Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) Bekenntnisse eines Israelverstehers
Der Autor beschreibt, wie schwierig es für ihn geworden sei, als Linker öffentlich Solidarität mit Israel zu zeigen. Seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 habe sich sein Umfeld spürbar verändert – Freundschaften seien zerbrochen, Diskussionen werde er aus dem Weg gegangen. Er habe gehofft, dass der Terroranschlag an diesem Tag ein Wendepunkt sei, nach dem Antisemitismus nicht mehr relativiert werde. Diese Hoffnung sei schnell enttäuscht worden: Schon kurz nach dem Angriff seien Rechtfertigungen und einseitige Schuldzuweisungen an Israel laut geworden. Der Autor beklagt die moralische Ambivalenz vieler Linker, die sich zwar für sprachliche Sensibilität stark machten, aber Verständnis für Terrorakte zeigten. Empathie werde rationiert, antisemitische Narrative würden teils unbewusst reproduziert. Israelkritik überschreite dabei oft eine Grenze zur Dämonisierung. Aus Frustration habe er bei der letzten Wahl Friedrich Merz gewählt – ein symbolischer Bruch mit dem linken Milieu. Gleichzeitig warnt der Text vor einem unkritischen Pro-Israel-Lager, das jede militärische Aktion als moralisch einwandfrei bewerte. Die Lage sei komplex, Ambivalenz notwendig. Die Existenz Israels sei nicht verhandelbar, seine Verteidigung legitim – dennoch müsse Raum für differenzierte Kritik bleiben. Die Hamas hingegen sei klar als verantwortliche Akteurin für das Leid in Gaza zu benennen. (Felix Dachsel, Spiegel)
Ganz ehrlich: ich habe noch keine „Israelkritik“ gesehen, die akzeptiert worden wäre. Das ist ein fundamentales Problem dieser ganzen Debatte. Ich habe das letzthin im Podcast schon gesagt, aber ich fürchte, dass in dem Thema eine gewaltige Sprengkraft ist, weil hier ein Konsens erzwungen wird, der sich in der Gesamtbevölkerung nicht wiederspiegelt. Die Kritik, und da bin ich völlig bei Dachsel, ist viel zu oft völlig überzogen, dämonisiert, ist gerne relativierend gegenüber Terroristen und ihren Unterstützern und so weiter. Aber gerade weil diese „Kritik“ so ist, wird gerne in einer Art Überkorrektur alles abgewehrt, was überhaupt kritisiert. Und das treibt Leute dann in die Reihen derjenigen, die antisemitisch eingestellt sind – ähnlich, wie die Dämonisierung von Migrations- und Integrationskritik dafür sorgte, dass der Unterschied mit den Nazipositionen verwischte.
2) How Trump’s ‘Big, Beautiful Bill’ Will Make China Great Again
In seinem Kommentar warnt Thomas L. Friedman eindringlich vor den Konsequenzen von Donald Trumps neuem Energiegesetz, das laut ihm „einen strategischen Akt der Selbstsabotage“ darstelle. Die USA hätten sich durch dieses Gesetz entschieden, ihre führende Rolle bei erneuerbaren Energien wie Solar, Wind und Batterietechnologie aufzugeben – Technologien, die im Zeitalter von Künstlicher Intelligenz (KI) essenziell für günstige und saubere Stromversorgung seien. Das Gesetz streicht gezielt Steuervergünstigungen für erneuerbare Energien und Elektrofahrzeuge, während China in genau diesen Bereichen massiv investiere. Auch Länder wie Saudi-Arabien setzten mittlerweile auf Solarenergie, um KI-Rechenzentren zu versorgen. Trump hingegen fördere Industrien der Vergangenheit, blockiere moderne Energieformen und schwäche so nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der USA, sondern auch deren Zukunftsfähigkeit. Friedman zitiert Elon Musk, der das Gesetz als „völlig verrückt und zerstörerisch“ bezeichnet. Der Verlust von Subventionen könne laut Studien den Strompreis bis 2035 um rund 50 Prozent steigen lassen und etwa 830.000 Jobs im Bereich erneuerbare Energien gefährden. China werde davon profitieren, da es bereits enorme Fortschritte bei sauberer Stromproduktion mache – während Amerika durch bürokratische Hürden, ideologische Blockaden und veraltete Infrastruktur ins Hintertreffen gerate. (Tom Friedman, NYT)
Ich stimme einem Artikel von Tom Friedman zu; es geschehen noch Zeichen und Wunder. Aber ernsthaft, ich würde zwar generell davor warnen, die Prognosen zu sehr zu überdrehen – der Haushalt wird negative Effekte haben, aber vermutlich bei weitem nicht so deutlich sichtbar wie es von den Kritiker*innen gerade prognostiziert wird -, aber die Stoßrichtung ist schon ziemlich klar. Friedman geht es jetzt vor allem um den Aspekt des Wettkampfs mit China, in dem die Erneuerbaren nur ein Teil sind. Aber ich würde mich gerne darauf konzentrieren, weil dieselbe Kritik auch für Deutschland gilt. Wir geben derzeit die Führung in einem der wichtigsten Zukunfts-Sektoren überhaupt vollständig an China ab, rein aus ideologischen Gründen. Ich wette, dass in zehn Jahren, wenn diese Auswirkung klar sichtbar sein wird, dann irgendwie die Linken schuld sein werden. Aber es sind konservative oder rechte Regierungen, die gerade die Axt an unsere künftige Wettbewerbsfähigkeit legen. Don’t forget.
Auch innenpolitisch ist das Gesetz für die GOP eventuell doof, siehe dazu der Spiegel.
Die AfD trifft sich zur Fraktionsklausur im Bundestag, doch statt strategischer Geschlossenheit herrscht interner Unmut. Trotz starker Umfragewerte zeigen sich Risse und Orientierungslosigkeit. Nur ein Bruchteil der Abgeordneten meldete sich zur Klausur an, viele betrachten das Treffen als überflüssig. Das dort präsentierte Positionspapier enthält bekannte Forderungen – wie die Reaktivierung von Atomkraft oder ein „Wieder-in-Betrieb-Nehmen“ von Nord Stream –, bleibt aber vage und ohne strategische Tiefe. Besonders deutlich zeigt sich die Spaltung in der Außenpolitik. Uneinigkeit herrscht über das Verhältnis zu Russland und den USA, was die geplante Selbstinszenierung als Friedenspartei erschwert. Auch die Position zum umstrittenen Begriff „Remigration“ sorgt parteiintern für Spannungen. Während einige eine rechtlich tragfähige Definition fordern, halten andere an radikaleren Deutungen fest. Zudem offenbart die Partei ein strategisches Vakuum hinsichtlich möglicher Koalitionen, besonders mit der Union. Eine Annäherung an das Bündnis Sahra Wagenknecht wird angedeutet, bleibt aber unkonkret. Die Fraktion gilt intern als „kopflos“. Statt politischer Geschlossenheit dominieren Personaldebatten, Verhaltenskodizes und Eigenzulagen – zu Lasten einer ernstzunehmenden Machtperspektive. (Fabian Hillebrand/Severin Weiland, Spiegel)
Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass die AfD entweder keine politischen Konzepte hat – wie hier für die Außenpolitik schön beschrieben – oder völlig unbrauchbare, wie etwa in der Migrationsfrage. Mein Dauerargument dieser Tage ist, dass diese programmatische Schwäche viel mehr zum Angriff genutzt werden sollte, schon allein, weil sie eine pragmatische Brandmauer bietet: anstatt die CDU zu zwingen, sich nach rechts zu verschließen, kann man es den demokratischen Parteien überlassen, die AfD individuell auf der sachpolitischen Ebene zu attackieren, denn das ist ein Feld, auf dem die demokratischen Parteien eine große Gemeinsamkeit haben: sie wollten tatsächlich seriös regieren. Sie sind sich nicht einig, wie, aber dass. Und diese Einigkeit kann man gegen die AfD in Stellung bringen. Getrennt marschieren, gemeinsam schlagen, quasi.
