Joe Biden repariert mit Maske die Beziehungen zwischen Tutsi, Putin und der CDU – Vermischtes 15.08-2020


Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) U.S.-German ties are bad under Trump — if Biden wins he may struggle to repair them

This alliance is no stranger to crises. In 1987, Kornblum, then a senior U.S. official in Berlin, felt he had to take drastic action to repair a growing rift with what was then West Germany. The West Germans were angry that American intermediate-range nuclear missiles were deployed on their soil. The Americans worried their allies would lose faith and try to make a deal with the Soviet Union. Kornblum’s solution started with a scrawled idea on a cocktail napkin at a reception, and ended with one of the most significant speeches in modern history. On June 12 that year, President Ronald Reagan demanded, „Mr. Gorbachev, tear down this wall!“ in front of the Brandenburg Gate, an address Kornblum says he choreographed to reassure the Germans that the Americans still had their backs. „We started planning it a year before as an important, high-level romantic symbol — and it worked,“ Kornblum said. Two years later, the Berlin Wall fell. Reagan’s speech is now seen as a historic turning point in a relationship that’s become emblematic of postwar liberal multilateralism. […] Whatever „the outcome of the election, the U.S. will no longer be available as a security partner in the same capacity as they were in the past,“ German Foreign Minister Heiko Maas said at a briefing last month following a question from NBC News. […] Even if Biden does try to revive the more amiable days of his old boss, in truth Obama was no less relentless in pressuring Germany to spend more on defense, just less rude. Furthermore, Obama’s „Pivot to Asia“ was widely seen as a step away from old European alliances to refocus on China, which has already become a central battleground between Trump and Biden. Biden’s campaign website suggests he will keep up the pressure on NATO, vowing to keep its „military capabilities sharp“ and making sure allies „recommit to their responsibilities as members of a democratic alliance.“ (Alexander Smith/Carlo Angerer, NBC)

Ich wäre sehr dafür, die amerikanisch-deutschen Beziehungen zu verbessern. Ich fürchte aber, dass ein Biden zwar eine leichte Verbesserung gegenüber dem aktuellen Status darstellt, aber dass es angesichts des tief verwurzelten Anti-Amerikanismus in der deutschen Bevölkerung damit nicht getan sein dürfte. Wenn es den USA ernst damit ist, die Beziehungen nachhaltig zu verbessern, müssten sie ähnlich in sie investieren wie zu Beginn des Kalten Krieges: Kulturzentren aufbauen, Austausche organisieren, um Multiplikatoren werben. Aber das kostet Geld und Aufwand.

Als eine Seitenbemerkung: Es fasziniert mich, wie überbewertet Reagan generell und der „Tear down this wall“-Moment im Speziellen in der amerikanischen Hagiographie ist. Obama hielt 2008 eine groß publizierte Rede an der Siegessäule. Hunderttausende kamen. Was hat es zum deutsch-amerikanischen Verhältnis substanziell beigetragen? Nichts. Ich in echt kein Fan dieser Art der Personalisierung.

2) Lax Covid-19 Strategy Doesn’t Save the Economy, Research Finds

Sweden’s “light-touch approach” to curtailing the spread of Covid-19 has produced only limited economic benefits, according to research that compared spending patterns in the Scandinavian country and in Denmark, where far more restrictive policies were adopted. Unlike elsewhere in Europe, Sweden did not go into lockdown, keeping shops, schools and restaurants open and relying on voluntary social distancing instead. While the strategy has resulted in a much higher mortality rate, researchers at the University of Copenhagen found that consumer spending in Sweden fell only 4 percentage points less than in neighboring Denmark — 25% compared to 29%. […] “If you accept that the difference in mortality in Sweden and Denmark is caused by the different policy choices, then our findings suggest that you actually don’t lose that much extra spending for each extra life you save,” Sheridan said. […] The European Union is forecasting similar drops in gross domestic product for Sweden and, Denmark this year.  (Frances Schwartzkopff, Bloomberg)

Schweden ist sowas wie die Kontrollgruppe sowohl für die Covid-Pandemie generell als auch, innenpolitisch, für Laschet und Lindner (pars pro toto). Wir sehen an seinem Beispiel, was passiert wäre, wenn wir weniger drastische Maßnahmen ergriffen und „der Wirtschaft“ mehr Freiheit gelassen hätten: Nicht nur wesentlich mehr Tote, sondern auch zusätzlich noch kein wirtschaftlicher Gewinn. Wir sehen das auch in Großbritannien. Das Land hat nicht nur die höchste Zahl an Covid-Toten in Europa, sondern gleichzeitig auch den tiefsten Wirtschaftseinbruch erlitten. Auch in den USA sehen wir: laxes Management, viele Tote, großer Wirtschaftseinbruch.

Die Kritik aus diesen Ecken gegenüber der Krisenpolitik unter anderem der deutschen Regierung ist durch diese „Kontrollgruppen“ völlig diskreditiert, aber noch immer behandelt man diese mit ihren unveränderten Orakeleien bezüglich eines zweiten Lockdowns, als wären es ernstzunehmende Stimmen. Wie oft muss man denn falsch liegen? Wir hören doch auch nicht mehr auf Planwirtschaftler. Wir hatten Beispiele, wo Leute es mit anderen Konzepten versucht haben. Sollte nicht laut der Theorie für solche disparaten Lösungsansätze jetzt der Punkt kommen, an dem alle den Modellen folgen, die sich bewährt haben?

3) Tweet

Es ist mir unbegreiflich, wie dieselben Fehler immer und immer wieder ad nauseam wiederholt werden können. Inzwischen müsste doch wirklich auch dem letzten klar geworden sein, dass Bothsiderismus und Balance gegenüber Trump und der GOP nicht funktionieren. Wie kann man eine geradezu karikaturhaft schlechte Überschrift dieser Art einstellen? Es ist auch eine völlige Verantwortungslosigkeit in den entsprechenden Redaktionsstuben, gibt es doch genügend Studien die zeigen, dass ein Großteil der zu Überschriften gehörigen Artikeln nicht gelesen wird und deswegen die Überschriften sind, was hängen bleibt. Es ist so traurig. Es macht so wütend.

4) Genozid an Ezid*innen: Sexualisierte Gewalt gegen Frauen ist eine Kriegswaffe

Der sexuelle Missbrauch von Frauen wird dabei bis heute gezielt als Waffe eingesetzt, um die Männer sowie die Familien innerhalb der ezidischen Gemeinschaft zu demütigen. Das soziale Gefüge der Ezid*innen soll dadurch geschwächt und möglichst zerstört werden. Innerhalb dieser patriarchalen Machtordnung gilt die sexualisierte Gewalt als Privileg des vermeintlichen Siegers. Der Soziologe und Sozialpsychologe Rolf Pohl verweist in diesem Zusammenhang auf das folgende Motiv: „Bei Vergewaltigungen steht direkt und indirekt der Kontakt unter Männern im Vordergrund.“ Direkt, wenn der sexuelle Missbrauch vor den Augen der Ehemänner und Väter geschieht und indirekt, um das kollektive und individuelle Selbstverständnis der Männer als patriarchale Beschützer und Machtinhaber der Gesellschafts- und Familienordnung zu treffen. So tragen Männer also ihre Kriege bewusst auf den Körpern von Frauen aus, die sie der verfeindeten Seite zugehörig verstehen. Diese gezielt zerstörerische Gewalt gegen Frauen wird in den derzeitigen IS-Prozessen in Deutschland verstärkt thematisiert, vor allem bei dem Prozess am Oberlandesgericht in Frankfurt, wo es explizit um den Völkermord an den Ezid*innen geht. So fordert die Menschenrechtsaktivistin und Journalistin Düzen Tekkal, dass auch sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe anerkannt und die verübten Vergewaltigungen an den ezidischen Frauen und Mädchen als genozidale Strategie des IS begriffen werden. (Ferda Berze, ze.tt)

Es ist gut, dass die Forschung neuerdings diese Thematik etwas mehr in den Blick nimmt. Vergewaltigung im Krieg wurde bislang tatsächlich mehr oder minder unter Kollateralschäden verbucht, genauso wie Massaker, Brandstiftung und Plündereien. Ich glaube, das liegt generell daran, dass die Konfliktforschung erst seit recht kurzer Zeit von der klassischen, militärhistorischen Betrachtung von Konflikten weggekommen ist. Früher hat sich die deutsche Geschichtswissenschaft mit wenigen Ausnahmen ohnehin kaum mit dem Thema beschäftigt, aber seit ungefähr 20 Jahren ist Konflikt- und Friedensforschung ein veritables, auch interdisziplinäres Forschungsfeld geworden. Gerade meine alma mater Tübingen hatte da lange Jahre einen ordentlich ausgestatteten Sonderforschungsbereich zu.

Aber gerade im Zusammenhang mit dem IS, Boko Haram, den Hutu-Mordbanden und den anderen Gruppen dieser Art geriet die Thematik mehr ins Blickfeld. Der IS macht ja überhaupt kein Geheimnis daraus, etwa beim Völkermord an den Jesiden Sexualität und Vergewaltigung aktiv als Waffe zu missbrauchen. Aber gerade der Völkermord an den Tutsi in Ruanda zeigt deutlich, dass bei ethnischer Gewalt dasselbe passiert. Und die historische Forschung hat, den Blick im Lichte dieser Erkenntnisse nach hinten gerichtet, festgestellt, dass dies auch früher(tm) ein großes Thema war. Angesichts der babylonischen Reliefs ist es durchaus sinnvoll anzunehmen, dass dieses Verhalten so alt wie die Menschheit ist.

5) Why Obama still drives Republicans nuts

Obama, by contrast, doesn’t know how to speak in any other rhetorical register than above and beyond the partisan fray. He invariably sounds reasonable, his tone fair-minded, objective. He speaks of the grand sweep of American history, renders Solomonic judgments, and looks down on the disputants on the field of battle, even as his proposals invariably advance the liberal-progressive side of the clashes taking place below him. That is what drives — and has always driven — the right nuts about Obama. It’s his supposed pretense to elevation, to speaking in dispassionate terms about „us,“ about what’s morally righteous and true, and rendering sometimes severe moral judgments of his opponents. He’s a master of using a rhetoric of elevation to ennoble himself and his allies while casting implicit moral aspersions on his political foes, whom he portrays as self-evidently dishonorable, all the while sounding as if he’s merely reciting the indisputable facts of the case. His tone at all times is that of a disapproving parent: You should be ashamed of yourselves. It’s understandable that Republicans would dislike being talked to like this, especially when it proved so politically effective from 2008 to 2016. But the ferocity of the response cries out for a fuller explanation — and we find one in the distinction between the politics of democracy and the politics of populism. The politics of democracy is a contest to win the greatest number of votes — a plurality; or even better, a bare majority; and best of all, an overwhelming majority. This aim is what drove politics in this country through most of the 20th century. […] That’s also why Democrats need to follow Obama’s example and keep aiming higher — and broader, electorally. In striving to speak for more of the country than present-day Republicans, Democrats validate their aspiration to speak also for what’s right for the country, and to lead the effort to make it better and more perfect — and to expose their opponents‘ efforts to do the reverse. (Damon Linker, The Week)

Man muss sich immer wieder vor Augen halten, dass die Republicans in den letzten 30 Jahren – seit der Präsidentschaftswahl von 1992 – nur ein einziges Mal eine Mehrheit in den Wahlen zu erringen imstande waren (Bush, 2004). In allen anderen Wahlen verloren sie das popular vote. Diese Absurdität ist mittlerweile so eingegraben, dass niemand etwas dabei findet Artikel darüber zu schreiben, dass etwa bei den Midterms die Democrats 5-7% mehr Stimmen brauchen als die Republicans, nur um die Chance zu haben gleichzuziehen.

Wer aber 30 Jahre lang Politik für eine Minderheit betreibt, wird davon geprägt. Deswegen geht es der GOP auch nicht darum, um Mehrheiten zu werden. Daher der Dauerversuch, demokratische Mechanismen zu zerstören und die Stimmenabgabe zu unterdrücken. Umgekehrt sind die Democrats dazu gezwungen, eine Mehrheit zu finden, und zwar eine möglichst breite – daher die für die linke Parteibasis so irritierende Neigung der Parteiführung, nur kleine Schritte zu gehen und einen moderaten Kurs zu fahren.

