Pflichtjahr für Babyboomer: Realitätsverweigerung? Realitätsverweigerung!

Ein Gastbeitrag von Erwin Gabriel

Marcel Fratzscher, Präsident des DIW, fordert ein Pflichtjahr für Rentner, um „Generationengerechtigkeit“ herzustellen; wer widerspricht, betreibe „Realitätsverweigerung“. Konkrete Umsetzungsvorschläge bleibt er jedoch schuldig. Seine Ideen erscheinen hingeschludert, ohne Abschätzung von Kosten und Zeitrahmen für die Einführung eines Pflichtjahres für Alte.

Betroffene

Jährlich gehen rund 900.000 Menschen in Rente. Realistisch einsatzfähig wären davon etwa 500.000. Zum Vergleich: Der Höchststand der Bundeswehr lag bei 495.000 Soldaten (1985). Im Vergleich zu Fratzschers Vorstellungen soll diese Zahl allerdings jährlich ausgetauscht bzw. neu ins System eingeschleust werden.

Verwaltungskosten

Nach einmaliger Datenübermittlung durch die Rentenversicherung müsste die Pflichtjahr-Behörde regelmäßig eine Million Einladungsschreiben versenden. Es folgen Gesundheitsprüfung und Kompetenzfeststellung, anschließend die Zuordnung zu Einsatzstellen. Am Ende der Prüfung  können vielleicht eine halbe Million eingesetzt werden.

Der Bearbeitungsaufwand pro Person läge bei 4–5 Stunden. Das bedeutet rechnerisch 2.000 bis 2.500 Vollzeitstellen, realistisch mit Overhead und Rechtsprüfung 5.000 bis 10.000 Vollzeitstellen. Bei ca. 80.000 Euro pro Stelle entstehen 400 bis 800 Mio. Euro Verwaltungskosten. Diese Zahlen sind angelehnt an Erfahrungswerte aus Jobcentern und Freiwilligendiensten.

Für die medizinische Untersuchung sind 200 Euro pro Person anzusetzen, also 180 Mio. Euro jährlich (entsprechend betriebsärztlichen Untersuchungen).

IT-Betrieb, Support, Lizenzen und Audits schlagen mit rund 100 Mio. Euro zu Buche, Versicherungen mit 10 bis 25 Mio. Euro (Schätzung nach Größenordnung bundesweiter Verwaltungs-IT-Systeme wie ElterngeldDigital, BA-IT).

Die Gesamtkosten pro Jahr für Bürokratie lägen also zwischen 0,7 und 1,1 Mrd. Euro.

Weitere Kosten / Vergütung

Für die Abdeckung von Unfall-, Haftpflicht- und Zusatzrisiken kämen nochmal 20 bis 45 Mio. Euro on top. Da „Zwangsarbeit“ ohne Bezahlung juristisch bedenklich ist, fielen bei Mindestlohn, berechnet auf durchschnittlich 30 Std/Woche (= 20.000 Euro pro Person + Arbeitgeberkosten) etwa 11,6 Mrd. Euro jährlich an.

Einarbeitung   

Auch hier gibt es Vergleichswerte aus anderen Diensten. Die Einarbeitung dauert durchschnittlich 6 bis 8 Wochen, die Kosten pro Pflichtjahr-Rentner betragen rund 4.800 Euro. Bei 500.000 Teilnehmern ergeben sich jährliche Einarbeitungskosten von 2,4 Mrd. Euro.

Dies Einarbeitung bindet eine Fachkraftkapazität von 36.000 Vollzeitstellen – bevor eine Entlastung entsteht. Weiter zu berücksichtigen ist, dass wie an anderen Stellen auch durch Urlaub (30 Arbeitstage) und Krankheit (ca. 15 Arbeitstage) ein Ausfall von etwa 20 Prozent der Arbeitsleistung entstünde.

Aufbauzeit

Für Gesetzgebung und Grundgesetzänderung wären etwa zwei Jahre nötig, für Behörde und IT weitere zwei bis drei, hinzu kämen eine Pilotphase von einem Jahr und ein bundesweiter Roll-out von zwei Jahren. Realistisch wäre ein Zeitraum von sechs bis acht Jahren, bis das System zuverlässig läuft. Ein Start 2026 würde also frühestens 2030/31 wirksam – genau zum Höhepunkt der Babyboomer-Rentenwelle und entsprechend knappen Fachkräften.

Die Aufbaukosten betragen 0,6 bis 1,1 Mrd. Euro, bevor überhaupt ein stabiler Betrieb aufgenommen werden kann.

Rechtlichen Aspekte

Art. 12 GG verbietet Arbeitszwang; eine Grundgesetzänderung mit Zweidrittelmehrheit wäre nötig (wenn auch sehr unwahrscheinlich).  Selbst dann blieben Bedenken zu Verhältnismäßigkeit (Nutzen vs. Eingriff in Freiheitsrechte) und Gleichbehandlung (Rentner vs. Jüngere).

Nutzen

Ein Pflichtjahr für Rentner könnte gesellschaftlich Nutzen bringen, indem sie Fachkräfte bei einfachen Aufgaben entlasten (Vorlesen, Begleitung, Essensausgabe) und symbolisch zeigen, dass auch Ältere zur Bewältigung von Krisen beitragen. Punktuell könnten Engpässe in Schulen oder Pflegeeinrichtungen abgefedert werden. Allerdings benötigen Rentner zwei bis drei Monate Einarbeitung und scheiden nach 9–10 Monaten wieder aus, sodass Wissen ständig verloren geht. Strukturelle Probleme wie Fachkräftemangel lassen sich damit nicht lösen, da Hilfe nur bei einfachen Tätigkeiten erfolgt.

Fazit

Der Nutzen eines Pflichtjahrs für Rentner ist vergleichsweise gering, da die geleistete Arbeit nur Hilfstätigkeit sein kann und alle aufwendig eingearbeiteten Kräfte nach einem Jahr wieder ausscheiden. Die Kosten sind dagegen sehr hoch:

Die Arbeitsleistung der dienstverpflichteten Rentner betrüge etwa 250.000 Vollzeitstellen. Auf Grundlage von Mindestlohn entspräche die Monetarisierung dieser Arbeitsleistung etwa 7,0 Mrd. Euro. Dem ständen etwa Gesamtkosten von etwa 15 Mrd. Euro gegenüber. Das Pflichtjahr wäre damit volkswirtschaftlich ineffizient, selbst bevor Qualitäts- und Koordinationsverluste berücksichtigt werden.

{ 162 comments… add one }
  • Soeren Schmitz 22. September 2025, 10:49

    In meinen Augen ist das eine Phantomdebatte und zeigt auch, dass Herr Fratzscher die Realität vielerorts nicht kennt.
    Fast jeder Verein den ich kenne, funktioniert, weil es eine Ansammlung von Menschen gibt, die sich statt ihre Rente zu Hause zu verbringen, sich mit ihrer Zeit in dem Verein einbringen. Sicherlich könnten es mehr sein, aber ggf. findet man bessere Wege ehrenamtliches Engagement zu fördern, als einen Plfichtdienst aus dem Boden zu stampfen.

    • Dennis 22. September 2025, 11:44

      Zitat Soeren Schmitz“
      „In meinen Augen ist das eine Phantomdebatte und zeigt auch, dass Herr Fratzscher die Realität vielerorts nicht kennt.“

      Wird er vielleicht schon kennen und es ist ihm offenbar auch wurscht, seine geringe Reputation als „Wissenschaftler“ noch weiter herabzusetzen. Hauptsache, der ganze Unsinn wird im „Netz“ und in herkömmlichen Medien kräftig betalkt. Aber irgendwann ist die Luft nach unten auch aufgebraucht.

  • DerDieDas 22. September 2025, 11:00

    Können sie ihre Behauptung, wer widerspreche betreibe ‚Realitätsverweigerung‘, belegen? Ansonsten nette Fleissarbeit und vor allem so urdeutsch, wie vor allem die Kosten «berechnet» werden. Da könnte man fast den Eindruck bekommen, sie machen sich über die Deutschen lustig.

  • Thorsten Haupts 22. September 2025, 11:19

    Erwin, alles richtig und verfehlt doch den entscheidenden Punkt:
    Die Wehrpflicht soll uns zu den ausgebildeten Reserven verhelfen, die eine Armee im Ernstfall dringend braucht, sie überhaupt erst einsatzfähig macht. Das ist ihr einziger Sinn und Zweck. Und genau dafür ist die Einbeziehung von Rentnern völlig untauglich, das ist eine Fratzersche Gerspensterdebatte.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Erwin Gabriel 24. September 2025, 13:43

      @ Thorsten Haupts 22. September 2025, 11:19

      Erwin, alles richtig und verfehlt doch den entscheidenden Punkt:
      Die Wehrpflicht soll uns zu den ausgebildeten Reserven verhelfen, die eine Armee im Ernstfall dringend braucht, sie überhaupt erst einsatzfähig macht. Das ist ihr einziger Sinn und Zweck. Und genau dafür ist die Einbeziehung von Rentnern völlig untauglich, das ist eine Fratzersche Gerspensterdebatte.

      Fratzscher hat immer wieder verschiedene Aufgabenbereiche benannt:
      • Bildung und Soziales (Lesepaten, Hausaufgabenunterstützung, Betreuung)
      • Handwerk & Infrastruktur (ohne genauere Ausführungen)
      • Katastrophen- und Zivilschutz (Logistik, Organisation)
      • Pflege und Gesundheitswesen (Alltagsbegleitung, Essenausgabe etc.,keine Fachpflege)
      • Verteidigung (Ausbildung, Technik, Organisation – keine Kampfeinsätze)

      Fratzscher zielt also sehr breit, nicht nur auf die Verteidigung, und sein Pflichtjahr soll die Wehrpflicht nicht ersetzen.

      • Stefan Sasse 24. September 2025, 14:41

        Genau mein Punkt, das sind zwei verschiedene Debatten.

      • Thorsten Haupts 24. September 2025, 14:49

        … und sein Pflichtjahr soll die Wehrpflicht nicht ersetzen.

        Okay. Dann macht das ganze überhaupt keinen Sinn mehr und ist einfach nur ressentimentgeladenes dummes Gelaber, nicht mal ein „Gedankenanstoss“.

        • Stefan Sasse 24. September 2025, 18:36

          Sorry, aber das führt zu weit. Ich bin auch nicht überzeugt von der Idee, aber da steht durchaus genauso viel Sinn dahinter wie hinter Schröders Gedankenanstoß.

          • Erwin Gabriel 24. September 2025, 20:17

            @Stefan Sasse 24. September 2025, 18:36

            Sorry, aber das führt zu weit. Ich bin auch nicht überzeugt von der Idee, aber da steht durchaus genauso viel Sinn dahinter wie hinter Schröders Gedankenanstoß.

            Bei weitem nicht.

            Von der Kostenseite: Die Zielgruppe von Schröder ist schon bezahlt. Die von Fratzscher wird teuer.

            Von der Nutzenseite: Die Zielgruppe von Schröder bleibt entweder an Bord oder wechselt in einen sozialversicherungspflichtigen Job. Die Zielgruppe von Fratzscher ist nach einem Jahr draußen; aller Aufwand, sie auszubilden, ist dann verloren.

  • pannaKraweel 22. September 2025, 15:45

    Ich lese hin und wieder, Pflege sei heute auch deshalb ein Problem, weil es keine Zivis mehr gibt. Waren die dann eigentlich von der Kostenseite her auch volkswirtschaftlich ineffizient?

    • Thorsten Haupts 22. September 2025, 16:19

      Für Zivildienstleistende (als Ersatz für den Wehrdienst) sah die Rechnung ein wenig anders aus:
      Deren Arbeitgeber übernahmen Verpflegung, Unterkunft und Sozialversicherung, darüber hinaus gab es eine Art Taschengeld in Höhe von zwischen 9 und 11 Euro pro Tag. Erwins Rechnung ist darauf nicht anwendbar.

    • Erwin Gabriel 22. September 2025, 17:13

      @ pannaKraweel
      Waren die dann eigentlich von der Kostenseite her auch volkswirtschaftlich ineffizient?

      Wie Thorsten sagt: nicht vergleichbar. Zivildienstleistende erbrachten einen Ersatzdienst für die Wehrpflicht. Das ist durch Art. 12 GG abgedeckt, das Rentnerjahr wäre es nicht. Da müsste eine Grundgesetzänderung her, und anschließend werden Details wie die Vergütung etc. wohl durch Bundesgerichte geklärt. Da wird eine „Taschengeldlösung“ nicht funktionieren.