4) Collections: The American Civil-Military Relationship
In dem Essay „Collections: The American Civil-Military Relationship“ analysiert der Historiker Bret Devereaux die Entwicklung und gegenwärtige Lage des zivil-militärischen Verhältnisses in den USA. Ausgangspunkt ist die sogenannte Newburgh-Verschwörung von 1783, bei der sich Teile des Kontinentalheers gegen den Kongress zu stellen drohten. George Washington verhinderte dies mit einem eindrucksvollen Appell an die Ehre seiner Offiziere – ein Gründungsmoment für die zivile Kontrolle über das Militär. Devereaux schildert, dass die zivil-militärische Beziehung der USA auf einem „stillen Gesellschaftsvertrag“ beruhe: Die Armee halte sich aus der Innenpolitik heraus, im Gegenzug werde sie von zivilen Autoritäten nicht politisch instrumentalisiert und genieße hohes gesellschaftliches Vertrauen. Dieser Pakt sei jedoch gefährdet, insbesondere durch die wachsende Machtfülle der Exekutive. Präsidenten neigten zunehmend dazu, das Militär für innenpolitische Zwecke zu nutzen, was langfristig die parteipolitische Neutralität der Streitkräfte untergrabe. Ein zentrales Argument des Essays ist, dass militärische Professionalität – wie von Samuel Huntington beschrieben – nicht automatisch zivile Kontrolle garantiere. Professionalisierung könne ebenso zur Herausbildung eines politischen Machtblocks führen, wie das historische Beispiel des römischen Heeres zeige. Die Einführung der All-Volunteer Force 1973, also einer rein freiwilligen Berufsarmee, habe zudem die gesellschaftliche Distanz zwischen Militär und Bevölkerung vergrößert und so die zivilen Kontrollmechanismen geschwächt. Devereaux warnt vor einer schleichenden Erosion der bisherigen Normen. Zwar habe die militärische Führung bislang meist professionell auf politische Vereinnahmungsversuche reagiert, doch sei der politische Druck in den letzten Jahren gewachsen. Besonders im Blick steht dabei die erste Amtszeit von Donald Trump, die von mehreren Versuchen geprägt gewesen sei, das Militär symbolisch und praktisch für politische Zwecke zu vereinnahmen. Auch eine mögliche zweite Amtszeit berge laut Devereaux erhebliche Risiken für die Integrität des zivil-militärischen Verhältnisses. Letztlich plädiert der Autor für ein stärkeres Bewusstsein der Öffentlichkeit für diese demokratische Errungenschaft. Das zivil-militärische Gleichgewicht sei kein Automatismus, sondern „etwas Fragiles, das aktiv gepflegt werden müsse“. Ohne Wachsamkeit und Rückbindung an die Prinzipien von 1783 drohe ein gefährlicher Wandel. (Bret Deveraux, A Collection of Unmitigated Pedantry)
Ich empfehle den ganzen Artikel zur intensiven Lektüre, er ist sie unbedingt wert und sehr erhellend. Ich will an der Stelle vor allem anmerken, dass Deveraux absolut richtig damit liegt, den Trend der „imperial presidency“ mindestens 20 Jahre zurückzuverfolgen und das Phänomen nicht als ein Trump-Problem zu beschreiben. Die Gefahren, die von einer „All-Volunteer Force“ ausgehen, sind tatsächlich auch nicht zu unterschätzen. Und wie bei so vielem wirkt Trump vor allem als massiver Brandbeschleuniger, aber weniger als Initiator des Zusammenbrechens von Normen. Auf der anderen Seite besteht die grundsätzliche Problematik auch in Deutschland, wenngleich bei uns das Standbein des hervorgehobenen Respekts für die Bundeswehr in der Gesellschaft (noch) fehlt. Zumindest die AfD versucht sich ja (bislang erfolglos) an einer Politisierung des Militärs für ihre Zwecke. Ich glaube nicht, dass wir da in nächster Zeit einen großartigen Wandel erleben werden, schon allein, weil die Bundeswehr so klar eine Parlamentsarmee ist und unsere demokratischen Parteien noch als Brandmauer agieren. Aber im Blick behalten schadet ja nie.
5) AfD-Fraktion gibt sich Benimmregeln
Angesichts dessen, wie eng normalerweise jeder AfD-zugehörige Pups breitgetreten wird, haben die Nachrichten von der Klausurtagung bislang sehr wenig Wellen geschlagen. Der Partei ist das natürlich Recht, die haben sich alle Mühe gegeben, dass das unter dem Radar bleibt und möglichst für keine Aufregung sorgt (genauso wie die Verdopplung der Funktionärsgehälter, nicht wahr?). Ich halte es für höchst relevant, dass die Parteispitze – scheinbar in Einigkeit, wenngleich Björn Höckes Schweigen auffällig ist – erkannt hat, dass sie in einer strategischen Sackgasse sitzt und dass die Isolierung der Partei durch ihren „gesichert rechtsextremen“ Drall ihr keinen Gefallen tut, weder in der EU noch in Deutschland. Die wollen an die Macht (das unterscheidet sie von ihren üblich idiotischen Randgegenstücken bei der LINKEn) und haben klar erkannt, was das Problem ist: die Konservativen müssen in der Lage sein, sie zu akzeptieren. Und dazu müssen sie sich moderieren. In den Worten des Sturmgeschützes für Koalitionen der Bürgerlichen mit den Rechtsextremen, der Welt: die Partei muss sich melonisieren. Das einzige Hindernis dafür ist die AfD selbst. Aber ich habe es bereits letztes Jahr prophezeit und stehe dazu: 2024/25 wird der letzte Wahlkampf gewesen sein, in dem die CDU ein Bündnis mit den Rechtsextremisten kategorisch ausschließt.
Resterampe
a) AfD: Tino Chrupalla berichtet von Gesprächen mit Wagenknecht-Partei BSW (Spiegel). Das Hufeisen. Was für Deppen. Siehe auch: AfD und BSW: Wagenknechts gefährlicher Flirt mit den Rechtsextremen (Spiegel)
b) Der Aufstieg von Zohran Mamdani ist ein Warnsignal (Welt). Ich fühle mich bestätigt.
c) Gute Kolumne zum Zirkusvergleich. (Spiegel)
d) Ich kann mich schon erinnern, auf die Probleme hingewiesen zu haben. (Bluesky)
e) The U.S. Is Switching Sides (The Atlantic)
f) Sehr lesenswerter Artikel zu den Klimaschutzzielen. (beimwort) Ich verweise auf meinen Evergreen dazu. Zum Thema auch die ZEIT. Und Spiegel.
g) Bilanz Julia Klöckners. (Stern)
h) Zwei Analysen von Keir Starmers erstem Jahr, Tagesschau und New Statesman.
i) It’s Official: The GOP Is Not A Working-Class Party (Huffington Post). No fucking shit. Obvious since 2016.
j) Ok, Nils Markwardt hat gewonnen: der definitive Wels-Artikel. (ZEIT)
k) Grenzkontrollen, Akt 2. (Twitter)
Fertiggestellt am 06.07.2025
zu 3)
Wie Robin Alexander bereits im Podcast MAchtwechsel analysierte: der strategische Ansatz der AfD ist durchaus klug: man übernimmt moderate Töne und macht es der Union immer schwerer die AfD als Partner abzuwehren und treibt SPD, Grüne immer weiter nach links.
Das Problem der AfD ist aber, dass sie noch keine glaubhafte Person hat, die diesen Kurs vertritt. Weidel soll das sein, aber wie gestern in der Generaldebatte zu beobachten war, fällt sie aus der Rolle.
Die Grünen machen auch Fehler und versuchen sich auch gerade als eine milde Version von Heidi Rechinecks Linkspartei zu inszenieren. Damit vertiefen sie das Links / Rechts Schema, statt sich der Mitte anzudienen. Die SPD hat offenbar überhaupt kein Konzept jenseits: AdD verbieten – Herr Miersch erwies gestern der Mitte ebenfalls einen Bärendienst, indem er die Aussagen von Frau Weidel bewusst nationalsozialsitisch framte, obgleich diese wirklich nicht dazu geeignet war. SPD, Grüne aber auch die Union müssen ihre Sinnkrisen rasch überwinden, damit die Mitte stabil bleibt.
Ja, mir scheint das weitgehend zutreffend.
j) Endlich: Ein Sommerlochtier bei DD, das hat noch nicht mal die Berliner Löwin geschafft.
Jedoch leidet Markwardt unter Diesmal-ist-alles-anders Präsentismus (Berufskrankheit), es waren Immer „große“ Geschichten, die Journalistys um „das Tier“ herum erzählt haben. Unerfüllte Liebe (Tretbootschwäne), Flucht und Verfolgung (Problembär Bruno), Mitgefühl und Tragödie (Harambe).
Aber erst wenn du über den Erinnerungsraum dieser oberflächlichen Zeit in die fernere Vergangenheit blickst, dann stellst du fest, was wahre Größe ist:
https://www.munichkindl.net/riesenwaller-walchensee
2) How Trump’s ‘Big, Beautiful Bill’ Will Make China Great Again
Der Markt richtet über die US-Politik im Allgemeinen und Trump im Besonderen. Investoren ziehen derzeit hohe Milliardenbeträge ab, der US-Treasury muss derzeit die angebotenen Zinssätze für die Erneuerung der Schuldentitel erhöhen. Das tut er und gleichzeitig zieht der Dollar wieder etwas an und Gold gibt nach. Also, Politik hat immer ihren Preis.
Wir geben derzeit die Führung in einem der wichtigsten Zukunfts-Sektoren überhaupt vollständig an China ab, rein aus ideologischen Gründen.
Welche soll das bitte sein? Die Kernkraft wird wohl, schon aus ideologischen Gründen, nicht gemeint sein. Deutschland ist, anders als China, ein Land mit einem extrem hohen Lohnniveau. Dieses muss bezahlt werden. Und das funktioniert nicht mit subventionierten Industrien. Dass die Zuschüsse an die Industrie ein internationales Topniveau haben, ist kein Zeichen von Wettbewerbsfähigkeit, sondern dem Gegenteil.