6) Nicht schon wieder zuhören

Und es gehört zu dieser Rhetorik („Mehr Zuhören!“, „Sorgen und Ängste ernst nehmen“ und so weiter), jede Abweichung, jede Irritation, jeden Konflikt einer Gesellschaft lediglich zum Produkt verfehlter oder ausgebliebener Kommunikationsprozesse zu erklären, dem man nun mit noch mehr Reden oder noch mehr Zuhören beikommen könne, als seien Menschen nicht auch ein wenig selbst dafür verantwortlich, was sie so denken und von sich geben. Im Fall von Corona könnte man sagen, dass es wohl weniger ein Versagen von Aufklärung ist, als vielmehr ein Erfolg der Gegenaufklärung, die dankbar auf schon vorhandene Ressentiments gefallen ist. Je pompöser dieses Zuhören nun eingefordert wird, desto unklarer wird ohnehin, was aus diesem Vorgang überhaupt erfolgen soll: Entweder das Zuhören ist eine symbolische, paternalistische Geste, die letzthin die Demonstranten zu emotional verwirrten, launenhaften Kindern verniedlicht, die nach etwas mehr Anerkennung ihrer Sorgeberechtigten rufen. Oder das Zuhören wird zum relativistischen Wahrheitsprinzip selbst erhoben, an dessen Ende alles nur noch in „Meinungen“ aufgeht und im Zweifel die Ansicht eines Virologen gleichberechtigt neben der des Mannes steht, der glaubt, Angela Merkel sei von Echsenmenschen gesteuert oder womöglich selbst einer. Oder, als dritte, aus der jüngeren Geschichte heraus eher unwahrscheinliche Möglichkeit, entsteht tatsächlich etwas, was man möglicherweise Diskurs nennen könnte. Der setzte allerdings voraus, gewisse wissenschaftliche Fakten anzuerkennen, und auch die Einsicht, dass „starke Gefühle“, so wenig sie vielleicht wegrationalisiert werden können, als erkenntnistheoretische Begründung selten etwas taugen. Wer diese basalen Vereinbarungen nicht einhält, sollte sich indessen nicht wundern, wenn man ihn nicht mehr ernst nimmt in einem Gespräch, zu dem er ja offensichtlich nichts Substanzielles beizutragen hat oder es gar nicht will. Und wenn übrigens Wolfgang Kubicki nach den Berliner Protesten sagt, die Politik habe versäumt, den Menschen genau zu erklären, was eigentlich das Ziel der gesamten Maßnahmen sei, dann ließe sich fragen, wer denn die ganzen vergangenen Monate eigentlich besser hätte zuhören müssen. (David Hugendick, ZEIT)

Mir ist das auch völlig unklar. Als vor einigen Wochen die MLPD eine Lenin-Statue errichtete und damit kurz in die Nachrichten kam, forderte auch keiner, diesem Spinnerklub zuhören zu müssen oder dass diese Typen irgendeine relevante Bevölkerungsströmung vertreten würden. Stattdessen hat sich die Mehrheitsgesellschaft performativ abgegrenzt und sie dann ignoriert. Warum gelingt das angesichts der Verschwörungsspinner nicht? Warum sollte ich Menschen zuhören, die behaupten, Angela Merkel trinke das von UNICEF bereitgestellte Blut entführter Kinder, um ihre Macht zu behalten?

7) Vladimir Putin Wants to Rewrite the History of World War II

Putin’s penchant for historical references is well known, but his remarks last month were unusual—even by his standards. He spoke on the subject for nearly an hour to eight fellow leaders, who looked on stone-faced (though President Aleksandr Lukashenko of Belarus appeared to be taking notes). […] Putin’s claims can be grouped into three categories: First, he argues that the Molotov-Ribbentrop Pact of August 1939, an agreement that mainstream historians would agree, contributed handsomely to the outbreak of World War II by partitioning Poland, was not particularly unusual in the context of the times. Putin draws attention to the 1938 Munich Agreement, which allowed Nazi Germany to gobble up parts of Czechoslovakia with the full endorsement of Britain and France. […] The second part of Putin’s revisionist narrative concerns Poland’s policies in the run-up to World War II. In a nutshell, he argues that Poland was an architect of many of its misfortunes as it not just prevented the Soviets from helping Czechoslovakia but actively colluded with Germany to partition it. […] The third part of Putin’s history lesson zeroed in specifically on anti-Soviet and anti-Semitic statements made by various Polish leaders. One piece of evidence here comes from a Sept. 20, 1938, conversation between Adolf Hitler and the Polish ambassador in Germany, Józef Lipski. In that particular conversation, Hitler told Lipski that he had been thinking of exiling Jews to the colonies (presumably to Africa), if the Polish, Hungarians, and Romanians agreed to this solution. According to Lipski’s report to Beck, he responded that “if this were resolved, we would erect him [Hitler] a wonderful monument in Warsaw.” […] Given this twisting of facts and several glaring omissions, Putin’s revisionist history lessons are not convincing, even though some of the evidence he cites is valid on its own merits, and his broader point about shared responsibility for the outbreak of World War II is not unreasonable. […] But the Russian president knows that weaponized history does not require peer review. The intended audience for his revisionist account is ordinary Russians, who will likely remember one important lesson from the would-be professor Putin—that the West is out to deny them the glory that their forefathers earned on the battlefield. (Sergej Radschenko, Foreign Policy)

Die Gefahr bei Revisionismus der Marke Putin oder auch anderer, die solche Ideen vertreten, ist, dass die Narrative natürlich einen wahren Kern aufweisen. Denn Polen war ja eine expansiv-aggressive Macht, hat sich etwa 1938 durchaus an einem Teil der Tschechoslowakei gütlich getan. Dass die Polen ziemlich antisemitisch waren, ist ebenfalls nicht gerade ein Geheimnis.

Nur begeht Putin natürlich den „Fehler“ vieler Amateur-Historiker, diese vereinzelten Fakten aus dem Kontext zu reißen und in sein eigenes revisionistisches Narrativ einzubauen. Was Putin tut, ist Geschichte als Waffe zu benutzen und eine verzerrte Version russischer Geschichte zu erstellen, in der das Land mit der Sowjetunion und dem Zarenreich in eine lange Reihe gestellt wird (angesichts der Grenzverläufe beider Staatswesen extrem gefährlich), sie dann von allen negativen Elementen (Völkermorde, politische Massenmorde, diktatorische Unterdrückung, Pogrome, das ganze Programm) zu reinigen und stattdessen das westliche Ausland zum Bösewicht zu erklären. Darauf sollte man nicht hereinfallen, aber russische Propaganda-Instrumente wie RT Deutschland und natürlich die Trollfabriken des Kremls tragen den Mist auch nach Deutschland. Und da finden ihn dann wieder die Verschwörungsfans auf Youtube und sonstwo.

8) Tom Cotton Introduces Campus Free-Speech Bill

I am pleased to announce that today Senator Tom Cotton has introduced the “Campus Free Speech Restoration Act” (CAFSRA). Under CAFSRA, public colleges and universities that promulgate restrictive speech codes, so-called free-speech zones, and other unconstitutional speech policies will lose their eligibility to receive federal student loans and grants through the Higher Education Act. Private universities will also lose eligibility unless they both fully disclose their policies on free expression and accept contractual responsibility for enforcing those policies. Decades of successful court challenges to unconstitutional campus speech codes and zones have failed to end these practices. With many public colleges still evading their constitutional responsibilities, it is time for the hammer to come down. Only the prospect of losing federal aid can prevent public colleges from thumbing their noses at the First Amendment. […] Tom Cotton understands the new cancel culture from the inside, having seen the New York Times go to war with itself over the perfectly legitimate decision to publish his op-ed on the use of force to quell riots. With hostility to free speech migrating from the campus to the culture at large, America’s civil peace is now at risk. Given our fraying commitment to liberty, an energetic effort to pass Cotton’s campus free-speech bill will do wonders — not just for our college campuses but for the country as a whole. In short, Tom Cotton’s Campus Free Speech Restoration Act is at the leading edge of the fight to restore liberty and constitutional principle to our college campuses — and to our country. Cotton’s bill should, and likely will, spark a major national debate. (Stanley Kurtz, National Review)

Diese als Artikel getarnte Presseerklärung im National Review ist im Hinblick auf die beknackte Cancel-Culture-Debatte vor allem deswegen interessant, weil derselbe Tom Cotton noch eine Woche zuvor ein Gesetz in den Kongress eingebracht hat, der das das Unterrichten des 1619-Projekts unter Strafe gestellt hätte. Gegen das demokratische Repräsentantenhaus kam diese virtue-signaling-Initiative natürlich nicht an, aber sie zeigt deutlich, dass diese komplette Debatte in bad faith geführt wird.

Tatsächlich ist die Rede von der cancel culture ein reines politisches Kampfinstrument. Sie ist lediglich ein neues Wort für Identitätspolitik, die wiederum nur ein neues Wort für political correctness war. Die Debatten sind jedes Mal die exakt gleichen, die Argumente sind die exakt gleichen, die Proponenten sind die exakt gleichen. Man siehe dazu auch Friedrich Merz‚ billigen Versuch, sich an die Debatte anzuhängen und ein paar schnelle Punkte zu machen. Andrea Geier hat einen guten Artikel dazu, ebenso Journal.de, oder The Week, und die aktuelle Debatte in Sachsen um eine Kunstausstellung, die von einer Allianz aus CDU, FDP und AfD gecancelt wird ohne auch nur die geringste Aufmerksamkeit oder die entsprechende Zuschreibung von cancel culture zu finden zeigt ebenfalls deutlich, wes geistig Kind die Debatte eigentlich ist – und dass es nur eine politische Waffe ist.

9) Böse Männer, gute Frauen?

Wie Psychologen um Steve Stewart-Williams im British Journal of Psychology berichten, werden solche für Männer positiven Studienergebnisse reflexhaft in Zweifel gezogen – von Männern wie Frauen gleichermaßen. Offenbart sich in vergleichbarer Forschung hingegen eine weibliche Überlegenheit, ergibt sich ein anderes Bild. Solchen Ergebnissen wird größeres Vertrauen entgegengebracht, die Methodik eher gelobt und die Aussagen als relevant bezeichnet. Auch hier gilt: Männer und Frauen reagieren gleichermaßen auf diese Weise auf Aussagen, die Frauen überlegen dastehen lassen. […] Die Reaktion der Geschlechter unterschied sich dabei nur in Nuancen: Frauen bewerteten Ergebnisse sogar teils als gefährlich, wenn sie Männer besser dastehen ließen. Beide Geschlechter unterstellten dem jeweils anderen zudem, das eigene zu bevorzugen – was in diesem Fall aber nur auf Frauen zutraf. […] Handelt es sich hier um Nebenwirkungen einer grellen, feministischen Wut, die ein Männerbild kommuniziert, das einer finsteren Karikatur gleicht? Eher nein, sagen die Forscher um Stewart-Williams. Sie wiederholten die gleiche Studie nämlich noch einmal in Südostasien, wo aus westlicher Sicht oft eher überkommene Rollenbilder gepflegt werden. In diesem Kulturkreis ergaben sich die gleichen Ergebnisse: Positive Aussagen über Männer gelten im Vergleich als unglaubwürdig. (Sebastian Herrmann, Süddeutsche Zeitung)

Mir ist unklar, warum der gesamte Artikel einen so ironischen Ton beieinander hat. Es ist nämlich sehr problematisch, dass Männer automatisch als gefährlicher und böser gesehen werden, selbst von ihnen selbst. Das ist jetzt allerdings nicht Ausdruck einer durchgeknallten cancel culture, Identitätspolitik oder political correctness (siehe Fundstück 8), sondern das übliche Problem: Das Patriarchat schadet allen.

Die Idee, dass es derartige natürliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen gäbe, ist gefährlich, egal aus welcher Ecke sie kommt. Bestimmte Strömungen des Feminismus haben sich mit ihrer Männerfeindlichkeit da sicher keinen Gefallen getan, genauso wenig wie die männlichen Identitätskrieger, die permanent behaupten, dass Masken oder Kondome sie unmännlich machen, dass sie die Ehre „ihrer“ Frauen verteidigen müssen und so weiter.