      • Ralf 22. September 2025, 21:32

        Eine “Taschengeldlösung” funktioniert auch abseits des Zivildienstes. Während meiner Diplomarbeit habe ich monatlich für meine Vollzeittätigkeit + Wochenendarbeit um die 500 DM (ja, ich meine Deutsche Mark, also etwa 250 Euro) pro Monat bekommen. Während der vier Jahre meiner Doktorarbeit habe ich monatlich 1050 Euro (ja, mittlerweile waren es Euro) für Vollzeitarbeit + Wochenendarbeit, insgesamt im Schnitt etwa 60 Stunden pro Woche, bekommen. Dazu bekam man einen Vertrag für einen “normalen” Angestellten mit der halben Stundenzahl, damit man den halben Lohn bezahlen konnte. Gleichzeitig wurde sehr deutlich kommuniziert, dass Vollzeitarbeit erwartet wurde. Mit etwas Kreativität geht also alles.

        • Erwin Gabriel 22. September 2025, 22:24

          @ Ralf

          Hier geht es um eine nicht freiwillige Zwangsverpflichtung.

    • Thorsten Haupts 22. September 2025, 18:54

      Also auf 2010 bezogen und den Mittelwert an Taschengeld angenommen, kosteten Zivildienstleistende ca. 220 Euro TG, 165 Euro Verpflegung, 250 Euro Unterbringung (grob geschätzt) und ca. 400 Euro Sozialversicherung, zusammen 1035 Euro/Monat. Das war ganz grob sehr viel weniger als die Hälfte eines ausgebildeten Krankenpflegers (Arbeitgeberkosten) und lohnte sich von 12 Monaten Dienst an (aufwärts) wegen der Einarbeitungs- und Trainingsphase. Aufgrund der natürlichen Unbeliebtheit des Wehrdienstes gab es auch genügend Zivis, zuletzt afair über 60.000/Jahr.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • pannaKraweel 23. September 2025, 00:43

        Danke für die Antworten!

        Der Zivildienst wurde ja zuletzt immer kürzer, da wurde es doch iwann schwierig mit dem Verhältnis Einarbeitungsaufwand/Nutzen?

        • Thorsten Haupts 23. September 2025, 10:16

          Ja, 2010 war mit der Verkürzung auf 6 Monate de facto Schluss.

    • pannaKraweel 23. September 2025, 01:09

      Danke für alle Antworten!

      Wenn ich mir nur die Tauglichkeitsprüfung für jährlich 900000 Neurentner vorstelle…wir sind ja schon mit einer gaaaanz eventuell wieder anstehenden Wehrpflicht überfordert. Zusammen mit der Rentenzahlung würde ein Taschengeld wohl auch steuerlich umständlich.

      Habe das Gefühl, die Idee kommt a) aus der Verzweiflung und b) aus dem Wunsch, von denjenigen, die zuerst zu wenig Kinder bekommen haben, eine Kompensation zu erhalten.

      Bei Ich-wünsch-mir-was hätte ich nichts gegen ganz freiwilliges, noch zahlreicheres Engagement fitter Menschen mit Tagesfreizeit in der Leseförderung zum Beispiel. (Ja, auch da braucht es etwas Verwaltungsaufwand.) Das geht auch per Zoom vom Kreuzfahrtschiff aus 😉 Unsere Grundschulen schaffen Lesenbeibringen nämlich nicht flächendeckend und das ist übel.

      • Erwin Gabriel 24. September 2025, 01:58

        @ pannaKraweel

        Bei Ich-wünsch-mir-was hätte ich nichts gegen ganz freiwilliges, noch zahlreicheres Engagement fitter Menschen mit Tagesfreizeit in der Leseförderung zum Beispiel.

        Danke für Deinen Kommentar, dem ich mich gerne anschließe. Auf freiwilliger Basis (also nicht gegen den Willen der Dienstverpflichteten) halte ich für eine sehr gute Idee.

        Hätte den Charme, dass man nur Willige hat, die vielleicht auch länger als ein Jahr bleiben, so dass sich die Einarbeitung eher lohnt.

        Aber auch das ist schwierig. Ein Freund von mir hat ein Jahr lang versucht, irgendwie irgendwo irgendwas zu machen. In einem Kindergarten beispielsweise ist er raus, weil er ein Kind „angefasst“ hat – es war hingefallen, fing an zu heulen, und er hatte es aufgehoben, was verboten ist etc. (vielleicht sollte ich erwähnen, dass die Basis seines Handelns der gesunde Menschenverstand ist; er ist selbst Vater ).

        Ist in diesem überegulierten Land nicht einfach, sinnvoll mit anzupacken.

        • pannaKraweel 24. September 2025, 11:29

          „Ein Freund von mir…“ Das ist ja wild. Gar nicht schön, sofort unter solcher Observation zu stehen. Interessante Regeln da. Gelten die nur für Freiwillige oder auch für professionelle Erzieher?

          • Erwin Gabriel 24. September 2025, 13:45

            @ pannaKraweel 24. September 2025, 11:29

            Gelten die nur für Freiwillige oder auch für professionelle Erzieher?

            Ohne mich da genau auszukennen, sind das wohl Vorschriften des Kindergartens gewesen, die sich an gesetzliche Vorgaben anlehnen.

        • Stefan Sasse 24. September 2025, 14:38

          Verboten, ein weinendes Kind aufzuheben…? Das klingt weird.

          • Erwin Gabriel 24. September 2025, 15:08

            @ Stefan Sasse 24. September 2025, 14:38

            Verboten, ein weinendes Kind aufzuheben…? Das klingt weird.

            „Nicht anfassen“ war der entscheidende Punkt. Vielleichthätte man bei einerKindergärtnerin darüber hinweg gesehen.

            • Stefan Sasse 24. September 2025, 18:38

              Echt krass. Gerade meine Frau gefragt, die hat es mir bestätigt, dass manche Kitas das machen. Und ja, mit Sexismus gegen Männer. Katastrophe.

              • CitizenK 26. September 2025, 13:37

                Wie absurd. Wie tröstet man ein solches Kind, ohne es „anzufassen“? Und wenn es verletzt ist, wartet man auf den Notarzt?

                • Thorsten Haupts 26. September 2025, 13:45

                  Das wurde im Rahmen der als „Wormser Kinderschänder“ vermarkteten Prozesse – Deutschlands grösster Justizskandal der letzten 30 Jahre – in vielen Kindereinrichtungen zum Goldstandard. Einer der Gründe dafür, warum wir so wenige Männer als Erzieher haben.

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

                  • derwaechter 29. September 2025, 10:49

                    Ging es bei den Wormser Prozesse nicht um Familien?
                    Ich kann mich an den ähnlich gelagerten und auch zeitlich überlappenden Montessori-Prozess erinnern, wo es um Erzieher ging.
                    Übrigens ein Fall aus Borken.

                    • Thorsten Haupts 29. September 2025, 14:31

                      Es ging um den angeblich massenhaften Missbrauch von Kindern durch eine ganze Gruppe verschworener Familien, die angeblich ihre eigenen Kinder gegenseitig zur Verfügung stellten.

                      Ins Rollen gebracht wurde das ganze durch übereifrige KiTa-Mitarbeiter, die diesen Kindesmissbrauch bei suggestiven Kindesbefragungen „entdeckt“ haben wollten. Eine für einen Realisten ziemlich unglaubliche Geschichte.

                      Im Zuge der damaligen Diskussionen wurden AFAIR die Sicherheitsanforderungen in vielen KiTas verschärft, u.a. um Männern den Zugang zu verunmöglichen.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 29. September 2025, 17:26

                      Noch als Anekdote: in unserer Kita gab es damals einen Mann, der hat unseren Sohn nicht gewickelt. Weil…dieser Bullshit.

                    • derwaechter 29. September 2025, 15:05

                      Danke, ich kannte die Prozesse tatsächlich schon! Deshalb meine Frage, ob es im Bezug auf Regeln für Erzieher (die ich nicht kenne, da war ich echt überrascht) nicht vielleicht eher um den Fall mit eben einem Erzieher als Verdächtigen ging.

                      Der Mechanismus dahinter war sehr ähnlich.

                      https://web.archive.org/web/20170301204308/http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-8955202.html

                • Stefan Sasse 26. September 2025, 18:50

                  Gar nicht. Da steht so ein bisschen schwarze Pädagogik dahinter; das „Drama nicht belohnen“ oder so.

  • Stefan Pietsch 22. September 2025, 18:07

    Kristina Schröder hat da auch eine Idee, die viel vernünftiger ist als die von Fratzscher. Ehe man ältere Menschen für Pflichtdienste heranzieht, ist es sinnvoller, Bürgergeldempfänger grundsätzlich zu sozialen Diensten zu verpflichten.

    • Thorsten Haupts 22. September 2025, 18:44

      Das sehe ich schon lange ähnlich. Wüsste nicht, was dagegen spricht, schliesslich alimentiert die Solidargemeinschaft sie im Gegenzug.

      • pannaKraweel 23. September 2025, 01:25

        Welche Tätigkeitsbereiche für Pflichtarbeit für BG-Bezieher stellen Sie sich dabei vor, die idealerweise a) nützlich sind und b) keine regulären Jobs verdrängen?
        (Ehrliches Interesse.)

        • Thorsten Haupts 24. September 2025, 10:54

          Wir haben in velen staatlichen und halbstaatlichen Aufgaben heute schon zu wenig Leute und zu wenige Bewerber für die Nachfrage des Arbeitsmarktes. Ich würde also b) als Bedingung einfach weglassen und die Leute da einsetzen, wo es Bedarf gibt. Wie Stefan P. wäre meine Annahme darüberhinaus auch, dass es die Zahl der Betroffenen kurzfristig deutlich reduzieren würde.

        • Erwin Gabriel 24. September 2025, 13:47

          @ pannaKraweel 23. September 2025, 01:25

          Welche Tätigkeitsbereiche für Pflichtarbeit für BG-Bezieher stellen Sie sich dabei vor, die idealerweise a) nützlich sind und b) keine regulären Jobs verdrängen?

          Von Straßen und Parks reinigen bis hin zum Aufschreiben von Autofahrern, die auf Radwegen parken, könnte ich mir da eine Mengevorstellen. 🙂

      • Stefan Sasse 23. September 2025, 07:53

        Auch nur Effizienzgedanken, glaube ich. Weil das Rotationsargument gilt da ja doppelt und dreifach: wenn die Leute Jobs finden, sind sie weg. Du kannst ja null planen mit denen, weil die jederzeit einen Job kriegen könnten.

        • Erwin Gabriel 24. September 2025, 02:02

          @ Stefan Sasse
          … wenn die Leute Jobs finden, sind sie weg. Du kannst ja null planen mit denen, weil die jederzeit einen Job kriegen könnten.

          Das wäre doch ein geniales, überaus effizientes Ergebnis, wenn die aus einer Dienstverpflichtung heraus in einen normalen Job wechseln würden.

          • Stefan Sasse 24. September 2025, 14:39

            Total! Und warum da stehen bleiben? Da kann man das MMT-Argument der Arbeitsplatzgarantie aufgreifen, dann kann man sich das komplette Bürgergeld mitsamt der Bürokratie und Sanktionierungskultur sparen.

            • Stefan Pietsch 24. September 2025, 16:48

              Du hast mit Deiner Anmerkung vor ein paar Tagen Recht: Wir müssen immer wieder bei Null beginnen. Über zwei Jahrzehnte waren wir massig erfolglos bei der Bekämpfung der immer weiter um sich greifenden Massenarbeitslosigkeit. Immer mehr Menschen waren nicht nur kurz, sondern sehr lange bis dauerhaft arbeitslos. Dann schafften wir vor zwanzig Jahren einen Trigger, das umzukehren. Die Massenarbeitslosigkeit ging schnell zurück, immer weniger Menschen waren langzeitarbeitslos. Aber wir waren nicht zufrieden, wir fanden das unsozial.

              Also drehten wir sämtliche erfolgreiche Maßnahmen zurück. Heute stehen wir wenig verwunderlich wieder da, wo wir Anfang der Nullerjahre waren. Und wenn wir uns umschauen, sehen wir, dass die Trends gegen uns laufen. Die einstmaligen Vorbilder im Norden Europas drehen ihre Wohlfahrsmodelle deutlich zurück. In Dänemark tat man das schon mit dem Konzept der flexicurity, was nun von Finnland und aktuell Schweden imitiert wird.