Hohe Erzeugerpreise lassen sich nur mit Spitzentechnologie finanzieren. Dazu zählen weder die Entwicklung von Solarpanels noch von Windkraftanlagen. Sie sind mittleres technisches Anforderungsniveau. Ergo, damit lassen sich international durchschnittliche Löhne – vielleicht wie in Portugal oder Mittelamerika – bezahlen. Wenn wir in Länder wie China und Indien Produkte exportieren wollen, dann solche, für die das Know-how dort nicht ausreicht. Das ist nicht so einfach.
b) Die haben für den Gastbeitrag tatsächlich einen Künstler geholt, der noch nicht einmal einen Wikipedia-Eintrag hat? Der Weld schwimmen die Felle weg…
a) Was man halt so tut, um von Merzig-Silwingen aus im Gespräch zu bleiben.
Gutes Interview:
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/rechtsextremisten-wagenknecht-macht-sich-fuer-afd-waehler-anschlussfaehig-01/100139927.html
3) »Kopflos, strategielos«
5) AfD-Fraktion gibt sich Benimmregeln
Ja, das erscheint mir vor allem das Motto im Umgang mit der AfD wie mit ihren Wählern. Betrachtet man sich, wie diese bisher gerade von der SPD geradezu beschimpft wurden, drängt sich dieser Eindruck auf. Auch Wähler, die sich für andere Parteien entscheiden, sind in einer Demokratie Wähler. Ihre Stimme zählt genauso viel wie die für eine „moralisch einwandfreie“ Partei.
Und diese Einigkeit kann man gegen die AfD in Stellung bringen. Getrennt marschieren, gemeinsam schlagen, quasi.
Eine seltsame Einstellung in einer Demokratie, in der Parteien vor allem Konkurrenten um Wähler sein sollen. Dann ist der Demokratie übrigens am Besten gedient, wenn alle Bürger sich adäquat repräsentiert fühlen. Darum ist es in Deutschland gerade nicht gut bestellt.
Die Gegner der Partei bleiben jede Konkretisierung ihrer Ziele und Forderungen an die AfD schuldig. Was soll erreicht werden, was ist das realistische Ziel? Was muss die AfD und ihre Repräsentanten tun, damit sie wie eine normale Partei in den Parlamenten behandelt wird, mit Sitz im Präsidium und Vorsitz in Ausschüssen? Dazu hört man seit vielen Jahren nichts, weder Unrealistisches noch Nachvollziehbares.
Dass genau das fehlt, sehen die Bürger, weshalb die AfD auf großen Rückhalt in der Bevölkerung bauen kann. Und mal ehrlich: Wenn man als erwachsener, mündiger Bürger derart behandelt, missachtet, verfemt wird, versteht sich mit einiger Berechtigung zu Recht als Opfer. Und niemand braucht sich zu wundern, wenn derart ignorierte Menschen sich rächen, wenn sie es können. Der Gipfel des parlamentarischen Mobbings ist es, auf Betreiben der linken Parteien die AfD-Abgeordneten von der Teilnahme an den Fußballspielen des FC Bundestag auszuschließen.
Auf der anderen Seite nominiert die SPD zwei extrem links positionierte Richterinnen für das Bundesverfassungsgericht. Frauke Brosius-Gersdorf sieht die Chancen für ein Verfassungsverbot der AfD als gut an, will das Grundgesetz gendern, wollte Zwangsimpfungen und saß in der Kommission der ehemaligen Familienministerin Lisa Paus, nach der Artikel 1 Grundgesetz erst mit Geburt eines Kindes gelten soll. Das ist alles andere als Konsens in der Gesellschaft. Wer solche Richterinnen nach Karlsruhe schickt, spaltet die Gesellschaft.
Zumal die Grünen monatelang den Kandidaten der Union blockierten, weil sie ihn in Migrationsfragen als vorbelastet ansahen. Inzwischen hat übrigens die Union ihre Zustimmung zu den SPD-Kandidaten signalisiert. Wer solche Konservativen hat, braucht sich über die Popularität der AfD nicht zu wundern.
Ich finde man muss auch Verfassungsrichtern zugestehen, dass diese eine politische Meinung haben, aber eben auch juristische Expertise. Eine Richterin alleine kann nicht die Rechtsprechung des VErfassungsgerichts kippen – Urteile werden im Austausch der juristischen Expertise gefällt und sind dabei auch häufig Blind vor der Parteifarbe:
Das KTF Urteil wurde maßgeblich von einer Verfassungsrichterin betrieben, die auf SPD Ticket zu ihrem Amt gekommen ist. Auch der ehemalige Verfassungsrichter Böckenförde, der eine diametral andere Auffassung zum Thema Abtreibung vertritt, als Frau Brosius-Gersdorf kam von den Sozialdemokraten.
Durch den Diskurs wurde jetzt die Frage der VErfassungsrichter deutlich mehr politisiert, als es wünschenswert wäre. Ist aber Folge, dass die demokratische Mitte eben keine 2/3 Mehrheit mehr im Bundestag hat. Insofern werden die Abstimmungen morgen spannend.
Das langfristige Dilemma finde ich noch eklatanter: Bislang hat die Union in aller Regelmäßigkeit auch einen Sitz an die FDP abgetreten – mit dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag fehlt jetzt eine bürgerliche Stimme. Zu Ende gedacht würde das bedeuten, dass zunehmend weitere Richter aus dem eher linken Spektrum besetzt würden, denn ein AfD Kandidat würde wohl nicht die notwendige 2/3 Mehrheit erzielen.
Was muss die AfD und ihre Repräsentanten tun, damit sie wie eine normale Partei in den Parlamenten behandelt wird,
Ich hätte ein paar Ideen: es wäre gut, wenn sie bspw. gesichert rechtsextrem klassifizierte Personen aus ihrer Partei konsequent ausschließen würde. Sie sollte auch nicht Menschen aus dem gesichert rechtsradikalen Milieu Obdach durch Jobs bei Abgeordneten gewähren. Migrationskritik ist okay, nicht jedoch die pauschale Abstemplung von Migranten als Messermänner und Schmarotzer.
Und selbst dann: Die AfD hat ein höchst problematisches Verhältnis zu Russland, zur Westbindung und zur europäischen Integration. Wenn sie sich in diesen Felden nicht annähert, bleibt sie für die CDU kein geeigneter Partner. Wenn sie aber diese Felder aufmacht, was wäre dann noch der Unterschied zur CSU?
Hier erläutert Ronen Steinke, daß Brosius-Gersdorf etwa in Wirtschaftsfragen keineswegs auf SPD-Linie ist:
https://www.deutschlandfunk.de/kommentar-zur-wahl-der-verfassungsrichter-wie-politisch-ist-die-justiz-100.html
Ich finde man muss auch Verfassungsrichtern zugestehen, dass diese eine politische Meinung haben …
Dann gilt das in alle Richtungen und man darf eine Union nicht dazu zwingen, einen „zu migrationskritischen“ Verfassungsrichtervorschlag zurückzuziehen. Gleiches Recht für alle, die SPD hat durch ihr eigenes Verhalten die Replik geradezu herausgefordert, obwohl die Union am Ende natürlich einknicken wird.
Gruss,
Thorsten Haupts
Das hat wohl andere Gründe:
„Allerdings ging die eigentliche Kritik der Grünen an Seegmüller in eine andere Richtung: Bei einer Vorstellung sei er nicht in der Lage gewesen, konsistente Antworten zu geben, habe den Eindruck erweckt, allen nach dem Mund zu reden, und sich bei Bedarf auf Erinnerungslücken berufen.
Wenn das stimmt, hätten sich die Grünen mit ihrem Veto gegen Seegmüller nicht nur um das Verfassungsgericht verdient gemacht, sondern auch der CDU/CSU einen guten Dienst erwiesen. Denn Richter:innen, mit denen sich die Zusammenarbeit schwierig gestaltet, haben es in Karlsruhe eher schwer und sind dann auch nicht sehr einflussreich. Einen hervorragenden Ruf hat in dieser Hinsicht der neue Kandidat der CDU/CSU, der BAG-Richter Günter Spinner. Vielleicht auch deshalb hat sich die CDU/CSU nicht für Seegmüller verkämpft und das Veto der Grünen ohne größere Diskussionen akzeptiert.“
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/verfassungsrichterwahl-brosius-gersdorf-widerstand-prognose
Das hat wohl andere Gründe:
Bestimmt!
Warum geht der Hinweis an die Union, nicht aber an die Grünen, die seit November 2024 Robert Seegmüller blockiert und damit eine Verfassungskrise heraufbeschworen haben? Stefan erzählt doch hier immer, wie staatstragend die Grünen seien.
Sorry, es wird wohl mehr geeignete Kandidaten als Frau Brosius-Gersdorf geben. Sonst soll das Gericht eben wieder einen Vorschlag machen. Doch die Union ist ja eingeknickt. Es bleibt der Fakt, dass Frau Brosius-Gersdorf sich extrem und in sehr fragwürdiger Weise positioniert hat. Und dann noch diese Koinzidenz mit ihr eine Richterin zu nominieren, die sich bereits eindeutig zu einem Parteiverbot der AfD positioniert hat, ist eigentlich völlig daneben und ein juristisches No-Go.