10) SPD attackiert Unionsvize: Absurd, befremdlich, inakzeptabel

Der Unionsfraktionsvize Arnold Vaatz ist mit seinen harschen Vorwürfen gegen die Berliner Polizei auf deutlichen Widerspruch in der Opposition und beim Regierungspartner SPD gestoßen. Vaatz hatte der Polizei in einem Beitrag für das rechte Meinungsblog „Tichys Einblick“ anlässlich der Anti-Corona-Demo in Berlin „dreiste Kleinrechnung der Teilnehmerzahlen“ vorgeworfen. Das „entspricht in etwa dem Geschwätz von der ‚Zusammenrottung einiger weniger Rowdys‘, mit der die DDR-Medien anfangs die Demonstrationen im Herbst 1989 kleinrechneten“, schrieb Vaatz. Belege führte er dafür nicht an, Recherchen mehrerer Medien sprechen dagegen. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert sprach von „inakzeptablen Äußerungen“. „Vor kurzem warnte die Union noch vor der Diffamierung unserer Polizei“, sagte Kühnert zu t-online.de. „Heute kann ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender eben dieser Union der Polizei DDR-Methoden unterstellen, ohne dass ihm vernehmbar widersprochen würde. Ich halte das für befremdlich.“ […] Aus der Union ist bislang wenig zu Vaatz zu hören. Ein Fraktionssprecher sagte Focus Online: „Herr Vaatz hat in dem Meinungsbeitrag seine persönliche Auffassung als MdB geäußert – diese spiegelt nicht die Haltung der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag wider.“ (Johannes Bebermaier/Jonas Mueller-Toewe, T-Online)

Ideologische Nachbarschaft, ich sage es immer wieder. Relevant ist weniger, dass die SPD den Mann attackiert. Das ist natürlich relevant, schon allein, weil es Handlungsdruck bei der Union erzeugt. Wirklich wichtig ist aber, dass die Union selbst sich distanziert. Es ist schon einmal gut, dass die Partei sich offiziell distanziert, aber ansonsten ist die Reaktion doch recht weichgespült. Aber: Die Reaktion der CDU zeigt, dass die demokratischen Regeln und Sicherheitsinstrumente in Deutschland noch funktionieren. Und das ist sehr beruhigend.

11) Staat ohne Gott

Auch ohne Gottesschwur: Gott mischt kräftig mit in der deutschen Politik. In den Parlamenten, den Parteien, den Institutionen. Dabei wird so getan, als hätte er ein ganz natürliches Anrecht darauf, als gehörte er zur politischen Grundausstattung, zum politischen Personal der Bundesrepublik, zur »deutschen Demokratie«. Dass unsere heutige Demokratie un-streitbar auch auf einem Menschenbild gründet, das viel mit dem Christentum zu tun hat, will niemand infrage stellen.  Aber die Geschichte zeigt, dass die christlichen Kirchen nicht unbedingt Trägerinnen der Demokratie waren – und sind. Was heute Staat und Staatsbürger ausmacht, ist gegen die christlichen Kirchen erkämpft worden.  Das dürfen wir festhalten. […] Wer Beamter, Staatsanwalt oder Richter werden möchte, schwört auf die Verfassung, nicht auf die Bibel oder den Koran. Deutschland ist ein Verfassungs- und kein Gottes-Staat, das ist die Voraussetzung für Religionsfreiheit. Alle Bürger dürfen ihren Gott, auch ihre Götter haben – der Staat aber muss in einer modernen, säkularen Grundrechtsdemokratie gottlos sein. Entscheidend sind nicht religiöse Präferenzen, sondern Verfassungstreue. […] Es geht hier nicht um die Austreibung Gottes aus der Welt. Glaubens- und Religionsfreiheit ist Menschenrecht. Im Gegenteil: Demokratische Staaten garantieren religiösen Gruppen, Gemeinschaften oder Kirchen, dass sie frei agieren können, soweit sie nicht die Freiheiten anderer gefährden oder die Gesetze verletzen. Aber wir hätten keinerlei Einwände, wenn das  Neutralitätsgebot endlich Anwendung fände und der Einfluss der Religionen – hierzulande vor allem der der beiden großen christlichen Konfessionen – entscheidend eingeschränkt und zurückgedrängt würde, inklusive aller Privilegien und Ressourcen, Subventionen und Ordnungsgelder. Es muss Schluss damit sein, dass Bischofsgehälter aus dem allgemeinen Steuertopf bezahlt werden, dass die Kirchen das Arbeitsrecht aushebeln können, dass schwerstkranken Menschen das Recht verwehrt wird, selbstbestimmt zu sterben. (Helmut Ortner, Salonkolumnisten)

Genauso wie Leute, die christlich geprägte Schulen wollen, einen florierenden Privatschulsektor haben, ist unklar, warum andere staatliche Bereiche hier ausgenommen sein sollten. Ja, wir können über irgendwelche historischen Situationen reden, in denen das Grundgesetz geschrieben wurde, aber es lässt grundsätzlich die Freiheit für einen säkularen Staat. Die könnte man durchaus nutzen, denn die Zeit, in der die Amtskirchen über die CDU aktiven Einfluss auf die Politik hatten, sind lange vorbei. Die Amtskirchen sind heute weitgehend unpolitisch, und der Staat eigentlich auch. Es sind noch einige verirrte Reste dieser früheren, oppressiveren Kultur übrig, aber die dürfen durchaus noch fallen. Dazu gehören auch die nicht zu rechtfertigen Ausnahmeregeln für die Kirchen in Arbeits- und Tarifrecht. Und so weiter.

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  • popper 15. August 2020, 13:59

    Zu 2)

    Wir sehen an seinem Beispiel, was passiert wäre, wenn wir weniger drastische Maßnahmen ergriffen und „der Wirtschaft“ mehr Freiheit gelassen hätten: Nicht nur wesentlich mehr Tote, sondern auch zusätzlich noch kein wirtschaftlicher Gewinn.

    Bei dir Stefan, sollte man besonders davon ausgehen dürfen, dass Du weißt, dass materiale Implikationen nichts über kausale Zusammenhänge aussagen. Insoweit sind die o.g. Aussagen willkürliche Behauptungen, ohne jeden Erkenntnisgewinn. Zumal nach neueren Erkenntnissen, die Todesraten in den Lockdowns zum Teil erheblich zugenommen haben (s. hier: (https://medium.com/@JohnPospichal/questions-for-lockdown-apologists-32a9bbf2e247)

    • schejtan 15. August 2020, 16:23

      Vielleicht weil zwischen Infektion und Tod im Schnitt ca. drei-vier Wochen liegen?

  • Lemmy Caution 16. August 2020, 10:14

    zu 7) Das Zarenreich agierte im 1. Weltkrieg übrigens sehr anti-semitisch. In den vor dem Krieg von Österreich Ungarn gehörenden besetzten Ost-Galizien und der Nord Bukowina (heute Südwest-Ukraine) waren Juden-Progrome an der Tagesordnung. Hab ich aus Wlodzimierz Borodziej, Maciej Górny, Der vergessene Weltkrieg 1912 – 1923. Sehr lesenwert. Hab 2/3 des 1. Teils durch.

    • Stefan Sasse 17. August 2020, 09:57

      Danke für den Hinweis! Es gehört zu den Absurditäten des Holocausts, dass er in dem Land stattfand, in dem die jüdische Minderheit am besten integriert war. Niall Ferguson hat das in „Krieg der Welt“ schön herausgearbeitet.

  • Ralf 16. August 2020, 10:47

    zu 1)

    dass es angesichts des tief verwurzelten Anti-Amerikanismus in der deutschen Bevölkerung damit nicht getan sein dürfte.

    In dieser Formulierung geht unter, dass die Deutschen zuvor und noch unter Clinton weit überwiegend extrem amerikafreundlich gewesen waren und dass es die Amerikaner waren, die dieses Verhältnis unterminiert haben, insbesondere mit Bush und Trump, aber auch mit Obama. Wenn die USA das Verhältnis kitten wollen, geht es also in erster Linie um eine Verhaltensänderung auf deren Seite und nicht primär um “Investitionen” …

  • Ralf 16. August 2020, 10:55

    zu 2)

    Die Kritik aus diesen Ecken gegenüber der Krisenpolitik unter anderem der deutschen Regierung ist durch diese „Kontrollgruppen“ völlig diskreditiert, aber noch immer behandelt man diese mit ihren unveränderten Orakeleien bezüglich eines zweiten Lockdowns, als wären es ernstzunehmende Stimmen.

    Ja. Das zeigt auch, dass entgegen mancher Behauptungen hier in der Kommentarspalte, die Covidioten und ihre Demoteilnehmer eben nicht überwiegend “besorgte Bürger” sind, sondern Spinner, Verschwörungstheoretiker und Mythenfanatiker. Oder sie sind intelligent, aber rechtsextrem und nutzen die Stimmung, um Werbung für ihre Naziparteien zu machen. Dazwischen gibt es fast nichts.

    • Ariane 16. August 2020, 12:05

      Aggressive Hippie-Spinner:
      https://twitter.com/SchwarzePalmen/status/1294211163744538624

      Dass sich die Rechtsextremen da mit ranhängen (oder eh dabei waren, weil es halt gegen den Staat und die Lügenpresse geht) ist meiner Meinung nach eher eine „normale“ Entwicklung. Gerade die antrophosische Eso-Schiene ist die alte Verbindung zu Verschwörschwurbeleien nie losgeworden und da treffen sie sich jetzt.

    • Stefan Sasse 17. August 2020, 09:59

      Exakt.

  • Ralf 16. August 2020, 11:19

    zu 7)

    begeht Putin natürlich den „Fehler“ vieler Amateur-Historiker, diese vereinzelten Fakten aus dem Kontext zu reißen und in sein eigenes revisionistisches Narrativ einzubauen.

    Putin betätigt sich hier nicht als Amateur-Historiker sondern als Politiker. Und er begeht keinen “Fehler” – wie Du ja auch selber weißt, ansonsten hättest Du den Begriff nicht in Anführungszeichen gesetzt – sondern nutzt eine polarisierte, geschönte, bias-lastige Interpretation der Vergangenheit zu Propagandazwecken. So weit, so schlecht.

    Was Du unterschlägst, ist dass nichts an diesem Verhalten typisch russisch oder typisch Putin ist. Abgesehen von Deutschland, wo eine erstaunlich objektive Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte stattfindet, gehören historische Propagandamythen überall um uns herum, überall in der Welt zum Standardrepertoire politischer Kommunikation. Sprich mal mit Amerikanern über ihre völkerrechtswidrigen Angriffskriege, mit Briten und Franzosen über ihre ehemaligen Kolonien, mit den Türken über den Genozid an den Armeniern etc..

    Dieses völlige Standardverhalten in der internationalen Politik zum “Putin-Problem” zu machen, ist dann ironischerweise die exakte Umsetzung dessen, was man vorgibt zu kritisieren. Man nimmt eine bias-behaftete Propagandameldung und “protestiert” dagegen, indem man eine bias-behaftete Propagandameldung dazu herausgibt …

    • Stefan Sasse 17. August 2020, 10:00

      Ich wollte auch nichts daran als typisch Putin sehen, sondern aufzeigen, wie Putin spezifisch hier Geschichte verfälscht. Und das Ausmaß ist schon ein bisschen krasser als bei beschönigenden Wirtschaftswunder-Geschichten, weil Putin aktiv die Massenmorde der SU leugnet und die Schuld am Zweiten Weltkrieg teilweise Polen zuschiebt – was ziemlich infam ist. Und DIESE Argumentationslinie ist SEHR spezifisch russisch.

    • Lemmy Caution 17. August 2020, 17:27

      Imho unterschätzt Du die Auseinanderstetzung in anderen Ländern mit der Geschichte.
      Problematische Aspekte der Kolonialgeschichte wird in UK gut aufgearbeitet.
      In Frankreich die Kollaboration mit den Nazis unter Besatzung und Vichy ebenfalls.
      USA veröffentlicht vergleichsweise früh Geheimdokumente zu brisanten Aspekten ihrer jüngeren Vergangenheit (Cono Sur Diktaturen, Indonesien, etc). Hab keine Ahnung wie US-Geschichte dort vermittelt wird.
      In Chile hat mich die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Mapuche-Unterdrückung in Schulbüchern und offiziellen Lernstoff zu Uni-Zugangsprüfung überrascht. Eine nie genannte Erklärung, warum die Mapuche Fahne im Oktober-Aufstand dermaßen dominierte.

