verkehr. Man sieht dann auch, was gut läuft. Letztendlich muss die Parteiführung muss erst mal wieder die Füße auf den Boden kriegen; nicht auf Mutti schauen, sondern auf die Probleme der Wähler.
Dann ein bisschen in Sachen Anstand zulegen (Lobby-Register zulassen etc.). Ich bin, Beispiel Amthor, zwar inzwischen der Meinung, dass sich der junge Mann gesetzeskonform verhalten hat, aber nach meinen moralischen Maßstäben lag er daneben. Dann ist eben das Gesetz scheiße.
Schön wäre auch ein Regelung, um die Dauer von Beamten in Parlamenten einzuschränken.
Zu 5) Die grüne Apokalypse ist die einzige gesellschaftspolitische Botschaft
Welche grüne Apokalypse? Die Grünen reden extrem moderat und weichgezeichnet.
Mir ging es weniger um eine Verortung der Grünen als um die Verortung der CDU. Gut, sowohl der Typ aus auch die Aussage selbst sind vielleicht etwas befremdlich. Ich wollte aber aufzeigen, dass die allerorten befürchtete Annahme einer Annäherung der CDU an die AfD eine ziemlich alberne Furcht ist, da sich die Union eher in die andere Richtung entwickelt.
Zu 6) Berlin-Mitte kuscht vor Tokio
Wir spielen uns ja nicht mal als das Gewissen der Welt auf!
…
Aber Aussagen aus Deutschland sind immer nur dieses wachsweiche Kompromissgesäusel.
Naja. In Sachen Umwelt oder Flüchtlingspolitik hat Deutschland dem Rest der Welt mehr als einmal erklärt, was sich „gehört“. Man hat stets moralisch hochstehende Forderungen, etwa zum wohltemperierten Umgang mit Flüchtlingen, und schiebt dann Erdogan 6 Mrd. Euro in die Tasche, um selber Ruhe zu haben. Da lobe ich mir Kurz, oder auch Macron.
Zu 7) Tweet von Christian Lindner
Auf wen bezieht sich der Amateur?
Auf die Personen, die die Regeln für den Umgang mit Corona festlegen.
1) Ja, aber im Gegensatz zu diversen anderen Ländern stand sie auch nicht im Weg.
4) Ok, aber wo unterscheidet das die CDU von den Grünen?
5) Aktuell ja! Gar keine Frage. Finde ich auch sehr gut.
6) Welche hochtrabenden Forderungen denn?
7) Ich bin immer unsicher, ob das viel besser geht.
Stefan Sasse 20. Oktober 2020, 17:11
zu 1) Ja, aber im Gegensatz zu diversen anderen Ländern stand sie auch nicht im Weg.
Sicherlich doch, gleich mehrfach. Als Griechenland um eine europäische Lösung fast schon flehte, berief sie sich auf Dublin – pacta sunt servanda. Als Kurz die Balkanroute schloß, griff sie ihn mit ziemlich heftigem moralischen Impetus an – nur um kurze Zeit später den Deal mit Erdogan einzufädeln.
zu 4) Ok, aber wo unterscheidet das die CDU von den Grünen?
Das würde man sehen, wenn diese Meinungsbildung durch ist. Dann, nehme ich an, durch Pragmatismus.
zu 6) Welche hochtrabenden Forderungen denn?
Ich meine nicht „hochtrabend“, sondern hoch gereckter Zeigefinger. Das Beispiel Kurz habe ich oben schon genannt. Die Auftritte in Richtung Austeritätspolitik oder jetzt Brexit. Das Ignorieren / Schuriegeln von Trump nach dem Wahlsieg. Alles schwere diplomatische Fehler aus einem selbstgerechten Anspruch heraus.
7) Ich bin immer unsicher, ob das viel besser geht.
Ich würde mich wohler fühlen, wenn ich wüsste, dss es nur um dsa Wohl der Bevölkerung und nicht schon um den Wahlkampf ginge.
