Politische Dehnübungen: Die grün-gelbe Kanzlerin

Der Niedergang der Volksparteien Union und SPD scheint unaufhaltsam. Statt Sammelbecken für alle wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen fragmentiert sich die zivile Gesellschaft auch in Deutschland immer weiter. Die Sozialdemokraten sind ohnehin nur noch ein Schatten früherer erfolgreicherer Tage. Inzwischen beschleunigt sich jedoch auch der Zerfall der Unionsparteien, heruntergewirtschaftet von Angela Merkel als langjährigen CDU-Vorsitzenden, die Themen der politischen Neuzeit stets nur nach ihrem Gefährdungspotential abklopfte und neutralisierte. Doch die politische Neutralisierung lähmt das Land in einer verhängnisvollen Genügsamkeit, während die Christenparteien erst entkernt wurden und nun ideenlos vor dem Bürger stehen. Große Krisen zertrümmern Gewissheiten, die in ihrem Fundament längst morsch geworden sind. Das Scheitern der Verhandlungen einer Jamaika-Koalition 2017 erweist sich in der Nachbetrachtung als Ur-Fehler vor allem für die bürgerlichen Parteien. Während gerade die CDU und die FDP in der Wählergunst zeitweise existenzgefährdende Verluste erfuhren, springen die Grünen von einem Umfragehoch zum anderen. Geschichte wiederholt sich nicht und so könnte die Zeit schneller über die Dominanz der konservativen Parteien hinweg gehen als dies noch vor kurzem absehbar war.

Lesezeit: 7 Minuten

Zeitenwenden haben in der Politik lange Vorläufe. Als Helmut Kohl 1982 seine geistig-moralische Wende ausrief, kam er einige Jahre zu spät. Längst hatten in Maggie Thatcher und Ronald Reagan konservative Revoluzzer die Führung übernommen und rissen ihre Länder aus wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Agonie. Auch das öko-soziale Projekt war Ende der Neunzigerjahre etwas aus der Zeit gefallen, als Rot-Grün dann doch noch an die Macht gelangte. Nach zwei Jahren war es vorbei mit den Reformen aus Energiewende, mehr Rechten für Minderheiten und neuer Migrationspolitik und die wirtschaftliche Tristesse erzwang neoliberale Reformen.

Die Zusammenarbeit von Klima- und Migrationsreformern auf der einen und den Ideennehmern der neuen digitalen Start-up-Welt war vor vier Jahren nicht vorbereitet noch passte die Chemie zwischen den Protagonisten. Daran konnten auch hektisch arrangierte Balkongespräche und eine neue Duzkultur nichts ändern. Es gab keine Gespräche auf Augenhöhe und am Ende kein ausgewogenes Tableau an Projekten. Nach den Vorstellungen der Clique um die Bundeskanzlerin sollte Jamaika das 2013 verhinderte Schwarz-Grün werden, zu dem die eigentlichen Wahlsieger, die Liberalen, die fehlenden Stimmen beisteuern sollten.

Zumindest Grüne und FDP scheinen aus dem Scheitern gelernt zu haben. Man spricht in verschiedenen Kreisen miteinander. Und selbst als die Liberalen in den Umfragen nahe der Todeszone von 5% abstürzten, gab es keine Häme. Inzwischen hat die FDP zu früherer Stärke zurückgefunden und rangiert in manchen Umfragen wieder zweistellig. Die Grünen behaupten zwar ihr Hoch aus Vor-Corona-Zeiten, Demoskopen sehen jedoch die Grenzen des Stimmenwachstums erreicht. Viel mehr als 20-22 Prozent werden es auch in einem halben Jahr nicht werden.

Beide sind Milieu- und Klientelparteien. Sie vertreten besser gestellte Teile der Gesellschaft, die mit höherem Einkommen, mit Einfamilienhaus im Grünen und Loft-Wohnung am Prenzlauer Berg. Das Land wurde aber in der Nachkriegsgeschichte immer von Parteien geführt, die Vertreter solcher Schichten waren, die oben schwimmen. Die Sozialdemokratie scheint das vergessen zu haben, was ihren Abstieg mitbegründet. Ökos und Liberale haben auf unterschiedliche Weise diejenigen im Blick, die sie meist nicht wählen. Die Grünen haben ein Arrangement mit den langjährigen Verhältnissen getroffen und wollen keinen Druck auf Menschen ausüben, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen. Die selbsternannte Partei der Leistungsträger erzählt die alte Aufsteigergeschichte der Bundesrepublik.

Mehrheiten werden in modernen Demokratien gefunden, wenn Milieus mit unterschiedlichen Zielen und Interessen trotzdem zusammengebunden werden können. Diese Widersprüchlichkeit muss von charismatischen Führungspersönlichkeiten wie Brandt, Schmidt und Schröder entweder gemanagt werden. Moderatoren wie meistenteils Helmut Kohl und 16 Jahre lang Angela Merkel erzeugen dagegen eine Ruhe, die zu Mehltau wird. Die Gesellschaft lebt von der Substanz, bis der Niedergang nicht mehr zu übersehen ist.

An einer solchen Wegscheide steht die Bundesrepublik heute wieder. Die Coronakrise deckt all die Defizite auf, welche unter den Regierungen von Merkel entstanden sind oder nicht angegangen wurden. Ein Land, das in Zeiten von Internet Ultra in Behörden noch mit Faxgerät, Rechenmaschinen und Kugelschreiber arbeitet, hat ein paar Dekaden Entwicklung verschlafen. Der Staat versteht sich nicht als Dienstleister am Bürger, sondern Besserwisser.

Die Bürger spüren längst die Notwendigkeit von Veränderung. 2017 zogen gleich zwei Parteien neu in den Bundestag ein, ausgestattet mit zweistelligen Ergebnissen. Allein, die Politik reagierte bräsig. Die AfD wurde gleich (aus guten Gründen) von den inneren Zirkeln ausgeschlossen, die FDP sollte sich mit der Rolle des Anhängsels von Merkel-Grün abgespeist werden. Den Wind of Change nicht wahrzunehmen, ist meist teuer. Vor 30 Jahren resultierte das im Zusammenbruch eines ganzen Gesellschaftssystems.

Noch in der Endphase der Vorsitzenden Merkel wurde das Stammwählerpotentials der Union vom Allensbach-Institut auf 28,5% taxiert. Neuere demoskopische Studien zeigen, dass jeder Vierte Unionswähler sofort für eine Partei stimmen würde, die zwischen CDU und AfD positioniert wäre. Schon bei den letzten regionalen Stimmungstests wilderten die Freien Wähler im Revier der Konservativen. Wenn die qua Satzung Dauerregierungspartei nicht einmal ihre Stammwähler zu halten vermag, ist der Bedeutungsverlust nur eine Frage der Zeit. In allen großen kontinentaleuropäischen Demokratien wurden die Schwesterparteien von der Macht verdrängt, sind zersplittert und haben die sie tragenden Milieus teilweise an rechtsliberale wie rechtspopulistische Parteien verloren.

