Die Guten

Einer der häufigsten Kritikpunkte, den mein Mammutartikel „Der lange Weg nach Charlottesville“ erhielt war, dass ich zu einseitig die Republicans als die „Bösen“ und die Democrats als die „Guten“ darstellen würde. Ich möchte anhand einiger aktueller Entwicklungen zeigen, dass diese Einteilung nicht einfach nur meiner Parteinahme für die Democrats entspringt.

Eine Voraussage, die ich in meinem Artikel getroffen habe war, dass die Democrats im Gegensatz zu den Republicans nicht das debt ceiling als Geisel nehmen würden, sondern es erhöhen. Eine These war, dass die Republicans in ihrer aktuellen Form grundlegend regierungsunfähig sind. Beides wurde durch die Ereignisse der letzten drei Wochen belegt.

Ereignis Nummer eins ist der Hurrikan „Harvey“, der verheerende Schäden über Texas anrichtete und Houston überflutete. Die katastrophale Stadtplanung, die dieses Ereignis extrem verstärkte, ist ein Thema für einen eigenen Artikel und kein republikanisches Problem; die Democrats haben ebenfalls kein ordentliches Stadtplanungskonzept. Die Reaktion auf den Sturm dagegen ist ein Mikrokosmos der aktuellen Sackgasse, in der sich die GOP befindet. Ted Cruz, der 2012 in einer vergleichbaren Situation gegen Hilfen für die Opfer des Hurrikans „Sandy“ stimmte, der New Jersey verwüstete, schrie lauthals nach Bundesgeldern, und andere konservative Hardliner taten es ihm nach. Ihnen allerdings muss man noch zugute halten, dass sie wenigstens für ihre eigenen Wähler ihren Radikalismus hinten anstellen.

Im Gegensatz dazu stehen 90 Kongressabgeordnete der republikanischen Partei, die gegen Hilfen für Hurrikan-Opfer stimmten. Ausschließlich Republicans stimmten dagegen, alle Democrats waren dafür – obwohl von dem Sturm nur tiefrote Staaten betroffen sind. Sie versuchten auch nicht, die Republicans damit zu erpressen. Es war selbstverständlich, dass in solch einer Situation keine Parteipolitik betrieben wird.

Während der laufenden Notfallmaßnahmen indessen drohte Trump mit der Aufhebung des DACA, der es Kindern von undokumentierten Einwanderern erlaubt, in den USA zu bleiben, sofern sie vor 2007 und im Alter von unter sieben Jahren eingereist waren (die so genannten „Dreamer“). Im Bereich Houston wies er die Grenzpolizei ICE an, ihre Checkpoints so lange wie möglich offen zu halten, so dass von dem Sturm bedrohte Dreamer befürchten mussten, verhaftet und deportiert zu werden wenn sie flohen – oder aber riskieren, vom Sturm getötet zu werden. Kein einziger Republican kritisierte diese mörderische Maßnahme.

Ereignis Nummer zwei ist das debt ceiling. Wie immer drohen republikanische Fanatiker damit, die USA bankrott gehen zu lassen. Ryan und McConnell brauchen daher die Stimmen der Democrats, um das debt ceiling zu erhöhen. Versuchten sie, wildeste Konzessionen zu erpressen wie die Republicans 2011 und 2013? Natürlich nicht. Stattdessen lösten sie den beiden nominellen Anführern ihres regierungsunfähigen Haufens gleich zwei Dilematta, indem sie die Finanzhilfen für die Opfer von Harvey ebenfalls mit verabschiedeten. Wir erinnern uns: im Februar 2009 stimmte JEDER EINZELNE REPUBLICAN gegen Hilfsmaßnahmen für die größte Wirtschaftskrise seit 1929. Eine dieser beiden Parteien ist um Längen besser als die andere.

Die Zustimmung der Democrats zur debt-ceiling-Erhöhung war übrigens auch deswegen so groß in den Nachrichten, weil es das erste Mal seit acht Jahren war, dass die Minderheit im Kongress mit der Mehrheit konstruktiv zusammengearbeitet hat. Kein Wunder, schließlich ist es das erste Mal seit acht Jahren dass die Democrats in dieser Rolle sind und nicht die Republicans. Unter Bush war dies die Norm (siehe 9/11, siehe Irak, siehe Medicare D, siehe Katrina-Hilfen). Die totale Disfunktionalität Washingtons wurde erst in den letzten acht Jahren zur Norm – unter den extremistischen Republicans.

Ereignis Nummer drei ist der Doppel-Hurrikan aus „Imra“ und „Jose“, der aktuell auf Florida zurast. Rush Limbaugh, der rechtsextremistische Talkshowhost, verkündete noch am Dienstag, es handle sich um ein liberales Lügengespinst. Der Hurrikan existiere nicht und sei nur ein politisches Manöver der Democrats, um ihre Klimawandellügen zu verbreiten. Heute schrie er aus voller Kehle, man müsse Florida evakuieren (wo 21 Millionen Menschen leben). Der Umweltminister Trumps, Pruitt, stieß ins selbe Horn und verkündete mit denselben Formulierungen mit denen die Republicans nach Schulmassakern eine Debatte über schärfere Waffengesetze ablehnen, dass „jetzt nicht der Zeitpunkt sei, über Klimawandel zu sprechen“. Während Meteorologen vor dem sich nähernden Sturm „Harvey“ warnten erließ der texanische Kongress übrigens ein Gesetz, das neben Sturmgewehren nun auch das offene Tragen von Schwertern und Macheten erlaubt, weil der Staat keine dringenderen Probleme hatte.