Oh ich freu mich, dass Du jetzt als Autor auftrittst 🙂
8)
Ich denke, es ist ziemlicher Konsens, dass der radikale Islamismus extrem gefährlich ist. Den Fall in Frankreich hab ich nicht so intensiv verfolgt, aber seit dem Aufkommen des IS hat sich die Strategie ziemlich geändert, interessanterweise ähnlich zu sowas wie Quanon. Statt komplizierter großer Terroranschläge setzt man eher auf Propaganda und „zur Tat aufrufen“ was eher kleine Einzelanschläge zur Folge hat.
Das ist leider sehr viel schwerer zu bekämpfen. :/
7) Das hat meiner Meinung nach eher damit zu tun, dass der Bund da generell extrem an Autorität verloren hat. Weder bei der Bund-Länder-Konferenz noch bei der Konferenz mit den Bürgermeistern wurde irgendwas neues beschlossen, Niedersachsen hat danach auch keine neue Verordnung erlassen, obwohl hier der Baum brennt in etlichen Kreisen. Aktuell machen die Kreisräte das alleine nach Gutdünken.
@ Ariane 20. Oktober 2020, 14:57
Oh ich freu mich, dass Du jetzt als Autor auftrittst
danke
Zu 8) Bei Anschlag getöteter französischer Lehrer „wurde Opfer einer Fatwa“
Statt komplizierter großer Terroranschläge setzt man eher auf Propaganda und „zur Tat aufrufen“ was eher kleine Einzelanschläge zur Folge hat.
Das ist leider sehr viel schwerer zu bekämpfen. :/
In der Tat. Aber deswegen darf es beispielsweise auch nicht sein, dass beispielsweise der türkischen Regierung nahestehende, extreme Organisationen vom Bund dafür bezahlt werden, hier extreme Propaganda zu betreiben. Dann muss man eine Lösung mit den moderaten muslimen finden.
Zu 7) Tweet von Christian Lindner
Das hat meiner Meinung nach eher damit zu tun, dass der Bund da generell extrem an Autorität verloren hat. Weder bei der Bund-Länder-Konferenz noch bei der Konferenz mit den Bürgermeistern wurde irgendwas neues beschlossen, Niedersachsen hat danach auch keine neue Verordnung erlassen, obwohl hier der Baum brennt in etlichen Kreisen. Aktuell machen die Kreisräte das alleine nach Gutdünken.
Wenn Berlin Entschlüsse fast, sind die in der Regel theorielastig und bauen auf das Prinzip Hoffnung – schon richtig, dass Vieles vor Ort geregelt und manchmal auch besser geregelt wird.
Die Situation, dass man Absprachen trifft, und anschließend die Opposition außen vorlässt, ist allerdings schon ungewöhnlich, und hat eigentlich mit der Sache nichts zu tun. Ob man den informellen Austausch aus Angst vor zuviel Widerspruch, aus Angst, ober bereits aus wahltaktischen Gründen vornimmt, ist fast schon unerheblich – ich halte das für demokratiefeindlich.
Für mich ist es ein Beleg mehr, dass es nicht um die Wähler / das Volk oder sonst etwas geht, sondern dass sich alle mal wieder um sich selbst drehen.
7) “ …ich halte das für demokratiefeindlich.“
Die Regierung in Neuseeland hat sehr schnell gehandelt – und sehr erfolgreich. Demokratiefeindlich? Ahern wurde eindrucksvoll in der Wahl bestätigt. Ob sie vorher die Opposition gefragt hat, weiß ich nicht.
@ CitizenK 20. Oktober 2020, 20:54
Die Regierung in Neuseeland hat sehr schnell gehandelt – und sehr erfolgreich. Demokratiefeindlich? Ahern wurde eindrucksvoll in der Wahl bestätigt. Ob sie vorher die Opposition gefragt hat, weiß ich nicht.
Gegen rasches, entschlossenes Handeln (erst recht, wenn es erfolg hat 🙂 ) habe ich nichts, dafür ist eine Regierung schließlich da. Das war auch nicht der Punkt, auf den ich hinaus wollte.
Aber wenn politische Maßnahmen besprochen werden, die alle betreffen, die alle mittragen sollen, sollte man auch die Opposition mitnehmen, so dass die nicht alles aus den Medien erfahren muss.