      Wir mögen mit einer sehr ernsthaften Aufarbeitung unserer Geschichte mal Vorreiter gewesen sein, inzwischen stehen wir da aber bestimmt nicht alleine.

      • Stefan Sasse 18. August 2020, 08:49

        Danke für den Kontext, freut mich sehr zu hören! Was ich aber von der Debatte über die koloniale Vergangenheit in UK oder der Sklaverei in den USA lese, stimmt mich eher skeptisch.

        • CitizenK 18. August 2020, 10:54

          Mich auch; Susan Neiman:

          „Rechtsterrorismus sei ein internationales Phänomen, so Neiman. Auch in den USA nehme er zu, nicht zuletzt, weil die Geschichte von Rassismus und Sklaverei in den Vereinigten Staaten bis heute kaum aufgearbeitet worden sei.

          Für ihr Buch führte Susan Neiman zahlreiche Interviews im Süden der USA. Dort sei der Mythos vom „Lost Cause“ des amerikanischen Bürgerkriegs weit verbreitet: die Südstaaten hätten nur ihre Heimat verteidigen wollen und seien der Übermacht der „Yankees“ erlegen.

          „Wir sehen uns als Opfer, wir haben zu Unrecht gelitten“, dieser Sichtweise hingen auch 150 Jahre später noch viele Menschen an. Die Geschichte der Sklaverei werde von ihnen völlig ausgeblendet, sagt Neiman. Doch nur, wenn sie endlich aufgearbeitet werde, gebe es Hoffnung auf ein besseres gesellschaftliches Klima.“

          https://www.deutschlandfunkkultur.de/susan-neiman-ueber-historische-schuld-taugt-deutschland-als.2162.de.html?dram:article_id=472452

          • Stefan Sasse 18. August 2020, 11:06

            Ja, das war auch mein Stand.

            • Lemmy Caution 18. August 2020, 21:35

              Ich dachte auch weniger an Orte wie Eastern Rural Texas, Alabama oder Nebraska sondern Frankreich, England oder die Ostküste von den USA. Niall Ferguson regt sich doch gerne darüber auf, dass die positiven Aspekte des Empire nicht beachtet werden.
              Außerdem mag ich keine Stereotypen. In IT-Welt gibts einen podcast Dampfplauderer mit abgeschlossenem Philosophie Studium, der Linksliberalität und Texanertum gleichzeitig raushängen lässt. Coté.

        • cimourdain 21. August 2020, 06:44

          Hier ein Fundstück zur US-Geschichtsaufarbeitung
          https://www.youtube.com/watch?v=hsxukOPEdgg

      • cimourdain 18. August 2020, 18:07

        Danke für den Chile-Hintergrund. Die Mapuche waren mir überhaupt als vorstechende Kultur im indigenen Hintergrundrauschen erst mit CivilizationVI bewusst geworden (und da sind sie mir auf die Nerven gegangen)

  • Ariane 16. August 2020, 13:05

    Danke für den Artikel, du Streber. Dachte, du bist im Urlaub 😀

    1) Obama hielt 2008 eine groß publizierte Rede an der Siegessäule. Hunderttausende kamen.

    War das nicht auch wegen Kennedy „Ich bin ein Berliner!“?
    Ich meine ein Präsident bei klarem Verstand wäre natürlich eine Verbesserung, aber vermutlich kommt Augstein demnächst mit einem Kommentar, dass Trump besser ist als Biden, weil er die Soldaten nach Hause holt (und auch nicht mehr weiß, wo die Atomwaffen eigentlich sind) oder sowas.
    Da wird es eher auf die nächste Bundestagswahl für das weitere Deutsch-Amerikanische Verhältnis ankommen, denke ich.

    2)Sollte nicht laut der Theorie für solche disparaten Lösungsansätze jetzt der Punkt kommen, an dem alle den Modellen folgen, die sich bewährt haben?

    Nö, wir fangen einfach wieder von vorne bei April an. Deswegen ja auch Schweden. Kein Schwein kann schwedisch, weiß was da genau für Regelungen und Stimmungen sind oder wer da überhaupt regiert und für was zuständig ist. UK und USA sind zu kaputt, um noch als „seriöser“ Vergleich zu dienen.

    Dazu kommt, dass „die Wirtschaft“ mittlerweile größere Warner sind als die Politiker oder Medien:
    https://twitter.com/JulianJanssen04/status/1294917932607320064

    Die Dehoga (Gastro/Touristikverband) und einige Händlerverbände haben auch schon verschreckt darum gebeten, sich doch bitte vernünftig und maskenbedeckt zu verhalten. Ist ja nicht so als wenn die Leute nur im Ausland unvorsichtiger sind, das ist ja eine generelle Entwicklung und zieht mit steigenden Zahlen wieder mehr Leute nach sich, die dann auf Konsum verzichten.
    Ich bleib ja dabei, es fehlte die Zeit, in der man sich mal wirklich auf die neue Situation einstellen konnte für die „verantwortungsvolle Normalität“

    4) Vergewaltigung als Teil eines Genozids

    Jep, einer der wichtigsten Friedensnobelpreise der letzten Jahre auch. Dieser kongolesische Frauenarzt (Name leider vergessen) arbeitet ja auch seit Jahren an der Front, gerade bei ethnischen Konflikten spielt das Thema eine große Rolle, auch wenn ich wenig Hoffnung hab, dass das außerhalb der Wissenschaft als großes Thema wahrgenommen wird. Obwohl „die Musels wollen unsere deutschen Frauen vergewaltigen/rauben/heiraten“ ja auch darauf abzielt.

    Es kommt noch was dazu, hatte hier so eine Multimedia-Reportage anlässlich des Gedenk/Jubiläumstag zu Srebrenica dazu gefunden. Oft ist es ja auch gewollt, dass die Frauen schwanger werden und die Nachkommen sind oft stigmatisiert und ausgestoßen, (übrigens auch eine Problematik, die wir hier in Deutschland hauptsächlich durch die Sowjets auch hatten):
    https://gfbv.pageflow.io/zaboravljene-price#255543

    • Stefan Sasse 17. August 2020, 10:01

      Ich bin im Urlaub, aber man hat ja Verpflichtungen 😉 Internet ist aber so grausam schlecht dass ich bei den Kommentaren nicht mehr hinterherkomme.

      1) Spielt natürlich beides eine Rolle, ja.

  • CitizenK 16. August 2020, 13:53

    7) Die SZ vom 16. 8. 20, S. 22, zitiert eine französische Studie:
    „…dass vor allem Frauen seltener zum Zuge kommen, wo Jobs über Kontakte vergeben wurden. Dass an der Spitze vieler Unternehmen stets dieselben alten weißen Männer aus dem gehobenen Bürgertum anzutreffen sind, hat bestimmt auch damit zu tun, dass die personalpolitische Wurstigkeit paradoxerweise bei den höchsten Posten oft am größten ist.“

    Vielleicht liegt ihr (du und Ariane) ja doch nicht so falsch.

    • Ariane 16. August 2020, 14:41

      Ich fand dazu auch immer die Studien zu anonymisierten Bewerbungen ganz spannend. Da ging es hauptsächlich erstmal darum, wer überhaupt zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wird, aber da gab es deutliche Unterschiede:
      https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/bewerbung-anonym-fuer-mehr-chancengleichheit

      Und das sind ja dann schon Stellen, die sehr begehrt sind, wenn sich da viele drauf bewerben. Das ist ja auch nie eine bewusste Sache, aber ich glaub schon, dass man a) das erstmal selbst erkennen sollte und b) dann Wege finden muss, dieser unbewusste Ungleichbehandlung entgegenzuwirken.

      • CitizenK 16. August 2020, 16:39

        Der Artikel enthält auch noch ein interessantes Beispiel, wie durch eine staatliche Regulierung ein liberales Ziel erreicht wurde, nämlich Transparenz auf dem Arbeitsmarkt in der Schweiz. Ironischerweise durch einen Antrag der SVP, der sich gegen ausländische Arbeitskräfte richten sollte. Die Unternehmen wurden verpflichtet, freie Stellen dem Arbeitsamt zu melden, was zu einem Anstieg der Bewerbungen auf das 7fache führte.

        • Ariane 17. August 2020, 02:35

          Spannend, muss ich mal gucken, ob ich mir die hole oder mal reinluscher^^

          In Skandinavien experimentieren sie ja auch mit der Transparenz bei Gehältern herum. So rein intuitiv halte ich das auch Umfeld auch wichtiger als die Zusammensetzung, es ist aber eine Anstrengung aus dem alten Trott auch herauszukommen bzw das zu wollen.

    • Stefan Sasse 17. August 2020, 10:02

      Danke!

  • Ariane 16. August 2020, 15:31

    6)Und wenn übrigens Wolfgang Kubicki nach den Berliner Protesten sagt, die Politik habe versäumt, den Menschen genau zu erklären, was eigentlich das Ziel der gesamten Maßnahmen sei

    Ach Kubicki hatte ich schon wieder ganz verdrängt, der war schon gut^^
    Obwohl ich glaub, das ist eher wie so eine hängengebliebene Schallplatte bei ihm.

    Ansonsten verstehe ich diese Verbrüderung auch nicht, weil das ältere, eher weiße wohlhabende (also welche von uns) sind? Weil es sich irgendwie gegen den Staat, die Regierung, Merkel oder die Medien richtet? Darüber, dass das nie mal konkret definiert wird, wie das funktionieren soll, haben wir ja auch schon öfter geredet. Aber ich meine, wir sind jetzt auf so einem absolutem Spinner-Niveau angekommen, dass schon diese „Zuhören, weil besorgte Wutbürger!“ vollkommen lächerlich wirken.

    Immerhin: ich hatte das Gefühl, dass diese Demo (auch im Zusammenhang mit den steigenden Zahlen) die Politiker doch etwas aufgeschreckt hat und Druck erzeugt haben, sich davon abzugrenzen und für mehr Eigenverantwortung zu werben. Fiel zeitlich auch mit der Bahn und ihren Umgang mit Maskenverweigern zusammen glaube ich.

    8)
    Ach, wollte ich dich letztes Mal schon fragen. Hast du eine Blitz-Zusammenfassung, worum es beim 1619-Projekt geht?

    Und jep, „man wird ja wohl noch sagen dürfen“ in neuem Gewand mit nem fancy englischen Ausdruck dafür. Können alle ihre Uralt-Artikel nochmal recyclen.

    10) Causa Vaatz-Spinner-Demos:

    Ist ja auch immer schön, wenn der Vizepräsident des dt. Bundestages und Teil einer Regierungspartei von Machthabern spricht. Wäre mir schon lieb, wenn die Union diesen Konflikt mal befriedet.

    11)
    Jep, eigentlich auch längst überfällig und etwas, was man vermutlich nur abräumen könnte, wenn die Union in der Opposition ist. Oder man genug CDUler davon überzeugen könnte, dafür einzutreten. Danach sieht es aktuell aber wahrlich nicht aus.

    • Glaukon 16. August 2020, 16:27

      Friedrich mal wieder. Komisch, dass dessen krasses Rechtsaußenseitertum nie irgendwo groß thematisiert wird. Wenn ich mich richtig erinnere, dann hatte der doch sogar damals Maaßen an der Spitze des Verfassungsschutzes platziert, ironischerweise als Reaktion darauf, dass dessen Vorhänger ein Kuschelkurs gegenüber Neonazis vorgeworfen wurde.

      • Ariane 17. August 2020, 02:48

        Oh stimmt. Ich verdräng ihn auch gerne. Irgendwie preist man bei der CSU solche Sachen auch eher ein, aber das ist vollkommen wirr. Er ist Bundestagsvizepräsident und sitzt logischerweise im Bundestag, wie kann er da denn von Machthabern sprechen. Maaßen ist mittlerweile ja auch völlig auf einer irrealen Ebene angekommen.