Ereignis Nummer vier ist die Abschaffung einer Obama-Initiative im Bildungsministerium, die die Universitäten und Schulen dazu verpflichtete, Anschuldigungen von Vergewaltigung und sexueller Belästigung nachzugehen. Trumps Bildungsministerin Betsy DeVoss hatte sich zuvor mit einer Gruppe von „Männerrechtsaktivisten“ getroffen und deren Argumente übernommen. Sexuelle Straftaten unter Trump sind selbstverständlich kein Grund, diesen auch nachzugehen. Aber das dürfte bei diesem Präsidenten niemanden überraschen.

Ich möchte zum Abschluss noch einmal betonen:

Von 535 Abgeordneten im Kongress stimmten 90 gegen Hilfen für die Opfer eines 500-Jahr-Sturms. Alle 90 waren Republicans.

Damit die USA nicht bankrott gehen brauchte die Regierungspartei, die in beiden Häusern die Mehrheit hat, die Stimmen der Democrats.

Man verzeihe mir vor diesem Hintergrund, wenn solange dieser Fieberwahn die Republicans im Griff hält, ich kein Problem damit habe, die Democrats als die Guten zu betrachten.

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  • Ralf 8. September 2017, 18:45

    DACA, der es Kindern von undokumentierten Einwanderern erlaubt, in den USA zu bleiben, sofern sie vor 2007 und im Alter von unter sieben Jahren eingereist waren

    Es sind 16 Jahre.

    das debt ceiling als Geißel nehmen würden

    Nachdem In Dubio in einem Artikel der letzten Woche ebenfalls schon Geißeln genommen hatte, kann ich einfach nicht widerstehen (ich weiss, was das ueber meinen Charakter aussagt … *lol*)

    http://www.duden.de/rechtschreibung/Geiszel

    http://www.duden.de/rechtschreibung/Geisel

    Man verzeihe mir vor diesem Hintergrund, wenn solange dieser Fieberwahn die Republicans im Griff hält, ich kein Problem damit habe, die Democrats als die Guten zu betrachten.

    Hmmm … ich glaub Du hast mit dem Artikel ziemlich das Thema verfehlt. Der Grund, dass viele Kommentatoren hier im Blog und auch viele Amerikaner die Demokraten nicht fuer „die Guten“ halten, hat nichts mit der Debt Ceiling und auch nichts mit dem Hurrikan Harvey zu tun. Vielmehr hat es damit zu tun, dass den Demokraten unterstellt wird, das Land und die normalen Amerikaner schleichend ausverkauft zu haben an die Interessen von Banken und Grosskonzernen. Dass sie z.B. die Finanzindustrie gegen jede Vernunft deregulierten und als dann das gesamte System vorhersehbar in sich kollabierte, nur die reichen Banken retteten, waehrend man die regulaeren Buerger voellig im Stich liess. Dass die Demokraten die Begriffe „too big to fail“ und „too big to jail“ praegten und beherzigten. Dass die Demokraten massenhaft Arbeitsplaetze gerade im Rustbelt vernichteten mit immer mehr Freihandelsvertraegen, die der Elite und dem Establishment enorm nutzten, waehrend sie Geringgebildete ohne Chance auf einen Job zurueckliessen. Dass die Demokraten mit niedertraechtigen Mitteln die Kandidatur von Bernie Sanders verhinderten, indem sie ihn benachteiligten und beschaedigten, wo sie nur konnten. Diese Liste beansprucht natuerlich nicht vollstaendig zu sein. Aber dies sind einige der Gruende, weshalb viele in den Demokraten keine Kraft des Guten sehen, sondern lediglich eine alternative Art des Boesen. Zugegebenermassen eine schleichendere Art der Unterminierung und Beschaedigung des amerikanischen Gemeinwesens, als wir es von den Republikanern gewohnt sind. Trotzdem nicht „gut“. Und Dein Artikel geht mit keinem Wort auf diese Argumente ein.

    • Stefan Sasse 8. September 2017, 19:15

      Das liegt daran, dass wir da aneinander vorbeireden. Wenn ich die Dems die Guten nenne und entsprechend darstellen, geht es mir keine Sekunde um policy. Mir geht es um das Einhalten demokratischer Normen, das Nicht-Zerstören des demokratischen Staates. In dem Kontext gehört die FDP mit beiden Füßen firm zu den „Guten“, obwohl ich sonst ja echt nicht bei denen bin. Das ist das, was ich herauszuarbeiten versuche. Dass die Politik der Dems nicht gerade immer das Gelbe vom Ei war – aber klar!

      • Ralf 8. September 2017, 19:38

        Dann bezweifele ich da fundamental Deinen Ansatz. Eine Partei „die Guten“ zu nennen ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt und hochgradig irrefuehrend, wenn diese Aussage lediglich auf der Tatsache beruht, dass die Partei demokratische Normen achtet.

        Auch in der Frage dieser Normen kann man allerdings unterschiedlicher Meinung sein. Die Demokraten unterstuetzten z.B. den Patriot Act, schlossen Guantanamo nicht, auch „too big to jail“ ist nicht eben gerade rechtstaatlich, der Umgang mit Whistleblowern unter Obama war schrecklich, und und und …

        Aber selbst wenn man den Demokraten unterstellt Demokratie und Rechtstaat zu respektieren, macht sie das nicht zu einer „guten Partei“, wenn das Ergebnis ihrer Politik die nachhaltige Beschaedigung der amerikanischen Gesellschaft war und dieses Ergebnis bewusst oder fahrlaessig herbeigefuehrt wurde.

        • Stefan Sasse 8. September 2017, 19:51

          Manchmal frage ich mich echt, was ihr geraucht habt. Wenn ich zwei Parteien habe, von denen eine demokratisch ist und eine nicht, dann ist die demokratische von den beiden vorzuziehen. Das ist nicht „nur demokratische Normen achten“, das ist essenziell. Eine Partei, die das nicht tut, zerstört die Demokratie. Um das an einem anderen Beispiel deutlich zu machen: in Frankreich war Macron „der Gute“. Scheiß drauf wie viele von seinen policies ich absolut falsch, ja vielleicht sogar abgrundtief böse finde. Die Alternative ist ein Abrutschen eines kompletten Landes in den Autoritarismus. Schau nach Polen und Ungarn und du siehst, wo das endet. Hier kann keine Frage bestehen, welche der beiden Seiten vorzuziehen ist – zumindest, wenn man ein Demokrat ist.