              Und in Deutschland? Da verkündigt der ehemalige Neoliberale und Erfinder der Bierdeckelsteuerreform, der Sozialstaat soll auf keinen Fall zurückgeschnitten werden. Is‘ klar. Wo wir 2030 stehen werden, ist mir nach der Haushaltsrede des Bundeskanzlers auch klar.

        • Stefan Pietsch 24. September 2025, 08:02

          Das wäre seltsam, oder? Die meisten finden trotz intensivster Suche (Achtung, Ironie!) nichts und wenn sie verpflichtet sind, klappt es endlich. Spätestens dann wüsste man doch, dass man an der Nase herumgeführt wurde.

          Das ist übrigens der Punkt von Kristina Schröder: Die Kalkulation von Bürgergeldempfängern ändern. Wenn sie sowieso arbeiten müssen und keine Zeit für Schwarzarbeit bleibt, werden viele aus dem Bezug verschwinden.

          Ich frage mich, warum das eigentlich keiner will.

          • Stefan Pietsch 24. September 2025, 08:10

            Gerade eine IAB-Studie: Jobcenter-Mitarbeiter befürworten stärkere Kürzungen, auch der Miete. Kürzungen beschleunigen die Arbeitaufnahme. Mit anderen Worten: Die SPD hat mit ihrer Politik dafür gesorgt, dass sich Million Menschen im Bürgergeldbezug einrichten. Ein anderes Wort für politische Verantwortungslosigkeit.

          • Erwin Gabriel 24. September 2025, 13:48

            @ Stefan Pietsch 24. September 2025, 08:02

            Das ist übrigens der Punkt von Kristina Schröder: Die Kalkulation von Bürgergeldempfängern ändern. Wenn sie sowieso arbeiten müssen und keine Zeit für Schwarzarbeit bleibt, werden viele aus dem Bezug verschwinden.

            Guter Gedanke,wäre einen Versuch wert.

          • Stefan Sasse 24. September 2025, 14:40

            Siehe meine Antwort an Erwin.

    • Sören Schmitz 22. September 2025, 18:46

      Ich denke soziale Dienste erfordern auch, eine gewisse Bereitschaft sich auf andere Menschen einlassen zu können. Einen völlig demotivierte Person würde ich nicht auf Menschen loslassen – es gibt aber Hilfsttätigkeiten in sozialen Einrichtungen, z.B. bei der Essensausgabe, in der Küche, in der Haustechnik wo diese Menschen ihren Beitrag leisten könnten.
      Grundsätzlich halte ich Arbeitseintze in der Gemeinde für Bürgergeldempfänger für durchaus sinnvoll. Ich meine mich aber erinnern zu können, dass die Einführung daran scheiterte, dass Unternehmen befürchteten, diese Hilfsarbeiter würden Aufträge wegnehmen.

      • Stefan Pietsch 22. September 2025, 19:42

        Fratzscher und seine Unterstützer stellen die Frage doch auch nicht. Kristine Schröder hat recht: Man muss die Motivationsstruktur von Bürgergeldempfängern ändern. Mit ein paar Euro Kürzung geht das nicht. Wir müssen uns mal die Rahmenbedingungen vor Augen halten: Ein Drittel hat noch n.i.e. gearbeitet, weitere 20 Prozent und mehr (genau weiß ich es nicht aus dem Kopf) hat seit 10 Jahren und mehr nicht mehr gearbeitet. Das ist nicht erklärbar und unterscheidet sich erheblich von anderen OECD-Ländern. Dazu finden sich bei Razzien unter den Schwarzarbeitern viele Bürgergeldempfänger.

        Die Ein-Euro-Jobs wurden nicht auf Druck der Wirtschaft weitgehend beendet, sondern aus politischen Gründen.

        • pannaKraweel 23. September 2025, 01:23

          Laut Jobcenterwebsite gibt es zumindest noch die Möglichkeit zu ‚Arbeitsgelegenheiten‘, aka 1-Euro-Jobs.

          • Stefan Pietsch 23. September 2025, 10:05

            Gibt es. Hat nur praktisch keine Bedeutung mehr. Aber warum daraus nicht einen Pflichtdienst machen?

            • pannaKraweel 23. September 2025, 12:34

              Ich habe die damalige Debatte nicht präsent, war noch zu klein.

              Welche nützlichen Tätigkeiten wären es, die nicht gleichzeitig durch die viel billigere Arbeit durch BG-Bezieher sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse (z.B. Stellen in öffentlichen Grünanlagen, Kantinen, Pflegehelfer) zerstören? Wenn wir gleichzeitig den Mindestlohn abschaffen, haben wir wieder das Aufstockungsproblem und alles wie vorher.

              • Stefan Pietsch 23. September 2025, 14:19

                Anders gedacht. Ein Markt funktioniert nur, wenn sich ein Preis so bilden kann dass Anbieter genügend anbieten und Nachfrager genügend nachfragen. Ein Preis lässt sich nicht verordnen, das ist das Wesen des Marktes.

                Deutschland hat verhältnismäßig viele erwerbsfähige Menschen, die als gering- oder nicht qualifiziert gelten. Ihre Arbeitsproduktivität ist sehr niedrig. Der Staat verordnet allerdings einen Mindestpreis, den Arbeitgeber zahlen müssen. Die Arbeitsproduktivität vieler Menschen ist aber nicht so, dass sie monatlich einen Gegenwert von rund 7.800 Euro schaffen können. Wieso so hoch? Der Mindestlohn für eine Vollzeitbeschäftigung liegt heute bei rund 2.200 Euro, dazu kommt der Arbeitgeberanteil und die sozialen Leistungen wie Lohnfortzahlung etc. Das sind die direkten Kosten. Die Vollkosten liegen dagegen bei dem Dreifachen.

                Die Politik sieht nur die eine Seite des Marktes, die schlecht bezahlten Menschen. Aber sie werden nicht schlecht bezahlt, weil manche Arbeitgeber böse sind. Sie werden schlecht bezahlt, weil sie wenig erwirtschaften können. Müssten sie selbständig ihr Geld verdienen, würden sie verhungern.

                Für die Garantie eines sozialen Mindestniveaus sind nicht die Marktteilnehmer, sondern der Staat zuständig. Das wird immer so sein, deswegen gibt es sogenannte Aufstocker. Der Staat hat in Gestalt der Mindestlohnkommission (ja, ja, ab und zu sollten Politiker ihre eigenen Berichte lesen) festgestellt, dass der Mindestlohn tendenziell zu einer Reduzierung der Wochenstunden von Mindestlohnempfängern geführt hat. Sie arbeiten also weniger, obwohl sie ihr Einkommen aufgrund der gesetzlichen Regelung steigern könnten. Doch das passiert nicht, stattdessen gibt es weniger Arbeit.

                Wir haben vermehrt Bereiche, wo Angebot und Nachfrage nicht mehr (ausreichend) zusammenkommen. Für Bürgergeldempfänger lohnt sich oft die Arbeitsaufnahme nicht, für Arbeitgeber nicht die Einstellung von Geringqualifizierten. Also wird die Arbeit nicht gemacht, es gibt keinen Markt. Warum sollten dann Bürgergeldempfänger, die nicht selten einen Ersatzlohn bekommen, der weit über der Mindestlohngrenze liegt, nicht diese Arbeit dann unentgeltlich erledigen? Sie wird ja nicht verdrängt, sie ist längst verdrängt worden.

      • Erwin Gabriel 24. September 2025, 13:51

        @Sören Schmitz 22. September 2025, 18:46

        Weitgehende Zustimmung

        Ich meine mich aber erinnern zu können, dass die Einführung daran scheiterte, dass Unternehmen befürchteten, diese Hilfsarbeiter würden Aufträge wegnehmen.

        Warum nicht zur Verstärkung von bereits vorhandenem sozialem Engagement einsetzen, etwa bei der Lebensmittelausgabe an Tafeln?

    • Dennis 22. September 2025, 20:05

      Der von E. Gabriel unter der Überschrift „Rechtliche Aspekte“ ganz richtig beschriebene Sachverhalt müsste demnach so ergänzt werden: Soll nicht für Bürgergeldempfänger gelten. Logischerweise müsste diese Ausnahme für die Bösen dann aber auch bei Grundsicherung im Alter angewendet werden.

      • Erwin Gabriel 24. September 2025, 13:51

        @ Dennis 22. September 2025, 20:05

        🙂

  • Ralf 22. September 2025, 21:42

    Die Frage ist, ob man wirklich jeden Kandidaten einer Gesundheitsprüfung unterziehen muss. Die Tätigkeit könnte man sich als Betroffener ja zumindest teilweise mit aussuchen, wobei nicht notwendigerweise körperlich anstrengende Arbeiten anfallen müssen. Dabei denke ich z.B. an soziale Dienste wie das Gehen in Alten- und Pflegeheime sowie in Krankenhäuser, um mit den Menschen dort zu sprechen, zu spielen, um zuzuhören. In meiner Zivildienstzeit habe ich das bei Hausbesuchen gemacht. Eigentlich sollte ich die Wohnung putzen oder einkaufen. Aber das haben die alten Leute meistens selbst gemacht. Was diese Menschen wirklich wollten, war mal mit jemandem reden. Mal jemanden haben, der ihnen zuhört. Jemanden haben, dem sie von ihrer Jugend erzählen können. Und dafür muss man nicht besonders fit sein. Wenn man das ganze über die sozialen Träger koordiniert, die früher auch den Zivildienst organisiert haben, dann hält sich auch der Verwaltungsaufwand in Grenzen. Und der Bedarf für diese sozialen Tätigkeiten ist enorm. Die Einsamkeit der alten Menschen hat mich schon damals in den 90ern schockiert. Und das ist sicher nicht besser geworden.

    • Erwin Gabriel 22. September 2025, 22:32

      @ Ralf

      Wenn es nach Fratzscher geht, ist jeder frischgebackene Rentner fällig; er hat keine Ausnahmen für Kranke oder eingeschränkt taugliche vorgesehen. Ich muss aber, wenn ich jemanden per Gesetz zur Arbeit verpflichten will, sicherstellen, dass er die physisch bewältigen kann. Kann der Betreffende nicht und kriegt auf dem Pflichtjob einen Herzkasper, hat der Staat ein Problem.

      • Ralf 22. September 2025, 22:45

        Mach z.B. ein Waiver-Programm. Wer auf die Gesundheitsprüfung verzichtet, ist einen Monat früher fertig.

        Hätte man mir das damals vor dem Zivildienst angeboten, hätte ich dankend angenommen und mir die lästige Musterung gespart. Ich konnte mir ja an zwei Fingern abzählen, dass ich – leider kerngesund – nicht für untauglich erklärt werden würde.

        • Erwin Gabriel 24. September 2025, 13:54

          @ Ralf 22. September 2025, 22:45

          Hätte man mir das damals vor dem Zivildienst angeboten, hätte ich dankend angenommen und mir die lästige Musterung gespart. Ich konnte mir ja an zwei Fingern abzählen, dass ich – leider kerngesund – nicht für untauglich erklärt werden würde.

          Wie alt warst Du da noch mal? 🙂

          Der Punkt ist ja nicht, dass DU weißt zu wissen glaubst, dass Du fit bist, sondern dass DER STAAT sicher ist, dass er Dich nicht gefährdet mit der Aufgabe, Dich einzusetzen.

      • Stefan Sasse 23. September 2025, 07:54

        Es war auch ein ZEIT-Artikel und kein Policy-Paper.

        • Dennis 23. September 2025, 09:45

          Okay, da sind wir beim Kern.

          Dann wäre „ZEIT-Artikel“ ein anderer Begriff für:

          Dummes Dahergequatsche für gelangweilte Bildungs- und Besitzbürger, die sich irrtümlicherweise für irgendwie „links“ halten. 🙂

          • CitizenK 23. September 2025, 10:22

            Etwas freundlich könnte man sagen: Denkanstoß. Warum nur Bürgergeld-Empfänger und nicht auch gesunde („rüstige“, sagte man früher) Ältere motivieren?

            • Stefan Sasse 23. September 2025, 10:28

              Ich hab schon ein bisschen das Gefühl, dass da jeweils das Ressentiment mitschwingt, wer sich der Meinung der jeweiligen Autor*innen nach zu wenig einbringt.

            • Stefan Pietsch 23. September 2025, 11:40

              Der Unterschied zwischen Bürgergeldempfänger und Älteren ist die Bezahlung und damit der gesellschaftliche Nutzen.

