Was die Demokratie wirklich gefährdet

Die Demokratie beruht auf Normen. Dieser Satz erscheint ebenso harmlos wie banal. Tatsächlich aber sind die Normen das absolute Fundament auf dem sie ruht, nicht, wie so oft angenommen, die Verfassung. Es ist eine dieser über-lernten Lektionen aus Weimar, dass die Demokratie durch eine ungeschickte Verfassungskonstruktion stolperte. Der Artikel 48 war aber genauso wenig schuld am Fall Weimars wie das Electoral College an Trump. Stattdessen geht es um Normen – und ihre Missachtung.

Verweilen wir für einen Moment beim Beispiel Weimars. Es wird oft gesagt, der Artikel 48 sei ein Fehler gewesen und habe dem Präsidenten zuviel Macht gegeben. Tatsächlich haben Verfassungsrechtler von damals bis heute immer wieder betont, dass die Hindenburg’sche Anwendung gegen die Verfassung verstieß. Nur hat das niemandem gekümmert. Die Rechten und Linken wollten die Republik, je aus unterschiedlichen Motiven, ohnehin fallen sehen. Und die Sozialdemokraten und kläglichen Reste anständiger Bürgerlicher waren dazwischen eingeklemmt und hofften nur noch, Schlimmeres zu verhindern. Der eigentliche Machtkonflikt wurde auf der Straße und in den Hinterzimmern ausgetragen – ein Bruch demokratischer Normen.

Als umgekehrtes Beispiel mag 1968 dienen, als die Große Koalition, mit einer Mehrheit jenseits der 90%, die Notstandsgesetze gegen massive Proteste einführte. Die Befürchtung war eine Wiederholung der Krise von Weimar. Nichts dergleichen geschah, obwohl die Erklärung des Notstands nicht wesentlich größere Hürden zu überwinden hatte als 1925. Das liegt schlicht daran, dass in der BRD demokratische Normen immer noch intakt sind. Kein Bundesverfassungsgericht der Welt könnte eine Regierung aufhalten, die auf den Exekutivapparat gestützt gegen die Verfassung regiert und diese bricht. Alles was zwischen Demokratie und Finsternis steht sind Normen: klein, zart, unauffällig und zerbrechlich.

Das ist die große Gefahr des Jahres 2016: der gigantische Normenbruch um uns herum, der den Boden bereitet für die eigentliche, größere Gefahr.

Ein frappantes wie aktuelles Beispiel hierfür ist, wie könnte es anders sein, Trump. Seine schon fast pathologischen Lügen wurden zur Genüge diagnostiziert. Unter demokratischen Normen aber verstehen wir bei „Lügen“ von Politikern etwas anderes, denn normalerweise lügen Politiker nicht im Wortsinne. Einen Politiker bei einer bewussten Falschaussage zu ertappen war und ist höchst selten. Stattdessen verschweigen sie etwas, drücken sich mehrdeutig aus, biegen die Wahrheit, interpretieren in ihrem Sinne, beschönigen, können Versprochenes nicht umsetzen. All das ist stets Teil des Geschäfts, genauso wie das der Presse, sie dabei zu ertappen und in die Ecke zu drängen, und das Geschäft der Opposition, ein gegenläufiges Narrativ zu schaffen.

Wenn aber jemand bei den offensichtlichsten und überprüfbarsten Sachverhalten lügt, und das mehrmals am Tag, bricht das sämtliche Normen. Es existiert schlichtweg kein Mechanismus, um dann damit umzugehen. Stattdessen legitimieren die Normen ihren eigenen Bruch. Ein gängiger Witz besagt, dass wenn die Republicans behaupteten, die Erde sei flach, die New York Times titeln würde, die Parteien seien sich nicht über die Form der Erde einig. Diese Art der Berichterstattung funktioniert für policy-Differenzen. Sie versagt völlig, wenn sich eine Seite nicht an die Regeln hält.