          • Ralf 8. September 2017, 20:02

            Hier kann keine Frage bestehen, welche der beiden Seiten vorzuziehen ist

            Hier widerspricht Dir ja auch niemand. Aber alle Beweise, die Du fuer Deine These anfuehrst, legen stets lediglich nahe, dass die Republikaner „die Boesen“ sind. Die Demokraten hingegen sind nicht „die Guten“ sondern das kleinere Uebel. „Gut ist der, der Gutes tut“ wuerde Forrest Gump sagen.

            Und wie an den Beispielen oben dargelegt, haben es auch die Demokraten immer wieder mit der Rechtsstaatlichkeit nicht so ganz ernst genommen. Die Bezeichnung „gut“ passt also noch nicht einmal im Kontext Deiner eigenen absurd eng gefassten Definition von „gut“.

            • Stefan Sasse 8. September 2017, 20:12

              Wir kommen glaube ich zu demselben Schluss und streiten nur über die richtige Terminologie.

    • Jens 9. September 2017, 06:51

      Dass sie z.B. die Finanzindustrie gegen jede Vernunft deregulierten und als dann das gesamte System vorhersehbar in sich kollabierte, nur die reichen Banken retteten, waehrend man die regulaeren Buerger voellig im Stich liess. Dass die Demokraten die Begriffe „too big to fail“ und „too big to jail“ praegten und beherzigten. Dass die Demokraten massenhaft Arbeitsplaetze gerade im Rustbelt vernichteten mit immer mehr Freihandelsvertraegen, die der Elite und dem Establishment enorm nutzten, waehrend sie Geringgebildete ohne Chance auf einen Job zurueckliessen.

      Die Republikaner treten noch vehementer für eine Deregulierung der Banken ein. Die Freihandelsverträge haben sie ebenfalls mitgetragen, zumindest überwiegend.

      Ich finde was du schreibst erklärt warum ehemalige Wähler der Demokraten sich von ihnen abgewendet haben, aber nicht warum eine Mehrheit sie für die schlechten hält.

      Was glaubst du warum Trump nicht wie im Wahlkampf versprochen NAFTA kündigte, obwohl er doch mit den Republikanern im Kongress eine Mehrheit hat.

  • Jens 8. September 2017, 19:02

    Selten, dass ich jemanden so vollkommen zustimme.

    Im Kern ist, das Problem, das zu viele Republikaner nur noch rein ideologisch handeln, bzw. abstimmen.

    So funktioniert Politik aber nicht. Politik ist das finden von Kompromissen, um eine Mehrheit zu finden. Wer sich dem komplett entzieht, schwächt das demokratische System. Das machen zur Zeit ausschließlich die Republikaner.

    Höchst problematisch ist, dass zu viele Wähler das gut finden, was aber IMHO mit diversen Think Tanks zusammenhängt und der Art und Weise wie der amerikanische Wahlkampf finanziert wird, anderes Thema.

  • techniknörgler 8. September 2017, 19:15

    „Ereignis Nummer vier ist die Abschaffung einer Obama-Initiative im Bildungsministerium, die die Universitäten und Schulen dazu verpflichtete, Anschuldigungen von Vergewaltigung und sexueller Belästigung nachzugehen. Trumps Bildungsministerin Betsy DeVoss hatte sich zuvor mit einer Gruppe von „Männerrechtsaktivisten“ getroffen und deren Argumente übernommen. Sexuelle Straftaten unter Trump sind selbstverständlich kein Grund, diesen auch nachzugehen. Aber das dürfte bei diesem Präsidenten niemanden überraschen.“

    Obamas Initiative krankte unter den selben Problemen wie Maaßs Netzdurchsetzungsgesetz, nur dass es um deutlich schwerere Vorwürfe und gravierendere Konsequenzen geht (zerstörte Biographie, anstatt einen gelöschten Facebook-Post).

    Das Problem: Die Bundesregierung über Druck auf private und öffentliche Universitäten aus gegen Dritte (beschuldigte Studenten) vorzugehen. Falls es in einer Hexenjagd mit kangaroo courts mündet passiert denen nichts, damit geht man auf Nummer sicher. Aber wehe ein Student zu wenig wird, ohne strafrechtlich überführt zu sein, aus der Uni geworfen. Dann drohen Geldstrafen (Bundesmittelentzug).

    Das ganze ist so dermaßen perfide und als Präzedenzfall noch schlimmer als das Netzdurchsetzungsgesetz, denn bei letzterem geht es nur um Facebook-Posts, durch die sich jemand vors Schienbein getreten fühlt. Aber wenn dies auch bei so schwerwiegenden Anschuldigungen und bei solchen Konsequenzen gilt, dann wäre das eine indirekte Flucht in Privatrecht (bei öffentlichen Unis, ins lokale Recht der Uni) zur Bestrafung von nicht in einem fairen Verfahren überführten Beschuldigten: Was der Staat (oder zumindest der Bund) nicht selber darf dazu nötigt er Private (oder die lokale Univerwaltung). Und wenn es schief läuft, dann wäscht man seine Hände in Unschuld (waren ja die Unis, die als lokale öffentliche Einrichtung nicht an die gesamte Bill of Rights gebunden sind und als Privatuni gar nicht). Und dann lenkt man mit dem leiden von Vergewaltigungsopfern ab, während eine (höchstwahrscheinlich) Falschbeschuldigerin ihre Rufmordaktion als ausgezeichnete Kunstaktion und universitäre Abschlussarbeit (Bestnote versteht sich) anerkannt bekommt.