              Langzeitarbeitslose werden bereits von der Gesellschaft bezahlt, leisten aber im Gegenzug nichts. Wenn jemand ein hohes Einkommen bezieht, daraus hohe Steuern und Sozialabgaben zahlt, hat es keinen gesellschaftlichen Nutzen, ihn zur unentgeltlichen Zwangsarbeit heranzuziehen. Fratzscher geht es um die Alten, die an der Grenze zum Renteneintritt stehen, bzw. diese Grenze gerade überschritten haben. Sie erhalten von der Gesellschaft Renten, aber leisten nichts (mehr). Allerdings hätte die Verlängerung der Lebensarbeitszeit um ein Jahr einen deutlich höheren Effekt als das Pflichtjahr.

              • Detlef Schulze 23. September 2025, 12:43

                Allerdings hätte die Verlängerung der Lebensarbeitszeit um ein Jahr einen deutlich höheren Effekt als das Pflichtjahr.

                Exakt!
                Wozu ein Pflichtjahr in einem Arbeitsfeld, wo jemand sich mit weit über 60 erst einarbeiten muss, anstatt ihn einfach ein Jahr länger auf dem Gebiet arbeiten zu lassen, auf dem er sein ganzes Arbeitsleben Erfahrung gesammelt hat.

                • Stefan Sasse 23. September 2025, 13:23

                  True, as far as it goes, aber da laufen wir wieder in das Problem, dass die meisten ja gar nicht so lange arbeiten. Das nervt mich an der Debatte ja so.

                  • Erwin Gabriel 29. September 2025, 14:14

                    @ Stefan Sasse 23. September 2025, 13:23

                    True, as far as it goes, aber da laufen wir wieder in das Problem, dass die meisten ja gar nicht so lange arbeiten. Das nervt mich an der Debatte ja so.

                    Wenn Du die Leute fragst, wollen die meisten bis 30 sehr entspannt vor sich studieren. Dann folgt ein cooler Teilzeit-Job im Homeoffice mit hohen Gehältern, niedrigen Steuern und Sozialabgaben, wo ihnen keiner sagt, was sie wie tun sollen. Habe ich sehr flexible Arbeits- und lange Urlaubszeiten erwähnt? So ab 50 übernimmt dann der Staat die Aufrechterhaltung des inzwischen gewohnt hohen Lebensstandards.

                    Die Leute arbeiten nicht so lange, weil man sie ausbüchsen lässt. Solange Du auf linker Seite die Meinung hast, dass sich die Menschen gleichzeitig die Höhe ihrer Rente und die Dauer ihrer Lebenszeit aussuchen können – und auf links außen die Meinung herrscht, dass man gar nicht arbeiten muss, solange es „Reiche“ gibt, die alles bezahlen (=bedingungsloses Grundeinkommen) – wird das echt schwierig.

                    • Stefan Sasse 29. September 2025, 17:25

                      ICh habe doch diese Meinung aber gar nicht?

                    • Erwin Gabriel 3. Oktober 2025, 18:25

                      @ Stefan Sasse 29. September 2025, 17:25

                      Ich habe doch diese Meinung aber gar nicht?

                      Losgelöstvon Deinem oder meinem Verhalten, Deinen oder meinen Einstellungen bewegt sich das Gros Stück für Stück in diese Richtung. Vielleicht nicht als Gesamtkonzept wie von mir zusammengefasst,aber in den Einzeldisziplinen. Leg die nebeneinander, und dann hast Du das Ergebnis.

                    • Stefan Sasse 4. Oktober 2025, 11:09

                      Überhaupt nicht. Wenn es nach mir ginge, würde ich das Renteneintrittsalter einfach abschaffen und die Leute arbeiten halt entweder bis zur Arbeitsunfähigkeit oder bis ihnen ihre Rente reicht. Aber ein laufendes Mehrgenerationensystem ist halt schwer grundlegend zu reformieren…

              • Stefan Sasse 23. September 2025, 13:22

                Mich würde noch eine Einschätzung meines Effizienzarguments interessieren.

                • Thorsten Haupts 27. September 2025, 13:26

                  Das hängt stark davon ab, was Du eigentlich erreichen willsat. Wenn Du mit der Arbeitspflicht primär Leute aus dem Bürgegeld in bezahlte Arbeit drängen willst – was, wenn ichn es richtig verstanden habe, Stefan Ps (und mein) Ansatz ist – wäre das ein Feature und kein Bug.

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

          • Stefan Sasse 23. September 2025, 10:27

            Gilt ja für Kristina Schröders Vorschlag genauso, nur mit „Welt-Artikel“ und „irgendwie rechts“. So what? Das sind Debattenbeiträge. Ich verstehe nicht, warum die keine Berechtigung haben sollten und welche Maßstäbe da angelegt werden. Ich will kein Paper lesen, in dem die rechtliche Situation auf drölfzig Seiten analysiert wird.

            • Thorsten Haupts 23. September 2025, 10:42

              Ich verstehe nicht, warum die keine Berechtigung haben sollten …

              Die Frage kann ich Dir beantworten: Weil sie a) ablenken und b) bei evtl. Umsetzung erst einmal verzögern würden. Die ganze Debatte hat genau einen sinnvollen Ursprung: Die Frage, wie man seine Streitkräfte kriegsfähig bekommt. Dafür gibt es noch einen passenden Grundgesetzartikel, auf dessen Grundlage die Wiedereinführung der Wehrpflicht rechtlich geräuschlos möglich wäre. Rentner sind by and large für den Wehrdienst untauglich, was die sinnlose Debatte beenden sollte. Würde sie ernsthaft geführt.

              Genau das ist nicht der Fall. Wir leisten uns nach wie vor jenen spielerischen Unernst und die Sorglosigkeit, die dem Ernst der aussen- und sicherheitspolitischen Lage schon seit 2014 nicht mehr angemessen ist.

              Degenerationserscheinungen, offenbar sind wirklich zivilisierte Staaten nicht nachhaltig.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • pannaKraweel 23. September 2025, 12:28

                „Degenerationserscheinungen, offenbar sind wirklich zivilisierte Staaten nicht nachhaltig.“

                Sie wären es, wenn alle anderen Staaten drumrum ebenso zivilisiert wären und lieb blieben und/oder man mit Geld Probleme wegschaffen/rauszögern kann. Tja.

                Welcher Staat ist/war denn nachhaltig?

                • Thorsten Haupts 23. September 2025, 17:37

                  Kann Ihnen aus dem Gedächtnis nur 2 nennen:

                  1) Das römische Reich, bis es beschloss, seine grösste Stärke (professionelles Militär) in internen Bürgerkriegen zu verheizen und danach äusseren Bedrohungen zu unterliegen
                  2) Gleich mehrere der chinesischen Dynastien, die mehrere Jahrhunderte (bis zu 7) durchhielten

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

                  • pannaKraweel 23. September 2025, 19:34

                    Klar, auch die beiden römischen Reiche hat es irgendwann erwischt, mit internen Stressphasen zwischendurch, in denen ich auch nicht im betroffenen Gebiet gelebt haben möchte. Umbruchphasen sind immer gefährlich. Die Ansprüche an Staatlichkeit waren damals auch andere.

                    (Geschichte Chinas steht hier leider ungelesen.)

                    Das UK hält sich als sich entwickelnder liberaler und demokratischer Staat jetzt schon eine gute Weile (ist aber auch ne Insel). Die USA haben immerhin roundabout 250 Jahre geschafft (wenn man schwachen Sozialstaat und bürgerrechtliche Ungleichheiten aus der Betrachtung nimmt).

                    Noch gibt es ne Chance für unsere lieben Hippiestaaten, sich zu halten.

                    Meinen Sie, dass unsere liberalen Demokratien, um angesichts autokratischer Bedrohungen nicht zu scheitern, sich so stark verändern müssten, dass wir sie nicht mehr wiedererkennen würden und sie das Etikett ‚liberale Demokratie‘ bzw. Hippiestaat nicht mehr verdienen würden?

                    • Thorsten Haupts 23. September 2025, 21:15

                      Nein, meine ich nicht! Nur bräuchten wir zuerst das, was wir offenbar verloren haben – den Willen, sich einer Bedrohung zu stellen und entschlossen alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, ihr zu begegnen, Dann geht das auch mit einer liberalen Demokratie – aber eben nur dann.

                    • pannaKraweel 24. September 2025, 11:48

                      @Thorsten Haupts „Nein, meine ich nicht!“

                      Das wäre prima, wenn das so laufen könnte. Trump und seine unsichere Haltung zur amerikanischen Einlage in die NATO ist in der Hinsicht ein notwendiger Schuss vor den Bug. Der kaum gehört wurde, das stimmt. Sie haben Recht damit, dass die Wählerschaft hierzulande wie Kindergartenkinder behandelt wird – und behandelt werden möchte (ich bin das ja auch so gewöhnt und hätte mit 18 einen „Blood, toil, tears and sweat“-Redner überlegen beschmunzelt).

                    • Thorsten Haupts 25. September 2025, 10:55

                      Ich führe das unten weiter, hier wird es zu eng 🙂 .

              • Stefan Sasse 23. September 2025, 13:22

                Ja, aber in der Debatte geht es ja nicht um die Kriegstüchtigkeit. Das habe ich ja schon mal gesagt, das sind völlig unterschiedliche Themen. Dienstpflicht und Wehrpflicht verfolgen völlig unterschiedliche Ziele.

            • Dennis 23. September 2025, 14:48

              Zitat Stefan Sasse:
              „Ich will kein Paper lesen, in dem die rechtliche Situation auf drölfzig Seiten analysiert wird.“

              Was in unserer Verfassung so steht ist also nicht sonderlich beachtlich. Hmmm. Interessant zu wissen. Natürlich kann man für eine Verfassungsänderung plädieren, ist nichts Verbotenes, da müssen aber dann auch fundierte Vorschläge kommen.

              Und ja, ich erwarte von jemanden wie Fratzscher hierzu qualifizierte Auskünfte und mehr als ein Dahergerede. Die Type nennt sich immerhin „Wissenschaftler“ und da darf man schon was erwarten. Ich bin auch mit weniger als drölfzig Seiten zufrieden, mit intellektueller Unredlichkeit eines so genannten Wissenschaftlers aber nicht.

              Schröder in der WELT behandelt ein ganz anderes Thema, nämlich ganz spezifisch die bestehende Regelung für Bürgergeldempfänger_innen zwecks

              „Erhaltung oder Wiedererlangung ihrer Beschäftigungsfähigkeit, die für eine Eingliederung in Arbeit erforderlich ist“
              (Gesetzestext)

              Also „Arbeitsgelegenheiten“ für maximal 24 Monate innert 5 Jahren. Das ist eine andere Liga und das mit dem Thema allgemeine Dienstpflichten pp. zu vermischen, ist IMHO nicht in Ordnung. Macht Schröder in der WELT allerdings auch nicht. Ihren Argumenten (eher polemisch) muss man nicht zustimmen (würd ich eher auch nicht), aber sie erhebt a) keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit und beschäftigt sich b) auch nicht allgemein mit Dienstpflicht/Pflichtjahr und dgl.

              Die Mütter und Väter unsers GG haben sich mit dem Verbot von Zwangsarbeit schon was gedacht. Das ist keine Kleinigkeit sondern dient dazu, Totalitarismus zu verhindern. Die Ausnahme Wehrdienst ist spezifisch geregelt und mit dem Recht auf Kriegsdienstverweigerung verbunden. Das ist IMHO deswegen in Ordnung, weil ein Staat, der sich nicht verteidigen kann/will, gar kein Staat ist.

              • Stefan Sasse 24. September 2025, 14:37

                Wie gesagt, man kann da genug kritisieren. Aber ein Debattenanstoß in der Zeitung hat nun mal andere Struktur und Anforderungen. Ich finde es einfach keinen sinnvollen Maßstab.

        • Erwin Gabriel 24. September 2025, 13:55

          @ Stefan Sasse 23. September 2025, 07:54

          Es war auch ein ZEIT-Artikel und kein Policy-Paper.

          Warauf beziehst Du Dich?

          • Stefan Sasse 24. September 2025, 14:42

            Dass da logischerweise keine ausgearbeiteten Vorschläge drin sind, sondern eben vor allem Ideen.

            • Erwin Gabriel 24. September 2025, 20:47

              @ Stefan Sasse

              Du meinst die Schröder’schen Vorschläge?