Die Union steuert auf eine Situation zu, in der es nur noch eine untergeordnete Rolle spielen wird, ob der Name des Kanzlerkandidaten mit L, S oder gar B beginnt. Die Union steht für diesen Staat wie keine andere Partei. Das breite Staatsversagen wird damit vor allem ihr zugerechnet. Und so gibt es einen breiten Konsens von Parteivertretern, Demoskopen und Ökonomen: Das zweite Quartal muss eine Erfolgsstory werden – Impfkampagne, Testkampagne, Wirtschaftsunterstützung, Rückkehr zur Normalität -, sonst droht im Frühherbst ein politisches Blutbad. Nur, es gibt eben keinen echten Anlass zur Hoffnung, so lange im Kanzleramt eine Amtsinhaberin die Geschäfte führt, die es an Bräsigkeit mit ihrem Vor-Vorgänger problemlos aufnehmen kann.

Sechs Monate sind in der Politik eine Ewigkeit. Aber so wie die Karten liegen, wird es, zum Nachteil des bürgerlichen Lagers, zu keinem Contest der Persönlichkeiten kommen. Die Frage von 2017 wird skaliert: Wie veränderungsbereit ist Deutschland? Die Trennlinien verlaufen nicht länger zwischen rechts und links, sie verlaufen zwischen Modernität und Rückwärtsgewandtheit. Entsprechend sortieren sich seit längerem die Mehrheiten. Vor vier Jahren hatten noch die Reformer das Nachsehen. Aber die Geschichte ist nie zu Ende.

Inzwischen halten es verschiedene Umfrageinstitute für möglich, dass die bürgerlichen Wähler das Vertrauen in die Mehrheitsfähigkeit der Union verlieren könnten und ihre Positionierung neu überdenken. Nach solchen Konstellationen würden solche Stimmen einseitig zur FDP fließen um damit ein linkes Bündnis mit einer grünen Kanzlerin und gleich zwei sozialistischen Parteien zu verhindern. Solche Szenarien würden die Verhältnisse zum Tanzen bringen.

In Berlin gilt als ausgemacht, dass die Grünen sich die Chance auf einen der ihren im Kanzleramt nicht entgehen lassen werden. Die eigene Basis wie weite Teile der Funktionärsschicht neigen einem solchen Experiment ohnehin zu. Unter den grünen Anhängern sieht es jedoch deutlich anders aus. Wenn die SPD seit der vergangenen Bundestagswahl weiter jeden vierten Anhänger verloren hat, dann auch deshalb, weil der sehr links akzentuierte Kurs mittige Wähler abstößt. Die große Mehrheit des Landes will kein sozialistisches Versuchslabor sein.

Weit mehr als bei der letzten Volkspartei CDU/CSU sind die Stimmen für Milieuparteien wie Grüne und FDP nur geliehen. Sie sind ein Vertrauensvorschuss, nicht mehr. Die Liberalen haben den Unterschied sehr schmerzhaft zwischen 2009 mit ihrem Rekordergebnis von fast 15% und 2013 mit dem Rausschmiss aus dem Deutschen Bundestag erfahren. Wiederholung unerwünscht. Viele Deutsche honorieren den reformerischen Ehrgeiz der Grünen. Fehlende Ambitionen lassen sich den Umweltschützern ganz sicher nicht nachsagen. Dass Habeck und Baerbock es unter einem Plan für Deutschland nicht machen, liegt in der DNA von Linken. Die erste Schröder-Regierung sollte Mahnmal sein, es mit dem eigenen linken Programm nicht zu ernst zu nehmen.

Dennoch: die beiden individualistisch gesinnten Parteien sind diejenigen, die über zwei Jahrzehnte das Gros politischer Talente aufgezogen haben. Während die CDU geradezu ermattet erscheint, wirken die Grünen wie ein Jungbrunnen. Konservative Talente wie Carsten Linnemann und Tilman Kuban warten immer noch auf den Durchbruch oder haben sich, wie Jens Spahn und Paul Ziemiak, als überehrgeizig und überschätzt erwiesen. Grüne wie Liberale haben innerhalb weniger Jahre den Generationenwechsel hinbekommen, sie werden heute von Mitte 30 bis Anfang Fünfzigjährigen geführt, während die Spitze der Union Fünfzig- und Sechzigjährige bilden.

Und dann ist da noch die Entfremdung zwischen Konservativen und Liberalen. Die Unionsgranden tanzten 2013 auf den Tischen zu dem Song „An Tagen wie diesen!“, während der Alt-Linke Jürgen Trittin sein Bedauern über den Niedergang der FDP äußerte. Und vier Jahre später war Christian Lindner bei den Jamaika-Gesprächen für viele CDU-Fürsten fast eine Persona non grata. Heute geben selbst Grüne, die dabei waren, zu, dass die Liberalen geradezu stiefmütterlich behandelt wurden. In der liberalen Partei sind diese Demütigungen nicht vergessen.

Wer bisher von Ampel sprach, meinte ein an die sozialliberale Tradition anknüpfendes Bündnis unter einem SPD-Kanzler. Olaf Scholz sieht sich dafür prädestiniert. Doch die schlechte Nachricht für den Finanzminister lautet: Scholz wird nicht Bundeskanzler. Der Niedergang der Sozialdemokratie ist dauerhaft, dazu reicht ein Blick in andere Länder. Das sagen aber auch tiefere demoskopische Studien. Und das zeigt der fehlende Nachwuchs. Nur bei Persönlichkeitswahlen kann die SPD noch reüssieren, aber ihre Stars sind in die Jahre gekommen. Manuela Schwesig und Franziska Giffey haben sich in die Niederungen der Landespolitik zurückgezogen, an ein Comeback scheinen beide derzeit nicht zu glauben. Vor allem steht die SPD nicht für neue Wege, zumindest solche, die nicht schon dutzendfach in Sackgassen endeten.

Die neue Ampel würde oben grün leuchten. Annalena Baerbock hat eine ernsthafte Chance, Merkel im Kanzleramt nachzufolgen. Zwar heißt der Favorit noch Armin Laschet, aber nicht in der Wählermeinung. Einen Kandidatenbonus wird die Union nicht bringen können und das ist gegenüber Frischlingen ein gravierender, möglicherweise entscheidender Nachteil. Damit wird die Klugheit der Wähler zur größten Gefahr für die Dominanz der Konservativen. Eine Mehrheit will schon heute nicht eine Fortsetzung des Status quo, für den sowohl die Bewerber Laschet als auch Scholz stehen. Das Land ist graugesichtigen alten Merkelianern mehr als überdrüssig.

Die Frage ist nicht, kann Baerbock Kanzler (pardon, Kanzler:in), sondern warum sollte es Laschet können? Und warum sollte die Mehrheit noch einmal an eine Partei gehen, die seit 15 Jahren so ideenlos dahinstümpert? Gegenwärtig sind drei größere Bewegungen Taktgeber der politischen Meinung. Medial beherrschend wirken die Klima- und Umweltschützer. Ehrlich betrachtet, können sie aber nur gut 20% der Menschen im Land nachhaltig beeindrucken. Das zeigen die Umfragen zur Parteienpräferenz wie zu ausgesuchten klimapolitischen Themen. Im Vergleich mit ihren europäischen Kollegen schneiden die Grünen außerordentlich hoch ab. Das Potential ist damit weitgehend ausgereizt.

Die mit der Kanzlerschaft Merkels beherrschende Gruppe ist die der Alten und rentennahen Jahrgänge, deren Prioritäten auf der Sicherung des Status quo beruhen. Dieser Block macht problemlos 40-45 Prozent der gegenwärtigen Wählerschaft aus. Sie sind dort meinungsstark, wo keine Fernsehkameras sind, in der Wahlkabine. Wenn es eine Konstante in Merkels Politik gab, dann die, diese Gruppe mit Milliardengeschenken zufriedenzustellen.

