In den letzten zehn, fünfzehn Jahren haben die mittlerweile über 200 Jahre alten ideologischen Sortierungsbegriffe von „rechts“ und „links“ mehr und mehr an Bedeutung verloren. Seit der Ausrichtung von SPD und Grünen auf die Agenda2010 im Jahr 2003 und der stillen Beerdigung des Leipziger Programms durch die CDU nach 2005 ist es zunehmend schwieriger geworden, die Parteienlandschaft in Deutschland in den altgedienten Kategorien zu fassen – was zu viel Konfusion und Frustration führt. Sind sie nicht irgendwie eh alle gleich? Die Probleme sind real. Wenn die CDU eine Million Flüchtlinge ins Land lässt, ist das links? Wenn die SPD vor ausgereizten Aufnahmekapazitäten warnt, ist sie dann rechts? Wenn die AfD Kritik an TTIP übt, ist das links? Wenn die LINKE für den Erhalt des Euro in Griechenland eintritt, ist das rechts? In Frankreich ist der Verteidiger des Internationalismus ein Neoliberaler, während die Linke mit einem hart nationalistischen Programm arbeitet. In den USA ist es der „rechte“ Flügel der Democrats, der sich massiv um Minderheitenrechte bemüht, während der „linke“ Flügel diese für irrelevant erklärt und dem internationalen Finanzkapitalismus den Kampf ansagt. Man kann nur noch hilflos die Arme in die Luft werfen. Früher(tm), in der guten alten Zeit(tm), waren die Grenzen noch recht klar verteilt. „Links“ war gegen die Blockstruktur des Kalten Krieges und für ein Rapprochment mit den kommunistischen Staaten, rechts war dagegen. Links war für mehr Demokratie und mehr Bürgerrechte, rechts war dagegen. Links war gegen Militärinventionen in der Dritten Welt, rechts war dafür. Und so weiter. Die Blöcke des Kalten Krieges garantierten ein stets passendes Narrativ, waren stabil und berechenbar, und beide Seiten ignorierten die jeweiligen Heucheleien ihres Teams (die Rechten, die unter dem Freiheitsbanner Diktaturen in der Dritten Welt stützten, die Linken, die unter dem Friedensbanner die Unterdrückung der Bevölkerung in den kommunistischen Staaten schönredeten).
Viele Komplexitäten wurden seinerzeit durch die starke Identifizierung in diese Lager weggewischt. Die Anti-Babypille ist weder sonderlich links noch rechts, aber sie wurde – genauso wie Abtreibung – schon allein dadurch ein SPD-Thema, dass die CDU sie vehement ablehnte. Seit den 1990er Jahren nimmt diese Polarisierung massiv ab (während sie gleichzeitig in den USA zunimmt, in einer merkwürdigen transatlantischen Asymmetrie). Dadurch verwischen Grenzen, während anderswo Spannungslinien, die durch die Zugehörigkeit zum politischen tribe lange verdeckt wurden, immer mehr an die Oberfläche blubbern. Der Niedergang der Gewerkschaften etwa ist sicherlich ein Produkt der Liberalisierung des Arbeitsmarkts, aber es kann auch kaum verneint werden, dass „links“ und „DGB“ sich einfach nicht mehr überall decken. Die häufig immer noch sehr traditionell macho-haft und weiß geprägte Kultur der Gewerkschaften verliert etwa in einer Arbeitswelt, in der zunehmend Frauen und Minderheiten eine größere Rolle spielen, ihre Anziehungskraft. Die Milieus von IG Metall und dem grünen Ortsverein Berlin etwa haben praktisch keine Berührungspunkte, und doch werden beide unter „links“ subsumiert.
Mir scheint es daher sinnvoll, eine andere Klassifizierung zu untersuchen als die traditionelle „rechts vs. links“-Dynamik. Die in diesen Zeiten angebrachteste Unterscheidung scheint mir dabei „offen vs. geschlossen“ zu sein. Was meine ich damit?
Die LINKE beispielsweise ist gesellschaftlich relativ offen (Unterstützung der Homo-Ehe, Eintreten für Bürgerrechte, etc), aber wirtschaftlich eher geschlossen (Ablehnung des Freihandels, Bevorzugung staatlicher Eingriffe, etc.).