        Hab auch den Verdacht, dass Merkel da so einen Obama-Effekt ausgelöst hat, nur auch in ihrer eigenen Partei, was das ganze noch komplizierter macht. Mal gucken, ich kann mir auch vorstellen, dass der Konflikt eventuell im Dezember bei/nach der Wahl auch erst nochmal größer wird.

    • Stefan Sasse 17. August 2020, 10:03

      8) Verankerung der gesamten amerikanischen Geschichte in der Sklaverei.

  • cimourdain 16. August 2020, 21:45

    2) Jens Happel hat hier am 13.08. dargelegt, dass Schweden in Bezug auf Wirtschaftsleistung(BIP) und Staatsfinanzen (Schuldenquote) im 2. Quartal besser als vergleichbare Länder dasteht. Jetzt zitierst du einen Artikel, der zum Beleg des Gegenteils nur einen sehr spezifischen Indikator (Verbrauchsstimmung) anführt.

    6) Warum erhalten die abseitigen Vorstellungen so viel mehr Beachtung als die vernünftigen? Weil du – als Stellvertreter der öffentlichen Meinung – dich dafür interessierst. Du willst keine ’satisfakionsfähige‘ Gegenposition, sondern einen Strohmann, der es dir leicht macht zu sagen „ Ich danke dir, Herr, dass ich nicht so bin wie diese.“ ( Lukas 18 Vers 11) .

    7) Dieser Revisionismus scheint ein Merkmal unserer Zeit zu sein. Auch die Europäische Union ist davor nicht gefeit, mit ihrem Versuch, die Rote Armee bei den vielen Gedenkfeiern zum 2.Weltkrieg geschickt zu verschweigen. so dass auf einmal der D-Day zum entscheidenden Wendepunkt des 2. Weltkriegs wird oder die US-Armee Ausschwitz befreit (Versehen, lassen aber tief blicken.)

    10) Ich habe mir jetzt aus erster Hand anhand des Videos vom Demonstrationszug eine Überschlagsabschätzung ( durchschnittlich 9 vorbeiziehende /Sekunde gemessen an drei unterschiedlichen Zeitpunkten, 88 Minuten abzüglich 10% für Unterbrechungen ) durchgeführt und bin auf ca 40 – 45.000 Teilnehmer gekommen. Mit simplen Mitteln kann man sich den ganzen Bullshit sparen. – aber wer will das schon?

    • Stefan Sasse 17. August 2020, 10:05

      2) Dieser Artikel ist unabhängig von Jens‘ entstanden, und ich kenne mich ohnehin zu wenig aus, um das abschließend beurteilen zu können.

      6) Spielt bestimmt mit rein, ja.

      7) Da gibt es coole Forschung dazu, wie die Erinnerung an die Westfront, vor allem D-Day, die an die Ostfront völlig verdrängt hat. Da gibt es erst seit ein paar Jahren eine Gegenbewegung in der Geschichtswissenschaft, da gegenzuhalten. Ich denke der Hauptaspekt hier sind Hollywood und die Games-Industrie.

      • Ariane 17. August 2020, 16:52

        7) Ist mir neulich wieder aufgefallen, weiß den Titel leider nicht mehr, aber hab zufällig einen russischen Film gesehen. Ziemlich mies, ging irgendwie um die Verteidigung von Leningrad mit Zeitreise und Klimbim.
        Ist aber etwas, was hier echt in der breiten Öffentlichkeit ziemlich unbekannt ist. Bei D-Day hat man ja sofort 100 Bilder aus Games oder Filmen im Kopf.

        Ich kann mir auch vorstellen, dass das so aus deutscher Sicht durch die Teilung auch echt noch komplizierter ist. Im Osten war das ja viel mehr Thema mit den Sowjets als Bruderstaat und den bösen Amis, während es im Westen eher umgekehrt war. Diesen Ost/West-Gegensatz hat Deutschland ja quasi immer doppelt.

        Analog zu Polen vielleicht, die sich auch oft nicht ganz entscheiden können, ob sie feindlicher den Russen oder den Deutschen gegenüber eingestellt sein wollen, sich da aber auch nicht entziehen können.

        • Stefan Sasse 18. August 2020, 08:50

          Ja, genau. Und die wenigen Werke über die Ostfront (ich sag nur: Enemy at the Gates) bestimmen dann völlig die Erinnerung.

      • cimourdain 17. August 2020, 18:02

        7) Dieser Unterschied in der visuellen Präsenz ist ein spannender Aspekt. Wortwörtlich werden einem manche Aspekte in der Geschichte direkt ‚vor Augen geführt‘, während andere dieses Glück nicht haben.

        Weiter gedacht: Kann das einer der Schlüssel für die sehr gute Aufarbeitung der Naz-Verbrechen in Deutschland sein? Dass diese direkt präsentiert wurden – und zwar von außen, konkret den USA , beginnend mit Death Mills über Holocaust bis Schindlers Liste . Die ‚autochtonen‘ Produktionen fokussierten dagegen häufig auf die Schrecken des Krieges ( die Brücke, das Boot, Stalingrad ) .
        Noch weiter gedacht wäre dann die beginnende Aufarbeitung der US-Sklaverei ein Produkt der entsprechenden Präsenz im Film – Roots, Amistad, 12 Years a Slave, [Django Unchained]

        • Stefan Sasse 18. August 2020, 08:51

          Absolut richtig, ja. Die deutsche mediale Vergangenheitsbewältigung ist extrem verkorkst, ich arbeite da eh gerade an einem Artikel zum Thema. Ich verstehe aber, dass deutsche Regisseure keinen Holocaust-Film machen wollen…

          Die Aufarbeitung der Sklaverei in Filmen ist denke ich einer der entscheidenden Faktoren dafür, dass die USA das Thema gerade mehr auf den Teller bekommen…

          • cimourdain 18. August 2020, 18:10

            „…ich arbeite da eh gerade an einem Artikel zum Thema.“
            Können wir die Degeto – Naziversteherfilme durch totschweigen ‚canceln‘ und uns stattdessen dem richtigen Trash zuwenden, wie ‚Dead Snow‘ oder ‚Ilsa, she-wolf of the SS‘ ?

            • Stefan Sasse 19. August 2020, 21:48

              Degeto?

              • cimourdain 20. August 2020, 18:08

                Degeto Film GmbH, die Produktionsfirma, die für sehr viele TV-Produktionen des ÖR verantwortlich sind. Darunter sind auch die historischen ARD-Event-Movies, über die du glaube ich hier schonmal einem giftigen Artikel geschrieben hast.

    • sol1 18. August 2020, 21:24

      2) Dänemarks Wirtschaft ist im zweiten Quartal um 7,4 Prozent geschrumpft – also weniger stark als die schwedische:

      https://www.christophschumann.de/daenemark-corona-wirtschaft-schrumpft/

  • derwaechter 17. August 2020, 10:05

    1)der Unterschied zu Obama ist doch, dass nicht kurz danach etwas weltbewegendes passiert ist, das er explizit in der Rede gefordert hatte.

    Obama kam als eine Art Popstar ohne das „echte“ deutsch amerikanische Themen eine grosse Rolle gespielt hätten.

    Reagan kam als oberster Vertreter der wichtigsten Armee auf deutscher Seite im kalten Krieg. Ein paar Jahre später war dieser gewonnen.

    • Stefan Sasse 17. August 2020, 14:44

      Oh, sicher. Ich wehre mich nur gegen die Idee, Reagans Rede habe dazu geführt, dass Gorbatschow dann die Mauer geöffnet hätte. Und in US-Medien ist das sehr häufig.

      • derwaechter 17. August 2020, 17:45

        Natürlich nicht alleine. Das wäre ja auch absurd.

        • Stefan Sasse 18. August 2020, 08:52

          Wie gesagt, das wird massiv überhöht, und nur darum ging es mir.

        • Maniac 31. August 2020, 16:01

          Natürlich nicht. Wir wissen doch alle, dass David Hasselhoff mit seiner Musik die Mauer geöffnet hat.

          Gruß, M.

  • derwaechter 17. August 2020, 10:19

    8) Und wie immer war Obama ganz vorne mit dabei, der alte konservative Kulturkrieger.

    https://www.nytimes.com/2019/10/31/us/politics/obama-woke-cancel-culture.html

    Die Cancel Culture Debatte ist sehr berechtigt. Das geht leider unter wenn Leute wie Cotton sie missbrauchen.

    • Stefan Sasse 17. August 2020, 14:45

      Kein Zweifel. Sie wird eben nur komplett missbraucht. Auch von Leuten wie Poschardt etc. Ideologische Nachbarschaft, ich sag’s immer wieder.

      • derwaechter 17. August 2020, 17:47

        Du meinst Obama als ideologiscjer Nachbar? Guter Punkt

        • Stefan Sasse 18. August 2020, 08:52

          Ja, genau. Ich sage ja immer, dass diese Kritik nur relevant ist, wenn sie von den ideologischen Nachbarn kommt. Und da muss sich das progressive Lager wahrlich nichts vorwerfen. Man denke nur an Chait oder Mounk, Smith und Drum…

          • derwaechter 18. August 2020, 09:49

            Danke. Ich google die mal direkt 😉

  • Kning4711 17. August 2020, 10:30

    zu 11)

    In einem ersten Reflex nach Lektüre dieses Artikel war meine Reaktion – man muss das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Je mehr ich aber drüber nachdenke, dass Du wichtiger scheint mir der Punkt, den der Artikel macht.

    Noch sind 52 % der Einwohner Deutschlands einer der beiden großen Kirchen zugehörig, insofern ist Kirche immer noch relevant. Im Bereich der Care-Arbeit haben Caritas und Diakonie ein Quasi-Monopol – wichtig auch im Hinblick auf die Diskussion um die Systemrelevanz der Care Arbeit im Kontext Corona. Im Rheinland, wo ich wohne, ist es ohne katholische oder evangelische Religionszugehörigkeit deutlich schwerer einen Kindergartenplatz zu bekommen, ich denke der Umstand trifft auch auf andere Regionen zu. Kurzum, die Kirchen tragen eine riesige Verantwortung.

    Es taugt aber in meinen Augen zu keiner Begründung mehr, die bestehenden Privilegien nicht zumindest zu hinterfragen. Das Reichskonkordat ist der einzige NS-Deutschland Vertrag, der nach wie vor Gültigkeit hat. Es wäre zumindest an der Zeit die bestehenden Regelungen zu hinterfragen und eventuell neu zu verhandeln.

    Insbesondere zwei Aspekte gehören in meinen Augen aufgeräumt. Die Diskriminierung von Frauen ist zu beenden. Die massive Diskriminierung von Katholikinnen in ihrer Kirche wird hingenommen. Hier ist neben dem Staat gleichsam jeder männlicher Katholik gefragt. Politisch bekommt Maria 2.0 im übrigen selbst aus der CSU Rückenwind.

    Als zweites sind die sogenannten Staatsleistungen zu beenenden: 14 von 16 Bundesländern überweisen pro Jahr insgesamt fast eine halbe Milliarde Euro, als Entschädigung für die Enteignung von Kirchenbesitz vor über 200 Jahren. Nur Bremen und Hamburg bezahlen keine Staatsleistungen. Ich denke die Schuld von vor 200 Jahren ist inzwischen abgegolten.

    Es ist natürlich ein schmaler Grad, denn die Kirche (also insb. die kath. Kirche) steckt in einem Reformprozess. Auch wenn ich als selber als Katholik wenig Hoffnung habe, dass der sogn. Synodale Weg wirklich zu Reformen führen wird, ist es doch soetwas wie eine letzte Chance für die katholische Amtskirche in Deutschland. Sollte der Weg scheitern, so könnte der Gesetzgeber eventuell durch Infragstellung der Privilegien die GEsprächsbereitschaft positiv beeinflussen 🙂

    • Stefan Sasse 17. August 2020, 14:45

      Völlige Zustimmung.

    • Ariane 17. August 2020, 18:06

      Absolute Zustimmung, danke für die Ergänzungen.

      Im Bereich der Care-Arbeit haben Caritas und Diakonie ein Quasi-Monopol – wichtig auch im Hinblick auf die Diskussion um die Systemrelevanz der Care Arbeit im Kontext Corona.