Die dritte Gruppe entfaltet ihre Wirkungsmacht eher durch indirekte Beeinflussung. Junge Entrepreneurs, im Digitalen mobile Menschen von 20 bis 60 und international vernetzte Personenkreise wirken durch Haltung und Tun als Meinungsmultiplikatoren. Ungefähr zwei Drittel aus diesem Bereich neigen der FDP zu oder setzen diese bei Wahlen auf ihre Shortlist. Das für die Liberalen kurzfristig erreichbare Spektrum liegt zwischen 11 (2017) und 15 (2009) Prozent. Gerade die Sorge vor einer Linksregierung könnte nun den Marktwirtschaftlern um Lindner Stimmen zutreiben, welche die FDP auf 18 Prozent aufpumpen könnten.

Gedankliche Dehnübungen, fürwahr. Aber nicht unwichtig. Denn wenn der Glaube an die Führungsmacht CDU kurz vorm Wahltag erodiert, werden sich Wähler neu sortieren. Dabei gilt Grün-Rot-Rot für die übergroße Mehrheit als Alptraum, in dem gerade bürgerliche Wähler nicht am 27. September erwachen wollen. Wenn die Union nicht mehr als Bollwerk gegen den Linksruck taugt, braucht es eines anderen Verhinderers.

Wenn die Auszählungen sowohl Jamaika als auch eine Ampel und GR2 hergeben, wird es auf die Liberalen und ihre Flexibilität ankommen. Sie stehen dabei ebenso wie die Grünen-Führung unter erheblichem Druck, ihre Farben endlich wieder in Regierungsverantwortung zu führen. Wenn die Grünen nicht auf ihren Führungsanspruch verzichten können, bedarf es guter Argumente, warum die FDP dem langjährigen politischen Gegner zum Triumpf einer eigenen Kanzlerschaft verhelfen sollte.

Die Parteiführungen mögen sich angenähert haben, die Anhängerschaften sind sich jedoch in tiefer Abneigung verbunden. Außerhalb der großen Landesverbände Baden-Württemberg und Hessen sympathisieren doch viele bei den Grünen mit der linken Revolution. Während sich große Teile der Partei bis heute dagegen sträuben, die Vorteile der Gentechnologie anzuerkennen, sind die Liberalen wahre Freunde solcher Branchen. Auf der anderen Seite sehen Teile der gelben Parteigänger jede Zusammenarbeit mit der LINKEN selbst dann als Gotteslästerung, wenn mit den Stimmen der Roten die Minderheitenrechte des Parlaments genutzt werden können. Obwohl das Hans-Dietrich-Genscher-Haus sehr früh einen Bannkreis um die Rechtsextremisten zog, träumen einige, vornehmlich ältere FDPler von einer Regierungszusammenarbeit mit gemäßigten Rechtsliberalen in der AfD.

Bei allen Chancen, in einer Jamaika-Koalition wäre die Position der Lindner-Truppe zahlenmäßig geschwächt gegenüber dem Stand von 2017. Als voraussichtliche Nummer 3 entfiele der Anspruch auf die Vize-Kanzlerschaft wie das Finanzministerium. Es erschließt sich nicht auf den ersten Blick, welche Vorteile in einer Regierung mit Union und Grünen liegen sollten. Die CDU macht keine Anstalten, Einkommensteuer und Unternehmenssteuern zu reformieren. Digitalisierung ist bisher nicht mehr als eine Floskel. Wahrscheinlich ist im Konrad-Adenauer-Haus nicht bekannt, dass Dokumente auch digital signiert werden können. Und ob die Grünen in den Konservativen einen engagierten Streiter für eine moderne Klimaschutzpolitik hätten, darf auch bezweifelt werden.

In dem Szenario, das nach Ansicht einiger Demoskopen möglich erscheint, wäre die FDP in einer Ampel-Konstellation nicht das dritte Rad am Wagen, sondern zweitplatziert mit Leihstimmen der Union. Mit vielleicht 18 Prozent auf Augenhöhe mit den Grünen, deren Potential bei 22 Prozent endet, wäre der Einfluss ungleich größer. Die Öko-Partei müsste einen hohen Preis für das Kanzleramt zahlen.

Die Gegenargumente sind bekannt. Die Konzepte von Grünen und FDP stehen sich oft diametral entgegen. Habeck & Co. vertreten die Menschen in den Großstädten, die Gelben jene in den Vor- und Kleinstädten. Bevormundung gegenüber Laissez faire. So kann das nichts werden. Aber das ist kein sehr demokratisches Verständnis. Demokratie lebt nicht von der Vernichtung des anderen. Ernsthaft betrachtet, was ließe sich mit der Union, noch dazu von den Grünen assistiert, an gelber Politik durchsetzen? Die Ergebnisse von 2009 waren so ernüchternd, dass sie bis heute nachwirken. Die CDU akzeptierte das Wahlergebnis nicht, sondern sah sich um Stimmen betrogen, die Guido Westerwelle eingesammelt hatte.

Es braucht ein neues Verständnis von Regierungspolitik in Koalitionen. Die ständige Kompromiss- und Konsenssuche in einem Bündnis verschiedener Partner kostet Kraft und Ressourcen. Für den Wähler verwischen sich die Verantwortlichkeiten, Auswirkungen und Ergebnisse von Politik lassen sich nicht auf Personen und Parteien zuordnen. Die Regierungspartner von Angela Merkel können davon ein Lied singen. Erfolge landen bis heute bei der präsidial agierenden Chefin, während die übrigen Beteiligten für die Rolle des Prügelknaben zuständig sind. Das musste traditionell in einer Koalition ungleich großer Partner hingenommen werden, hat sich aber weitgehend überlebt.

Parteien, die verändern wollen, können den Fokus nicht aufs Verhindern legen. Grüne wie Liberale stehen für jeweils ein eigenes Lebensgefühl, das seine Berechtigung hat. Wenn die Determinanten feststehen – Einhaltung des verfassungsrechtlichen Rahmens, Einigung über die EU-Politik, Autonomie in der Resortpolitik – bietet ein solches Bündnis allein ein ungekanntes Maß an eigenem Gestaltungsspielraum. Wenn die FDP Finanzen und Wirtschaft beanspruchen kann, wäre den Sorgen der Bevölkerungsmehrheit ausreichend Rechnung getragen.

Nach dem Modell in Österreich wäre die Finanz- und Steuerpolitik pure FDP, Klimapolitik dagegen Grün. Die Digitalisierung würde einen liberalen Quantensprung erleben, die Entwicklungspolitik aber von den ökosozialen Migrationsfreunden geprägt. Ob das funktioniert? Es wäre auf jeden Fall einen Versuch wert.