Die CDU ist gesellschaftlich relativ geschlossen (Ablehnung der Homo-Ehe, Bewahrung traditioneller Werte, etc.), aber wirtschaftlich offen (Bevorzugung marktwirtschaftlicher Strukturen, Nachtwächterstaat, etc.).
Das ermöglicht es auch wesentlich besser, die verwirrenden Parallelen zwischen AfD und LINKE in den Blick zu bekommen, die gerade in den Leitmedien zu einer Dauer-Konfusion führen. Beide sind was den Außenhandel und die Außenpolitik angeht eher geschlossen, was zu einer Vermischung der beiden einlädt (besonders beim Label EU-Gegner). Sie unterscheiden sich aber sehr stark bei diversen anderen Themen, vor allem was die Rolle des Staates in der Wirtschaft angeht, was die Rolle des Militärs angeht, und so weiter.
Natürlich lässt sich auch das mit „offen vs. geschlossen“ nicht voll abbilden. Ohne mindestens vier parallel angeordnete Parallelen ist eine halbwegs realistische Standortbestimmung kaum möglich, aber die sind immer so furchtbar schlecht geeignet, um in einer normalen Konversation oder einem Nachrichtensegment eine Einschätzung abzugeben. Ich denke daher, „offen vs. geschlossen“ ist eine bessere Näherungshilfe als „rechts vs. links“.
Kann ich nicht finden (siehe Verräterpartei).
Das kann jetzt Polemik sein. In meiner Wahrnehmung nahm zu allen Zeiten das, was in Deutschland als „links“ betrachtet wurde, eine Absorptionsfunktion ein: jugendlichfrische sozialpolitisch interessierte Kräfte aufzunehmen und „realpolitisch“ zu neutralisieren.
Alle. Ohne Ausnahme: Absorption oder Tod.
Vielleicht noch
– Umverteilung optimiert Gemeinnutzen versus Eigennutz optimiert Gemeinnutzen. Natürlich nicht als schwarz – weiß, sondern als Kontinuum mit vieler grauer Schattierungen.
– Klare Hierarchien vs Selbstorganisation gleichberechtigter aber unterschiedlicher Partner zur Erreichung gemeinsamer Ziele. Natürlich nicht als schwarz – weiß, sondern als Kontinuum vieler grauer Schattierungen.
Im Wirtschaftsaustausch wird ja Handelsoffenheit oft dadurch erreicht, dass sich oft aus dem Volk gewählte Gewalten gegenseitig zu einem Verschließen gegenüber für die anderen nicht so netten Politik-Optionen binden. Aus meiner persönlichen Sicht find ich das oft eine gute Idee, aber man kann Freihandel auch als geschlossen interpretieren, eben gegenüber einer Menge politischer Opportunitäten… die natürlich potentiell langfristig zu verheerenden Ergebnissen führen.
Ich denke ein Achsenkreuz muss es mindestens sein, aber das Problem ist halt dass alles was mehr als zwei Gegenpunkte hat nicht sonderlich catchy ist.
https://www.politicalcompass.org/
Finde ich immer noch einigermaßen einleuchtend wie catchy.
Ja, definitiv. Aber es lässt sich halt schwer in einer Überschrift ausdrücken.
Die vier stärksten Kandidaten in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen haben grob sogar alle vier Schattierungen des „political compass“ angesprochen: Fillon – wirtschaftlich liberal, politisch autoritär; Macron – wirtschaftlich liberal, politisch liberal; Mélenchon – wirtschaftlich interventionistisch, politisch liberal; Le Pen – wirtschaftlich interventionistisch, politisch autoritär. Natürlich nicht unbedingt in den extremen Ausmaßen. Aber angesichts des Ergebnisses lässt es durchaus den Rückschluss zu, dass in Frankreich all diese Lager ungefähr gleich stark vertreten sind.
Zumindest in den Präsidentschaftwahlen. Keine Ahnung wie es bei Parlamentswahlen und auf regionaler Ebene aussieht?
Ich habe den Politkompass ausprobiert. Da kamen vielleicht merkwürdige Fragen: ob gute Eltern ihre Kinder schlagen müssen, ob man ohne Religion moralisch handeln kann, ob Astrologie viele Dinge erklärt und ob unsere Rasse anderen Rassen überlegen ist. Bei letzterem habe ich überlegt, meinen sie die Deutsche Rasse, die arische oder vielleicht die Weiße Rasse? Mein Punkt sitzt etwa da wo auch Mahatma Ghandi eingetütet wurde (fühle mich geschmeichelt).