Das soll aber nicht in billige Medienschelte ausarten. Schließlich wurde zurecht darauf hingewiesen, dass es im Wahlkampf nicht an negativer Berichterstattung über Trump mangelte. Der Normenbruch führte aber dazu, dass bei der Masse der Wähler der Eindruck entstand, beide Kandidaten seien gleich schlimm. Auf diese Art bleibt der Normenbruch ungestraft, ja, wird belohnt.

Wir sehen diesem Mechanismus in vielen Ländern rechtspopulistische Strömungen befeuern. Ob AfD in Deutschland, UKIP in England und Wales, Fidesz in Ungarn, PiS in Polen, die frühere Lega Nord in Italien – das Ziel ist stets der kalkulierte Normenbruch, um selbst salonfähig zu werden.

Diese Strategie funktioniert fürchterlich gut. Wenn sich bei den Wahlen erst einmal eine „Schlimmer können die es auch nicht machen“-Mentalität festgefressen hat, kommen Demokratiefeinde erst an die Macht und höhlen dann die Demokratie von innen aus. Denn wer sollte sich hinter Institutionen stellen, die für unzureichend befunden wurden, eine Diagnose, die sich durch den Erfolg ihrer Gegner quasi in eine sich selbst erfüllende Prophezeiung gewandelt hat?

An dieser Stelle des Textes sollte so etwas wie eine Lösung stehen. Aber ich weiß keine. Demokratische Normen halten nur so lange, wie die deutliche Mehrheit der Bevölkerung sie zu verteidigen bereit ist. In dem Moment, in dem das „Ja, aber“ die Oberhand gewinnt („Ja, die AfD ist rassistisch, aber“, „Ja, Trump lügt und fordert die gefährlichsten Dinge, aber“), schwebt die Demokratie in Gefahr.

{ 17 comments… add one }
  • FrageZeichen 20. Dezember 2016, 11:40

    Die Demokratie wird also seit Trump ausgehöhlt. Oder seitdem die „bösen Rechten“ in Polen, Italien, Frankreich etc größere Zustimmungswerte haben. Die haben den Tabubruch begangen und Normen verletzt. Aha. Also so.

    Wohl nicht so ganz. Die Demokratie wird ausgehöhlt seitdem die Etablierten auf demokratische Prinzipien verächtlich spucken. Seitdem die Verfassungen der Staaten (von den Etablierten) systematisch gebrochen werden ohne das es irgendeine gesellschaftliche Instanz interessieren und ohne das es irgendein Korrektiv geben würde.

    Somit hat der Autor wieder mal überhaupt nichts begriffen. Denn: Trump ist lediglich ein Symptom und spielt keine Rolle. Er ist das männliche blonde Pendant zu Killary.

    It’s the economy, stupid!

    • Hanna Solo 20. Dezember 2016, 13:26

      Und zack! heftet sich ein Propagandabot dran. Und so gehen die Spielchen weiter, wie im Artikel beschrieben.

      • FrageZeichen 20. Dezember 2016, 15:56

        Wenn schon eine Verschwörungstheorie, dann war es doch bitte Putin (der leibhaftige) der sich dir an die Fersen geheftet hat. Putin (höchstpersönlich) hat den Kommentar geschrieben.
        Es ist Putin gewesen! Er beeinflusst jetzt (!) schon den nächsten Bundestagswahlkampf. Es muß sich also um eine russische(!) Hackerattacke handeln. Was denn sonst?

      • Erwin Gabriel 23. Dezember 2016, 13:18

        „Und zack! heftet sich ein Propagandabot dran. “

        … sagt der Propagandabot von der Gegenseite… 🙂

        Ob nun ein Donald Trump im Wahlkampf behauptet, die Erderwärmung sei nur eine Marketing-Kampagne der Chinesen, um die US-Wirtschaft zu schwächen, oder beispielsweise die deutsche Bundeskanzlerin ihre Politik für alternativlos erklärt (ob sie nun die Atomkraft erst wieder einführt und anschließend abschaltet, die Flüchtlinge erst raushält, dann unkontrolliert hereinlässt und nun wieder auszusperren versucht, ob sie Griechenland zuerst Zahlungen verweigert und dann in Milliardenhöhe leistet), sind nur graduelle Unterschiede.