      Jep, auch da ist Staat, Privat und Kirche irgendwie sehr merkwürdig miteinander verflochten (obwohl ich prinzipiell nichts dagegen habe, dass sie diese Aufgaben übernimmt, aber dann vom Staat getrennt und nicht mit ihm verflochten. Mal abgesehen davon, dass jüdische oder muslimische Kindergärten/Altenheime dann eine Gleichbehandlung verdienen).

      Der Pflegedienst in Schleswig-Holstein von meiner Oma wurde – warum auch immer – vor kurzem verkauft. Von einem kirchlichem Träger an den anderen. Man hat hier also irgendwie gleichzeitig ein Monopol (die übernehmen fast sämtliche Care-Arbeit in der Gegend, auch in anderen Bereichen) und zig Verflechtungen auf einmal. Und ihr möchtet nicht wissen, wie schlecht die Kondidtionen für die Angestellten sind.

    • cimourdain 17. August 2020, 20:38

      Ein weiteres Thema würde ich noch dringend in Frage stellen: Die Privilegien der Kirchen als Sonderarbeitgeber. Diese betrifft nicht nur die Loyalitätsforderungen gegenüber dem Arbeitnehmer, es schliesst auch die klassischen Arbeitnehmerrechte aus. Kein Betriebsrat, keine Arbeitskämpfe, keine Tarifverträge imklassischen Sinne (‚dritter Weg‘). Das macht in der Summe die Kirchen zu den größten Lohndrückern im Care-Bereich.

      • Kning4711 17. August 2020, 23:02

        Ja, die liegt einiges im argen, gleichwohl jeder Arbeitnehmer der bei der Kirche anfängt, weiß auf was er sich da einlässt. Wie gesagt, auf den Prüfstand stellen und anpassen.

        Ich bin im übrigen der Meinung, dass nur eine Unions geführte Regierung angehen kann ohne nicht gleich eines Kulturkampfes verdächtigt zu werden…

        • Ariane 18. August 2020, 04:39

          Hier könnte man allerdings angeben, dass zb eine Pflegekraft wenig Auswahlmöglichkeiten hat, weil kirchliche Träger da so extrem vertreten sind.

          Ansonsten Zustimmung. Ich seh keine großen Chancen dafür – ehrlich gesagt, aber so eine Verhandlungslösung zwischen einer Koalition und den Kirchen zur Entflechtung wäre gut.Ich meine, es gab in den letzten Jahren gerade zum Bereich Arbeitsrecht auch etliche Gerichtsurteile dazu.

          Außerdem streitet die Union gerade mit den Kirchen, weil die so in der Flüchtlingshilfe engagiert sind und die EKD hat gerade mit der Seawatch4 in Zusammenarbeit mit Ärzte ohne Grenzen und noch einer Organisation ein eigenes Seenotschiff im Mittelmeer. Das könnte eventuell ein Anlass dazu sein.

          Ich bin auch nicht kirchenfeindlich und unterstütze eine nichtideologisierte Gemeindearbeit von Kirchen. Es ist aber eine Ungleichbehandlung. Die jüdischen und islamischen Bereiche werden hier eindeutig anders behandelt, was ja theoretisch im Widerstreit mit dem GG liegt.

          Ich meine, es gab da auch schon mehrmals Streitigkeiten anhand von Islamunterricht in den Schulen, vielleicht auch muslimischen Kindergärten? Ich weiß, dass Juden eigene Schulen, KiTas etc. betreiben.

          Wie gesagt, es wäre mir lieber, wir würden das alles auf eine Stufe stellen. Und statt ein Kreuz im Gerichtssaal zu haben entweder nichts oder daneben einen Davidstern und einen Halbmond.

  • cimourdain 17. August 2020, 18:04

    8) Das Muster – egal aus welcher Richtung – ist doch das gleiche. Ich will eine unliebsame Meinungsäußerung verhindern und nutze dazu meine Mittel . Das reicht vom Pfeifkonzert über Social-Media-Kampagnen, den Brief vom Anwalt oder Anruf bei Kommunalpolitikern bis hin zu Morddrohungen – alles eine Frage der Möglichkeiten und der Skrupellosigkeit .

    Gerade dein Beispiel 1619-Projekt zeigt, warum ein solches Vorgehen problematisch ist, selbst wenn berechtigt: Das Projekt ist hochideologisch und wurde von einer ganzen Reihe von Historikern (auch afroamerikanischen) kritisiert. Ein Lehrer ,der seinen Unterricht NUR darauf stütz, macht imho. keine gute Arbeit. Aber es liefert eine wichtige Ergänzung, einen Gegenpol zu einer Sichtweise, die diesen historischen Aspekt von anderen historischen Entwicklungen abtrennt und dadurch ausklammert. Deshalb ist es eine Bereicherung und eine gute Übung, warum jedes Blickfeld nur ein Mosaikstein der Wirklichkeit darstellt.

    P.S. Die PENG-Ausstellung findet doch statt. https://taz.de/Aktion-von-Peng-Kollektiv-in-Chemnitz/!5707339/

    • Ariane 17. August 2020, 18:15

      Hier sind wir uns aber schon einig, dass Peak CancelCulture erreicht ist oder?

      https://www.welt.de/debatte/kommentare/article213603326/Nazis-nach-1945-Der-SS-Lehrer-der-keiner-war.html

      Deswegen nervt mich das Thema übrigens so, das hat etwas mit Aushalten von unterschiedlichen Meinungen zu tun und neigt dazu, immer weiter ins Dramatische abzudriften. Es fängt an mit irgendner Posse um Nuhr, ist dann plötzlich bei irgendner Ösi-Künstlerin und Antisemitismus und eh man es sich versieht, heißt es

      Was es nicht gab, war eine „cancel culture“, die Vertreibung der lebenden Vergangenheit aus dem Gesichtsfeld.

      Das war rückblickend so unerträglich wie richtig. Es gab viel zu wenig NS-Prozesse, aber es gab keine Rache. Rache ist das zweifelhafte Privileg von Diktaturen.

      Dann ist die linke Cancelculture nämlich plötzlich rachelüsterne Diktatur, die es auf SS-Leute mit traurigen Augen abgesehen hat, die Kinderheime leiten.

      Genau, das sollten wir dringend mal unvoreingenommen und seriös diskutieren, ein wichtiges Problem! Wenn jemand Sinn und Zusammenhang dieses Kommentars erkennt, bin ich für Argumente offen.

      • Stefan Sasse 18. August 2020, 08:54

        Vertrau auf die Welt und Ulf Poschardt, der Boden ist noch nicht erreicht.

      • cimourdain 18. August 2020, 18:11

        a) Die WELT belegt damit die These von Stefan Sasse, dass ‚Cancel Culture‘ inzwischen nur noch ein sinnentleerter Strohmann ist.

        b) Dass ein Bericht über das Elend der Verschickungskinder mit Spin über einen Kriegsverbrecher als Leiter einer Einrichtung am Ende zum Schluss kommt ‚Eigentlich ganz gut, dass der das machen durfte‘ ist eine Unverschämtheit sowohl für Logik als auch Moral.

        c) Mich erinnerte der Artikel an eine ähnliche Anekdote meines Vaters, dass an seiner Schule ein Lehrer war, der bis 45 ein hoher NSDAP-Funktionär gewesen war und deshalb nur noch die Fächer Sport und Stenographie (am humanistischen(!) Gymnasium(!) ) unterrichten durfte.

        d) Viel besser und relevanter ist deine Formulierung „das hat etwas mit Aushalten von unterschiedlichen Meinungen zu tun…“ . Darum geht es, um Toleranz (lat. tolerare = etwas aushalten, erdulden ). Was an den Dingen, die mir missfallen, die vielleicht sogar wehtun, bin ich ganz persönlich bereit, mir zumuten zu lassen?

        Ein mittelmäßiger) Kabarettist, der sich über Dinge lustig macht, die mir wichtig sind? Eine Kabarettistin, die diskriminierende Witze ‚mit Distanzierung‘ erzählt? Jemand der wüste Märchen im ’Genauso ist es, recherchier selber‘ Brustton erzählt? Ein Top – Schauspieler/Regisseur/Produzent mit sexuellen Verfehlungen?
        Und dann ist da die Frage, wie weit ich meine Entscheidung auf andere übertragen kann und will…

        • Ariane 19. August 2020, 09:51

          Was an den Dingen, die mir missfallen, die vielleicht sogar wehtun, bin ich ganz persönlich bereit, mir zumuten zu lassen?

          Ja, aber darüber wird ja eben nicht diskutiert. Irgendeine Gesellschaft zur wissenschaftlichen Kommunikation hat ein Video von Nuhr gezeigt und andere haben ihnen gesagt, dass sie das doof finden.

          Und das soll jetzt Cancel Culture sein? Soweit ich weiß, haben sie das Video dann erst weggenommen, dann doch wieder drauf und zwischendurch hat Nuhr sich über Verleumdung und CancelCulture und Diktatur beklagt. Die Eckard-Story war ja noch absurder.
          Letzter Stand war, dass sie doch wieder eingeladen wurde, aber nicht wollte aber ne Menge Interviews gegeben hat.

          Aber alle und die Welt können nochmal vor DDR 2.0 warnen.
          Das ist doch dasselbe wie mit dem offenen Brief „bitte kritisiert nicht die Entscheidungen der Elite, sonst seid ihr böse linke und wollt die Diktatur“

          Wer genau hat jetzt bitte ein Toleranzproblem und Probleme damit, andere Meinungen auszuhalten?

          A propos Comedians und so, die CDU kann das auch gut und möchte die Gez-Gebühren davon abhängig machen, ob da Comedians laufen, die ihr nicht so passen:
          https://twitter.com/JRehborn/status/1295811945258463232

          Aber ich schätze, das ist jetzt etwas anderes? Oder geht es da auch darum, andere Meinungen halt aushalten zu müssen und tolerant zu sein?

          • cimourdain 20. August 2020, 00:30

            ok , du willst mir weismachen, dass die alle in der causa Nuhr das Werturteil ‚intolerabel‘ eigenständig und sachbezogen gefällt haben obwohl für sie die DFG ‚irgendeine Gesellschaft für Wissenschaftskommunikoation‘ ist und sie die die anderen 199 Beiträge #fürdieWissenschaft weder positiv noch negativ bemerkenswert fanden?

            Und die Causa Eckhard? In dem von dir geschmähten ‚Harpers‘-Brief steht zwar nicht ein Wort von „Bitte kritisiert nicht die Entscheidungen der Eliten…“ dafür „More troubling still, institutional leaders, in a spirit of panicked damage control, are delivering hasty and disproportionate punishments instead of considered reforms.“ was diese Situation ziemlich gut trifft.

            Schließlich prüfe dich selbst : Hast du dich irgendwie für die Meinung des Generalsekretärs der CDU Sachsen-Anhalt zu Rundfunkgebühren interessiert, bevor dir jemand auf Twitter gesagt hat, dass sie aufregenswert ist ? Würdest du mit meiner persönliche Meinung, dass man besagte Rundfunkgebühr um den Anteil, der für sinnlose Sportübertragungsrechte verballert wird, kürzen sollte, auch so hart ins Gericht gehen?

            Kurz: Du kannst DDR 2.0 beruhigt zurückweisen (das ist halt der einzige historische Referenzrahmen, der WELT-Redakteuren präsent ist ) aber McCarthy online ist vielleicht nicht ganz falsch…

            • Ariane 20. August 2020, 02:25

              Dann werde doch bitte konkret, über was du bei der Causa Cancelculture debattieren möchtest. Ich hab ja nichts dagegen, ich sehe nur keinen Sinn darin.

              Der Medienwandel hat es egalitärer gemacht. Kein Mensch hätte sonst etwas von Nuhr und der DFG oder von der Ösi-Frau gewusst. Oder was Rowling von Transmenschen hält. Und nun sagen Menschen, dass sie das nicht gut finden.

              Ja sorry. Der Widerspruch gehört nun mal zur Meinungsfreiheit und als linke Hexe finde ich Egalität (die wir immer noch nicht haben btw) natürlich gut. 🙂

              Und wenn du meinst, es ist eine Gefahr für die Gesellschaft, dass Leute bei etwas mitreden, die nicht zum kleinen Kreis der „Meinungs/Künstler/Wissenschaftselite“ gehören, dann solltest du dich vielleicht auch hinterfragen, wie tolerant du mit anderen Meinungen umgehst?