Sie meinen ich habe jemanden vergessen? Tatsächlich hätte Grün-Gelb bei allen Annahmen nur 40% zu erwarten, meine Kanzlermehrheit wäre das nicht. Die SPD, mindestens ebenso ermattet wie ihr heutiger Koalitionspartner, müsste mitspielen. In dem einen Szenario, in dem die FDP eine starke Rolle spielt, wäre die Sozialdemokratie demoralisiert, nicht die beste Voraussetzung, gute Miene zum mit der roten Brille betrachtet bösen Spiel zu machen. Aber Saskia Esken und Kevin Kühnert hätten mit ihrem versprengten Trupp ohnehin wenig Optionen. Eine Kanzlerin Baerbock von den Grünen hätte in ihren Reihen große Sympathien. Und es würde der einstmals stolzen Kanzlerpartei überdeutlich machen, wo ihre zukünftige Rolle in einem Parteiensystem mit mehreren ähnlich großen Parteien läge: die der Funktionspartei.

Kanzlerin Baerbock? Die Aktie ist hot.

{ 33 comments… add one }
  • Stefan Sasse 7. April 2021, 10:51

    Praktisch 100% Zustimmung. Und das ist selten. 🙂 Vielen Dank für den Artikel.

  • bevanite 7. April 2021, 11:47

    Im Ernst, wer braucht heute noch die FDP? Ich habe noch nie Leute getroffen, die völlig enthusiastisch sagen: „Ich wähle FDP“. Diejenigen, die es taten, machten es meistens, weil sie nicht wussten, wen sie sonst wählen sollten oder weil ihnen die CDU zu „religiös“ ist. Das Parteiprogramm ist auf eine Schicht zugeschnitten, die maximal 2% der Bevölkerung ausmacht. Und wenn FDP-Freund den Staat als „Dienstleister am Bürger“ sehen, klingt mir das mehr nach verwöhnter „Der Kunde ist König“-Mentalität (Ich! Jetzt! Sofort!) als nach einem aktiven Citoyen.

    „Digitalisierung“ wäre vielleicht 1994 oder 1998 ein aufregendes, neues Thema gewesen, inzwischen müssten wir vielmehr mal eine ernsthafte Debatte darüber führen, wo die Grenzen der Digitalisierung sein sollten – ich denke hier an ganz Berufsgruppen, deren Arbeit durch Digitalisierung in den nächsten 10, 20 Jahren ernsthaft gefährdet ist.

    Sollten die Grünen tatsächlich auf 22 Prozent kommen – ich bin ja heilfroh, dass man da bei Ortsgruppentreffen realistischer denkt als in einigen konservativen Medien – wäre allerdings das Schlagwort von der reinen „Milieupartei“ auch falsch. Wenn sie im Übrigen die Milieus so vereinfacht charakterisieren, dass die Grünen „in Großstädten, die Gelben jene in den Vor- und Kleinstädten“ ansprechen, wären Letztere auf dem sinkenden Ast, da die Großstädte fast durchweg wachsen, viele Kleinstädte aber schrumpfen.

    „heruntergewirtschaftet von Angela Merkel als langjährigen CDU-Vorsitzenden, die Themen der politischen Neuzeit stets nur nach ihrem Gefährdungspotential abklopfte und neutralisierte.“

    Ich würde ja eher behaupten, dass der Hauptgrund, warum die CDU verglichen mit ihren Schwesterparteien in Europa noch nicht komplett abgestürzt ist, die Person Angela Merkel ist. Viele Leute finden sie halt irgendwie sympathisch und bleiben daher noch bei der CDU. Aber wenn sie weg ist, wird der freie Fall der CDU beginnen.

    „Die Trennlinien verlaufen nicht länger zwischen rechts und links, sie verlaufen zwischen Modernität und Rückwärtsgewandtheit“

    Ich halte das weiterhin für einen Trugschluss – man sieht es ja an Ihren eigenen alten Vorurteilen gegen „die Roten“, die sich noch anhören wie direkt aus dem Kalten Krieg. Im Gegenteil, meinem Eindruck nach waren eher die Schröder-Jahre relativ unideologisch, aber spätestens mit der Finanzkrise und dem Aufkommen von PEGIDA sind doch die gesellschaftlichen Fronten wieder klarer. Klar, bei den Querdenker-Demos gibt es gelegentliche Schnittmengen zwischen Rechts und Links, aber eine dauerhafte Bewegung ist das nicht. Ich würde sogar behaupten, dass die Liberalen zunehmend in eines dieser Lager abdriften und dass dabei anonyme Internet-Kommunikation (Ha! Digitalisierung!) eine starke Rolle spielt. Anne Applebaum hat dazu ein gutes Buch geschrieben: „Twilight of Democracy.“

    • Stefan Pietsch 7. April 2021, 13:01

      Zu Ihrer Anfangsfrage: viele, jeder achte bis zehnte in diesem Land, mehr als es Hartz-IV-Empfänger gibt. Und bei denen stellt auch keiner die Frage, wozu braucht es die. Sozialstudien umreißen das Potential der heutigen Liberalen mit 15 Prozent. Umfragen wie solche von Civey zeigen, dass die FDP für 9 Prozent die bevorzugte Wahl ist, für weitere 6 oder 7 Prozent liegt die Präferenz auf den Liberalen. Die Werte galten übrigens auch, als die Partei auf 5 Prozent abstürzte. Wenn die FDP im Herbst wieder ein zweistelliges Ergebnis einfährt, wird dies das vierte Mal von fünf Urnengängen in den vergangenen 20 Jahren gewesen sein, dass sie mit 10 Prozent und mehr abgeschnitten hat. Das sind keine Zufälle aufgrund besonderer Umstände.

      Solange wird jeden Beleg bei Ämtern postalisch oder per Fax einreichen müssen, ist Digitalisierung ein brandaktuelles Thema. In Behörden und Unternehmen lagern unzählige Bestände an vergilbtem Papier, weil sie aufgrund bestimmter Vorschriften erzeugt und archiviert werden müssen. Tausende Quadratkilometer in diesem Land sind mit Papierarchiven belegt. Während Länder wie Israel längst öffentliche Dokumente wie z.B. Impfausweise digital erzeugt, müssen die Deutschen noch mit Papierfetzen durch die Gegend laufen.

      Die Grünen bleiben auch dann eine Milieupartei, wenn sie 22 Prozent erreichen. Da ist der Rassemblement National in Frankreich eher Volkspartei. Weder Arbeiter noch Landratten wählen die Grünen. Sie sind dabei noch elitärer als die FDP. Ansonsten stimmen ihre Analysen auch nicht: seit 3 oder 4 Jahren ist das Wachsen der Großstädte in Deutschland auf Halt, es gibt einen Rückzug in die Fläche. Kein Trend ist von Dauer.

      Die eigene Studie aus dem Konrad-Adenauer-Haus kam zu einem Stammwählerpotential von 28,5% (CSU mitgerechnet). Das war vor so fünf Jahren. Zwischenzeitlich hat sich die Zugkraft Angela Merkels nicht gerade erhöht, im Gegenteil, viele sind wegen ihr abgesprungen. Andererseits scheint aus demoskopischer Sicht der Boden für die Union mit 24, 25 Prozent trotz der großen Ausfälle und der Skandale um Maskendeals erreicht. Und: auch in anderen Ländern gibt es charismatische Konservative. Wobei, Charisma ist das falsche Wort in Bezug auf Merkel.

      Demoskopen unterteilen Parteienlandschaft und Wählergruppen inzwischen nach dem Grad ihrer Modernität und Liberalität, bei denen die Grünen und die AfD die beiden Pole markieren. Dazwischen liegen die anderen Parteien, die Linkspartei eindeutig nahe der AfD, was eben auch die Wählerwanderungen unterstreichen. Übrigens, auch der französische Anführer der politischen Linken Jean-Luc Mélenchon denkt eindeutig national und abgrenzend. Selbiges tut Podemos in Spanien oder die 5-Sterne-Bewegung in Italien, die alle weniger Europa und mehr national vom Alten wollen.