        Ich bin da bei FrageZeichen:
        AfD, FPÖ, UKIP, Front Nationale, Donald Trump sind Symptome für bzw. Resultate der Situation, nicht deren Ursache.

        Vielleicht hilft ein Blick auf den Aktienmarkt, um die Situation zu verdeutlichen: Die Entwicklung des Aktienkurses eines Unternehmens wird nicht durch dessen Produktqualität, Leistungsfähigkeit, finanzielle Gesundheit etc. bestimmt, sondern durch die Erwartungshaltung in die (oft unbekannte) Geschäftsentwicklung in der Zukunft. Losgekoppelt von der Realität, doch mit sehr, sehr realen Auswirkungen.

        Auch in der Politik haben Fakten beim Wähler nur einen kleinen Einfluss; was zählt, sind Erwartungen, Hoffnungen, Befürchtungen, Emotionen. Werden diese Erwartungen enttäuscht, und überwiegen die Befürchtungen die Hoffnungen, kriegen die führenden Köpfe (ob CEO oder Bundeskanzlerin) Probleme.

        Und ganz offenbar haben sich die zumindest teilweise vorhandenen Hoffnungen, die mit den Flüchtlingen verbunden waren, nicht erfüllt; inzwischen überwiegen die Befürchtungen doch deutlich. Die Parteien, die dieses Gefühl aufgreifen und eventuell verstärken (nicht: erzeugt haben), werden stärker; die, die es leugnen, werden schwächer.

  • Tim 20. Dezember 2016, 14:15

    Ich finde, es ist jetzt offensichtlich geworden, was man schon seit vielen Jahren vermuten kann: nicht die Demokratie ist am Ende, sondern die gesellschaftliche Organisation in zu großen politischen Einheiten. Politische Eliten versuchen stets, Dinge einheitlich auf nationaler (oder in Europa: auf EU-) Ebene zu regeln. Das wird künftig zu immer größeren Problemen und stetig wachsendem Widerstand führen.

    Die Lösung wäre konsequente Subsidiarität, und zwar nicht nur im EU-Kontext. Allerdings bedeutet Subsidiarität auch immer Machtverlust für die mächtigsten Politiker, daher hat sie es immer schwer.

    • Stefan Sasse 25. Dezember 2016, 20:17

      Ich bin da gar kein Fan von, und nicht, weil ich ich viel Mitgefühl für den Geltungsdrang mancher Machteliten habe. In den USA hast du viel mehr Subsidarität (in Form von weitreichenden Kompetenzen der Bundesstaaten, Counties, Kommunen, etc) und das tut der Legitimität nichts Besseres. Im Gegenteil, viele der Effekte, die sich massiv negativ auf das Leben der Leute auswirken, werden auf lokaler Ebene entschieden.

      • Tim 27. Dezember 2016, 09:59

        Ja. Genau das ist der Sinn bürgernaher Entscheidungen. Dann wählen die Leute ihre lokale Politik eben ab. Auf Bundesebene ist das kaum möglich, da viele Entscheidungen, denen Bürger in Bundesstaat A zustimmen, Bürger in Bundesstaat B eben ablehnen. Gerade in den USA kann man ja wunderbar sehen, wie große Politik regional unterschiedlich aufgenommen wird.

        Abgesehen davon sind die USA zwar auf dem Papier (Verfassung) ein vorbildlich subsidiäres Staatsgebilde, in der Praxis gibt es heute aber – wie leider fast überall sonst auch – ein massives Übergewicht der Zentralregierung. Schau Dir nur mal die Verteilung der US-Staatsausgaben auf Bundesregierung und Einzelstaaten an.