              Es gibt 5,3 Mio. Bürgergeld-Empfänger. Davon wären (vorsichtig geschätzt) etwa 1,5 bis 2 Mio. arbeitsfähig. Um diese Menschen nach Fratzscher-Pflichtjahr-Kriterien für Arbeiten heranzuziehen, würde die Einführung eines entsprechenden Systems etwa 5 Jahre dauern, die Einführung etwa 7,5 Mrd. Euro kosten.
              Auf die einzelne Person umgerechnet wären die Kosten für Bürokratie deutlich niedriger (die zuständige Behörde existiert schon). Die Kosten für die Einarbeitung pro Person wären genauso hoch, würden sich aber über einen längeren Zeitraum auswirken, da in der Regel die Leute nicht 9 bis 10 Monate nach der Einarbeitung wieder gehen. Vergütung wäre genauso hoch wie bei den Pflichtjahr-Rentnern, nur dass diese bei den Bürgergeldempfängern mit dem Bürgergeld halbwegs verrechnet werden kann.

              Ansonsten: Personalpool / Arbeitsleistung im Vergleich zu Rentnern um Faktor 3 bis 4 höher.

              • Stefan Sasse 26. September 2025, 18:46

                Man kann das schon machen. Der Nachteil an Schröders Vorschlag ist halt, dass es schwerer ist, die Jobs so zu gestalten, dass sie keine reguläre Beschäftigung verdrängen. Aber wie gesagt, ich wäre eh für Modell Jobgarantie.

    • Erwin Gabriel 22. September 2025, 22:45

      @ Ralf

      Was diese Menschen wirklich wollten, war mal mit jemandem reden. Mal jemanden haben, der ihnen zuhört.

      Den Punkt verstehe ich. Aber die meisten Menschen, die ich kenne, wollen selbst viel lieber reden als zuhören. Und die eher wenigen, die nicht unbedingt reden wollen, wollen anderen auch nicht zuhören.

      Ich interessiere mich z.B. recht wenig dafür, was die Schwiegermutter etwa meiner Kollegin von 20 Jahren an diesem besonderen Tag, als Onkel Alfred vom Stuhl rutschte, zum Frühstück gegessen hat.

      Nur als Beispiel …

      • Ralf 22. September 2025, 23:26

        Klar. So hab ich auch gedacht, bevor ich den Zivildienst begann. Dann habe ich die Einsamkeit der Menschen gesehen. Dann habe ich gesehen, wie man mit ein bisschen Empathie Freude bereiten kann, wie die Menschen aufgelebt sind in den 60 Minuten, die ich einmal in der Woche für sie da war. Wenn Zivildienstleistende mit 19 oder 20 Jahren dienen können, dann kann ein rüstiger Rentner das sicher auch.

        • Stefan Sasse 23. September 2025, 07:54

          Sehr gut, wenn du das kannst. Gilt nicht für alle.

          • Ralf 23. September 2025, 08:05

            Galt damals sicher auch nicht für alle Zivildienstleistenden. Trotzdem haben es alle gemacht. Die einen besser. Die anderen schlechter. Weshalb sollte das bei Rentnern anders sein?

            • Stefan Sasse 23. September 2025, 10:26

              Ist es nicht, ich sage nur dass man das nicht romantisieren sollte. Und viele Leute hören dann eben nicht zu und haben eben keine Empathie, sondern starren während so Erzählungen ausdruckslos vor sich hin und reagieren nicht. Ist halt so.

              • Erwin Gabriel 24. September 2025, 13:59

                @ Stefan Sasse 23. September 2025, 10:26

                Ist es nicht, ich sage nur dass man das nicht romantisieren sollte.

                Zustimmung

                Und viele Leute hören dann eben nicht zu und haben eben keine Empathie, sondern starren während so Erzählungen ausdruckslos vor sich hin und reagieren nicht. Ist halt so.

                Mein Vater konnte, als er älter und kränker wurde, seine Frau zu Besuchen ihrer schwerkranken Mutter nicht begleiten. Hat seine Frau ihm sehr, sehr übelgenommen.
                Ich sagte ihm, es solle sich zusammenreißen.Er meinte, dass das nichtginge, weil er in jedem Bett sich selbst liegegend sehen würde. Ging einfach nicht.

                Anekdotisch, trotzdem ein Beleg für Deinen Standpunkt.

        • Stefan Pietsch 23. September 2025, 10:11

          Ich habe wie oft erwähnt gedient. Allerdings hatte ich gut ein Jahr davor ein unfreiwilliges Pflichtprogramm von 10 Arbeitsstunden in einem Altenheim eingelegt. Mit 17 fing ich an, regelmäßig Auto zu fahren, allerdings wurde mir der Führerschein vorenthalten – zugegeben, die Führerscheinbehörde hatte keine Kenntnis. 🙂 Wie dem auch sei, exakt einen Monat vor meinem 18. Geburtstag hielt mich die Polizei nach einem Tipp des Nachbarn nach dem Kirchgang an.

          Seit dieser Zeit habe ich höchsten Respekt vor der Arbeit der Altenpfleger. Das ist nicht nur körperlich, sondern auch emotional ein Knochenjob. Sie sehen Menschen beim Sterben. Ich weiß nicht, ob das für mich die ideale Beschäftigung wäre, da ich immer versuche das Thema zu vermeiden.

    • pannaKraweel 23. September 2025, 01:18

      Danke, dass Sie das gemacht haben. In meinem Bekanntenkreis gibt es eine kinderlose Witwe ü80, die ich sehr dafür bewundere, wie sie ihr soziales Netz aufrechterhält, welche Energie das erfordert. Es ist nicht leicht, im Alter nicht irgendwann zu vereinsamen.

  • cimourdain 23. September 2025, 09:16

    Danke für Ihre Erwägungen.
    Ich möchte noch zwei Überlegungen anmerken

    1) Verschwendung: Anders als 19-jährige sind Menschen am Ende ihres Berufslebens voll ausgebildet. Diese Fähigkeiten dann brachliegen zu lassen und stattdessen die Menschen auf einfache Arbeiten, die zu keinem Verdrängungseffekt auf dem Arbeitsmarkt führen, zu beschränken, wäre ein Schildbürgerstreich.

    2) Konkurrenz zu sozialem Engagement. Tatsächlich sind Rentner überdurchschnittlich oft in Ehrenämtern tätig. Deshalb wäre es – anders als Fratzschers Vorschlag – ein politisch und rechtlich gangbarer Weg, dieses Potential auszubauen, indem die vorhandenen Optionen Bundesfreiwilligendienst und FSJ gezielt auf Senioren ausgeweitet werden.

    • Stefan Pietsch 23. September 2025, 10:04

      1) und 2) widersprechen sich argumentativ etwas. Niemand hat etwas gegen Freiwilligkeit (warum auch?), aber es geht ja explizit um einen Pflichtdienst.

      • cimourdain 24. September 2025, 08:18

        Zugegeben ist es der verzweifelte Versuch, aus dieser Phantomdebatte etwas sinnvolles herauszuziehen. Eigentlich ist es auserzählt: Pflichtdienste vertragen sich nicht mit dem Zwangsarbeitsverbot (hier historische Analogie einfügen). Außerdem kriegen Sie sicherlich ganz toll engagierte Menschen, wenn Sie deren Arbeit schlecht entlohnen und keine intrinsische Motivation da ist.
        Aber wenn man von dem Zwang weggeht, hin zu einem liberalen Menschen- und Arbeitsbild, dann weiß der/die einzelne am besten, wofür sie/er sich engagieren will. Und da wäre die Rolle ‚des Staates‘ nicht mehr „Erzwinger“ sondern „Ermöglicher“.

        • Stefan Pietsch 24. September 2025, 10:32

          Die Wehrpflicht war etwas Sinnvolles. Das sieht man im Vergleich zu heute: Über 60.000 junge Menschen machen nach der Schulzeit eine mehr oder weniger sinnvolle Auszeit (wovon?) und schaffen dann den Wiedereinstieg nicht.

          Wenn jemand nichts zu tun hat, aber Leistungen von der Gemeinschaft will, spricht nichts dagegen, ihm etwas abzuverlangen. Am Ende ist es nämlich eine individuelle Kalkulation: Ist es besser erwerbstätig zu sein oder Transfers zu bekommen und dafür gemeinnützig arbeiten zu müssen. Und: Die Motivation bekommt man mit der Zeit hin, spätestens wenn dem Unwilligen Sanktionen drohen. Das kann man nicht machen? Hallo? Wenn Sie bei der Bundeswehr nicht pariert haben, gab’s ziemlich harte Sanktionen.

        • Erwin Gabriel 24. September 2025, 15:06

          @ cimourdain 24. September 2025, 08:18

          Zugegeben ist es der verzweifelte Versuch, aus dieser Phantomdebatte etwas sinnvolles herauszuziehen.

          Aus diesem Ansatz habe ich den Artikel geschrieben. Als ich das erste Malvon der Idee hörte, war ich sehr irritiert. Dann dachte ich mir, dass an Fratzschers Forderung etwas dran sein könnte, also fing ich an zu recherchieren (die erste Fassung dieses Artikels quoll vor Zahlen über und war viermal so lang).

          Als ich dann alles zusammengetragen hatte, war ich,höflich formuliert, erstaunt:

          Ein Typ, der – vom Staat bezahlt – ein „wissenschaftliches“ Institut leitet, ein studierter Ökonom ist, von Politikern als Ratgeber gebucht und von Medien als Experte zu Rate gezogen wird, kopiert von einem anderen Wissenschaftler, vom Soziologen Klaus Hurrelmann, eine Idee (der allerdings bei dem Thema auf Freiwilligkeit setzt), überspitzt das Ganze, fordert Zwang, und schreibt ein populistisches Buch drüber.

          Dieses Buch wurde am 29.08. diesen Jahres veröffentlicht, aber bereits am 09.08. (alsodrei Wochen vorher) vom Handelsblatt für den „Deutschen Wirtschaftsbuchpreis“ nominiert. Seitdem tingelt Fratzscher durch diverse Medien, betreibt Promotion fürsein Buch, äußert sich an keiner Stelle konkret zu seinem Vorschlag, unterstellt aber Gegnern „seiner“ Idee Realitätsverlust. Dem Verkauf seines Buches wird es nicht geschadet haben; seinem Ruf als Wissenschaftler vermutlich auch nicht, der war schon vorher hin.

          Die letzte vergleichbare Unverfrorenheit habe ich wohl mit den Hitler-Tagebüchern gesehen. Wenn ich (branchen- und themenfremd) nur ein paar Stunden brauche, um Kosten zu ermitteln oder rechtliche Probleme zu recherchieren (Zahlen und Fakten, die Fratzscher im Kopf haben sollte), dann hätten die Medien das auch gekonnt; hart nachgefragt hat offenbar keiner. Schlichtweg blamabel.

  • Thorsten Haupts 25. September 2025, 11:11

    Sie haben Recht damit, dass die Wählerschaft hierzulande wie Kindergartenkinder behandelt wird – und behandelt werden möchte …

    Das ist als alter Reaktionär für mich nicht mal das grösste Problem – kindische Bevölkerungen sind in meinem Weltbild eingepreist. Ein echtes Problem habe ich damit, dass sich westliche Spitzenpolitiker inzwischen genauso verhalten. Und dazu offenkundig vergessen haben, dass die erste, wichtigste und dringlichste Aufgabe JEDES Staates duie Herstellung äusserer (und innerer) Sicherheit ist, weil es die einzige Aufgabe ist, die keine private Einzelperson oder Organisation übernehmen KANN.

    Wir haben vor wenigen Jahren Geld auf das Sicherheitsproblem geschmissen, uns danach behaglich zurückgelehnt und hielten dem Verhalten der deutschen Bundestagsparteien nach damit das Problem für „gelöst“. Und das ist so offensichtlich dumm, kurzsichtig und eine sträfliche Vernachlässigung ihrer Pflichten, dass mich das auf die Palme treibt.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • pannaKraweel 26. September 2025, 10:28

      „dass die erste, wichtigste und dringlichste Aufgabe JEDES Staates duie Herstellung äusserer (und innerer) Sicherheit ist“

      Das kostet ja auch Geld, macht keinen Spaß, und alle möglichen Leute auf Twitter bezeichnen einen als durchgeknallten Militaristen. Da stand auch nichts von ‚Führung‘ in der job description.

      Zum zweiten Absatz: Alles ja, nur weiß ich echt nicht, was ich jetzt noch wählen soll. Will auch nicht so viele Briefe (also höfliche, nette) an meinen Abgeordneten schreiben, dass ich in der Beklopptenkartei lande 😉

      • Erwin Gabriel 26. September 2025, 13:37

        @ pannaKraweel

        … nur weiß ich echt nicht, was ich jetzt noch wählen soll.