    Sorry, hier war die Trump-Regierung tatsächlich außnahmweise mal die Guten. Ob aus den richtigen Motiven, dass kann man gerne Anzweifeln. Aber Obamas Anordnung war gefährlicher, unrechtsstaatlicher Schrott.

  • Stefan Sasse 8. September 2017, 19:48
  • Ariane 8. September 2017, 21:05

    Zustimmung. Obwohl ich Ralf insofern zustimmen muss, dass „die Normalen“ eher die passendere Bezeichnung ist. Zeigt aber noch einmal aus, wie hinüber das amerikanische System aktuell ist.

    Die Kritik kam aber vielleicht auch daher, dass viele Personen die Rolle der Opposition falsch einschätzen oder wie Jens sagt, auch applaudieren, wenn überall einfach so blockiert wird. In Amerika ist es ja noch viel krasser, weil man mit einer totalen Blockadehaltung gleich einen Großteil des demokratischen Prozesses kurzschließen kann.
    In Deutschland ist so etwas ja gar nicht möglich, weil die Regierung auch die legislative Mehrheit hat, da braucht man andere Stimmen eigentlich ja nur bei einer Grundgesetzänderung.

  • Martin 8. September 2017, 23:00

    Lustig. Selten etwas gelesen, das derart massiv neben der Realität lag. Die Democrats, die an jeder Ecke durch Bevorzugungs-, Identitäts- , Quotenpolitik die Demokratrie und vor allem das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit ausgehebelt haben, sind „die Guten“ ?
    Ich lach mich flach.

    • Stefan Sasse 9. September 2017, 06:09

      Ich kann mich nur wiederholen: mir geht es explizit NICHT um policy. Aber dazu hätte man halt die Artikel richtig lesen müssen.

    • Tom 9. September 2017, 14:12

      Es fällt schwer, in dem, was man verabscheut, etwas Gutes zu sehen;
      .
      und wenn es nur in der Disziplin „ich mache das Staatswesen nicht kaputt“ ist. Gutes Personal ist heutzutage für den Souverän schwer zu bekommen, da ist man über diese im Vergleich zu jenen schon froh.
      Und moralisch geht das auch in Ordnung: Die Moral kommt erst nach unmoralicher Analyse und unmoralicher Bewertung ins Spiel.

  • Wolf-Dieter Busch 9. September 2017, 13:40

    Alles verstanden: die Democrats machen miese Politik, die Republicans zersägen die Demokratie.

    OT – Bemerkung dazu:

    Ereignis Nummer vier ist die Abschaffung einer Obama-Initiative im Bildungsministerium, die die Universitäten und Schulen dazu verpflichtete, Anschuldigungen von Vergewaltigung und sexueller Belästigung nachzugehen.

    Das Grassieren von Vergewaltigung würde ich eher in sozialen Brennpunkten vermuten, jedoch nie und nimmer im universitären Bereich. Darum habe ich ernste Verständnisprobleme mit dieser Initiative.

  • Tim 9. September 2017, 14:21

    @ Stefan Sasse

    ist die Abschaffung einer Obama-Initiative im Bildungsministerium, die die Universitäten und Schulen dazu verpflichtete, Anschuldigungen von Vergewaltigung und sexueller Belästigung nachzugehen.

    Da ist Obama auch übers Ziel hinausgeschossen. In einem Rechtsstaat werden Straftaten von Justiz & Polizei verfolgt. Universitäten und Schulen können dann auf Gerichtsurteile reagieren.

    Es ist nie sehr hilfreich, ausgerechnet für Straftaten eine Paralleljustiz aufzubauen. Hexenwahn ist die Folge.

  • Ariane 9. September 2017, 15:42

    Och Leute, Stefan schreibt es doch explizit. Es geht darum, dass bei Anschuldigungen wie Vergewaltigung oder sexueller Belästigung überhaupt nachgeguckt wird, was an den Anschuldigungen dran ist.

    Das sollte heutzutage doch selbstverständlich sein. Wie man da nun wieder ein Fass aufmachen kann und von Hexenjagd und Hexenwahn spricht, ist mir wirklich gänzlich unverständlich.

  • techniknörgler 9. September 2017, 20:56

    @Ariane:

    „Och Leute, Stefan schreibt es doch explizit. Es geht darum, dass bei Anschuldigungen wie Vergewaltigung oder sexueller Belästigung überhaupt nachgeguckt wird, was an den Anschuldigungen dran ist.“

    Falsch. Es geht darum, dass die Universitäten (!) ermitteln und bestrafen sollen und bei nicht ausreichendem Eifer bestraft werden können! Man Stelle sich einmal vor, einem Richter würde Strafe drohen, falls ihm Vorgeworfen wird, einen Schuldigen laufen gelassen zu haben… Das ist es eben – nur durch die Hintertür.
    (Und das ist auch das eigentliche Problem, wenn eine „Privatisierung der Rechtsdurchsetzung“ kritisiert wird, wie beim Netzdurchsetzungsgesetz: Wer einmal zu wenig löscht, der wird bestraft. Also muss der „Richter“ – das Unternehmen bzw. die beauftragen Angestellten – aufpassen, lieber mal einen Kopf zu viel rollen zu lassen. Bei einem Facebook-Post ist das aber noch harmlos.)

    Strafverfolgung ist ausschließlich Aufgabe von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten! Und diese sind an bestimmte Formalien gebunden. Und das ist auch gut so, denn bei einem klassischen Gericht würde ein solcher Trick (Richter droht Strafe für Freispruch eines – angeblich – schuldigen) und auch andere Tricks sofort auffallen.