  • Blechmann 21. Dezember 2016, 07:01

    Der Unterschied ist aber doch nicht, dass es jetzt Politik-Rüpel wie Trump gibt, die es vorher nicht gab, sondern, dass diese Rüpel damit durchkommen. Die Frage ist, warum und von wem die vorher gestoppt wurden. Die Funktion des Normen-Bruchs scheint mir zu sein, sich von der Schein-Opposition abzugrenzen. Angenommen wir haben zwei Politiker. Einer sagt: „Ich bin gegen Migration, soweit sie sich verhindern lässt“, der andere: „Muslime sind scheiße!“

    Der erste Satz ist eine Leerformel, er sagt absolut nichts über die Politik aus, die dieser Politiker in Sachen Migration betreiben wird. Vermutlich wird er sie nach Kräften fördern und hat diese Formulierung gewählt, um die Wähler zu beschwichtigen. Politiker Zwei ist dagegen wahrscheinlich wirklich gegen Migration.

    Insofern sagt der AfD-Wähler wohl nicht „Ja, die AfD ist rassistisch, aber“, denn gerade der „Rassismus“ ist doch der Markenkern. Die Gesinnung, welche diese Partei glaubwürdig macht, dass sie zumindest versuchen wird, die Massenmigration von Muslimen zu verhindern.

    Die Funktion der plumpen Lügerei ist mir allerdings auch nicht klar. Wobei mir bei der AfD bisher auch nicht aufgefallen ist, dass sie verstärkt kontra-faktische Behauptungen aufstellt.

    • Stefan Sasse 25. Dezember 2016, 20:20

      Aber das ist ja gerade ein Superbeispiel, denn über ihre Migrationspolitik sagen beide nichts. Der eine sagt, dass er keine Muslime leiden kann, aber das lässt keine Rückschlüsse auf seine Politik später zu – genausowenig im ersteren Fall.

  • Ant_ 21. Dezember 2016, 14:44

    Ich bin mir um ehrlich zu sein sehr unsicher was die Normenfrage angeht.
    Nicht, ob Normen wichtig sind für Demokratie – sondern, wer diese Normen haben muss, damit die Struktur demokratisch bleibt.
    Ich glaube, die meisten Menschen verstehen nicht besonders gut, was demokratische Prinzipien sind, was rechtstaatliche Prinzipien eigentlich beinhaltet und was es bedeutet, dass staatliche Akteure diskriminierungs- und interessefrei handeln sollten, genauso wie im Falle einer Abstimmung über die Abschaffung der Todestrafe auch keine Mehrheit zustanden gekommen wäre.
    Die Eliten haben in westlichen Demokratien sehr lange Appeasement machen können, aber die Resourcen dafür werden immer weniger, und über das Internet usw. kommt wirklich eine objektivere Sichtweise an den Tag, was viele Menschen in der Bevölkerung wirklich denken. Das kann man als eine zunehmende Inklusion in den politischen Prozess von vormals Exkludierten begrüßen, oder aufgrund des Inhaltes und seiner korridierenden und korrumpierenden Eigenschaften kritisieren – ich neige zu letzterem.
    Die Normen waren nie in der Gesamtbevölkerung, sondern nur in der Elite verankert. Wir erleben keinen Normenzerfall bei der Elite, sondern eine abnehmende Kontrolle dieser Gruppe mit ihrer Normen, und dadurch stehen diese Normen auf einmal offen zur Disposition (nebenbei bemerkt: fast alle, die in diesem blog schreiben oder kommentieren, gehören zu dieser Elite, ob sie das so wahrnehmen oder nicht. Deswegen fühlt sich dieser Prozess auch schrecklich an.)
    Das Problem ist m.M.n. darüber hinaus, dass wir es mit einer asymmerischen Form der Auseinandersetzung zu tun haben: Die Argumente der einen sind als solche für die andere Seite schon gar nicht mehr zu erkennen. Ich weiss aktuell auch wirklich nicht, was getan werden könnte. Ich glaube nur, einfach von „Normen“ im freischwebenden gesellschaftlichen Raum zu reden ist wenig zielführend.