Das Dilemma mit dem FDP-Kandidaten haben Sie vom Podcast „Machtwechsel“, stimmt’s? Ja, die LINKE will das Recht übernehmen und damit die Verhältnisse in Parlament und Wählerschaft auf den Kopf stellen: Einer rechten 2/3-Mehrheit soll eine ebensolche linke Mehrheit in Karlsruhe gegenübergestellt werden.
Ich hätte ein paar Ideen
Es geht nicht um Ihre Ideen. Sie schneiden die AfD nicht im Bundestag, oder? Die Frage war, ob Sie in den Jahren irgendetwas gelesen oder vernommen haben, unter welchen Bedingungen die Ächtung aufgehoben würde. Es gibt keine. Da haben Schulcliquen mehr Stil.
Woher soll die Parteiführung wissen, welche ihrer Mitglieder als „gesichert rechtsextrem“ gilt? Diese Einstufungen der politischen Behörde Verfassungsschutz sind nicht öffentlich und damit auch nicht Parteiführungen zugänglich. Außerdem steht dem zuvor ein rechtsstaatliches Verfahren. Wie genau hätten Sie sich ein solches vorgestellt?
Vertreter der LINKEN sind mit Linksradikalen bis hin zu verurteilten Linksterroristen verbandelt. Dennoch sitzen sie im Bundestagspräsidium und führen Ausschüsse. Linke stempeln Reiche auch pauschal als asozial ab. Das bekamen die Leute im Bundestagswahlkampf schwarz auf weiß.
Weder die Nähe der Bundestagsfraktion „Die LINKE“ zu Russland, ihr gestörtes Verhältnis zur NATO machen ihre Parlamentarier zu personas non gratas. Letzter Punkt: Es geht auch nicht darum, sich hübsch für irgendeine Koalition zu machen, sondern um das Selbstverständliche im Parlament wie im zwischenmenschlichen Umgang.
„…und damit eine Verfassungskrise heraufbeschworen haben…“
Du laberst mal wieder Unsinn:
„Allerdings ging die eigentliche Kritik der Grünen an Seegmüller in eine andere Richtung: Bei einer Vorstellung sei er nicht in der Lage gewesen, konsistente Antworten zu geben, habe den Eindruck erweckt, allen nach dem Mund zu reden, und sich bei Bedarf auf Erinnerungslücken berufen.
Wenn das stimmt, hätten sich die Grünen mit ihrem Veto gegen Seegmüller nicht nur um das Verfassungsgericht verdient gemacht, sondern auch der CDU/CSU einen guten Dienst erwiesen. Denn Richter:innen, mit denen sich die Zusammenarbeit schwierig gestaltet, haben es in Karlsruhe eher schwer und sind dann auch nicht sehr einflussreich. Einen hervorragenden Ruf hat in dieser Hinsicht der neue Kandidat der CDU/CSU, der BAG-Richter Günter Spinner. Vielleicht auch deshalb hat sich die CDU/CSU nicht für Seegmüller verkämpft und das Veto der Grünen ohne größere Diskussionen akzeptiert.“
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/verfassungsrichterwahl-brosius-gersdorf-widerstand-prognose
Aus demselben Artikel:
„Sollte die Union den SPD-Personalvorschlag am Ende tatsächlich ablehnen, wäre das nicht zuletzt für Fraktionschef Jens Spahn peinlich. Schließlich hatte die CDU/CSU bisher Zustimmung signalisiert, auch weil Brosius-Gersdorf einen hervorragenden wissenschaftlichen Ruf hat und als eher wirtschaftsliberal gilt.“
Und auch das ist nicht korrekt:
„…die sich bereits eindeutig zu einem Parteiverbot der AfD positioniert hat…“
/// „Wenn es genug Material gibt, wäre ich auch dafür, dass der Antrag auf ein Verbotsverfahren gestellt wird“, sagte Brosius-Gersdorf dort. „Weil das ein ganz starkes Signal unserer wehrhaften Demokratie ist, dass sie sich gegen Verfassungsfeinde wehrt, dass es Grenzen gibt, die nicht überschritten werden dürfen.“ ///
https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/innenpolitik/id_100813078/richterwahl-im-bundestag-das-koennte-schiefgehen.html
Und auch das stimmt so nicht:
„…und saß in der Kommission der ehemaligen Familienministerin Lisa Paus, nach der Artikel 1 Grundgesetz erst mit Geburt eines Kindes gelten soll…“
/// Allerdings relativiert sich Brosius-Gersdorfs Satz deutlich, wenn man mehr Sätze als nur diesen einen in dem Kapitel liest. Die Rechtsprofessorin schreibt nämlich auch Dinge wie: „Bei einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs hat der Gesetzgeber Schutzpflichten für das Grundrecht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) des Embryos/Fetus (jedenfalls) ab Nidation.“ Also ab dem Zeitpunkt, an dem sich die befruchtete Eizelle in der Gebärmutterschleimhaut einnistet.
Brosius-Gersdorf wägt das Lebensrecht des Ungeborenen und die Grundrechte der Schwangeren gegeneinander ab, so wie Rechtswissenschaftler das tun, wenn zwei Grundrechte in Konflikt geraten. Und kommt unter anderem auch zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber die Abtreibung in der Spätphase der Schwangerschaft „grundsätzlich als rechtswidrig“ einstufen „muss“. ///
Zitat Sören Schmitz:
„Bislang hat die Union in aller Regelmäßigkeit auch einen Sitz an die FDP abgetreten – mit dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag fehlt jetzt eine bürgerliche Stimme.“
Je einen Sitz in beiden Senaten, um ganz genau zu sein.
Es ergab sich, dass die FDP in der letzten Legislaturperiode im Hinblick auf beide Tickets dran war und die gezogen hat. Wegen der 12-jährigen Amtszeit sind die also voraussichtlich bis 2033 bzw. 2035 vergeben. Dann gucken wir weiter, aber das hat je noch Zeit. Wahrscheinlich leben wir dann eh in einer ganz anderen Welt.
Man könnte sich natürlich zusätzliche Abtretungsfälle vorstellen oder temporäre Abtretungsfälle bis die FDP-Tickets wieder frei werden (oder die FDP kann bei „ihrer“ nächsten Runde wieder ziehen, weil sie wieder da ist; okay, darauf wetten wahrscheinlich wenige), dann aber wird’s eng mit der Kombinatorik.
Die „politische“ Lösung bei solchen Gegebenheiten lautet üblicherweise: Die Bank vergrößern für mehr Sitzgelegenheiten, dann kann man auch die Kombinatorik verfeinern. Man könnte einen dritten Senat bilden mit – sagen wir mal – je sieben je Senat. Dann kann’s auch keine Stimmengleichheit mehr geben; mit senatsübergreifender Parteikombination *); oder, oder, oder. In solchen Fragen können sogar Politiker_innen kreativ sein.
*) gab es schon mal bis die jetzige Idee aufkam, in beiden Senaten die Parteien jeweils gleich zu spiegeln.
„Der Gipfel des parlamentarischen Mobbings ist es, auf Betreiben der linken Parteien die AfD-Abgeordneten von der Teilnahme an den Fußballspielen des FC Bundestag auszuschließen.“
Wo sollen die jetzt nur einen Rechtsaußen herkriegen !!!!!!!111einself!!!!
Auf den Rest der Tirade einzugehen, erspare ich mir.
c) Gute Kolumne zum Zirkusvergleich. (Spiegel)
Es gibt keinen Grund, irgendeine andere Fahne als Schwarz-Rot-Gold am Reichstag zu hissen. Schon aus Neutralitätsgründen.
d) Ich kann mich schon erinnern, auf die Probleme hingewiesen zu haben. (Bluesky)
Kein Land außer Deutschland hält sich an die Dublin-Regeln. Italien nimmt keine Asylbewerber zurück, die eigentlich im Süden ihr Verfahren durchlaufen müssten. Bisher konnten alle Anrainer Flüchtlinge einfach durchwinken. Aktuell sinken die Zahlen. Das wird wohl auch etwas mit der rigideren Zurückweisungspolitik zu tun haben.
g) Bilanz Julia Klöckners. (Stern)
Bilanz? Politischer Verriss trifft es weit eher. Das hätte so auch Heidi Reichinnek verfassen können.
Man kann diesen Satz so verstehen, dass die CDU dieselben politischen Positionen vertritt wie die AfD.
Was wäre der Vorwurf?
c) milde Beckmesserei: Am Reichstagsgebäude wird regelmäßig neben der National- die Europaflagge aufgezogen. Außerdem bei Staatsbesuch die Flagge des Gastlandes. Beides hat gute Gründe.
zu c)
Die Diskussion erscheint mir etwas künstlich. Seit 2022 weht am Bundestag die Regenbogenfahne zu zwei Anlässen im Jahr: CSD und am Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie.