    • Ariane 10. September 2017, 10:12

      Floor Acita hat weiter unten ja noch etwas dazu geschrieben. Die Universitäten können ja niemanden ins Gefängnis werfen. Aber wenn schwerwiegende Anschuldigungen an sie herangetragen werden, sollten sie dem natürlich nachgehen, um herauszufinden, was eigentlich passiert ist. Wie Floor schreibt, war es ja häufig so, dass so etwas komplett ignoriert wurde.
      Darin sehe ich auch keine Paralleljustiz. Wenn du bei der Arbeit von einem Kollegen verprügelt wirst, kannst du natürlich erstmal bei der Polizei Anzeige erstatten. Gleichzeitig kannst du deinem Chef davon berichten und der kann zb den prügelnden Kollegen rauswerfen. Da spricht ja auch niemand von einer gefährlichen Paralleljustiz, die zu Hexenverfolgung einlädt.

      • techniknörgler 12. September 2017, 20:18

        „Die Universitäten können ja niemanden ins Gefängnis werfen. “

        Was aber eine Faule ausrede ist. Es geht auch andere Sanktionen/Strafen und die sollen die Universitäten verhängen. Das ist aber nicht deren Zuständigkeit. Und nein, es muss nicht jeder zum Ermittler gegen Straftaten werden und nein, Universitäten müssen nicht Vorwürfen, die nicht direkt etwas mit akademischen Verhalten zu tun haben, nachgehen. Und Bildungseinrichtungen sind auch keine Arbeitgeber. In Bildungseinrichtungen wird die Grundlage für die Zukunft eines Menschen gelegt. Wer hier mit entsprechendem Vorwurf raus fliegt wird evt. nicht einmal in einer anderen Uni aufgenommen (in den USA)!

  • Gandsy 10. September 2017, 08:46

    Ich glaube, du stellst Ereignis 2 zu vereinfacht dar. Es ist richtig, dass konservative House-Abgeordnete regelmässig die USA als Geisel nehmen, wenn es um debt ceiling und continuing resolution geht. Mit Hilfe von Harvey wollten McConnell und Ryan die Massnahmem durchbringen.

    Aber es sie kriegen TROTZDEM nicht genügend Republikaner ins Boot! Deshalb müssen sie mit den Demokraten zusammenarbeiten.

    Der jetzige „Kompromiss“ ist aber bemerkenswert, weil die Demokraten (mit Trumps Hilfe!!) die Republikaner völlig über den Tisch gezogen haben. Die republikaner wollten eine Verlängerung für 18 Monate (bis NACH den Midterms!), damit hätten sie Ruhe für ihre anderen Gestzesprojekte wie Tax Reform etc. Doch die Demokraten gingen in die Verhandlung mit einer Verlängerung von nur 3 Monaten (eine Idee die Ryan als lächerlich bezeichnete). Und Trump ist auf den Deal SOFORT eingegangen (The Art of The Deal ;)). Jetzt können die Demokraten in 3 Monaten ihre Zustimmung zum debt ceiling und budget wieder teuer verkaufen.

    Anmerkung: die Demokraten nehmen die USA explizit NICHT als Geisel, weil die Republikaner genug Stimmen hätten um debt ceiling auch ohne Demokraten durchzubringen, sind aber zu disfinktional dazu.

    • Stefan Sasse 10. September 2017, 17:05

      Was du schreibst ist zwar technisch richtig, macht aber politisch keinen Sinn. Da die GOP zu disfunktional ist, um das debt ceiling eigenständig zu erhöhen, könnten die Dems es sehr wohl als Geisel nehmen – es fiele ihnen sogar NOCH leichter als der GOP, weil die ja den Kongress kontrolliert. Der einzige Grund warum die Dems das nicht machen ist, weil es Irrsinn ist. Und „über den Tisch gezogen“ haben sie die Republicans auch nicht, denn die haben genau das bekommen, was sie wollten.

  • Floor Acita 10. September 2017, 09:35

    Die Obama Richtlinie war absolut notwendig. Universitäten haben keine Möglichkeit irgendjemanden rechtskräftig zu verurteilen, das ist Humbug. Es geht ausschliesslich um die Entscheidung wie mit dem Fall umzugehen ist. Eine dieser Fragen wäre „wird Anzeige erstattet“, dann müsste sich sowieso der Rechtsstaat drum kümmern. Soll man den Beschuldigten für gewisse Zeit ausschliessen, ihn von der Schule werfen etc. Dass sich eine Uni oder Schule mit diesen Fragen bei so schweren Anschuldigungen befasst sollte selbstverständlich sein. Dass es das nicht war und Anschuldigungen einfach ignoriert wurden, was ein Klima schafft dass Vergewaltigung und sexuelle Gewalt in eine Grauzone verschob machte die Richtlinie notwendig – sie schreibt vor, dass sich zumindest 1(!) Person mit derlei Anschuldigungen auseinandersetzt…

    Insgesamt stimme ich dem Artikel weitgehend zu, denke aber wie Ralf a
    es hat mit den Kritiken an den Demokraten wenig zu tun. Es zeigt vielmehr eindrücklich wie weit sich das Spektrum in Washington bereits verschoben hat im Vergleich zum Gesamtspektrum aller Amerikaner. Die Demokraten sind die bessere vlt einzig mögliche Wahl da sie die Grundanforderungen an eine demokratische Partei weitestgehend erfüllen – das ist ein absolutes Armutszeugnis, in dem Sinne werden Kriegsverbrecher die Folter wieder salonfähig gemacht haben wie Bush, Cheney, Rumsfeld auch plötzlich zu Guten weil sie nicht öffentlich Nazi-Argumenge übernehmen…

    • Floor Acita 10. September 2017, 09:37

      Covfefe „Argumente“ natürlich

    • techniknörgler 12. September 2017, 20:34

      „Die Obama Richtlinie war absolut notwendig. Universitäten haben keine Möglichkeit irgendjemanden rechtskräftig zu verurteilen, das ist Humbug.“

      Es geht ja gerade nicht um die Formalie, sondern die faktische Auswirkung!