        Das geht mir genauso. Ich gehöre nicht zu denen, die jetzt aus Trotz AfD (oder wie meine jüngste Tochter die LINKE) wählen mit der Begründung, dass die anderen Parteien Mist sind, denn die sind auch Mist. Aber ich habe, politisch betrachtet, keinen Halt mehr, und ich kenne viele, denen es genauso geht.

        • Thorsten Haupts 26. September 2025, 16:10

          Yup. Auch ich werde keine Bekloppten wählen, aber politisch heimatlos bin ich im Moment absolut ebenso.

          • Stefan Sasse 26. September 2025, 18:51

            Ich glaube, das ist ein Zeichen unserer Zeit. Ich fühle auch keine Zugehörigkeit zu einer Partei.

            • Stefan Pietsch 26. September 2025, 19:40

              Ich bin ein sehr loyaler und treuer Mensch. Erst habe ich über ein Jahrzehnt die SPD gewählt, dann die FDP. Die Partei ist nun kein politischer Mitspieler mehr. Das ist mein zentrales Problem.

              • Stefan Sasse 26. September 2025, 21:29

                Nun, ich nicht. Ich habe mit Ausnahme einer BTW immer die Partei gewechselt, die ich gewählt habe.

                • Stefan Pietsch 26. September 2025, 22:02

                  Dann kannst Du politisch auch nicht heimatlos werden. Ich schon. Erwin hat schon recht. Wenn diese Identifikation verloren geht, ist das ein Problem für die Demokratie.

                  • Stefan Sasse 27. September 2025, 22:10

                    Ich weiß nicht, bin ich ein Problem für die Demokratie?

                    • Stefan Pietsch 28. September 2025, 08:27

                      Wie kommst Du darauf? Viele Menschen suchen nach Bindung und Identifikation. Das trägt Ehen, Familien, Unternehmen, Vereine, Wohltätigkeit und nicht zuletzt die Demokratie. Diese Haltung von Menschen stabilisiert Systeme, im Guten wie allerdings auch im Schlechten.

                      Das demokratische System braucht auch diese Stabilisierung. Nur schwindet sie rasant. Sie schwindet, weil die politische Mitte zunehmend unfähig ist, die aktuellen Probleme zu lösen. Dabei sehe ich das nicht monokausal.

                      Stabilisierst Du? Wenn Du die LINKE wählst, eher nicht.

                    • Stefan Sasse 28. September 2025, 10:16

                      Ich wähle nicht die LINKE, aber meine Frage bezog sich auf die Parteiidentifikation.

                    • Stefan Pietsch 28. September 2025, 10:43

                      Das weiß ich. Aber Du hast sie ja mal gewählt. Eine funktionierende Demokratie braucht beides: Stammwähler und Wechselwähler. Letztere sind für die Dynamik elementar. Jede stabile Demokratie wird aus der Mitte der Gesellschaft heraus geführt. Dazu gehören ganz vorne die Union und die SPD, mit Abstrichen die FDP und die Grünen. Die beiden kleineren Parteien sind gerade aus verschiedenen Gründen schwundsüchtig. Bei den Grünen zeigt sich die Radikalität von Teilen ihrer Wählerschaft. Erst wurden sie unter der Kandidatin Baerbock auf ihre Stammwählerschaft zurückgeworfen, die sie dann ausschließlich in ihrer Regierungszeit bediente. Und seit Anfang des Jahres wird auch diese von der deutlich radikaleren Neo-Ikone Heidi Reichinnek kanibalisiert. Wer ist denn für die radikal-extremistischen Sprüche („Auf die Barrikaden!“) empfänglich? Menschen, die radikal-extremistisch denken.

            • Thorsten Haupts 26. September 2025, 21:48

              Geht inzwischen nicht mehr um Zugehörigkeit, sondern um prinzipielle Wählbarkeit. Leider.

              • Erwin Gabriel 26. September 2025, 22:55

                @ Thorsten Haupts

                Geht inzwischen nicht mehr um Zugehörigkeit, sondern um prinzipielle Wählbarkeit. Leider.

                Ja. Leider.

              • Stefan Sasse 27. September 2025, 22:09

                Ich halte abgesehen von der AfD alle für wählbar.

                • Thorsten Haupts 27. September 2025, 22:54

                  Bei sehr niedrigen Anforderungen an politische Führung ist das auch völlig okay 😎

                • Erwin Gabriel 28. September 2025, 01:07

                  @ Stefan Sasse

                  Ich halte abgesehen von der AfD alle für wählbar.

                  Das von Thorsten angesprochene niedrige Anforderungs-Level vorausgesetzt, fiele bei mir zusätzlich auch die LINKE flach.

                  Aber dieses Level habe ich leider nicht. Dass es unter „A“ vermutlich minimal langsamer schlechter wird als unter „B“, reicht mir nicht als Basis für eine Entscheidung.

                  • Stefan Sasse 28. September 2025, 10:16

                    Ich meine, ich würde ja auch nicht CDU wählen, aber „wählbar“ sind die definitiv. Keiner wird irgendwie ein Ideal erreichen, aber ich weiß nicht, ob das nicht auch eine unrealistische Anforderung ist.

                    • Stefan Pietsch 28. September 2025, 10:53

                      Jan Böhmermann hat vor wenigen Monaten die CDU als „Nazis mit Substanz“ bezeichnet. Alice Weidel wurde ebenfalls im ÖRR als „Nazischlampe“ beschimpft. Das ist natürlich seriös und zulässig. Klar.

                    • Stefan Sasse 28. September 2025, 12:41

                      Ich verstehe den Zusammenhang überhaupt nicht. Was hat denn Jan Böhmermann damit zu tun?!

                    • Stefan Pietsch 28. September 2025, 12:57

                      Die CDU ist bereits für größere Teile des linken Spektrums nicht demokratisch. Genau damit wurde schon im Februar Wahlkampf gemacht – von der SPD, den Grünen und von der LINKEN ohnehin. Und das wird ganz offen im mit Zwangsgeldern finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk so gesagt.

                    • Stefan Sasse 28. September 2025, 21:34

                      Ach, mach dich nicht lächerlich. Und die Krokodilstränen sind für jemand, der die Grünen hier im Blog schon seit Jahren als quasi RAF-benachbart beschimpft, dazu auch ein wenig heuchlerisch.

                    • Stefan Pietsch 29. September 2025, 00:12

                      Kannst Du Dich etwas mäßigen? Wenn Du meinst, irgendeiner Deiner Kommentatoren würde sich lächerlich machen, haben wir ein grundsätzliches Problem, Herr Lehrer.

                      Ich habe die Grünen nie nur in die Nähe der RAF gerückt. Aber es ist eine demoskopische und parteiwissenschaftliche Tatsache, dass es zwischen den Grünen sowohl aktionsmäßig als auch identitär große Überschneidungen gibt. Wohin ist die gesamte Führung der vorherigen Grünen Jugend gewechselt? Mit welcher Partei haben die Grünen auf Landesebene am häufigsten koaliert – CDU, FDP oder LINKE? An welche Partei haben die Grünen seit Anfang des Jahres die meisten Wähler verloren?

                    • Stefan Sasse 29. September 2025, 11:29

                      Ich empfand „Jan Böhmermann hat vor wenigen Monaten die CDU als „Nazis mit Substanz“ bezeichnet. Alice Weidel wurde ebenfalls im ÖRR als „Nazischlampe“ beschimpft. Das ist natürlich seriös und zulässig. Klar.“ nicht eben als gemäßigt.

                    • Thorsten Haupts 28. September 2025, 22:33

                      Hast Du Erwin und mich nicht verstanden oder tust Du nur so? Für uns beide gibt es einen Level von demonstrierter Inkompetenz, ab dem eine partei prinzipiell unwählbar wird, weil sie … inkompetent ist. Und ich (Erwin anscheinend auch) sehe dieses Level erreicht.

                    • Stefan Sasse 29. September 2025, 11:22

                      So inkompetent sind sie nicht. Da ist noch sehr viel Luft nach unten.

                    • Erwin Gabriel 29. September 2025, 14:18

                      @ Stefan Sasse 29. September 2025, 11:22

                      So inkompetent sind sie nicht. Da ist noch sehr viel Luft nach unten.

                      Grundsätzliche Zustimmung.ABer dasses schlechter geht,macht eine Sache nicht „gut“.

                    • Stefan Sasse 29. September 2025, 17:26

                      DAS behaupte ich sicher auch nicht. Aber „nicht gut“ ist eine Ecke von „unwählbar“ entfernt.

                    • Erwin Gabriel 3. Oktober 2025, 18:34

                      @ Stefan Sasse 29. September 2025, 17:26

                      DAS behaupte ich sicher auch nicht.

                      Hat Dir niemand unterstellt.

                      Aber „nicht gut“ ist eine Ecke von „unwählbar“ entfernt.

                      Das ist jetzt Pfostenschieberei. Auf der einen Seite hast Du mit dieser Kommentierung recht; hat nur keiner bezweifelt, ist also irrelevant.

                      Auf der anderen Seite lautete unsere geäußerte Meinung nicht, dass die Parteien „nicht gut“ seien, sondern dass sie „so inkompetent“ sind, dass für uns die Wählbarkeit aktuell nicht gegeben ist. Das schließt nicht aus, dass es Spielraum nach unten gibt.

                    • Stefan Sasse 4. Oktober 2025, 11:10

                      Ja, und da widerspreche ich. Dieser Grad von Inkompetenz ist einfach nicht erreicht, weil das Tagesgeschäft gut läuft. Vergleich das mal mit den Republicans in den USA, die sind an vielen Stellen hart inkompetent, im Sinne, dass sie gar nicht verstehen, was ihre Institutionen eigentlich tun. Das ist bei uns kein Problem, hier fehlt eher die Fantasie, sie vernünftig einzusetzen.

                    • Thorsten Haupts 5. Oktober 2025, 19:10

                      Es ist schön, wenn das Tagesgeschäft gut läuft. Dafür bräuchte ich allerdings keine Politiker, das kriegen Beamte (besser) ohne die hin.

                      Dagegen kann ich bei allen grösseren Herausforderungen, die zum Teil seit Jahrzehnten bekannt sind, keine auch nur annähernd angemessene Antwort der Politik – HIER brauche ich sie – erkennen, parteiübergreifend:
                      – Innere und äussere Sicherheit,
                      – Demographie,
                      – (Grund)Bildung
                      – Massenmigration,
                      – Verfall der Infrastruktur,
                      – wirtschaftlicher Abstieg,
                      – sichere Energieversorgung
                      (Aufzählung nicht abschliessend)

                      Für das reine „Tagesgeschäft“ mache ich mir nicht die Mühe einer bewussten und informierten Wahlentscheidung.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 6. Oktober 2025, 11:29

                      Das ist allerdings wahr.

                • Stefan Pietsch 28. September 2025, 08:17

                  Wieso ist eine Partei, die das Gesellschaftssystem stürzen und Reiche wegen ihres Vermögens einsperren will, für Dich wählbar?

                  • Stefan Sasse 28. September 2025, 10:16

                    Ich weiß nicht, von welcher Partei du redest, ich hab die MLPD nicht inkludiert.

                    • Stefan Pietsch 28. September 2025, 10:52

                      Ich bin überzeugt, Du weißt nicht, wie herablassend Du öfters formulierst.

                      Das ist eine schöne implizite Deutung: Ein Viertel der Wähler sind radikal-rechtsextremistisch gesinnt, aber praktisch niemand radikal-linksextremistisch. Links ist man irgendwo überall Mitte, auch wenn man von immer weniger Bürgern gewählt wird. Von Ralf bin ich ja solche Herablassung gewöhnt, wenn er ernsthaft die viele Jahrzehnte staatstragende FDP mit der viele Jahrzehnte diktatorisch regierenden LINKEN gleichsetzt.

                      Was muss die AfD tun, um von Linken aller Couleur als demokratisch und satisfaktionsfähig akzeptiert zu werden? Auf diese Frage gibt es aus gutem Grund von den Linken keine Antwort, schließlich zahlt mit der Brandmauer jeder Erfolg der Rechtsradikalen auf ihr Machtkonto ein. Die AfD müsste sich wahrscheinlich hinter Merkel einordnen, rechter darf’s nicht sein. Sie sollte die Regeln des Grundgesetzes, wer die Grenzen überschreiten darf und wer überhaupt Deutscher ist, lockerer sehen. Okay. Auf „Remigration“ von abgelehnten Flüchtlingen ohne legalen Aufenthaltsstatus muss auch verzichtet werden, schon aus Gründen der Humanität. Wer es nicht tut, ist eben nicht human und deswegen nicht demokratisch. Wie auch? Das passt, was aber noch?