    • Ralf 21. Dezember 2016, 23:24

      Die Normen waren nie in der Gesamtbevölkerung, sondern nur in der Elite verankert. Wir erleben keinen Normenzerfall bei der Elite, sondern eine abnehmende Kontrolle dieser Gruppe mit ihrer Normen, und dadurch stehen diese Normen auf einmal offen zur Disposition

      Yep, sehe ich genauso!

      Und ich fuege noch hinzu, dass der Kontrollverlust in zwei Schritten erfolgte. Erstens die Einfuehrung des Privatfernsehens und zweitens anschliessend die Schaffung des Internets.

      Bevor wir das Privatfernsehen hatten, wurden Sendungen nicht blind nach Einschaltquoten gemacht. Die Sender hatten nicht nur eine Unterhaltungspflicht, sondern es gab auch lehrreiche Programme (z.B. die Telekolleg-Reihe, auch wenn die nicht von vielen angeschaut wurde), viel Information, die Qualitaet des Journalismus war hoch. Meinungsvielfalt wurde eigentlich einigermassen gut repraesentiert (man denke etwa an die Unterschiede in der Ausrichtung zwischen WDR und BR) und vor allem wurde ein gewisses Niveau nicht unterschritten. All das endete als die Privaten kamen mit ihren Anbruellsendungen, Betroffenheitstalkshows mit Fake-Gaesten, mit Reality-TV, mit Softpornos und Tittenshows. Die niedersten Instinkte wurden bedient. Qualitaet spielte keine Rolle mehr. Es zaehlte einzig nur die Einschaltquote. Um die zu steigern untertunnelte man noch jedes beliebige Niveau. Das Produkt war eine zunehmend verrohende Gesellschaft ohne moralisches Geruest, ohne geistigen Anspruch, verbloedet und zutiefst asozial.

      Und dieser Gesellschaft wurde dann das Internet beschert, innerhalb dessen die sozialen Netzwerke immer engere Blasen einrichteten, in denen man grundsaetzlich nur noch von Gleichgesinnten umgeben ist und nichts mehr hinterfragt wird. Die Eliten dringen in diese Echokammern nicht mehr ein. Sie haben in diesen Bereichen kleinerlei Deutungshoheit. Stattdessen schaukeln sich Stimmungen auf, werden immer aggressiver. Niemand hinterfragt das in den Blasen. Auch auf die menschenverachtensten Aussagen werden noch Likes gesammelt. Ein Eldorado fuer Rechtsradikale, Terroristen, Verschwoerungstheoretiker und Spinner aller Art. Ist doch kein Wunder, dass es da mit dem Support fuer Demokratie, Rechtsstaat und Grundgesetz nicht mehr so gut aussieht.

      Man darf die Frage stellen, ob wir mit der Einfuehrung der modernen Medien nicht ein enormes gesellschaftliches Eigentor geschossen haben.

      • Stefan Sasse 25. Dezember 2016, 20:21

        Spielt mit Sicherheit eine Rolle, aber die Privatmedien gibt es schon ewig, der Effekt ist aber sehr neu.

        • Ralf 28. Dezember 2016, 23:28

          Der Effekt ist sehr neu. Aber die modernen Medien, gerade die Social Networking Sites, haben auch erst in juengerer Vergangenheit so sehr an Bedeutung gewonnen:

          http://scalar.usc.edu/works/the-good-the-bad-and-the-ugly-of-social-media/media/Social%20Media%20Usage%20.jpg

          Wir sollten nicht unterschaetzen, wieviel unserer Information heutzutage ueber Kanaele wie Facebook oder Twitter gechannelt wird, die – entsprechend unserer Vorlieben, Interessen und vorgefertigten Meinungen – eine extrem enge Auswahl fuer uns treffen und alles was unseren Lieblingsvorurteilen widerspricht bequem wegfiltern.