    • Stefan Sasse 7. April 2021, 13:05

      Naja, Begeisterung für de FDP ist halt auf ein gewisses Milieu beschränkt. Ich nehme an, Stefan kennt auch wenig Leute, die begeistert Grüne wählen. Das ist ein bisschen Perspektivfrage.

      • Stefan Pietsch 7. April 2021, 13:23

        Ich habe ja im Artikel geschrieben, dass man einiges an Respekt haben muss, dass andere Menschen die Dinge anders sehen als man selber. Das ist wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Demokratie. 2009 gaben rund Zweidrittel der Grünwähler an, die Partei zu wählen, weil „die für Umwelt“ sei (SPIEGEL-Heft zur Bundestagswahl). Ich habe oft darüber gelästert, die Ökos könnten auch einen Papierkorb aufstellen, wo „Umwelt“ draufsteht und der würde gewählt. Damals erreichten die Grünen knapp 11% der Stimmen. Wenn sie sich heute verdoppelt, nehme ich an, dass da auch einige darunter sind, die ihre eigenen durchdachten Motive für ihre Entscheidung haben.

        Das respektiere ich. Auch wenn ich die Dinge anders sehe.

        • Stefan Sasse 7. April 2021, 18:14

          Dito. Ich habe mich mittlerweile von der Idee verabschiedet, dass die Wähler*innen der gegnerischen Parteien nur doof wären 😀

    • Erwin Gabriel 10. April 2021, 11:10

      @ bevanite 7. April 2021, 11:47

      Im Ernst, wer braucht heute noch die FDP? Ich habe noch nie Leute getroffen, die völlig enthusiastisch sagen: „Ich wähle FDP“. Diejenigen, die es taten, machten es meistens, weil sie nicht wussten, wen sie sonst wählen sollten …

      Aber genau dafür braucht man die. Ich bin ein (meist) konservativer Mensch (ich trage nur Oberhemden, nie T-Shirts, außer vielleicht mal widerwillig am Strand, halte Frauen die Türe auf etc.). Ich stehe mit bald 63 Jahren kurz vor der Rente, und bin potenzielle Zielgruppe für die CDU.

      Aber ich habe Kinder, und diese Partei schaut nicht nach vorne. Sie hat mich vor einem Jahrzehnt verloren. Für mich ist die SPD keine Alternative, die LINKE nicht, die Grünen nicht, die Alternative erst recht nicht.

      Bleiben die FDP oder die freien Wähler. Welche hat die größere Wahrscheinlichkeit für den Bundestag?

      Das Parteiprogramm ist auf eine Schicht zugeschnitten, die maxi
      mal 2% der Bevölkerung ausmacht.

      Es sind wohl ein paar mehr, aber Du gehörst vermutlich nicht dazu 🙂

      Und wenn FDP-Freund den Staat als „Dienstleister am Bürger“ sehen, klingt mir das mehr nach verwöhnter „Der Kunde ist König“-Mentalität (Ich! Jetzt! Sofort!) als nach einem aktiven Citoyen.

      Aber genau das sollte doch ein aufgeklärter Staat sein. Er erhebt Steuern, und von den Einnahmen leistet er Bürgerschaft gegenüber Dienste. Das ist sein einziger Zweck. Dienen, nicht (be)herrschen. Und hier ist viel Spielraum für Optimierungen.

      Das der Staat NICHT ALLES übernehmen kann, sollte klar sein. Ist zumindest der SPD nicht so klar. Die CDU geht inzwischen den Weg der SPD nach, sich so um die Bürger zu kümmern, dass die immer weniger Entscheidungspfade haben. Als Teenager habe ich Kühlschrank / Fernseher / Telefon zu schätzen gewusst, aber ich habe es gehasst, wenn meine Eltern mir Klamotten kauften (“Ist aus Kunststoff, leicht zu reinigen, und war echt billig“ „“Das steht Dir ausgezeichnet, Schatz“). Genau so agiert derzeit unser Staat.

      „Digitalisierung“ wäre vielleicht 1994 oder 1998 ein aufregendes, neues Thema gewesen, …

      Sorry, da bist Du so weit von der Realität entfernt.

      …inzwischen müssten wir vielmehr mal eine ernsthafte Debatte darüber führen, wo die Grenzen der Digitalisierung sein sollten – ich denke hier an ganz Berufsgruppen, deren Arbeit durch Digitalisierung in den nächsten 10, 20 Jahren ernsthaft gefährdet ist.

      Ah, der gute, alte Weg in die Katastrophe …

      Als das Auto kam, versuchten die Kutschenbauer, ihre Arbeitsplätze zu retten, indem sie bessere Kutschen bauten. Das hat nur die Fallhöhe vergrößert. Wenn wir aus dem Bergbau gehen, werden wir andere Jobs haben, aber nicht für die Bergleute. Wenn wir Geldgeschäfte digitalisieren, werden wir woanders neue Arbeitsplätze schaffen, wenn auch nicht für die Bank- und Sparkassen-Angestellten am Schalter. Der unüberlegte Atomausstieg hat in der stromerzeugenden Industrie mehrere Zehntausend Jobs gekostet – wer weint denen eine Träne hinterher.

      Keiner von uns schnitzt noch Pfeile, schmiedet Hufeisen, sitzt am Webstuhl für Tuch oder im Kloster und schreibt Bücher ab. Die Welt bewegt und verändert sich. Man kann den Kurs beeinflussen, aber nicht die Veränderung aufhalten.

      Wenn sie im Übrigen die Milieus so vereinfacht charakterisieren, dass die Grünen „in Großstädten, die Gelben jene in den Vor- und Kleinstädten“ ansprechen, wären Letztere auf dem sinkenden Ast, da die Großstädte fast durchweg wachsen, viele Kleinstädte aber schrumpfen.

      Ja, die meisten Grünen-Wähler sitzen in den Städten, und es geht ihnen wirtschaftlich (mindestens) halbwegs gut. Diese dominierende Lebensweise prägt ihre politischen Grundeinstellungen: Strengere Regeln für Autos, für Eigenheime, Öko-Vielfalt beim Essen etc. – In der Stadt ist das alles kein Problem. Aber auf dem Land musst Du oft mit dem Auto zum mehrere Kilometer entferntem Supermarkt, hat keine Ärzte, hast keinen öffentlichen Nahverkehr („Wann fährt bei Euch der Bus?“ … „Montags“). Da gibt es andere Sorgen, gelten andere Regeln, das ist eine vollkommen andere Welt.

      [„heruntergewirtschaftet von Angela Merkel als langjährigen CDU-Vorsitzenden, die Themen der politischen Neuzeit stets nur nach ihrem Gefährdungspotential abklopfte und neutralisierte.“]

      Ich würde ja eher behaupten, dass der Hauptgrund, warum die CDU verglichen mit ihren Schwesterparteien in Europa noch nicht komplett abgestürzt ist, die Person Angela Merkel ist. Viele Leute finden sie halt irgendwie sympathisch und bleiben daher noch bei der CDU. Aber wenn sie weg ist, wird der freie Fall der CDU beginnen.