                    • Erwin Gabriel 3. Oktober 2025, 18:35

                      @ Stefan Sasse 28. September 2025, 10:16

                      Ich weiß nicht, von welcher Partei du redest, ich hab die MLPD nicht inkludiert.

                      Wir beide wissen,dass er die LINKE meint, zumal deren Thesen hier schon diskutiert wurden. Und die LINKE hast Du einbezogen.

                    • Stefan Sasse 4. Oktober 2025, 11:11

                      Die sind halt nicht extremistisch. Wie gesagt, gerne linksradikal. Aber nicht extrem. Ich würde das auch bei der AfD nur teilweise verwenden wollen. Eine Alice Weidel ist nicht rechtsextrem.

  • CitizenK 28. September 2025, 19:10

    „Was muss die AfD tun, um von Linken aller Couleur als demokratisch und satisfaktionsfähig akzeptiert zu werden?“

    Ein erster Schritt wäre: Sich eindeutig von Trump/Vance/Musk nicht nur distanzieren, sondern glaubhaft machen, dass sie eine solche Politik NIEMALS in Deutschland unterstützen oder gar ins Werk setzen würde. Die Avancen von dort klar und unmissverständlich zurückweisen und die Zusammenarbeit mit Orban beenden.

    Bis jetzt gab es nur Freude über die Wahlkampf-Unterstützung der Demokratie-Zerstörer von dort.

  • Floyd 29. September 2025, 10:13

    Stefan Pietsch: Was muss die AfD tun, um von Linken aller Couleur als demokratisch und satisfaktionsfähig akzeptiert zu werden?

    Keine Ahnung, was sie aus linker Perspektive tun muss; als eher mittig Stehender würde ich mal vorschlagen, mit dem Rauswurf klar rechtsextremer Führungsmitglieder und einer deutlichen Absage an deren Ideologie anzufangen. Das passiert aber nicht, stattdessen gelten Figuren wie Höcke der Parteivorsitzenden als geeignet für Ministerposten.

    Gegenfrage: Warum sollte man sich Gedanken darum machen, ob eine Partei demokratisch ist, die es offenbar selbst nicht sein möchte?

    • Stefan Pietsch 29. September 2025, 11:39

      Welche? Die Parteivorsitzenden gelten nicht als rechtsextrem. Zudem: Im Grundgesetz gibt es keinen Artikel, der extremistische Parteien von der Teilhabe am parlamentarischen Prozess ausschließt. Sonst säße ja auch die LINKE nicht im Bundestag.

      Ich weiß auch nicht, wie Sie darauf kommen, irgendwo gelte Höcke als ministrabel. Das ist das erste Mal, dass ich so etwas lese. So wie es mir scheint, kommt der Rechtsextremist gerade in der Partei nicht voran.

      Auch die Behauptung, die AfD würde sich nicht als demokratisch begreifen, ist eine völlig neue Behauptung für mich. So wie ich die Nachrichtenlage verfolge, ist es genau umgekehrt. Wäre die AfD nicht demokratisch, würde sie gar nicht zu Wahlen zugelassen werden. So, wie z.B. der saarländische Verband der Grünen 2021. Keine demokratische Kandidatenaufstellung, keine Wahlzulassung.

      Was einige mit „nicht demokratisch“ meinen, beschreibt eigentlich „gegen einzelne Grundrechtsartikel“. Aber erstens bestreitet das nicht die demokratische Verfasstheit einer Partei, noch ist das automatisch zutreffend.

      • Stefan Sasse 29. September 2025, 12:01

        Die LINKE ist nicht extremistisch. Radikal ja, aber nicht extremistisch.

        • Stefan Pietsch 29. September 2025, 12:23

          Wer ein anderes Gesellschaftssystem will, wer mit Terroristen, Gewalttätern und Antisemiten Umgang pflegt und auf Demos mitmarschiert, ist extremistisch. Was sonst? Warum sollte die AfD extremistisch sein, weil einige Wirrköpfe verfassungsfeindliche Bestrebungen haben, die LINKE aber nicht, wenn viele Wirrköpfe bis zur Parteispitze verfassungsfeindliche Bestrebungen haben?

      • Floyd 29. September 2025, 12:33

        https://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/alice-weidel-lobt-bjoern-hoecke-afd-landeschef-sei-als-minister-geeignet-110300204.html

        Mir ist egal, ob Weidel selbst rechtsextrem ist oder nicht – Fakt ist, dass sie einen klar Rechtsextremen wie Höcke nicht nur duldet, sondern sogar für ministrabel hält. Das sollte Demokraten genügen, die Frage nach demokratischer Gesinnung bzw. „Satisfaktionsfähigkeit“ der AfD zu beantworten.

        Es wäre ohne weiteres möglich, die Forderung nach einer härteren Migrationspolitik im demokratischen Spektrum zu erheben – das tut die AfD aber nicht, sondern toleriert und fördert stattdessen Rechtsextreme.

        Daher noch mal die Gegenfrage: Warum soll ich mir Gedanken darum machen, ob eine Partei demokratisch ist, die durch ihr Handeln klar zeigt, dass sie daran gar kein Interesse hat?

        • Stefan Pietsch 29. September 2025, 12:39

          Die Frage ist doch eher, was machen Sie mit geschätzt 14-15 Millionen Wählern? Was macht es mit der Demokratie, wenn die beliebteste Partei verboten werden soll und derzeit von allen öffentlichen Funktionen ferngehalten wird? Da ist meine Position nicht von der AfD abhängig, das vertrete ich seit Jahrzehnten auch mit Blick auf andere Demokratien.

          • Floyd 29. September 2025, 12:43

            Das ist hier gerade nicht die Frage; es geht um eine Einschätzung der Partei, nicht ihrer Wähler.

            Warum ist es so schwer, Rechtsextremismus bzw. die Duldung und Förderung von Rechtsextremismus auch so zu benennen und in der eigenen Bewertung entsprechende Konsequenzen zu ziehen, statt so zu tun, als sei es die Aufgabe der anderen Parteien, sich Gedanken darüber zu machen, wie man die ungerecht behandelte AfD wieder ins Boot holen kann?

            • Stefan Pietsch 29. September 2025, 13:12

              Ich habe damit das geringste Problem. Ich habe ein Problem damit, Extremisten unterschiedlich zu behandeln, in dem die einen dann reingewaschen werden. Und: In jeder Gesellschaft / Demokratie ist Extremismus etwas anderes.

              Das Normale ist, jede Partei in einer Gemeinschaft gleich zu behandeln. Selbst in der Bundesliga duldet man es, dass die einen von Mäzenen finanziert werden und die Mitgliederzahl beschränkt ist, bei den anderen nicht. Trotzdem werden alle nach den gleichen Regeln behandelt. Jeder sieht, dass dies bei der AfD nicht der Fall ist. Daraus folgen Solidarisierungsbewegungen, was das Problem weiter vergrößert als verkleinert.

              Mir fehlt jede Strategie und Ziel hinter der Behandlung der AfD durch Mitbewerber, Medien und interessierte Öffentlichkeit. Können Sie es mir sagen?

              • Floyd 29. September 2025, 14:06

                „Ich habe ein Problem damit, Extremisten unterschiedlich zu behandeln, in dem die einen dann reingewaschen werden.“

                Extremisten ungleich zu behandeln bedeutet nicht, die anders behandelten „reinzuwaschen“.

                Das sieht sogar das Bundesverfassungsgericht so: das zweite NPD-Verbotsverfahren scheiterte daran, dass die Richter es für unrealistisch hielten, dass die NPD in eine Position gelangen könnte, in der sie ihre antidemokratische Ideologie verwirklichen könnte. An der Verfassungsfeindlichkeit der NPD hatte das Gericht aber keinerlei Zweifel.
                Eine verfassungsfeindliche Partei, die realistische Chancen auf eine Regierungsübernahme hätte, müsste nach dieser Logik verboten werden.

                Zweimal Extremismus, aber unterschiedliche Behandlung, ohne dass die NPD dadurch „reingewaschen“ wäre.

                So erkläre ich mir die ja real vorhandene unterschiedliche Behandlung der AfD und der Linken: die einen könnten ihre Pläne tatsächlich durchsetzen, die anderen haben keine realistische Machtoption.

                „Das Normale ist, jede Partei in einer Gemeinschaft gleich zu behandeln.“

                Wer ist denn die „Gemeinschaft“? Müssen Medien und Öffentlichkeit (also auch wir hier) so tun, als sei die AfD eine ganz normale Partei, obwohl sie das für alle ersichtlich nicht ist? Warum?

                Sie haben recht damit, dass die unterschiedliche institutionelle Behandlung der AfD ein Problem ist. Es gibt Bereiche, in denen man es zumindest begründen kann, z.B. bei der Mitgliedschaft im Parlamentarischen Kontrollgremium.

                Aber die Weigerung, AfD-Mitglieder z.B. zu StellvertreterInnen der Bundestagspräsidentin zu wählen schafft einen Opferstatus und die von Ihnen beschriebenen Solidarisierungsbewegungen.

                „Mir fehlt jede Strategie und Ziel hinter der Behandlung der AfD durch Mitbewerber, Medien und interessierte Öffentlichkeit. Können Sie es mir sagen?“

                Ja, an der Stelle wird’s teilweise ganz dünn. Ich hatte es schon mal kurz nach der Bundestagswahl geschrieben: Meines Erachtens müsste vor allem die SPD verstehen, was gerade auf dem Spiel steht und deutlich stärker mit der CDU kooperieren, wenn es z.B. um eine Verschärfung der Migrationspolitik geht. Davon sehe ich aber beklagenswert wenig.

                • Erwin Gabriel 29. September 2025, 14:33

                  @ Floyd 29. September 2025, 14:06

                  Ja, die AfD ist aus meiner Wahrnehmung eine rechtsradikale, in weiten Teilen rechtsextremistische Partei. EinzelneMitglieder (etwa Björn Höcke) stufe ich trotz aller Vorbehalte gegen dieses gießkannenartig verteilte Attribut als Nazis ein – also als Menschen, die auf eine typisch bürokratisch-deutsche Art bereit und fähig sind, wirkliches Unheil anzurichten. Fürmich ist diese Partei unter keinen Umständen wählbar.

                  Leider gilt das derzeit (wenn auch aus deutlich harmloseren Gründen) für alle anderen Parteien auch, mit denen ich mich beschäftigt habe.

                  PS Ich halte auch die LINKE für radikal und einzelne Mitglieder für extremistisch und ebenfalls für bereit und fähig, wirkliches Unheil anzurichten. Eine Bedrohung wird diese Partei vermutlich eher nach der nächsten Bundestagswahl sein, bislang ist sie es noch bei weitem nicht in vergleichbarer Form wie die AfD.

                  Was die SPD angeht, haben die Sozialdemokraten meiner Einschätzung nach nur die Wahl, sich alleine vom Dach zu stürzen oder die CDU mitzunehmen. Sie haben sich für den zweiten Weg entschieden. Sie gehen dann wenigstens „mit Haltung“ unter (SPD-Selbsteinschätzung).

                • Stefan Pietsch 29. September 2025, 14:41

                  Das Reinwaschen passiert aber gerade mit zunehmender Radikalisierung der LINKEN. SPD und Grüne sehen sie ernsthaft als Teil der politischen Mitte, zu der wiederum Teile der Union angeblich nicht gehören.

                  Stefan wird nicht müde zu betonen, dass die AfD immer einen Koalitionspartner benötigen würde. Sie kann also ihre vermeintlich verfassungswidrigen Pläne gar nicht umsetzen. Wie sehr die Koalitionsdisziplin wirkt, sieht man ja an der aktuellen Regierung. Von daher hat die AfD genauso großes Gestaltungspotential wie die LINKE.

                  Die Kardinalfrage ist, was hat die jahrzehntelange Dämonisierung und Ausgrenzung der AfD gebracht? Eine Ausgrenzung übrigens, die es schon gab, als sie nur eine Eurokritische Partei war. Der einzige erkennbare Effekt bisher ist, dass das linke Spektrum gestärkt wurde, während die Zustimmung der linken Parteien in der Bevölkerung auf einem Tiefstand ist. Ist das demokratisch?