Frau Klöckner wollte jetzt nur den CSD streichen – ich kann mich nicht erinnern, dass die Union 2022, als das Ganze eingeführt wurde, darüber ein Theater gemacht hat. Zumal selbst in Bayern am Landtag die Regenbogenfahne zum CSD wählt.
Man kann die Neutralitätssicht von Frau Klöckner teilen, man kann aber auch Bräuche, die der Vorgänger eingeführt hat und niemanden weh tun, auch beibehalten. In Summe hat das Vorgehen von FRau Klöckner der Union eher negative Presse beschert. Ich hätte mir diesen Kampf gespart und stattdessen die wichtigen Kämpfe geführt.
Eine Vorgängerin führt etwas ein und das soll alle binden? Das Parlament handelt auf Basis von Gesetzen. Das höchste, für den Reichstag geltende Gesetz ist das Grundgesetz. Dort ist zwar die Bundesflagge erwähnt, auch die Mitgliedschaft in der EU. Aber dort fehlt jeder Hinweis auf die LTBQ+-Community und auf die Regenbogenfahne.
Die Union hat auch akzeptiert, den Platz neben der AfD zugewiesen zu bekommen. Eben, weil es den Regeln des Hauses entspricht. So machen das ordentliche Parlamentarier. Aber nichts gibt einen Hinweis, am CSD die Regenbogenfahne für eine Lobbygruppe aufzuziehen. Dann doch eher die Fahne des Vatikans.
Mein Punkt: es war ein bewusster Bruch. Kann man machen, aber bitte nicht so tun, als wäre es keiner. Das ist heuchlerisch.
Ein „bewusster Bruch“ gegen etwas, das erst 2022 eingeführt wurde, und das keine gesetzliche oder gewohnheitsrechtliche Grundlage hat. Aha. Hmmmm – würdest Du akzeptieren, dass der bewusste Bruch 2022 war, als die Flagge das erste Mal amtlich gehisst wurde? Wenn nein, warum nicht – immerhin existierte damals ein 73 Jahre alter Brauch, diese Flagge nicht amtlich zu hissen?
Klar war das ein bewusster Bruch. Ich glaube, du verstehst meinen Punkt nicht. Ich kritisiere gar nicht so sehr, dass Klöckner die Flagge nicht hissen will – sie ist eine konservative Kulturkämpferin, also macht sie so was, und dafür wurde sie ja gewählt – sondern dass sie sich feige hinter irgendwelchen Formalargumenten versteckt.
Es ist ja schon heftig, da bricht eine links-aktivistische Präsidentin mit jahrzehntelangen Gepflogenheiten und dem Neutralitätsgebot und nicht sie ist dann die Kulturkämpferin, sondern jene Politikerin, die genau den aktivistischen Teil beseitigt.
Du, dass wir da unterschiedliche Bewertungen haben ist klar.
c) Es gibt eine Menge guter Gründe. Die Europaflagge etwa weht da auch immer. Du magst die ja nicht teilen, aber gute Gründe sind es.
Bitte Stefan, das ist lächerlich, die Europafahne mit der Regenbogenflagge zu vergleichen.
Ich hab bewiesen, dass deine Aussage falsch war. Den international anerkannten Regeln von Internetdiskussionen zufolge habe ich also gewonnen. 😛
Ich beuge mich diesen harten Argumenten und strecke die Waffen. 🙂
Aber das nächste Mal lässt Du mich gewinnen!
Musst mir nur den Fehler nachweisen! 😀
c) Mal ganz ohne jede Rechthaberei ein Überlegungsansatz: Würden Sie sich daran stören, wenn anlassbezogen vor dem Reichstag neben den „normalen“ Fahnen die olympische Flagge gesetzt würde?
Und spiegelbildlich an die Befürworter der Regenbogenflagge: Wäre es ein solches Ärgernis, wenn diese Flagge weggelassen würde?
Was repräsentiert die olympische Flagge? Die Ideale aus der Antike. Das ist ehrenwert, aber es hat nichts mit unserem Staatswesen, dem Grundgesetz und der Repräsentation durch den Deutschen Bundestag zu tun. Das Parlament repräsentiert das Volk. Und deswegen weht dort die Bundesflagge.
Weder noch. Nur wenn ich mich aktiv entscheide ein Thema draus zu machen die olympische Flagge nicht zu hissen…dann hab ich halt das Thema 😀
5) „…haben die Nachrichten von der Klausurtagung bislang sehr wenig Wellen geschlagen…“
Was ja mit einer *Klausur*-Tagung auch beabsichtigt wird. Hinzu kommt, daß das Innenleben der AfD im Vergleich mit anderen Parteien schwer einzuschätzen ist. Ann-Katrin Müller hat mal in einem Podcast erzählt, daß bei denen das Zwei-Quellen-Prinzip funmktioniert, während man bei der AfD mindestens drei Quellen und am betsen noch etwas Schriftliches braucht.
Jedenfalls zeigt die Einstufung als rechtsextreme Partei und die Verbotsdebatte Wirkung, ebenso die internationale Lage, die interne Bruchlinien zum Vorschein bringt:
https://cemas.io/blog/ueber-den-trugbild-zionismus-der-afd/
Zu k)
No shit, Sherlock, die europäischen Nachbarn finden deutsche Grenzkontrollen scheisse? Da wär ich ja wirklich nie drauf gekommen – ich hatte bisher angenommen, diese Nachbarn würden sich aus europäischer Solidarität darüber freuen, dass das Durchwinken aller Migranten nach Deutschland erschwert wird. Schliesslich ist man doch stolz darauf, vertragstreu zu sein, nicht wahr?
Gruss,
Thorsten Haupts
b) Du wurdest bestätigt worin? Dass 2025 endlich mal ein echter linker Kandidat, ein Populist im besten Sinne, gegen das korrupte Establishment der Clinton-Obama-Jeffries-Schumer-Demokraten bestehen konnte? Der sich nicht durch Hinterzimmergeschacher hat absägen lassen wie Bernie Sanders? Ein Politiker, der nicht auf der Payroll Israels oder amerikanischer Großkonzerne steht? Der gegen die Millionen und Abermillionen Spendendollars vom DNC mit HISTORISCHER MEHRHEIT gewählt wurde? Der anders als das demokratische Establishment nicht den Mund hält, wenn MAGA wieder ein Gesetzt bricht, ein Menschenrecht schleift, einen Guardrail zersägt?
Ich hab deine Wette dahingehend nicht gesehen. Aber Hut ab, wenn du das vorhergesehen hast…
Ganz ehrlich: ich habe noch keine „Israelkritik“ gesehen, die akzeptiert worden wäre.
Warum auch? 50 Jahre lang hat Israel brav auf den Westen gehört, seine militärischen Aktionen immer wieder abgebrochen und zugesehen, wie sich seine Feinde erneut vom Iran bewaffnen liessen und alle 2 bis 5 Jahre erneut losschlugen. Das einzige, was diese „Israelkritik“ bewirkt hat, war am Ende fortdauerndes Leid und immer erneutes Sterben, sonst hat sie exakt nichts bewirkt.
Und selbst heute, wo Israel endlich einmal alle Ratschläge souverän ignoriert und seine Kriege wirklich haushoch gewinnt, weigert sich die amtierende Regierung des Gaza-Streifens in der totalen Niederlage noch immer, zu kapitulieren, ihre Waffen niederzulegen und die (toten) restlichen Geiseln auszuliefern. Unterstützt von einem Pack westlicher „Linker“, die wenigstens zum Teil das fürchterliche Maasaker des 7.10. bejubelt oder „rechtfertigt“.
Welche Israelkritik genau ist denn überhaupt noch legitim und gerechtfertigt?
Gruss,
Thorsten Haupts
Wenn sie von Juden (NY Rabbis) kommt?
„… we believe that the Israeli government’s treatment of Palestinians in Gaza and the West Bank is horrific and cannot be ignored. These convictions reflect a shared political ethic – not identical political beliefs – and they are strong enough to support both real coalition and real community.“
Ist das jüdisch-ethische Tradition, jüdischer Selbsthass oder Überlebensstrategie in einer feindlichen Umgebung?
Mich besorgt auch zutiefst, dass die Hamas-Propaganda immer weitere Kreise (Spanien, Portugal, Brasilien) zieht, und das zynische Kalkül dieser Mörder aufgeht. Das Massaker vom 7. Oktober wird oft gar nicht mehr erwähnt, der tiefe Einschnitt in das Sicherheitsgefühl der Juden in Israel und der Diaspora nicht wahrgenommen. Die Annexions- und Vertreibungspläne von Smotrich werden die Sicherheit Israels auch nicht stärken. Es ist heillos.
Du, das ist gar nicht mein Thema?
Klar ist das Dein Thema. Deine Behauptung ist: „Wenn auch legitime Israel-Kritik pauschal zurückgewiesen und unter Antisemitismus-Verdacht gestellt wird, treibt man die Kritiker in die Hände der Antisemiten. Darüberhinaus haben die Kritiker einen starken Rückhalt in der Gesamtbevölkerung, den man politisch nicht ignorieren kann/darf.“
Korrekt widergegeben?