      „Es geht ausschliesslich um die Entscheidung wie mit dem Fall umzugehen ist.“

      Wow, dass ist mal eine nette euphemistische Umschreibung für bestrafen. Ginge es nur um Weitergabe an die Polizei nach einer Vorprüfung durch die Uni (anstatt jeden Vorwurf direkt weiter zu leiten), dann gebe es auch nicht den großen Protest (mal abgesehen davon, dass das mutmaßliche Opfer die Anzeige auch direkt bei der Polizei einreichen kann, wenn es schon bereit ist eine offizielle Anzeige bei der Uni einzureichen).

      Es geht aber um die Verhängung von universitären Sanktionen die sich masiv auf das zukünftige Leben auswirken! Wer in den USA aus der Uni fliegt mit der Begründung „sexueller Übergriff“ in der Akte, der braucht sich erst gar nicht mehr bei anderen Uni zu bewerben. Und in einem Land, in dem ohne College- und Uni-Abschluss karieremäßig nichts läuft ist es dann vorbei. Und nein, die amerikanische Campus-Struktur als eigene Welt für sich rechtfertigt es auch nicht, die macht es eher noch schlimmer: Ohne Unschuldsvermutung und faires Verfahren kann jemand aus seinem sozialen Umfeld verbannt werden. Denn das ist der Rauswurf eben auch und Verbannen ist eine Strafe.

      Und warum gibt es keine fairen Verfahren vor der Verbannung (eine Strafe, die im normalen Strafrecht interessanter Weise ziemlich aus der Mode gekommen ist, nicht nur im Westen: Entweder gibt es wenige eingreifende Strafen oder gleich eingreifendere Strafen wie Gefängnis- oder Todesstrafe)? Habe ich bereits oben geschrieben: Die beurteilende Instanz kann selber bestraft werden, falls es zu einem (angeblich) falschen Freispruch kommt.

      • techniknörgler 12. September 2017, 20:39

        Nachtrag:

        Warum ist es den Beschuldigten eigentlich an vielen Universitäten nicht erlaubt, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen oder diese dabei zu haben, wenn es nur um ein „mal dern Vorwürfen nachforschen“ geht? Und in wie fern ist es ein nur „den Vorwürfen nachforschen“ wenn diese Gremium, vor dem man sich keines Rechtsbeistandes bedienen kann, eine lebenszerstörende Sanktion verhängen kann. Hier hätte ich gerne mal antworte! Die wurden nämlich bisher vermieden.

      • techniknörgler 12. September 2017, 20:41

        Nachtrag:

        Warum ist es den Beschuldigten eigentlich an vielen Universitäten nicht erlaubt, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen oder diese dabei zu haben, wenn es nur um ein „mal dern Vorwürfen nachforschen“ geht? Und in wie fern ist es ein nur „den Vorwürfen nachforschen“ wenn dieses Gremium, vor dem man sich keines Rechtsbeistandes bedienen kann, eine lebenszerstörende Sanktion verhängen kann? Hier hätte ich gerne mal Antworten! Die wurden nämlich bisher vermieden.

      • Floor Acita 13. September 2017, 05:33

        Ob jemand von der Schule geworfen wird kann diese sowieso entscheiden, gerade in den USA – was heisst „nicht zuständig“? Leute können auch von der Schule fliegen weil sie Drogen nehmen ohne anderen zu schaden, an anderen Schulen ist das nicht der Fall, in manchen Schulen werden Schüler wegen der falschen Klamotten bestraft.

        Die Schule muss im Interesse ihrer Schüler handeln, das zu entscheiden ist nicht leicht, einen so ernsthaften Vorwurf wie sexuelle Belästigung einfach zu ignorieren kann aber wohl kaum das richtige Klima des Vertrauens schaffen.

        • techniknörgler 14. September 2017, 22:30

          „Ob jemand von der Schule geworfen wird kann diese sowieso entscheiden, gerade in den USA – was heisst „nicht zuständig“? Leute können auch von der Schule fliegen weil sie Drogen nehmen ohne anderen zu schaden, an anderen Schulen ist das nicht der Fall, in manchen Schulen werden Schüler wegen der falschen Klamotten bestraft.“

          1. Fehlende rechtliche Kontrolle und Willkür in einem Bereich, rechtfertigt nicht die Ausdehnung auf weitere Bereiche. Und insbesondere nicht auf schwerere Vorwürfe mit dramatischen Konsequenzen und Stigma für das ganze Leben.

          2. Man muss sich entscheiden: Entweder rechtfertigt man es mit schulischer oder universitärer Autonomie, dann darf man aber eben nicht von oben herab anordnen oder nötigen. Oder man verpflichtet die Universitäten von oben, dann kann man es nicht mehr als autonomen Akt der Uni hinstellen, dann muss stattdessen die anordnende Instanz Verantwortung übernehmen.

          3. Mit dem Vorwurf eines sexuellen Übergriffes in der Uni-Akte braucht man sich an anderen Unis gar nicht mehr bewerben: Die Karriere ist vorbei, viel Glück mit dem aktenkundigen „Schuldspruch“ durch ein Tribunal noch einen vernünftigen Job zu bekommen, gerade in den USA. Das ist auch der Sprung zu von Schulen zur Uni, der hier plötzlich vorgenommen wurde, fehlerhaft: Wer von einer Schule fliegt, der hat natürlich noch das Recht zumindest an einer irgend einer öffentlichen Schule aufgenommen zu werden, nur Privatschulen können hier verweigern. Bei Unis und Colleges sieht das ganz anderes aus. Zusätzlich sind die die meisten Unis und Colleges in des USA sowieso nicht staatlich (im Gegensatz zu allgemein-bildenden Schulen) und die Angesehensten sowieso privat, wobei das Prestige der Uni deutlich wichtiger ist, als die Frage, auf welcher High School man war.