      Da stimme ich Dir sogar zu, sehe aber den Widerspruch nicht.
      Die Tante, die Dir in der Kindheit immer die Beutel mit Süssigkeiten zugesteckt hat, ist Dir lieber gewesen als die, die Dich zum Zähneputzen schickt. Wenn Du mit 45 keinen eigenen Zahn mehr im Mund hast, magst Du anders denken, aber Du kannst nicht zurück.

      Angela Merkel hat immer geschaut, was sie tun muss, um an der Macht zu bleiben. Und dank Schröders Agenda 2010 lief es wirtschaftlich gut für die bürgerliche Mitte. Sie hat versprochen, dass es so bleibt, und wurde wiedergewählt. Aber schau Dir unser Land an – überall Baustellen, überall Mangel. Wir haben langsame Bürokratien, veraltete Technik, können weder Impfstoff noch Hilfsgelder rechtzeitig an die Frau oder den Mann bringen etc.

      [„Die Trennlinien verlaufen nicht länger zwischen rechts und links, sie verlaufen zwischen Modernität und Rückwärtsgewandtheit“]

      Ich halte das weiterhin für einen Trugschluss – man sieht es ja an Ihren eigenen alten Vorurteilen gegen „die Roten“, die sich noch anhören wie direkt aus dem Kalten Krieg.

      Pietsch wettert gegen die LINKE, gegen die SPD, gegen die GRÜNEN, gegen die CDU, und gegen die AfD – das er mit „rechts“ bzw. „schwarz“ empfindsamer umgeht, sehe ich nicht. Und in allen Fällen haut er in die gleiche Kerbe: „Kommt in die Füße“.

      Pietsch ist (wenn man „progressiv“ nicht als Aufhübschwort für „links“ betrachtet) einer der progressivsten Leute auf diesem Kanal. LINKE und SPD wollen die Gesellschaft verändern durch „den Reichen wegnehmen“ und „mehr Staat“, die Grünen wollen durch Verbote alles andere außer den von ihnen favorisierten Lebensstil ausschließen, die rechten Konservativen wollen fast schon krampfhaft, dass alles so bleibt, wie es ist, obwohl sich die Welt draußen in atemberaubenden Tempo verändert, die rechten Rechten wollen Ausgrenzung alles Fremden – wenn es sein muss, mit Gewalt.

      (Ich weiß, das ist ziemlich grob gezeichnet, aber es soll nicht beleidigen, sondern verdeutlichen).

      Auf all das haut Stefan P mit wonnigem Leid und aus vollen Kräften ein, weil praktisch alle die genannten Kräfte maßgeblich über Beschränkungen steuern; alle wollen Türen schließen, aber keiner von den genannten Gruppen will wirklich neue Türen bauen oder öffnen.

      Sein Ansatz ist, neue Türen zu finden bzw. zu bauen. Das ist – nach meinem Verständnis – progressiver als vieles andere, was ich hier gelesen habe, selbst wenn er sich gelegentlich im Ton vergreift oder seiner Frau in den Mantel hilft.

      Mag sein, dass seine Türen nicht die passenden Türen für andere sind, aber wenn es irgendeinen dazu bringt, über eigene neue Türen nachzudenken, ist viel erreicht.

      … meinem Eindruck nach waren eher die Schröder-Jahre relativ unideologisch, aber spätestens mit der Finanzkrise und dem Aufkommen von PEGIDA sind doch die gesellschaftlichen Fronten wieder klarer.

      Da bin ich bei Dir, das sehe ich genauso (siehe meine handgebeilten Charakterisierungen der derzeit bestimmenden politischen Kräfte). Leider fördert das Lautsprecher und behindert Pragmatismus bzw. unideologischen Fortschritt.

      Viele Grüße
      E.G.

  • Lemmy Caution 7. April 2021, 12:24

    Mit den Ausführungen zu der Geheimwaffe Digitalisierung habe ich aus meiner Froschperspektive so meine Schwierigkeiten.
    Was soll denn besser werden?
    Als Leuchtturmprojekt würde ich übrigens gerne die konsequente Umsetzung der Fortschritten in KI und Big Data Analyse für die Unterstützung unserer Finanzämter sehen. Ich weiss, dass es da Projekte gibt, aber vermutlich mit zu wenig Geld. Ich weiss allerdings nicht, ob das für die FDP so der burner ist.
    Start ups. Erinnert mich an die Zeit als mich eine Direktversicherung im brandenburgischen Umland Berlins angeheuert hatte. Ein dort festangestellter polnischer Kollege erzählte von ex-Kommilitonen, die dauernd davon redeten, dass sie nun Unternehmer seien. Was er sah waren die alten Autos, die sie fuhren und die kleinen Wohnungen, in denen sie lebten. Der hatte den Versicherungsjob, durfte nebenbei Projekte auf eigene Rechnung machen, schrieb manchmal Artikel fürs Javamagazin, zahlte sein Haus ab und fuhr ein großes Auto. Welche bahnbrechenden IT-Unternehmen sind denn da in startuplandia entstanden? Was liefern deren Services?

    Wo soll es denn herkommen, mit der Digitalisierung?
    Von den im ICE zwischen Berlin und Bayern Scrum for Dummies lesenden jungen Unternehmensberatern, die die Behörden beraten? Von den vielen Leuten mit sehr gutem Lebenslauf, die von ihrem Welt-Konzern zum Product Owner von irgendeinem Prozess ernannt werden, einfach keine Erfahrung haben und diese Situation nicht mal gewohnt sind. Von Leuten wie mir, die eigentlich ganz gerne programmieren, sich auch weiterbilden, Erfahrung haben, aber nicht mehr zu dem Punkt zurückkehren möchten, an dem das alles mal 80 Stunden lang die Woche ihr ganzes Leben ausgemacht hat, wobei es so Wochen nach wie vor gibt? Von den mutmasslich nicht wenigen jüngeren Kollegen aus Ost-Europa und Nord-Afrika, die in dieser Krise wohl am stärksten Probleme mit einer Suche nach einem Anschluß-Projekt haben? Von den vielen festangestellten Programmiern in Unternehmen und Behörden, über deren Gehälter wir uns wundern? Von den festangestellten Karriere-ITlern, die ihren gutbezahlten Posten nur durch politische Operationen halten, die sie doof finden? Von Vertriebs-Persönlichkeiten wie den Samwer Brüdern?

    You say you got a real solution
    Well, you know
    We’d all love to see the plan
    You ask me for a contribution
    Well, you know
    We’re all doing what we can

    The Beatles, 1968

    • Stefan Sasse 7. April 2021, 13:07

      Letztlich ist „Digitalisierung“ eher ein Schlagwort, ein Narrativ, als dass ich konkrete policies dahinter verbergen würden. Es ist ein Bekenntnis zu Modernisierung und Aufbruch. Darum geht es. Und wenn das quasi zum zentralen Thema einer Ampel würde, dann wären das andere Prioritäten als wenn die CDU es auf Seite 120 vom Jamaika-Koalitionsvertrag versteckt.

      • Lemmy Caution 7. April 2021, 14:38

        Stefan, mit der Einstellung…
        Wenn Du irgendwann total keine Lust mehr auf Lehrer hast, kannst Du sofort Digitalisierungs-Berater werden.
        Konzeptioneller Inhalt ist erstmal egal, hauptsache es steht prominent auf der Agenda.
        Die IT-Branche mag das.
        Geld verbrennen können wir.