              • cimourdain 20. August 2020, 18:13

                Ok, beginnen wir damit, dass Redefreiheit eine genuin liberal/links/progressive Idee ist und (da sind wir einig) die rechte cancel-culture lauter und skrupelloser agiert als die linke. Deshalb wäre meine Priorität, denen, die davon betroffen sind, den Rücken zu stärken (z.B. Stichwort Prinzenfond)

                Meine persönliche Haltung, die du am Ende abfragst, lässt sich auf die uralte Faustformel „Meine [berechtigte] Freiheit endet dort, wo sie die {berechtigte] Freiheit des anderen einschränkt“ zurückführen.

                Aber das wirkliche Problem ist, warum deine Forderung nach egalitärer Meinungsäußerung (die ‚Vielen‘ auf Augenhöhe mit den Reichweitenstarken) mit meiner nach souveräner Meinungsbildung (eigenständig, informiert, differenziert) kollidiert. Das Problem ist, dass der Ausgleichsmechanismus mit dem die ‚vielen‘ die Reichweite erzielen, ist, dass die sie zur Masse verschmelzen ( dem polemisierten ‚Twitter-Mob‘ ) und die Masse kann eben nur ‚Hosianna‘ oder ‚Kreuzigt ihn‘. Aber genau das steht all meinen Souveränitätskriterien entgegen.

            • Stefan Sasse 20. August 2020, 09:18

              Es ist falsch. Die McCarthy-Ära war staatlicher Terror, da wurden Leute auf schwarze Listen gesetzt und ihre beruflichen Existenzen mit staatlichen Mitteln vernichtet. Leute, haltet bitte die Maßstäbe klar.

              • CitizenK 20. August 2020, 09:55

                Ja, bitte. McCarthy, Merkel-Dikatatur, DDR 2.0, gar Judensterne auf Demos. Waren bei so vielen die Maßstäbe schon immer so verrutscht und kommt das nur durch fb und twitter ans Licht – oder ist das eine neue Entwicklung?

                • derwaechter 20. August 2020, 13:46

                  Er sagt ja auch „vielleicht nicht ganz falsch“ und nicht genau so.

                  Und wenn man sich Fälle, v.a. aus den USA anschaut kann ich das durchaus nachvollziehen

                  Da verlieren nämlich wirklich Menschen ihren Job.

                  http://www.canceledpeople.com/cancelations

                  • Ariane 20. August 2020, 14:32

                    random Beispiel:
                    When teaching a class, Navarro said ‘Adolf Hitler said he’d make Germany great again. Donald Trump said he’s going to make America great again…Hitler focused on the Jews as the great peril of Germany, and Trump focused on the Muslims and talk about a registry and keeping Muslims out of the country.’ A student complained, triggering an investigation by the Superintendent.

                    Hm. Man nennt das Konsequenzen glaube ich.

                    • derwaechter 20. August 2020, 15:35

                      Du findest es in Ordnung, dass jemand wegen eines Trump/Hitler Vergleichs seinen Job als Lehrer verliert? Ich meine „freiwillig“ in den Ruhestand geht?

                      Ich lese gerne Artikel von einem Blogger und Lehrer der mal Trump mit Mussolini verglichen hat….

                      Random Beispiel 2:

                      „On Twitter, Johnson came to the support of feminist Megyn Murphy when there was an attempt to bar her from speaking at a library. One of his tweets read: ‘I love trans people. Every trans person I’ve ever met is a world class human being…So how come so many trans rights activists are such petulant, small-minded shit-heads?’. His employer called his comments transphobic.“

                      Fired

                    • Ariane 21. August 2020, 08:34

                      Der Vergleich ist mir lax, es geht mir hierum:
                      Hitler focused on the Jews as the great peril of Germany, and Trump focused on the Muslims and talk about a registry and keeping Muslims out of the country

                      Und ja, wer meint man sollte mit Muslimen das machen, was Hitler mit den Juden gemacht hat, sollte unbedingt etwas anderes machen als Kinder unterrichten!

                      Ansonsten für so Twitterkram oder ähnlichen, hat Sassestefan auch gesagt, dafür gibt es Moralpredigten, Abmahnungen, etc. Da bin ich dagegen, die Leute zu feuern.
                      Da sind die USA allerdings vielleicht auch sehr speziell, die haben ja meine ich auch oft sehr komische Policies, was sexuelle Belästigung angeht glaube ich.
                      Fürchte, das könnte allerdings mehr mit dem fehlenden Arbeitsschutz als mit CancelCulture zu tun haben.

                      Und nein, CancelCulture ist weder DDR 2.0 noch McCarthy reloaded, darum geht es mir. Es muss doch wohl möglich sein, darüber zu reden ohne gleich den Untergang des Abendlandes zu beschwören.
                      Wir haben hier übrigens teilweise das gegenteilige Problem (übrigens fänd ich es auch nicht gut, wenn Höcke wieder als Geschichtslehrer arbeitet), das hatte AKK irgendwie nebenbei erwähnt.
                      Durch das Beamtenrecht haben sie teilweise wenig Instrumente bei rechtsextremen Soldaten, die werden erstmal nur versetzt, weil das logischerweise erstmal geprüft werden muss. Wenn das nicht gerade jemand ist, der nebenbei noch paar Granaten geklaut und im Gartenhaus versteckt hat.

                    • Stefan Sasse 21. August 2020, 09:10

                      Erneut, das Problem ist, dass die Arbeitgeber diese Macht haben und sie so freizügig nutzen. In Deutschland geht das nicht.

                    • Stefan Sasse 21. August 2020, 09:08

                      Ich hab schon mal einen Artikel drüber geschrieben dass dieses ständige Feuern über solche Sachen ein Unding ist. Zitier den Lehrer zu dir, sprich mit ihm drüber. Im äußersten Fall kannst wegen so was einen Vermerk in die Personalakte machen. Aber feuern?! So ein Blödsinn. Aber das ist nicht cancel culture, das war in den USA schon immer so.

                    • Ariane 21. August 2020, 09:19

                      Ah sorry, nicht gesehen.

                      Was Sassestefan sagt.

                    • derwaechter 21. August 2020, 10:44

                      Ich glaube Du hast weder mein Problem verstanden noch dein random Beispiel.

                      Unter Cancel Culture verstehen offenbar viele verschiedenes, der Begriff ist unnütz geworden. das könnte erklären warum wir aneinander vorbeireden.
                      Mein Problem ist der nahezu gnadenlose Angriff auf Menschen die entweder etwas unbedacht dummes gesagt/getan haben oder von der „richtigen“ Meinung abweichen. Das bedroht die Meinungsfreiheit und letztendlich auch die Demokratie.

                      Der Vergleich zu Stefans Mussolini/Trump Beitrag sollte Dir m.E. nicht „lax“ sein. Er illustriert nämlich, dass ein Blog wie dieser, bzw. sein Gründer, durch die Cancel Culture a la USA unmittelbar bedroht wäre.

                      Zum random Beispiel kann ich Dir eigentlich nur empfehlen es noch mal zu lesen.
                      Kleiner Tipp 🙂 Der Hitler-Vergleich des Lehrers war eher nicht positiv gemeint.

                    • Ariane 21. August 2020, 11:03

                      Ja, das habe ich schon verstanden. Mir gefallen die Maßstäbe nicht.
                      Diejenigen, die CancelCulture beklagen sind leider zu oft die, die die Anzeige gegen Hengameh völlig ok fanden, an der Hetze von Don Alphonso nichts auszusetzen hatten, jetzt gegen eine Polizeisatire wettern und irgendwann vor Monaten durchgedreht sind, wegen einem Lied, das „meine Oma ist ne Umweltsau“ hieß.

                      Ich plädiere ja auch für eine rhetorische Abrüstung. Aber hier wird schon wieder das Ende der Meinungsfreiheit und der Demokratie beschworen.
                      Sorry, aber das ist nunmal Mumpitz. Und die USA haben einen Präsidenten, der Quanon-Anhänger für „very fine people“ hält. Bevor man die „richtige“ Meinung definiert, wäre es halt erstmal nötig, zu definieren, wann jemand den normalen Diskurs verlässt und das funktioniert ja anscheinend nicht so richtig. Und dafür ist laute Kritik nun mal notwendig oder zum Beispiel auch nicht mehr Leute wie Höcke oder Kalbitz vor jedes Mikrofon zu zerren, das irgendwo herumsteht. Oder die strafrechtliche Verfolgung von Leuten wie Attila Hildmann oder die Löschung von Quanon-Accounts von Facebook.

                      Das kann man natürlich als CancelCulture beklagen. Das gehört auch zur Meinungsfreiheit.

                    • derwaechter 21. August 2020, 12:33

                      Wie gesagt wird der Begriff kreuz und quer verwendet.
                      Aber Deine Argumente sind m.E. am Thema vorbei. Ich fühle mich davon auf jeden Fall überhaupt nicht angesprochen.

                      Und zum Beispiel das Oma-Lied und die Reaktionen drauf sind doch gerade ein Beleg für die problematische Cancel Culture (oder wie auch immer man das nennen will). Wenn so harmlose Satire Liedchen so eine Reaktion auslösen ist m.E. die Meinungsfreiheit tatsächlich gefährdet.

                      Hast Du dein „random Beispiel“ eigentlich noch mal angeschaut?

                    • Stefan Sasse 22. August 2020, 10:51

                      Ich stimme dir völlig zu, dass der Begriff total sinnentleert ist. Aber das liegt halt daran, dass es ein reiner politischer Kampfbegriff ist, von Anfang an. Was soll dabei schon rumkommen?

                    • derwaechter 22. August 2020, 19:12

                      Tja. Das unterliegende Problem muss halt angegangen werden. Und da hilft werde Panikmache noch Verleugnung. Aber die Diskussion bewegt sich leider zu viel in den Extremen.

                  • cimourdain 20. August 2020, 18:16

                    Und bei uns Joshiko Saibou ?

                • cimourdain 20. August 2020, 18:16

                  Ein paar weitere toxische Begriffe gefällig: Inquisition, jakobinisch, Kulturrevolution , Fahrenheit 451…. Aber mir geht es hier wie auch auf der rechten Seite um ein „Wehret den Anfängen“ . Und links kann ich wenigstens darauf hoffen, dass ein so drastisches Beispiel als Warnung und nicht als Anleitung gelesen wird.

                  • derwaechter 20. August 2020, 18:55

                    Genau. „Wehret den Anfängen“ ist der Punkt. Wenn auch wiederum historisch nicht 100% passend 😉

                    • Stefan Sasse 21. August 2020, 11:29

                      Kein Problem den Anfängen zu wehren; ein Problem, die Anfänge mit der voll ausgebildeten Variante gleichzusetzen und gleich zu behandeln.

                  • Ariane 21. August 2020, 09:18

                    Wie gesagt, ich hab nichts gegen die Debatte an sich.

                    Ich finde es übrigens ein bisschen schräg, von Linken allerdings immer Zurückhaltung, Verständnis und besondere Vorsicht und Toleranz zu erwarten, während CancelCulture von rechts anscheinend schon eingepreist ist.

                    Ich halte ja mal gar nichts davon, mich rücksichtsvoll lächelnd und verständnisvoll um die Sorgen und Nöte der besorgten Bürger (aka die ReLiKo) zu kümmern. Während die mir vielleicht erzählen, dass ich sowieso eine hysterische obrigkeitsverliebte Hexe bin? Äh?
                    Bin ich Therapeutin oder was?

                • Stefan Sasse 20. August 2020, 18:34

                  Krumme historische Analogien sind so alt wie Nebukadnezar.
                  Und so schlimm wie der Holocaust.

                  • cimourdain 20. August 2020, 23:07

                    nearly got me with that one… sowas ohne Markierungssmiley, schäm dich.

                • Stefan Sasse 21. August 2020, 09:07

                  Nein, das ist altbekannt.

              • cimourdain 20. August 2020, 18:14

                Da hast du recht, das HCUA war ein staatliches Unterfangen. Das ist ein hartes Unterschiedskriterium.
                Aber eigentlich war mein Blickfeld eher die sozialen Atmosphäre gerichtet: Demagogie, Paranoia, gerüchtebasiertes Denunziantentum und moralische Selbstvergewisserung gegenüber ‚Intellektuellen‘. Ganz genau genommen war meine Assoziation viel eher „The Crucible“ als der historische McCarthyismus aber dann bin ich dem süßen Gift der griffigen Formulierung erlegen.