Was auffällt, der Kompass hat zwei liberale Achsen. Rechts sitzen die Libertären (oder Anarchokapitalisten) und unten sitzen die Anarchisten. Dementsprechend sitzen links die Wirtschafts-Kollektivisten (Kommunisten) und oben die Gesellschafts-Kollektivisten (Faschisten). Der Kompass ließe sich also durchaus auf eine Achse „LiberalKollektivistisch“ zusammendrücken.
Was mir allerdings falsch scheint, dass die „Wirschaftsachse“ als Achse zwischen „Links“ und „Rechts“ gedeutet wird. Das ist meiner Ansicht nach nicht mit Links und Rechts gemeint. „Rechts“ sind die Etablierten, die Eliten; „Links“ sind die Unterdrückten, die Masse. Dementsprechend verschiebt sich „Links“ entsprechend der Machtverhältnisse. Die Nationalisten waren ursprünglich Linke, eine emanzipatorische Bewegung gegen die Monarchisten. Sie wurden zu Rechten, weil sich ihre Machtstellung geändert hat, nicht ihre Ansichten.
Die rechtspopulistischen Bewegungen sind zumindest vom Anspruch her, was den „Kampf gegen die Eliten“ angeht, teilweise linke Bewegungen. Insofern wundert es auch nicht, das sich Standpunkte überschneiden.
Bei „Offen vs Geschlossen“ bin ich mir nicht so sicher, ob das nicht etwas vieldeutig ist. Meint das konservativ vs progressiv oder liberal vs kollektivistisch?
Nicht verwunderlich.
Einfaches Beispiel: der Mindestlohn bedient Interessensgruppen, die zuvor von Gewerkschaften via Tarifvertrag (ausschließlich) versorgt waren. Es liegt auf der Hand, dass darum die Gewerkschaft den Mindestlohn höchstens halbherzig befürwortet.
Die Unterscheidungen, die ich für mich in letzter Zeit immer relvanter finde sind einerseits emanzipatorisch vs. traditional, wobei ich mir dabei nicht sicher bin, wie viel dass damit zu tun hat, dass es mich selbst recht gut darstehen lässt in meiner Eigenwahrnehmung, sowie die wirklich uralte Frage nach Zentralisierung vs. Autonomie. Wir haben seit einiger Zeit eine ganze Menge politische Tendenzen und auch technologische Veränderungen, die eine Stärkung von peripheren Strukturen zumindest theoretisch ermöglichen, das war für einen Großteil der industriellen Revolution et al. nicht so, da war Zentralisierung eindeutig die bessere Wahl, aufgrund von economies of scale und marginal cost & utility. Es wäre jetzt beispielsweise theoretisch möglich, Stromversorgung bottom-up und dezentral aufzubauen, sodass jetzt Gemeinde z.b. erstmal versucht sich zu versorgen, und dann über das Netz nur noch Schwankungen ausgeglichen werden. Das eröffnet die Frage nach politischer Dezentralsierung als eine Möglichkeit wieder ganz anders, und die politischen Kalkulationen ändern sich.
Mein „gesellschaftlich offen vs. geschlossen“ entspricht glaube ich dem emanzipatorisch vs. traditional.
Die Frage ist natürlich immer berechtigt, weil es sich letztlich nur um eine Sitzordnung aus dem postrevolutionären Frankreich handelt.
Dennoch halte ich das Spektrum auch heute noch für sehr leistungsfähig, wenn man es richtig anwendet, nämlich als Verortung der Grundhaltung zu politischen System Regierung und sozialer Frage. Völlig Baden geht man, wenn es man anhand aktueller politischer Einzelfragen beurteilt. Links-rechts ist eine Pauschalierung.
Du erwähnst zu Recht das Problem der Links-Rechts-Gleichschaltung in Fragen wie Freihandel. Bei links-rechts kommt es auf die politische Grundhaltung an! Die Gründe der Linken und Rechten, gegen Freihandel zu sein, sind völlig unterschiedlich. Die einen sind gegen Freihandel, weil er eine ausgleichende Sozialpolitik unterminiert, die anderen, weil er die verklärte (Sozial-, Kultur- und Staats-) Ordnung von Gestern unter Veränderungsdruck setzt.