                  Für das, was die Union in zentralen Punkten – nicht nur der Migration – im Wahlkampf versprochen hat, gibt es in der Bevölkerung eine deutliche bis Zweidrittelmehrheit. Die Wähler haben dem durch eine rechnerische Mehr Zeit für Union und AfD Ausdruck verliehen, da die linken Parteien genau die oppositionelle Position eingenommen haben. Nun ist das kein Plädoyer für eine Koalition, da sollten Sie mich nicht missverstehen. Aber wenn der Wähler seinen Willen so mit Füßen getreten sieht, wie es derzeit scheint, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die AfD das nächste Mal als klarer Wahlsieger hervorgeht.

  • Floyd 29. September 2025, 11:09

    Stefan Pietsch: Auf „Remigration“ von abgelehnten Flüchtlingen ohne legalen Aufenthaltsstatus muss auch verzichtet werden, schon aus Gründen der Humanität. Wer es nicht tut, ist eben nicht human und deswegen nicht demokratisch.

    Die AfD-Ideen zur „Remigration“ gehen deutlich über Abschiebungen von abgelehnten Flüchtlingen hinaus; stattdessen geht es darum, Deutsche mit Migrationshintergrund oder Personen, die der AfD politisch nicht in den Kram passen, außer Landes zu schaffen.

    Und so eine Partei soll man als „demokratisch und satisfaktionsfähig“ ansehen?

    • Stefan Pietsch 29. September 2025, 11:31

      Der Begriff der Remigration stammt nicht von der AfD. Das umstrittene Magazin correctiv hatte den Begriff und die Absicht dahinter bundesweit bekannt gemacht. Der Haken: Das war, anders als die Aktivisten den Anschein erwecken wollten, keine Veranstaltung der AfD noch wurde es von der Partei unterstützt. Die Parteiposition ist, soweit ich es kenne (wenn Sie andere Informationen haben, bitte) die, wie ich es beschrieben habe.

      Damit müssten Sie aber zu einer angepassten Bewertung kommen.

      • Stefan Sasse 29. September 2025, 12:00

        Die Partei unterstützt das. Ich war in der aktuellen Stunde zum Thema im Landtag BaWü. Die hatte die AfD beantragt. Da haben sie gefordert, massenhaft Frachtraum zu chartern und mehrere Millionen Leute zu deportieren. Sorry, da gibt es keine Ambivalenz.

        • Stefan Pietsch 29. September 2025, 12:30

          Was ich nach Deinen Angaben dazu gefunden habe, ist folgendes:

          „Wir fordern einfach nur die Umsetzung geltendes Rechts – nicht mehr und nicht weniger“, hatte Frohnmaier in Tübingen gesagt. Die AfD wolle lediglich diejenigen abschieben, die sich illegal in Deutschland aufhalten. (..)

          Alshebl glaubt Frohnmaiers Worten nicht und lieferte dafür auch ein Beispiel aus eigener Erfahrung: Als der Deutsch-Syrer vor zwei Jahren zum Bürgermeister der Gemeinde Ostelsheim (Kreis Calw) gewählt wurde, kommentierte der AfD-Landtagsabgeordnete Miguel Klauß einen Instagram-Post unserer Zeitung zu einem Text über den frisch gewählten Rathauschef mit den Worten: „Warum ist er noch hier? Der Krieg ist schon lange in Syrien vorbei.“ Für Alshebl ein Indiz für die wahre Bedeutung des „Remigrations“-Begriffs: „Es wird also offen die Abschiebung eines demokratisch gewählten Politikers gefordert“, schlussfolgert er: „Ein solches Zitat verdeutlicht, dass es der AfD bei der ‚Remigration’ nicht um die Einhaltung bestehender Gesetze geht.“

          Ein Landtagsabgeordneter. Das ist weder die Parteiführung, noch der erweiterte Kreis. Ralf war da bei der LINKEN wesentlich großzügiger: Die verfassungsfeindlichen Zitate von Parteivorsitzenden moderierte er damit ab, jeder sage mal etwas Dummes. Das ist eben mein Punkt: Warum die Unterschiede? Das könnt Ihr nicht erklären.

      • Floyd 29. September 2025, 12:24

        Der Begriff selbst stammt nicht von der AfD, sondern aus der Forschung, wo er die freiwillige Rückkehr ins Heimatland bezeichnet.

        So wird er aber in der AfD nicht verwendet:

        „In seinem Buch Nie zweimal in denselben Fluss, das Mitte 2018 erschien, beschwört Höcke einen „Volkstod durch den Bevölkerungsaustausch“ und damit die zentrale Verschwörungstheorie der Neuen Rechten um Götz Kubitschek und die Identitären. Als zentrales Ziel seiner Partei fordert Höcke eine Säuberung Deutschlands von „kulturfremden“ Menschen. Darunter versteht er, in aller Pauschalität, Asiaten und Afrikaner. Höcke schreibt: „Neben dem Schutz unserer nationalen und europäischen Außengrenzen wird ein groß angelegtes Remigrationsprojekt notwendig sein.“ Er will also Millionen Bürger aus dem Land verbannen.

        Dieses „Remigrationsprojekt“, so schreibt es Höcke, sei wohl nur mit Gewalt zu schaffen: „In der erhofften Wendephase“, (offenkundig meint er einen Machtantritt der AfD), „stünden uns harte Zeiten bevor, denn umso länger ein Patient die drängende Operation verweigert, desto härter werden zwangsläufig die erforderlichen Schnitte werden, wenn sonst nichts mehr hilft.“ Und: „Vor allem eine neue politische Führung wird dann schwere moralische Spannungen auszuhalten haben: Sie ist den Interessen der autochthonen Bevölkerung verpflichtet und muss aller Voraussicht nach Maßnahmen ergreifen, die ihrem eigentlichen moralischen Empfinden zuwiderlaufen.“ Man werde – so heißt es bei Höcke weiter wörtlich –, „so fürchte ich, nicht um eine Politik der ‚wohltemperierten Grausamkeit‘ herumkommen. Existenzbedrohende Krisen erfordern außergewöhnliches Handeln. Die Verantwortung dafür tragen dann diejenigen, die die Notwendigkeit dieser Maßnahmen mit ihrer unsäglichen Politik herbeigeführt haben.“ (Seite 254 ff.)

        In seinem Buch stellt Höcke auch fest, dass „wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind“ mitzumachen.“ Er denke an einen „Aderlass“. Diejenigen Deutschen, die seinen politischen Zielen nicht zustimmten, würden aus seinem Deutschland ausgeschlossen werden. Er trete für die Reinigung Deutschlands ein. Mit „starkem Besen“ sollten eine „feste Hand“ und ein „Zuchtmeister“ den „Saustall ausmisten“. (Link: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-10/rechtsextremismus-bjoern-hoecke-afd-fluegel-rechte-gewalt-faschismus)

        • Stefan Pietsch 29. September 2025, 12:35

          Müssen wir immer über Höcke reden? Die AfD hat über 60.000 Mitglieder, allein im Bundestag sitzen über 150. Wenn ich extremistische Aussagen von zahlreichen führenden LINKE-Politikern aufzähle, bekomme ich zur Antwort, das wären Einzelmeinungen. Es ist gerichtsfest festgestellt, dass Höcke ein Faschist und Extremist ist. Darüber brauchen wir doch nicht zu diskutieren. Aber er hat keine Funktion in der Bundespartei. Und die macht Bundespolitik.

          • Floyd 29. September 2025, 13:00

            Höcke ist gesichert rechtsextremer Vorsitzender eines gesichert rechtsextremen Landesverbandes, der momentan die Umfragen anführt.

            Wir müssten nicht über ihn reden, wenn die 60.000 anderen Mitglieder der Partei oder die Führungsriege die Konsequenz zöge, sich von ihm distanzierte und seinen Rauswurf betriebe, zumal Sie ja auch selbst schreiben, dass seine politische Ausrichtung gerichtsfest festgestellt wurde.

            Solange das nicht passiert, kann die Bundespartei noch so sehr beteuern, keine Sympathie für Rechtsextremismus zu haben – ihre Taten sprechen eine für alle sichtbare andere Sprache.

            • Stefan Pietsch 29. September 2025, 13:14

              Ja, aber Ihre Sätze gelten doch auch für die LINKE. Da kommen sie sogar direkt von der Parteispitze, da braucht nichts interpretiert zu werden. Umso mehr versucht man zu interpretieren.

              • Floyd 29. September 2025, 13:36

                Würde ich grundsätzlich auch nicht bestreiten. Aber für die Linke legen Sie sich hier nicht so ins Zeug, wie es gerade für die AfD den Anschein hat:

                Sie behaupten, niemand in der AfD halte Höcke für ministrabel und der Begriff „Remigration“ stamme von Correctiv und nicht aus der AfD. Beides ist, wie Sie meinen Links entnehmen können, unzutreffend. Sie gehen darüber hinweg.

                Auch auf die mehrfach wiederholte Frage, was die AfD daran hindert, den Ausschluss ihrer offen rechtsextremen Mitglieder und Landesverbände zu betreiben, bleibt unbeantwortet.

                Wie kommt das?

                • Stefan Pietsch 29. September 2025, 14:32

                  Ich habe für die Existenzberechtigung der LINKEN gestritten und argumentiert, da stand die Partei bei 4-5 Prozent. Und damit meine ich nicht die Zwanzigerjahre. Ich habe für das Recht auf Teilhabe der Partei der russischen Minderheit in Lettland argumentiert, als diese 2012 als Wahlsieger hervorging. Man kann weder behaupten, dass sich für die Ansichten der Linkspartei Sympathien hätte noch dass ich als Russlandfreund durchgehen könnte. Es wäre ein Bruch in meinen Überzeugungen, würde ich für eine 4-Prozent-Partei streiten, nicht aber für eine, die bei 25 Prozent steht.

                  Ich bin, das betone ich immer, als erstes Demokrat und dann erst Partei. Bei den meisten ist es umgekehrt. Ich habe im Februar eine Partei gewählt, die heute nicht mehr im Bundestag sitzt. Damit bin ich in unserer repräsentativen Demokratie nicht mehr vertreten. Mancher hat genau das bejubelt. Von daher empfinde ich Ihre Bemerkung als ein Stück herabsetzend.

                  Hat irgendjemand eine solche Forderung erhoben oder gar dies als Bedingung für was auch immer gemacht? Nein. Genau darum geht es aber. Darüber hinaus wissen Parteien typischerweise nicht, welche ihrer Mitglieder extremistisch sind. Und wenn ist es ihnen sowieso meistens egal. Die Grünen wollten den Tübinger Oberbürgermeister als extremistisch ausschließen, bei Jette Nietzard, die offen mit extremistischen Slogans hausieren ging, sah man das etwas gelassener. Die LINKE trennt sich auch nicht von den vielen Antisemiten und Hamasfreunden in ihrer Partei, wird aber dennoch nicht geschnitten.

                  Höcke ist nicht Mitglied des Deutschen Bundestages. Auf Betreiben der Grünen wurden die AfD-Abgeordneten – also die Menschen, nicht die Amtsträger – vom Mitmachen beim FC Bundestag ausgeschlossen. Das ist nur eine Randnotiz, aber wenn wir zum Thema moralische Verkommenheit kommen, kann das nicht ausgespart werden. Sie sind wie ich mal in die Schule gegangen. Haben Sie applaudiert, als mancher Schüler von der Gemeinschaft geschnitten wurde (heute würde man gemobbt sagen)?

              • Erwin Gabriel 29. September 2025, 14:41

                @ Stefan Pietsch 29. September 2025, 13:14

                Ja, aber Ihre Sätze gelten doch auch für die LINKE. Da kommen sie sogar direkt von der Parteispitze, da braucht nichts interpretiert zu werden.

                Ich glaube, dass der Ansatz „what about …“ nicht hilft.

                Beide Parteien haben radikale Standpunkte, die sich pauschal gegen bestimmtePersonengruppen richten – auf der einen Seite gegen „Ausländer“ (nicht kaukasische Volksgruppen), auf der anderen Seite gegen „Reiche“ (Menschen, die mehr besitzen alsman selbst).

                Beide Parteien haben gute Gründe für die Zielrichtung, aber bei weitem nicht für die Breite und Intensität. Wenn ein jeder Wähler aus den genannten Gründen darauf verzichten würde, bei diesen Parteien sein Kreuz zu setzen, hätten wir zwei Probleme weniger.

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