                • derwaechter 20. August 2020, 18:58

                  Gute Beschreibung der Atmosphäre die mir auch Unbehagen bereitet.

                  Wenn es um Universitäten und andere öffentliche Arbeitgeber als treibende Kräfte geht verwischt die Grenze und das Unterschiedskriterium ist gar nicht mehr so hart.

    • Stefan Sasse 18. August 2020, 08:54

      Natürlich würde ein Lehrer, der sich nur darauf stützt, keine gute Arbeit machen. Aber wer tut denn so was?

      • cimourdain 18. August 2020, 18:13

        die woke-ideologisch verblendete Strohperson 😛

  • Ariane 18. August 2020, 04:02

    Grad beim Versuch wieder einzuschlafen gefunden: zu den Demos der Coronarebellen.

    https://twitter.com/aurelmertz/status/1292527444516380672

    Auch sehr gutes Anschauungsmaterial zur Aussprache von Gendersternchen, nachdem die VdS oder irgendein anderer deutscher Sprachverein das Ganze als zu mühselig angesehen hat. (darüber, dass ich dreimal gucken muss, wo Vokale bei priviligiert oder epidemiologisch hingehören, hat sich noch nie jemand beschwert) ^^

    Und ist Corona-Korrespondent Ralf noch zugegen?
    Hab heute diesen Artikel hier gefunden, ist vorläufig meine ich nur eine Datenanalyse, aber irgendwie scheint SARS2 alte Zellen am Suizid zu hindern, um sich besser auszubreiten?
    https://www.spektrum.de/news/wie-sars-cov-2-zellen-am-suizid-hindert/1760062

    Und wenn ich das richtig verstehe, bin ich zwar keine Risikogruppe, sollte aber eine Ansteckung besser vermeiden, weil ich eh schon Lippenherpes und (verdachtsweise) Epstein-Bar-Viren in meinem Körper herumschwimmen hab und das für das Krebsrisiko nicht gut ist. Hmpf.
    Ist übrigens ganz interessant, weil hier die Ursache liegen könnte, dass SARS und MERS anders und gefährlicher wirken als harmlosere Coronaviren.

    Könnte das auch ein Problem bei der Impfstoff-Erforschung sein/werden? Soweit ich weiß, existieren für Herpes und pfeiffersches Drüsenfieber keine Impfungen. Epstein-Barr wurde neulich schon im Zusammenhang mit Fatigue als Langzeitwirkung erwähnt. Ist das mehr zufällig oder haben die Viren irgendwie ähnliche Eigenschaften bzw reagiert das Immunsystem ähnlich darauf?

    • derwaechter 18. August 2020, 09:53

      Der Vergleich zum Pfeiffersches Drüsenfieber würde mich auch mal interessieren. Gerade wenn man das noch als Erwachsener bekommt ist man ja oft Monate oder sogar Jahre eingeschränkt.

      • Ariane 19. August 2020, 10:10

        Ich hatte das neulich nochmal nachrecherchiert, hier zb stehen ein paar Sachen, bei Masern ist es ja auch so, dass die gefährlicher sind, wenn man sie als Erwachsener bekommt.
        https://www.netdoktor.de/krankheiten/pfeiffersches-druesenfieber/

        Passt übrigens zur ausufernden Debatte über PCR-Tests bei Covid und Grippe. Bei mir war es nämlich auch nur Verdacht durch Ausschluss-Verfahren, weil da kein aufwendiger Test durchgeführt wird und man außer Abwarten und Paracetamol schlucken eh nichts gemacht werden kann.

        Interessant: Es wird vermutet, dass 95% aller Erwachsenen den Virus hatten und es auch häufig vorkommt, dass einige das haben und weitergeben, ohne selbst krankzuwerden. Im Gegensatz zu Masern ist man aber wohl nicht vollständig immun, sondern der Erreger ist noch da und kann theoretisch in leichterer Form wieder ausbrechen.

        Und: bei Schwarzen soll es potenziell gefährlicher sein. Glaube weil Milz und/oder Leber dabei anschwillen und die anders darauf reagieren oder so.

        Das ist dann sozusagen das Äquivalent zu unserer Debatte über Genderproblematik in der Medizin, es gibt auch Krankheiten, die bei Ethnien verschieden wirken. Ich meine, bei amerikanischen Ureinwohnern und auch bei Asiaten gibt es so eine Häufung eines „Gendefekts“, dass die anders auf Alkohol reagieren und dann nicht angeheitert, sondern krank werden.

  • Ariane 18. August 2020, 04:20

    Hier übrigens auch sehr spannend, der Vergleich mit HIV – anlässlich der Frage, ob zu einer globalen Pandemie immer Querdenker und Coronarebellen gehören (ich vermute: ja)
    Passt auch zu dieser Kondomfrage bzw rechte Männlichkeit, die wir neulich hatten:

    https://threadreaderapp.com/thread/1294766190028566528.html

    • Dennis 18. August 2020, 13:14

      Hmmm, ganz schön kompliziert; das mit den Queren und den Rebellen.

      Querdenken is halt schwer trendy. Irgendwie interessant und geil. Jeder PR- Heini wird das aus aufmerksamkeits-ökonomischen Gründen empfehlen; die Pose reicht ja schon. Gerade kann ja jeder; voll spießig.

      Außerdem wird man als Querdenker ganz furchtbar verfolgt, was ja auch attraktiv ist (hier stehe ich, ich kann nicht anders; triumphierend vor einem Kaiser, der nur noch komisch gucken kann). Hier zum Beispiel so ein Opfer der Merkeldiktatur:

      https://pbs.twimg.com/media/EVFMpaaWkAMa-Jk.jpg

      Im Übrigen: Alles Gewese und Gehabe, das einst mal links war, wird früher oder später rechts.

      https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/997335/ansichten-eines-querdenkers-oskar-lafontaine-redet-tacheles

      Außerdem war Einstein auch Querdenker. „In diese Liga gehöre ich auch“ versteht sich eigentlich von selbst.

      Ich bleib indes lieber gerade. Da wird man ganz automatisch quer, man muss nur abwarten, bis sich die breite Masse mal komplett quer gelegt hat. Es handelt sich ja um relationale Größen 🙂

      • Ariane 19. August 2020, 10:16

        Hihihi, ja querdenken ist mittlerweile total diskreditiert. Selbstdenken bald auch. Wenn man nicht aufpasst, ist bald jegliches Denken ein Hinweis darauf, dass man nicht mehr alle Latten am Zaun hat 😉

        Weswegen die Quertreiber einen ja auch immer als obrigkeitshörige Schafe verunglimpfen.

      • cimourdain 20. August 2020, 08:09

        ‚relational‘ kann man auch als Kofferwort aus ‚relativ‘ und ‚rational‘ lesen.

  • bevanite 23. August 2020, 15:34

    zu 5) Ich hatte letztens ein Interview mit James Carville gelesen, in dem er nochmal betonte, dass die Demokraten bei Präsidentschaftswahlen in Zukunft bis zu 5 Prozentpunkte Vorsprung brauchen, um zu gewinnen und man dies nur mit einer Neuaufteilung der Bundesstaaten ändern könnte. Puerto Rico, Amerikanisch-Samoa, Guam etc. zu Staaten zu machen, ist auch überfällig, aber das reicht wegen der zu wenigen Electoral Votes alleine noch nicht aus, um das Ungleichgewicht zu ändern. Die andere Lösung für die Demokraten wäre (und die ist gar nicht mehr so unwahrscheinlich), Texas als swing-state zu gewinnen – in einigen Umfragen für Texas lag Biden sogar vor Trump. Wenn man New York, Kalifornien, Pennsylvania, Michigan und Illinois als sichere „blue fortresses“ hat und sich dazu Florida und Texas (und Staaten mit stark steigender Bevölkerungszahl wie Nevada oder Arizona) holt, wäre der Nachteil im Electoral College wieder ausgeglichen.

    Ansonsten haben die USA dauerhaft das Dilemma, dass die Mehrheit nicht den Präsidenten stellt. Möglicherweise ist das jetzige Chaos mit Trump ein Denkanstoß für eine Reform des Electoral College.

    • Ralf 23. August 2020, 16:30

      Hmmm … also Pennsylvania und Michigan als “Blue Fortresses” zu bezeichnen, halte ich gelinde gesagt für gewagt. Beide Bundesstaaten haben 2016 für Trump gestimmt und der langfristige, langjährige Trend beider Staaten ist hin zu den Republikanern, nicht hin zu den Demokraten …

      • bevanite 23. August 2020, 17:00

        Das mit Trump 2016 stimmt, wenn man sich aber die absoluten Zahlen anschaut, sieht das Bild doch eher nach einem „one-off“ aus. Beide Staaten (wir können Wisconsin noch mit dazunehmen) hat Clinton mehr verloren als Trump sie gewann. In Michigan und Wisconsin z.B. holte Trump nicht wesentlich mehr bzw. sogar weniger Stimmen als der Verlierer Romney 2012:

        Michigan:
        2016: Donald Trump 2,279,543 vs. Hillary Clinton 2,268,839
        2012: Barack Obama 2,564,569 vs. Mitt Romney 2,115,256

        Wisconsin:
        2016: Donald Trump 1,405,284 vs. Hillary Clinton 1,382,536
        2012: Barack Obama 1,620,985 vs. Mitt Romney 1,407,966
        (Übrigens gewann sogar Bush Jr., der 2004 Michigan und Wisconsin verlor, in absoluten Zahlen mehr Stimmen als Trump 2016!)

        Wenn Biden diese drei Staaten holt (und die Ergebnisse von 2018 legen diesen Trend nah), sind wir wieder beim Stand von vor 2016. In den State-Polls liegt Biden auch mit solidem Vorsprung vorne, was auch noch damit zu tun hat, dass Trump bezüglich seines Wahlkampf-Verspreches mit einem „Revival“ der alten Rust-Belt-Industrien nicht geliefert hat.

        Die entscheidenen Staaten werden wohl wieder Florida, Ohio und diesmal auch Texas sein.

        • Ralf 23. August 2020, 19:20

          Ich bin bei Dir, dass es wahrscheinlich ist, dass Pennsylvania und Michigan dieses Jahr die Demokraten wählen werden, allerdings ändert das wenig daran, dass beide Bundesstaaten seit Jahren langsam ins republikanische Lager driften, wie im übrigen der gesamte Mittlere Westen. Deshalb ist die Bezeichnung “Blue Fortress” gerade bei so Wackelkandidaten, die dabei sind ins gegnerische Feld zu rutschen, nicht ganz angebracht …

          Was die Staaten angeht, auf die es in diesem Jahr ankommt, sind das in erster Linie Pennsylvania, Florida, Michigan, Minnesota, Wisconsin und Arizona. Ganz sicher nicht Texas. Es ist zwar möglich, wenn auch unwahrscheinlich, dass Biden Texas gewinnt, aber praktisch in jedem rechnerisch plausiblen Szenario, in dem Biden Texas gewinnt, gewinnt er auch Florida, den Mittleren Westen inklusive Ohio und Iowa, Arizona, North Carolina und Georgia. Mit anderen Worten, Texas holen die Demokraten nur bei einer extrem hohen blauen Welle. Und wenn eine so extrem hohe blaue Welle eintreten sollte, dann ist der Gewinn von Texas eher bedeutungslos (bedeutungslos für den Wahlsieg meine ich, symbolisch wäre es natürlich enorm bedeutend).

          • Stefan Sasse 23. August 2020, 22:31

            Die Frage ist glaube ich hauptsächlich, ob der Rechtsdrift des Mittleren Westens schneller ist als der Linksdrift des Sunbelt…

            • Ralf 23. August 2020, 22:37

              Das wird 2028 relevant sein. Vielleicht schon 2024. Aber wahrscheinlich nicht 2020 …

        • Stefan Sasse 23. August 2020, 22:31

          Ich halte Texas für eine Mirage.

          • Ralf 23. August 2020, 22:38

            Alles ist eine Mirage, bis es plötzlich keine Mirage mehr ist … 😉

    • Stefan Sasse 23. August 2020, 22:30

      California aufspalten.

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