    • Blechmann 22. Dezember 2016, 10:22

      >Nicht, ob Normen wichtig sind für Demokratie – sondern, wer diese Normen haben muss, damit die Struktur demokratisch bleibt.<

      Die Eliten. Der Fish stinkt immer vom Kopf her. Die Demokratie von Weimar ist gescheitert, weil die Mehrzahl der Eliten anti-demokratisch waren. Die US-Oligarchen, zu denen Trump zählt, nun wer weiß? Sein Kabinett, das mit Abstand reichste in der Geschichte der USA, ist ein Eliten-Kabinett. Sollten die demokratisch wichtigen Normen wirklich in den Eliten verankert sein, dürfte eigentlich nichts schiefgehen in Sachen Demokratie.

      • CitizenK 25. Dezember 2016, 10:32

        Das hier sollte auch keine Echokammer werden. Das mit dem Fisch, der angeblich immer vom Kopf her stinkt, halte ich für fraglich.

        Die Weimarer Eliten waren anti-demokrtisch, das ist wahr. Aber waren es die „Massen“ nicht auch? Die Zustimmung zur Demokratie nach WKII wurde, verkürzt gesagt, durch das Wirtschaftswunder erkauft. Und massiv von den Anglo-Amerikanern gefördert.

        Zum Demokratieverständnis sollte man wieder mal Schumpeter lesen.

  • Erwin Gabriel 23. Dezember 2016, 13:24

    „In dem Moment, in dem das „Ja, aber“ die Oberhand gewinnt („Ja, die AfD ist rassistisch, aber“, „Ja, Trump lügt und fordert die gefährlichsten Dinge, aber“), schwebt die Demokratie in Gefahr.“

    Irgendwie klingt das richtig, aber…

    Ich finde das Gegenteil ebenfalls problematisch. Wenn etwa die AfD sinnigerweise ein Zuwanderungsgesetz fordert, aber solch ein Gesetz mit der Begründung abgelehnt wird, dass es von der rassistischen AfD kommt und deshalb auch rassistisch sei.

    Oder wenn richtige Entscheidungen nicht getroffen oder abgelehnt werden, weil Beifall von „der falschen Seite“ kommen könnte (das gilt natürlich für beide politische Richtungen).

    • bevanite 28. Dezember 2016, 17:38

      Ich finde das Gegenteil ebenfalls problematisch. Wenn etwa die AfD sinnigerweise ein Zuwanderungsgesetz fordert, aber solch ein Gesetz mit der Begründung abgelehnt wird, dass es von der rassistischen AfD kommt und deshalb auch rassistisch sei.

      Wo und wann wurde ein solcher Gesetzesvorschlag mit dieser Begründung abgelehnt? Wäre mir neu. Anfang der Neunziger war lediglich die SPD für ein Einwanderungsgesetz, für die CDU/CSU (und stärker noch die Republikaner) war es hingegen die Apokalypse schlechthin: deren Credo war damals nämlich „Deutschland ist kein Einwanderungsland“.

      Ein Zuwanderungsgesetz kann Vieles bedeuten. Darum sind ja auch so unterschiedliche Leute dafür oder dagegen. Und daher macht es schon Sinn, genauer hinzuschauen, wer eigentlich genau was haben will. Ein entsprechender Entwurf der AfD würde garantiert anders aussehen als einer der Grünen. Die AfD würde es möglicherweise mit der Streichung des Sozialstaats verbinden, die Linkspartei wahrscheinlich eher nicht.

      Kürzlich bei einer Debatte warf mir jemand nach meinem Vorschlag für ein Einwanderungsgesetz vor, ich würde illegale Migration legal machen wollen. In anderen Kreisen warf man mir nach dem gleichen Vorschlag vor, ich würde damit einer Selektion das Wort reden (die wir aber de facto ohne Einwanderungsgesetz haben). Daran sieht man doch, dass es eben sehr wohl drauf ankommt, was ein solches Gesetz genau beinhaltet.

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