          • Floor Acita 15. September 2017, 04:31

            Die Richtlinie schreibt vor die Uni hat sich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen, nicht Leute schuldig zu sprechen. Es gibt in den USA geschätzte 2% falsche Beschuldigungen, dem stehen wesentlich höhere Dunkelziffern von nicht zur Anzeige gebrachten Übergriffen gegenüber. Wie gesagt ist es denke ich in Deutschland gang und gäbe sich mit Vorwürfen zu befassen – wie sollte denn eine Uni ihrer Meinung nach handeln falls sich eine Studentin z.B. einer Lehrkraft, einem Betreuer in einem Internat, einer psychologischen Faschkraft etc. anvertraut?

            Die private Universität kann aufnehmen und fliegen lassen wen sie will, völlig willkürlich – das soll sie hier gerade nicht tun. Letztendlich ist es der Vorwurf der den von Ihnen dargestellten Ansehensverlust mit sich bringt, nicht der Umgang damit. Der Rechtsstaat hat auch falschen Verdächtigungen nachzugehen und diese sind selbstverständlich auch eine Straftat und auch dafür kann man von der Schule fliegen. Wie gesagt ist die Zahl solcher falscher Anschuldigungen aber zum Glück verschwindend gering/ein untergeordnetes Problem – im Netz könnte man manchmal glauben es gäbe eine Art Epidemie…

            • techniknörgler 19. September 2017, 11:31

              „Es gibt in den USA geschätzte 2% falsche Beschuldigungen“

              Die feministische Schätzung ist fake news.

      • bevanite 13. September 2017, 18:42

        Man kann sich übrigens einem solchen Prozedere auch ziemlich einfach entziehen, nämlich indem man einfach keine sexuellen Übergriffe begeht. Bleedin‘ obvious, isn’t it?

        • Gandsy 13. September 2017, 18:47

          Und auch keinen harten Sex mit der Freundin, weil sonst hat man ein Problem, wenn ein Nachbar irgendetwas durch die Wand hört und dich verpfeift. Deine Freundin wird dann für traumatisiert erklärt und ihre Aussage, dass es einvernehmlich war einfach ignoriert.

          http://www.latimes.com/sports/usc/la-sp-matt-boermeester-removed-unfairly-girlfriend-says-20170730-story.html

          • Floor Acita 14. September 2017, 14:18

            Der Fall unterstreicht eigentlich nur, dass das Personal in Hinseicht auf solche Vorwürfe wie Vergehen nicht richtig geschult ist. Die Uni sucht ständig nach Möglichkeiten sich niocht wirklich mit dem Thema beschäftigen zu müssen, das kann dann entweder das Ignorieren oder die „zero tolerance“ Strategie sein, die beide zu nichts führen.

            Die Lösung ist aber nicht der Uni halt einen Freifahrtsschein auszustellen, sondern die Richtlinie mit weiteren Schulungen, pädagogischer Weiterbildung etc. zu ergänzen.

            Wie gesagt die Richtlinie ist wirklich nur eine Mindestanforderung „bitte ignoriert solche Vorwürfe nicht einfach“.

        • techniknörgler 14. September 2017, 22:09

          „Man kann sich übrigens einem solchen Prozedere auch ziemlich einfach entziehen, nämlich indem man einfach keine sexuellen Übergriffe begeht. Bleedin‘ obvious, isn’t it?“

          Davon muss ich unbedingt einen Screenshot machen. Das Unverständnis für den Sinn hinter rechtsstaatlichen Verfahren mit Unschuldsvermutung und rechtlicher Vertretung trieft da nur so raus.

          Warum überhaupt noch gerichtliche Strafverfahren? Wer angeklagt wird ist schuldig, wer keine Straftat begeht, der hat schließlich nichts zu befürchten. Niemals würde ein Unschuldiger angeklagt werden, also warum also noch das formale Prozedere danach, welches von alten, weißen, heterosexuellen, cisgender Männern erfunden, propagiert und verteidigt wurde (z.B. Montesquieu, Locke, Founding Fathers), um schuldige, privilegierte Unterdrücker zu schützen. Wieso eigentlich überhaupt noch die Anklage abwarten. Falsche Beschuldigungen gibt es eh kaum.

          Oder war das getrolle? Heißt es am Ende nur, „War ein Witz“ oder „War Satire“, um zu schauen, welche verstockten Reaktionäre tatsächlich glauben, progressive third wave Feministen seien in Wahrheit feinde des Rechtsstaates unter Verwendung der billigsten Argumente, währen die das in Wahrheit nie so fordern würden?

          Oder war es eine false flag operation um modernen Feministen eine absurde Argumentation unterzuschieben?

          Ich weiß es nicht, aber ich habe das unangenehme Gefühl, es war ernst gemeint.

          • Rauschi 15. September 2017, 08:12

            Das Unverständnis für den Sinn hinter rechtsstaatlichen Verfahren mit Unschuldsvermutung und rechtlicher Vertretung trieft da nur so raus.
            Dem kann ich nur zustimmen, ich habe das auch schon mehrfach bemängelt. Meist kam dann die Erwiderung, es wären doch nur wenige Fälle und deswegen nicht so wichtig. Dabei ist für mich die Unschuldsvermutung der Eckpfeiler des Rechtsstaates. Das sehen aber offensichtlich viele nicht so, das zeigt auch der seltsame Umgang mit dem Wissen über die Überwachung, nach dem tollen Motto: Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten. Wenn ich diesen Spruch höre, frage ich als erstes, was mein Gegenüber verdient, darauf kommt fast immer ziemlich brüsk die Aussage, das gehe mich gar nichts an. Was stimmt, aber warum dürfen das dann andere ausspähen, die es ähnlich wenig angeht, doch was zu verbergen? Ich sage dann immer, ja, ich habe was zu verbergen und ich habe sogar das Recht dazu, nennt sich Privatsphäre.