Gruss,
Thorsten Haupts
Ja, aber mir geht es dabei nicht darum, ob ich der Kritik zustimme!
Verstanden.
5) Krah hatte so Ansätze, unter konservativen Türken Wähler zu finden. Dagegen lief die Basis Sturm. Die CDU fände das auch nicht witzig.
Marine Le Pen bewegt ihre Partei seit über 10 Jahren Richtung Bürgerlichkeit. Von einer Mehrheit sind die weit entfernt und die Gaulisten und Macronisten wollen wirklich nicht mit denen. In Italien ist Politik von je her „experimentierfreudiger“.
In Chile haben die beiden rechts-außen Kandidaten offenbar am Ende doch keine Chance auf das Präsidentenamt.
lose zu c) aber andere Flagge
https://journalasc.org/2025/07/03/global-recognition-of-indigenous-symbol-wiphala-promotes-culture-of-peace-and-harmony/
1) Die Überschrift, genauer der Begriff „Bekenntnis“ hat mich nicht losgelassen, so treffend wirkt er. Tatsächlich wirkt die Frage „Wie hältst du es mit Israel ? “ wie eine Aufforderung zu einem Glaubenssatz. Und die Kompromisslosigkeit dahinter ist extremer als bei anderen Kulturkampf-Fragen. Das hat womöglich deutlich tiefere Gründe als die Staatsräson – Antisemitismus Rhetoriken offenlegen.
Meine These ist, dass es sich bei dieser Fragestellung um eine „Indikator-Frage“ handelt, die eigentlich etwas anderes „abprüfen“ soll: „Wie hältst du es mit Gewalt und Macht in einem Freund-Feind-Kontext?“
Am deutlichsten ist es zu sehen bei den dezidierten Israel-Gegnern. Diese sind meist ebenso geneigt, Gewalt gegen die Staatsmacht (Polizei) zu rechtfertigen, exkulpieren oder gar gutzuheißen. Das wird gerne mit „moral high ground“ Argumenten kaschiert.
Aber auch die Befürworter des harten Vorgehens Israels sind auch diejenigen, die internationale Falken-Politik und im Inneren Polizeigewalt rechtfertigen (wenn es nur von den „richtigen“ ausgeht) und dies auch auf Diskursiv-Ebene mit „Might makes Right“ Argumenten zu verkaufen.
Und wenn man dieses Wechselspiel zweier hochideologisch unterfütterter Sichtweisen ist es vielleicht gar nicht falsch, von „Bekenntnissen“ zu sprechen.
Ja.
zu 5) “AfD”
Die wollen an die Macht (das unterscheidet sie von ihren üblich idiotischen Randgegenstücken bei der LINKEn)
Ich finde es ziemlich unpassend die nationalsozialistischen Menschenfeinde und Massenmörder in spe zum Gegenstück einer gemäßigt linken, demokratischen Partei zu erklären.
Ach, ich dagegen finde es ganz passend, ein paar Rechtsradikale, bisher ohne Mord- und Kriegsdabsichten, mit einer stalinistischen Mord- und Mauerschützenpartei zu vergleichen.
Sagst du nicht immer, die NS-Begrifflichkeit für die AfD sei völlig übertrieben? Dann lass vielleicht den Unsinn bei der LINKEn weg.
Ohne Schaum vor dem Mund entspricht das den Tatsachen. Als in den Monaten 1989/1990 die Staatseinheitspartei SED sich „neu“ erfand, legte sie in persona ihres neuen Vorsitzenden Gregor Gysi ausdrücklich Wert darauf, in der Tradition zu bleiben. Man wollte weiterhin politische Heimat für die vielen Parteimitglieder bleiben, die sich nichts zu schulden haben kommen lassen, so betontes es Gysi in mehreren Reden und Interviews. Die Älteren werden sich möglicherweise daran erinnern. Ich jedenfalls erinnere mich noch an die erste Rede, wo alle Journalisten die Auflösung der Partei erwartet hatten und das Gegenteil eintrat.
Das steht nicht in den Geschichtsbüchern, aber vielleicht ziehst Du Dir die SPIEGEL-Artikel von damals. Das hatte für die Partei allerhand praktische Vorteile, inklusive Zugriff auf das Milliardenvermögen, das in den Folgejahren praktischerweise aus den Büchern verschwand. Auch bei den folgenden Umbenennungen legte man immer Sorge darauf, in der rechtlichen Tradition zu bleiben. Nur probierte man danach den letztendlich erfolgreichen Kniff, dass man eigentlich eine ganz neue Partei (mit den alten Kadern) sei.
Noch etwas: Die SED/PDS/LINKE stellte sich in den zwei Jahrzehnten, in denen folgend Mauerschützen wegen Mordes und Verbrechen an der Menschlichkeit verurteilt wurden, immer auf die Seite der Täter, verurteilte die Urteile als Überzogen und Zeit für einen Schlussstrich, während immer noch Mitläufer des NS-Regimes wie Sekretärinnen vor Gericht gestellt wurden.
Historisch liegt Thorsten Haupts also völlig richtig. Alles andere ist Geschichtsverleugnung. Der AfD wiederum werden eigene Vermutungen, was die Partei an der Macht tun könnte, zugeordnet. Das ist schon juristisch eine ganz andere Welt.
Danke für den Geschichtskurs, das wusste ich ja gar nicht! /Ironie
Mein Punkt ist, dass das heute keine Rolle mehr spielt. Die heutige LINKE hat von dem Personal praktisch nichts mehr. Aber schäum dir gerne den Mund ein.
Das kann kaum unwichtig sein, wenn man sich als Sympathisant der Partei gleichzeitig noch herausnimmt, eine Partei mit einer anderen Diktatur in Verbindung zu bringen, obwohl weder juristische noch personelle Zusammenhänge bestehen. Das ist einfach nur unverschämt.
Aus dem SPIEGEL:
Ehemaliges SED-Personal findet sich auch heute noch auf Spitzenposten der Linken. Einen radikalen Bruch haben die Genossen nie vollzogen – das hätte wohl das Aus der Partei bedeutet. Dietmar Bartsch etwa, Fraktionschef im Bundestag, trat 1977 in die SED ein. Politische Karriere machte er erst nach der Wende: 1991 wurde er PDS-Schatzmeister. Er gilt als prominentester Vertreter des gemäßigten Reformerflügels.
Auch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau war früher in der SED, arbeitete beim Zentralrat des DDR-Jugendverbands FDJ. Ex-Linken-Chefin Gesine Lötzsch, ab 1984 in der SED, wurde zuletzt für den Fraktionsvorsitz gehandelt. Lötzsch stand bereits mehrfach wegen ihres Umgangs mit früheren Stasi-Mitgliedern in der Kritik.
Überhaupt war eine mögliche Stasi-Vergangenheit bislang kein Hinderungsgrund, bei PDS und Linken Politik zu machen. Der frühere IM André Brie gehörte einst zur Parteispitze, später war er Europa- und Landtagsabgeordneter. Ex-Parteichef Lothar Bisky hatte Vorwürfe, er habe für die Stasi gespitzelt, stets zurückgewiesen. Sie wurden auch nie final belegt. Das gilt auch für den früheren Fraktionschef Gregor Gysi, der ebenfalls eine Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst bestreitet.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/rot-rot-gruen-so-viel-sed-steckt-noch-in-den-linken-a-1282072.html
Eine Partei, die sich selbst dem revolutionären Kampf verschrieben hat und den Systemsturz plant, kann wohl nur in linken Kreisen als mittig und gemäßigt durchgehen. Sorry, Stefan, das ist kein mehrheitsfähiges Verständnis.
Ich möchte eine Sache klarmachen: ich habe genauso wenig Absichten, die LINKE zu wählen, wie die FDP. Ich bin kein Sympathisant der Partei und halte sie für generell nicht regierungsfähig im Bund. Aber sie ist keine revolutionäre Umsturzpartei.
Niemand sieht Dich als Sympathisant der LINKEN. Allerdings auch nicht der (dahingeschiedenen.) FDP.
Du glaubst der AfD nicht ihre behaupteten nicht-umstürzlerischen Absichten, aber die revolutionären Absichten der LINKEN willst Du auch nicht nehmen. Das ist politisch eine extrem einseitige Auslegung nach reiner Opportunität.
Ich glaube auch nicht, dass die AfD revolutionär-umstürzlerisch ist. Ich glaube, dass sie demokratische Institutionen erodieren. Das traue ich auch der LINKEn durchaus zu, wenngleich nicht im selben Ausmaß.
Völlig richtig. Ich habe Ralf hier nur gespiegelt, genau, um das deutlich zu machen. Und das nur ganz nebenbei – die LINKE hat eine mörderische Vergangenheit, die AfD nicht.
Ok, ist es nun das rhetorische Mittel der Spiegelung oder meinst du es ernst? Ersteres kann ich verstehen, ich teile Ralfs NS-Begriffe für die AfD auch nicht. Letzteres ist einfach quatsch.