Das gleiche gilt für den Streit unter den Demokraten. Es ist ja nicht so, dass die Linke der Demokraten für die Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen ist, sie sieht das Problem nur in einem anderen Ursachenkontext und hält daher die Reduktion auf Identitätsfragen für falsch. Das ist ein himmelweiter Unterschied zu Republikanern.
Man kann anhand des Links-Rechts-Schemas weiterhin sehr zuverlässig politische Einstellungen charakterisieren und es ist fast immer so, dass die wahrscheinlichste Koalition oder Parlamentsmehrheit durch Zusammenarbeit im Spektrum benachbarter Partein entsteht.
Die Motive entscheiden also, ob eine bestimmte Politik gut und sinnvoll ist? Tja, das ist das übliche Moralisieren der Linken. Nach dieser Sichtweise ist auch der Sozialismus trotz der Millionen Toten, die auf das Konto dieser Ideologie gehen, eine prinzipiell gute Idee, der Nationalsozialismus mit Millionen Toten dagegen eine schlechte.
Wieso sind z.B. die Grünen eine benachbarte Partei der LINKEN? Tatsächlich verbindet die Grünen mit ihrem Konservatismus viel mit dem Konservatismus der Union. So einfach ist die politische Geometrie nicht. Die LINKE verkörpert vieles, weshalb die Gründer der Alternativen in den 1970er Jahren eine neue Partei gründeten. Die Ausrichtung der Politik nach Großkonzernen und die Skepsis gegenüber dem Individualismus sind der Mehrheit der Grünen ein Greul.
Wer hat denn jetzt an welcher Stelle irgendetwas von gut und sinnvoll geschrieben? Es ging doch nur um Definitionen oder nicht..?
Deine Antwort ist ziemlich daneben. Ich habe keine Bewertung in punkto gut oder schlecht gegeben, insbesondere keine Verbrechen gutgeheisse,n und ich habe auch nicht moralisiert. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass eine gleiche politische Position in einer Sachfrage noch lange nicht auf eine grosse politische Nähe schliessen lässt.
„Offen vs geschlossen“ ist aber ja jetzt nun nichts neues, oder? Genau so wurde doch der Wandel innerhalb der SPD gegen Ende der 1990er Jahre begründet – links/rechts -> offen/geschlossen.
Das ändert aber ja nun nichts an der Widersprüchlichkeit/Oberflächlichkeit der Einordnung. Ich stimme auch bspw. immer noch nicht zu, dass sich die amerikanische Linke nicht für Minderheitenthemen interessieren würde. Die gleichen Leute die weit früher als ihre Parteigenossen die Homo-Ehe unterstützten, seit Jahren eine criminal-justice-reform fordern, bereits vor 30 Jahren afro-amerikanische Präsidentschaftskandidaten unterstützt haben und zu guter letzt sind es wernn überhaupt jemand Linke die überhaupt jemals über das Leben und die struggles der amerikanischen Ur-Einwohner berichten/sich sorgen/auf deren Nöte aufmerksam machen. Eine Hillary Clinton, aber auch einen Barack Obama oder auch nur einen Tom Perez wird man wohl auch in Zukunft in Protestcamps der water-protectors in North Dakota vermissen… Und seit Ende der primary ist auch eigentlich klar welcher der beiden Flügel sich denn jetzt tatsächlich langfristig für die Bewohner von Flint, Michigan und deren Probleme mit verseuchtem Trinkwasser einsetzt – im Vorwahlkampf noch von beiden Lagern als hässliches Beispiel für ungleiche Behandlung von vor allem von Weißen bewohnte Städte/Stadtteile im Vergleich zu hauptsächlich von Afro-Amerikanern und anderen people of color bewohnten Städten/Stadtteilen dargestellt…
Offen/geschlossen, autoritär/libertär, progressiv/traditionell, liberal/konservativ – die Paare sagen immer irgendetwas aus, aber letztendlich sind wir halt Individuen und passen nicht in irgendwelche Schubladen. Und schließlich läuft ja vieles auf dezentrale Strukturen und somit letztlich auch auf micro-Narrative hinaus…
Wenn die CDU eine Million Flüchtlinge ins Land lässt, ist das links? Wenn die SPD vor ausgereizten Aufnahmekapazitäten warnt, ist sie dann rechts? Wenn die AfD Kritik an TTIP übt, ist das links? Wenn die LINKE für den Erhalt des Euro in Griechenland eintritt, ist das rechts?