            Gruss Rauschi

            • Floor Acita 15. September 2017, 09:05

              Staatliche Überwachung, staatlich[!] – das ist der Unterschied. Unis sind keine Gerichte und haben keine rechtsstaaliche Funktion als Strafverfolgungsbehörde. Ein rechtsstaatliches Verfahren mit allen Vorschriften und „due process“ steht allen Beteiligten völlig unabhängig der Entscheidung der Uni zu jeder Zeit sowieso offen.

              Wenn Vorwürfe im Raum stehen muss irgendeine Entscheidung getroffen werden wie mit dem Fall umzugehen ist, das ist völlig normal und in jedem Unternehmen so, in jeder Institution. Sowohl in Schulen als auch in Unternehmen gibt es normalerweise eigene Richtlinien was in einem solchen Fall zu tun ist, wie das weitere Vorgehen ist – nochmal, das ist alles andere als aussergewöhnlich. Die Obama-Richtlinie ist eine Reaktion auf ein völliges Ignorieren, und ein real existierendes Klima an dem sich eine große Anzahl wenn nicht eine Mehrheit an Studentinnen einfach nicht mehr wohlgefühlt hat – zwischen 1/3 und der Hälfte aller Studentinnen gibt an selbst Opfer eines nicht einvernehmlichen sexuellen Übergriffs gewesen zu sein, mangelnde Unterstützung/Hilfestellung, die Angst vor Stigmatisierung halten eine Vielzahl von jungen Frauen davon ab Anzeige zu erstatten.

              Die Anzahl der Fälle bedeutet nicht, dass die einen Fälle unwichtig sind, sondern wie priorisiert werden muss, was ist das gesellschaftlich drängendere Problem – würde es dann tatsächlich zu einer gesellschaftlich signifikanten Welle von Fehlurteilen kommen, müsste natürlich korrigiert werden, aber das ist nunmal nicht der Fall und auch nicht zu erwarten als Ergebnis einer Richtlinie die einer Lehreinrichtung vorschreibt zumindest 1 Person zu benennen die sich mit Vorwürfen von Straftaten auf ihrem eigenen Gelände / im eigenen Haus auseinandersetzt…

              • bevanite 15. September 2017, 09:47

                Alles richtig.

              • Rauschi 15. September 2017, 14:23

                Staatliche Überwachung, staatlich[!] – das ist der Unterschied. Unis sind keine Gerichte und haben keine rechtsstaaliche Funktion als Strafverfolgungsbehörde.
                Das ist doch vollkommen irrelevant für das Thema, ein Rechtsstaat definiert sich doch nicht nur im Umgang des Staates mit dem Bürger, sondern auch der Bürger/Unternehmen/Schulen unter- und miteinander.

                Wenn Vorwürfe im Raum stehen muss irgendeine Entscheidung getroffen werden wie mit dem Fall umzugehen ist, das ist völlig normal und in jedem Unternehmen so, in jeder Institution. Sowohl in Schulen als auch in Unternehmen gibt es normalerweise eigene Richtlinien was in einem solchen Fall zu tun ist, wie das weitere Vorgehen ist – nochmal, das ist alles andere als aussergewöhnlich.
                Bei Unternehmen ist doch schonmal ein Unterschied, das da Menschen angestellt sind und es ein Abhängigkeitsverhältniss gibt, was immer zu einer gewissen Unterordnung unter die bestehenden Regeln führt. Natürlich sind auch Studenten in gewissen Weise von der Uni abhängig, aber nicht im gleichen Masse. Wie habe ich mir das „Umgehen“ mit einer Anzeige vorzustellen? Einen Stadtplan mit der Beschreibung zum nächsten Polzeirewier, eine anwaltliche Beratung, Hinweise, welche Beweise gegebenenfalls gesichert werden müssen? Alles kein Problem, aber ich sehe schon die Gefahr, das da jemand der Uni verwiesen wird, ohne das es ein Verfahren mit Schuldspruch gab. Es bleibt immer etwas hängen. Jetzt mit der niedrigen Zahl von Falschanzeigen zu kommen, führt nicht weiter. Hilfestellung bei Anzeige, für mehr sehe ich keine Rechtfertigung.

                Gruss Rauschi

          • bevanite 15. September 2017, 09:40

            Nur macht Ihr Plädoyer an dieser Stelle überhaupt keinen Sinn, ist es doch gerade bei Vergewaltigungen / sexueller Belästigung eher umgekehrt, nämlich dass dem Opfer weniger Glauben geschenkt wird. Darüber hinaus habe ich an keiner Stelle gefordert, amtliche Gerichtsverfahren abzuschaffen. Das, werter techniknörgler, ist eine eigentlich ziemlich dreiste Paraphrasierung meines Kommentars.

  • Rauschi 11. September 2017, 13:29

    @Stefan Sasse
    Wenn wir doch auf Seiten der „Guten“ sind, warum werden meine Kommentare von Herrn Pietsch gelöscht?
    In seinem neuesten Artikel wurden mindestens 2 Kommentare gelöscht, waren vielleicht etwas off-Topic, aber das finde ich doch sehr heftig.
    Gruss Rauschi

    • Stefan Pietsch 11. September 2017, 13:35

      Von Ihnen ist kein einziger Kommentar gelöscht noch zensiert worden. Alles, was im Papierkorb liegt, ist von Logos. Publizieren Sie seit Neuestem unter seinem Namen?

      • Rauschi 11. September 2017, 14:33

        Das ist falsch, ich habe Ihnen auf den Vorwurf mit dem Eintrag in eine Plattform geantwortet, Sie löschen offensichtlich auch Ihre eigenen Kommentare, sodas das auch nicht mehr da steht.
        Wissenschaft und Medien, zwei Paar Schuhe?
        Ich habe den sogar noch ohnline gesehen und mich geärgert, weil ich wieder ein falsches < gesetzt habe.
        Ihr Kommentar von wegen Wissenschaft wäre neutral, der ist auch weg.

        *kopfschüttel*
        Rauschi

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