Was die Parteien im Wahlkampf wollen – CDU

Es ist Wahlkampfzeit in Deutschland. Hochsaison für Spin-Doktoren, Phrasendrescher und Plakatekleber. Es ist jedoch immer auch wieder erstaunlich, welch unterschiedliche Zielrichtungen sich bereits im Wahlkampf erkennen lassen. Denn obwohl die äußere Form nur ihrem Plakaten am Straßenrand gleich scheint, verfolgen die Parteien unterschiedliche Ziele. Heute: die CDU.

Das Ziel der CDU ist klar: Merkel soll Kanzlerin bleiben, und je mehr Abgeordnete man hat, umso besser. Auch ist wenig überraschend, dass Merkel der SPD nicht den Gefallen tut, konkret zu werden. Dabei kann eine Regierungspartei nur verlieren. Kurios im Vergleich zu früher ist vielmehr der Hauptgegner, den man ausgemacht hat: die Grünen. Während noch vor kurzem ausgemacht schien, dass die Große Koalition ein Revival erleben würde, ist die Euphorie dafür mittlerweile deutlich gesunken.

Eine ganze Reihe von Annahmen über die schwarz-gelbe Koalition, die 2009 angestellt wurden, haben sich als nichtig erwiesen, vor allem die Erwartung eines neoliberalen Kahlschlags. Die FDP ist innerhalb weniger Monate praktisch implodiert und spielt seither für die CDU den Mehrheitsbeschaffer in einer Manier, wie es die SPD zwischen 2005 und 2009 nicht besser gekonnt hätte. Einer Neuauflage von Schwarz-Gelb steht damit nichts im Wege – zumindest keine zu erwartende offene Flanke bei den Sozialthemen wie noch 2009.

Es spricht sehr für die aktuelle Stärke der CDU, dass selbst Überlegungen über eine Strategie zum Erreichen der absoluten Mehrheit, wie sie kurz in der Presse kursierten, nicht völlig fantastisch scheinen. Es dürfte aber niemanden überraschen, dass Merkel auf Nummer sicher spielt. Daher vermeidet sie auch konsequent, wie bereits 2009, jegliche inhaltliche Diskussion.

Die CDU spielt auf ihre Stärken und profitiert indessen von der Schwäche der SPD, die keine Angriffe starten kann und es auch nicht versucht. Die Stärken der CDU sind klar und teils ohne Basis. Sie wirkt wie die natürliche Regierungspartei und gibt sich auch entsprechend. Ihr Wahlsieg steht fest.

Normalerweise ist das gefährlich, weil es auf die eigenen Anhänger demobilisierend wirkt; in diesem Falle aber, da Merkels Strategie ohnehin auf breite Demobilisierung abzielt, passt es ins Konzept. Zudem genießt Merkels Politik breite Zustimmung. Dieser Punkt ist nicht einmal besonders verwundernswert: konkret wird es bei Merkel nicht, Alternativen sind kaum auszumachen und die postulierten Grundprinzipien genießen breite Zustimmung.

Folgerichtig werden sie auch beworben: solide Finanzen, Wachstum, Sicherheit, Vorhersehbarkeit. In den unruhigen Zeiten der Finanzkrise sind solche Werte natürlich gefragt. Da die SPD wegen ihrer eigenen Schwammigkeit als CDU-Klon als Negativfolie ausfällt, kommt für den CDU-Wahlkampf den Grünen umso höhere Bedeutung zu. Denn das Behaupten solcher Werte ist kein Alleinstellungsmerkmal der CDU; die SPD versucht – erfolglos – mit demselben Thema Wahlkampf zu betreiben.

Effektiv wird das Ganze erst, wenn man die Werte verteidigen muss. Die Grünen mit ihrem Steuererhöhungsprogramm, den liberalen Werten und der progressiven Grundeinstellung sind da ideal. Kritisiert man die Grünen möglichst scharf, fällt nicht auf, dass man selbst eigentlich auch keine reine Weste hat.

Für die CDU aber erfüllen die Grünen die Funktion, die früher die SPD hatte. Sie stehen entgegen der „konservativen Werte“, die bei der CDU eine zunehmend geringere Rolle spielen und die so leicht beschworen werden können. Ihre Pläne erfordern eine expansivere Ausgabenpolitik, gegen die man sich leicht als Hüter eines ausgeglichenen Staatshaushalts präsentieren kann, was angesichts der Ausgabenpolitik der CDU (siehe Elterngeld) Schwachsinn ist, aber nicht thematisiert werden kann.

Die Grünen stehen für alles, was CDU-Anhänger hassen. Ohne sie hätte Merkel ein größeres Problem, und es erklärt auch, warum etwa die konservativen Blätter wie „BILD“ und „Welt“ so fanatisch auf die Grünen eindreschen und die CSU in ihren Attacken schärfer als die CDU ist – sie bieten eine wunderbare Reibungsfläche und erlauben eine Selbstpräsentation, die angesichts der Regierungsbilanz eigentlich nicht möglich sein dürfte.

So oder so wird Merkel die Kanzlerin der nächsten Legislaturperiode sein, ob mit der FDP – was eine durchaus wahrscheinliche Möglichkeit ist – oder mit der SPD, dem auch nichts im Wege steht. Was sicherlich nicht passieren wird und ein reines Hirngespinst der Presse ist, ist Schwarz-Grün – schon alleine aus den oben genannten Gründen.