Rhetorisches Mittel – ich habe erhebliche Einwände gegen den ubiquitären Missbrauch des Begriffes „Nationalsozialist“.
Ich doch auch.
@ Stefan Sasse
2) How Trump’s ‘Big, Beautiful Bill’ Will Make China Great Again
Ohne Scheiß: Bei Wirtschaftsthemen bist Du genausomeinungsstarkwie ahnungslos.
Wir geben derzeit die Führung in einem der wichtigsten Zukunfts-Sektoren überhaupt vollständig an China ab, rein aus ideologischen Gründen.
Nein.
Deutschland wurde stark durch große Industrie (Autos, Werkzeugmaschinenbau, Stahl, Elektro, Chemie etc.), also durch Branchen, die bestimmt sind durch aufwendige Prozesse, Abläufe und Fertigungsverfahren, die von gut ausgebildeten, leistungsbereiten Menschen bewältigt werden. Das versetze uns in die Lage, anspruchsvolle Produkte zu entwickeln, die weltweit gefragt waren und daher auch weltweit exportiert wurden. Darauf basiert unser (nun langsam bröckelnder) Wohlstand.
Die Kehrseite dieses Geschäftsmodells ist, dass mit zunehmendem technischem Fortschritt so wie zunehmender Automatisierung und zunehmendem Verständnis von Produktionsprozessen auch in (ausbildungs-)technisch weniger entwickelten Ländern die Produktion hochwertiger Waren möglich ist.
Welche Möglichkeiten hat Deutschland in dieser Situation? Entweder es produziert billiger, oder es gibt unter Druck geratene Branchen auf und wendet sich neuen Technologien zu, wo es seine Stärken weiterhin ausspielen kann.
Hier geht es um billigere Produktion. Also ein paar Infos zu kostenrelevanten Faktoren:
• Lohnkosten (durchschnittliche Arbeitskosten je geleistete Stunde im Jahr 2024 in Euro; Quelle für EU-Daten: Bundesamt für Statistik/Destatis). Ich habe die Auswahl beschränkt auf die Länder, wo man bequem eine Fabrik hinbauen könnte; Luxembourg z.B. ist da raus.
Frankreich 43,70
Deutschland 43,40
Slowenien 27,10
Spanien 25,50
USA 24,61
Estland 19,60
Slowakei 18,50
Tschechien 18,20
Portugal 18,20
Polen 17,30
Kroatien 16,50
Litauen 16,30
Lettland 15,10
Ungarn 14,10
Rumänien 12,50
Bulgarien 10,60
China 2,90
• Energiekosten (Strompreise für Industriekunden in Eurocent / pro Kilowattstunde nach Verbrauchsmenge im zweiten Halbjahr 2024; 500-1.999 / 2.000-19.999 / ab 20.000 MWh; gerundet; Quelle für EU-Daten: Statista)
Kroatien 21,6 / 18,4 / 19,0
Ungarn 21,4 / 19,6 / 17,3
Deutschland 20,1 / 18,0 / 15,1
Slowakei 17,9 / 16,5 / 15,8
Slowenien 16,6 / 15,7 / 14,5
Litauen 16,4 /14,3 / 12,37
Bulgarien 16,1 / 15,6 / 15,1
Frankreich 15,9 / 13,3 / 10,0
Rumänien 15,04 / 14,7 / 14,6
Lettland 14,5 / 12,1 / 10,5
Estland 13,7 / 12,9 / 13,0
Polen 13,3 / 12,0 / 11,3
Spanien 12,8 / 11,8 / 10,6
Portugal 11,2 / 10,7 / 10,6
USA ca. 3-4 (mir liegen keine detaillierten Angaben vor)
• Jahresarbeitszeit pro Mitarbeiter (Anzahl der gearbeiteten Stunden bezogen auf Anzahl der Beschäftigten, Stand 2023); hier fiel es mir schwer, zu jedem Land detaillierte Daten nach dem gleichen Maßstab zu finden; Quelle daher: OECD)
Korea 1.900
Kroatien 1.835
USA 1.811
Rumänien 1.806
Slowakei 1.773
Tschechien 1.766
Portugal 1.720
Ungarn 1.692
Spanien 1.691
Lettland 1.630
Litauen 1.625
Slowenien 1.610
Estland 1.602
Frankreich 1.490
Deutschland 1.341
China offiziell 40-Stunden-Woche, inoffiziell im Produktionsgewerbe „System 996“: von 9:00 morgens bis 09:00 abends, 6 Tage die Woche= 72 Wochenstunden).
• Unternehmenssteuern (Körperschaftssteuersätze in ausgewählten Ländern weltweit im Jahr 2024; Quelle: Statista)
Portugal 31,5%
Deutschland 29,93%
Frankreich 25,83%
Spanien 25%
USA 24,61
Slowenien 22%
Tschechien 21%
Estland 20%
Polen 19%
Litauen 15%
Lettland 20%
Ungarn 9%
China 5-25%
In keiner der Kategorien (vielleicht abgesehen von der Arbeitszeit) ist Deutschland das aus Arbeitgebersicht „schlechteste“ Land, aber in jeder Kategorie deutlich am unteren Ende.
• Stabile politische Verhältnisse
– Die sind aus meiner Sicht durch die Flüchtlingssituation und, damit einhergehend, dem Erstarken der AfD nicht mehr so solide gegeben wie noch vor 20 oder 10 Jahren.
– Deutschland wird irrationaler und agiert aus meiner Wahrnehmung spürbar orientierungsloser als zu Zeiten von Helmut Schmidt, Helmut Kohl oder Gerhard Schröder. Die USA verstehen nicht, was wir hier treiben (das galt schon zu Obamas Zeiten), auch die EU (in der viele Länder ähnlich wuschige Wege einschlagen haben wie wir) ist Verständnis oder gar Zustimmung für unser teilweise konfuses Treiben nur eingeschränkt vorhanden. Das scheint sich aber seit dem Amtsantritt von Friedrich Merz etwas zu bessern.
• Funktionierendes Staatswesen
– Deutschland quillt inzwischen über vor Regeln und Gesetzen, die die Effizienz deutlich spürbar einschränken. Dazu zählen aufwendige Berichtspflichten, Vorgaben für Bau- und Produktionsvorhaben, Einschränkungen mit der Begründung von Tier-, Umwelt- und Klimaschutz (wie immer man dazu steht – viele andere Nicht-EU-Länder sind da etwas flexibler, und würden nicht für ein angeblich gesichtetes Exemplar eines seltenen Käfers Großprojekte über Monate und Jahre stoppen).
– In vielen Fällen leiten sich diese Vorschriften aus EU-Vorgaben ab, die Deutschland in der Regel deutlich nachschärft, um sie „besser“ zu machen.
– Grundsätzlich sind Behörden immer weniger in der Lage, dieser Flut an Gesetzen, Vorschriften und Regelungen praxisgerecht (erst recht zeitnah) umzusetzen.
• Stabiles Rechtssystem
– Meine Wahrnehmung ist eine Veränderung in die Richtung, dass die immer stärker überforderte Justiz immer länger braucht, um sinnvolle Entscheidungen in einem praxisgerechten Zeitrahmen zu treffen.
– Jede Person, jede Bürgervereinigung kann Projekte auf vielfältigste Art und Weise lahmlegen.
– Über Jahrzehnte orientierte sich die Rechtsprechung immer stärker an idealisierten Vorstellungen (zumindest das scheint sich in den letzten Monaten ein kleines bisschen zu ändern, aber das Niveau aus Unternehmenssicht ist und bleibt teuer und anstrengend).
• Verlässlich funktionale Infrastruktur
– Das klingt inzwischen wie ein Widerspruch. Brücken, Autobahnen und Wasserstraßen sind im schlimmsten Zustand 50 Jahren („seit dem Krieg“ kann man aus nachvollziehbaren Gründen nicht sagen); Schwertransporte (etwa für eine hochpräzise gefertigte Blechwalze für Japan) aus der Mitte Deutschlands, für die man „früher“ einfach die Polizei informierte, den Wagen belud und Richtung Hamburger Hafen in Bewegung setze, wo die Ladung acht Stunden später ankam, sind schon lange vorbei. Für einen vergleichbaren Transport benötigt man heute monatelange Planung bzw. Abstimmung mit den Behörden, welche Strecke für welche Lasten zuständig sind, welche Brücken umfahren, welche (geplanten, aber noch nicht begonnenen) Baustellen vermieden werden müssen. Verzögert sich die Abfahrt um ein paar Stunden (etwa weil ein drohender Reifendefekt entdeckt wurde und zum Radwechsel das Fahrzeug wieder entladen werden muss), geht mit etwas Pech das ganze monatelange Gezerre von vorne los.
– Über die Bahn haben wir noch nicht gesprochen, aber da sieht es keinesfalls besser aus, selbst wenn über 60% der Fern-Personenzüge (hört,hört!) halbwegs pünktlich ankommen.