Aber Du hast demokratie“feindlich“ geschrieben, das ist noch mal was anderes.
Die Stärke der Demokratie, Entscheidungen durch gründliches Debattieren zu legitimieren (und zu verbessern?), erweist sich als Problem, wenn schnelles Handeln erforderlich ist. Allerdings: Der Zentralstaat scheint dem Föderalismus nicht überlegen. Das Elsass wurde von Paris an Sofortmaßnahmen gehindert (eben im DLF).
Ob eine Debatte im Bundestag etwas bringt? Liegen die Argumente nicht schon alle auf dem Tisch?
Nein, das bringt nichts. Aber Debatten im Bundestag dienen ja nie dazu, neue Erkenntnisse zu bringen; sie sind eine ritualisierte Form der Austragung und Entscheidungsfindung und legitimieren die politischen Prozesse.
@ CitizenK 21. Oktober 2020, 10:16
Liegen die Argumente nicht schon alle auf dem Tisch?
Ich bin mir da nicht 100prozentig sicher. Das Handeln der Regierung (bzw. der Handvoll Entscheider) wird durch viele Aspekte bestimmt; einer der entscheidensten dürfte sein, dass die neuen Maßnahmen im Einklang mit den alten stehen.
Wie soll die Regierung, sollte es erforderlich oder sinnvoll sein, eine Konzeptänderung des Maßnahmenkatalogs begründen? Einfach ändern geht nicht, dann hätte man vorher ja Unrecht gehabt. Einfach drastisch verschärfen geht auch nicht, dann hätte man vorher was versäumt. Da kann eine Parlamentsdebatte als Begründung für eine Änderung durchaus hilfreich sein. Auch kann der Abgeordnete, der gegen eine Verschärfung ist, nachweisen, dass er versucht hat, die zu verhindern, aber die anderen …
Man gewinnt Spielräume, Entschuldigungen, Möglichkeiten, Optionen. Und das wichtigste von allem: Die anderen haben das gefühl, mitzumachen, anstatt nur gegängelt worden zu sein, und sind dann vermutlich eher bereit zur Unterstützung der Maßnahmen.
Dass Mitarbeiter mehr und besseres leisten, wenn man Wertschätzung zeigt und sie in die Entscheidungsfindung einbindet, weiß jede brauchbare Führungskraft. Das ist bei Politikern nicht anders.
Letztlich bin ich sehr skeptisch, was den Wert betrifft, das Kleinklein dieser sich ständig der Infektionslage anpassenden Maßnahmen breit zu treten. Das sind ja überwiegend verwaltungstechnische Fragen. In den grundsätzlichen Maßnahmen besteht ja eh Konsens…
@ Stefan Sasse 21. Oktober 2020, 16:43
Letztlich bin ich sehr skeptisch, was den Wert betrifft, das Kleinklein dieser sich ständig der Infektionslage anpassenden Maßnahmen breit zu treten. Das sind ja überwiegend verwaltungstechnische Fragen. In den grundsätzlichen Maßnahmen besteht ja eh Konsens…
Was ist dir lieber? Wenn der Schulleiter mit einem Maßnahmenkatalog aus dem Ministerium kommt, und Du liest dann das, was entschieden wurde, am darauffolgenden Tag am schwarzen Brett? Oder doch lieber ein kurzes Zusammenrufen des Lehrkörpers nach dem Motto „Liebe Kollegen, da haben wir gerade beschlossen, soll morgen ans schwarze Brett. Gibt es dazu Fragen? Hat jemand einen Vorschlag, wie wird das den Eltern vermitteln sollen?“
Ist nur eine Stilfrage, gewiß, aber wie so oft macht der Ton die Musik. Und bei Informationen gilt im Normalfall die Bring-Schuld.
Ich wöllte das nicht durchdebattieren, ehrlich gesagt. Habe das immer als Vorteil der Privatschule empfunden, das der Geschäftsführung überlassen zu können und als Angestellter Befehle entgegenzunehmen 😉