Ja, in allen Faellen. In diesen Einzelaspekten sind die Parteien in der Tat links bzw. rechts, was natuerlich nicht bedeutet, dass diese Parteien in allen oder auch nur der Mehrheit der politischen Felder in die genannte Richtung streben. So ist die AfD z.B. eine eindeutig rechte Partei, auch wenn in sie in einem kleinen Teil ihrer politischen Ziele eher nach links tendiert. Fuer die LINKE gilt das gleiche andersrum.
Mein Hauptproblem mit dem Text hier ist, dass ich ehrlich gesagt nicht erkennen kann, worin der Vorteil von „offen vs geschlossen“ gegenueber „rechts vs links“ liegen soll. Ja, die grossen etablierten Parteien (CDU, SPD) sind heutzutage so weit in die Mitte gerueckt, dass eine klare Positionierung im Links-Rechts-Spektrum nicht mehr einfach ist. Parteien sind heutzutage auch wesentlich pragmatischer bzw. flexibel und weniger ideologisch. Wenn Merkel nach Fukushima etwa aus der Atomenergie aussteigen will, hat das nichts damit zu tun, dass die CDU in diesem Punkt tatsaechlich inhaltlich nach links gerueckt ist (frag mal CDU-Mitglieder zu ihrer Meinung zum Thema), sondern damit dass die Partei auf Stimmenfang geht, um labile Mehrheiten in der Mitte zu suchen. Wirkliche nachhaltige, ideologische Shifts im politischen Spektrum, die Parteien radikal und meist unumkehrlich veraendern, sind hingegen eher selten (z.B. als die SPD unter Schroeder aufhoerte sozialdemokratische Politik zu machen oder als die Gruenen ihre konservative Seite entdeckten und zumindest in manchen Landesteilen zu einer zweiten CDU mit dem zarten Hauch eines oekologischen Anstrichs wurden).
Aber wie dem auch sei, dass die grossen Parteien nicht mehr optimal ins eindimensionale Links-Rechts-Spektrum passen, ist klar. Aber wie Du ja selbst schreibst, passen die Parteien auch nicht optimal in Dein Offen-Geschlossen-Spektrum. Auch in letzterem System ist die CDU z.B. in manchen Teilen ihrer Ansichten offen, waehrend sie in anderen geschlossen ist. Dein Wechsel zu einer neuen „Ideologie-Achse“ loest also kein Problem. Und die Begriffe links und rechts sind wenigstens etabliert. Die meisten koennen sich etwas darunter vorstellen.
Ein Wechsel zu einem neuen System macht aus meiner Sicht nur dann Sinn, wenn dadurch ein deutlicher Nutzen entsteht. Der „politische Kompass“, der oben erwaehnt wurde, produziert z.B. einen wirklichen Mehrwert, da das politische Ideologiespektrum eine zweite Dimension – und damit mehr Information – erhaelt. Zugegebenermassen geschieht das zum Preis hoeherer Komplexitaet. Aber das „Offen-Geschlossen-System“ hat alle Probleme der alten Nomenklatur und produziert keinen Mehrwert ueber das hinaus, was uns die Links-Rechts-Achse bereits sagen wuerde. Das ist in etwa so, als wenn Du vorschlagen wuerdest das Ampelsignal so zu aendern, dass die Farben rot, gelb und gruen durch blau, rosa und tuerkis ersetzt werden, waehrend die Reihenfolge, in der die Lichter erscheinen, umgekehrt wird. Sicherlich waere auch das ein System, das funktionieren koennte. Aber es hat keinen offensichtlichen Vorteil zum bisherigen System und den entscheidenden Nachteil, dass sich millionen Autofahrer umgewoehnen muessten.
In den USA ist es der „rechte“ Flügel der Democrats, der sich massiv um Minderheitenrechte bemüht, während der „linke“ Flügel diese für irrelevant erklärt und dem internationalen Finanzkapitalismus den Kampf ansagt.
Also dass der linke Fluegel der Democrats Minderheitenrechte fuer irrelevant erklaert, kann ich so nicht stehenlassen. Der linke Fluegel der Partei mag andere Prioritaeten setzen als der Fluegel der Zentristen und mag den Ursprung vieler Probleme, die besonders auch Minderheiten betreffen, eher in wirtschaftlichen Gegebenheiten suchen, aber Minderheitenrechte sind fuer alle Democrats ein wichtiges Thema.