– Unser Stand der Digitalisierung ist trotz zunehmenden Fortschritts immer noch ein Witz. Es gibt immer noch Empfangslöcher auf Autobahnen und Schnellstraßen, der Glasfaserausbau verläuft je nach Region zwischen beschaulich und gar nicht, bereitgestellte Gelder werden nichtabgerufen und verfallen. Einige Länder haben einen Vorsprung von Jahrzehnten.
• Gut ausgebildete Arbeitskräfte
– Nach meiner Einschätzung geht es in keinem anderen Bereich derart rapide nach unten wie beim Thema „Schulbildung“. Hatten wir gerade erst in einer anderen Diskussion, will ich hier deshalb nicht nochmal ausführen. Aber die Situation ist (aus Unternehmenssicht) „schlimm“, mit Tendenz zu „katastrophal“.
– Im Bereich der nachschulischen Bildung gibt es in Deutschland über 320 anerkannte Ausbildungsberufe. Demgegenüber boten (sorry für die Unschärfe, aber da ändert sich ständig etwas) die deutschen Hochschulen im Wintersemester 2021/2022 knapp 21.000 Studiengänge an, davon waren 9.880 Masterstudiengänge, 1.298 staatliche und kirchliche Abschlüsse sowie 381 „Übrige“. 2023 gab es 481.000 Studienbeginner, von denen etwa ein Drittel ihr Studium ohne Abschluss abbrechen wird.
– Ein weiterer Punkt ist das Thema Fachkräfte, bzw. der Mangel daran. Bis 2036 werden knapp 20 Millionen Baby Boomer in den Ruhestand gehen. Eine auch nur halbwegs ausreichende Zahl an fachkundigen Nachrückern ist nicht in Sicht.
– Für externe bzw. zu- oder einwandernde Fachkräfte sind die Bedingungen schlecht. Die bürokratischen Hürden sind mindestens so hoch wie die individuellen Steuern und Abgaben, üppige und strenge gesetzliche Vorgaben erschweren Unternehmensgründungen, die deutsche Sprache ist sehr schwer zu erlernen, die Deutschen sind (wenn man von jovialen Wirten ausländischer Cuisine, denen man oft mit leicht überheblich-freundlicher Herablassung entgegentritt) alles andere als offen oder gar herzlich.
• Arbeitsethik / Arbeitsmoral
– Ich habe schon weiter oben die (im OECD-Vergleich) sehr niedrige durchschnittliche deutsche Arbeitszeit aufgezeigt. Was mir auffällt (soll heißen, dass ich mich hier im Bereich subjektiver Wahrnehmung bewege), ist, dass die Zahl der Menschen, die keinen Bock mehr auf Arbeiten haben, ständig wächst.
– Genauso wächst wie die Zahl der Menschen, die sich psychisch der alltäglichen Belastung nicht mehr gewachsen fühlen. So sind z.B. bei der AOK auf 1.000 Mitglieder fast 7 Fälle von Burnout gekommen, 2 mehr als 10 Jahre zuvor; 61% der Beschäftigten in Deutschland befürchten, selbst einen Burnout zu erleiden; 21% schätzen für sich diese Gefahr als hoch ein. Die Leidenswilligkeit der Deutschen scheint rapide zu wachsen.
– ALLE Frührentner, die ich kenne, gehen in den vorzeitigen Ruhestand, weil sie keinen Bock mehr haben, und geben das auch offen zu. Die jüngeren Menschen, die ich kenne (in der Regel aus dem Umfeld meiner Töchter), die wirklich eine Karriere einstellen, kommen bis auf zwei Ausnahmen aus dem asiatischen Kulturkreis.
Ich wette, dass in zehn Jahren, wenn diese Auswirkung klar sichtbar sein wird, dann irgendwie die Linken schuld sein werden.
Da musst Du weder so lange warten, noch dauert es zehn Jahre, bis die Auswirkungen sichtbar werden. Zu „irgendwie die Linken schuld“:
Löhne hoch (der Mindestlohn treibt vieles vor sich her, und wo er das nicht tut, landen die Leute eben auch im Mindestlohn) ist von je her eine linke Forderung. Man kann der Meinung sein, dass der Lohn sich daraus ableitet, wieviel ein Mensch „braucht“, um „anständig leben“ zu können. Aber das sind alles relative Maßstäße, hier in Deutschland die höchsten in der EU.
Steuern und Sozialabgaben hoch ist ebenfalls von je her ein linkes Thema, genau wie hohe Stromkosten oder hohe Zuwanderung (mit den entsprechenden Auswirkungen auf sich verschlechternde Bildung, Wachstum bei extremistischen Parteien, Fremdenhass oder zumindest Ablehnung von „Ausländern“ etc.). Und komm mir jetzt bitte nicht mit Merkel. Die hat eine SPD-Regierung geleitet, bei der die Union ein paar Posten abbekam, aber keinesfalls die Konservativen die Politik bestimmten.
Und die Auswirkungen dieser „linken“ Policies sind für alle, deren Sicht nicht durch Idealismus oder Ideologie geprägt ist, schon lange sichtbar. Die zukünftige Dominanz Chinas wurde mir um 2000 herum klar, und ich war spät dran. Stefan Pietsch, Thorsten Haupts, ich auch oder der eine oder andere hier schreiben darüber, seitdem sie hier schreiben. Faustregel für Dich (ist beschreibend,nicht abfällig oder beleidigend gemeint): Wenn Du, CitizenK oder andere hier in dem Bereich etwas merken, ist der Kittel schon lange geflickt. Don’t forget!
Aber es sind konservative oder rechte Regierungen, die gerade die Axt an unsere künftige Wettbewerbsfähigkeit legen.
Eher nicht. Aber wenn Du „konservative oder rechte Regierungen“ durch „Unionsregierungen mit SPD-Beteiligung“ ersetzt, muss ich Dir zu meinem Leidwesen zustimmen..
Ein Punkt noch zur Axt: Die ist nicht, was Du Dir darunter vorstellst, kein böser Wille, keine Ignoranz, sondern die weiter oben genannten Kriterien.
PS: Es ist durchaus legitim, eine idealistische, ideolgisch geprägte (= das,was Du unter „progressiv“ verstehst) Sicht auf die Welt zu haben. Ich finde diese Sicht gut; sie entspricht den Idealen meiner Jugend, die verborgen, aber noch nicht verloren sind. Nur: die Folgen dieser Sicht bezahlen sich nicht von selbst. Irgendwer muss das Geld verdienen, und denen macht man es gerade schwer wie nie zuvor.
Danke für die umfassende und – soweit ich erkennen kann – weitgehend vollständige Übersicht. Die Illusionen, die deutsche Leitmedien und deutsche Politiker über ihr eigenes Land haben, faszinieren mich schon seit vielen Jahren. Alle Zahlen und Daten sind öffentlich, erreichen aber Meinungsmultiplikatoren und politische Entscheider offenbar nicht mehr.
Gruss,
Thorsten Haupts
Danke für deine ausführliche Beschreibung. Das Hochlohnlandproblem ist ja aber immer so. Und klar gibt es innerhalb der EU feine Unterschiede. Aber wir produzieren ja in Deutschland immer noch Dinge, obwohl die Lohnkosten in anderen Ländern um Faktoren billiger sind. – Ansonsten habe ich das Gefühl, dass deine Ausführungen eigentlich einen eigenen Artikel wert wären. Wenn du sie in einen solchen umwandeln willst, veröffentliche ich den gerne, dann können wir das darunter etwas konziser diskutieren.
Hallo Stefan,
Kann ich zum Wochenende gerne machen. Dann nimm ihn hier bitte raus.
Viele Grüße
E.G.
„ Dominanz Chinas“
Kann gar nicht sein. In China mischt sich der Staat massiv in die Wirtschaft ein, und der Staat ist ein schlechter Unternehmer. Frag Stefan Pietsch, nach seiner Einschätzung der Kompetenteste hier. Und merken sollten wir ja auch nichts, wegen Diktatur. Vergleiche seien unzulässig. Kittel geflickt oder nicht.
Sorry, das musste sein, auch nach deinem sachlichen und fundierten Beitrag. Auf der Ebene dann weiter, wenn er als Artikel vorliegt.
O.T.
Wir hatten ja neulich die Debatte darüber, wie politisch Kirchen sein dürfen/sollen? Mit einem Konsens auf der eher linken Seite dieses Forums, dass Kirchen das recht und die Pflicht haben, sich gesellschaftlich einzumischen. Das war übrigens auch der damalige Konsens der eher linksgeneigten Qualitätsmedien.
Selbstverständlich halten solche „Grundsätze“ immer nur solange, wie Kirchen etwas linksgefälliges sagen. Tun sie das ausnahmsweise mal nicht, sollen sie natürlich schweigen:
https://www.spiegel.de/geschichte/frauke-brosius-gersdorf-die-kirche-sollte-sich-aus-der-wahl-von-richtern-heraushalten-a-8a066b46-9f9a-4f08-85f8-6184da3e1468
Nö stimme ich immer noch zu. Klar dürfen sich die Kirchen einmischen. Und ich kann je nach Lage gut oder schlecht finden, was sie sagen.
Der Stifter dieser Religion war nun mal, nach den gängigen Kriterien, links.