        Gerade im staatlichen Umfeld ist das vermutlich noch gefährlicher, weil privatwirtschaftlich Projekter schneller gecancelt werden.
        Da kenn ich Anekdoten, die in der frühen Neuzeit bestimmt in ein beliebtes Werk jener Zeit aufgenommen worden wären: Die Schildbürger.

        • CitizenK 7. April 2021, 15:57

          Erzähl mal eine, bitte.

          • Lemmy Caution 8. April 2021, 08:44

            nein.

            • Erwin Gabriel 8. April 2021, 10:24

              @ Lemmy Caution 8. April 2021, 08:44

              nein.

              🙂

              Erinnert mich an einen bösen Witz …

        • Stefan Sasse 7. April 2021, 18:19

          Wir reden hier von Wahlkampfslogans. Die fixe Idee, im Wahlprogramm fertige Gesetzentwürfe haben zu müssen, schadet der Linken wie kaum etwas sonst.

    • Stefan Pietsch 7. April 2021, 13:11

      Ich will ja noch einen eigenen Artikel zum Thema Digitalisierung machen. Ganz generell: der Staat ist bei dem Thema besonders rückständig. Die Corona-Impfung wird hier in einem gelben Lappen bestätigt, den die meisten längst nicht mehr finden (also ich weiß nicht, wo meiner gerade liegt). In deutschen Unternehmen hat die Digitalisierung der Prozesse auch erst begonnen, während ich schon vor 10 Jahren von der Automatisierung meiner Reports träumte. Kam damals nicht so gut an. 😉

      Sie betrachten das aus der Perspektive von Programmierern, aber das ist, als würde ich die Geschäftsentwicklung für das kommende Jahr aus der Brille des Buchhalters betrachten. Digitalisierung ist mehr als die Verwendung einer App, die Bereitstellung von Servern und die Sorge vor digitalen Rechten.

      • Lemmy Caution 7. April 2021, 15:04

        Vermutlich ist das Teil ihres Mißverständnisses: Ich sehe mich in diesen agilen Prozessen weniger als Buchhalter, sondern als Gestalter.
        Ich habe praktisch nie in einem Umfeld gearbeitet, in dem jemand kam, mir Vorgaben machte und ich das dann umsetzte. Wo dies möglich ist, wird dies heute oft und besser in Indien gemacht.
        In meinen Projekten erarbeite ich gemeinsam mit fachlichen Requirement Engineers und Vertretern des Kunden in einem iterativen Prozess eine Konzeption, die dann asap von Programmierern wie mir umgesetzt wird, damit die feedback loop kurz bleibt.
        Früher gabs noch sowas wie „Technische Architekten“, die auf der technischen Seite sowas wie großen Linien zogen. Heute wird die Rolle des Architekten immer häufiger mit nicht gut bezahlten Rookies besetzt, die auf den Input der Entwickler angewiesen sind.
        Dieser Prozess ist stets von sehr vielschichtigen Quellen von Ineffizienzen bedroht, auf die ich nun nicht weiter eingehen will.
        Du benötigst auf jeden Fall ein klares und realistisches Mission-Statement, in dem upfront viel fachliches und technisches Wissen eingeflossen ist.
        Vernünftige Mission Statements für die Digitalisierung von verschiedenen Prozessen wäre der Schritt in Richtung einer Digitalisierung behördlicher Prozesse, die nicht in einem Desaster endet. Der Rest ist Musik, um Ricardo Lagos zu paraphrisieren. Aber dafür brauchen wir erstmal hinreichend Leute, die sowas für einen vertretbaren Preis liefern können. Das ist aktuell eine sehr steile Anforderung.

        • Stefan Pietsch 7. April 2021, 15:56

          Das weiß ich. Ich glaube, ich habe eine ziemlich gute Vorstellung, was Sie tun. Meine Schwester hat auch viele Jahre in der Branche gearbeitet und die von Ihnen geschilderten Entwicklungen sind mir nicht unbekannt.

          Und dennoch, es ist ein kleiner Blick. Es gibt viele Schritte, die wir gehen könnten, ohne einen Programmierer zu bemühen. Weder Struktur, noch Denken sind auf Digitalisierung eingestellt.

          • Lemmy Caution 7. April 2021, 23:40

            Es klingt ganz bestimmt arrogant, aber genau an dem Punkt sind meine Zweifel eher gewachsen und das ist bestimmt nicht persönlich sondern strukturell gemeint.
            Was bedeutet „Struktur und Denken auf Digitalisierung einstellen“? Klingt mir sehr luftig, aber Söldner werden *immer* bezahlt, auch in auf eine Wand zurasende Projekte.

            • Stefan Pietsch 8. April 2021, 00:23

              Das klingt luftig, weil ich mir meine Ideen nicht allein in einer bilateralen Debatte verbraten will. 😉 Ist nicht persönlich gemeint, aber Artikeln fehlt die Originalität, wenn ich Gedanken schon Wochen vorher mehrfach formuliert habe.

              Aber ich gebe Ihnen ein Beispiel: Klagen bei Gerichten wie sonstige Eingaben müssen bis heute postalisch oder hilfsweise per Fax eingereicht werden. Der Grund der Verwaltung ist nicht etwa, dass Gerichte nicht über entsprechende Computer und Server verfügen würden, sondern das Erfordernis einer Originalunterschrift. Klagen müssen in mindestens zweifacher Ausführung eingereicht werden und werden dann auf dem Postwege zur gegnerischen Seite befördert. Die Änderung dieses Vorgehens ist ein einfacher Gesetzesakt, dazu ist kein Programmierer, sondern nur ein paar Juristen erforderlich.

              Das es anders möglich ist, zeigen durchaus Behörden. Auf persönliche Intervention und zwischen 1 und 2 Telefongesprächen ist es häufig möglich, Antworten an Behörden per pdf einzureichen, nicht jedoch eben solch offizielle Sachen wie Schriftsätze. Neben dem Gesetz müssten allerdings die Beamten sich umstellen und weg von den E-Mail-Ausdruckern kommen und sich davon lösen, Dokumente nur in ausgedruckter Form zu bearbeiten.

              • Stefan Sasse 8. April 2021, 13:43

                Ich glaube, dass diese Strukturen katastrophal sind brauchen wir nicht zu diskutieren 🙁

            • Erwin Gabriel 10. April 2021, 10:04

              @ Lemmy Caution 7. April 2021, 23:40

              Was bedeutet „Struktur und Denken auf Digitalisierung einstellen“? Klingt mir sehr luftig, …

              Nun ja, das ist sicherlich ein genau so wolkiger Begriff wie „Nachhaltigkeit“. Auf der einen Seite sind viele große oder kleine Dinge, die man tun oder lassen kann, mehr oder weniger nachhaltig als andere. Und eine FfF-Aktivistin wird andere Vorstellungen haben als ein Landwirt als ein Motor-Ingenieur oder der Leiter einer Öl-Bohrinsel. Dennoch zeigt bei allen vier Beispielen die Kompassnadel in etwa die gleiche Richtung.

              Wenn ich – Beispiel Verkehr – dann anfange, mich von Klein-Klein zu lösen, baue ich keine Fahrzeugmotoren mit um 0,2 l reduziertem verbrauch, sondern mit Wasserstoffantrieb. Trete ich noch weiter zurück, komme ich vielleicht auf ein neues, komplett anderes Verkehrskonzept.