Im Wahlkampf sollte man daher von der CDU mehr von dem erwarten, was man bisher gesehen hat: Demobilisierung und das Vermeiden jeglicher Diskussion über irgendwelche Politikansätze. Alles andere würde Merkel Optionen verschließen, und nichts hasst die Kanzlerin so sehr, als sich festlegen zu müssen. Und das ist eine Eigenschaft, die sie mit ihrem Volk teilt.

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  • Ariane 19. August 2013, 22:33

    Schöner Artikel. Wie ist denn deine Einschätzung, welchen Partner die CDU lieber für die Koalition hätte? Könnte mir ja schon vorstellen, dass viele nichts dagegen hätten, wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht und man dann mit der SPD zusammen muss. Das mit der großen, romantischen Liebesheirat ist ja irgendwie in die Hose gegangen, aber für die SPD wäre es vermutlich fast das Schlimmste, was passieren könnte.

    • Stefan Sasse 20. August 2013, 06:16

      Ich denke das ist relativ egal. Aktuell scheint die FDP sicherer zu sein, weil bei der SPD wohl wirren zu erwarten sind nach dem Ergebnis im September, aber was heißt das schon? Von der FDP hat 2009 auch niemand eine solche Implosion erwartet. So oder so stehen Überraschungen ins Haus, immer. Das ist Politik.

  • In Dubio 20. August 2013, 06:56

    Einigermaßen gut skizziert. Die Beschreibung der Grünen ist dagegen sehr mit dem Weichzeichner gezogen. Eine Nanny ist nicht liberal, sie ist autoritär, weil sie den Zögling in die richtige Richtung bringen will. Und genau das ist der Ansatz der Alternativen. Und vergleicht man die Ausgabenwünsche der Union mit der des linken Lagers, so sind diese marginal.

    Wieso ist der Glaube so verbreitet, Union und SPD würden mit Vorliebe eine Große Koalition eingehen? Für beide ist ein solches Bündnis mit gr0ßen Risiken behaftet. Die Sozialdemokraten haben das bei der letzten Wahl zu spüren bekommen. Und mit wem soll Angela Merkel regieren? Steinbrück geht in Rente, Steinmeiers Truppen sind nicht so stark, um den linken Flügel in Schach zu halten. Sigmar Gabriel nimmt also eine zentrale Rolle ein, womöglich sogar als Fraktionschef. Der SPD-Vorsitzende gilt nicht ohne Grund als völlig unzuverlässig und in der CDU fürchtet man, der Goslarer würde bei der erstbesten Gelegenheit eine Koalition platzen lassen, wenn er sich davon Landgewinne verspricht. So ist nicht gut regieren.

    Es macht für die Union also Sinn, voll auf die Fortsetzung der derzeitigen Regierung zu setzen – und sei es, über Neuwahlen, sollte es im September dazu kein ausreichendes Ergebnis geben. Persönlich halte ich das für unwahrscheinlich. Die FDP kann ihr Glück gar nicht fassen, wie die anderen Parteien Wahlkampf für sie betreiben. Wenn alle für Steuererhöhungen sind in einer Zeit, wo der Staat Rekordeinahmen verbucht und die Bürger zu dreiviertel der Ansicht sind, ihre Nanny habe weit genügend Geld, ist dieser Versuch schon selbstmörderisch. Wie vor 4 Jahren können die Liberalen einen Teil jener einsammeln, die der Krake Staat überdrüssig sind. Und das sind in einer wahrhaft liberalen Gesellschaft immer mehr.

  • Jan Falk 20. August 2013, 08:27
    • chriwi 2. September 2013, 06:05

      Ob diese Prominenten Geld dafür bekommen ihr Foto auf die CDU Seite zu stellen?

  • Kirkd 20. August 2013, 08:42

    Die Grünen sind wichtiger Bestandteil der asymmetrischen Demobilisierung. Sie sorgen – zugegebenermaßen höchst bereitwillig – für eine ausreichende Grundmobilisierung der CDU, noch viel stärker allerdings der FDP. Ich kenne erstaunlich viele Wähler im Feld zwischen SPD und FDP, die unter Schröder SPD wählten, und jetzt – ausdrücklich wegen der Grünen – FDP wählen.

    Die FDP ist für die CDU weiterhin der Idealpartner. Die SPD spielt in der Eurofrage ohnehin große Koalition, so dass letztere nicht gebraucht wird, um sich in der Eurofrage abzusichern.

    • Gerald Fix 20. August 2013, 13:57

      Ich kenne erstaunlich viele Wähler im Feld zwischen SPD und FDP, die unter Schröder SPD wählten, und jetzt – ausdrücklich wegen der Grünen – FDP wählen.

      Bei einer Partie, die wahrscheinlich nicht mal 60% ihres letzten Ergebnisses erreichen wird, können das nicht so viele sein …

      Ansonsten kann man zwar davon ausgehen, dass Merkel die Sache heimschaukelt. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass Wahlbörsen wie PESM die AfD bei 5% sehen und dass das die Chose noch etwas durcheinander bringen kann. Desweiteren sollte nicht vergessen werden, dass eine Woche vor Merkel Seehofer gewählt wird und – je nach Ergebnis – Auswirkungen auf die Bundestagswahl nicht auszuschließen sind.

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