              Ist in der Digitalisierung nicht anders. Warum muss ich beispielsweise in der Bauindustrie erst ins Unternehmen fahren, um mich einzustempeln, oder Zettel ausfüllen, falls ich direkt zur Baustelle fahre? Kann eine App. Die kann übrigens auch checken, wer auf welche Baumaschine steigt.

              Ein Schritt weiter zurück entwirft der Planer den Straßenverlauf, und spielt ihn über das Telefonnetz direkt auf die Baumaschine. Dort weiß der Fahrer, was er tun muss, und Abbräumen / Glätten / Schotter und Sand einbringen / Asphalt aufbringen und Verdichten geschieht in einem Arbeitsprozess, bei dem die Maschinen melden, ob genug Material eingebracht ist, ob der Asphalt bei Auftrag heiß genug war, ob die Verdichtung durch die Straßenwalzen passt (auf hier kommt nach „fest“ der Zustand „kaputt).

              Noch ein Schritt zurück bedeutet beispielsweise, dass der Planer und der Erbauer eines Gebäudes sich VOR dem Entwurf zusammensetzen; das Projekt ist nicht fertig, wenn der Planer den finalen Plan an den Bauherren übergibt; das Projekt ist nicht fertig, wenn der der Bauunternehmer den Schlüssel an den Bauunternehmer übergibt. Das Projekt ist abgeschlossen, wenn das Gebäude nach einigen Jahrzehnten abgerissen wird, und bis dahin fließen ALLE Daten – Statikplanung, Details der Bauausführung, technische Gebäudeausstattung, Elektrik, Heizung, Austausch der Schließanlage oder neue Fenster nach 20 Betriebsjahren – in das gleiche digitale Modell, das auch benutzt wird, um den Abriss effizient zu gestalten; man kann aus dem digitalen Modell sehen, was wo verbaut wurde, und weiß daher, wie es entsorgt werden muss.

              Ich kriege jeden Bauarbeiter dazu, sich per App anzumelden statt zu stempeln. Ohne dass der seinen Blickwinkel verändern muss, wird er Teil eines digitalen Prozesses und hilft, Ressourcen und Geld zu sparen.

              Für den großen Schritt muss der Staat sein Verhalten ändern. Wenn die öffentliche Hand ausschreibt, muss sie die Planung, den materialeinkauf und die Bauausführung getrennt von einander ausschreiben. Das geht beim Bau einer Autobahn soweit, dass Asphaltdecke, Auffahrten, Brücken getrennt voneinander ausgeschrieben werden. und jeder Unternehmer lässt einen anderen erst dann auf die Baustelle, wenn sein Teil vom Auftraggeber abgenommen wurde. Dann erst dürfen die Firmen, die Leitplanken bauen oder Fahrbahnmarkierungen aufbringen, auf die Straße.

              Was Digitalisierung ist, hängt stark von Deiner Funktion oder Aufgabe ab, ganz klar. Aber wenn man, wie Stefan Pietsch schreibt, Digitalisierung als Konzept betrachtet, muss man seine Sicht verändern. Da muss GANZ viel beim Staat passieren. So lange da Leute sitzen, die sich für cool halten, wenn sie „Signal“ statt „WhatsApp“ benutzen, wird das nichts.

              Und wie so oft meine Forderung: JUNGE Leute nach vorne (unabhängig von der Partei). Die Alten gestalten die Vergangenheit, und verspielen die Zukunft.

              • Stefan Sasse 10. April 2021, 14:41

                Bin ich bei dir.

                • Erwin Gabriel 10. April 2021, 19:08

                  Stefan Sasse 10. April 2021, 14:41

                  Du bist der konservativste Progressive, den ich kenne 🙂

                  • Stefan Sasse 11. April 2021, 10:39

                    Ist das jetzt ein Kompliment? 😀

                    • Erwin Gabriel 12. April 2021, 06:40

                      @ Stefan Sasse 11. April 2021, 10:39

                      Ist das jetzt ein Kompliment?

                      Da Du unübersehbar einem gewissen Idealismus fröhnst, und gleichzeitig zunehmend stärker in Richtuung „Pragmatismus“ (man muss nicht ALLES ändern, nur um es zu ändern = konservativ) tendierst, darüber hinaus in der Lage bist, auch unauflösliche Konflikte zwischen beiden Positionen einzugestehen, ist es nicht nur eine kleine Spitze, sondern auch ein Kompliment.

                      Du bist immer noch unterwegs bzw. immer noch in Bewegung, und das ist gut so. Ich schaue Dir gerne dabei zu, selbst wenn ich genauso wenig wie Du weiß, wo Du landen wirst.

                      Viele Grüße
                      E.G.

                    • Stefan Sasse 12. April 2021, 07:43

                      Danke sehr.

        • Erwin Gabriel 8. April 2021, 10:27

          @ Lemmy Caution 7. April 2021, 15:04

          Du benötigst auf jeden Fall ein klares und realistisches Mission-Statement, …

          Sooo einfach, sooo schwer

      • Stefan Sasse 7. April 2021, 18:14

        Ich hab dieses Jahr den dritten Impfausweis in ebenso viel Jahren angefangen…

  • Erwin Gabriel 8. April 2021, 10:30

    Hallo Stefan,

    von meiner nicht gerade überbordenden Sympathie für Baerbock einmal abgesehen, volle Zustimmung von mir.

    ich werde mein Kreuzchen weder bei der CDU (oder rechts davon), auch nicht bei der SPD (oder links davon) setzen können.

    Ich mache mein Kreuzchen einmal mehr bei Christian Lindner, und kann mich, wie ich aus Deinem Artikel lernen durfte, wieder „jung“ fühlen 🙂

    • Stefan Pietsch 8. April 2021, 11:58

      Ich bin den Grünen politisch nicht zugeneigt. Das gilt auch für die potentielle Kanzlerkandidatin der Partei.

      Aber ich frage mich halt, wie Liberalität den größtmöglichen Einfluss erhält. Da die FDP wahrscheinlich nicht 50% erreichen wird und die Anhänger staatlicher Dominanz eine breite Mehrheit halten, könnte eine Strategie sein, sich mit den kleineren Staatsfreunden ins Bett zu legen und sie dabei bestmöglichst auszunehmen. Die von mir skizzierte Option funktioniert allerdings nur, wenn die FDP sehr hoch abschneidet und die SPD überrundet. Bei 10% ist die Ampel keine Option. Mit anderen Worten: Will Annalena Baerbock Kanzlerin werden, sollte sie Interesse an einer starken FDP (und nicht der SPD) haben.

      Was ich wählen werde, behalte ich vorerst als Geheimnis. 😉 Im August / September werde ich wieder in einer Serie die aussichtsreichen Parteien beleuchten.

      • Stefan Sasse 8. April 2021, 13:47

        Ich kann mir nicht vorstellen, dass für dich außer der FDP oder der SPD als Außenseiterposition was in Frage kommt, aber ich bin gespannt.

      • Erwin Gabriel 8. April 2021, 21:16

        @ Stefan Pietsch

        Was ich wählen werde, behalte ich vorerst als Geheimnis.

        Bei mir geht eher darum, was ich NICHT wählen kann.

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